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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (June 1, 1900)
Professor Gent-inn. -«--—-.«. ..-.— Von Albert Roderich. O Meine gut-» Tant-. Lene hatte nie einen Arzt gekrauclkt uni- ica«.· 84 Jahre alt. An diese Tlatsache :n·’.ipste i.1,· keine Be meriung. Jus-te Lene lsa te nun aber seit einiger F,.e.t angesciig-;n, zioek ihr Ge . hör zu tlagen, . ro seit Kurzem tlagtesre auch iiber Schmerzen irr. rechten Onk. Aber einen Arzt wollte sie nicht Unter , leinen Umstandes-. S:e cerandklte sich-; selbst mit alte-Les O.:i:-n:it:e’-.r.. Aber die halfen n.a;tä, nnki die Schmerzen : nahmen iu. Da faßte-! iotr ijriiriliusp mitglieder einen Entschtriiz. Ich sotlte « einem Speziatergte gehen, ils-m die Art des Leidens de« guten Jan-e Lcrse schil dern, so gni ich konnte, nnd dann um sei-« nen Rath bitten. Cr to:.ri:e uns auch ge wiss einen Vorschlag n«act:-.n, in welcher Weise Tante Lene am besten zu bewegen wäre, sicherenrncll eine-; llrtersuchung zu unterwerfen Ais Spezialität, die mit und breit « belannttvan wählien wir Prosesior Grab-Inn Er hieß eigentlich ganz ai:- ; ders; da er aber ebenso grob wie berühmt ." war, nein, noch viei gröber --— so hatte man ihm jenen Namen zugelegt Also ich ging zur Zeit feiner Sprech stunden in die Wohnung des Prosessors Grobian. Sein Wartezimmer war ooll von Menschen« und ich setzte mich in eine Ecke. Mitten im Zimmer stand ein gro seer Mann in einer Art von Dienerinn sorm,.der jedem Eintretenden eine Num mer gab und ihr-. dabei ansah als wäre es ; sein Todseind. Nachdem ich eine kurze Zeit in der Ecke J gesessen hatte, kam der große Mann mit I wüthenden Blicken auf mich zu, wies auf » ein Paar recht schmutzige Guinmischiihe, » die neben nur auf dem Fußboden standen, j und schrie mich an: »Den, nehmen Sie die Gummiichuhe da weg! Die gehören nicht ins Warte zirnmer.« . i E i i Jch argerte mich und beschloss» den Mann wie-der zu ärgern. »Mein Herr,« sagte ich also nsit sanf tet und ruhiger Stimme, ,,mein Herr, s welcher Art auch die Stellung sein mag, — die Sie in diesem hause einnehmen, ge- j statten Sie mir- die höfliche Becnerlung ; daß meiner Ueberzeugung nach Gurt-mi schuhe allerdings ins Wartezimmer ge hören.« »Nee, sag’ ich Ihnen, die müssen dran szen gelassen werden auf’m Vorplasz. Ver steh’n Sie woll? Bringen Sie die Schuhe ’raus!« »Erlauben Sie, mein Herr —« Ach was-, Sie —!« Er kam dicht an mich heran, trat mich auf den Fuß, dasz ich laut ausschrie, ergriff die Gummi schuhe und wars sie m einem größeren Bogen auf den Vorplah hinaus. Im selben Augenblicke flog die Thiir aus, die ins Sprechzimmer der- Herrn Professors führte, und ein am Obertör per sast nackter Mann wurde ins Sprech zimmer geschleudert. Ein Rock und eine Weste flogen ihm nach. Der Mann tvimmerte kläglich. zog Rock und Weste langsam an und suchte am Fußboden umher. Dabei erzählte er, immer leise jammernd, er hätte es so auf dem Ma gen, und der herr Professor hätte ihn un tersuchen wollen, und da hätte er das Senfpflaster gesehen, das er aus dem Magen trüge, und da hätte der herr Professor ihn so furchtbar angeschrien, was das wäre. , »Das hat mir mein Hausarzt ausge legt,« hab' ich gesagt ,,·Dan:i lassen Sie sich das erst von Ihrem Hauöarzt wieder herunterreiszen!« hat der Herr Professor gerufen, und da bei hat er mir angepackt und mich so furchtbar hinausgeworfen.« »Machen Sie hier nicht so’n furchtba ren Rat-aut« herrschte der Mann in der Dienetuniforrn den still sammernden Patienten an. »Was suchen Sie denn da auf«m Fußboden herum?« »Meine —- meine Guinmischuhhe.« »Was-. das sind Jhre Gumrnischsuhe?!