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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (May 28, 1909)
Was dir Nacht verbarg. Roman von E. P. Luni-unklar Der Moan f Gast: »I«,onnekwemt, das-: ist ja mein Hin, Tet vom Gndetobessändet herunter-sehnen :ft...und den benutzte ich schon seit zwei Stunden als Spuk-mva Erstes Kapitel. In dem dalbdunilen Hirn-mer« das nur von dem im Kamin slackernden Jener ein unsichere-T matteg und doch Wes und lebendiges Licht em Ist-g. standen sie sich gegenüber und Kanten sich schweigend an. Sie lehnie an der Brüstunq des offenen Meisters durch das man die Häuser aus der anderen Seite der Straße und einen schmalen Streier des Pachihimmels mit wenigen, matt dlintenden Sternen sah, und itülzte sich auf die Platte des Schreidtisches —- seines Schreibtisches. Er stand noch immer in der offenen Zimmer thür, den Ueberrock über dem Arm, dsle krennende Ciaarrette zwilchen den Lippen, den Cylinderhut, auf dessen länzender Seide sich das Kaminfeuer piegeltr. auf dem Kopf, den Schlüs sel am kleinen Finger der Rechten. Noch war tein Wort zwischen ib nen gefallen. Die unerwartete Er ssseinung des anderen hatte jedes von ihnen Ia sehr überrascht. Der Mann sand zuerst seine Ueber legung wieder. Er warf Deinen Uez beredet über die Ledne eines Sind-i les. schloß die Thür dinter sich nnd; drehte dann erst das elektrische Lichtl In. Die plötzliche Heiligkeit blendete ih, slir einen Moment mußte er die Ingrn schließen. Dann sahen sie sich prüfend an. , — . « » · Die Frau am Fenster neigte sich ein wenig vor. Jn ihren Augen spie gelte sich sowohl Ueberraschung wie Furcht. Er sah. wie heftig ihr Atbem Hing- Dann sprach sie -— ihre Stirn tne hatte nach dem langen Schweinen etwas Körperliches. Greifbares. »Wer sind Sies« fragte sie. »Wie kommen Sie hierher-V Er zuckte die Achseln. »Zauber dar!« sagte er unb lächelte spöttisch Ich habe mir eingeredet, daß eine solche Frage zu stellen doch eigentlich sur meine Sache gewesen wäre. Im merhin will ich Jshnen antworten. Al so ich heiße Hollselder, und ich tornme hierher in der Absicht, in mein Schlaf-: zimtner zu geb-en und mich zu Bett zu legen. —- Dars ich nun meinerseits seagen«, fügte er, immer noch lä chelnd hinzu, .wae mir das Vergnü: sen Jhtes Besuches verschafft?« Sie gab nicht sofort Antwort, und während er ihr Aeußeres jeht einer senaueren Besichtigung unterzog, wuchs sein Erstaunen. Wie sonder-i bar die Lage immer sein mochte, in der er sie gefunden hatte, er war doch sicher, keine aewöhnliche Diebin in seinem Zimmer überrascht zu habend Freilich, das eine war tlar — sie hat-i te seinen Schreibtisch geöffnet und seine Pariere durchsucht, die in wir-T rer Unordnung auf der Tifchvlatte und auf dem Boden lagen. Ebenso sicher aber war es, daß sie nicht nur außerordentlich schön war, sondern daß sie auch den besten Kreisen ange hören mußte. Sie war einfach ge kleidet, aber mit jener eleganten, vor nehmen Einfachheit die sofort den be-— sten Geschmack verrath. Ein Pelzums hang, dessen Kostbarkeit außer allem Zweifel war, lag halb ous einem Ses sel und halb auf dem Zimmerboden, wie wenn sie ihn achtlos abgestreift hätte. Sie schien ihm jedenfalls eine Dame der großen Welt zu sein, Ge: sellschaststreisen anghörig, denen er selbst sich nicht einmal zuzählen durf te. Wie tarn sie in sein Zimmer? Welches Interesse hatte sie an seiner Person und an seinen geringfügigen habseligteiten? ,,Hollfelder!