Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Jan. 19, 1906)
Schleppiagd .,»;», , von Wilhelm v· T r o tha. LIM- die Reiter hinter den Hunden N brav vor dem Feinde ge funden.« Wellington. ie hatten die Ulanen, wie üblich, im großen Speisesaal gegessen, dem man hatte im sogenannten immer gespeist. Das Zimmer g« alle kleinen Seltenheitm die m Ofsisietskorps heilig sind. Unter M Schmuclgegenständen prangten schöne Jagdtrophäen in Gestalt ausgestopster Sauentöpse und starke Hirschgeweihe an den Ue wenigen deute anwesenden Her Essen gemiitdlich rauchend an klei iicksen und besprachen das-Haupt gttiß der Saison, die morgige gro se Sankt Hubertus- Jagd Sagen Sie mal Helmenhorst, Sie Itzt- ja dgs Gelände mit ausge such-U begann der dicke Nelken die un Mbrpchene Unterhaltung, »wie lang wird ie Schleme« »Na, ich denke, so’n dreiviertel Stifan werden wir dran galoppi ten müssen.« »Ah, kein Fehler!« »Hm, wie steht es mit den Hinder Kme fragte ein anderer aus einer heraus. »Ich bin der Ansicht, daß wir recht Sprünae haben werden. Für ·« wandte sich der Sprecher an ei M der herren, dessen langes, schma U Gesicht das eigenartige Gepräge Rennreiters trug, »habe ich ne aiiberraschung.« »Sooo,« gab der Angeredete, sich lebhaft aufrichiend, zur «hcben Sie unseren sogenannten MrlshorsteR herausbringen las senk« Der erstere nickte und fügte dann hinzu: «Kinder, ’n bischen vorsichtig Müssen wir an das Ding herangehen, 's fimpler Schwadröner nimmt das Hindernis nicht. Jch habe bei der Ein ladung auch die auswärtigen Theil mhmer so unter der Hand davon in Kenntniß gefest. Es wird nur tadel lpses Pserdematerial dadurch erschei nen- Kein Fehler!« Man nichte allgemein befriedigt und besprach das in Aussicht stehende schöne Jagdreiten »Wer bei uns Männern mitteiten will, muß eben alle Hindernisse mit nehmen, sonst verdirbt er das Recht auf den Hubertusbruch im Knopf loch,« sagte schroff der Sportsmann. Die anderen nickten zuftimmend, Um das Gesicht Helmenhorfts wurde um einen Schatten nachdenklichen « »Sie dentW wohl an die schöne Baroneffe Jlse, be, alter Freund?« meinte liichelnd der dicke Nelken. helmenborfi lachte eigenthümlich und zuckte nichts- oder wie man es Antwort, » i nehmen wollte, vielfagend die Achseln. I Mit einem freundlichen Gruß verab- J te er sich von den Herren und I schritt nachdenklich seiner Wohnung is. Er wußte, daß der morgige Tag die Entscheidung bringen mußte. Er liebte die junge Baronesfe zu sehr, um noch länger warten zu können. Er hatte alles schon so arrangirt, daß Jlse am Schlusse der Jagd dieBriiche mit den Schleifen der Regimentsfar ben vertbeilen sollte, und dann auf dem heimritt, da wollte er ——— na warten wiss ab« endete er kurz seine Gedanken Die anderen waren im Kasino zu rückgeblieben und besprachen »den Fall helmenhorft«. »Na, ’s wird morgen schon zum Klappen tomtnen,« meinte einer der Herren, und da niemand Widerspruch erhob, so galt dieSache als abgemacht. Ein wunderbarer, frischer Herbst tag war angebrochen. Leichte Nebel wallten über Berg und Thal, nnd hie und-da blitzten die Thauper ten auf den gelb und roth gefärbten Miene des Waldes und der Wiesen, sie theilweise mit seinen, weißen Fä des, Altweiberfvmmey überspannend. Ein farbenprächtiges Bild entfal ieie sich bald auf der Waldwiese an Ist Etlendorfer Mühle. Eine Schaar Dritte-r Reiter sammelte sich dort. Es tm der —»Nendezvous-Platz« siir die « Verkehrs-Jagd Jn den ver « " , Uniforrnen, alle ohne Ach M mit neu aufgezäurnten Pfer « Schlags, die Rein-eit fs is der hand, trafen die Reiter darein nnd in Gruppen nach und