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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Feb. 22, 1917)
—«— Äu- Ringen morden Ketten. Roman von stiert still-aufs (3. Fortsetzung-) Da —- ein Geräusch! Es hatte ( gerade halb zehn Uhr geschlagen, als draußen die Korcidoriiir mit gewohn tein Ton geöffnet wurde. Hedwig versuchte, ruhig zu sein und sich zu fagen, daß Bruno noch nicht heim toinnren könne, trotzdem nber eilte sie zur Tür und öffnete sie. Nun sah sie was ihr Herz nicht zu hoffen ge Eagt hatte: ihr Mann stand vor ihr. «,n Hut und Pelz tenn er zu ihr her ein, faßte niit ausgestreuter Händen die ihren, sah ihr tief in die Augen nnd fngte mit einem feierlichem be sonderen Ton: »Da hast du mich 1vieder«. »Das ist schön, daß du wirklich schon da bist, Bruno«. Ganz ruhig tlang ihre Stimmc; nichts war darin zu spüren von der Aufregung der letzten Stunde. Nach einein ganz tlei neu Schweigen setzte sie hinzu: »Wie tnlt aber deine Hände sind! Und wie naß du bist! Itegnet es denn so sehr?« «Naß? Jch tveisz nicht, ich hab’ es nicht vernertt. Aber ich glaube, daß es reanet«. ss »Ja. Jch habe nicht weiter dar auf ge.ichtet. Es macht mir nichts. Jst Elti schon eingeschlafen?« »Im fir- schläft« »Ich will aber doch noch zu ihr «binein. Jch hab’ es ihr ja verspro chen«. »Leg’ doch den Pelz erst ab, er ist so ausz. Bist du zu Fuß gegangen?" »Gewiß, — sa. Lange bin ich uni txrgetaufen«. »Umhergelaufen?« »Ja, bis ich nach Hause tani iiuz der Sitzung. meine ich. Aber ich will mir den Pelz wirtlich ausziehen. Es ist hier so heiß«. Er ging hinaus und laut mich einer lleinen Weile in seiner Haustleidung wieder herein. Es fiel Hedivig auf, daß er ielsr bleich war. »Daß du so ftiih tämeit, hatte ich« gar nicht gedofft", sagte sie freund-; lich. »Als die Tur ging, meinte ich.j es wäre Fräulein l««egeivisch. Die ist nämlich auch noch nur-gegangen«. »Jo, is, ich weiß«. »Du weißt es?« »Ja —- tomm, laß uns zu Elti ge lieii· « Das Kind erwachte gleich, sobald es des Vaters leisen Etiiruf hörte, und begrüßte ihn mit teidenschaftlichep Zartlichteit. Auch in seiner Art, initj dem Kinde zu sprechen, bemerkte Hed« wig etwas-, das ihr anders erschieni als gewöhnliche dieselbe feierliche, be-; sondere Weise, womit er sie begrüßt hatte. Wohl zehn Minuten saß er« an Eltis Bett und erhob sich ersi, ath Hedwig mahnte, dus Aind nun wie-. der schlafen zu lassen. « i Sie hatten lauin dar- t.liictl)nziininerl betreten, atr- ein lauter Ton der elek trilchen Glorie zu ihnen hereindrang. »So spöt, wer tann das sein«-« fragte Dürrnger. » »Gewiß Fräusein Hegewifch dief den Korridorschiiissel vergessen hat« Er war im Begriff- die Tiir zu öffnen, als diese schon von außen sich auftat. Mit erstaunteni, aufgeregtein Gesicht erschien das Hausniiidchen in ihr, um zu melden: »Es ist ein Herr draußen, der den Herrn Regierungsrat noch durchaus sprechen will.« »Ein Herr?« Wieder versuchte Diiringer die Tiir zu gewinnen, doch trat schon der Ge meldete iider die Schwelle. »Sie —- Herr Polizeitoiiimissar?« »Den Regierungsrat verzeihen mein spites Eindringen, aber es han delt sich um eine unausschiebbare An gelegenheit. Jch komme in amtlicher Eigenschaft Wenn ich vielleicht bit ten diitste, init irr Herrn Regierungs rats Arbeitszimmer gehen« zu dür sen?