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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Dec. 13, 1907)
Ver Schleicher-Biltielm. i Eine Wilddiebgeschichte aus dem Harz don P a u l G r o t e. - -----.--— Jrn orstbause Birkenhos herrschte « eines orgens eine ungewöhnliche s i iilnfregnngz ein Waldhiiter war rnit» der Nachricht gekommen, daß wieder s ein starker sehnender in der Nonen-, chneise im Birkenhofer Revier gesun en worden war. ol samrnler hat ten das verendete, mt annenbrilchen und Gestrüpp dicht bedeckte Thier in der rühe gefunden und festgestellt, daß as Wild noch nicht erkaltet war, s« also erst in dieser Nacht abgeschossen sei Der Obersiirster Weidmuller gen erregt in seinem Wohnzimmer aus und ab; seit drei Wochen waren nun sdiverse Stücke durch Wilddiebe zur Strecke gebracht worden und trotz aller-schärfster Aufmerksamkeit war eo nicht gelungen, den Wilderer bei sei nem lichtscheuen Handwerk zu liber raschem Es wurde nun vom Ober stirsier angeordnet, daß der Hirsch wieder in genau dieselbe Lage, in der er gesunde n war, gebracht werde, und die holzsammler zum Stillschweigen iiber den Fund verpflichtet. Die Odersiirsterei hatte in den letzten Jahren mit zwei Hauptwilderern zu rechnen gehabt, einem war man bald aus die Schliche gekommen und hatte ans dem Wege des Gesetzes dasiir ge sorgt, daß er hinter den schwediichen Gardinen über die Folgen seiner un gesetlichen Jagdleidenschaft nachden ten konnte Der andere in Betracht kommende Wilddieb war ein Arbeiter der in der Nähe gelegenen Eisenhiitte und galt als ein verwegener Bursche Die Leute nannten ihn, infolge seiner hervorragenden Fähigkeit, sich an das äsende, Wilid heranzuschleichen kurz den «Schleicher-Wilbelm«. Nachts um 1 Uhr verließen zwei Forstgehilsen und ein Waldhiiter das unter hohen Tannen gelegene Forst haus, den Spürhund des sterförsters mit sich führend, ein mächtiges, hoch gedautes Thier, dessen Spürfinn fast unfehlbar war. Um jedes Geräusch u vermeiden, gingen die Förfter in Zilzschuhem und hatten ihre Büchsen vorher sorgfältig mit grobem Schrot eladen. Als man nach anderthalb tiindigem Marsche « in die Nähe des Zieles kam, lag der herrliche Hoch wald in lichtem Mondenscheine da, ein wundersamer Frieden herrschte in der Natur und der leise Nachtwsind strich iiber die Kronen der Tannen und Laubbiiumr. Die drei Leute ver-theilten sich aus verschiedenes-tand orte, von denen man den Tannen hiigel, unter welchem der Zehnender lag, gut übersehen konnte. Es ver ging eine Stunde noch eine Stunde, nichts Lebendes regte sich in derStille der Waldes-nacht; die Forstleute saßen mit angestrengten Sinnen aus ihren Plätzen und begannen bereits an der Wiederkunft des Wilderers zu zwei fein. Plötzlich ließ der Hund welcher bei einem der Forstgehilsen angeleint lag, ein leises Knarren hören man war voll gespannter Aufmerksamkeit -—-da! ein ganz leises Brechen eines trockenen Aestchens ein Schittenfuhr -sx, .!L 1 te III Uclll MIMVUIUIWI UIUI Ulll Bruchhiigel ftand ein hörtiger Mann, Gestg und Hals schwarz gefärbt, ein Watdmeffer in der Rechten. Er spähte vorsichtig nach allen Seiten, blickte die Waldschneife entlang und war fo rafch, wie er gekommen, wieder ver chwunden, gerade als hätte ihn der lddoden verschlungen Dieses-Alles währte nur ein paar Selunden, alle drei Forftleute, der Hund voran, stürzten auf die Stelle zu. wo der Schwar e verschwunden war, fchniif felnd fuhr der Hund umher und drängte, heftig an der Leine ziehend, die Nase am Boden, durch den Wald. »Wetter nochmal," meinte der Wald hiiier, »der Bursche scheint doch Wind von uns bekommen zu haben, er wird uns doch nicht durch die Lappen ehen?