« wiederholte sie nich denklich, ihn fortwährend ansehend. »Wenn Sie Hollielder heißen rnuß ich noch einmal fraaen ivag Eie in diesem Zimmer wollen?« »Ja diesem Zimmek7« Er sah sich Um. wie um sich nochmals zu verne tvissern, Daß er auch wirklich in fei nem Arbeits-Zimmer und nirgend an derswo war. »Aber ich bitte Sie, Das ist doch mein Zimmer!« »Ihr Zimmer-S« Sie wühlte ha stig unterden Papierem seinen Pa pieren, und brachte einen Schlüssel vmVorschein »Das Haus ist doch ankestrasze 179 —-s nicht wahr?« »Ohne Frage!« bestätigte er. »Dann ist dies auch nicht Jhr Zim Inet und nichi Ihre Wohnnna.« «Das erlaube ich mit doch oanz ent schieden zu hestreiten«, erwiderte er. »Miastens hilde ich mir ein, hier schon seit zwei Jahren zu wohnen.« »Ich habe aber doch die Wohnungs ihiik mit diesem Schlüssel öffnen tön m « Er sah aus den Schlüssel in ihrer the-d und auf den seinen und fand, das sie sehr ähnlich waren. »Z» wem sollten Sie denn eigentlich?« fragte et dann. Deren MartensI tendlieh begann er zu verste hen. Er lachte. »Da haben Sie sich us eine Treppe lgemtz here Mar iens« wol-it näm ich eine Etage hö rst gab sieh noch immer nicht be . »O habe eher doch die Thiti tmit · fein Schlässel sssnen tön , — « -· It « i sen lii eli sei wän Sie sei-Z tiie seiden Hei sie-e sehr ähnlich«, sa te er. Hält-sieh der sie an tigt : · Ist Mr nicht mit stoben — Sie strich sich mit der Hand über die Stirn. Wie ärgerlich!« sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln. »So habe ich mich also wirklich geirrt. Ich bitte id usendmai um Verzei hung.« Er blieb Vor der geschlossenen Thük stehen und rührt sich nicht von der Stelle. Die hatt-e Aufklärung die et für den eigenartigen nächtlichen Besuch erhalten, Hatte ganz neue Ideen und Vetmutdungen über die Person der Fremden in ihm geweckt Er kannte den Miethet der oberen Einge, kannte wenigstens einige seiner Le bensgewohnheiten und den Ru! den et iin Haufe genoß. — » l I Die Fremde empfand jetzt offenbar sFurchi. Ein paar Schritte machte sie aus ihn zu und sah ihn halb fra gend, halb bittend an. »Bitte. lassen Sie mich gehen«, iaate sie. «Soz·cleich!« Er rührte sich ader noch immer nicht. An die Thür aelekmt, ftand er und fah sie forschend an. Er war sorg fältig und eieaant aetleidet, fein Ge sicht, das den Stempel der Intelligenz s trug, zeigte jene Visite die man heut Izutage so interessant findet. Der Mund war fest und eneraifch geschnit ,ten, und durch feine Anaewohnheit, die Lippen feft auseinander zu pres sen, erhielt das Gesicht beinahe etwas spottet »Was wollen Sie noch von mir?« fragte sie. »Ich habe Ihnen meine Anwesenheit in Ihrem Zimmer er klärt. und ich habe mich entschulägt Lassen Sie mich alfo nun gehen!· .Sie baden mir Ihre Anwesenheit in meinem Zimmer ertliirt«. erwi derte er ruhig· »aber Este haben mir nicht erklärt, in welcher Absicht Sie die Wohnuna des rrn Mariens aufsuchen wollten. tten Sie in der That nor, feine Sachen einer ähnlichen Mutteruna zu unterziehen, wie hier die meiniaen-« Sie warf den Kon zurück. «Was ich bei Herrn Mariens Zu thun hatte. ist nicht Ihre Anaeleaenheitk« erwi derte sie kalt, ihre Hände aber spiel ten nervös mit dem Schlüssel. .Unter gewöhnlichen Umständen »si nein!