Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (June 24, 1915)
Die letzte Meile Roman von Oes- Besee. — ca Ritters-Ia Sie konnte keinen Entschluß fas sen. —- Eine oriickende Schwere lag aus ihr —- wie eine Undankbare tam sie sich vor und tor- nte doch nicht hel fen, nichts tun um ihm Glück zu geben. Langsnin erhob sie sich, schweigend, ohne noch ein Wort zu sprechen. gingen sie den Weg zum Hotet zu rüst. Aus der Termsse war noch eiii Teil der Gesellschast versammelt. Ul- sie var-»in vorüberlainen, ver stummte plötztich die Unterhaltung, die ihnen in vie Nacht hinein entge gengeschalit —- es erschien Atice, als ov alle Augen aus sie gerichtet wären. Das erweckte ein Gefühl in ihr, eine neue Unruhe· Durste sie ietzt —- in dieser neuen Lage, in der sie sich besond, noch so weiterlebens — Gab sie nicht nach dem, was heute geschehen, den Men schen ein Recht, sie zu verdächtigen? Sie verabschiedete sich von Frank ville, doch die Gedanken sotgten ihr und v;rließen sie auch nicht, als sie ihr Zimmer betreten hatte. Sie schickte die Jungfer hinaus: Sie solle schlafen gehen, sie würde sich selbst anstteiven — dann, nach dem sie ihr Kleid mit einem weichen Schlaer vertauscht hatte, seyte sie sich nn das ossene Fenster und sah rn die Nacht hinaus. Durch die Stille draußen tönten noch immer gedänipft die Stimmen der Plaudernden auf der an der an deren Seite des Hauses gelegenen Terrnsse, das Wetterleuchten hatte aufgehört, der stärker gewordene Nachtwind trieb vereinzelte Wolken iiber den Himmel, an dem sich nur ab und zu ein Stern sehen ließ. Vom See her hörte sie das Anschla gen der Welten an dns Ufer. Durste sie bei ihm bleiben? Diese Frage quälte sie. Sie ver stand wohl, was Trennung fiir ihn bedeute. Aber auch fiir sie — hatte sie noch einen anderen Plan auf der Erde at dei ihm? Jm Elternhnusesi — Das war ihr fremd geworden, sie gehörte nicht mehr dorthin, sie war durch das, was sie erlebt, von den Eltern innerlich getrennt —- sie fchauerte bei dem Gedanken, an Vergangenes rühren, gestehen zu müssen, was sie sung-trie ben hatte. Mußte sie denn fort, konnte sie nicht troh allem, wag geschehen, was heute geschehen war, bleiben? War er nicht ein edler Mann, stand er nicht hoch iiber anderen Männern, durfte sie ihm nicht weiter vertrauen, würde er sie nicht führen und schöner-, wie er sie bisher ge führt und geschützt hattet Aus ihren Gedanken heraus, wie um ihren Entschluß zu befestigen, neigte sie den Kopf. Nichts ändern, alles so lassen, tun, was er be stimmt —- und wenn er nicht daran cis-htt, auch nicht daran rühren. — Wem hatten sie Rechenschaft zu geben, sie, die beiden Einst-mein die auch weiter einsam hleiben würden? Eine lange Zeit war iiber ihrem Grübeln nnd Denten vergangen. Sie hatte dessen nicht acht gehabt, ietzt, als sie fertig mit sich, entschlossen war, erhob sie sich von ihrem Plah am Fenster, fühlte nun erst die Et rnattung, die sie ergriffen hatte. Nun frostelte sie, oie liihlere Nachl lilit machte sich geltend. Sie 3og den Schlafrock fester um ihren Koe pet und schloß das Fenster. Dabei sxih sie, ousz drüben im Osten der Himmel sich schon tötete — ein Blick aus vie lleine Reiseuhr, die auf Dem Tische stand, zeigte ihr, daß der Morgen anbsechen wollte. Hostig entlleidete sie sich, um den versäumten Schlaf nachzuholen Der Tag ionk schon vorgeriickl, als sie erwachte. Noch