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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (April 12, 1901)
Feuerseeleu. sie-an von BL- Hochfcidr Erstes Capitel. Un der Ballustrade der Terasse vor im casino in Monte Carlo lehnte »ein junger Mann, dem man es aus « den ersten Blick ansah, daß er zu den Wenn Gesellschafts-kreisen gehörte sind auch nicht zu den Dutzendmem gezählt werden konnte. Seine von Lebensluft leuchtenden, keck in die Welt hineinblicienden Augen um spannten wie trauniverloren das un seschreiblich herrliche Panorama vor ihm. Zu seinen Füßen rauschte das Meer in langen, gleichmäßigen Wel len gegen steileFelsen heran und brach sich in leichter Brandung. Wie flüs siges Silber spritzte der Schaum weit hinaus und überschüttete- die aus dem Gestein des rothaelben Kalkselsens in üppigster tropischer Fülle heivorwu chernden Riesen-Almen und Katteen mit einem Sprühregen von Bismant Tropsen. Zur Rechten des Beschauers ragte der stolze, in Grün gebettete lsen mit dem Schloß und dem tiidtchen Monaco aus. Zwischen diesem und seinem eigenen Stand punkte zog sich das liebliche Conda mine mit seinen hellen, freundlichen Ganze wie aus einem Spielzengiasten ausgebaut, den wundervollen Quai entlang und schmiegte sich an die hohen, oben von dem Hotel und der kleinen Ortschast La Turbie getrön ten, steilen, romantischen Felsen. »Wadrhastig, so schön, so traum hnst schön hätte ich es mir nicht ge dacht!« flüsterten die Lippen des etwa Dreißigjährigenx ,.es war ein glückli cher Gedanke, mich von den Anstren aungen des Exainens hier zu erboten Und etliolen will ich mich und zwar recht gründlich, ehe ich wieder nach Berlin zurückkehre zu den Berufs pflichten an den griinen Tisch« Jii wonnigstem Behagen reckte, so sprechend, der Assessor Kurt Thal seine elegante, aeschineidiae und doch trastdolle Gestalt in die Höhe. Von den Strapazen des eben ersi hinter ihm liegenden Staatsexamens hätte auch der ausmerksamste Beobachter nichts bemerken können; höchstens konnte eine leichte, aber durchaus nicht iranihafte Blässe in seinem edelge schnittenen Gesichte darauf schließen lassen, daß er in letzter Zeit viel Stu denlust aeathmet haben mußte Das Rauschen seidener Gewänder ließ den Assessor sich umwenden. Zwei blitzende rehbraune Augen. des übermüthigen Schimmers schau ten einenAugenblici nach ihm herüber, im nächsten Moment aleichgiltig über ihn fort, wendeten sich ihm aber von Neuem zu, wie in plötzlichem Erstau nen und kehrten sich dann, unwillig iiber sich selbst, schnell wieder von ihm ali. Die Befstzerin dieser Augen trat-die sich 1.;·:t inii einer leisen Be mertimg zu ihrer lil«’egleiteriii, einer alten ocinelun aussehenden Dame. herab, die auf ene- htiriliebani Pfusi genommen hatte. Der kurze, wunderbar aufleuch iende Blick dei jungen Dame mußte etwas Berückendes gehabt haben. Kurt hatte das Gesiihl, als ob zwi schen ihren Augen und den seinen Mlich ein magnetiicher Papoort hergestellt wäre, der Seele mit Seele verband. · Ob die junge Dame fühlte, was»in Kurt vorging? Sie wendete sich Rotz lich nach ihm um; wieder tras ihn der sae-:in.«inoe, räthselhaite Blick vihrer Auge-u Eine leichte Röifie lex-ne sxh ans ihre Wangen und stieg langsam bis in die etwas gewölbte, breite, von hoher Jntetligenz und starker Willens twsi sprechende Stirn und verlor sich langsam unter den dichten, röthlich blonden haurmassem die in trausen Zischen unter dem mit Blumen reich written Hut a la Renibrandt hervor -Mn. Alten« Häusern und Hotels, dass Unwillkürlich griff Kurt tm feinen flz Hut und machte grüßend eine respekt volle Verbeugung hinüber. Die junge Dame schien jetzt erst zum Bewußtsein zu gelangen, daß ihr M einer falschen Deutung unterlie gen könnte, denn sie schreckte bei dein Gruße des ihr völlig Fremden zusam men; rasch wandte sie sich der alten Dame zu und sprach ziemlich laut: «Jst es Dir recht, liebe Taute, so gehen wie jetzt in das bot-l zur-i k: es wird ZM zum Dejeuner!