« Er tam wüthend auf mich zu; ich brachte aber schnell meine Füße unter dem Stuhl in Sicherheit. »Warum haben Sie denn nicht gesagt, daß das- nicht Jhre Gumini schtchc sind?« schrie der Mensch mich an. »Weil Sie» nicht die Güte gehabt ha ben, mich danach zu fragen, geehrter Herr, und weil ich mir durch eine viel leicht vorlaute Bemerkung nicht ein noch Stifter-es Maß Jhres Unwillens zuzie- I n wollte.«' Dis Ost-t- nm imä b» lmfttpn nnd d« i Diener wendete sich in gesteigerter Grob- i heit wieder dem hinausgeworfenen Pa- I tient n zu. l » hre fchmierigen Grunmifchuhe ste- l nen draußen, aber dar- fage ich Ihnen, J wenn Sie wiederkommen « f »Ach nein, i lomme nicht wieeder —-- «« ganz gewiß ni t.« ! »th uns ja ganz egaL ob Sie wieder- Z tontmen oder nicht. Seien Sie fo guts und kommen Sie nicht wieder. Ader f wenn Sie wieder tommen, denn lassen I Sie Jhre schwierigen Gumtnischuhe I draußen auf’m Vorplatz fteh’n. Nu re- ! den Sie man nicht noch. Je ja gut. f Adieu. —- Nummer 26. Rancm Je« Nummer 26 wohl ersoffeu? Aha, Ma- I dame sind Nummer 26. Wollen Sie I nich mal ’n bischen quick ’reingehen? F Meinen wohl, Herr Professor hat fein Z bischen Zeit geftohlent« s Nach gut einftündigem Warten tam - Nummer 41 an die Reihe. Das war ich. - Ich trat in das berühmte Sprechzimmer z und fah mich fofort einem großen Man ne mit ungeheurem Knebelbarte gegen- « über. Einige Schritte hinter ihm ftand eine robuste Frau in Frrantenwärtertlei hung, ohne Zweifel seine Gehilfin. »Was hsben SM» fragte sehr iurz i i l i i der Professor »Erlauben Sie, Herr Professor ——« »Glaubt wird hier gar nichts. Ant worten Sie kurz auf meine Fragen. Na se, Ohr oder Hals? Anderes behandle ich nicht. Also, was ist’s?« »Es handelt sich um eine Ohriranl beit, aber-—« »Aha, endlich! Sehen Sie sich da hin! Pa auf den Stuhl, zum Don ner-— .« Noch ehe ich in dein Stuhl faß, hatte mich die rvbkiste Gehilfin schon beim Kopf gefaßt und preßte ihn zusammen mi-, mi! einem Schraubstock »Aber, Herr Professor, ich bitte Sie -—«' ,,.s;,alten Sie den Mund!'· Jchi iab ich plötzlich an der Stirn des Professors eine Flamme aufleuchten, und im selben Moment fühlte ich ein Instrument in meiner Nase. i ,,Knochenauswuchs in der Nase·« »;.avon hab’ ich nie etwas bemerkt, Herr Professor.« »Aber ich. Da haben Sie Schmer- i zen.« »Nein, ganz gewiß nicht« »Da haben Sie Schmerzen! Zum . Donnerweiter!« Dabei schlug er mir mit I einer Art von Schlüssel heftig auf den Nasenknochem An, an! Ja, jetzt habe ich Schmer zeu.« »Seh’n Sie wohl? Sie müssen in meine Nasentlinik.« Zugleich verspür te ich ietzt auch eine Maschine im rech ten Ohr, von der aus sich der Strom irgend einer Flüssigkeit zur Maschine in meine Nase ergoß, während inmitten dieses Stromes sich etwas wie eine ei serne Walze schnell um sich selbst drehte. Es war, als sollte mir zwischen Na- « se und Ohr ein breiter Tunnel gegera ben werden. Das ist aber ein sehr un- ? angenehmes Gefühl. i ,,Sihen Sie still, Herr, wenn ich Jhnen helfen sollt« »Ach, Herr Professor, nur ein Wort, eine alte Tante —« i Da ging’s mir aber schlecht. Fast l brüllend fuhr der Herr mich an : l »Zum Teufel mit Ihrer alten Tante. Lassen Sie sich meinetwegen von Sa tans Großmutter behandeln, aber dann kommen Sie nicht zu mir! Man muß sich ja verschiedene Sorten von Dumm- s heiten gefallen lassen, aber wenn mir s Einer mit ’ner alten Tante kommt Sie sollten sich was schämen!« . Der Herr Professor hatte bei diesem Zornausbruche eine wüthende Handbes wegung gemacht, und plötzlich fühlte ich einen heftigen Schmerz im Ohr . Jch schrie laur auf : »Da ist mir was im Ohr entzwei gegangen!« Die Maschine ward entfernt, und der z Professor sah mir mit dem Spiegel in’s Ohr. »Na ja, Sie müssen nachher in meine » Ohrentlinii. Uebrigens liegt’s bei Jhnen nicht« im Ohr, sondern im Gau men.