« aab er zu. »Aber die Um stände sind durchaus ungewöhnlich Verzeihen Sie. wenn ich offen spre che. Ich fand Sie dabei, meinen sSchreibtifch zu durchsuchem und ich rirre wohl nicht« wenn ich vermuthe. daß Sie bei Derrn Mariens dat- akt che thun wollen« , »Und wenn ich es wollte » was Iainae es Sie an? Woher wiffen Sie s denn, daß ich nicht die Erlaubniß das !,tu von ihm habe? Hier ---- ich habe ji« doch den Schnitt-! zu seines Werk nung!« Sie hielt ihm den Schläsiei bitt. Er streifte ihn mit einem flüchtigen Blick und sah sie wieder an. Na wohl!« tagte er. »Aber wahrschein lich nicht von herrn Mariens selbst Der wollte ohne Frage nicht, daß Sie feine Wohnung in feiner Abwesenheit und um dieie Stunde auffuchten." .Wie können Sie das behaupten?« »Das ift doch fehr einfach. Wenn Herr Mariens Jhnen den Schlitssei aegeben hätte, damit Sie sich um Mit ternacht seine Wohnung ansehen tön nen, io hätte er Ihnen ohne Zwei fel auch gesagt, daß er im zweiten und nicht im ersten Stock wohnt. Er mußte ia doch wissen, daß sich keine Namenfchilder an den Thüren befin den, und daß Sie des-halb leicht irren , tonnten.« i Sie aab keine Antwort Eie »Das-, te offenbar nickt was sie thun sollte. Halb mechanisch raffte sie den Um bana auf, den sie auf den Sessel Ent te qleiten lassen, leate ihn aber nicht um die Schultern, sondern bebielt iim in der Hand. »Ist dieser Mariens Jsbr Freund?« fragte sie plötzlich. Er wehrte fast beleidiat -.1l—. »Nein, nicht im mindesten. Ich lenne ihn nur von zusalliaen Beaeqnunaen ber. Unsere Bekanntschaft ist nicht Tiber sliichtiae Grüße auf der Treppe oder aus der Straße binausgelommen.« »Dann haben Sie auch lein Recht, mich hier zurückzuhalten«, erklärte sie ruhig. »Nicht einmal eine Entschul diquna haben Sie dafür-. Ich mag seine Freundin oder Feindin sein — es geht Sie jedenfalls nichts an. Teich bin irrthiirmlich hier bei Ihnen ein gedrungen -— dasiir habe ich um Ver zeihung gebeten. Was wollen Sie noch?« Er rührte sich noch immer nicht. »Ich denke, Sie sind ein Ehren mann, Herr hollselder!« s Die Uhr aus dem Kaminsims schlug. E zwölf. Er wartete, bii der lehtei Schlaa verklungen war. Dann sagte er hastig und eindringlich: »Sie wer den zugeben, daß die Lage. in der wir uns befinden, mehr als eigenartiq ist. - Ich darf mir daher auch gestatten. of - sener zu sprechen. als mir sonst er laubt wäre. Ich kenne Sie nicht, und es könnte mir schließlich gleichgültig sein, wen Sie um Mtterna besu chen. Aber is- waene Sie. könn ten gesellen werden, und bei dein Rus, den den Ratten- —« Sie lachte leise. ein sehr wol-Illin . sendet Lache-. »Um —- ivolles Sie eis- n n- n sit-« »S « M- . . en r · Darum-. Idee glauben St mir, ich -«.. «.