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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Feb. 23, 1906)
O glücktich wer ein herz ge fanden. O glücklich wer ein Herz gesunde-, Das nur in Liebe denkt und sinnt Und mit der Liebe treu verbunden, Sein schöneres Leben erst beginnt. Wo liebend sich zwei Herzen einen, Nur eins zu sein in Freud und Leid, Da muß des Himmels Sonne scheinen Und heiter lächeln jede Zeit. Die Liede, nur die Lieb’ ist Leben; htannst Du Dein Herz der Liebe weih’n, So hat Dir Gott genug gegeben, Heil Dir, die ganze Welt ist Dein! O---- -——— Ein Augenblick Stizze aus dem modernen Leben von Hertnine Villinqen Die tleine Frau Professor schritt höchst vergnügt durch die Kaiserstrasze. Von Hause ein Landlind mit lrausem Haar und frischen Wangen, erschien ihr die Stadt immer wundervoll. Aber heute ganz besonders. Ein paar Goldstücke lagen in dem Partemon-; naie, das sie trampshaft in der Hand» hielt· - I Die Eltern hatten bei der Beschaf- I sung der Aussteuer nicht an einen; Schreibtisch für den Mann gedacht» Nun hatte die tleine starr gespart und j gespart, das ganze elige erste Jahr» ihrer Ehe hindurch, und setzt. zu sei- « nern Geburtstag hatte sie glücklich so » viel beisammen, um einen Schreibtisch erstehen zu können. Sie war aus dem Z Wege zu einer Auttion und mußte sich förmlich in acht nehmen, um nicht manchmal hell aufzu·auchzen, so uni» lseschreiblich freute re sich auf das üterraschte Gesicht ihres Mannes-. ; « Vorher aber hatte sie noch einen anderen Gang zu machen. Sie wollte drei Mart für die unglücklichen Juden : in Rußland abgeben. Da -—— ein kleiner Schultnabe grüßte sie, und über das noch eben so freude : strahlendeGesicht der raschDahineilen-« den zog’s wie ein Schatten. Sie mußte plötzlich des vergangeuen Abends ge denken. Wie hatte sie nur einen Au genblick vergessen tönnen ---! An die fern Abend hatte der erste Streit in ihrer jungen Ehe stattgefunden, und der geliebte Mann sagte Worte zu ihr Thränen stiegen ihr in« die Augen! s Sonst, nachdem sie gemeinsam ihr Vlbendbrod eingeholt, hatte das junge Paar plaudernd und lachend bei der Lampe gesessen, und die tleiue Frau fand iein Ende im Erzählen all’ der liebenswürdigen Erlebnisse ihres Da seins. Sie nahm an, das müsse nun ihr ganzes Eheleben so weiter gehen, und immer würde der Blick des ge liebten Mannes an ihren Lippen hän aen in ungeeheilter Bewunderung Wenn er dann manchmal anhub: »Ja, sieh’ mal, liebe-J Kind, das ist ja alles ganz reizend, aber es giebt noch andere Dinge -«--" ? Da wußte sie schon und schrie und lachte und hielt ihm den Mund zu: » »Nein, nein, tomm’ mir nur nickt» mit deinem Professorenblict mit; all’ den ernsten Dingen da draußen in der Welt — alle Könige in deinen I Geschichtswerten tönnen mir gestohlen i werden --- du bist mein König unds sollst mit mir lachen und fröhlich sein! . Amen! Amen! Und noch einmal s Amen!« « So erstickte sie immer wieder die lei sen »Aber« des geliebten Manue5, daß U- ihm selber ost wie ein Unrecht er- i schien, den sprudelnden Sinn des alle « zeit heiteren Naturtindes in ernstere Bahnen lenten zu wollen. Mit der Zeit sing er aber doch an, ein wenig ungeduldig zu werden, daß sie ihm so klar keine Ruhe zur Arbeit s ließ. rei ich brauchte er dann nur l ein ern es Gesicht zu machen: gleich trar sie gesii ig und ariss nach einem der Bücher, ao er sür sie hingelegt. Da saß sie dann still und rührte sich nicht. bis der Gotte sich nicht überwinden konnte und nach ihr hin blickte. O, wie schalthast glänzten ihn ihre s Augen an! ( »Glaubst du wirklich -—-? Ach, dus armer Lieber, bilde dir nichts ein! Jch . lese nur, damit du zufrieden bist ——i all die sernen Völter gehen mich nat nichts ein«-ein Kätzle, das draußen schreit, interessirt mich mehr. —— Gelt, eile dich-ich hab’ dir so viel zu er zählen!