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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Dec. 18, 1896)
W Ein Frauenleben Von h. Halm. Jn dem freundlich-en, mit Epheu umkränzten Altentheilshäuschen sitzt die alt-e Frau Vollmacht in ihrem mit grünem Sammet ausgeschlagenenSor genstuhl, den sie zsu ihrem achtzigsten Geburtstag von ihren Kindern und Enkeln zum Geschenk erhalten hat. Die Füße ruhen von der langen Le bensreise aus auf einem msit Reisen undStiesmiitterchm geschmückt-en Fuß schemel, dem letzten Weihnachtsgeschent ihrer jüngsten Enkelin. Das ehrwür dige Haupt mit den silbernen Haar streifen unter der schneeweißen Haube ist leicht zurückgelehnt gegen die Pol ster, unsd die Hände sind im Schooß gefaltet. Zuweilen ergreift sie einen blühenden Rosen-strauch, der im Be reich ihrer Hände steht, um sich an dem Duft zu erquicken. Die alte Frau ist mit viel Bequem lichkeit und Komfort umgeben, aber sie sieht nichts davon, denn sie ist blind. Vor ein-ern Jahre noch, als sie ihre große Triumphreise machte, konnte sie das Licht der Sonne sehen. Eine Tri umph-reise? werdet Ihr fragen; ja, die alte Frau hat eine Triumphreise ge macht, wie sie schöner wohl noch keine Frau gemacht hat. Doch ich will der Erzählung nicht vorgreifen. Also, die alte Frau Vollmacht sitzt in ihrem Sorgenstushl und ihr zur Sei te die junge Frau des Lehrers; fast noch ein Kind, noch nicht zwanzig Jah re alt, sie ist an diesen Platz gestellt, wird Frau Rektor titulirt und von den Dorfbewohnern alsRespettsperson an gesehen. Da sist es denn- kein Wunder, wenn die junge Frau so oft zu ihrer achtzigjährigen Freundin eilt, um sich in schwierigen Fällen von derselben Rath zu erbittern »Komm-en Sie nur« so oft Sie wol len« meine liebe junge Frau Rettor,« sagte die alte Frau; »ich weiß, wie es sich gehört, bin ich doch selbst zwanzig Jahre lang Frau Netto-r gewesen« »Ja, ja, ich habe viel erlebt, viel erlebt, und habe nicht immer in Reich thum unt- Wohlleben gesessen. Seit-dem der liebe Gott mir das Au genlicht genommen hat infolge der Augenmtziindung welche ich mir auf der große-n Reise zuzog, lebe ich nvelyt den-n je in der Vergangenheit und sehe die Bilder der früheren Zeit usm so kla rer mit dem inneren Auge. —- Haben Sie ein paar Stunden Zeit meine liebe Frau Nachbarin, so will ichJhnen Thea te meine Lebensgeschichte erzählen, Sie gen-den mich ja schon lange darum ge ten-. m-!—- Mkl--—-. c-c- Ex .-!-L1 .,I,««t, »Mut- chui qui-( iu, neu-r guuuuh ich bin hier im Armen-hause aufge wachsen und habe in meiner Kindheit nie ein zärtliches Wort gehört. Als ich soweit war, daß ich Dienst leisten konnte, bin ich zu demalten Vollmacht, dem Vater meines seligen Hermann, als Gänsemädchen in Dienst getreten· Der alte Vollmacht und seine Frau waren eben nicht hart gegen mich, aber sie beachte-ten mich wen-ig. Desto mehr aber beachteten mich die übrigen zahl reichen Dienstboten des Hofes, d. h. ich war die stete Zielscheibe ihres Spott-es und ihrer Chicane. Die wilden Pfer dejungen jagten stets absichtlich meine Gänseheerde auseinander, so daß ich mich halb todt laufen konnte, um sie wieder zusammen zu bringen nnd Abends mit Scheiben empfangen-— wur