nach hui, da knallte eine lange Hunde peitsche. Der Hundsmann kam mit der Mente, zehn Koppeln start, her angetrabt. Schön sahen die Schweiß bunde aus. Mit hochtragender Ruthe trabten sie daher-, theils vor Freude mit frohem Geläui Ton gebend, theils schon eifrig mit der Nase spüre-in Durch das Stangenholz schimmerte hie read da ein rather Rücken hin durch, da sich auch einige Gutsbesitzer Guts der Nachbarschaft den Reitjagden der Ulanen aneeschlossen hatten. Mit schwarz und weißen Seiden W geschmückt erschienen die Pi tsee, und nach und nach hatte sich ein It dä- ålsneå Anderihgtesitern ver W , men et trug ein W szeichery das er sich aus der , -;-·.» in Dann-wer erworben Er stand abseits von dem gro Ind betrachtete seinen -- Wuchs-, den der Bur sehe im Verein mit einem großen un garischen Vollbliiter hielt. Die Musterung schien gut ausge fallen zu sein, denn der Offizier gab jedem der Thiere ein Stück Zucker, das sie freudig mit den Hufen schar rend entgegen nahmen. Dann klopfte er ihnen einzeln den Hals und schritt, mit der Peitsche einen Lufthieb ma chend und ein Iagdlied pfeifend, zu den verschiedenen Reitergruppen Es fehlte noch gut eine Viertelstunde bis zum Beginn der Jagd. Suchend glit ten die Augen des schlantgewachsn nen’Offiziers, der in der kurzen eng anliegenden Ulanta besonders vor theilhaft aussah, die Mütze schief auf dem Kopf schen hatte, über die Ka tvalkadr. Sein tiihn geschnittene-s Gesicht mit dem- aufgewirbelten Schnurrbart zeigte neben großer Gutmüthigkeit doch einen Zug un beugsamer Strenge. Jmmer noch suchte er! Endlich hatte er das Ziel seiner Sehnsucht entdeckt und schritt freudig lächelnd auf eine herrlich im Sattel sitzende junge Dame im ein fachen schwarzen Reittleide zu. Es war Baronesse Jlse v. Melling. Eine herzliche Begrüßung fand statt, und ohne daß dioeReiterin es be merkte, führte langsam sprechend der junge Ulan das Pferd mit seiner Rei terin abseits von der großen Masse, da, wo seine beiden Pferde standen, hin. »Baronefse· Jlse," begann er, »Sie wollen doch heute auch einen Puder tusbruch an'Jhre Brust stecken?« Mit einem leichten Erröthen nickte sie zustimmend. »Dann bitte,« sagte er mit zärtli chem, aber festem Tone, »tauschen Sie Ihre Wanda mit meinem Narzi da. Er springt todtsicher, während Wanda unsicher ist. Wir haben einen Kapi tahspruna su nehmen, und wenn Sie über das Hinderniß wirklich hinüber wollen anstatt es zu umreiten, so dür fen Sie keinesfalls auf der unsicheren Wanda bleiben!« »Aber Sie. Herr v·Helmenhorft?« »Ich, oh ich reite meinen Kisber, der muß schon hinüber.« Einen Augenblick zögerte Jlse v. Melling noch, denn sie wußte. daß der Kisber ein tapitales Pferd war, aber im Springen hatte er gerade keinen guten Ruf. Auf der anderen Seite aber schätzte sie die Reittünste Helmen horsts so hoch ein, daß sie es nicht wagte, ihm ihre Befürchtung auszu sprechen, denn einem Kavalleristen darf man zwar sagen, daß er Fehler beim Reiten macht, nur ihn nicht füh len lassen, er könne nicht reiten. Jeht hatte sie sich entschlossen. ——— Graziös sprang sie, von dem jungen Ulanenosfizier unterstund zur Erde, und beim Niederfetzen der leichten Fi gur hielt er sie fast unbewußt einen Augenblick an seiner Brust gefangen. Langsam löste sie sich mit einem rei zend verwirrten Lächeln aus seinen kräftigen Armen und ihm blieb keine Zeit zu Erklärungen und Austausch von Liebesbetheuerungen, denn die Zeit drängte, wenn er noch mit dem Umfatteln fertig werden wollte » Spiiter war noch Zeit genug zum Lie bes-werben! — Jn wenigen Minuten war alles ge schehen, und als