« Sie bot der auf der Bank Sihenden den Arm und ging. ohne auch nur nach Kur-i hinüber schauen, langsam mit ihrer Tante Euch die Anlagen, um das Casrno herum dem Hotel Metropole zu. Furt war den Damen in unauffäl M Weise gefolgt; als sie in dem Prachibsu verschwunden waren. - . dem er, in Sinnen verloren ch die krapischen Gartenanlagen « des nahen Easinosz er wandelte wie z-- Mir-end dahin; er fühlte sich in einem » Mthümlichen Bann, der wie läh Uendi wirkte und in dem man murrsch . G nur jenes wonnige Glücksgesiihl Ist anze Innere durchstriimen fühlt, - III Josgelöst von der Materie den swschen derart-hebt aus allem Per . in einen Zustand geistiger - us und ihn vollständig fis ! "M·bi gegen alle Eindrücke der welt M , leuchtenden braunen "« Its-seyen förmlich bezaubern M seyitttx er mußte nurEins: , W bestiehlt-en liegt mein W Hemm- Lebeu. das Glück ovek un gliick meiner Zukunft. Diese bilden mein Schicksal!« Jni Riesenbau des Hotels Mein pole herrschte ein großes Leben. Die Caruevalsfreuden von Nizza waren beendet, und die vornehme. internatio nale, dem Lebensgenuß als- einzigen Daseinszweck huldigende Welt, welche bis dahin die Hotels jenes Klein-Pa Fris gefüllt hatte, war nach Monte F Carlo übergesiedelt, um hier, wo ein H ewiger Carneval herrscht, ihr Genuß s leben in etwas veränderter Form wei « ter zu führen und den Nerven durch das Spiel im Casino eine neue Anre gung zu geben. Die zahlreichen Zimmer des mit dem raffiniriesien Comfori-und vor rehmsten Luxus ausgestatteten Hoiels das eine kleine Welt für sich bildete waren gesiilltx die Geburts- und Fi nanzarisiokratie der ganzenErde schien sich hier ein Rendezvous gegeben zu haben. Engländer, Amerikaner unt stussen gaben den Ton an, ihnen folg ten Franzosen und Italiens-r während die Deutschen verhältnißmäßig spär lich vertreten waren und sich unter der Menge sasi verloren. Eine Ausnahme hiervon machte die Familie des Reichsgrafen Udo von Hohenlinden, um welche sich die weni gen Angehörigen der deutschen Atmo kratie, die sich zur Zeit hier befanden wie um ihren natürlichenMittelpunlt oersammelten Der kleine Kreis hielt sich in strenger Abgeschiedenheit von den übrigen Gästen; nur einige Mit glieder der englischen Aristotratie wa ren zugelassen worden. Die Familie des Reichsgrafen be stand aus ihm selbst, seiner Tochter Hertha, seinem Sohn Waldernar und einer entfernten Verwandten, die an Stelle seiner verstorbenen Gemahlin feinem Haushalt als Repräsentantin verstand, einerBaronin vrn Bär-wald Der Reichögrafhohenlinden gehörte zu den vornehmsten Magnaten Deutschlands, der rnit verschiedenen deutschen Fürstenhiiusern verschwägert und verwandt und an dem Kaiserli chen Hofe sehr beliebt war. Vollblut aristotrat, selbstbewußt und von vor nehmstet Denkungsart war er stolz nach oben und liebenswürdig und ver bindlich nach unten. Nach dem frühen Tode seiner Gat tin, einer Prinzessin aus der Neben linie eines regierenden Hauses, hatte Hohenlinden nicht wieder geheiratbet sich aus dem Staats-leben er hatte den Botschafterpoften an einem großen Nachbarhofe bekleidet, zurückgezogen und auf seinen ausgedehnten Besitzw gen gelebt, sich der Sorge um die Er ziehung seiner beiden Kinder hinge bend. Von diesen hatte der Sohn, der ein zige Erbe seines Namens und Besißez nach einem mehrjiihrigen Besuch der Universitäten von Bonn und Heidel berg, einige