im Schlaf hatte sie jemand an ihre Tür klopfen gehört; jeE war es wieder still — sie mußte st wohl getäuscht haben. Eine Mattigkeit, wie noch langer Krankheit, hielt ihre Glieder geses sell, verträumt blieb sie liegen, die Ereignisse des vergcingenen Abends wollten in ihre Erinnerung zuriicks Lehren. s Da pochte es von neuem, ein-, zwei mal, sie hörte die Stimme ihrer Jungfer: «Gnädige Frau, gnädige Freud' Das klang erregt, ängstlich —- oder Wien es ide, der noch vom SCle Besessenen nur soll —- Eia We Schn- ergeifs sie, sie wollte Int Isstten, rufen, doch die Stimme ver sssee — und do schon siedet «Iuädise nu, bitte, öffnen Sie det Ism« — Stunde — ist der Itzt gerufen — eirr schwerer Herzkrampf' — Totenbteich stand Alirr. Aus ih rem Gesicht war jeder Blutstrapfen gewichen — mit zitternden Fingern grisf sie nach ihrem Halse, in dem etwas herauskroch, sie wiirgte — ihrs Atem und Sprache raubte Und immer nur der eine Gedanke, der sich in ihr hirn bohrte: «Daran trägst du die Schuld, du hast ihn getötett« Die weitausgerissenen Augen starr ten aus die Jungfer, die sie am Ar me gefaßt hatte, um sie zum hinsehen zu zwingen —- Alice regte sich nicht von der Stelle, aus ihr schien ame Leben gewichen, doch das Zimmer fing an, sich mit ihr zu drehen —- ein Schwindel erfaßte sie —- mit einem Wehlaut sant sie auf den Stuhl. Die Jungfer eilte zum Toilettens tisch, um lötnisches Wasser zu suchen. Doch sie war selbst so aufgeregt, die Flasche entfiel ihrer Hand, zerbrach tlirrend aus dem Fußboden, so daß der herausströmende Duft das Zim mer erfiilltr. Einen Augenblick stand sie und sah mit abwesenden Blicken aus den angerichteten Schaden, dann raffte sie sich wieder auf. Im Hand tosser mußte sich mehr davon sin den, die gnädige Frau führte Immer einige Reserveflafchen mit sich —- end lich hatte sie das Kästchen entdeckt. Nun suchte sie nach einem Gegen stand, um die Flasche zu öffnen — irgendma mußte ein Miniaturtorizies her sein« doch der fand sich nicht« ei blieb nichts übrig. als den Kort mit der Schere in die Flasche hineinzu stoßen. Auch das gelang — nun konnte sie ihrer Herrin Schlasen und Stirn mit dem erfrifchenden Wasser reiben. Langsam richtete sich Alice auf — doch wieder dieser starre, sragende Blick, die Lippen bewegten sich laut los —- erst, als die Jungfer wieder holte, was sie ihr vorher zugerufen, daß Herr Frantoille schwer erkrankt sei, tam ihr zum Bewußtsein was geschehen war. Sie versuchte sich zu erheben, tau nielnd fiel sie zurück, allein die Sor ge um den Kranken riß sie wieder aus« einige Setunden stand sie, aus die Lehne des Sessets gestützt, dann stieß sie hervor: - Kommen Sie, führen Sie mich» zu ihm.« ; Die Jungfer tvar verzweifelt. Ja diesem Zustande, mit nackten, in Pan toffeln steckendeii Füßen, nur mit dem» übergetvorfeiien Morgenrosck bekleiden-; mit wirrein, von dem tölnifchen Was-s ser durchnäszteni Haar wollte die gnä-; dige Frau aus dem Zimmer, iiber den Korridor, unter fremde Menschen gesf hen! E Sie versuchte ihr das verständlich zu machen, hielt sie zurück und dtiiate sie in den Sessel — dann stürzte sie! hierhin und dorthin, um das Nötigste» zum Antleiden zusammenzusuchen s Alice hatte sie erst daran hinderns wollen, sie hatte nicht begriffen, wass Elise wollte, verstand kaum die Wut-l te, die jene sprach —- doch die Jung-l fer war schon bei ihr, kniete