« —- ,,Unsinn,« brummte der ältere Forstgehilfe, »mit diesem Hunde und auf fo frischer Fährte stellen wir ihn sicher; wir werden bald Büchsen licht hohen und dann ist er geliefert-« Eilig drang man durch das Gestrüpp und dichtes Usnterholz vor, immer heftiger zog der Hund, ab und zu einen dumpfen Laut aus-stoßend, bis er an einem kleinen Waldgewäffer, das murmelnd den Hang herschrie selte, die Spur verlor; das Thier Luchle auf und ab, ohne jedoch aus ie Fährte wieder zu stoßen. Dei Wilderer hatte offenbar den Wasser lauf als Weg benutzt und feinen Ver folgern ein Schnipvchen geschlagen. Mürrisch nahm der Oberförfter den Bericht feiner Leute über die er folglose Pirjch nach dem Wilddieb entgegen, er wetterte den ganzen Tag umher, nichts konnte ihm mehr recht gemacht werden. Stillschweigend ließ der ältere Forftgehilfe, Rans Riegel, die Vorwürfe über sich ergehen, kannte er doch den alten Herrn ganz gut und wußte, daß am nächsten Tage der Sturm vorüber fein würde. Ein wei terer Grund zu seiner Ruhe war, daß ihn des Oberförsters Töchterlein Abends in der Fliederlauhe die gute Laune nach folchen Auftritten wieder zugeben pflegte und ein gut Wort für den alten Vater einlegte, ihm die in der Erregung gefprochenen Worte nicht übel zu nehmen. Das Lieschen und der Hans waren sich fchon seit langem einig und warteten fehnfiich . tig auf eine fefte Aufteilung als För ßer und Frau Försterin. Hans de Mkloß aber in seinem Innern, durch ——- —- .-. . l ..l.". Tdie Festnahaie dieses Wilhean seine einer Frau und der Dienstmagd des bei welcher der Schleicher - Wilhelm .Weise wußte der schwarze Wilhelm jgenau Bescheid, in welcher Gegend des weitgedehnten Reviers die Luft Hmachen, begab sich Hans zu Bett und .schlief, zum ersten Male seit sieben I frevier ein Forstgehilfe in der nächsten riifung abzulegen, um dann das isen zu schmieden, so lange es warm war, nämlich bei Ablieferung des Wildschiihen den Oberförster um die Hand seines Töchterchens zu bitten. Es vergingen mehrere Tage, der dirsch aus der Ronenschneise war von der Oberförsterei an den Wildbret händler in der nahen Kreisstadt ver kauft worden, alles ging seinen ruhi gen Gang; nur in der Brust des Forstgehilfen hans wollte die Ruhe nicht einziehen. ihn reizte das Wag niß, das er sich vorgenommen hatte und Nacht fiir Nacht, von Morgens 2 bis 5 lag er im Walde und suchte den Wilddieb zu überlisten, allein in den ersten sechs Tagen ohne Erfolg. Als er sich nun eines Abends auf sein Zimmer begeben hatte, hörte er unter seinem Fenster fliisternde Stimmen; mißtrauisch schlich er sich an’s Fenster und vernahm ein Gespräch zwischen Oberfiirsters, aus welcher zu hören war, dasi die Magd Spionendienste leistete. Er erfuhr so, daß die Frau, als