de, wenn ich zu spät nach Hause kam. Jm Winter mußte ich mich in der Kü che niitzlich machen mit asllerbei häus liche-i Arbeiten und besuchte dann ne benbei die Dorsschulr. Jch ging wohl ganz gern in die Schule, da mir asber Abends nie Zeit gelassen wurde, meine Schularbeiten zu machen«,weil ich dann in der großen Gesindestube haspeln und Garn winden mußte, so wurde ich aiuch in der Schule viel gescholten we gen meiner vermeintlichen Faulheit. Kurz, meine Jugend ist hart und rauh gewesen« Nur Einen gan es, der Fu weilen freundlich mit mir sprach uswd mir auch oft die ver-sprengten Gänse zusammentveiben half, und mich gegen die wilden Dienstjunw in- Sckkrt nahm« Das war Wann, der ein zig-e Sohn des Bauern-; wir standen in fast Zettel-liess Met- jedoch besuchte et die -torakschule, währen-d ich über Miäiinmstaefchnle nicht hinausgehen inm . Ali Heu-im Jakhve lt war und ich NEMAM Fi MQMMMMHMM . m beste-, km können wir sie pocht-I J mann- hörte diese harten Worte seines Vaters. Nimm Dir dsie Worte nur sticht sv scht zu Orts-m Leach Mit Hernmnn zu mir, als ich mit verston den eine Thräne aus dem Auge wisch te, der Vater meint es nicht böse. Jg, Du bist gut, Hermann, sagte ich, und ergriff seine Hand, die ich nvit meinen Thräsnen nehtr. Zur Konsirmation bekam ich von der Bäuerin ein hübsches schwarzes Ein segnungskleid mit weißem Kragen undcg weißen Manschetten, denn so verlang- « te es die Ehre des Hofes. Mein rei ches brauen-es Haar, das mir für ge wöhnlich ziemlich witr um den Kon hing, —- denn ich hatte nur einen halb zerbrochenen Kamm und gar keinen Spiegel sür meine Toilette — wurde mir am Konsirmattonstag von der Großmagd hübsch gekämmt nnd in langen Locken zierlich geordnet, denn man wollte Staat mit mir machen. Wie nett die Deern aussieht. wenn sie sauber gekämmt und gekleidet ist, sagten dte Mägde bewundernd zu ein ander. . In oer Kirche nano ich zu untern m l der Mädchenreihe und Hemansn stand obenan in der Knabenreihe, also ziem lich weit Von mir. Jedoch fühlte ich, daß er mich öfter verwundert anstarr- i te. Als Alle sich aus der Kirche fort- ; drängten, berührte Hermann meine i "Schulter und sagte leise zu mir: Bisti »Du es denn wirklich, Lena? Man ; itennt Dich ja kaum wieder, so hübschj I haben sie Dich gemacht! E i Am Nachmittag nach der kirchlichen ? Feier lamen- sämmtliche Nachbarn und H -Verwandte, um zur Konsirmation des J keinzigen Sohn-es zu gratuliren Jchi sturste neben der Tbiir sitzen und be-J tam eine Tasse Kasse und ein Stück; Kuchen ab, denn die Nachbar-rinnen Isollten meinen hübschen Anzug bewun dern, den die Bäurin mir geschenkt hatte. Der Bissen quoll mir im Mun- ; , de, wenn ich Hermann ansah und dach Zte, daß ich nun- wiader unter fremde; Menschen sollte und daß dann wohl Niemand ein freundliches Wort mit smir sprachen würde, denn Hermann . war ja nicht da. T s Als ich am anderen Morgen meine Gänse zum kennen Male ausgetrieben hatte, mn sie den ganzen Tag im Frei zen zu hüten-, stand Hermann plöylich f vor mir. Er brachte mir eine von sei- . nen schönen bunten Gratula«tionstar-» ten, die er in reicher Zahl erhalten hat te, und sagte: Da, Leu-en nimm dies zum Andenken und vergiß meiner nicht ganz