vor ihr« nieder, um ihr die Strümpfe über zuziehen, dann ordneteisie ihr schnell - oaö haar, richtete sie auf, um sie an szutleiden — wenigstens Unterzeug — kund da Alice seit willenlos geschehen ’ließ, was die Jungfer tat, war die lJungfer in kurzer Zeit fertig. . Eine Ewigkeit war es Akice erschie nen, was zwischen den Worten des »Mädchens und ihrem heraustreten iaus deni Zimmer lag, est ftie eine zueue Furcht in ihr aus« daß ie etis »was versäumt hätte —- zu spät kom-« meii könnte. l Wochen waren vergangen, Wochen,l die silr Aliie Leiden gebr.1cht, wie kaum Der Kranke sie zu erdulden ge habt. Immer nur der eine Gedanke: »Wenn er stirbt, nagst du allein viel lSchuld — er hat an deine Liebe ge ;glaubt, darum geworden —- du hast Jihn zurückgefmßen — mit einem IWorL mit einem Namen, den du san-gesprochen — als er dich in sei Inen Armen hielr.« Ost am Bette des Kranken war sie made daran, ein Gelübde abzulegen: l»Wenn er leben bleibt, will Ich alles gutmachen« — aber gleich brach ver ertiinstelte Mut wieder in sich zusam men — sie tonnte ihm nicht anderes als eine treue Pslegerin sein« Und würde er einer solchen nicht »in erster Reihe bedürfen? —- hatte nicht der Arzt gesagt, daß die größte Schonung Lebensbedingung seii JAn sich- welches Leben ihr bevor stand, wollie sie nicht denken —- et war genag« daß sie hoffen darste, gut zuraachen, ihre Pflicht zu erfüllen· Riesengraß war ihr die eigene Schuld in der Zeit seines Krankenlas ger- erschieuen, hin und her gezerrt war sie durch die Furcht, daß der Tod sie daran verhindern könnte, iu sühnen, das sie allein niirde weiter leben müssen mit der ewigen Reue im FOR Schrein im suche 's- rat en. es hatte mir aebrohe — ranW starb . » — - sit ess- W er trägt-. ice sei-me set-· Mit-LI- mk Mem-· T Jan un sein«-sit hanc ne es za rückgewiesein als er vorges lassen hat te, daß der Diener ihn sii solle. »«Und ich, wozu bin ich denn dei« Er hatte sich gefügt get-! dtsiigt F würde sie dann doch stets uin ihn em.... Langsani gingen sie erst im Gar ten bei Dotels aus und ab, nnd als Atice sah. das er sreier austrat, schlug sie mit ihm den Weg zum See ein. Dort sa sie und sahen hiniibet zu der Fel enlette —- es war derselbe Plai. an dein sie oor seiner Crtrans tung gesessen — beide schwiegen sie — waren rnit ihren Gedanten bei Vergangene-in Aber die Gegenwort sorderte ihr »Recht. Es mußte überlegt werden, Hwohin sie sieh wenden, wo sie den ’Winter zubringen sollten. » Der Arzt hatte einen südlichen Ort Iznr Bedingung gemacht. Am besten Aegnpten oder die Niviera. —- Für die jetzt noch warmen Monate hatte et jednch Wiesbaven angeraten, wo Frantville Bäder nehmen sollte, um die nachgebliebene Körpetschwäche zu überwinden. , Viel-baden —- die ganze Vergan genheit rollte sich vor Alterns inne rem Blick ans. Würde nicht jeder Weg, jeder- Steg ihr Erinnerung bringen —- tviirde sie das ertragen tönneni Uns-te der Onkel nicht, daß sie in Wieibaden jenen tennen gelernt, der ihr Leben zerstört hattet Sie sann nach, sie wollte sieh ins Gedächtnis zurüdrusem ob damals davon gesprochen worden war, da er innerte sie sich, daß immer von Rom die Rede gewesen, auch die Eltern nicht gejagt hatten, daß ftr ihren Mann in Wirsbaden kennen gelernt habe. Auch davon war nicht gespro chen worden, daß Trentelno Mutter dort lebte, oder Franlville, der ja bald nach ihrer Rückkehr abgereift