diebisthörner dieRei ter in die Sattel riesen, da half er Jlse in den Sattel aus dem Narzi. Eilig schwang er sich aus den unruhig hin und hertretenden Fuchs, noch ein Gruß »mit den Augen, ein herzliches Lächeln sihres Mundes, und er galopdirte von « dannen, feine Funktionen als Pitör zu übernehmen. Jm Vorbeireiten rief Eihrn der dicke Nelten, der sich eben in Iden Sattel schwang, noch zu: »Hu jhelmenhorst, wie ist«-E-, gibt’s heute noch ;’ne Bowle, Sie verstehen mich schon, the-t« f »Wer weiß«, lachte der Angerusene liibermtithig und während er weiter .galoppirte, winkte er lächelnd mit der treitpkiischhequfuetm hand zurück. I Der Schlepper ritt ab. Man zählte tbegierig die Minuten, db er ·lange e lnugunterwegs sei. ———Endlzch! A es kwartete gespannt auf das Zeichen, und Ida bliesen die Trompeter die Jagd an. I ui, wie gingen die hunde wie ; ha en aus und mit hochgehobenen Ru sthen mit heitern Geläut dtzoonshundk smanm Muster und Pitbre hatten IMiihe, sit zu bändigem Jn wenigen IMinuten war das ganze stattliche iFeld in Bewegung. War das ein i-Auf und Abwippen, ein Vorwärts drängen der Thiere. Nach und nach latn Ruhe in die bunte Reiterschaar. Langsam stiegen sie über das erste Hindernisz. Einige zu eifrige Pferde wiischten die Decke dahin. Da lag auch schon ein 1u er Husar. Aber nein, ’der Gaul muåtz stehen bleiben, so fest hatte der Gestü zte die Zügel gehalten. Schnell saß et wieder im Sattel und hatte das Feld bald eingeholt. Es war schon langer geworden. ie und da ritt schon einer, de en T ier zu un ruhig war und au gepullt hatte eine Volke, auch einige Gaule erhielten für ihre Faulheit beten Herangehen an das Hinderniä ein paar »in diezacw ge uen uez, es war ein ild wie keins schöner sich dem Reiterauge die-« ten konnte, und dazu schien lächelnd die herhsfliche Sonne herab. Reben deen Jagd ern, einem noch jung und frisch ause ehenden General, galoppirt Baepnesse Ilse. Der Ungae Heime-eh erst st,s den ritt machte kle rußig Geltdet sprung nach Ga ssean und d und Reiteein sienen wies-tatst e verwachsen zu sein« Alle denen hatten den niean anwesenden Damen bereitwilligst die vorderen— Pliihe im Felde eingeräumt, und so galoppirte Jlse nur weni Sängen hinter helmenhor « der rn einem Fuchs heute nicht o recht ins ine tomrnen wollte. Ein Angst geruht für den Gerichten sikiihne sies nicht im mindesten, denn e kannte nnd schiihte seine Reitsertigkeit. Auf glänzendem, bethauteni Rasen( galoppirte das Feld, dumpf donnerten die Huse, dazwischen inallte sausend die Peitsche des Hundsmannes oder einer der Pilöre, wenn der eine oder der andere der Hunde saul arbeitete oder sich hinter einer Hecke oder in einem Erdloch zu verbergen suchte. Aber weiter, immer weiter ging es, was lag, das lag, es mußte weiter gehen. Da -—jetzt lam das Feld an den großen Sprung, den sogenannten »Karlshorster« heran Mehr und mehr zog sich nün das Feld auseinander und unwitllürlich kam ein wenig Unruhe hinein. Der Muster und zwei Pitöre gingen in scharfer Pace heran, hops—— ein Satz, und sie landeten gut. Sausend suht die Peitsche Heime-i borsts dem Fuchs in die Seite, denn der Kisber begann zu flattern; zwei Schritte vor dem Sprung brach er aus, während der Kagdherr und dicht neben ihm Barone e Jlse das Hin derniß mühelos überstiegen. Reiter nach Reiter nahmen das Hindernisz, einzelne Pferde oerfingen sich und stürzten, hie und da humoelte ein ein« zelner Reiter dem davoneilenden Felde nach oder schwang sich schnell wieder in den Sattel. Niemand achtete auf die Zuriickgebliebenem und so sah auch Niemand, daß unbeweglich ein illa