Logisgast wohnte, sich bei der Dienstmagd immer erkundigte, was von den Förstern fiir die nächsten Tage geplant war; auf diese einfache rein war. Ohne sich bemerkbar zu Tagen, ruhig bis zum andern Mor gen, von Zukunftstraumen, in denen seine Liese eine deutende Rolle spielte, freundlich umgaukelt. Des andern Tages erspähte er eine Gele genheit, mit Lieschen ungestört zu satnmemnzutreffen und sie in seinen Plan einzuweihen, sie sollte der Magd beiläufig erzählen, daß im Nachbar Woche abkommandirt sei. den Posten zu vertreten. Am Montag Abend der nächsten Woche gab unser Hans der Magd Anweisungen, sein Zimmer während der Zeit seiner Abwesenheit gründlich zu reinigen und nahm vom Oberförster auf einen Taa Urlaub, da er Verwandte in der Nähe besuchen wolle. Von seinem Lieschen nahm er herrlichen Abschied, das arme Mädchen 1 hatte einen schrecklichen Traum gehabt, I ihr bans sei von einem Wilddieb ver wundet worden. Jnnig bat ihn dasj schöne Mädchen, sich doch nicht unniitz in Gefahr zu begeben, allein an der i Energie und dem Selbstvertrauen des inngen Forstmannes prallten die Worte angstvoller Liebe. die immeri gleich das Schwärreste sieht, ab, nurJ musite er ihr versprechen alle Vor-; sichtsmaßregeln zu gebrauchen. s Es war eine stürmische Nacht, ders Regen prasselte gegen die kleinen Scheiben des alten Forsthauses, als; sich Hans aus der Hinterthiir in den Wald schlich. Sein getreuer BegleH ter auf dem gefährlichen Wege wars »Wotan«, Oberförsters starter Spur-i hund, der schon manchen Hirsch nie-f dergerissen hatte und mit einem Menschen leicht fertig werden tonntr.i Jn einer verlassenen thlerhiitte wartete der Forstgehilfe, bis seines Zeit gekommen war, und begab sich an einen Punkt der Waldlisiere, von wo aus er das Dorf, in dem der» Schleicher-Wilhelm wohnte, übersehen konnte. Der Sturm hatte sich inzwi-» schen gelegt und eine matte Dämme rung breitete sich iiber den Feldern und Wiesen aus« während es imWalde noch duntel war. Unser Hans hatte sich nicht verrechnet; getrieben von der Jaadleidenschaft und der Gier nach mühelos gewonnenem Gelde hatte sich der Schleicher- Wilhelm Morgens um 3 Uhr aufgemacht und kam sorglos quer über das Gelände nach dem Walde geschritten. Die Büchse im Arm, den Hund zur Seite, kauerte Hans Riegel im tiefen Gras und beobachtete den wie einen Schatten da heriommenden Wilddieb unausgesetzt. Der schwarze Wilhelm hatte sich gut fiir seinen heimlichen Pirschgang her gerichtet eine schwarze Kappe iiber den Kopf gezogen und Gesicht und Hals mit Rusi schwarz gefärbt, so daß es unmöglich war, ihn zu erkennen. Kaum fünfzig Schritt vorn Forstge hilfen schritt er vorbei und verschwand zwischen den Stämmen der hochge wachsenen Tannen. Nun trat der gute Spuryuno wie der in Thötigleit, in dreihundert Schritte Entfernug folgte Hans dem Wilderer, den Hund an der Leinez der schwarze Wilhelm wußte in ,,seineni Revier« genau Bescheid, so gut, als die Forstleuie selbst, er lannte alle Wechsel und Träntstellen des Wildeö . . Numm! Narrrrhl Dumps dröhnte der Schuß durch den Waldesdomx im Nu war Hans mit seinem Hunde heran, mit erhobener Büchse sprang er dem Wil derer enigegem »Steh oder ich schie siel« ries er ihn