«- -j-. weiß fett-ft, wes ich zu thun nnd zn lassen bat-U Er zögerte noch immer. Sie aber sah fette wohl, daß sie gesiegt hatd Eine Minute zuvor hatte sie dieer Mann .1efiirchtet. ietzt fürchtete fie ihn nicht nicht-. . »Ich will mit Sehnen neben nnd oben an der Wodtungothiir wartet-, wenn Sie durchaus hinaufgehen wol len", faate er. «Martens ift oft in einem Zustand. wenn er nach Haufe kommt, daß —" Sie lächelte spöttisch. »Es-seien Sie unbesorgt«. unterbrach sie ihn. »Ich Ecmuche Ihren Schuß wirklich nicht. geb « . Sie brach ab. Es läutete fchrill und anhaltend. Ei war das Telephon in der Ecke des Immers Abek Hollfelder riigrte sich nicht. Er wollte die Thür nicht freiaeben. Als er dann aber noch einmal klin qette. neftia nnd anhaltend, gina er doch kviderftrebend hinüber und nahm« den Hörer ab. j «L1ier bollfelder«, rief er in den! App.irai, und der Aerqer iider die unwilliommene Störuna tlanq deut lich nenua ans seiner Stimme. »Wer bat denn um Mitternacht ——« ,,Ver,ieibunji!« hörte er eine Stim me innen. die ihm völlig fremd mar. ..Toch Heer Hollfelder —--— Rankeftras ße 179?« .. »Ja doch, aber wer ist denn —« »Ich mufz wegen ter nächtlichen Störung tausendmal um Verzeihung bitten", tönte es zurück. »aber es han delt sich um eine sehr wichtige Sache. Ein Herr Mariens wohnt doch in Ihrem Haufe —--- nicht waht?« .vaobl — eine Etaae höher Aber was habe ich denn —--·« ,herr Msxrtens bat leider tein Tes lepbon Ich bitte Sie herzlichst. Vettll Mariens davon zu benachrichtixien. daß er iofart in dasSavon Hotel kom men muß. — here Matten-J ift doch dobeim?' »Ja. wie soll ich denn das einstens Der Herr tornmt felten vor zwei, drei Uhr nach Haufe« es ist also anzuneh men. das-, er noch nicht da ift. Uebri acns finde ich sp« »Wenn Sie ihm gütiaft ein paar Worte aufschreiben wollten, baß er unbedingt sofort nach feiner heim tehr ian Saoon Hotel kommen müß te — Sie würden Herrn Marteng und mir einen anichänbaren Tienft damit erweisen. Zie könnten ja den Zettel an feine Ihiir stecken, falle er noch nicht dabei-n fein sollte Wirllich. es ist ungeheuer wichtig« sonst hätte ich Sie aerviß nicht belästigt Wollen Sie inir den Gefallen thun ?« «Meinetwe;a»en«· brummte Hpllfelg der ärgerlich »Ich kann Ihnen al lerdings nicht verhehlen, daß ich sc ein bißchen ftark finde, jetzt um M ternacht anzuläuten » Also was foll ich auffchreiben?' «Daß herr Mariens im Sapoy ho tel ungeduldig erwartet wirb, und baß er sofort kommen müßte. Er wüßte schon, wer ihn erwartet.« .Wer denn ?' fragte hollselder. »Ein Freunds klang es kurz zu rück. »Wollen Sie mir versprechen. das aufzufchreihen?« hellfelder war nahe daran, den letzten Rest seiner Geduld zu verlie » ren. .Wer sind Sie denn eigentlich?" i «Vergefsen Sie es nicht!' vernahm ’er statt einer Antwort auf feine Frage. .J-a doch, aber Ihr Name?" Reine Antwort. Jn steige-»der Un aebuld fragte er noch einmal -- - da wurde abgelöutet. Wüthenb hängte er den Hörer an und wandte sich ins Zimmer zurück. Natürlich war er allein. Die Ihiir stand noch ein wenig offen, der Raum war von dem zarten, biskreten Tuft ihres Parfiist erfüllt —- aber sie war fort. Er ging auf den dunklen Treppen flur hinaus und lauschte. Kein Laut. Leise rief er nach ihr. Keine Ant wart. Da aina er voll Ingrimm wieder hinein und warf die Thiir heftia hin ter sich zu, ohne Rücksicht auf den Schlaf der übrigen hausbetvohner zu nehmen« Ein paar Mai ging er im Zimmer auf und ab. bis sich seine erregten Ner ven ein wenig beruhigt hatten. Dann trat er an den Schreibtifch und starr-» te auf seine umherliegenben Papiere hier am Schreibtisch war er am stärks iten, der feine, fiifze Duft, der feine Sinne so schmeichelnd umfing. Mit einer heftigen Bewegung fchlo er das Fenster, damit das Parfiim n cht