Jahre im Garde-Kiiras sier-Regiment in Berlin gedient und war hierauf zur Diplomatie überge treten. Zur Zeit befand er sich als Legationssetretär bei der Botschaft in Paris und war nur zu kurzem Besuch seiner Angehörigen nach Monte Carlo gekommen. Während das Verhältnis zwischen Vater und Sohn ein ziemlich frostiges und iühles war, denn der Sprößling hatte dem alten Grafen durch seinen Leichtsinn und sein wildes Leben manche Stunde der Sorge bereitet, bildete seine Tochter hertha den bele benden Sonnenstrahl des gräflichen Hauses. Es war ordenltich rührend zu sehen, wie der sonst so ernste, ge messene und strenge Mann förmlich ein Anderer- wurde in dem Verkehr snit seiner-Tochter, mit welcher Freude A welchem väterliche-r Stolze seine Augen stets auf ihr ruhten. Aeußerlirh und innerlich dem Vater ähnlich, vollbewußt ihrer bevorzugten gesellfchafilichen Sielluna, dabei her zenswarm und gemüthsreis, hatte Hertha durch die zärtliche Liebe ihres Vaters eine glückliche, freudenvolle Kindheit verlebi und war körperlich und geistig herrlich herangebliihi. Von lebhaftem, übersprudelndern Temperament, ein übermüthigeg Kind des Glückes-, hatte sie sieig die Erfüllung aller ihrer Wünsche von dem nachgiebigen Vater erlangt: in ihrem Thun und Treiben war ihr immer die weitgehendsie Freiheit ge lassen worden. Jhr Wille war ihrer ganzen Umgebung Befehl gewesen-. Aus ihre Charakterentwickelung hatte dies glücklicherweise keinen ungünsti gen Einfluß ausgeübtde Bewußt sein ihrer unbegrenzten Macht über » den Vater hatte sie nie die Grenze des » Richtigen überschreiten lassen I Bot Kurzem haiie Heriha ihr ein » undzwanzigsies Lebensjahr zurückge lgt, ohne daß ihr herz siir einen der zahlreichen Verderber um ihre Hand, die sie seit Jahren umschwärmten, ge sprochen hätte: an Jeden legte sie den Maßstab ihres von ihr schwärme risch aeliebten Vaters; aber keiner hatte ihr bisher genügt Unter denen, die dem schönen Mädchen huldigien und erniilich sub um ihre hand be mühten, befand sich auch Prinz Bern hard von Satzungen der zweite Sohn bei reaierenden Fürsten von Seil-ungern Er unterschied lich we ienikich von den anderen Mitbewer beriu Von ernsten tiefer Charakter anlaae. ani, brav und schlicht in sei nem Wesen, folgte er schen seit Jahr m Its der griiflw Wille mit W der treuen Anhänglichkeit eineshansi freundeöz er fühlte sieh ain glücklich sten, wenn er mit dieser Familie al lein war. Da war es nnoertennbar, daß seine ehrlichen Augen mit inni gem Ausdruck ans der schönen Toch ter des Hauer ruhten. Er folgte Heriha so ausschließlich mit seinen Blicken und seine Worte waren stets in so besonderer Weise an sie gerich tet, daß sie hätte tein Weib sein mits sen, wenn sie nicht längst herausge sählt hätte, wie es um des Prinzen Herz stand, auch ohne dafz er bisher irgend ein andeutendes Wort hatte fallen lassen. Und wie stand es um Herthai Sie wußte, daß der Vater von allen ihren Bewerbern den Prinien ain meisten begünstigte: sie empfand selbst ein warmes, allerdings wohl mehr schwesierliches Gefühl für ihn; sie kannien sich ja seit der früheiten Ju gend; sie achtete ihn seines biederen, rechtschaffenen Charakters wegen und wußte, daß sie teinen treuerenFreund besitzen würde, wie ihn. Sie sreute sich jedesmal auf sein Kommen; seine Nähe war ihr erquicklich, wenn sie sich oon dem Geschwiitz der Anderen ge langweilt fühlte, und sie empfand ein gewisses Gesiihl der Leere, wenn er einmal ausbliebi —- Sie priiste sich ernstlich. War dies vielleicht ein Ge fühl der beginnenden Liebe? —- Aru fzerte sich Liebe fo? -— Aber ihr Herz schlag blieb bei alledem so merlwiir dig ruhig? —- Und sie hatte sich doch das