wor, hatte das vergessen —- er in fei nem Zartgefiihl wurde ihr fonft ge wiß nicht zugemutet haben, Wie-va den zum Aufenthalt zu nehmen. Vielleicht glaubte er irn Gegenteil, daß es ihr Freude machen würde, Wiesbaden, :vo sie ihre lustige Pen sionszeit durchlebt hatte, wovon sie fv oft erzählte, wiederzufe Und sie — sollte sie jeit daran rühren, ihm fagen, daß sie in,diefe Stadt nicht tonne, nicht wolle? —« Sollte sie den Namen dessen, der fiir sie tot war, tot fein mußte, wieder nennen —- alles von neuem ans Licht zerreni.» Lieder schweigen. — Dann, als sie ruhiger geworden, fiel ihr ein, daß vielleicht Wiesvaden der lehte Ort fei, wo sie ihm begegnen tönntr. Die oft hatte er geäußert, daß er dtefe Stadt nicht liebe, daß er nie nach Wiejbaven gehen würde und auch feiner Mutter geraten hätte, fortzu ziehen. Seine Mutter. Die liebe, alte Da me. Die ganze Zeit her hatte sie nicht» mehr an sie gedacht. : Ein paar Briefe hatte sie mit ihr non Prag aucgetaufcht, ein paar Posi tarten vorher von Berlin und Monte» Carlo gefchiat —- auch wohl damals, als sie fein haui verlassen hatte, ei-. nen Augenblick daran gedacht, sich zus ihr zu flüchten; später hatte sie In Scheu und Furcht nichts mehr von sich hören lassen. Es war ja die Mutter —- feine Mutter — würde sie nicht glauben. daß ihr Sohn im Rechte fei, daß nur sie an allem die Schuld trüge —« lonnte die Mutter anders urteilen? Und doch zog es sie jeht mit ein mal mächtig zu der Frau hin —- sie, die faft des Verkehr mit andern rauen entwöhnt, immer nur in Ge ellfchaft eines Mannes gelebt nnd sich fcheu von jedem weiblichen Ber lehr abgeschlossen hatte, wenn sie zu erkennen glaubte, wie man iiber Ihr Zusamenlebem ihr Reisen mit dem noch« nicht alten Manne, der trotz seiner Krankheit ein schöner Mann war, im stillen urteilte. Da tönte seine Stimme hinein in ihre Gedanken: »Wean es dir recht ist, Alice, rei sen wir in ein saar Tagen —- viel Zeit haben wir nicht mehr, in vier, süns Wochen ist es herbst." Jn ihn-, dem Kranlem war die Sehnsucht erwacht, recht bald hinzu kommen an die heilquelle, von ver sich der Arzt so oiet versprochen hatte· »Gut, ich -"·werde alles onorvnen, übermorgen können wir reisen.« Er war das schon so gewöhnt, daß isie fiir alles sorgte —- seit seiner Kranlheit n mehr wie früher — Jdasz er zustie gastiert-nie mit ei nem ieisen Dank siie sie, die sein gu ter Engel geworden war. - i o Viel schmerzlicher noch, als sie sich vorgestellt hatte, wirkte aus Alice in Her ersten Zeit der Aufenthalt in Dis-TM ne is habet n alt vom a zum tel fahre-, die Wilhelrnftkaße, die uplstra der Stadt, passierteu, meldeten ch die Crinnerungem Dort, dein I ster gegenüber, tue Ue Stelle, wo ihn getrossem von war er ihr olgt und hatte e dann später ·der einsamen Partfeaspe entsprochen Um Karl-aus verbei, wo sie ihn zuerst Iesehen —- deiiben das com, wo sie als srwimr so lustig sit den Eltern zusammen Unieet nnd seigbrt hatten. , i- mutite die sum schließen W um die ansillrmenden Bilder von sich zu scheuchen —- war froh gewesen. als der Wagen vor dem Hdtet hielt, tpo sie Zimmer bestellt hatten Ilder das tviirde wiederkehren, täg lich. ftilndlich —- die Straßen, das Nathan-, der Wald —- allei tviirde von der Vergangenheit erzählen. — ,Sawie sie einen Schritt tat, würden befeligende Bilder vor ihr ftehen. Jn der erften Woche war sie nicht aus