« »Mus; ich dann auch in Jhre Gau mentlinik?« »Wird sich finden. Jetzt antworten Sie! Sind in Jhrer Familie Fälle von Taubheit?« ; »So viel ich weiß, nein, das heißt —- —« »Antworten Sie kurz mit Ja oder Nein auf meine Fragen. Jhre langen Reden anzuhören, habe ich teine Zeit. Also ist Taubheit in Jhrer Familie?« »Ja.« »Wer von Jhren Verwandten war oder ist taub?« Jetzt oder nie, dachte ich. »Meine alte Tante ——« »Herr, ich rufe meinen Hausknecht, wenn Sie wieder mit Jhrer alten Tante tommen.« »Die ist ja aber gerade taub; des halb bin ich auch hier,« sagte ich so schnell wie irgend möglich. » »Was?!« l »Ja«, fuhr ich hastig fort, ,,ste ist 84 » Jahre alt, hört sehr schlecht und hatl starke Schmerzen im Ohr. Sie will aber durchaus teinen Arzt.« »Und deshalb stehlen Sie mir meine . Zeit!?« schrie Professor Grobian mich s an. « »Ich konnte ja nicht zu Worte kom men.« i »Mc1chcn Sie sich nicht lächertich ; Aber Sau haben Sie, tolossaleg ’ Schwein --— wenns nicht so kommt, wären Sie natürlich wieder viel zu spät hergejanimert mit Ihren mi serablen Ohren und Rasen, kommen ja immer zu spät, die Schafgköpfe.« »Herr Professor,« warf ich schüchtern ein, bisher habe ich aber doch ganz ge sunde Ohren gehabt.« »Herr, werden Sie nicht grob! Den Teufel wissen Sie, ob Sie gesunde Ohren hoben. Das ist meine Sache. Und nun Schluß. Honorar 20 Markt Kommen Sie übermorgen wieder! Adieu!« »Aber-, Herr Professor, ich möchte Sie doch dringend bitten, sich einmal zu mei ner Tante zu bemühen.« »Verfluchte Quälerei! Frau Nösch, wann kann ich?« Die Gehilfin blickte in ein großes Buch auf dem Schreibtisch »Heute noch acht Konfultationen und drei Operationen, morgen neun Kon suttationen und vier Operationen, übermorgen drei Konsultationen —— al so, Herr Professor, übermorgen Nach mittags 2.k Uhr.« ,,Also, Sie hören, übermorgen 2j c nung dort in das Buch!« »Vielen Dant, Herr Professor, und noch eine dringende Bitte. Es ist eine so alte Frau —— sie hat nun mal die ge wiß so unmotivirte Abneigung gegen Aerzte. Könnten wir nicht irgend ei ne Ausiede gebrauchen?« ,,’n Thierbiindiger bin ich nicht. DIE machen Sie nur allein«, tagte Professor Grobian. Seine Gehilsin hielt schon seit mehre ren Minuten den Thürdriicker iii der Hand, mit dem sichtlichen Bestreben, meinen Ausgang zu beschleunigen. Uhr. Schreiben Sie Namen und Woh Jch ging nun nach Hause, und wir · hielten einen Familienrath ab. in welcher Weise Tante Lene am besten aus die H Konsultation vorzubereiten sei· Wir ; saßten die einfachsten und die- abenteuer- ; lichsten Pläne, verworfen sie aber alle ’ wieder. Wir waren zu sest überzeugt, daß Tante Lone überhaupt auf gar keinen : Plan des Professor-?- eingehen würde.’ Wir beschlossen also, ihr den Besuch des Professors gar nicht vorher anzuzeigen - und Alles eine-m glücklichen Zusalle zu ; überlassen. Auch der Familie, bei wel cher Tante Lene in Pension war, durs ten wir nichts verrathen. Die Leute konnten nicht schweigen, und Tante Lene würde sicher nicht zu Hause sein, wenn sie die Zeit des ärztlichen Besuches er- ; führe. Unserem Familienplane gemäß begab ich mich also etwas vor der festgesetzten Zeit vor die Wohnung Tante Lene’s. Genau auf die Minute rollte der Wagen des Professors heran. Wir heiraten zu sammen die Wohnung. Frau Bvlten, die Wirthin Tante Lene’s, öffnete uns. -—. »Jher Tante fchläft«, sagte sie zu mir. Das schien mir schon der glückliche Zu fall zu sein, auf den wir gehofft hatten. ,,W·eire es nicht möglich« Herr Profes sor, daß Sie die """alte Frau im Schlafe —« i »Wartet sehen. Wo ist sie e« . g »Frau Bolten«, belehrte ich die Frau i vom Hause, »der Herr Professor will Tante Lene’s Ohr ’mal untersuchen. , Bitte, ganz leise.