drohend an. Der Schleicher-Wilhelm stand noch mit rauchender Büchse da, konnte in der überraschenden Schnelligkeit, mitwel cher Hans zur Stelle war, nicht mehr laden, vor ihm stand der gewaltige Hund mit sletschenden Zähnen, nur aus den Anruf dss Herrn wartend, um über den Mann herzufallen. ’ Zwanzig Schritt davon entfernt stand ——k— . Van- mit de- nnchse im Anschlng fest entschlossen, den Wilddieb beider geringsten verdächtigen Bewegung niederzuschießen, .denn er wußte, wenn der schwarze Wilhelm, ein treff licher Kugelschiitze, fein Gewehr gela den hätte, dann wäre es um ihn ge schehen; der Mann traf jeden Hirsch mitten aufs Blatt. Nachdem der Forst ehilfe dem Wilddied befohlen, auch ein Weidmesser von sich zu wer fen, schritt er auf den zähnekmrschen den Mann zu, band i die Hände auf den Rücken, was ch der Wilde rer im Hinblick auf die Ueberlegen heit seines Gegners ruhig gefallen lassen mußte und befahl ihm, fünf Schritt voraus zu gehen; der Forst gehilfe mit dem Gewehr im Anschlag folgte, wiiflerend der Hund dicht hinter dem Gefe elten schritt, ihn nicht aus den Augen lassend. Jm Forfthause angekommen, weckte Hans den Ober siirster, der natürlich bewunderte Augen machte und den Wilderer der herbeigeholten Gendarmerie übergab. Nach vier Wochen aber war im Forsthause Birken-W glückliche Ber lobung, Hans hatte in den Augen des Oberfdrfiers ganz gewaltig durch seine tapfere und wohluberlegte That gewonnen-: Am Verlobungsabend saßen alle Forftleute in der guten Stube des traulichen Forsthauses fröhlich beisammen, eine würzige Erdheerbawsle stand auf dem Tische und nach Ausdringung des Verlo bungstoastes durch den Lehrer, tönte es von alten und jungen Lippen in den herrlichen Abend hinein: »Es lebe, was auf Erden stolzirt in grüner Tracht, Die Wälder und dieFelder, die Jäger und die J-agd!« — der Briefmarkenfund. Berliner Slizze von F. E. B l u m e n t h a l. Was nun? —- Gestern nichts ge-r gessen, schon drei Nächte im Asyl zu gebracht, heute nichts zu essen nnd wieder auf allen Stellen abgewiesen. Wo sollte das hin? Seit drei Mo naten suchte er nun eine Stellung, seit jenem Tage, da der Chef zu ihm gesagt hatte: »Mein lieber Treutler, es thut mir ja herzlich leid, aber ich muß Sie entlassen. Nicht daß ich mit Jhnen nicht zufrieden gewesen wäre, nee, dann hätten Sie nicht bei mir über drei Jahre auf dem Schreibstuhl gesessen. Jch gebe Jhnen selbstver ständlich ’n glänzendes Zeugnisz, und Sie können mich jederzeit als Refe renz aufgeben — aber —- ich tann nicht anders.« »Ja. aber weshalb denn?!« stam melte der Buchhalter erschreckt. »Na, ich könnte ja irgend ’ne faule Ausrede machen; aber damit Sie sich keine falschen Jdeen in den Kon setzen, sollen Sie’s wissen. —- Seh’n Sie, ich habe da eine Verwandte — ’ne Verwandte, die man nicht vor den Kon stoßen darf. Die will nun ihren Neffen unterbringen —- ’n Luftilus ’n Windhund, der nirgends aushält. Jch weiß, ich werde nifcht wie Aerger haben mit dem Bengel und die halbe Arbeit allein machen müssen. Wenn’s Geschäft besser ginge, würde ich Sie ja gerne dazu behalten, aber Sie wissen selber, wie’s seit zwei Jahren in der Branche aussieht. —- Na, ’n Mann wie Sie triegt ja schnell wieder ’ne Stellung.