ent weichen konnte. Dann fette er sich nieder. unt fein Versprechen einzuliifen und die Vot schaft zitterte dabei noch immer vor. Erregung fo stark hatte das Zittern-« mentreffen mit der schönen Unbekann ten auf ihn gewirkt. Seine Gedan-4 ken abjulenlem griff er nach einer Et garrette und entzünden sie, während er sich, den Zettel in der Tasche, auf den Weg nach dein oberen Stockwerk - machte. , Oben war es dunkel und still. Er zog die Glocke, aber wie er es nich-r anders erwartet hatte, rührte und regte sich drinnen nichts. Wohl fünf Minuten lang stand er lauschend an der verschlossenen Thür. Er hatte rnit der Versuchung zu kämpfen, sich mit seinem eigenen Schlüssel Eingang zu verschaffen. Sicherlich öffnete der Schlüssel diese Thiir so gut, wie Mar teni’ Schlüssel die seine geöffnet hat te. Dann konnte er sich selbst über zeugen, ob sie noch da war und was sie da drinnen machte. Aber er erinnerte sich noch zur rech ten Zeit, wie gefsihrlich ei- solches Thun gewesen märe. Er kannte ja Mariens inne-. nnd wenn der Mann nndernmtbet bei-nieren, ibn Tiberraschs te —- das hätte eine angenehme Si tantion geben könne-! Er ging in seine Web-tunc hinun ter. Aber er vermochte-es nicht über sich zu bringen, sich zur Ruhe zu legen. Nervös ging er ini Zimmer auf nnd ab, machte einenv fruchtlosen Buan ieine Papier-e aus dem Schreibtiich zu ordnen, tauchte eine Cigarrette nach der anderen und wußte nicht« was er thun sollte. Schließlich nahm er lich vor. auf Mariens Hei-erlebt zu war ten nnd mit ihm über den merkwürdi gen Beinch, den er danebabt hatte. zu reden. Er öffnete also die Flurtlziir zu ei nem schmalen Spalt, ließ auch die Zimmertbiir oiien nnd seßte sich in einen bequemen Sessel in der Festen Absicht. auf alle Fälle wach zu blei ben· Aber er hatte einen in bequemen Sessel oerogiblt. Eine Viertelstunde später schlief er seft und traumloå Zweites Kapitel Hollfelder fuhr empor und starrte schlastrunten und verwirrt um sich« Das eleltrische Licht brannte noch. dies Cigarrette. die er brennend neben sichs auf den Tisch gelegt hatte, war zn einern Häuschen Asche geworden nnd hatte eine dunlelbronne Stelle in die Tischplatte gebrannt, das Feuer irn Kamln war erloschen. Ueber zwei Dinge wurde er sich sofort klar: er stens. daß er iror J und zweiten-, daß er sich fürchtete. j Er war sonst nicht furchtsam. Wie jeder Mensch, war auch er in seinem « Leben oftmals in schwierige und ge ’ söhrliche Lagen gekommen. aber er er innerte sich nicht, sich je gefürchtet zu haben. Jetzt aber gestand er sich, daß ihn in diesen ersten Minuten nach dem Erwachen eine räthselhaste Furcht er siilIte. Er starrte aus die geöffnete Thiir mit einein seltsamen, unerklär lichen Gefühl der Erwartung von ir aend etwas Schrecklichem .Er glaub te auch wahrzunehmen daß die Flur tdiir sich bewegte -- natürlich nur ei ne tsinbildunq seiner überreiiten Ner ven. Cir fühlte an sein Stirn. Sie war brennend heiß. Was war das mit ihm! Heftig sprana er empor. Es war still« tod tenstill um ihn ber, kein Laut oben oder unten. Er suchte sich zu erin nern, iras iIn eigentlich aufgeweckt hatte « vereben6. Er wußte nur bestimmt, da es irgend etwas gewe: sen war. Er lauschte hinaus· Aber nichts war zu hören. und wie er aus die ostene Thitr starrte, erinnerte er