nenoffizier sammt seinem Pferde, ei nem Fuchs, hinter dem hinderniß lie gen blieb. —- Keines rührte sich! — Weiter und weiter ging die Jagd. Die Schleppe war zu Ende. Bald war die Jagd abgehlasen worden, und hell und freudig erklang aus hundert Kehlen das dreimalige »halali« in den frischen Herbsttag hinaus. Eifrige Hände eilten, die gebroche nen Eichenzweige aufzutheilen und den Damen die Brüche zur Verthei lung zu reichen. Bruch nach Bruch mit einer einfa chen lleinenSchleife in denRegiments farben der Ulanen wurde von den Damen und dem Jagdherrn an die Theilnehmer der Jagd vertheilt. Baronesse Jlses Wangen erglühten im Eifer der Arbeit. Nur noch drei Brüche hatte sie in der Hand. Jetzt sah sie suchend in die hin und deriva gende Reiterschaar, die zum Theil ab gesessen und ihre Thiere am Zügel führten, denn die Jagd war lang ge wesen, und fast zwei Dutzend Hinder nisse hatten die Thiere nehmen müssen Jlse suchte noch immer. Neben ihr stand Relien, der seinen Braunen ein wenig lose geguriet hat te. Er sah die suchenden Blicke des jungen Mädchens und konnte sich den ten, wen ihre Blicke noch erwarteten. Nelken warf einem neben ihm ste henden Ulanen die Zügel zu und traf grüßend an die Neiterin heran. »Ich werde- Ihnen helfen und den Aus-rei ßer suchen,« sagte er lächelnd. Jlse bekam einen vurpurrothen Kon und nickte nur mit zu Boden gei senktem Blick. Der Dicke drängte sich zwischen den einzelnen Reitergruppen durch, konnte aber Helmenhorst nirgends entdecken. Er suchte nun schon fast fünf Minu ten und auch leiner, den er fragte, hatte den Vermißten heim Halali ge sehen. — Er fragte, und von Mund zu Mund ging es weiter; Niemand hatte ihn bemerkt. »Der wird gewiß noch vor dem »Karlshorster« sein« denn ohne den Schinder hinüberzubringem geht er nicht vorn Platze,« rief einer der Her ren. - Jeht entsann man sich, das; der Fuchs helmenhorfts vor dem hinder niß ausgebrochen war. Einer der illa nenoffiziere wintte einen in der Nähe haltenden Ulanen heran und irabte mit dem Mann davon. Die Zurückge bliebenen stießen mit einem frischen »Wir hipp — horridoh«' die Gläser aneinander, dio ihnen von den Wa gen, in denen die-Damen Plan genom men hatten, die der Jagd gefolgt wa ren, tredenzt wurden. Jlse sah er wartungsvoll den Davonreitenden nach. Ihr herz klopfte rasch, und eine geheime Bangigseit beschlich ihr Ge müth.— Sie antwortete uur zerstreut auf di: Fragen der einzelnen eren und hatte sur die kleinen reien iiber das unverantwortlichlange Aus hleihen helrnenhorftz nur ein mattes Lächeln. Immer und immer wieder mußte fie nach jener Walde-e hinüber chauen. hinter der die Sucher ver - schwunden waren, und wo der Ge liebte erscheinen mußte. Ob ihm wirklich etwas zugestoßen H sein tönne, dachte sie. Unmöglich tonni ’ te das bei ihm nicht sein. Lieber hätte er den ganzen Tag vor dem Hinderniß gestanden, als daß et dem Gaul den J Sprung geschenkt hätte. ; Doch was war das? Da lam ja mit T bleichen Wangen in windenber Fahttj der abgesandte Ulan zurück; ihr Herz . schien fiir einen Augenblick still zu sie- « ben, dann raste es wild weiter. -—— Ei nige Ulanenosfiziete eilten dem heran sprengenden Mann entgegen, und mit » des-störten Gesichtern fragte man leise ; nach dem Arzt. s Schnell saßen einige Ulanen aus und ! jagten mit ihm von bannen, eine über- j aus gedeiickteStimmung zurücklassend I Mitte-läge unds halb scheue Blicke ’ sit-isten das Kälte Mädchen. Der Mc en, der neben ihr stand, l rang verzweifelt nach Athenn Ein ent- l sehter Blick Jlset streiste ihn, und er sagte nur kurz: »Gestiirzti« Einen Au