« Und nun plötzlich in der leßten Zeit, ; statt ihr zuzuhören, saß er den ganzen » Abend über den Zeitungen und ver-« i tieste sich in die Geschicke Rußlands. ; Falten bildeten sich aus seiner Stirn, ; er sah nicht aus. Die tleine Frau saß ihm Ewigkeiten gegenüber, ohne daß er sich um sie tümmerte. Das Herz that ihr weh; und eines Tages über-« mannte es sie, und sie riß ihm die Zeitung weg mit den Worten: »Du liebst mich nickt mehrt« Da sprach er das erste unsreundliche Wort zu ihr: »Du bist tindisch.« Ihr Erschrecken besänftigte ihn sofort: »Komm’, sei oernünstigt ch will dir die Vorgänge in Nußlan vor lesen. Die große Noth dieses unglück seligen Voltes muß doch einen jeden m Mitleidenschast ziehen-« · Da stieß sie unbesonnen hervor: »Was geht mich Russland mitsammt seiner Noth ant« »So würde nicht einmal der jüngste meiner Schüler sprechen,« sagte der Professor-, und der Blick, den er aus die junge Frau heftete, war sehr ernst. Ach, warum mußte sie seht an all das denken, warum mußte dieser tteine Schultnabe sie grüßen und da I Yebraska Staats-— Zuzriger Und III-Wollt J. P. Windolph, Herausgeber Grund Island Nebe» 23. Februar 1906 (Zweitek Theil) Jahrgang 26 No 26 mit all das Schwere des vergangenen Abends wieder in ihr wachrufen! »So würde nicht einmal der jüngste meiner Schüler sprechen-« —-— War das nicht ein böses, ein hartes Wort? Und erst der Blick! Das Herz trampstestch in ihr zusammen, wenn sie an diesen Blick dachte. Aber neben dem-Schmerz regte sich’s auch wie Trotz. — »Was hab’ ich denn gethan? Soll ich viel leicht Interesse heuchean wenn ich’s nicht habe? Jst es ein Unrecht, seinen Mann über alles, alles in der Welt zu lieben, so dasz gar nichts daneben aufkommen tann?« — »Warte nur,« drohte sie ihm im Inneren, »ich werde mich rächen — iurchtbar edel werde ich mich rächen! Und dann—ja dann, wenn du vor dem Schreibtisch stehst und erkennen mußt, wie ich das ganze Jahr hin durch an nichts anderes gedacht —-—--" Sie stand vor dem Banlhauie, in dem sie ihre drei Mark abgeben wollte« und eilte die Treppe hinaus. Erst merkte sie gar nicht, daß noch einige andere Menschen im Geschäfts raume zugegen waren, und legte mit den Worten: »Von Ungenannt!« ihre drei Mart in die Hand, die sich ihr vom Schatter aus entgegenstreckte Da sieL ihr plötzlich die Stille rings umher anf; es war eine so eigene tav stetYde Stille. Die junge zfran folgte mit großen fragendenI ueen den Blicken der Anwesenden, die alle mit einem Ausdruck des Entfetzens an zwei zerlumpten Gestalten hingen, die regungslos Hand in Hand nebeneinan der standen. Ein Mann wars mit wir rem schwarzen Vollbart ,nnd ein kaum dem Riiabenalter entwachsener Jüng ling. Die Kleider hingen ihnen wieFetzen um die von Noth und Elend, Hunger und Entbehrnng bis zum Stelett aus gehöhlten Leiber. Die Gestalt des Jüngeren, enttrafs tet, gebeugt, lehnte sich an die Schulter des Vaters, dessenRechte die herab äängende Hand des Knaben umfaßt ielt. « »Es sind rusfische Juden,« unter brach eine Stimme das tiefe Schwei-v gen, ,,Flüchtlinae—— seit sechs Wochen unterwegs -—-— der Mann hat seine alten Eltern lsinschlachten gesehen. Er hat sein Weib und seine fünf Kinder im Gedränge zur Flucht verloren und nicht wiederfinden können. Er weist nichts von ihnen. Er will nach Paris zu Verwandten und ist ganz mittel: los.