sitt-— erst. daß er selbst sie ja ossen ge lassen hatte, um nie Heimiekrr Mar tens’ abzuwarten. Mit einem leisen Lachen, das seine Furcht verspotten icllte, aber nicht all u natürlich aus siel, schenlte er sich ein Glas Wein ein und leerte es aus einen Zug. «Rerven —- nichts als Nerven!' murmelte er. »Ich bin ein Narr ae wesen. mich hier hinzusehen« Er schauderte zusammen »Diese verwünschte Milte!' dachte er und ging zum Kamim um zweatos in der Asche herumzustochern Ihn fror wirt iich so, daß seine Zähne auseinander schlugen. Ein Blick aus die tlbr zeigte ihm, baß es siins Minuten vor drei war. Beinabe drei Stunden hatte er Hier also gesessen. Plöhlich guckte er zusammen. Was wars das iiir ein Geräusch? -— Er lauschte. Dann lachte er wieder. War er denn aani verrückt? Es reanete draußen, weiter nichts heftig stieß er das Fenster aus. Der parte Duft des Parsiirn5, der noch innner im Zimmer war, war ihm jeßt lästig, Es reqnete ziemlich stark. und ei war so finster draußen wie in einer mondlvsen Winternacht Nur wie matte Piinttchen ohne Leuchttrast sah er unten die Glaslaternen Tiesausathmend wandte er sich ins Zimmer zurück. Ei wurde Zeit, daß er su Bett ging. Seine schlechte Stim ; mutig schrieb sich wohl nur den Fol l gen des zu ausgiebiaen Trinkeni am Abend zu. Er mußte wirklich solider werden. Ausschweisend lebte er ja nicht. aber gerade in der letten Zeit hatte er etwas viel gebuinmeli. Gedankenlos amg er hierhin und Dahin und lauschte dabei fortwährend hinaus. War Ulartene heim-geleer hatte er die Unbekannte oben gesun: ben? Zu dumm« baß er eingeschla-» sen war! Wenn Matten-z aerade beutej betrauten war —--- es war zehen gegenJ ein«- zu wetten, daß er es war ——- und? er batte sie oben in seinem Zimmer gesunden, so rote er selbst sie hier ges« sunden hatte! Er stampfte unwilllur lich mit dem Fuß auf. Er subr zusammen. Ueber ibrn wur de eine Thür geschlossen ——-- leise und behutsam. aber in der nächtlichen Stille vernaan er das Geräusch doch. Er lauschte angestrengt Da war es ihm, als oernabrne et einen aedärnpss ten, halb unterdrückte-r Ausruf des Schreckens. Rasch trat er an die Woh nungötbiir. heiß strömte ihm das Blut zu her zen. Aus der Treppe vernahm er das leise Rauschen seidener Frauentleider. Sie san-. herab. Und dann stand sie ihm gegenüber. Da- Licht aus dein Urbeitszirmnee siel aus ihr bleiches Gesicht, aus die schlank Gestalt, die zitterte und bebte. Jhee ugen waren weit geöffnet, vol ler Angst und voller Entseiern Sie versuchte zu sprechen, vermochte es aber nicht« halb als-mächtig stüste sie sich aus das TreppengelänlIeL . Evas ist W asska Dem llselder trat aus sie In und ergri F- hand »Nun-ten Sie bereist lite, kommen Sie heteinl Sagen Sie mie,-eoaa«ich silr Sie than kanns« Er zog sie durch die offene Thiir ins Zimmer. Sie war willenlos wie ein Kind. Er drückte sie sanft in einen Sessel und neigte sich iiher sie. .Nun sagen Sie mir, was ich iiir Sie thun kann. Vertrauen Sie mir. Darf ich Ihnen ein Glas Wein ge ben?' Sie sah ihn iortaeietzt an mit einem Mich den er nicht verstand, der ihn aber seltsam ergriff. Zu antworten vermochte sie nicht. Vorhin war sie eine vornehme und seibitsichere junge Dame .1eweien, ietzt war sie das hilf ioie, ichwahe Weit-, das sich gefügig dem siiirteren Willen des Mannes un terordnet. Er empfand dar-. und er sprach mit ihr wie mit einem Kinde .Irinten Sie ein Glas Wein!