« —- — P ri- st —- ««, chljck quclc Iu IU lcupslå QUV Uc schäf ging flau, und daß ein dreißigjähriger, leistungsfähiger und erprobter Arbeiter dem jugendhaften, windigen Protege einer Erbtante wei chen muß, ist ganz selbstverständlich Nur mit der neuen Stellung stimmte es nicht: trotz glänzenden Zeugnisses und bester Empfehlung. Auf einen Buchhalterpoften steifte er sich schon lange nicht mehr, wenn es nur irgend etwas wäre. Aber anZ Schwere Arbeit konnte er nicht leisten, das hatte man ihm auch sofort angesehen. -so oft er sich um solche bewarb. Und leichte Befchäftigung2 Du lieber Gott! Da gab es ja pensionirte Beamte, Jn validen und dergleichen, die es fiir fünfzehn und zwanzig Mark pro Mo nat machten. Wenn nur der Hunger nicht wäre, der ihm die Eingeweide zerwühlte und die grimmige Kälte nur noch fühlba rer werden ließ. Schon seit Wochen hatte er sich nicht mehr satt gegessen, s -sollten doch seine Ersparnisse solange . als möglich reichen; um so wenigers Widerstand tonnte jetzt der Körper der E »völligen Entbehrung leisten. — —- — s . Mit gesenktem Kopf schritt Hanss ;Treutler dahin, jetzt stumpfsinnig auf i idie Granitplatte starrend, dann wie-? sder in ohnmiichtigem Grimm gegeni das Schicksal mit den Zähnen knir schend und die in die Jackettaschen ver- « senkten Fäuste ballend. Ein paar Blätter Papier lagen auf seinem Wege, wüthend stieß er sie mit dem Fuße bei seite. Einige flogen auf und drehten tich um. — ,,Briefmartent« stotterte Treutler ganz verdutzt. »Briemarten in gan zen Bogen — und Briefmarten sind so gut wie baareg Geld,« gingen seine Gedanken weiter. Scheu blickte er sich um —- die kleine Nebenstraße war menschenleer. Hastig bückte er sich und las mit zitternden Händen die ver streuten Bogen zusammen. »Den Bogen Zehnvfennigmarken macht dreißig Mart, fünf Bogen Dreißigpsenniger — fünfundoierzig Mart und ein Bogen Fünfpfenniger macht —- ein Bogen Fünfpfenniger macht —- macht —- macht fünfzig Mart!« —- Der sonst so fixe Rechner konnte vor Erregung nicht fünfund vierzig und fünf zusammenziihlen. »Sie, ham Se det jefunden?« »Ja — nein.« Treutler war er schreckt zufammengefahren. Mit un sicherem Blicke schaute er sich um und gewahrte ein Mädchen von unge fähr neun Jahren in bloßem Kopf, schmutzigem geslicktem Kleide und holzpantinen »Sie, denn missen Se ’t abjem, sonst is et Diebstahl, und det kost’ Kittchen!« »Jnfame Göhre!« brauste Treutler auf und holte zum Schlage aus. Das tleine Mädchen machte mit den Füßen eine eigenthümliche kurze Bewegung rückwärts, bückte sich blitzschnell nach seinen Pantinen und sauste wie der Wind auf Strümpfen davon. Hans Treutler zitterte am ganzen Leibe, als er seinen Fund in der Brusttafche barg. Wieder blickte er die Straße hinauf und hinab —- außer dem in der Ferne verschwindenden Mädchen ieine Seele. Er musterte die Fenster rundum —- iein Mensch. Mit schnellen Schritten bog er um die Ecke und wieder um eine und immer treuz und quer, wohl eine Stunde lang. Endlich erlahmten seine Kräfte; er blieb stehen und bemrtte erst jetzt, daß er noch immer die Hand auf die Brust- » tasche gepreßt hielt. Doch weiter; T denn dort stand das lleine Mädchen! - — Nicht doch, das war