in der Fremde Jch dankte und sagte: Ach, Her-mann, ich möchte Dir auch so gern etwas gaben, aber ich ha be ja nichts. Nim, Leu-u« sagte er, wenn Du sonsi nichts hast, so gieb mir eine Locke von Deinem schönen langen :haar, ich werde sie in mein neues Ta schewbnch leg-en und ewig aufbewahren Ich komme jetzt auf die Bamrnzschule , Dann trennten wir uns und haben uns in fünsundzwanzig langen Jahren iwidest gesehm ; Jch kam nach dem Dorfe H. zu dem jalten Nektar Lindemann inDienst. Die Frau Rektor war etwas gelähmt und konnte ihre häuslichen Geschäfte nicht mehr selbst verrichten. Der liebe Gott hatte es gut mit mir gemeint, denn in ;meinem neuen Dienst fühlte ich mich wie im Himmel. Kein Scheltwort be kam ich zuhören und Alles, was ich ge lernt habe und kann, verdanke ich die sem würdigen Paar-e. Der alte Netto-r half meiner mangelhaften Schulbu .dung nach mit unermüdlicher Geduld. " Seine Frau lehrte mich kochen, nähen, backen, waschen. kurz alles, was zu ei ner ordentlichen Hausfrau gehört. Als ich zwei Jahre in ihrem Hause gewe sen war, starb die alte, schon lange kränkliche Frau Lindemarm und ich habe in ihr eine Mutter beweint. Jch blieb ten-hause, stand der Haus haltung vor unsd pflegte den alten Mann. Ein Jahr nach dem Tode sei nser Frau trat der alte Rettor eines Tages vor mich hin und sagte in feier lichem Tone: Lena, ich fühle, daß mein Lebensabend sich zu neigen be ginnt und wenn ich heimgehe, so wtirst Du wieder in die kalte Fremde hin ausgestoßem Jch habe keine Kinder und keine nahen Angehörige n-·. Lencu wenn Du Dich entschließen könntest, meine Frau zu werden« so könnte ich Dir nicht nur mein- kleines hab unsd Gut hinterlassen, sont-ern Du be tämst zudem noch eine kkeine Wittwe-n pension net-o könntest in dem Predigw und Wrtnittwenshäuschen dieses Dorfes wohnen und ich könnte ohne Sorge um Dich mein haupt niederbe MWe i Meinung - Heer Kett-Achse tätig-IS wohl so gis besten fein, antwortete ich. M Wochen später i der »Mac- chajch mai-IN « Mist eine somit mit W Verständnis fiir diesen Schritt zum Altar getreten-. Unser- Verhäliniß ist das von Vater und Tochter geblieben, ich bin zufrieden gewesen. Jch haibe meinen gutmMann auf das Schmerz lichstebewenit, als seine Ahnung sich erfüllte und er nach noch nicht halbjäh riger Ehe durch einen sanften Tod ab gerufen wurde, reichlich 70 Jahre alt. Jn feiner Siersbestunde reichte er mir die Hand unsd sagte: Lena, Du hast meine gute vorangegangene Frau und mich treu gepflegt, der Herr wird Dich noch einsmal glücklich machen. Nachdem man meinen guten Mann begraben hatte-» bezog ich das Witt wenhäuschen, und sin das Schule zog ein neuer, junger Lehrer ein· Der neue Relwr hatte in seinem Muße ten viel, was mich an Hmnamn mei nen Jugendgenossen erinnerte, dasselbe lockige, blonde Haar, dieselben freund lichen blauen Augen« Der neue Lenker fand gar bald den Weg nach dem Wittwenshäuschem und gar bald zog die Liebe in unsere jun gen Herze-n ein. Als mein Trauerjahr beendet war, stand ich zum zweiten Male vor dem Traualtar, diesmal mit wahrhaft bräutlichen Gefühlen Die Dorfbewohner sagten-, wir wären ein sehr hübsches Paar, mein Johannes und ich, und sähen aus wie fiir einan