« sagte er zuredend und füllte ein Glas mit dem ieurigen Trank. »So H und seien Eie ruhig. sie tat-in Ihnen nichts aeichehen hier. Jst Ihnen bei ier jetzt?« Sie nickte. »Ja. ja«, iliiiterte sie. «Bitte —— tiimrnern Sie sich nicht um mich. Geben Sie hinaus. »hinoni? Zu Mariens-? — hat er —-« «Nein. nein fragen Sie nichts! Geben Sie hinaufs« »Und was wollen Sie thun?' Sie stand mühsam qui. »Ich gehe«, iiiiiterte sie. ,.Bitte — Tassen Sie mich gehen. Ich iiihie mich schon wieder ganz wohl. Aber, bitte, arhen Sie hinauft« Beharriich wiederholte sie diese Bitte immer wieder. Er begriff sie nicht. aber er begriff doch, daß er sie ·n ihrem Zustand nicht allein gehen lasien durfte. »Wenn eg Sie ber:rdiat, will ich" perspeecksem hinaufzugehen«, erwider te er. »Und ich will Sie auch nicht hier zurückhalten Aber Sie müssen mir erlauben, Sie hinunter-zubringen und eine Troichte zu beioraen.« Zie erhob keinen Widerspruch da aeaen. Auf seinen Arm gestützt, ließ sie sich von ihm die Treppe hinunter iiihrsn Als sie dann aber aus der Straße standen, als die tiihle Nacht iust sie umsina, gelang es ihr, sich aus turaisen »Ich danke Jehnen«, iaate sie. »Auch dafür, daß Sie nichts mehr aesraat haben. Und nun, bitte, kümmern Sie sich nicht weiter uru mich. Sie sehen, daß ich aanz aut im Stande bin, allein bis zum nächsten Droschtenplah zu aehen. Vergessen Zie nicht, was Sie versprochen habe-it« Sie ioa ihren Arm aus- dem iet nen und aing die Straße hinunter Er stand regungslos und sah ihr nach, ohne an etwas anderes zu den len als daran, daß sie schön war. Erst als eine Straßenbieauna sie seinen Blicken entzog, tam er zu sieh. Ver wirrt strich er sich das reaennasse haar aus der Stirn und aing nach iekundenlanaem Zögern in das baue "zurii(t, in feine Wohnung hinaus. hier erinnerte er sich dee Verspre chens, an das sie ihn so eindringlich armahnt hatte. Was tollte er nur d! oben ——— hei dem Manne, der ihm noch: vor ein paar Stunden gleichgültig-J vielleicht verächtlich geweien mar, und· den er ietzt beinahe hinte? Aber er hatte ei versprochen, und es reizte ihn zudem, die Ursache ihrer leitsamenj Bitte zu ergründen Er zündete ein Licht an und itieg die Stufen zum oberen Stoacoert hin aus, voll Unruhe und in gespannter Erwartung reisen. was kommen sollte. Ali er den Treppenabsa erreicht hatte, sah er oben« auf dem odeti vor Martenk Wohnungsthiiy einen Men schen lang ausaesireat aut dein Hoden li en. In dem hellsardigen Ueber zie r erkannte er Marterto, der stets gearnhast elegant gekleidet aing. Er glaubte, einen set-unteren vor zu hohen, der da kutamrnenaesunten war, und ein Gesilh des Clet- erfüll te ihn. Ube- als er ein paar Stu sen höher war. prallte er entsest u ritek, und der Veräng Ustockte i für die Dauer net themsu es. Denn ieit sah er, da der Kopf s Mannes da oben in net dunklen Blutlache ruhte. die sich von Sekuan zu Selnnde ausbreitete Ein Schwindel erfaßte ihn, e! fiihls te sich in Versuchung, um hilfe zu rufen. Aber er wurde der Schwäche Herr. Mit einiaen raschen Säsen ftand er oben, setzte das Licht auf die Stufen und lniete neben Mariens nie: det. tfr wußte sofort, daß er neben ei nem Ermordeten tniete. Mariens