enbltet schien Jlse von. Melling im ttel zu wanken, dann gab sie dem Brunnen einen Hieb mit der Reitpeitsche und jagte, ehe sie je mand zurückzuhalten vermochte, da von, im Wegreiten Nelten zuwintend, ihr zu folgen Als beide dem bewußten Sprunge nähet kamen, tnieten schon einige Her ren neben -dem Ar te, der mit hoff nungslosem Blick en bleich und ohne Athem daliegenden Helmenhorst unter suchte. Jlse glitt aus dem Sattel und eilte, ehe es die anderen hindern konn ten, aus die Gruppe zu und ries mit halb erstickter Stimme: »Ist er todt?" Alle sahen schweigend vor sich aus den grünen Rasen, in dem noch die Husspnren der darüber gatoppirten Pferde zu sehen waren. Der Doktor zuckte nur die Achseln. : Schwankend trat sie näher und legte das bleiche Haupt des Geliebten in ihren Schooß.— Ein Thtänenstrom brach aus ihren Augen, während die Kameraden in tiefster Ergrifsenheit um beide standen. Der dicke Nelten wandte sich stumm ab und sagte, mit dem Ulantaiirmel iiber die feuchten Augen fahrend, mit halt-lauter Stimme: ,,.Herrgott, ’n schöner Tod site ’n ehrlichen Reiter-S n1ann, aus dem grünen Rasen, im Arm der Geliebten!« Die Anderen nickten stumm. Auch der Fuchs lag mit gebtochenem Genick daneben. Die noch vor Kur zem so lustige Jagdgesellschaft ritt still und ruhia hinter dem Kranken wagen, » aus dem der todte Kamerad lag, heimwärts-, und anstatt fröhlicher Reiter- und Jagdrnusit blies das vor ausreitende Trompetertorps den Cho Pin’schen Todten-narsch. Noch einmal wurde die Stille des Heimrittes unter brochen, als die Meute mit lautem und hellem Geläut an dem Zuge vorüber trabte, dem todten Bitin einen letzten Gruß zurufend. — ( Ein »vielseitiger«· Braten. Lehrreiche Geschichte aus dem Ehe leben von Anna Ritter Die aIe Frau Justizrath Hanle saß auf ihrem gewohnten Erlerplätz chen, eins der ungezählten Kinder striiinpfchen zwischen den Fingern die im Laufe des Jahres von diesem Stäbchen aus ihren Weg zu Noth und Armuth antraten Jm Augenblick aber tlinlerten die stöhlernen Strick nadeln nicht denn die alte Frau horchte auf den Gang hinaus und lä chelte ihr liebes Lächeln voll Güte und Schallhaftigteit Sie lannte dies ungeduldig schnelle Klingelm das Jette in der Kuche im mer ein brummtges »Jotte doch!« ent lockte, lannte auch dieje junge Stimme, die manchmal noch einen ganz kindli chen Klang hatte! Kam sie doch fast alle Tage einmal die Treppen hinun tergelaufen, die tleineFrau Klaudius aus dem dritten S.tock urn sich in it gend einer Wirthfchaftsfrage den Rath der Justizriithin zu holen. « Ja, sie hatte viele Sorgen die arme lleine Hausfrau, die ihr schweres Amt erst seit einigen Wochen trug; so viele, daß sie sich trotz ihres großen Glückes oft recht unglücklich vortam. Da war es nur gut daß ein freundlicherZus fall sie mit der Justizräthin unter dasselbe Dach geführt, und daß eine im Hausgärtchen perlorene und der alten Dame zurückgebrachte Scheere ihnen Gelegenheit gegeben hatte, z- reundschaft zu schließen! Was hätte lla Klaudius wohl anfangen sollen ohne die liebe, alte Freundin, die so tlu« zu rathen und so gütig zu trösten tvu te, die immer noch einen Ausweg sah, wenn Hellas Trotztöpfchen sich noch fo tief oerrannt hatte »Herein .!" rief die Mithin und winkte freunhlich mit Augen und Laut-» »Mir immer herein, Kindchen!«' ann bog sie sich erstaunt vor, um in das junge Gesicht zu sehen, das noch die Spuren frisch vergofsener Thriinen trug. Was ist denn g,eschehen Kind? Doch nichts Schlimmes?