Erwachen der Liebe so ganz an ders geträumt. Da hatte sie vor eini gen Tagen auf einem Spaziergang ; einen fremden Mann gesehen, dessen ’ Blick sich rnit dem ihrigen getreuzt , hatte. Diesen Blick war sie nicht wie Ider los geworden; er verfolgte sie « seitdem Tag und Nacht. Sie hatte den Fremden seitdem nicht wiederge » sehen, aber fein Blick haftete fest. Ob sie den Mann wohl jemals wieder sehen würde? Hoffentlich nicht; sie fürchtete sich davor. So waren mehrere Tage vergangen. Sie sasjzen beim Dejeuner in dem Speise aal des Hotels, der alte Gras, H-ertha, die Baronin Bärwald und Vrinz Bernhard; man wollte eine tleine Aussahrt nach Beaulieu ma chen. Doch plö lich versteckte sich die Sonne; um die ipsel der Berge ballte sich duntles Gewölb ein gewaltiger Wind brauste iiber die Höhen und beugte die mächtigen Palmen der An lagen fast zur Erde nieder. Mit der Zins-fahrt war es also iiit heute vor Der alte Gras schlug vor, ein wenig durch die Spielsäle zu schlendern, die um diese Stunde noch nicht überfällt waren, und ein Bischen das Gliid zu versuchen. Hertha, die sonst die Spielsäle mied, stimmte diesmal schnell nnd freudig bei. Warum nur? — Sie erschraU leise, als sie sich im Stillen die Frage ( vorlegte; hoffte sie, dort dem Fremden ; zu begegnen? l Ein Diener brachte die Hüte, und i die lleine Gesellschaft schlenderte plans » dernd dem Casino zu. Eine Fülle von heitere-n lebensiræ hen Menschen drängte und schob sich den Roulette -- Tischen zu durch die in edelstern Geschmack und mit fürstlichrtn Luxus decorirten Säle. Ein Rauschen von seidenen Kleidern war vernehm var, ein gunteln und Blisen von un zähligen rillanten blendete dasAuge, ein unbeschreiblicher Dust feinen Par siims wirkte sasi athembellemmend Ein leises Summen und Brausen von Stimmen, ans dem sich Rufe wie Rou e — Noir —- Pair —- Jmpaire —- asse — Mangue u. s. m. hervor hoben, begleitete ein fortwährendes Klappern und Klingen von Gold. Das sind die ersten Eindrücke, die man beim Betreten der Spielsiile von Monaro empfängt; es bedars einer ge wissen Zeit, bis man sich in diesem vielgestaltigen Tohutoabolsu zurecht siadet und in dem Strome gleichmä z thig wäscht-nimmt Aus herthen die erst ein einziges Mal in den Speisesälen gewesen war· » wirkte das Alles in ähnlicher Weise. Zaghast, mit einem leisen Gefühl der Unsicherheit trat sie in Begleitung des Prinzen Bernhard an einen der Rou lettetische, während ihr Vater sich in die hinteren Sitte be ab, mn dort eine halbes Stündchen im Trente et Quarante zu pointiren. Versuche Du heute einmal Dein Gliick am Roulette,« dntte der Reichs gras lächelnd zu der Tochter gesagt. »Du darfst doch nicht nach Deutsch land zurückkehren, ohne weni sten einmal »getippt« zu haben; ein-z Bernhard wird Dir mit Rath und That zur Seite stehen« »Rosen Sie aus Nummern oder ZufmFarbe sehnt- Comtesz?« fragte der r Az. » « »Da, wo man am meinen gewinnt," entgegnete Hei-tha, vie schnell ihre Sicherheit wiedergewvnnen hatte, lachend. »Welche Zahl wünschen Sie zu be setzen?« »Die Unglückszahl 13! hier find 20 Francs, bitte, setzen Sie für mich.« Der Peinz ließ die Zahl 18 durch den Kroupiec mit dem Goldstück bele gen. Der Kroupier drehte die Rot-lette scheibe, die Kugel klipperie, das nei selnde »Mu! ne va plus« ertönte die Kugel rannte in eine Rummerabtbei lang, und blieb auf Null stehen. Die jenigen, die auf Null gesetzt hatten, ek lffelteu den Mahnddreißi fachen Be trage ihres Giuiases Ldbezahlt » Oh, dass-at de! Die Zahl HWNW -»«--s.-.-.« »Es-· «---...«- .—q,-M ».---.«-« --«..