« »Du glaubst es i« l »Gem, wenn Sie tvuntchen". »Eiönnen die Herren die Sache nicht hier besprechen? Darf ich nicht hören, un- was es sich handell?« Es war Hedwig, die fragte, und sie bemerkte selbe-, wie ihre Stimme zitterte, doch höre sie nicht sagen klin nen, warum eine plötzliche Todesangst sie zu ersticken drohte. Gnädige Frau miiffen giiiigfi ent schuldig-n, wenn ich Ihren Wunsch nicht erfüllen kann. Es handelt sich um eine Sache die vorläufig nur zwi schen dem herrn Regierungsrat und mir besprochen wert-en darf«. »Dann muß ich mich fügen«. K»ommen Sie, Herr Zion-missar, ich stehe zu Ihren Diensten«. » Düringer öffnete die Tür zum Korridar und ließ den Beamten vor angehen. hedwig blieb allein im Zimmer zurück; sie preßte die Hand aufs her-, die Kräfte versagten ihr, fie sank schwer in einen Sessel. Von draußen kam der Klang einer zwei ten geöffneten und wieder geschlos senen Tür, dann breitete fich die tie fe Stille des Winterabends iiber das haus. Ein unklar dumpfes Gefühl der Angst peinigke heim-ig, das deshalb gerade um fo schwerer auf ihr laskei — -,—— — te, weil es lein bestimmtes Ziel hat te. Bald nbee mußte sie iihlen,dnß es nue dns Vorspiel eine noch weit gewaltiges-en Ekeegung wur, Wenige Minuten hatte sie allein in nneuhigem Grübeln verbenchi,als draußen die Kotridoetüe geössnei und gleich darauf auch die Zimmer iiie schnell ausgerissen Ioutdr.Fräw lein Hegewisch war es, die ausgexegi heteinstiiezir. «Wissen Sie es denn schon, gnä dige Frau? Haben Sie es auch schon gehörl?« »Was Musik Maß gis-U cbk »Mein Gott, es ist ja schrecklichll Die ganze Stadt wird außer ficht sein. Die Schauspielerin, die Ru newta« — »Was ift mit ihr?« «Ermordet i-— ertviirgt hat man sie heute abend in ihrer Wohnung aufgefunden l« »Um Gotteswilleth —- das ist ja nicht möglich!« »Alle wissen Sie ei noch nicht? Jch war doch in der Steinstrasze bei meiner Freundin. Und wie ich auf dem Rückwege durch die Kurfiirstensl firaße ging, wo die Kunewta fa’ wohnte, da sah ich vor dem Haus eine Menge Menschen fiehen. Ich wurde neugierig und fragte einenl Schuwanm was da los wäre. Derf hat es mir dann gesagt: ermordet, erwürgt ist sie gefunden worden in ihrer Wohnung.« l «Griißlich, gräßlich! Wer denn, — wer hat es getan?« · »Das weiß man scheinbar noch nicht. Erst ganz vor kurzem hatte man’s entdeckt. Als ich auf dem Hinwege vorbeikam, war noch alles wie sonst. Auch der Herr Regie rungsrat werden da nichts bemerkt haben.« »Wieso, —- mein Manni« »Ja, —- oder sind der herr Ne gierungsrat noch nicht zurücks« »Doch, doch. Aber —'« »Ich meinte nur, weil ich auf dem hinwrge doch dem Herrn Regie rungsrat begegnet bin gerade vor dein Hause, tro die Schauspielerin wohn te.« »Wieder dort, vor ihrem Hause?«' »Ich verstehe gnädige Frau nicht ganz! Es war das erstemal, daß ich ihm dort begegnete.« »Gewiß, gewiß, das erstemalhm ben Sie mit ihn-i gesprochen?« »Eine» Augenblick, ja. Der Herr Regierungsrat war aber eilig und sagte nur, er hätte dort auf einen Herrn gewartet, um zusammen in eine Sitzung zu gehen. Der Herr schiene aber- nicht zu lommen.« »Und dann ging er fort?«' »Ja, nach den Anlagen zu.« »Und jent eben, —- als Sie zu rückkamen —« »Da habe ich den Herrn Regie rungsrat nicht wieder gefehen.