« fragte sie In her licher Theilnahme a Klaudius warf fich plößlich heftig fchluchzend neben ihr nieder. Die Enge der alten Frau, mehr noch der on inn warmen Mitgefiihls, in dem sie gez-rochen wurde, brachte sie sum alleF F.ossung Es war wie der Tropfen ewesen, der den Eimer zum Ueberflie en bringt «O Gott, wie unglücklich hin ich. Wie schwer rlich ungluetlichk Mschluehzte ge intetigeD rau. t b Nieer ann. rea e anie uner a ceinjii in Schreck. x he »Es ist ihm doch nichts zugestoßen, Frauchen? Irgend ein Unfall viel leicht? Eine« erletzung . . .?« »Nein . . .nein.« Hella schüttelte heftig den Kopf. »Das ift’5 nicht. Er iftganz esund. Aber er liebt mich nicht mesr . . .'· Ihre Worte erfiiclten in wieder neu hervorbrechenden Thra nen. Sie sah nicht, wie die Justi - räthin aufathmeie, wie der sorgenvo e Aüsdruck einem schalthaften Lächeln Platz machte! Ganz in sich zusammen gefunlem hatte sie den Blondlopf auf ie Kniee der alten Dame gepreßt, bis zwei feine, welke blinde ihn cnit liebe voller Energie aufrichteien. »Nun aber einmal gebeichtet, Kind! Wenn ich rathen oder gar helfen all, rnu ich vor Allem klar se . s hats wieder einmal gege n? Ein nl mit dem Mit n? Eine ver rannie Sup ? O r ga; eine — Rechnun t« ie hielt inne; das alles war's n t etoeien. »Den-a re.« sagte die junge Frau, und in Stimme und Augen ern-achte neben dem Schmerz - det TroH .,Wenn’z noch so etwas wäret Dannl tönnte ich ihn vielleicht begreifen. Aber so! Nur weil's fünfmal hintereinanq der ausgewärmten Kalböbraten Habt Einen »Fraß« hat er’s genannt, Sie weinte in erneutee Heftigleit, «einen Fraßt und dabei hat er die Serviette aus den Tisch geworsen. Jst das nicht ent etzlich?« s ie Justizräthin hatte alle Mühe, ernst zu bleiben. »Nun, nun...« meinte sie be ütigend, »der Ausdruck ist sreilich ni t ganz parlamentarisch, aber so tragisch würde ich die Sache doch nicht nehmen. Jhr Mann war eben in Erreguna da wägt man die Worte nicht. Uebrigens, Kindchen . ·'« sie strich fchelmisch über die weiche, junge Wange, »so anz unbegreiflich ist mir seine Entrüftung nicht. Fün Tage hintereinander dasselbe Reisch — das tann auch den sanfteften ann aufbringen!« »Ja, aber...« Hella verlor allen Boden unter den Füßen. »Die Kale teule war doch nun mal da! Jch tann doch das gute Fleisch nicht wegwerfen! IUnlld Sonntag fand er sie so pracht ivo ...« ! »dem aber ist’s Donnerstag, Kind .chen.« Die alte Dame lachte jetzt ganz Haut und herzlich. »Sie werden mir qugebem daß die Begeifterung seit JSonntag nicht nur nachgelassen, son jdern sich in's Gegentheil verkehrt ha ’ben lann. Selbst ich —- Sie wissen, lich gebe nicht viel um’s Essen! —- ich Imöchte nicht siir mich bürgen, wenn H Jette mir die ganze Woche das aufge 1wiirmte Kalb vorsetzen wollte!« ) »Es nißt sich aber doch nichts ande Hres aus dem dummen Kalbsbraten jmachen!« warf die arme tleine Haus frau ein. ; »O doch, Kindchent Vielerlei. Sie Jhabem wie ich sehe, noch gar leine JAhnung, wie wandlungssiihig und ivielseitig solch ein tälberner Sonn Jtagsbraten ist. Ehe ich’s Ihnen aber » erzähle, schicke ich den guten Rath vor yaust Kaufen Sie sür Jhre tleine Wirthschaft — es sind doch nur drei Personen! —- nicht solch’ große sFIeischstiiclr. Zumal im Sommer »nicht!« »Aber es ist doch so bequem,« meinte jhella ganz harmlos, »und doch auch sbilligen wenn man nur ein einziges »Ma! Speck und Butter dazu : braucht!« Jn dem gutmüthigen Gesicht der Justizriithin erschien ein strenger Zug. »Die Billigkeit laß ich gelten,Kind,'« sagte sie ernsthaft, »wenn Sie denn wirklich am Mittagstisch so sparen wollen und nicht lieber an anderen, entbehrlichen Dingen .. .