-.. » · 13 will mir nicht wohlt« sprach Hertha lachend. »Mehr-ten wir also eine andere,« schlug der Prinz vor. Jn diesem Au enblicke warf ein in ter hertha Sie nder ein Gold ücl auf den Tisch und rief dem Krou ier in französischer Sprache zu: »Ich fepe auf Dr i ebn!«« Comt Heriha drehte sich bei dem sonsten Klang der Stimme um; errö thend und erschreckt fuhr sie zurück; sie hatte wieder in die leuchtenden Au en jenes fremden Mannes esehen, er vorhin erst wieder ihre danken be schäftigt hatte, und diese Aufen, in de nen jetzt ein stummer Gruß ag, zwan gen sie förmlich zum Gegengruß: dann wandte sie sich schnell zum Prinzen mit den Worten: »Ich bleibe bei is, bitte, setzen Sie diese Nummer!'« — Das Spiel begann wieder — die Kunst fiel in eine Abtbeilung. --— Die 153 hatte gewonnen! — Wiibrrnd der Prinz in einiger Unt fernung damit beschäftigt war, den Gewinn für Hertha einzuziehen, stand » diese förmlich unter dem Bannne des merkwürdigen Zufalls, und die leise tecte Stimme des Fremden schlug an ihr Ohr: »Ich wußte, daß wir ge winnen würden!« Unwilliührlich entfuhren ihr die Worte: »An-her wußten Sie hiesi« »Weil Sie, meine Gnödigste, mit mir zusammen, den Zufall meistern; vereint können wir ihn bändigen und zwingen« llnerhörtk —- Dieser Ton des Fremden voll übermütbiger Sicherheit und Ueberlegenheit, diese Dreistigteit seiner Worte, wie es sich nochNiemand ihr gegenüber bisher erlaubt hatte! Sie wollte den Fremden mit i ren: strengsten und abmeisendsten licke strafen! Aber es blieb bei der Absicht, denn als sie sich ihn-. wieder zuge wandt, tam das Gefühl über ste: »Diefer Mann darf so sprechens« — Und ihr Blick sprach dies deutlich aus. Der Assefsor nickte ihr mit leichter Verbeu ung zu; er verstand sie. »Ich werde Ihnen beweisen, daß ich Recht habe," lüsterte er; »lassen roir unsere Finsäse stehen, verdoppeln wir diesel en." Sie folgte seinem Vorschlage, als ob sich das von selbst verstande. Mit fieberhafter Spannung ver folgte die Comtesse das Rollen der Kugel. ,.Trei3e!" rief der Kroupier wieder aus. Sie hatten zum zweiten Male ge QSEUU sicu .Dsas nenne ich Glücks« rief Prinz Bernhard, der sich jetzt der Comtesse wieder zugewandt hatte. »New-neu Sie es nicht Glück,« ent gegnete Her-tha. »Es mußte so lam men, —- ich wußte es!« »Sie wußten ess« Des Prinzen Stimme verrieth größtes Erstaunen. Hertha erschrak jetzt. »Ach — ich scherzte natiirlich!" entgegnete sie et » was gezwungen auslachend. »Bleiben Sie doch bei der Wahr . heit!« flüsterte Kurt der jungen Dame zu, während ihr Begleiter wieder an gelegentlich das Spiel und die Spieler ; beobachtete; »Sie wußten es genau; — es konnte nicht anders sein! Und so sicher ich hier des Gewinnes war, eben so sicher weiß ich auch, daß die Kugel des Schicksals für uns Beide in eine geminsame Nummer rollt!« Er verbeugte sich schnell und trat zurück, bevor die Verbliisste Zeit zu ei ner Entgegnnn fand Hertha war i diesen tecken Worten heftig zusammen gezucktz ihr astean fiihl war das zorniger Empörung; aber das schnelle Wort« das sich aus ihre Lippen drängte, blieb angespo chen: sie blickte sich nur scheu nach der Stelle um, wo er eben geiianden hatte, und war sogar. so gestand sie sich. uns angenehm davon überrascht, als sie den Plan leer sand. Für den Rest des Tages war Corn teß Heriha eine sehr schweigsame Ge sährtin des Bei-mer« der sich verriet-lich «hemiihte, den Grund dieser ihm an Hertha ganz fremden Stimmung her anszufinden. Auch die Nacht verbrachte hertha in großer Erreg«ung. Arn nächsten Aar gen stand sie Heiliger als sonst ans, nahm hastig ihr Frühstück ein und ; gina in die Anlaaen des Casinos. Dort saß Des-Ha ein Buch vor sich, Y und versuchte ihrer tiefen. inneren Er « regung Herr zu werden« ihre Gedanlen gewaltsam von jenem Manne abzu lenten, der ihr ganzes Eint-finden so herrlich in Fesseln ge ehlagen hatte. Sie wußte nicht, was e las. in ihrer Seele zitterte der Klang jener Worte nach: »Die Kugel des Schicksals rollt iiir uns Beide in eine gemeinsame i Ein Schatten fiel plötzlich auf die T Blätter des aufgefchlagenen Buche-T I Sie brauchte nicht erst aufzuhlickem ! um zu wissen, woher derselbe kam; sie f fühlte es. »Das ift er!