dem hotel gegangen. Da hatte sie noch eine Entfchuldigung: Den Onlel griffen die Bilder an, et fiihlte sich ermattet, lag tagsiiher anf dem Diwan — es war ja nur natürlich, daß sie ihn nicht allein lassen wollte, wenn er auch immer von neuem drängte, daß sie in die frische Luft gehen folle. Dann fühlte er sich bald kräftiger und verlangte feldft hinaus. Die herdftfonne ftrnhle noch fo warnt, vor ihren Fenftern flutete die Menge der Kurgäfte, Equipagen, Automobile jagten vorüber, von drüben her aus dem Garten fchallte Metsit — alles forderte zum Leben, Genießen auf. — Welchen Grund hätte Alice jetzt noch angeben tönnen. im Zimmer zu bleibeni « So fuhren sie täglich in den Wald, befuchten den Neroberg, waren zum Nachmittagslonzert im Kurhaufe — allmiihlich wurde sie ruhiger. Nur fremde Gesichter um sie her — auch unter den jungen Mädchen des Pensionats, die ihnen oft im Walde begegneten, lein bekanntes Gesicht — die waren wohl alle schon fort, in der Heimat oder ;- verheiratet. l Auch an ihre reinliche unanin hatte sie kaum mehr gedacht —- sie hatten die Korrespondenz, die sie in ider ersten Zeit nach ihrerBerheiratnng sgefiihrt nach und nach eingestellt — was hatte sie ihr auch zu sagen ge ’hadti —- Sie wollte sich nicht bedau Iern lassen. Auch seht dachte sie wenig »an die Freundin ihrer Mädchensahrr. » Nur ein Gesicht stieg immer von sneuern vor ihr aus —- dat liebe Ge sicht der alten Dame, fiir die sie so viel Sympathie empfunden hatte. Wenigstens wissen wollte sie, was aus ihr geworden war, ob sie ncch hier in der Stadt lebte. Jhre eigenen Verwandten, die während ihrer Pensionizeit hier ge wohnt, waren fort, nach Berlin til-er gesiedelt, wo sich der Sohn verheiratet hatte — vielleicht war auch die alte Dame ihrem Sohne nachgezogen, um die paar lehten Jahre in feiner Nähe zu sein. Immer wieder quälte sie sich damit, daß sie die Frau wiedersehen müsse —e5 war ihr. als oh sie etwas an ihr gutzumnchen hätte, ihr ein paar freundliche Worte sagen müsse. Vielleicht zürnte sie ihr nicht« schloß sie in ihre Arme —- oielleicht tonnte sie sich einmal dazu-einein am her zen einer Frau ausweinew - Ihrer eigenen Mutter gegenüber hatte sie ein fcheuei Gefühl zurückge halten, sie hätte sprechen, erklären müssen — diese andere Frau, die ihr so einsam, fo selbst des Trostes be dürftig erschienen war, würde gewiß nicht fragen Und wenn sie doch verdammte, ihr alle Schuld zuschrieb — auch das wiirde sie ertragen —- dielleicht ge hörte das noch besser in ihr jetziges Leben und Empfinden. Wie ein neuer Reiz erschien ihr das —- immer mehr Qual wollte sie wie eine echte Märtyrerin auf sich nehmen. Aber von Tag zu Tag hatte sie gezögert, sich der alten Dame zu niis hern, ieht stand bald die Abreise de vor, da- Nomadenleben sollte wieder beginnen — noch immer hatte sie zu reinem Entschluß kommen tönnem Da, an einem Regentag, da sie, um einige Eintiiuse zu besorgen, allein in die Stadt gegangen wor, nahm sie all ihren Mut zusammen und fuhr mit der Elelteischen nach der Straße. in der Frau von Trenteln damals ge wohnt hatte. — Wenigstens das Haus wollte sie sehen — eine Erinnerung mit sich sortnehrnen. Longsacn aing sie, nachdem sie an der Este ausgestiegen, die stille Straße entlang —- langsam mit zögernden Schritten. » Dort lag das Hau- bor. ihr. Die szenster der Wohnung standen weit fassen, aber niemand war