«« Hedwig, die bei der Schreckens nachricht ansgefprungen war, stand einen Augenblick wortlos mit inein andergetranlpften Händen. Dann sagte fie: »Bitte, sehen Sie doch nach, Fräulein Hegeioisch, ob Elli nicht aufgewacht ift. Es war so viel Unruhe heute abend im Hau-.« »Unruhe?« »Ja, — bitte sehen Sie nach.« Das Fräulein ging ein wenig wi derwillig und unzufrieden über den aufregenden Vorfall nicht noch aus führlicher sprechen zu dürfen. Kaum hatte die Tür sich hinter ihr ge schlossen, als Hedwig ihr nacheilte, dei? Schlüssel faßte und ihn uni drehte im Schloß. Allein sein, —- allein sein iuk ein paar Minuten um jeden Preis! Den Sturm der Gedanten, die sie peitschende, namenlose Furcht ohne Zeugen erdulden! Zur Besinnung tonnnen, bevor sie wieder angesproi chen wurde nnd Rede stehen mußte. Was war denn geschehen, wovor beb te sie denn, als wenn Fiebersrost sie schütteltes Ja, da waren Dinge, vor denen sie zittern durfte. Wieder und wieder hatte sie seit vor-gestern abend ihren Mann in Gedanken mit jener Schauspielerin zusammen ge-. sehen; ihre leiblichen Augen hatten ihn am Nachmittag vor dem Hause der Kunewia erblickt, zu den Fen stern hinausstarrend, hinter denen sies wohnte; vor ein paar Stunden war die Erzieherin ihres Kindes ihm wie-s der am selben Platze begegnet; hatte mit ihm gesprochen, so daß jeder! Jrrtum ausgeschlossen blieb, — und nun lag die Schauspielerin erniordet in ihrem Zimmer, während hier nur, durch zwei Türen von ihr selbst ge trennt, ein Polizeibeamter in dieser nächtlichen Stunde mit ihrem Man ne oerhnndeltel Sie machte sich in diesem Angeli blicle noch nicht star, welche Folge rung aus den Ereignissen gezogen werden konnte. Nur ein unwider stehliches Bedürfnis nach Klarheit, Wahrheit, Beruhigung beherrschte sie. Dort im Zimmer ihres Mannes gab ed vielleicht, wonach sie so ungestüm verlangte. Fräulein Degewisch war noch keine zwei Minuten fort, nnd schon eilte hedwig aus die Portiere zu, hinter der die Tür zum nebenan gelegenen Sols sich befand. Hin ter dem Solon aber lag ihres Man nes Arbeitsziminer, ebenso wie das ihtkge durch Tür und Portiere ver schlossen. ' Sie trat in den Solon, aus dem eine kalte Lust ihr entgegenichlug, und in dessen Fenster nur von der W Sakin he- gevijmpnee Latein-nachts hereindrang. Hedtvig hatte fiir ein kpaar Setunden fast vergessen, daß ihr Mann gegenmärti nicht allein war; die namenlose kurcht vor et was, Unbekanntem, Gestaltlofem trieb sie dorwiirtg. Mit wenigen großen Schritten hatte sie den tak ten, öden Raum durchmessen und legte die Hand auf die Klinke der Tür, die sie noch vom Zimmer ihres Mannes trennte. Jetzt erst brachte der Klang von matt und unverständ lich durch die feste Tür zu ihr her tönenden Stimmen sie wi ier zum vollen Bewußtsein ihrer Lage. Wenn Isie hätte hören tönnen, was dort ne benan verhandelt wurde! Vielleicht wäre dann mit einem Male von ihrl genommen worden« was erftickend auf ihr lag. Sie fühlte sich von einer Macht getrieben, die stärter war als Wille, Gewohnheit, Erziehung; fast ohne sich tlar zu werden über ihr Tun, drückte sie leise, behutsam die Klinke nieder und öffnete mit vorsichtiger Langsamteit einen Flu gel der Tür, so daß die dahinter niederhiingende Portiere sich nicht bewegte. Das Blut stieg Hedwig dabei so gewaltsam