ja ein Junge. . — Was er nur sah! —- Aber der Schutzmann dort! — Ach nein, ein Feuerwehrmann. — Trotz der Kälte mußte er sich den Schweiß von der Stirn wischen. Mit müden, schwerfälligen Schrit ten ging er weiter. Er begann zu rech nen. Fünfzig Mark in Briesmarken! O, umsehen würde er sie schon, im mer so drei, vier. fünf Mark, die hatte er im Brief geschickt bekommen, das fiel gar nicht auf. Fünfzig Mart! Davon konnte man ja einen ganzen Monat leben. Einen Monat? Ha, noch viel länger! Wenn man für zwanzig Pfennige in der Herberge schlief, Morgens für fünf Pfennige Koffee trant und zwei trockene Schrippen dazu aß und Mittags und Abends in die Volkstüche ging, dann machte das —.— wieviel denn gleich? — machte das achtzig Pfennige pro Tag, folglich reichte das für zwei Monate. Und das sollte er abgeben? Das wäre Diebstahl? Nein, wer stiehlt, will sich bereichern, und das ist doch keine Be reicherung, wenn man sich täglich mit achtzig Pfennigen durchschlagen will. —— Uebrigens, er wollte den Fund ja gern zurückgeben, nur heute nicht. Eine Stellung mußte er doch finden, vielleicht morgen schon: hatte ihm nicht bereits heute das Glück gelächelt? Dann wollte er sich den Betrag vom Mund abfparen, und war er voll, dann würde er es schon verstehen, den Verlierer zu ermitteln und ihm das Seinige zurückzugeben, ohne selbst er lannt zu werden. z »Sooooo, Fräulein Welldors, also verloren haben Sie die Briefmarten? Das ist ja recht heiter! — Merkwür dig, wie viel in Berlin verloren wird, gerade von Angestellten verloren wird!« ,,UM ØOUCSWUJth Hccl Halt-El, Sie denken doch nicht . . .« »Was denn, Fräulein?« »Ich flehe Sie an, glauben Sie mir doch, die Matten sind mir aus der Mappe geglitten!« »Na, dann werde ich Ihnen mal was sagen: Nun gehen Sie nach dem Fundbuream denn da es nach Jhrer Meinuna nur ehrliche Leute gibt, wer den die Dinger doch abgegeben worden sein. Dann gehen Sie aber auch nach dem Postamt und lassen sich eine Be scheinigung geben« daß Sie die Mar ken jetzt vor einer Stunde aelauft ba ben, denn mir kommt es sehr auf die Zeit an. Aber ohne Bescheiniguna und Marien brauchen Sie nicht erst wieder-zukommen das Meiiere findet sich dann schon. Adieu, s ränlein, und beeilen Sie sich.« Stillschweigend aing das Mädchen hinaus. Diese Schmach! Dieser schimpfliche Verdacht! — Und die arme alte Mutter! Der Gang nach dem Postamt war vergeblich. Der Schalterbeamte be dauerte unendlich. Der Schmerz des jungen Mädchens ging ihm sichtlich nahe; aber da das Postamt in einer Gegend großer Geschäftshäuser lag, hatte er inzwischen für »diele hundert Mart Werthzeichen verkauft und konnte sich auf einzelne Posten nicht besinnen. Er glaubte es ja herzlich gern, aber eine Bescheinigung könne er als gewissenhafter Mann nicht aug stellen und als Beamter schon gar nicht. —- Ebenso ging es auf dem Fundbureau. Jn der kurzen Zeit seit dem Verlust war natürlich noch nichts abgegeben worden, und man machte auch fitr die Zukunft wenig Hoffnung, Briefmarken seien zu leicht umzusetzen, da sei die Verführung zu groß. i Und wieder lief das gequälte Mäd ——M Der dicke Gutsbesiter. X p« Gutsbesitzer (im höchsten Zorne zu einem Touristen, der, trotz ener gischen Protestes, den verbotenen Weg fortsetzen will): »Nur über meine Leiche werden Sie weitergehen!