« Die junge Frau war glühend roth geworden, denn die Augen ihrer alten Freundin hatten das theure Gürtelfchloß ge streift, das viel zu elegant für das einfache Hausileid war. »Was aber die s»Beauemlichleit« betrifft« — nun klang die sonst so gütige Stimme wirklich hart —- »damit dürfen Sie mir nicht lommenl Fragt Ihr Gatte nach seiner »Beauemlichteit·', wenn er Tag für Tag in hie Fabrik eilt und sich nicht einmal die Zeit zum Mit tagsschlöschen nimmt, damit’s dem Frauchen an nichts fehle? Doch selbst wenn er danach fragte, —- Sie dürfen das böse Wort nicht tennenk Wissen Sie nicht, wag »Weder-mühe« heißt? Aber da halte ich alte Frau Ihnen eine lange Moralpredigt.« unterbrachs sie sich heiter, »ansiatt Sie in die Ge- ! heimnifse des Kalbsbratens einzuwei- s heu. Also aufgepafzt. Kindchm z Hat man aus irgend einem Grunde s ein großes Stück genommen, so’ schneide man von dem Braten der» ganzen Keule ein paar schöne Schnitzel . herunter als erste Mahlzeit Zierlich mit ein paar Citronenscheibchen undl Kapern bestreut, und mit einem Siriiußchen frischer Petersilie ge schmückt, wirtt das Gericht ganz un widerstehlich auf hungrige, wohl gar veriirgerte Ehemiinnert Arn Sonntag gietts dann den eigentlichen Braten. Kinder-sein« warf die Mithin, den Riichenvortraa unterbrechend, ein, »viele ielir verstarr dige Frauen fordern heutzutage« das-. das Essen am Sonntag möolichst ein sach eingerichtet werde, um dem Mäd chen nicht fo viel Arbeit aufzubiirden oder einen Kirchgang eine Waldpartie mit Mann und Kindern zu erinng lichen. Es liegt viel Beherziaenstvers thes in dieser Forderung Ich aber halte es mit einem festlichen Sonn-— tagsmahU Menschen sind wir nun einmal alle und essen lieber wag Gn tes als was Schlechtes; besonders die Herren der Schöpfung Eine mit des fonderer Sorgfalt zubereitete Mahl zeit hat also auf die Stimmung Ein fluß, und die möchten wir doch grade am Sonntag möglichst rosig haben, gelt? Uebrigens braucht das Fest mahl durchaus leine Nichtarbeit iiir den Sonntag zu bedeuten! Es läßt sich ja fo vieles am Sonnabend vor bereiten. Wenn das Kompott oder die kalte süße Speise zuvor gelocht, Salat nnd Gemüte am Tage vorher gepuyt und die Kalbsteule getlopft, gehäutet und gespickt ist, dann ift das Rochen am Sonntag Kinderspiel!« Die junge Hausfrau horchte mit rztåen Wangen. An all das hatte sie n» nie gedacht. Bis ietzt waren die Sonntagmorgen immer recht un müthltch und voll betet gewesen,’ hatte noch nicht enmal in diesen1 Stunden rnit ihrem Manne ausgehen « Weinen, und doch war der» So tagi Mo- einzlger freier Tag, un erl "fr«euie sich immer die gavzk Wschk daraus. Sie seufzte laut. . « »Es lernt sich alles, iletne Frau, sagte die Mithin. ihr ermunternd ZU nickend. Als ich so alt oder·vrelmehr so jung war wie Sie, hab ichs Auch nicht klüger gemacht! Wir hab-o aber erst zweimal von der bewyßkss Kalböteule gegessen, also werter, la te ie. .. kAnx Montag dürfen die» schMsW Scheiben in der Sauce gewarmt wer den« das Fleisch darf freilich nicht noch einmal darin kochen —- sonsk Wurde CI zäh! — sondern muß sich itlleassM bad langsam erhitzen. Es bußt dann nichts von seinem Wohlgeschmaii em. Kartoffeldrei. mit gerästeten Zwiebel scheibchen nnd brauner Butter ub»et gossen, und Salat sind eine schone Beigabe dazu· « So haben wir uns bis zum Diens tag durchgesiittert. Das ansehnliche Fleisch ist nun gegessen. Was nach am Knochen sitzt, wird mit ern wenig Sardellen, Zwiebeln, Kapern ltM ge wiegt, mit Eiern vermengt, Mkfo und Salz und Mustat dazugethav und nun auf Weißbrodscheiben ge strichen, die man zuvor in Milch Mi geweicht hatte· Die bestrrchenen