« E Wir traten ganz leife in’s Zimmer. « Da saß die gute Alte in ihrem Lehnsessel ; und hielt ihr Mittagsschläschen J »Wird es so geh’n ?« fragte ich flü- z sternd. J »Vielleicht. Bringen Sie eine Lampe,« - sagte der Professor leise zu Frau Bolten· , »’ne Lampe ? ! Was für ’neLan1pe?'« Z ,,’ne Petroleumlampe.« »’ne brennende Petroleumlampe ? !« " »Ja, ja.« l »Am hellerlichten Tag ?« z »Zum Donnerwetter, bringen Sie eine « brennende Petroleumlampe am hellerlich- I ten Tag, ja, ja, ja !« H »Dann muß ich aber erst Petroleum z vom Krämer holen.« i »Herrgott und dein Thierreich ! Dann , holen Sie es vom Krämer, aber laufen j Sie !« ! Da war Tante Lene aufgewacht und : blickte höchst verwundert auf ihre Gäste. ! Jch eilte zu ihr und rief laut : j »Tante Lene, das ist ein Doktor. Er I will dir nur ’mal eben ins Ohr sehen.« i ,,Ohrsen —- ?« Ohrsen ? Ach, ist j wohl ’n Sohn von dem alten Ohrsen ir: « Gremghagen ?" , »Er will dir ’mal eben in’s Ohr -— i seh’n s— es ist ein Dottor,« wiederholte s ich noch lauter und schärfer. s »Warum das denn ?« « »Weil du doch so viel Schmerzen im » Ohr has .« E »Schrnerzen ? Bewahre, hab’ ich nicht ; mehr. Das war ’n kleines Geschwiir. ; Jst gestern von selbst aufgegangen und J nu spritzt Frau Bolten immer mit Fia- t millenthee. Kamillenthee ist das Aller beste. Jch hab’ gar keine Schmerzen mehr. Jst Alles wieder gut. Jch brauch teinen Doktor I« »leer, Tante Lene, du tannst ja nicht « gut hören.« »Ach, ich höre ja immer zu. Und wenn ich auch nicht immer Alles hör’ -—— es ist sehr gut, wenn man nicht immer : Alles hört. Jch brauch’ keinen Doktor!« Der Herr Professor hatte mit start ge runzelter Stirn zugehöri. Jetzt näherte er sich der alten Frau und fragte : »Ja welche-m Ohr war denn das Ge kkfemiik Q« « »Was sagt er? Von welcher Art das ! Geschwür war « · l »Nein« rief ich laut »Herr Professor z fragt, in welchem Ohr du das Gefchwiir , gehabt hast ?« I Tante Lene lächelte verschmitzi. I »Das sag ich nicht. Jch will keinen Doltor tiamillenthee ist besser. « ! Jch sah, wie des Professor-Z Gesicht « dunkelroth wurde wie seine Stirnadern I anschwollen, und wie er mächtig gegen . einen Zornausbruch kämpfte. Jch sahs auch, wie er sich besiegte und sich schwei« gend zum Gehen wendete Das rührte . mich, und ich gewann den Mann ordent s lich lieb in dem Augenblick. « «Dann brauch ich wohl kein Betro leum zu holen ?« fragte hämisch Franz Bolten. Der Professor warf ihr einen oernich H tenden Blick zu und ging Jch folgte ihm an den Wagen. »Herr Professor,« sagte ich herzlich, « »ich bitte um Entschuldigung siir die alte « Frau und danke Ihnen « »Was? Wofür 9« unterbrach mich barsch Professor Grobian »Daß Sie sich so bezwungen haben der alten Frau gegenüber.« »Das geht Sie gar nichts an. Frei lich, man miiszte überhaupt weniger zu voriommend sein Adieu « 4 t l 1 - l i l »Ich komme also heute Nachmittag in Jhre Sprechsiunde, here Professor.« »Ja, haben Sie denn noch Schmerzen im Ohr Z« »Schon viel weniger.« »Na, dann lassen Sie nur. Geh’n Sie lieber zu Jhrer alten Taute; die ist mir doch über. » — --———0.--— -—---—— M ifkenrt Porzellmn Von D r. H a e ne l (Dresden). Jn dem Wettbewerb, den die verschie denen Zweige lunstgewerblichen Schaf fens jeßt um den Ruhm selbstständiger, neugeistiger Entwickelung und um die Gunst des modern empfindenden Pu blikums eingehen, erobert sich die Kna mil langsam, aber sicher einen eigenen Platz. Wenn wir aber heute ihre Pro dukte jederlei Gestalt, die Poterien mit mehr oder minder praktischen Zwecken, mögen sie nun ihre künstlerische H r tunst von einem Bauerngeschirr Baherns oder einer zartgegliederten Vase Japans ableiten, an dem messen, was die so gern ganz abgeschiittelte Ver gangenheit hierin