zu sehen. « Sie näherte sich dem hause —- wie einem Zwange nachgebend, trat sie durch die ossene han«-tue ein, suchte an der Jnnentiit nach dem kleinen weißen Porzellanschilde, das ihr noch in Erinnerung war — von dem Ve such mit ihrem Verlobten bei seiner Mutter. Das war noch da: »b. Trenteln« las sie mit tlopsendein Versen —- nnd nun —- in blötlichem Entschluß — drückte sie aus den Knopf der elettris schen Glocke Von innen naheeten sich Schritte, alles slnt trat aus ihrem Versen. sie wollte umlenken. fliehen und blieb doch stehen —- tpte eine Händerin, etni näessien sucmbltck ihren Ue teielssptuch hören soll. Usd M- eint sticht sticht-I sie sich in der Sat- sarnnn toqu das allen Bat weilte hier, war-in drängte FIHtM herausf« thtvebsignsäafn Gedanken voraesiellt, das die alte Frau ibe ztlrnen nasse —- tosklte sie F I Isiaz zu allem Leid noch eine Zurüc froeisung holen? ; Ganz ttar tatn the auf etnnrat zum LBewußtsein daß fie einer trunthafs Iteu Sentirnentalitiit, einem Mitleid Jnit jener Frau oder intt sich selb Enaehgegehen hatte. Schon trat re einen Schritt zurück —- da öffnete ssich die Tür; ei war zu spät sie mußte dem Dienstmädchen das im schwarzen Kleide vor ihr stand, et was sagen, um ihre Anwesenheit zu erklären. X Einfach einen fremden Namen nen nen« fragen, ob nicht der oder jener hier wohnte und dann fortgehen, dazu fehlte ihr der Mut, wohl auch die Ueberlegung, denn jede Art von Ver stellung war ihr fremd —- sp sagte sie stotternd, als das Mädchen sie fragend ansah, während sie die Augen auf den Strauß Rosen geheftet hielt, den sie unterwegs aus einer untlaren Empfindung heraus getauft hatte Jtann ich die gnädige Frau spre chen?« «Die gnädige Frau —- Frau von Trentetn"t'« Die vor ihr Stehende starrte sie an. Und als Alice schweigend rnit dein Kopfe nickte: »Die gnädtge Irnu ist gestorben. vor einer Woche wurde sie begraben." Als sie daraus nichts antwortete, sondern immer nur vor sich hinsch «Aber der Sohn, der here Leut nant ist hier — das heißt« - sie verbesserte sich —- .er ist seht nicht zu Hause, er kommt aber bald zus rück. Jn der Zeitungsanzetge war doch gesagt, daß die Möbel zwischen ein und zwei Uhr zu besehen seien, ietzt ist es halb eins-. —- Sie kommen doch wohl, um Möbel zu luuseni Et ist nicht mehr viel da, der here Leut nant hat sehr billig verlanst, da er Inbreisen will.« Wie elf-kalte Wisserlropsen sielen die Worte aus Alten drangen ihr durch die baut, singen an, sie zu ste chen —- sie verstand nicht, was jene von Möbeln schwerste —- nur daß die Mutter tot, der Sohn hier sei, bald zurücklommen würde, hatte sie egehiirl. , Scheu blickte sie aus. Sie maß .die paar Schritte, die sie von der Tiir trennten —- wiirde sie Zeit sinden, um fortzukommen, ehe er zuriirtlam'.« Die Rosen entsielen ihrer Hund« ein Teil der Blättchen löste sich und bestrente den Fußboden vor ihr, sie achtete nicht daraus, sie antwortete kauch nichts, sie hatte nur mit An strengung gehorcht, ob sich von der Straße her tein Geräusch hören lies:. Als alles still blieb, kehrte Leben in sie zuriich ste stürzte hinaus aus die Simse, mäßigte auch ihren Lauf nicht, als sie bemerkte. daß sie eine falsche Richtung eingeschlagen —- das war ja gleichgültig, nur sort aus der Nähe des houseg, aus der Straße Ehinaus — irgendwo würde sie ja seinen Wagen finden, der sie inH Hotel »zuriickbrachte. I