« Der, von dem die Rede war, riihrte sich nicht. Seine Augen schienen noch immer alle Schrecken, alleltireuel des Hinschlachtens vor sich zu sehen. Sein Mund hatte die Form von Schreien beibehalten, die der Tiefe seiner Brust entstiegen waren. Und doch stand er in starrer Ruhe da und sagte kein Wort. Er brauchte auch nichts zu sagen. Der Jammer seiner Erscheinung ris; alle, die ihn umstanden, zum heißesten Mit leid hin. Vor allem das junge Geschöpf, das gekommen war, sein Scherflein fiir die Noth der in Rußland Hingeopierten abzugeben. Nun stand sie da, diese Noth, von der ihr Mann gesprochen, von der sie nichts hatte wissen wollen, leib: haftig stand sie da. Die junge Frau tonnte nur mit Mühe ein lautes Schluchzen unteri driicken. · So mit einem Mal die Furchtbar leit des Lebens vor sich erstehen zu sehen! Denn als habe ein Blitzstrahl in ihre junge Seele hineingeleuchtet, so llar und entsetzlich stand das Schicksal dieser beiden vor ihr da, und mit ihnen das Schicksal aller aus Haß marterten und unterdrückten Men ckfen. Dieses Schicksal aber, es wurde in diesem Augenblick auch zu ihrem eigenen, persönlichen. Jn einer solchen Welt in blinder Heiterkeit dahinleben wollen — Gedanken lvie diese, Gedanken loirr und heiß, voll des unendlichen Webs, die sie zu erstickan drohten und doch wieder zu heller lar.heit erhoben, --- in eines Augenblicked Länge zogen sie durch die Seele der jungen Frau. Noch war die lleine Gabe, die sie hingegeben hatte, nicht der Masse der anderen Gaben einverleibt. Noch hatte kein Mensch Zeit gesunden, ein Wort des Mitleids-, des Trosteg an das stumme, in seinem Schmerz versunkene Menschenbild zu richten. Da streckte auch schon das junae, in seinem tief sten qlnneren plötzlich so verwandelte Weib dem bleichen Dulder jene andere Summe hin, die sie sich erspart sür das Geburtstaasgeschent ihres Gatten. Der also Beschenlte blickte aus, und ein .f)auch des Erstaunens malte sich aus«seinem Gesicht. Die ihm die blinkenden Goldstücke in die Hand gelegt, die blonde liebliche Frau mit den blauen Kinderauaen ------ nichts an dieser so schlichten, beschei denen Erscheinung stand mit der Größe ihrer Gabe im Eintlana Der Mann saltete die Hände· ein Schluchzen brach aus seiner Kehle,« und seine Livpen versuchten, ein Dan leswort zu stammeln. »Nicht danken,« unt-erbrach ihn die junge Frau, indem sie sich tief vor der Größe seines Unglück-S neigte, »nick,t danken --— verzeihen. —--s« ——--. Fra Diavolo. Humoreste von Rudolph Hirschbergs: Jura. Vom tödtlichen Schusse getroffen, war Fra Diavolo vor die Rampe ge rollt, die letzten Töne der Oper wa ren verklungen, nnd schon zerstreute sich die aus den Thüren des Theaters strömende Menge inieinzelne Grup pen. »Nein, nein, Doktor, keinen Wa ·aen,« sagte die Baronin zu ihrem Be gleiter. »Es ist noch so früh und mir ist von all’ der Räuberromantit noch so abenteuerlich zu Sinn, daß ich un möglich schon nach- Hause fahren kann. Führen Sie mich in’s Case dort. Sie haben mir schon einen Theil Jshres Abends geopfert, also wird es- Ihnen auf ein halbes Stündchen mehr auch nicht antommen.