der geschaffen. Wir waren beide noch sshr jung, war ich doch erst 19 Jahre a t Wir lebten sehr glücklich miteinan der, mein Johannes und ich« und als der Himmel uns einen Sohn schenkte, da kannte unser Glück keine Grenzen Wir sangen und jubelten alle Drei um die Wette. Unser kleiner Johannes wuchs heran und war ein seer begab tes Kind, der ganze Stolz seines Va ters, der ihn fast abgöttisch liebte. Nie mals war unser Sohn wild und trotzig. wie andere Knaben-, und nie mals waren wir, seine Eltern, Verans lassung gehabt, ihn zu strafen. Die Nach-darinnen schüttelten oft die Köpfe und meinten, das Kind wäre zu gut fiir diese Welt, es sei eine Himmels blume· Was war es doch auch sör ein herziges Kind, mit seinen langen blon den Locken. dem durchsichting weißen Teint und den Rosen aus den Wangen — Kirchhofs-tosen sagten die Nachba rlirmen Und sre sollten leider Recht behalten. Unser Sohn war gerade zum ersten Male zum Tisch des herrn getreten und sollte nun das Gymna sium beziehen Da stellte sich ein schleichende-·- Fieber ein-, und rasch ver fielen seine Kräfte. Trotzdem wir alle Aerzte der Umgegend zu Rathe zogen unid keine Kosten scheuten. ja sogar ei nen Professor kommen ließest-, konnten wir uns doch nicht verhehlen, daß wir unsern Sohn nicht mehr lange bei uns haben würden. Jch habe meinen erwachsenen Sohn aus meinen Armen in die Sonne ge tragen, als er gar so hinfällig wurde und heiße Gebete sür seine Genesung zum Himmel gesandt, aber Alles ver geben-Z. Lieb Mütterchen, sagte mein Sohn oftmals zu mir, ich würde wohl gern bei Euch bleiben, aber der liebe Gott ruft mich, und es ist gewiß auch schön in seinem HimmeL Was Gott thut, das ist wohlgetbam Du darfst Dich nicht so grämen, wenn ich heim gegangen bin. Du mußt den- Vater trösten, es wird schlimmer sür ihn sein, « als siir Dich. Mein armer Mann, der den Tag über in der Schule sein muß te, wich fast die ganze Nacht nicht von dem Lager seines Sohnes, so sehr ich ihn auch bat, sich Ruhe zu gönnen. Seine so schon zarte Gesundheit litt zusebends durch den Mangel an Ruhe. Ach, es waren trübe Tage. Doch all’ zunser Sorgen half uns nichts-, nachl « kurzer Zeit lag unser geliebter Sohnl »aus der Todtenbahre Als man mein Kleinod binausgetragen hatte aus denl mit Blumen geschmiickien Kirchhos, daj wollte mir schier das Herz brechen vor z bitterem Weh. Aber ich sollte nochi größeres Leid erfahren. Meist Soan hatte nur zu Recht gehabt, als er sagte, es wird siir ibn schlimmer sein, als sur Dich· Mit dem Leben unseres Sohnes war auch die Kraft meines gekiebten Man nes gebrochen. Die Sehnsuch: nach dem Sohne zog den Vater nach in’s Grab. Ach so gar bald mußte ich auch ihn begraben undd beweinen. Jch stand jetzt ganz allein, und Alles war dunkel um mich ber, gebeugten Hauptes und gekrochenen herzens zog ich nun wie der in das Wittwenbäuschem und ich komd-erste mich nur, daß ich noch weiter lebte. Wositr lebte ich denn noch, was soll ich denn noch aus der Welt? das war jeden Abend und Morgen meine Mast· «Togs über batteich frei-« keine Zeit zum Magen- und Junius-tu denn die schwere Metall-M miser-et Sohnes W tin-set kleines W völlfg « w . · b an- s cheumtqyuksktmsinen r J um nur die