vom Herzen zum Kopfe, daß es ihr zuerst unmöglich war, zu sehen oder zu hören. Dann aber atmete sie tief, preßte die Hand fest auf das tobende Herz und fchaute durch einen schmalen Spalt in der Mitte der Portiere hinein in das erleuchtete Zimmer ihres Mannes. Jhr gerade gegenüber saß er selbst« in einen Sessel zufammengefunken mit I einem fremden Ausdruck verfteinern-! den Entfetzens auf dem Gesichter das » er dem zweiten im Zimmer befind lichen Manne starr zugekehrt hatte. Diesen erblickte Hedwig nur im Pro fil, doch erkannte sie trotzdem genau die gegensätzliche Ruhe seines Aus drucks. Vorher hatte sie nur einen flüchtig-nannten Eindruck von seiner Persönlichkeit gehabt, jetzt bemerkte sie, daß er allen gängigen Vorstel lungen von einem Polizeibeamten widerspruch. Er hätte für einen Of fizier außer Dienft gelten können, vielleicht war er es wirklich. Die feste, sichere Haltung, das kurz ge schnittene, leicht angegraute Haar, die tlugen, mit einem Aneifer be waffneten Augen sprachen mehr für einen Hauptmann oder Major au szer Dienst als für einen Polizei kommifsär. Seine ruhige Stimme war tief und voll, aber offenbar eurch Gewohnheit gedämpft. »Die Nachricht hat Sie ja ganz niedergeivorfen, Herr Regierungsrat. Kommen Sie zu sich, fassen Sie sich!« »Nur einen Augenblick lassen Sie tnir Zeit! Jch kann es noch nicht ausbeuten, daß diese Vertörperung von Jugend und Lebensluft —- vor gestetn abend noch um diese selbe Zeit jubelte fees in eine begei e tungstruniene Menge hinein » ch bin die Jugend, ich bin das Leben« — und nun — und nun —« »Gewiß, es ist ein ungewöhnlich ergreifender Fall, felbst für einen alten Kriminalistem Aber das beste Mittel gegen unfruchtbare Trauer bleibt es doch immer bei solchen Ge legenheiten, fiir die Bestrafung der Schuldigen zu sorgen. Jhre Hilfe dafür in Anspruch zu nehmen« Herr Regierungsrat, ist auch der Zweck meines Besuches bei Jhnen zu fo später Stunde « »Meine Hilfe — wieso2« »Weil Sie vielleicht in der Lage sind uns Angaben von Wichtigkeit zu machen, da Sie ja sdoch um die» Zeit, als die Tat verübt wurde, oder; vielmehr kurz daran in dem Haufe waren, wo die sinnen-la wohnte « ,,Wo —- ich -—- in welchem Hause?« »Wie schon gesagt: wo die Stu 1.elvta wohnte « »Dort soll ich —- um die Zeit — um diese Zeit, als man sie —- nein, nein, nein, ich bin nicht dort gewe sent« »Sonderbar!« Hedwig sah, wie sich der Ausdruck im Gesicht des Fiommissars verän derte, wie sein Blick schärfer, kälter, durchdringender wurde. »Wer hat es behauptet, wer hat Sie so belogen?« »Ich bitte noch einmal: beruhigen Sie sich! Es ist ja verständlich, daß es für einen Mann in Jhrer Stel lung nicht’angenehm ist, auch nur als Zeuge in solch eine Sache ver wickelt zu werden, aber wo sich’s um die Feststellung der Wahrheit han delt, müssen doch persönliche Rück sichten schweigen.« »Ich tveiß nicht« ich verstehe Sie nicht!