« »Aber mit Vergnügen Freuden opfer tverden»mir nie zu viel. Die Zeit opfert sich sehr nett in Jhrer Ge sellschaft. Also streiten wir uns noch ein halbes Stündchen!« »Weshalb streiten?" »Nun, toir streiten uns doch immer. Oder sind Sie inzwischen meine Ge sinnungsgenossm geworden? Hat die Oper Sie bekehrt von Ihrer Unduld samteit und Jhrem Glauben an die allein selig machende Tugend, die stets die Wege des Gesetzes wandelt?« »Aber lieber Doktor, wenn man sieht» wie ein Räuberhauptmann schließlich erschossen wird, so ist das doch kein Anlaß, ihn als ein nachah: mensnzerthes oder gar als verlocken des Beispiel zu betrachtenls »Gewiß nicht! Aber wenn man sieht, wie keck und ritterlich und lie benswürdig sich dieser elegante Bandit beträgt, dann ist man doch keines mo ralischen Abscheu-: mehr fähig; dann musz man den unverschämten Kerl doch gern haben. Sie sprachen vorhin selbst ganz entzückt von der Räuber romantit!« »Von der Romantitl Ja! Jm Le: ben singt der Räuber aber nicht Te snorarien mit Orchesterbeqleituna und ,benimmt sich auch sonst weit weniger « angenehm als aus der Bühne. Jn der Wirklichkeit aiebt es eben keine Ro mantit mehr!« »Und hat es nie aeaeben Weil dse Romantik nie in der Wirklichkeit selbst liegt sondern immer nur in dem sreu dig etnvsänglichen Sinn, der sie ver tliirt oder auch verträtnnt Wer mit romantischem Herzen durchs Leben acht, siir den treibt Fra Diabolo noch überall sein Spiel, nnd ich hätte selbst ost Lust, mitzuspielen« »Ich nicht! Kaum das Zuschauen vermag mich zu reizen. Ich kann es eben nicht romantisch finden, einen harmlosen Geldbriefträaer zu erschla gen und zu berauben oder eine arme alte Waschsrau um ihr Sparkassen buch zu beschwindeln· Ja, wenn Sie imstande wären, mir ein nettes tlei: neg Verbrechen vorzuspielem bei dem niemand ernstlich zu Schaden käme, so würde Jhre Romantil mich viel leicht ergötzen und Sie dürften sich eine Gnade dasiir ausbitten.« ,,Gut,« entgegnete der Doktor, ins dem er die vom Portier geöffnete Thür des Kasseehauseg durchschritt, »ein solcher Scherz kann soaleich in Scene gehen. Wenn er glückt, erbitte ich mir eine Tasse Thee und eine Zi garette in Ihrem kleinen Saloon; wenn er miszlinat, büße ich meine An maßung mit einem Pfund Pralinee5. Soll’s gelten?« »Ich halte die Wette. Aber was wollen Sie thun?« »Sie bis an dieses Tischchen gelei ten und Jhnen den Uinlyana abneh men! So . .. Und wenn ich nun mei nein Ueber-sicher entschlüpse, stehe ich doch mit meinem Fract und meiner Haltung einem Zahltelkner mittlerer Güte an Eleqanz nicht nach, wie? Ich werde sein Amt usurpiren, mich aar nicht erst an Ihrer Seite niederlassen, sondern als heimlicher Fra Diavolo das Lokal durchstreifen, und wenn der echte Zahltellner serade an der ent aegengesetzten Seite beschäftigt ist« hier das Geld der Gäste einkassiren. Sie sollen mal sehen. ob ich Talent zum Hochstapler habe.« »Und dann neben Sie den Raub großmüthig wieder heraus-? Nun Jh ren Scharssinn haben Sie bei dem Plane dieses Verbrecheng nicht iiber anstrengt.« ,,Ueberanstrenaung ist überhaupt nie mein Ehraeiz gewesen. Sie ver 1 nichtet jede Eleaanz. Possen Sie aus, ’ Es wird ganz allerliebste Szenen ge-« u-cl.