Begräbniszlosten für die Beerdigung meines Mannes bestreiten zu können. Meine kleine Witwenpension aber reichte nicht ans zum Lebensunterhalt, so suchte ich denn durch Handarbeiten uned Wäsche zu verdienen, was zu des Leben-s Notkydurft gehörte. Reichlich zwei Jahre hatte ich wieder im Witt wenhäuschen gewohnt, da hielt eines Tages ein grün und roth lackirter Korbwagem mit zwei kräftigen Brau nen bespannt, vor meiner Thür. Ein mir ganz fremder stattlicher Herr entstieg demselben unsd trat ge bückten Hauptes in mein niedriges Stäbchen-. Sie kennen mich wohl nicht mehr, Frau Reiter, sagte eine sonore Stim me. Jch schüttelte den Kopf unsd starrte ihn lange und schweigend an, dann dämmerte eine Ahnung in mir auf und —- Hermann! rief ich in plötz lichem Erkennen. Ja, ich bin Her inann, ihr Jugendfreund, Lena, sagte er. Ein schweres Geschick hat msich be troffen, meine gute Frau ist gestorben und hat mich mit zehn unmündigen Kindern zurückgelassen Sie wissen doch, Lena, daß ich mit meiner Cau sine Marie verheirathet war. Sie ist vor einem halben Jahre gestorben, und mir fehlt jetzt so sehr die Hausfrau u. Mutter. Da ich nun gehört habe, daß auch Sie wieder verwittwei smsd, und so alleinstehen in der Welt, so bin ich gekommen, Sie zu fragen, ob Sie die Liicke meines Hauses ausfüllen wollen. ob Sie meinen zehn Kindern eine Mutter, meinem Haufe die Hausfrau und mir selbst eine liebe Lebensgefähr tin sein wollen. Jch sah ihn lange nachdentend an, dann sagte ich einfach: Ja, Humans-n ich will es versuchen. Jch wusßte jetzt plötzlich, wofür ich leben sollte. Nachdem die üblichen Formalitiiten erledigt waren, holte Hermann mich mit großem Gedränge heim, in mein Henna"thsdorf, das ich als arme Dienstmagd vor fünfundztvanzig Jah ren verlassen hatte. Und ich trat zum dritten Male vor den Traualtar mit dem unbewußt Geliebten meiner Kind heit, der damals fo hoch über mir ftand. Es war ein stattlicher Hochzeitstag, als mein Hermann und ich, Beide in der Volllrast unsererJahre, zur Kirche schritten, gefolgt von Hermanms zehn Kindern, die nun auch die meinen sein sollten. Auf Hermann’s Wunsch trug ich ein Brautlleid von glänzendem At las und die schwere goldene Uhrlette, welche einst seine Mutter getragen hatte. Jch ging mit heiligen Vorsätzen in meinen Ehestand und bat Gott auf den Knieem daß er mir Kraft und Einsicht geben möchte, den zehn ver waisten Kindern Hermannis eine treue Mutter zu sein. Und er gab seinen Segen dazu. Vom ätesten Sohne bis zu dem jüngsten Zwillingspörchem das noch nicht gehen konnte, haben sie mich Alle zärtlich geliebt, unid nie ist das Gefühl zwischen uns aufgestiegen-, daß ich nur diie Stiefmutter sei. Mein Mann trug mich auf Händen, und gar oft bin ich die Vermittlerin gewesen, wenn die allzu wilden Kna ben den ernsten Vater erzürnt hatten. Jn den ersten Jahren meiner Ehe mij Hermann konnte ich oft nicht be greifen, daß ich jetzt die Frau Voll macht, die erste Frau des Dorfes und die Bäuerin aus demselben großen Hofe war, wo ich doch früher die Aller gerinsgste gewesen« Aber ich fühlte mich baid heimisch und glücklich in den neuen. so viel schöneren Verhältnissen Jn stillen Stunden sprachen Her mann und ich