« « Ein klein wenig tebhafter wurde ieht auch die Sprache des Kriminalii sten. »Herr Regierungsrat, Sie werden mir doch nicht im Ernst ab streiten wollen, vor ein paar Stun den im hause der Ermordeten gewe sen zu sein? Jch sage nicht: in ih rer Wohnung. Dadurch betänie die Sache ein anderes Gesicht. Aber im Hause. Dafür haben wir eine scheinbar eintvandsreie Zeugin, die be stimmt ertliirt, Jhnen heute abend aus der Treppe zum ersten Stock tvert, wo die Kuriewta wohnt, begeg netdrki sein« » r will mich gesehen hibeni" »Ich tann es Jhnen ruhig sagen, da Sie es ja ohnedies wissen müssen: die Jungfer der Ermordeten. Sie war file Nachmittag und Abend be urlaudt, kam aber aus irgendwelchen« Gründen früher nachhause, als be-! stimmt worden war. Sie sind ihr» dabei aus der· Treppe begegnet- fik« hat Jhnen »Guten Abend«gewiinscht,i und Sie haben den Gruß erwideer »Es ist nicht wahr-L« »Bei-innen Sie sich. Die Sachki scheint mir zweifellos erwiesen. Das’ Mädchen hat angegeben, es habe Sie! bei der Begegnung mit Jhrem Titels angesprochen und »Guten Abend-l Herr Regierungs-»mil« gesagt. Es muß also gewußt haben, wer Sie sind, hat mir auch Jhren Namen ge nannt und erklärt, Sie hätten im Laufe der letzten Wochen ein paar rnal Besuche bei der Verstorbenen ge macht. Einwandfreie, turze, zu vor geschriebener Zeit abgestattete Besu che, Herr Regierungsrat die Sie oh ne jedes Bedenken zugeben tönnen.« Düringers auf dem Schreibtisch liegende Hand schloß und öffnete sich krampshast ein paarmal. Dann sprach ,er so miihsam, als wenn dieses Wort ihm Schmerzen bereitete: »Diese Be suche gebe ich zu.« Ein Ausstöhnen kam von Hed wigs Lippen, doch war es nur wie ein Hauch, und sein Ton drang nicht hinüber zu den beiden Män nern. »Das freut mich. Sehen Sie wohl, so kommen wir der Sache schon ein wenig näher. Dein Gott, es ist ja doch kein Verbrechen, einer schönen Künstlerin seine Bewunderung zu Fü ßen zu legen. Alle Männer der Stadt wären sicher gern an Ihrer Stelle gewesen. Und auch wenn Sie es versucht hätten, sich der Schauspiele rin einmal zu etwas weniger passen der Tageszeit zu nähern, so wurde Jtznen das niemand oerdenlen — oielleicht Jhre Frau Gemahlin aus genommen.« »Lassen Sie meine Frau aus dem »Spiel!« f »Ich siirchte, daß es auf die Dauer snicht möglich sein wird, so sehr ich les bedauere, wenn ich Sie verletzen muß. Aber Sie werden eg mir zu geben, Herr Regierungsrat: die ve igreisliche Rücksicht auf Ihre Frau Ge mahlin wäre die harmloseste Erklä rung fin Jhr unter allen Umstän sden auffallendes Ableugnen einer be lwiefeneu Tatsache. Und in Jhrem eigensten Jntersse scheint es mir höchst erwünscht, solch eine harmlose Deutung siir Jhr Verhalten zu fin beu.« Düringer hatte bis setzt immer nur bor sich hin auf den schwarzen Schat tenfleck neben einem Schreibtisch ge blidt Nun hob er zum erstenmal den Kopf und starrte den anderen mit weitoffenen Augen an. « »Was wollen Sie damit sagen?« Es war wieder die langsame, scheinbar schmerzhafte Redeweise von »odrhin. »Sie sind Jurist, Herr Regierungs rat. Es bedarf also keiner weiteren Antwor..« Eine tiefe Stille folgte. Hedivig meinte, die beiden müßten ihr schnelle-s, angstvolleg Atmen verneh men. Dich wandte keiner von ihnen den Blick nach der Seite, wo sie hinter der Portiere verborgen stand. Sie faßen einander gegenüber, Auge in Auge, wie zwei Kämpfer-, von de nen jeder die Waffen des anderen prüft. Endlich nahm der Polizeibeamte wieder das Wort. »Ich habe Ihnen Zeit gelassen, sich noch einmal zu isberlegen, ob es vernunftig, eine Tat sache zu leugnen. Bedenken Sie auch, daß man — bis jeßt wenig stens, Herr Regierungsrat — keiner lei Verdacht irgend ernsterer Art ge gen Sie hegt, solch ein Verdacht aber könnte möglicherweise doch entstehen, wenn Sie fortsiihren, die Anwesen heit iin Haufe der Ermordeten am heutigen Abend abzustreitem Bor iäufig geht meine Bitte nur dahin, mir zu sagen, ob Zie dort nicht ir gend etwas bemerkt, gesehen oder ge hört haben, was auf die Spur des Täters hinweisen könnte.