laa mit dem Gesicht auf dein Boden. Sein Hinterbanpt aber war nur eins einzige, gräßlichh weit klaffende Wunde, aus der das- Blut fortwährend siclerte. Es mußte ein furchtbares Instrument gewefen fein, mit dem diefer Schlag geführt wor den war. Hollfelder war halb irr vor Grauen und Gntfetzenz was er that. aefchab mechanilch und gedankenlos tkin sicheres Gefühl faate iden, daf: der Mann todt war, tro dem suchte er auf alle mögliche Wei e feftqnftel len, ob noch Leben in ihm fei. Dann hockte er wohl fünf Minuten lang re gungslos neben der Leiche, fturnpf vor sich binftarrend Er war ganz von decn entfeslichen Gedanten erfüllt. ei: nen Ermordeten neben sich zu haben, und doch dachte er feltianierweife auch an taufend andere. unwichtige und ne sbenfächliche Dinge. Es fiel ihm ein. daß die Fremde Dandfchuhe von der gleichen Farbe aetraaen hatte. wie Mariens Ueber-lieber fie zeigte. Er suchte fich zu erinnern, ob fie fastvar zes oder blondee Haar aebabt hatte. und entfann sich. daß itrre Augen sehr dunkel aetoefen waren. Und dabei tonnte er sich noch verwundern da tiiber, daß er an Co etwas denlen tonnte. Da liess ihn irqeno ein Geräusch im hause erschrocken znianiniensabren Er erinnerte sich, daß es siir ihn an deres zu thun anb, als hier untbiitig zu sitzen· Das Licht lies; er neben der Leiche sieben. Mit nnsicheren, schwersiiliigen Schritten ann- er vie Treppe hinunter und iiber ber- Hof in das GartenbauS, um den Daneber walter zu weiten. « Der Mann verlor bei der Echte denstunde, die ikrm Hollseider brach te. glücklicherweise nicht den Kons. Er aina sosort mit an den Thau-et ,,Die Polizei snuß sofort benachrich tiat werden«. meinte ner Mann dann, uuni) ein Arzt muß geholt werben, wenn er auch nicht-.- mehr belsen rann. Der arme Herr ist ja sicher todt." »Ja, er ist wohl schon todt«. erwi derte Hollselder geistesabwesend. Dann J aber ermannte er sich. »Ich werde zur HPolizei und zum Arzt telepboniren«, Esagte er. »Bieiben Sie nur hier siir sden Fall, daß irgend jemand kommen sallte.« » Er aina in seine Wohnung hinan-— Jter nnd teiepbonirte zur nächsten Po »li·zeiwache. In kurzen Worten theilte .er dem wachthabenben Beamten mit, ’was geschehen war; o n ries er tete » pbonisch einen in der äbe wohnenden FArzt an, der ibm sosortiges Kommen » zusichertr. Als das geschehen war, sey te er sichxerschiipst nieder, mn das Er i scheinen der Polizeibeamten abzuwar k ten. s uevek den Mord und des- ist-ih maszlichen Tbäter zerbrach er sich nicht lden Kons. Er vermochte sich nicht vorzulügen, baß er siir Mariens mehr als ein allgemein menschliches Mit leid empfand. Viel mehr als an den Ermordeten dachte er an die rstbsel baste Unbetannte. hatte sie« etwas mit dem Verbrechen zu schaffen? Er vermochte es nicht zu glauben. Sie mit te in der Wohnung gewesen sein, wä rend bat Verbrechen vernbi wur de; aber ste batte vielleicht ebensowenig etwas davon bemerkt, wie er, ber sa doch alle Thüren ossen gehabt tie. Er erinnerte sich, in welchem Zu and sie kewesen war, als sie zu iben herun ter am. Entsesn veränsstigt, balb wahnsinnig vor Ausregting, aber wie eine Schuldi e war sie ni t gewesen. Oritbleris , versunken n quälen be Gebanien und Zweifel saß er, bis er die Veamten tonnnen hörte. Dann ging er Urian-. Gortsesuna solIU