« »Dann bitten Sie sich nur vor dem blvuaekleideten Herrn aleiiti hier deii ben. Er hat so etwas Gelteimvolizisti scheö an sich und läßt Sie, seit wit« eingetreten sind, nicht aus den Augen.’ sEs wäre mir nicht eben angenehm, wenn Sie von meiner Seite weg alg Schwindler verhaftet würden « »Steine Sorge, Baronin, ich werde mich» jeder Situation gewachsen zei gen. ihXMit diesen Worten hatte er sich von ihrs-entfernt, schlenderte nachl ässig von Tisch zu Tisch und ließ seine fragen den Oberiellnerblicke mit einer solchen Ruhe durch den Saal gleiten, daß ihm die Baronin eine heimliche Anerken nung nicht versagen konnte. Schon hatte er den Weg durch das Lokal hin und her einmal vergeblich gemacht, da rief es ganz in seiner Nähe: »Ob« — zahlen!« Es war der blaugekleidete Herr, in dem die Baronin einen Geheimpolizi: sten gewittert hatte. ( ,,Bitt schön, « sagte der Doktor nnd stand in geschmeidiger Haltung neben dem Gast, nachdem er sich durch einen Blick überzeugt hatte daß der Baro nin die täuschende Natürlichteit seines Spieles nicht entging. »Eine Schale Braun. Ein Gebtiel « ,,2),10,35.« »Geben Sie mir, bitte, auf den Schein heraus!« ,,Vundett Mark? Ja, ich weiß nirilich nicht, ob ich genug Geld. « »Nun, wenn Sie’5 nicht wissen kann sehen Sie gefälligst nach Und nenn Sieg nicht haben, dann lassen Sie an der Kasse oder am Buffet wechseln. Wie Sie’5 machen, ist mir ganz gleich. Aber etwas schnell, wenn ich bitten darf. Jch habe Eile!« Ueber die große, volle Ledertasche, um die Hand mit dem bekannten Zahl tellnergrifs darin zu versenken, ver fijate der Doktor nicht. Doch entging er noch der Gefahr, sich am Bufset ertlarvt zu sehen. Jn dein zaghast gezogenen eieganten Juchtenportemoni naie fand sich noch hinreichend kleines (Steld,un1 dem Wunsche des Geistes zu entsprechen »Na also,« sagte dieser und schob ihm gönnerhaft die beiden Nictelstiicke zurück, die der Doktor mit einem ver stohlen geflüsterten ,,Dante« wieder in sein Portemonnaie steckte, während der freundliche Geber, ohne seine Hilfe ab znitzartem schon in den Ueberzieher ge fahren war und mit der Eile, von der er eben gesprochen, das Lokal verlas sen hatte. Da tam aus der Tiefe des Saales hastigen Schrittes der wirkliicheZahl tellner herbei und rief dem Portier zu: ,,.Halten Sie den Herrn fest, der eben ging. Er hat nicht bezahlt!« Sogleich jedoch beschwichtigte ihn der Doktor, den der Oberlellner kannte, mit der Erklärung, der Herr . habe ihn gebeten, die Zeche fiik ihn zu berichtigen. , »Eine Schale Braun und ein Stiict iGebäcL Nicht wahr?« fragte er, in: dem er jetzt neben der Baronin Platz nahm und ihr zuflüsterte: ,,Schade, daß ich den Scherz so schnell habe ab , trecken müssen.« » ,,Jawohl,« versetzte der Zahllellner. j,,Aber vorher hatte der Herr schon eine HHummer-Mahonnaise, ,einen Roque fort mit Pumpernickel und eine Fla i sehe Bernlasteler!« ; »So eine Unverschämtheit,« rief der Doktor perplex. Als er jedoch dem fpöttischen Blick der Baronin begeg nete, murmelte er mit Galgenhumor: »Da sehen Sie’s! Habe ich Ihnen nicht gesagt, es würde eine allerliebste Szene geben? -——- Schön, lHerr Ober, hier find hundert Mart. Da ziehen Sie sich die Zeche ab, die- mein Freund gemacht hat!« Der stellner nahm nun den Schein, betrachtete ihn zunächst mit einem kurzen. gewohnheitsmäßigem priifen den Blick, hielt ihn dann gegen das Licht, besah ihn genauer und sagte schließlich achselzuckend: »Bedaure sehr, Herr Doktor, der Schein ist falsch!