« Düringer stand auf. »Ich kann Jhnen immer nur wiederholen, Herr Kommissar, daß ich am heutigen Abend nicht in dem fraglichen Hause war, daß ich also nichts dort wahr nehmen konnte, was von Wichtigteit für Sie wäre.« »Das ist Jhr letztes Wort?« »Mein letztes.« »Dann bleibt mir allerdings nichts übrig, als für heute zu gehen.« »Ich empfehle mich Jhnen und ich bedauere. daf· ich dieser Sache der Gerechtigteit nicht habe dienen tön nen.«« Einen Moment noch zauderte der Kommissar, als wenn er snir einem schwierigen Entschlusse kämpfte; dann stand er auf und ging mit kurzer, militörischer Verbeugung zur Tür. Düringer begleitete ihn bis dorthin, rief das Mädchen durch einen Druck auf die Glocke herbei und gab ihr den Befehl, dem Besucher das ver neutlich bereits derschlossene Haus zu öffnen. Dann trat er in sein Arbeits zisnmer zurück, die Augen auf den Erden geheftet, in Gedanken versun ten. Mit raschem, instinktivem Ent schluß wur Hedtvig aus ihrem Ber steck hervorgetornmen und stand ihm nahe bei der Tiit gegenüber. Jhr Fuß aber hatte auf dem Teppich keinen Laut geweckt, und ihr Mann dar zu seht mit sich beschäftigt, um sie gleich zu sehen. Erst als er nach» « - ; andere Franck« einigen Augenblicken ote Betäubung von sich abzuwölzen suchte und ein paar chnelle Schritte vorwärts tat, tam die Anwesenheit seiner Frau ihm zum Bewußsein. , »Hedwtgl« Der Name, den ei aus ries, klang sast wie ein Schrei « a, —- ich. »Was ist, —- ioas gibt es, —- wie kommst du hierher?« , »Ich war dort-« »z »Wo, —- rorr im Zimmer?" »Ja, ich habe gelanscht, — hinter der istortiere dort.« »Oh, warum hast dii dass ge tan?« Es war teiii Vorwurf in seinen. Worten — nur eine große, lastende Trauer. »Es war das erstemal.« »Ich weiß e«5. Dn bist nicht wie C »Ich habe dir niemals nachgespiirt. Aber heute, —- jetzt weiß ich, daß es Augenblicke gibt, in denen man taum verantwortlich ist fiir das, was man tut.« Er sah sie an mit einein beson deren Blick; es war, als wenn ein leiser Hosinungsglanz darin aufleuch tete »Ja, Hedwig, es gibt solche Au genblikcke — Langsam ging er noch näher zu ihr hin, machte dann wieder halt und fragte: »Du has alles gehört?« »Ich glaube, —- das Wichtigste we nigstens.« »Wichtig fiir dich oder siir iiiich?« »Sollen wir das trennen?« »Nein, —- verzeih « Sie schöpfte mit behenden Lippen ein paakniak ties Atem; es kostete sie neuen Kampf, die nächsten Worte her vorzubringen Ganz leise brachte sie zuerst nur seinen Namen heraus »Bruno!« l l »Was meinst dii?" »Ich wollte nur fragen, — kann ich dir helf-ent« »Wobet?« »Ich weiß nicht, —- sei nicht böse, —- inufzr du nicht flieheii?« »Flier-en?« »Ja, dii hast vielleicht nicht be mertt, wie er, —— wie dieser Mann dich angesehen hat« Jch aber hab' es gesehen, —- ein Verdacht war ii sei iien Augen, — ein furchtbarer Ver dicht « — ,,Hedwig, — Hedwig! lind auch du, — glaubst auch du's« — s ,,Laß ung- nicht oon mir sprechen« Um dich handelt sichs jetzt. Kanti: ich dir helfen? Jch rann dir Geld aess ben, wenn du vielleicht nicht geniigs hast« Jch hatte mir ein paar tsnnsp dert Mark erspart sur die Sommer rcise. Willst du sie haben?