« Sie hob ! langfam das Haupt in dem Bewußt sein, daß jetzt die Entscheidung über ihr ganzes ferneres Leben fallen würde. Da stand et vor ihr und hob mit i refpettvollem Gruß feinen Hut! Und -« ehe sie sich klar werden konnte, was ; jetzt zu thun ihre Pflicht war, tönten fkhon die Worte-in ihr Ohr: »Mein ; gnädig-?- Friiulein, verzeihen Sie dem s Zudringichem der dieer glücklichen s Zufall nähen möchte, um Siewegen , Eines kecke-n gesteigert Benehmens um z rzeihung zu bitten: auch möchte ich I Biel gestern verfiiumteVorfiellnng nach p en.« l »Aber, — mein sen-! —« Er unterbrach fte rhnell: »Der ge wbhnliche Boden der conventionellen Formen gilt, wie ich zosxn nicht fiir uns Beide! Ich wei , aß ich feine Grenzen von Anfang an iiberfchritten habe, aber ebenso weiß ich, dass Sie mir deshalb nicht zürnen, denn Sie siihlen, daß es nicht Mangel an Ach tung von meiner Seite war, sondern das; ich nur einer höheren Macht folg te, die stiirter war als ich, und die mir jene Worte dittirte, deren tiefe Wahr heit für Sie ebenso unanfechtbar ist, wie fiir mich.« Seine Au en, die sich leuchtend in die ihrigen enlten, forderten gebiete risch Antwort. Diese erfolgte nicht in I Worten, aber was er in ihren Blicken las, mußte ihm genügend erscheinen, denn ein tiefer, befreiender Athenlzeszi hod seine Brust. «—— Dann brach es in - jubelnden Tönen von seinen Lippen· « und Alles, was in diesen Tagen sein Jnneres durchbebt und durchwühlt hatte, strömte mit elementarer, ortans artiger Kraft hervor und weckte die verwandten Saiten in Herthcks Seel-. Nicht mit niedergeschlagenenBliclen, zagendem Errölhen, oder der zittern den Besangenheit eines jungen Mäd chens hatte Hertha sie angehört. son dern mit der stolzen beseligendenFrc-.« de eines edlen, von hohem Geist erkitlks ten Weibes, aus dessen Seele dem Ge liebten ein jubelndes Echo entgegen tönt. Das war leine Liebeswerbung ge wesen, die sich in den Geleisen der con ventionellen Seite bewegt; das war auch nicht das schüchterne »ja« einer zaghaften Mädchenseele. Das war ein gewaltiges gegenseitige Besitzergreifen zweier Feuerseelen, zweier Ausnahme naturen, die nicht mit dein gewöhnli chen Maßstab zu messen waren. Beide wuchsen in der Erkenntnis-, ihrer Liebe, in Beiden erwachte jetzt erst die ihnen eigene große innere Kraft zu vollem Leben, s— erst dieser Augenblick ließ sie selbst-zu dem Bewußtsein der gan zen Stärke und des ganzeniiieichthums ihres inneren Lebens kommen· Zweites CapiteL Es war am nächsten Tage. Die Fa milie des Reichsgrasen sasz beim Lunch, an dem heute ein junger Eng länger, Lord Keniington, theilnahm. Er berichtete dem Grasen von einer sreudiaenUeberraschung, die ihm heute zu Theil geworden. Ein werther Treund und Corpghruder aus der Otudienzeit in Heidelberg hat ihn aus gesucht. Er sei Regierungs - Assessar, erzählte der Lord, ein ausezeichneter Mensch von den besten Manier-en und aus auter Familie; sein Vater sei ein berühmter Professor der Medizin an der Berliner Hochschule gewesen, und der junge Mann befinde sich setzt auf einiae Wochen zu seiner-Erholung hier; ob der Graf gestatte, ihm Kurt Thal vorzustellen. .Die Freunde meiner Freunde sind auch die meinigen,« entaeanete Graf Hohenlinden verbindlich lächelnd. Noch am selben Tage fand die