Das Mädchen hon- ihk »Ma Inachgrsehen Was die wohl gewoll: hattet Schöne Kleider hatte sie an, auch hübsch war sie. Ob sie wirklich nur wegen der Möbel lau-? Sie bückte sich, suchte die heil ge« bliebenen Rosen zusammen nnd trug sie in die Küche Die losen Blätter ließ sie liegen. Wozu sich noch an strengen? Sie ging ja doch in den nächsten Tagen sort, see hatte genug gearbeitet. Als Botho von Trenteln nach hause tum, blieb er vor der Tiir der Wohnung stehen. hin s-· wer hat da noch Blumen gebracht, acht Tage nach dein Begräbntsi —- Dnnn, statt mit dem Drücker, den er bei sich trug und schon in der hand hielt, die Tür auszuschließen, tlingelte er. Ali das Stubenmiidchen össnete, seagte er: « »Wo kommen die Rasenblälter her. Animi —- War jemand hier«-« s »Ach, herr Leutnant — ja, ei wir eine Dame hier« ein Fräulein oder ’ne junge Frau, sehr elegant war sse nn gezogen und sehr schön war sie« — Trenteln wurde ungeduldig. »Gut, gut schon —- wns wollte sie, wer war es?' Das Mädchen blickte verlegen. »Was sie wollte — sie hat noch der gnädigen Frau gesragt. Als iclk ihr sagte, dass die Gnädiae — aber daß der Herr Leutnant hier sei, da wurde sie weiß wie die Wand, ließ die Rosen, die fie in der hand trug, sal len und lies sort. Jch hatte teine Zeit, nach ihrem Namen zu fragen. hatte auch geglaubt, sie wolle Möbel lausen.« «Durnmheit!« —- Undeutlich zwi schen den Zähnen stieß er es hervor, dann trat er ins Zimmer. Gans kahl starrte ihm das entge gen. —- Die Miibel asi schon alte fort, die Wände leer, mit großen und tleinen duntlen Flecken, die die Stellen be eichneten, wo die Bilder gehangen tten — nur der tleiue Glasscheant mit den Schäsen der Verstorbenen stand einsam. luqte aus seinen kleinem neettlerten III sern wie init eben o vielen Augen trautt in die Oel-e Voäo von Irenteln blickte noch dentl vor hin. Wer konnte die san-e erpe en seint von dein Tode der utter hatte sie nichts ges wußt, und als sie gehört, das er da sei, tonr sie sprtgkanqen —- ecausen —- ivie sich die nna ausdr ste. — Seine Anwesenheit hatte sie also er «:cheeclt, verjagt — sollte —- aber nein, das war doch nicht m lich, was hätte sie hierher siihren öni nenit.... Und doch —- es war ihr zuzu trauen. Vielleicht war sie rnit ihrem Ontel zur Kur hier. — Dass sie mit dem in ver Welt herumreisie, was-te er — da wollte sie wohl die gewesene Schwiegerinama besuchen, hatte sa so grose Verehrung silr sie gezeigt. na — an Sentimentalitiit sehlte es ihr auch nicht. Vielleicht war ed übri« gens nur Neugierde gewesen« oder — Er ging zur Tör. .Anna!« Sie tarn schnell aus ver Miche· »Beschreiben Sie mal die Dame: Haar, Augen, war sie groß, tleini«— Er sah gespannt aus das Mädchen. »Ja, Herr Leutnant, das ist schwer zu sagen, es war ja nur ein paar Minuten —- Augen hatte sie mächtig große, ich glaube: blau. Und haar — richtig, ich erinnere mich: tein duntles haar, nein« duniel war es nicht — bland — aber nicht hell blond, auch nicht rötlich, so, wie soll ich sagen —- aschblond nennt man es, glaube ich —- graß war sie auch nicht, eher tlein, tleiner als ich — unv wie ich herrn Leutnant schon gesagt habe, sehr elegant, ganz weiß geileidet, so leichte Seide und 'nen dicken Reiher am hut —- der kostet Lgewiß« — Doch Trenteln hörte schon nicht mehr hin. Alles poßte aus Mike-— Also ie, sie —- wsaz hatte sie hier gewollti. . . . Gewißheit