« Er trat ganz rasch unmittelbar vor sie hin «Hedwig, halt st du mich siir schul dig Z« »Frage mich nicht, Bruno, heute» nicht! Meine Gedanken sind oerwcirrt, « ich weiß kaum, was ich spreche Sag s mir das eine nur: Kann ich oii l,el-s sen?« i Er schüttelte langsam den Kopf: ! »Nein, ich dante dir Du gehst von einer falschen Voraussetzung aus, — ich denke nicht an Flucht. Ader ich danke dir, — ich dante dir. Jch sehe jetzt.« — »Was-Z« »Nichts-. Jch dachte nur lant.· Jch bin glücklich über diese Stunde.« »Glii:3lich?« »Ja. Weil ich fiihle, daß du mich; lieb hast« »War es dafür nötig, daß diese Stunde kam?« »Vielleicht. Jch habe manchmal nach einem guten Worte von dir ver langt, meine liebe Hedwig!« Er zog sie an sich und liißte sie auf die Stirn. Sie duldete seinen Kuß, ohne selbst ein Zeichen der Zärtlichkeit zu geben. Jhr Gesicht war totenbleich. Sie fest anschauend, schien er mit( seinen Gedanken in ihrer Seele zu fachen. Dann begann er mit schwererl Zunge wieder zu sprechen: »Du hast alles gehört, —- also nacht mein Zugeständnis?« »Welches?« Ihre Lippen zuckten. »Daß ich die Kunewta besuch. ha be, schon bevor ich aus dem Feste oorgestern ossiziell in deiner Gesell-l schaft ihre Bekanntschaft machte Kannst ou es mir verzeihen Sie setzte ein paarmat an, ohne re -den zu tönnen. Endlich antwortete . . »Lasz mir Zeit. Es ist ja nicht, —- nicht die Sache an sich. Daß du fhngegangen bist meine ich. Sie smusz einen gewaltigen Zauber auf die IMtinner ausgeübt haben, — ich fühl te das do Igesterr abend ganz gut ’Aber das andere, —- daß du mir die Unwahrheit gesagt haft, — ich muß ’Zeit haben darüber wegzutoinmem Es hat mir einen Ston gegeben, — mein Vertrauen zu dir hat es er schüttert.« Sie brach ab, vors empordringew den Tränen erstickt. »Ich verstehe das, Hedwig. Und« ich lasse dir Zeit. Mehr als tin-II ich werde versuchen, dein VertrauenF zuriickzurvinnen Soweit es geht.« j ,,Soweit es geht?« »Frage mich nicht weiter-. Es isti eine schwere Zeit jetzt fiir mich." »Das weiß ich. Und wir wollen nach gar nichts mehr von mir spre-· then-« Die Hände ineinanderpressenv,! kämpfte sie eine Weite mit sich. os-! vor sie weitere Worte sand: »Bro no« — »Was willst du ivissenisp ,,Ob ein« Frau, —- vb sie verpflich tet ist, etwas gegen ihren Mann aug zusagen W «,.iein, sie kann jederzeit ihr Zeug nis verweigerte Aber was hättest du gegen mich nuszusagen?" »Weißt du es nicht? Ich have dich doch gesehen-« »Geset,«en?'« »Ja, heute nnchmiimg. Vo- dem Hause der Schnufptcchm Wi; ya ben doch darüber gesprochen« »Ach, ich vergaß es. Und ich ver gaß es, iveil ich nicht dort wur. Du yust dich getäuscht.· Sie preiszie die Lippen um bitte rem Augduck auseinander: »Als« das Drin-ehe ich nicht nukzusngen?'« »Nein, du würdest nur Verwir rung damit onrichten.'« »Gut. — ich danke dir. Am« — »Was?«' »Du bist ja doch noch einmal dort gesehen Ivorden?'« »Auf der Treppe« meinst du, — wie?die Jungfer der Toten behaupten soll « »Nein Vorher, —- don Fräulein Hegewisch. Sie hat ja mit dir ge sprochen." »Das ist richtig. Hat sie es dir er zählt?