Ein führung Kurt’s statt: seine iiberauski sympathische Persönlichteit, sein dem alten Grafen gegenüber zwar artian und respettvolles, andererseits aber ruhig bestimmtes und sicheres echt mönnliches Benehmen, die frische Le dendigteit und Elastizitiit seines Me sens und seine hohe Jntelliacnz, die sich ohne jede Aufdrinalichteit zu er kennen gab, oersehlten ihren Eindruck auf den vornehmen, alten herrn nicht« er fühlte in Kurt eine ausaepriiate Persönlichkeit Und solche Menschen hatte er gern. und bereits an diesem ersten Tage hatte Kurt derartig die Sympathie des Reichsarafen gewon nen. daß dieser ihn in berglicher Weise aufforderte. sich in Zukunft ganz nach Lust und Laune ihrem kleinen Kreise anzuschließen; er würde stets willtoin men sein« Vielleicht war siir dieses Entgegen tomtnen mitbestimmend die freundliche Art gewesen, mit welcher Lord Ken sington mit seinem Korpö- und Dust bruder verte rte, und die offene Herr lichteit, mit der Prinz Bernhard vom ersten Augenblicke an dem Asseisor ent gegengetreten war. « Nur Herthas Bruder, Gras Walde rnar, hatte sich ziemlich tiihl und ab lehnend gegen diesen neuen Zuwachs ihres Kreises verhalten. Ihm, der nur ; den Stolz, aber nicht den geistigen horizont seines Vaters besaß, paßte dieser Bürgersiche nicht zum näheren Vertehrx sein junterlicher hochmuth lehnte sich dagegen aus! Er wagte es jedoch nicht, seinem Eins-finden dem Vater gegenüber Ausdruck zu geben, weil er reits am nächsten Tage auf seinen Posten nach Paris zurückkehren mußte und vorher noch eine größere Beichte abzulegen hatte. Da mußte er feinen Vater in guter Laune erhalten Und Herihai n ihrem Herzen Zu belte und fang es aut: sie mußte sich mit Aufbieiung ihrer ganzen Willens lrafi beherrschen, um das Gmelng fühl, das in ihr nach lautem Ausdruck rang, nicht var aller Wel: zu zeigen. Sie war stolz auf den Geliebten und glückselig, datk er so schnell und leicht sieh bei dem ater eineSieilung errun gen hatte. Wie es auch iommen wür-. de, der Vater mußte ihn achten, und damit schien ihr schon viel gewonnen. Sie hatte zwar keine Gelegenheit ar habi, mit dem geliebte-i Manne einige Worte allein zu wechseln, aber ihre Augen hatten sich einander gesprochen. Das mußte ihnen Beiden eniigi ha ben, denn über Leider Ge schier lag während der anzenZeit ein Ausdruck iiefinnersien linke-T »Ein mächtiger Mann, dieser junge Asiessor, la recht ein San Vollmensch, wie ich He liebe,« haiie der alte Graf W nach dem Fortsange Kur« zu Hekth eiiußert. Da Du ei nicht auch ge fugssnx s de h tl Wenn ihr ’sempunn a. »· Vater wüßte —! sie beugte sich plvithch iiber eine hand und druckte einen her ßen uß aus digelbr. » · »Na nu?i —- o zärtlich plodlich?·' sagte der Graf erstaunt lachend. «Du bist so klug, — Du siehst stets bis aus den Grund jedes Menschen,« sliisterte sie bewegt; »ich bin so stokz und glücklich« einen solchen Vater zu haben.« « »Na, na, Kleine, san nur nicht «an. mir Schmeicheleien zu agen," meinte der Gras mit leichtem, unbefangenen-. Lächeln. —- »Apropos, morgen Bor mittag wollen wir nach La Tur!ue·; ich habe den Asiessor eingeladen, mit von der Partie zu sein; es ist Dir doch rechts« » Jn dieser Nacht kam wenig Schlaf in die Auan Herthas. Bei allez Siärie war sie doch ein junges-, li:beu des und daher hossendes und zu atiikk glichen Träumen geneigtes Weit-. Des-; Vaters Wohlwollen fiir Kurt, tonnte es nicht sein, mußte es sich nicht bei löngerem Verkehr schließlich zu einer Art väterlicher Liebe siir den Giinin ling steigern? Und war es denn nich: möglich, ohne schwere Kämpfe zum Siege u gelangen? Wo n des ungetrübteften Genus ses vergingen siir beide Liebende. Dem Grasen war