leistete, so müssen wir eingestehen, daß uns auch in diesem Kreise doch nur an Einheitlichkeit und Stimmungsreichthum des Stilcherak ters verloren gegangen ist, was wir an Freiheit der Formgebung und Virtuo sität des technischen Könnens etwa ge wonnen haben. Aus welchen Wegen unsere Keratniler gehen, und welchen Antheil die Vertreter der Kunst im Handwerk auch hier an der Neuschöpf ung einer lange vernachlässigten deko rativ-praktischen Kunstgattung nehmen, zeigt ein Blick in eine Nummer des auch hier vorbildlichen ,,Studio«, der »Deto rativen Kunst« oder einer anderen Zeit schrift dieser Richtung. Wer die hier angebahnte Entwickelung mit Jnteresse verfolgt, wird sich auch, vorläufig ein mal vom rein tunstgeschichtlichen Standpunkt, gern jener Periode des aufgellärten Despotisinus im achtzehn ten Jahrhundert zuwenden, in der durch eine geniale technische Entdeckung ein neuer Stil ins Leben trat, der ein Jahrhundert lang in der Kleiniunst ei ne gebietende Rolle spielte. Nicht nur bei Sammlern und Kennern, sondern bei allen Liebhabern einer verfeinerten lünstlerischen Atmosphäre hat der Ra me ,,Bieux Saxe« noch heute einen ei genen Klang. Das Rokoko, die Welt des Puders und der Stöckelschnhe, der Reifröcke und der Galanteriedegen, die se goldene Zeit der graziösesten Lebens luft, dieser Rausch einer ungetrübten Sinnenfreude, die das Dasein wie den perlenden Schaum des Champagner-s schlürfte, wird mit ihm lebendig —— und Wenige werden sich seinem Reize ganz verschließen können, so sehr auch heute das sogenannte »Ernpire« und die Bie dermeierart die Parole des Tages ist. So lann. die neuesten Publ:laiionen iiber das Porzellan auch .ines allgemei neren Interesses gewiß sein, besonders, da »Das Meißener Porzellan und seine Geschichte« doch immer den Ausgangs und Höhepunkt dieses Zweiges des Kunstgewerbes bezeichnet. Jn Sachsen, vor Allem in den Krei sen der sächsischen Aristolratie ist das Meißener Porzellan naturgemäß stets der Gegenstand des liebevollsten Sim meleiers gewesen. Die Schlösser der alten sächsischen Adelsfamilien bergen eine Fülle seltener Schätze seiner Art, die, zum Theil auf eigene Bestellung hin, durch die ersten Meister des Fa ches entworfen und hergestellt worden sind. Das Schwanenscrrice des Gra sen Brühl, das Sullowslische Service ist weltberühmt. So lann es nicht Wunder nehmen, daß die Anregung zu einer gründlichen, alle bisherigenKennt nisse zusammensassenden Darstellung seiner Entwicklungsgeschichte von der hervorragendsten Stelle ausging. Nach dem die Königin Carola von Sachsen ihr Interesse fiir diese Materie und den Wunsch einer erneuten Würdigung der selben einmal ausgesprochen hatte, bil dete sich in kurzer Zeit aus den Kreisen der. Besitzer, Sammler und Liebhaber ein Koinmittee, dessen Geschäfte zwei Autoritäten aus diesem Gebiet, Oberst leutnant v. Haugl, ein hervorragender Kenner und selbst Besitzer einer aus gezeichneten Sammlung, und Pros. Cornelius Gurlitt, der bekannte Kunst historiler nnd speziell für die Geschichte der sächsischen Kunst in jederlei Ge stalt eine stapazität ersten Ranges, übernahmen ff. A. Brockhaus in Leipzig ist der Verleger, Pros. Karl Berling in Dresden der Verfasser des Textes der so entstandenen Publilation, die als ein Prachtwerk im vornehmsten Sinne des Wortes heute vor uns liegt. Wie die Substriptionsiisten beweisen, war von Anfang das Interesse an dem Werte außerordentlich lebendig. Zu den stosten lieferten in erster Linie die sächsische Regierung dann das Reich — sür den Fall, daß das Wert zur Pariser Weltausstellnng rechtzeitig fertiggestellt werde --, schließlich eine Reihe von Freunden des Meißener Porzellans durch Zeichnung eines Garantiefonds einen ansehnlicher-. Bäitrag Die