« r Tourist: »Na dank schön —bin heut’ schon genug umeinander ge raxelt!« chen den Weg vom Postamt nach dem Geschäft suchend auf und ab, als könn ten die unseligen Blätter jetzt noch dort liegen, wo sie schon vor Stunden vergeblich gesucht hatte. V Wie lange Hans Treutler durch die Straßen geirrt war, mechanisch im mer wieder denselben Gedankengang versolgend, er wußte es nicht« Als er endlich ausblickte, fand er sich an der Ecke jener Straße, die ihm das »Glück« gebracht hatte. Er erschrak und wollte umkehren, aber eine un widerstehliche Gewalt trieb ihn, sei nen Fuß nochmals auf jene Stelle zu setzen, wo er den Fund gemacht hatte. Langfam ging er vorwärts. Da kam ihm in einiger Entfernung ein junges Mädchen entgegen, das den Blick suchend zu Boden gerichtet hielt und häufig das Taschentuch an die vom Weinen gerötheten Augen führte. Ein Schlag durchzuckte ihn. —- Die da hatte die Marien verloren! Eine arme Komptoiristen sicherlich, die das Geld ersetzen mußte und vielleicht ihre Stellung verlor —- so wie er — und ins Elend kam — so wie er. — Plötz lich bog er trotzig aus die andere »Straßenseite hinüber. Mochte sie idoch! Er hatte das Elend lange genug gekostet, nun konnte es mal ein ande rer probiren. —- — Zwanzig Schritte iging er weiter, dann blieb er stehen. i»Det is Diebstahl!« klang er ihm wie der in die Ohren, und ehe er es selbst jwußte stand er drüben vor dem jun jgen Mädchen, und es klang ihm wie saus dem Munde eines anderen, als er I.fragte: »Mein Fräulein, haben Sie Fetwas verloren?« !Gott, ja, Briefmarken,« sagte sie ;schluchzend. »Na, das ist doch nicht so schlimm« wollte er begütigen, aber er würgte es nur murmelnd hervor. »Ja, aber es waren fiir fünfzig Mark, und — mein Chef denkt, ich —- ich hätte —— hätte das Geld unter- ’ schlagen.« »Dieb, doppelter Dieb!« klang es in ihm. »Dieb an dem Geld und an der Ehre der Anderen!« Jn der Kehle ’sas; ihm ein Knoten der ihn fast er ! Sie blickte erschreckt aus. »Mein. sticlte, und rauh, stoßmeise kam es" heraus: »Nun seien Sie nur ruhig, Fräulein, ich habe sie gefunden.« Mit einem Ruck riß er die zusammenge-« falteten Markenbogen ans der Brust tasche. »Da sind sie -— alle -—— alle 50 Mart ——-— kein Pfennig fehlt.« Das schmale Gesicht des junaen Mädchens wurde kreideweiß. Die Arme sanken schlaff an ihrem Körper nieder. während sie wie ungläubig auf die Blätter starrte. die so schwer-s Leid über sie gebracht hatten.-o,,Sie haben sie gefunden?!« »Ja, dort vor dem Hause da.« Ein befriedigender Athemzug hob seine Brust. »O mein Gott, wie danke Ich Zy nen, Sie guter, ehrlicher Mann!« Hans hatte beschämt den Kon ges senkt. Jetzt erhob er ihn wieder und hart und trotzig klana est »Nein, Sie haben mir nicht zu danken. Ich bin nicht ehrlich. Jch wollte die Marien behalten, Der Hunger hatte mich zum Schuit gemacht, aber meine Schuld ifi es eben, daß ich mich zum Schufi machen ließ.« Unter Thränen lächelnd fah sie ihsm voll in die Augen. »Nein, Sie hätten das Geld nicht behalten. daiu sehen Sie zu gut aus.