mußte er sich verschass sen, ob sie es wirklich gewesen war. Das war nicht schwer. Er brauchte nur die Kurlisten durchzusehen, in irgend einein Buchladen oder itn Kur hau5, am besten inr Kurhaut — Den Hut hatte er noch nicht abgelegt, bei der Erzählung des Mädchens nur etwas nach hinten gerückt, jehi setzte er ihn zurecht, suchte noch sei nern Stock, die er bemerkte, daß er ihn in der Hand hielt —- dann ging er, ohne noch ein Wort zu sagen, au detn Hause Was er eigentlich wollte, war ihrn selbst noch nicht tlor. uErst rnnl Gewißheit,« wiederholte er bei sich, »dann« — aber aus dies »Dann« snnd er nicht gleich eine Antwort Ja, was dann? —- Hatte er Sehn sucht nach ihr, liebte er sie —- hatte er sie denn geliebt —- so geliebt, das der Gedonte, sie sei hier in seiner Nähe, eine so große Erregung in thn nuslssen konntet — Wöhrend er durch die Straßen ging, die zum Kurhaue führten, die Nitolntstruszq die Rheinstrnße, in die Wilhelrnstrnsse einbog« versuchte er zu überlegen. « Er ries sich die Zeit ihrer Ehe su rtiet. Gewiß, er hatte lie des Geldes wegen geheirntet —- daz war in seinen Singen teine Schande, d.rs taten viele, seine Verhältnisse hatten ihn dazu gezwungen — aber vielleicht hatte er sie auch lieb gehabt, in seiner Weise —- sie war hübsch, sogar schön und — so geduldig. Er hatte sitt; seine Freiheit bewahren tönnen. Das war ja auch alles ganz gut gegan gen, bis zu dem Tuge, als der Bries kam. der über die Verluste berichtete, und baß sie nun weniger haben soll cert. Da hatte er sich im Zorn hinreisen lassen —- detrogen hatte man ihn — die Worte hatte er nicht überlegt. tvuszie taum, was er gesagt, womit er sie sartgetrieben holte. Und dann wor der Onlel, dieser gestrenge Philister. getonrmen Der hatte sie ganz auseinandergebrnchi. Wäre sie selbst zurückgetehrt, dann hätte wohl alles wieder eingerentt werden tiitmen —- nber so —- das Blut stieg ihtn ins Gesicht, heute noch, nach so langer Zeit, wenn er sech ein gestehen mußte, welch tliigliche Rolle er gespielt hatte. xer edle Patnzier hatte ihn gereizt —- und dann — nach Uns mußte e: sich eingestehen —- das Geld, das er ihm geboten, hatte ihn verführt. Es war doch ein ganzer Hausen — ek hatte, nachdem er aus leisen Wink seinen Abschied eingereichi und erden ken, angenehm leben können, war viel aus Reisen gewesen« auch in Monte Caeio —- nber merkwürdig, jeyi mit den Groschen in der Tasche, als Ka pitalist, hatte ihm der Mut zu gro ßem Spiel gesehn, er war vorsichtig geworden, nur ein paar Tage geblie ben —- besser so. Jest hatte er seinen Wohnkh in Berlin, bei der Deutschen Bnnt noch ein ganz hübsches Konto, sein Adel machte ei ihm möglich, in guten Krei sen zu verkehren. —- Ek hatte schon angesangen, hemmt-spähen ob er nicht eine neue passe-we Partie fände. Und nun heute diese Erinnerungen. Es kam ja spr, das sich Geschieden tviever vereinigten — Geld hatte sie gewiß oder wenigstens von dein cis-st Ontei zu erwarten, na, tpenn sie wollte, riiclte der wohl auch ieyt noch einen Zuschuß heraus —- aber das waren Ia alles Hirnpespinsiet Wo hin hatten sich seine Gedanken ver irre! Das stand ia alles noch im weiten seide Ce hatte das Karl-aus erreicht, löste eine Tag-starrte und ging ins Lese siinnier. - Gottletmsa total-) —- Ein Bekennen-. Mann an seiner stau. einer isistelletin, die stun ersten Male ! i): »sechs VI gleich ins Ueinef«