zahlrei chen Besitzer größerer Sammlungein, vo ran die deutschen Fiirsten und die staat lichen Institute, unterstiitzten die Arbeit, vor allein dadurch, daß sie ihre Schätze bereitwilligst zur photographis sen Auf nahme zur Versiiaung stellten. So konnte ein Wert entstehen, das abschlie ßend nnd grundlegend zu gleicher Zeit genannt werden tann nnd zugleich als eine Musterleistung deutscher Buchges Verbelunst anih unter der Fülle der in Paris vereinigten gleichartigen Erzeug nisse mit Ehren bestehen wird. Für den Text von Berling bildet in erster Linie die intensive Benutzung der in Dresden bewahrten archivalischen Quellen eine zum Theil durchaus neue, gediegene Grundlage. Hand in Hand damit geht eine wirklich gründliche Kenntniß des tünstlerischen Materials selbst, die der Verfasser sich durch langjährigö Beschäf tigung mit dieser Kunst und auf vielen . Reisen erworben hat. Der Stil ist nicht gerade besonders anregend, aber klar und ruhig. Wie weit die wissenschaftlichM Ergebnisse der Spezialuntersuchungen im Einzelnen etwa anfechtbar sind, das zu erörtern muß den Fachblättern über lassen bleiben. Was hier interessirt, ist neben einem Ueberblick über den großen Gang der Entwickelung das Herausschn len der wichtigsten neuen Resultate. Einer der ersten strittigen Punkte war der Antheil des sächsischen Edelmannes und Gelehrten Tschirnhaus an deir Er findung des neuen Materials selbst. Berling giebt zum ersten Mal eine ge naue Beschreibung der von ihm gefertig ten »Glasfliisse«, von denen er ein Exem- « plar, eine marmorirte Tasse, in Dresde ner Privatbesiß gefunden hat. Die er sten Arbeiten Vöttgers, der durch Tschirnhaus erst von seinen Goldmacher plänen auf derartige Untersuchungen hingelenkt wurde, sind jedenfalls nur Nachahmungen der Tschirnhaus - Ge fäße. Sein berühmtes rothes Steinzeug zeigt in Form und Verzierung mit jenen eine überraschende Aehnlichkeit Die so genannten ,,Verfeinerungen«, die Visit ger tras, werden hier klassifizirt und ein gehend beschrieben. 1707 entsteht die erste Fabrik in Dresden, die dann bald nach Meißen verlegt wird, wo sie 1710 in vollem Betrieb ist. Zur Erzielung des reinen weißen Hartporzellans gelangte man erst nach mehrjährigen Versuchen, und es bleibt beachtenswertl), daß zu » Böttgers Lebzeiten und auch noch einige Zeit weiterhin das Gold die alleinige Verzierung der weißen Porzellane blieb. Von besonderem Einfluß aus die Aus bildung der Formen wurde die Mitar beit des Hofgoldschmiedes eringer, der eine große Anzahl neuer Modelle tie ferte. Für die Geschichte der Formen iibertragung ist es also wichtig, daß hier das neue Material sich vorläufig nicht etwa seinen neuen Stil selbst schuf, son dern ihn von einer schon vorhandenen, angesehenen anderen Kunstgattung ent lehnte. So ist auch das berühmte Sul kowskische Service im Wesentlichen nach Entwurfen des Angsbnrger Silber fchmiedes Johann Billet in den Jahren 1735 bis 1738 geschaffen worden, wenn auch Kändler das Verdienst an der künst lerischen Durcharbeitung der Zeichnun gen gebührt. Die Persönlichkeit Visit gers erscheint nach Verlings Schilderun gen in einem sehr bedenklichen Lichte, wenn auch sein technisches Können jede-n falls ein für seine Zeit außergewöhnliches war. Nach einer Periode des Stillstandes, nach Böttgers frühem Tode 1719, erfuhr die Manufaktur, deren Oberleitung meh rere Jahre lang König August deertarte selbst in die Hand genommen hatte, durch den Maler J. G. Herold einen gewalti gen Aufschwung. Sein Name ist mit ihrer Entwickelung in den zwanziger und dreißiger Jahren aufs Engste verknüpft. Er schuf nicht nur eine ungeheure An »zahl dekorativer Vorbilder, sondern be reicherte vor allem die Reihe der Schmelz farben um viele