das tägliche Kom men des Assesfors Thal zu einem wirklichen Bedürfnisse geworden, tonnte er doch mit dem jungen Manne, der weit iiber seine Jahre hinaus ge reist erschien, wie mit einem guten, al ten Freunde iiber alles plaudern, was seinen Geist beschäftigte. Gerade daß start bei diesen Gesprächen stets nach driickiich seinen eigenen Standpunkt wahrte, erhöhte das Interesse bestsitu sen fiir ihn. Das in tadeltosen For men gesithrte geistige Duell war siir den alten Grafen mehr und mehr ein Genuß geworden, dem er sich mit dem größten Beäagen hingab. Der Asfe or hätte es natürlich vor gezogen, mehr mit dem geliebten Mäd chen zu plaudern, aber er mußte der Ktugheit ihr Recht gewähren, galt es doch fiir ihn,xxiech das Höchste zu ersin gen. —- den sitz Herthao. Diese betheiligte sich fast immer an den Gesprächen und bildete meistens den Seiundant von Kurt. Gar oft sagte der Graf: »Kinder! Euch Beiden zusammen bin ich nicht getoachsen!« Einmal sprach er scher zend zu Hertha: ·,,Du bist mir ja eine nette Tochter! Mit fliegenden Fahnen gehst in das Lager meines Gegners « lib» s« »Ich bin eben ein Kind der neuen Zeit, und diese heißt: Fortschritt!« hatte hertha lachend erwidert; »in neuen Geleisen bewegt sich die Welt, und alles Gegensternrnen nudt nichts, Väterchen!« »Ich stemrne mich nicht gegen ein vernünftiges, allinähliches, bedacht sames « ortschreitem Jhr aber wollt nicht s reiten, sondern springen, und dabei werdet Jhr aus die Nase salien." Prinz Bernhard war ost ein aus merlsamer Zuhörer solcher Gespräche; er betheiligte sich jedoch persönlich nie mals an denselben. Für seine schlichte, nüchterne Denkungsart, die in dem Boden der bestehenden Verhältnisse wurzelte und sich nicht rnit Probiemen und Theorien beschäftigte, waren der artige Erörterungen zu hoch. Sein neidloses, braves Herz sreute sich iiber die geistige Ueberlegenheit des junaen Assessors, die er bereitwillig aner kannte. Ein besonders erhebendes Ge siihl war es siir ihn, dasz Hertha so volllotntnen gleichen geistigen Schritt mit den beiden Männern halten losm te, und seine Verehrung und Liebe siir sie wuchs dadurch nur um so mehr. hertha, der die stumme Rolle, die der Prinz ietzt so ost spielen mußte, leid that, suchte den Freund durch der dopoelte schwesterliche Freundlichleit zu entschiidigen, ohne zu ahnen, das sie dadurch des Prinzen hoffen und s--eb nen bis zu dein Entschluß steigerte, endlich das entscheidende Wort zu sprechen. Der Prinz glaubte ietzt, ihrer Ge genltebe gewiß zu sein« und als dann plöhlich eine Nachricht eintras, die ihn nach Deutschland zuriiclries, ließ er seinen Entschluß zur That werden. Jn seiner Unbeholsenheit und Schild-tem heit hielt er es siir richtiger und besser, sieh zunächst vdein Vater der Geliebten anzuoertrauew n Mr atemme war aus das Freu digste überrascht; ging ihm doch da durch in stiller Herzenswunsch m Er siillungx er drückte demPrinzen wann die band und sagte herzlich: »Mit tausend Freuden gebe ich mein Ja tvort; ich wüßte Niemand, dem ich die Zutunst meiner einzigen, getiebten Tochter lieber anvertraute, als Ih nen! Wünschen Sie, daß ich den Frei tvetber für Sie mache, —- oder —- ? Doch, was frage ich, Sie werden sich das »Ja« natiielich tieber selber von ihr holen wollen« Lächelnd seyte er hinzu: »Fall-; es überhaupt noch eines Ja’s bedarf! Jch vermuthe, daß her tha nicht allzusehr durch Jhce Bewer buna überrascht sein wird!« »Ich hosse es auch,'· entgegnete der Eritis leite; seine Stimme bebte hör ar d Er ließ sich bei der Comtesse mel en· Gottseyung solgt.) Wenn man Anderen das Fell itber die Ohren ziehen will, ist ei gut, sitt i eine Schlasmttde gehalten zu werden.