Schnitichen — wir nennen sie »le kenschnittchm«, weit sie nach beson ders fein ausgedämpsten Kalbsmeren schmecken —- werden nun in Erweis und Krümchen gewälzt, hübsch gold braun gebacken nnd mit Gemiise, Kar toffeln und Preißelbeeren verzehkki Wenn der mit reichlichern Wurzel wert ausgesetzte zerhackte Kalbstnochen dann am Donnerstag noch eine herr liche Kartoffelsuppe geliefert bat — besonders nette tleine Hausfrauen backen dem Gatten wohl einen Eier tuchen hinterherl—dann soll mir mal einer sagen, der Sonntagsbraten habe seine Schuldigteit nicht gethan!« Jmmer erstaunter hatte Heller ge lauschi; sie kam sich unsiiglich dumm und ungeschickt vor. »Wer bat Sie nur das alles ge lehrt?" fragte sie endlich. »Das Le ben, Kind«, erwiderte die alte Dam leise. »Das Leben und die Liebe!« Sie ließ es geschehen, daß Ldie jus gen warmen Lippen sich reuevoll uns dantbar zugleich aus ihre höndo drückten. Dann aber schob sie M kleine Frau fort. »Elf Uhr, Kindchen2 Was giebtl denn heute Gutest« »Königgberger Klopö«, sagte Hella stolz. »Das is sein Leibgericht!" Eilig nahm sie Ab schied —- eine ,,Liebesmithe« winkte. Dife kleinen Füße liefen lustig tret-p au . — sus dem sen-niesen eines Kanarieuvvgem Aus Wien wird der Frankfurter Zeitung geschrieben: Ein Ueber-naß von Berufsarbeit hat meine Kenntnier in der Vo ellunde auf die durch die Maturitätsgriifunsg gezegene Grenze beschränkt. Und auch davon iit heute, nach einein Vierteljahrhundekt, offen gestanden, nicht viel mehr übrig. Ich weiß daher auch nicht, ob day-, mag ich hier über das Seelenleben eine. Kana rienvogels mittheilrn will, vLkrerhaupt tnitttzeilendtvertb ist· Jch wurde mich aber gerne belebten lassen. 3 .1 meinem Hausrath gehört seit drei Jassren ein allerliebster Harzer Ranarieuaosel und zu meiner Familie, unter anderen, die siiße fünfjährige Mariettm tsfmsitz der KanarienvogeL begegnet, wag mir eben interessant erfctxeint, der ierziaen Klei neu mit utwertknnbarer Zeietlkutsleit So oft das Kind in die Nähe scs Vo geltäfiak kommt und »Hanfi«« ruft, zeigt sich chsi förmlich von Giärtselixp teit erfüllt. Man wart fast versucht zu sagen freudig l1ewe,«;t, hulcht und haicht er längs der Drahtspeichen teures Ge hiiuses, flattert, breitet die Flägel aus. schiebt den Schnabel vor und sieht un vertvandt aus das Kind, lslirlt ihm auch nach, wenn es sich entfernt· Wer immer sich ihm sonst nähert, stört ihn aus tei nem Gleichmnth snicht. Die Beobach tung ift in dem aleichen Verlauf immer wieder wahrzunehmen Fiir mich un terliegt ei teinem Zweifel, daß der Vo gel das Kind kennt und erkennt . Weshalb et weinte-. Ein Anwalt ans dem Weise-·- er zählte neulich von einer Gerichte-ver handlun51, der er einst in einem Ge richte in Texas beigelvvhnL Der An gellagie war ein sehr bedenklich aus sehendeg Jnlividuuth Sein Verthei diger richtete mit gerührte: Stimme die folgenden Worte an die Jury: »Meine Herren, mein Itlient ist ein atmet Mann. Hunger und Noth ha ben ihn verniilc«l;i, sich einen kleinen Geldbetrag anziteignen Alleg, was er wollte, war ein paar-Groschen um sich Brod zu laufen, denn es ist bewie sen, daß er die Brieftalche mit 8500 die in derselben Schublade lag, unbe rührt ließ.« Hier wurde der Vertheidiger durch das lrampfhafte Schluchzen feines Klienten unterbrochen. »Sagen Sie, Mann,« fragte der Richter Letzteren, weshalb weinen Sie so heftig?« — »Ja, sehen Sie, Euer Ehren,« jam merte der Angeklagte, »ich weine leh ,rübee, daß ich die Brieftalche in des jSchublade nicht bemeelt habe!« Eck pert Weetlch W " Wohlstand kann i Gestatdiliien am besten Essai-Fuss w