oft von unserer gemein sam verlebten Jugend. Lena, weißt Du noch. als ich Dir mit meinem Ta schenmesser die Haarlocke abschnttt beim Abschied? Jch habe sie noch. Und es fand sich, daß auch die bunte Gra tulationskarte noch in meinem Ge sangbuch lag. Zehn Jahre durften wir in unge trübte-m Glückzusamrnen leben und die Erziehung der Kinder gemeinsam lei ten und dieselben zu unserer Freude heranwachsen sehen, zehn Jahre voll Glück und Frieden und rastloser, er sprießlicher Thätigteit. Da trat der Tod in unseren Kreis und forderte meinen her-name den Vater des hau seD. Rasch tritt der Tod den- Men schen an, es ist ihm keine Frist gegeben-! Dieses Wort habe auch ich als ein wahres erkennen müssen, als mir mein kManm der am Morgen gesund und zfrisch von seinen Kindern und mir Ab Hschied genommen, am Abend todt, mit sbletiender Stirn in's hatt-s gebracht swurda Auf einer Helminth die mein Um its seine- Eigeuschott als Bott macht bei Mer tilde und Glatisii F :- s untermme mußte, hatte er das Un glück, mit seinem Pferde zu stürsen und so unglücklich mit dem Kopf gegen einen Prellstein zu schlagen, daß sofort der Tod eingetreten war. Ach, das gab ein Klagen unid Jam meon in unserem Hause und bei den Kindern, groß und kleins, als der ge liebte Vater nun todt vor uns lag, ein umgehauener Baum, erst einige fünf zig Jahre alt. Jch meinte es schier nicht überwinden zu können, das große herzeleid, und mir graute vor der gro ßen unid schweren Lebensausgasbe, die nun vor mir lag. Denn zu allen mei nen sonstigen Pflichten tam jetzt auch noch die Oberaussicht über die große Landwirthschast und die zahlreichen Dienstboten hinzu. Denn unsere bei den ältesten Söhne studirten. der eine Theologie unid der andere Medizin, der dritte, Hermann, sollte der Nachfol ger ans dem Hofe werden und hatte bei dem Tode seines Vaters gerade seine Milsitiirzeit angetreten. Die sieben Jüngsten waren lauter Mädchen, von denen das älteste damals neunzehn, die beiden Jüngsten els Jahre alt waren. Ach es war ein trauriger Zug, als ich mit meinen zehn Kindern dem Sarge des theuren, unvergeßlichen Vaters folgte, und so bange, ach, so bange schlug das herz mir in der Brust. Aber es half tein Zittern und Za gen; das Leben stellte gebieterisch seine Anforderungen an mich. Eine Bauer frau hat keine Zeit, sich dem Schmerzf und der Trauer lange hinzugeben ( Da waren vor Allem die Kinder, die! bei der Mutter Rath und Trost such ten, da kamen die Mägde um meine Befehle einzuholen und Anweisung in der großen Milchwiribschasi und der( Hausbaltung von mir zu erhalten. Da kam nsun auch der Großtnecht und die Tagelöhner, wenn das Korn geschnit ten, gesüet und eingefabren, Kühe und Pferde gekauft und verkauft werdenl sollten; ich mußte nach Allem sehen. Alles wissen. Und ob mir auch immer und überall der Ratb und die That kraft meines Hermann fehlten, so bin ich doch mit Gottes Hülfe mit meiner damaligen schweren Lebensaufgasbe fertig gewordensp « I Mlclllc slcllcll AMICI Ulllykctk Krall» zu meiner Freude und sind Alle wohl versotgt worden; ihnen Allen durfte ich den Myrtentranz aus die Scheitel driiiten Das Zwillingspaar ist anj einem und demselben Tag verheirathet? worden; erst