« ——--- Magst-! - Das ist ja ncht zu glauben!« »Bitte sehr, wollen Sie sich gefäl ligst überzeugen, wie unschars die Strafandrohung gedruckt ist? Die Reichsdrurterei macht das besser.« Die Baronin zerbifz jetzt beim An blick seines verblüfften Gesichts vor unmäßigem Vergnügen, den spitzen beseßten Battist ihres Tascheiituches. Aus seine Bitte reichte sie ihm ihr zierliches Geldtäschchen, und als er die Rechnung des Schwindlers daraus beglichen hatte, bemerkte sie gelassen: »Ich leihe Jhnen auch gern den Betrag für die Pralines, die Sie nun verloren haben.« Da gewann auch er seine Heiterkeit wieder: « »Aber nein, Baronin. Sie haben verloren. War das nicht eben ein net tes kleines Verbrechen? Und bin ich etwa ernstlich zu Schaden gekommen? Ob ich das Geld verjeut hätte, oder ob es jetzt dieser höchst anerkennens werthc Gauner mit tluaer List errafft hat, das bleibt sich für mich wahr hastig gleich. Also dars ich um mei-« nen Thee und meine Zigarette bitten, nicht wahr« Die Baronin lächelte uikant: »Nun denn, ja! Aber hier im Cafe » haben Sie sich für heute Abend zu lächerlich gemacht. Also kommen Sie, Fra Diavolo!« . Der Tod Fje IS Aus dem Norweqischen von T h r a B e n t s e n. Die ganze Familie des G-roßhiind lerg Monsen war tief— betrübt: ihr langjähriger Prokurist Fjeld lag im Sterben. Plötzlich richtete er sich mit ; Anstrengung- seiner letzten Kräfte im H Bette auf. Bei der geringsten Bewe- ! gung iibersiel ihn der Husten Wie aber, wenn er nun doch nicht stürbe? Wenn er genesen sollte? Dann wäre ja all seine Mühe verloren, die Angst der vielen Jahre umsonst . ·. Aber nein; er wagte nicht noch län ger zu zögern. Nun mußte es geschehen, . Sinne besaß. So konnte er jedenfalls ! gewiß sein, daß seine alten Eltern, die auf ihn stets so stolz gewesen, keine Schande zu leiden hatten. Mit Mühe l gelang es ihm, leise aus dem Bett he rauszukriechen Dann zog er die Bet ten auf den Fußboden herunter und legte sich darauf Er war zu matt, um aufrecht zu stehen. Er hustete, das Gesicht tief in die Betten vergraben, und wälzte sich vor Schmerz, wobei der Schweiß auf seinem Gesicht perlte. ! Wenn bloß niemand käme Wenn er nur im Stande wäre, zur Thiir hinein zu kriechen und den Schlüssel umzu- i drehen Nur eine Minute noch, undj er wäre gerettet. Der liebe Gott würde ihm schon verzeihen. l Mtihsam schleppte er sich bis an die . Thiir und griff nach dem Schlüssel, drehte ihn um, Verfiel aber dann in einen erstickenden Husten Doch das " Bewußtsein, das Schwierigste jetzt überwunden zu haben, reizte ihn wie der an und schnell athmend, begann er leise und vorsichtig in die Ecte zu krie ajen, wo sein Koffer stand; dahin ge langt, fiel er erschöpft nieder, der Kopf sank auf denKoffer. Aber er hatte keine Zeit, zu ruhen. Schnell, » schnell, daß nur niemand ihn über raschte. Nun den Schlüssel zum Kof fer! irr hatte ihn während seiner Krankheit bei sich im Bett gehabt, tief unter dem Fropftissen Er trank einen Schluck Rothwein, der auf seinem Nachttisch stand, und holte tief Athein Er spürte für eine Sekunde die Wirkung des Weines und nutzte sie aus« um sich aufzurichten, und nach dein Schlüssel zu suchen. Dann sank er tief ermattet auf die Rissen nieder. Ach, wie war er müde und lraftlosl Den Kon zu halten, war ihm schon eine Qual, er wünschte, nur da