wirtungsvolle neueTöne die dann zum eisernen Bestande der Fa brikation wurden, wie Purpur, Meer grün, Citronengelb nnd andere. Vor ihm war tein einziger Maler in Meißen angestellt gewesen. Herold begründete eine ganze Schule tüchtiger Künstler, die unter gewissenhaftester Arbeitstheilung in feinem Sinne das Porzellan bemal ten. Anfangs waren noch China und Japan für Zeichnung und Farben-zu sanimenstellung maßgebend gewesen, jetzt paßte man sich mehr dem europäischcn Geschmack an, in dem damals Frankreich und Holland den Ton angaben. Ber ling weist sehr hübsch nach, wie durch die Handelsoerbindungen mit einem Pari ser Kaufmann Lemaire, als die Lust an den Ehinoiserien nachließ, Pariser Künstler, unter anderen auch der große Meissdnier, sein Vorsahre des berühmten Miniaturiiialers) Modelle nndZeichnun gen nachlljieifzen zu liefern begannen, die vor allem bei dem Hauptbefteller, detnKö nig selbst, ungemeinenBeifall fandenUJiit dem Jahre 1733 beginnt die ,,plastis;l;e Periode«, wie Berling sie nennt, die Zeit der höchsten kiinstlerischen und technischen Leistungsfähigkeit, in der Meißen unter allen gleichartigen Instituten Europas unbedingt den ersten Rang einnahni. Johann Joachirn Köndler, ihr geisti ger Vater, war in seiner Art ein Genie. Er trat in die Lücke ein, die Herolds zwar hochbedeutende, aber einseitige maleräschc Begabung gelassen hatte, und schui dem Porzellan erst seine individuelle Formen sprache, wie wir sie heute noch verneh men. Mit einer geradezu unerschöpfli chen Fülle der poetischen Phantasie ver band sich in ihm eine spielende Leichtig keit der Darstellung, eine Beherrschung der gesammten Naturformen, wie sie ein charakteristisches Zeichen jener Baruc kunst, speziell der Plastik genannt wer den kann. Thiere, Blumen, naturalisti sche, komische und satirische Figuren, al legorische Gruppen vom höchsten Pathos-, von hinreißendem Schwung der Bewe gung, reizende Putten von jener naiven Ungenirthcit, wie sie die Zeit l"ie1-1e, oran mentale Motive von seinstem Geschmack und mächtigem plastischen Rhythmus — alles das entquoll in immer neuem Reichthum dem Born seiner künstleri MS chen Gestaltungjlraft, deren Ausleben in lvlrissalen Verhältnissen nur durch die unvermeidlichen technischen Schwierig keiten eine Grenze gezogen wurde. So tam das Projekt eines riesigen Reiter standbildes des König-E in Prrzellan — eine echte Lonis xIV.-Jde:! —-- nicht über ein Modell Kündlcrå hinaus, ein Modell freilich, das in der Ucppigleit sei ner Linien eine lrastvolle Leisinng aller i ersten Ranges selbst in dieser Glanzzeit glorifizirend-detoiativer Kunst darstellt. Das S manenservicc für den Grafen Brühl, das beiannteste Werk der Meiße ne: Manusaktut, schuf er in den Jahren 1t737———l741 ; was davon ans der Deut schen Knnstansstellung Dis den 1899 in der Porzellanabtheiiung zu sehen war. kann unbestritten als- eine Meisterarbeit gelten. Käse-leis- echt barncienr Formen gcsühi trat, etwa «..-:«n den vierziger Jah ren ali, das Ein-dringen der Rolokofor nien entgegen: ein über drei Meter hoher Spiegelrahnien init Konsoltifch, der 1750 als Geschenk August-J siir Ludwig XV. nach Paris ging, nnd oon dem eine Wiederholung für dieer Jahr das Glanzsiück der Maiiusa.:u: in der Pari set Ansstellung bildet, beweist, mit wel cher Feinsiilzligleit er den neuen Geist in sich auszunehmen wußte, ohne seiner lünstlerisciien Eigenart ernstlich untreu zu werden. Der Allgesneincharalter der in dieser Zeit gefertigten Muster, alle die zierlichen Vasen, Tassen nnd Schüsseln, Leuchter nnd Tafelanssiitze, vor Allem die freien Gruppen galanzcr Szenen, lassen den in dem Totalattord deutscher Kunst thiitigteit und deutscher Geschmackng schichte allbekannten, verführerisch lo ckenden