an ihrem Hochzeitstags haben diese, meine beiden Lieblinge,i erfahren daß ich nicht ihre rechte Mut ter sei. Als wir von einander Abschied! nehmen mußten haben wir alle Drei die bittersten Thränen geweint, vor Trennung-Zweck unid ihre Männer hat ten genug an ihnen zu trösten Mein ältester Sohn ist jeßt Pastor zu H. und der zweite ist Dottor in M. und Herniann, mein Lieblingssohn wohnt auf dem Hofe und hat sich eine liebe, tleine Frau genommen. Von Beiden werde ich auf Händen getragen tein Tag vergeht, daß sie nicht Beide zu mir lxriiber tommen in mein freundliches Altentheilshäuschem in dem auch schon Wann’s Eltern ge wohnt haben. Zu meinem Geburtstag versammeln sich alle meine Kinder und Enkel um mich, um der Mutter und Großmutter ihre Liebe zu bezeugen. Jan vorigen Jahre ließen sie mir teine Ruhe, ichmuszte mein Versprechen erfüllen und sie Alle noch einmal in ih rem heim besuchen. Der Doktor holte mich in seiner schönen Kutsche ab und hat mich im Triumph von Einem zum Andern gefahren, wie er sich aus drückte. Und wahrlich mit mehr Ehre tann wohl kaum eine Königin empfangen werden. als meine Kinder ihre Stief mutter empfingen, hatten sie doch Alle Ehre Däuser festlich betränzt, ja mir beim Pastoraxt sogar eine Ehrenvforste gebaut, wie auch hier als ich wieder zuriirttam m,Ik sk« k s s usw-. »u- mcuc III onu- zu anstren gensd gewesen siir mich alte Frau, habe ich miir doch eine böse Auge-Entzün dung dabei zugezogen und bin jetzt blind und lebensmiide Ja, glauben Sie mir, meine liebe, junge Nachbarin, so gut ich es jetzt sonst auch habe, ich bin müde, herzlich müde von der lan gen Lebensreise und sehne mich, heim Mitben Die junge qu des Lehrers erhob sich, um in ihr heim zurückzueiten, wo ihr das Glück noch blühte in ungetrüb tcm Glanze — wer weiß, wie lang-e! Die sranzösische Wein e rnte dieses Jahres ist um 18 Mil lion-en hetiokiier größer ais im Vor jahre. Das soll davon herrühren, daß es txt-er in Frankreich viel mehr gereg uei hat, all im Jahre, d. h. Tal-Ia wegen des stößt-gen Wasser-Reich ms . . . . k- — Ja —«-.——-——·— H Wie ich das Gruseln lernte. Slizze von O. W. S trin. Eigmuich ist die uevckschkift falsch gewählt, denn das Grufeln hatte ich gelegentlich auch schon vorher lennkn gelernt, ehe ich die Geschichte erlebte, die ich jetzt erzählen will; denn ohne zu lügen, kann ich von mir wirklich nicht behaupten, daß ich zu jenen kalt bliitigen Naturen gehöre, die, wen-u sie nrit dem Teufel fechten sollen, sich in aller Gemüthsruhe noch erst eine Ci garre in’s Gesicht stecken. Jch hatte mich wirllich schon oft gegrufelt in meinem Leben, z. B. wenn ich meine Semesterfchulden beichtet-e, oder wenn ich verurtheilt war, dass Tanzbein zu schwingen. Doch so schlimm es war, das wahre Grufeln war es doch nicht. Das richtige, echte Gruselns, bei dem die menschliche Epidermis sich in eine Gänfehaut verwandelt und die ähne ilappern und die Haare sich krib lnd emporrichten, das habe ich doch erft hier in Amerika gelernt und da- kam fo: Jch befand mich bei dieser Gele genheit in Chicago unsd zugleich auch in meinem Normalzuftantz dem der absoluten Geldlosigkeit, leider Gottes erfreute ich mich nicht einer gleichgra digen