liegen zu können, wo er lag, und der Gedanke daran, wag er noch auszurichten hatte, zermarterte sein giqiiälteg,ern1iidetes: Gehirn, so daß ihm schwindelte. Aber es mußte ja gethan werden, snchelL schnell, er hatte keine 'Heit zu Verlieren. Schweißtriefend schleppte er sich wieder mühsam zum Koffer hin, öffnete ihn, streckte die zitternde Rechte tief hinein, während er fich auf die Linke stützte. Er zog ein Packet Geldscheine her vor und fing ganz mechanisch an, sie zu zählen. Er gabes aber bald auf. Wozu nur? Dazu war jetzt keine Zeit, und was lag ihm außerdem jetzt da ran, die Zahl zu wissen . .. Das Geldpacket in der Hand, blieb er einen Augenblick stöhnend sitzen, un-. sich auszuruhen. Es flog ihm wie eine Erinnerung durch den Kopf, wie er sich jedesmal geängstigt hatte, wenn er sich eines Scheines aus der Schub lade bemächtigt hatte, besonders zu den lebhaften Zeiten des Fischfangs, wo der Laden zwei Monate hindurch den ganzen Tag von Leuten wimmelte, deren Taschen von Geld strotzten. Er entsann sich der Mühe, die er Anfanas gehabt hatte, um die Geldscheine auf feiner Kammer zu verstecken; Verdacht erregt, wenn er sie auf die Bank gebracht hätte. er hätte s Ohne sieh weiter um den Koffer zu lrelijtnmern jetzt konnte er ja offen ! bleiben kroch er zum Ofen hin. Das Feuer brannte gut. Jn einigen i Minuten würde das Geldtsaeket nuri ein Aschenhaufen sein. Dann mochte; es ihm in Gottes Namen gehen, wiet es wollte. Wenn bloß niemand käme. t Mit einem Holzscheit öffnete eri mühsam die Ofenthür. Er lockerte das ( Packet ein wenig, damites besser an brennen konnte, richtete sieh halb auf, um es ins Feuer zu werfen . . . Da traf ihn ein heißer Luststrom, ein hef-- » tiger Husten schüttelte seinen ganzen Körper und er fiel ohnmächtic zu Bo den. Aber aus der offenen Ofenthiir quoll lanasain der Rauch . .. Er rührte sich nicht mehr. »So wollen wir die Thür ausbre chen.« sagte der Großhändler. I lkiue angstvolle Zeit verlies. Die ! Thiir wurde geöffnet und da lag f Field todt, die Sand krampfhast um die gestohlenen Gelder gepreßt, aufz dem Boden. I »W. « Das Atem riet Erd-. . Das Geologische Amt der Vereinig Jtcn Staaten beabsichtigt, genaue Un tersuchungen über die Erscheinungen anzustellen, wie man sie an den »bla -senden« oder ,,schnaufenden« Löchern beobachten kann. Die meisten Löcher dieser Art gibt es in den Staaten Ne braska, Colorado, Kansas und Loui siana, wo sie unregelmäßig über die endlosen Ebenen zerstreut sind. Sie besitzen die merkwürdige Fähigkeit, starke Lustströme mit großer Gewalt augzusenden, eine Erscheinung, die oft mehrere Tage lang dauert. Hat das Aus-strömen der Luft aufgehört, so beginnt nach kurzer Zeit ein Einsani sen der Luft. Das Ausströmen der Lust wird häufig von pfeifenden oder heulenden Lauten begleitet. Bei einem Luftloch in Rapides Parish im südli chen Louisiana ist die Gewalt der aus strömenden Luft genügend groß, um einen Männerhut iiber der Mündung des Locbes in Schwebe zu erhalten. Beim Einströmen von Lust werden leichte Gegenstände, wie Federn und Papier, angesaugt und ins Innere der Erde hinuntergerissen. Als Ursache der geschilderten Erscheinungen sieht man bis jetzt Aenderunaen des Lust druck an. Fallen des Barometers be günstigt das Blasen, Steigen des Ba rometerg das Sauaen des Loches. Es ist möglich, daß große, weitverzitveiate unterirdische Höblne durch