« »Gewiß. Durch sie weiß ich über haupt von der Ermordung der Schau spielerin« »Wir haben ein paar Worte mit einander gesprochen das ist eine Tat suche.« »Du hast ihr gesagt, — ich meine. dii bist von dort in deine Sitzung gegoiigeii?« »Das habe ich ihr gesagt. Jch war eiber in ieiiier Sitzung.« »Nein?« »Nein. Jch habe dir versprochen. wieder guiziimnchen, was ich an dir gefehlt habe. Darum sage ich dir die Wahrheit, auch in diesem Punkte. Jch hatte nur die Sitzung erdiichi, uni einen Vormund für mein Fortgehen zu haben." »Ich kühne ims, Brune. Jch hav es geivußt.« »Ich iin dir noch mehr sagen. Die sinnen-to hatte iiiich eingeladen, sie zu besuchen —- heute abend. Und ich linde den ganzen Tag mit mir ge .iiiis.pft, ob ich hingel)eii sollte zu ihr. EI- trieb niich und yicli mich znriirt ,)u gleicher Zeit. Jch bin oor ihr Hans gegangen, —- dort hat Fräu lein Hrgervisch mich gesehen. Sie .on:« nur iii jene-n Augenblick wie ein Bote von dir· — odii Eili. Das Bild immer stillen glücklichen Häus lichleit iriit vor mich hin. Quid idnr ich oorqer schon entschieden diiH Haus nicht zu betreten, nun koni· ich es- gnni Jch bin fortgegangen und nicht zuriieigelommeM »Wenn tch, — wenn ich dir glau ben könnte!« »Arm- Hedwig, —- du leidest. Jeh verstehe dich, fahle, wie das Miß trauen an deine-n Herzen reißt. Aber glaube mir, tch leide auch. chelieicht noch mehr als du« Wenn ich« — »Was meinst du? Warum sprichst du nicht weiter?'« »Nein Es muß Maus-gesprochen bleiben. Aber versuche, mir wieder zu dertrauen.« »Ich —- will es Versuchen.« . »Ich hab’ es noch nie so tief ge siiylt wic heute, was du mir gewor den bist iin Laufe der Jahre und was du aus niir gemacht hast. Jn meiner Jugend war ich ein toller, wilder, leidenschasilicher Bursche. Der wollte nech einmal ausleben in den letzten Wochen, —- die Knnewta wollt-. ihn weclen. Und beinahe, —- aber nun bu-. ich wieder srei.'« «Durch ihren Tod« »Die Arme hat sterben müssen. Aber ich bin srei.« tinwilltürlich wich Hedwig einen Schritt vor ihm zurück, und erst nacls einem bangen Zögern tat sie eine nene Fraget ,,Bruno, —- sdll ich ihr, — Fräulein Hegewisch sagen, das; sie schweigt.iiber die Begegnung inn dir vor dem Hause der« — »Nein, laß das. Die Folgen Inei nes Tuns rnuß ich tragen. Aber nun komm, es ist spcit in der Nacht, wir wollen uns nieder-legen Und versuchen, ob wir schlafen tjnnen«. »Ich glaube die-se Nacht nicht an Schian Dann wenigsten-I ruhen. Es wer den Tage kommen, in denen wir beide Kräfte nötig haben. Wir iniissen se hen, sie zu gewinnen. Kontin« sc »Wie gesagt, ich war sehe iin Zwei sel, ob ich nicht doch zur Verhastnng schreiten sollte«. »Um Gottes willen nichti Vorläu fig haben wir dasin keinen zwin genben Grunr«. »Herr Staatsanwalt ».verzeil)en. Verdachtig im höchsten Maß ist inir das Verhalten des herrn Regie rungsrat-T Er ist im hause der Kunewta von einer scheinbar zuver lässigen Zeugin zu einer Zeit gesetzen worden« die der Begehung des Mor des mutinnßlich sehr nahe liegt. ter hat mir zugegeben, die Tote gekannt, sie in letzter Zeit ein Paarmal besucht zn haben. Er leugnet aber mit einer be sonderen Hartnäckigieit, gestern wie der dort im Danke gewesen Zu sein. Verdiichtig mindestens muß man das nennen«. (Fortsehung folgt;