Appetitlosigleit. Mein Magen belästigte mich vielmehr mit einer Frechheit, wie sie diese niedertriichtigen kleinen Kläffer entwickeln, die sich bel lend und beißend an die Hase irgend eines unglücklichen Gaules haften, der bis dahin in glücklicher, hängohriger Selbstvergessenheit dahin lleppekte. Als gegen Abend mein Hunger noch immer nicht zu Bett gehen wollte, be schloß ich, nach der Bibliothet zu ge hen und dort dem ungestümen Gaste mit einer geistigen Mahlzeit aufzuwe ten. Zuerst wollte ich mir Don-MS »Göttliche Komödie« geben lassen-, denn die Stelle, die Ugolin-as und seiner Söhne schreckliches Ende im Hunger thurm schildert, schien mir eine zeitige möße Leltiire, wohl geeignet, meinen Magen durch die Vorstellung noch grö ßerer Schreclnisse, als er selbst litt, zur Ruhe zu bringen. EIN Da viel mir des alten Gerstesnbergs Tragödie ein, die denselben Stoss noch viel eindringlicher behandelt und ei gentlich von Anfang bis zu Ende ja nur ein einziges großes hungergeschrei in den verschiedensten Tonarten ist. Bald saß ich denn auch da und lass das gräßliche Marterstiick mit geringer Er götzung aber großartigem Verständ niß. und mein lnurrenider Magen lie serte die Tafelmusik zu diesem geisti gen Schmause von höchst zweifelhaften Güte. Doch die zehnte Stunde rückte heran und von dem Ausgabepult her erscholl es »Time!«, ein Rus, der mich aus meinem literarischen Paradies in die böse Welt von Schopenhauerischer sPriigung hinaus-trieb s Jn meinen betrübten Verhältnissen sblieb mir jetzt nichts weiter übrig, als ’nach Hause zu wandern. Das klingt nun sehr einfach, hatte aber in meinem »Fal! doch seine Bedenstlichteitem denn außer vor der Srylla »Hu-nger« mußte ich mich auch noch vor einer Charybdis hüten, und diese Charybdis lauer-te in meiner Häuslichtesit aus mich und sah gerade so aus, wie meine derzeitige Wirthin, wenn sie die tin-bezahlte Rech nung präsentirte. Jm Ernste gespro chen hatte meine Wirthin durchaus lei ne Aehnlichkeit mit jenem Fabelwesem sie war im Gegentheil eine selensgwte Frau und hatte mich nie oder wenig sten-s nur in sehr schonungsvoller Wei se gedrängt, da sie wußte, daß ich be zahlte, wenn ich Geld hatte, aber ei nem schlechten Gewissen erscheinen be kanntlich alle Dinge in einem ganz ab sonderlichen Lichte und mein Gewissen fühlte sich zur Zeit von einer außerge wöhwlich hohen Rechnung belastet. Kein Wunde-r also, daß sich die gut miithigen, wenn auch energische-n Züge meiner Wirthin tin meiner Einbildung zu einer seindseligen Charybdismaste verzerrtem Daß ich unter diesen Um ständen nicht in dem gleichen Wo und mit denselben Gefühlen nach Hau se eilte, wie der Jüngling zu seinem ersten Stelldichein, ist selbstverständ lich. Gerne hätte ich dieZeit abgemat tet, da jeder sein müdes haupt in die Kissen drückt, aber es war ein abscheu lich-G naßlalteö Wetter, daß ntichet zum Spazierengehen ein-lud und außerdem iibten meine desetten Schuhe gegen den Straßenschmutz eine etwas weitgehen de Gastsreundschast So klomm ich denn vorsichtig die Treppe empor, und gliiellich jedes Reneonitre vermeidend, schob ich endlich attswthmend den Me ael meines Kämerleins von innen vor. Ein-, zwei, drei, war ich ausgezogen