die Luftlö cher mit der Atmosphäre in Verbin dung stehen. NO Der Lierwandluugskånstler. Eine hübsche Anetdote von dem be rühmten französischen Muschendar steller Talma wurde anläßlich des Auftretens des berühmten Vermont lungskünstlers Fregoli in Paris in Erinnerung gebracht. Talma wohnte in einem Pariser Vorort, oon wo er, da es noch keine Eisenbahn gab, mit der Postkutsche in die Stadt hinein suhr. Eines Tages hatte er sich Ver spätet. Als er mit seinem Koffer voll Kostiimen und Perücken zur Post kutsche iam, mußte er den Kutscher merken. ,,.f)olla, e·’sreund, wann geht’s los?« »Wenn wenigstens zehn Plätze innen besetzt sind, Herri« antwortete der Kutscher. Tolma wartet; aber schließlich geräth er in Angst, er könnte die Probe versäumen. Er öff net den Koffer, staffirt sich als Edel mann aus und fragt mit näselnder Stimme aus dem Wagen heraus: »Wann fahren wir, Kutscher?« »Jetzt sinds schon zwei . . . . Es müssen noch acht Reisende lommen,« lautet die Antwort des verfchlafenen Kut schers. Talma kehrt zu seinem Kof fer zurück, verwandelt sich in einem Augenblick in einen Jüngling und wendet sich wieder-an den Kutscher. »Na, schon drei,« brucnrnt der. So geht«-H weiter. Talma erscheint nach einander in neun verschiedenen Ge stalten: der Kutscher alaubt, der Wa aen wäre mit Jnsafsen gefüllt und fährt ab. Taltna aber kam gerade noch im letzten Moment zur Zeit in die Probe. Ein Berufe-.- Jun-«c. Der Vossischen Zeitung theilt ein Leser folgendes Geschichtchen mit: Der Reltor einer Berliner Kommunals schule sieht, nachdem die Zwischenpause längst vorüber, aus dem Schulhofe ei nen herunttvandernden kleinen Kna ben. Er ruft ihn heran, und es stellt sich heraus, daß der Aermste seine Klasse nicht finden kann, wng sich ges niigend daraus erklärt, daß er zu den erst gestern neu eingeschulten Kindern gehört. Da er gar nichts Näheres über sein Schulheim aus-zusagen weiß, hält der Rektor es siir die einfachste Lösung, den Kleinen in das Kon ferenzzimmer mitzunehmen, tvo er die Versammlung der Lehrer in der näch sten Zwischenstunde abwarten und sich unter ihnen den rechten aussuchen soll. Da die Herren alle beisammen sind, sraate der Rettor den übrigens ganz dreist und Vergnügt dreinschauenden Jungen: »Na nun sieh dir mal alle die Herren gn; welcher ist denn wohl dein Lehrer?« —-- Antwort: »Im kee ner, ntir lernt ja en Mächen.« G ·tc G danken. Wer alle Menschen liebt, der liebt keinen recht; wer aber einen recht liebt, der liebt alle. Franz Stelzhamer. Il- Iis Ik Die LIJiuthlosigkeit ist wie ein Schwamm: sie wird größer durch Thränen K.P· its st- si Unser Gefühl für die Natur gleicht der Empfindung des Kranken für die Gesundheit Schiller. Eis di· M Es gibt eine schöne Offenheit, die sich öffnet, wie die B umen, nur Uin zu dnften. A. W. von Schlegel. ———-. Final. Graf (Init einer reichen Händ-lus tochter berlobt): ,,War während mei net Abwesenheit mein zukünftiger Schwiegervater da?« Diener: »Ja, Herr Graf, es sind aber auch ein paar Gläubiger gekom men — und da habe ich ihn aus Ver sehen mit hinausgetvorsen!« Eingegangeih Schuster: »Hier bringe ich Ihnen die reliarirten Stiefel, Herr Doktor-. Drei Mark, wenn ich bitten darf!« Doktor: «Wag, Frei Mark? Sie sind wohl verrückt! Lassen Sie Jhren Ron untersuchen . . . Kann nichts finden· So die Konsultation kostet fünf Mark da bekomm’ ich noch zwei Mart heraus!« -