« — Das klang so aufrichtig, so überzeugt« daß auch ihm die Augen feucht wurden. Er fühlte, er stand als ehrlicher Mensch da. Be wegt ergriff er ihre Hand und führte fic danlbar an seine Lippen. — Dann ftürmie er eilig davon. Perichnappt Baron: »Johann, von meinem Portwein muß Jemand mittrinlenl Passen Sie auf, daß ich den Kerl er wifche!« · Diener: »Werd’ schon Obacht ge ben, Herr Baron — das können wir uns nicht gefallen lassen!« Neue Ordnung. Professor: »Mein Hut ist wieder nicht da! Es wäre doch wünschens werth, daß derselbe seinen betimm ten Platz hätte!« Dienstmädchen (suchend): »Da ist er! Er war beim Reinemachen in ei nen Eimer Wasser gefallen!« Professor: ,,Thut nichts, wenn ich nur sicher bin, daß ich ihn von nun an dort immer finde!« — Mitfühlend. Reicher Onkel (zu seinem Arzt): Also Sie glauben, mich durch-zubrin gen, Herr Doktor? Atth Jch hofft-, ganz sicher! Reicher Onkel: Ach, bitte, theilen Sie das meinem Neffen doch recht schonend mit! " set-streut Frau (die einen Professor der Me dizin wegen der Nervosttät ihres-Nan nes tonsultirt und jenen durch ent setzlichen Wortfchwall hypnotisirt hat): »Sie glauben nicht, Herr Professor, wie sich mein Mann ausreibt . . .«« Professor: »O, dann streuen Sie ihm nur ’n bischen Kartoffelmehl auf die wunden Stellen!« Uebrrtrumpft. Der kleine Hans-: »Mein Vater hat sich ein Motorrad gekauft.« Der kleine Paul: »Mein Vater ist zwei Automobile —- s chu ld i g!« Fein umschrieben. »Wie der alte Herr Schluckerl nur« immer behaupten kann, sein Podagra rühre lediglich vom hiesigen ungesun den Wasser her!« »Aber ganz recht hat er doch; da das Wasser hier so schlecht war, trank er eben stets —- Wein.« Die Probe-. Lehrjunge: »Herrgott — so ein dick jestrichenes Butterbrot hab’ ich noch nie bekommen! Det is gewiß Kunst butter un de will de Meefterin an mir probiren, ob sie ungefährdet jenossen werden kann!« Schlaasertig. »Ja, die Ehe ist eine Lotterie!« sagte sie, »der eine kriegt einen Haupt treffer, der andere eine Niete!« »Stimmt!« erwiderte er. »Du hast mich gekriegt, und ich kriege D i ch!« Ein OmlllUMcch Räthim »Aber lieber Doktor,.1n Jhrem Rocke fehlen nicht weniger als zwei Knöpse, Sie müssen unbedingt heirathen.« Doktor: »Gem! Wissen Sie mir vielleicht eine Frau-mit Knöpsen?«! Ansichtssachr. s A (Landwirth): »Ich glaube, selbst ’Jl)nen der Sie nicht selbst Landwirth sind, wäre eine große Dürre nicht er wünscht, denn ——« B. (einsallend): »Nein, eine kleine Dicke ist mir bedeutend lieber.« s Kindlichcr Wunsch Fritzcheng Eltern geben große Ge sellschaft. Ein Gast behauptet, alle Thierstimmen nachahmen zu können. --— Nachdem er auch wirklich verschie dene Proben seiner Kunst bestanden hatte, kommt der kleine Fritz und isagt: »Naa, na machen Se doch mal lein Hering!« Galant. Ein bekannter Photograka sagt nie zu einer Dame: , »Jetzt, bitte recht freundlich, gnädige Frau«, sondern Ier kennt eine bessere Formel. I Jn der natürlichsten Weise bemerkt ser: »Es ist unnöihig, gnädige Frau zu bitten, freundlich aussehen, gnä dige Frau können ja nicht anders.« Ein angenehmer Konkurrent. , Hausherr: »Schon wieder ein Weinreisendetl . . . Ihren Konkur srenten habe ich soeben durch meinen Hausknecht hinausexpediren lassen!« - Weinreisensder: »Weiß schon — «bab’ selsbst mitgehoksen!«