Ton ertl'ingen, der ioie das Pis zicato hochgestimmter Geigen und das Rauschen der Harfe an das Ohr schlägt. Jn diese Zeit fällt auch die Entstehung des berühmten Zwiebelmusters, im An schluß an die Versuche mit einein Unter glasurblau; in Wirklichkeit sind die Zwiebeln japanische Pfirsiche und Gra natäpfel, gruppirt mit einer After und einem reich mit Blüthen und Blättern geschmückten Zweig Schakiolo nann ten ihn die Japaner ——, der eine gebogene Bambusstange umranki. · Während des siebenjährigen Krieges war die Manufaktur mit nur geringen Unterbrechungen in Betrieb; die oft auf getretene Behauptung, die Preußen hät ten fast alle der dort beschäftigten Arbei ter nach Berlin geschleppt, kann Berling glaubhaft widerlegen. Das Interesse, das Friedrich der Große an der Fabri kation hegte, trug eher dazu bei, das künstlerische Niveau auf angemessener Höhe zu erhalten. Freilich kam die Fa brit infolge der vielen unentgeltlichen Lieferungen, der allgemeinen Geldnoth und der immer üppiger aufwachsenden Konkurrenzinstitute finanziell bald arg herunter, und auch ihre künstlerische Be deutung litt mehr und mehr. Der be kannte Eklektiker Dietrich war nicht der Mann, trotz seiner Gewandihe«it«. mit fei nem akademischen Doktrinarismus dem erschlaffenden Körper neues Lebensblut zuzuführen; eher noch gelang dies dem Pariser Acier, einem Bildhauer mit ei ner spezifisch ins Graziöse, Leichtlebige einschlagenden Begabung, dessen Schö pfungen fiir die Schäferszenen thpisch wurden. Während seiner vierzigjähri gen pflichttreuen Oberleitung, 1774 bis 1814, mußte es Graf Marcolini erleben, wie die Verhältnisse der Manufaktur von Jahr zu Jahr mehr zurückgingen. Der Einfluß des Klassizismus machte sich in der Rückkehr zur Einfarbigkeit bei den beliebten Biscuitfiguren und in der Auf » nahme antikischer Dekorationsformen geltend, auch blieb das Vorbild Josiah ) Wedgwoods, des genialen englischen Ke » ramiters, keineswegs unbeachtet. Nach dem die politischen Wirren das Land selbst in die schwerste Bedriingnifz ge bracht hatten, nahm Marcolini 1814 seine Entlassung Bis hierher führt Berlings Buch. Die am Schluß beigegebene Markentafel orientirt in vorzüglicher Weise iiber die ; fes jedem Sammler in mehr oder weniger ; erfreulicher Weise bekannte Gebiet, indem vor Allein nachgewiesen wird, daß aus J der verschiedenen Form der Kurfchwerier nur höchst unzulängliche Schlüsse auf die s Herstellungszeit gezogen werden dürfen. s Die Marke KPM ift nach Berling von s 1723 bis höchstens 1780 verwendet wor l den, die Marle R, die nur an dem für E den König selbst bestimmten Porzellan f angebracht werden durfte, Von 1725 bis i 174i), der sogenannte Merkurfiab von f 1727 bis 17515z die Krirfchivcrter haben :« von 1725 bis auf den heutigen Tag ihre, i Geltung und ihre Bedeutsamkeit be I wahrt. ——- F r a u L an a t r y, die stark ber bliihte ,,J-e-rsen Lilie«, hat einem New Yorter Zeitungginanne ihr Herzeleid ge tlagt über dag Fiasco, welche-:- sie bei ihrer diesmaligenGastspieltour durch die Besteinigten Staaten erlebt hat. Sie konnte theilweise ihre Kontrakte nicht er füllen, weil die Behörden ihr nicht er laubten, ihr Stück »The Degenerate-s« auszuführen Die Ameritaner seien un glaublich launisch; früher sei sie wie eine Göttin verehrt worden und jetzt hätte man nichts von ihr missen wollen. Das Schlimme sei gewesen, daß sie den eng lischen Zeitungen geglaubt habe, in Amerika sei man englisch - sreundlich Deshalb habe sie Kiplina’s »Absent minded Beggar« zum Besten der ber tvundeten Engländer recitirt; das sei ihr Unglück gewesen; die Amerikanet seien durchaus hurenfreundlicb und we gen des Krieges wüthend auf England. Man habe sie verfolgt, weil sie eine Eng ländeirin sei.