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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (June 1, 1900)
Frau Bankicr Hactwig. « Ctiminal-Roman von Friedrich Thieme. W (17. Fortsetnnq.) ch blickte nach Doktor Böhring hin, er and unruhig auf und warf tie Bemerkung hin, die Ausführung mei nes Vorschlags dünke ihm ,ktveckl—)s. »Warum? rief ich ihm zu. »Im Tipnotischen Schlaf wird uns Frau artwigd zweifellos die Wahrheit sa en, un diese ist es eben, die wir rauclyn.« Der Gerichtshof lehnie auch diesen Antrag ab. Aus folgenden Grün den: »Bestätigt die Betlagte ihre "heren Anssagen, so ist damit al dincåö eine weitere Grundlage fiir ihre laubwürdigkeit gewonnen, be stäti t sie dieselben nicht« so haben wir agegen einen Zustand, den man einen unzurechnunggfähigen nennen muß, ausgenutzt, um sie gegen sich selbst zeugen zu lassen. Letzteres Ma növer ist mit den Grundsätzen sowohl des Rechts als der Humanität unver einbar, gleichviel, welche Resultate daraus hervorgehen würden.'« Professor Olbrich schickte sich eben an, der Weisung des Vorsitzenden, die hypnotisirte wieder zu erwecken, zu folgen, als Doktor Böhring ihn noch n.als zurückhielt, woran er sich mit der Bewertung nn den Gerichtshof wandte. er könne nur dann in die Un terbrechung der thatfächlichen Beweis grhrung willigen, wenn die Herren ichter aus den vorgefiihrien Experi menten die Ueberzeugung der Sugge stzbilität seiner Klientin geschöpft hatten. Andernfalls beantragte er, dem Zustand Michaelas noch weiteren und eventuell den schärfsten Prüfungen zuznterziehen k- .-,!-. cis-. Ucc sajluuc Juusc uutsuc sure-au erbieten stellen, ohne sich der Gefah-, beim Wort genommen zu werdet-» aus-zusetzen Der Gerichtshof antwor tete durch den Mund des Vorsitzenden er halte das Resultat der Beweis-auf nahmc fiir hinreichend —- dieser Aus spruch besagte genug, in ihm lag der Triumph der Gegenpartei und die Niederlage des Banauiers. - Ich hatte kein anderes Ergebnis er wartet. Die letzten Vorgäng hatten mich selbst auf das Höchste erregt und meine Ueber eugunq von der Schuld der jungen Frau in allen Fugen cr fchiittert So sah ich etwas niederge chlagen ihrer Zurückversetzung in das bewußte Leben zu, nur aus dem Be wußtsein, meine Pflicht erfüllt zu ha ben, eini en Trost für mich fchdpfend. Der Proessor versuchte, die schöne Frau erst durch Berührung wieder u sich zu bringen, dann durch laute « urufe, doch erwies sich ihre Hypnose für so leichte Reizungen zu tief. So blieb ihm nichts übrig, als durch star kes Anblasen des Gesichts auf die Schlafende zu wirken, ein träfties Mittel, das rasch den erstrebten gr kolg herbeiführte Michaela bemühte ch, die Augen zu öffnen, mehrmals schlug sie die Lider auf und schloß sie wieder, dann starrte sie uns schlaf trunken an, gan so wie jemand, der aus tiefstem laf jäh emporge schreckt wird. Nach kaum einer Mi nute aber kehrte die Klarheit ihres Denkens zurück, sie begriff die Si tuation und setzte sich schweigend auf ihren Stuhl. Auf die Frage des Di rektors, ob sie sich sehr angegriffen fühle, entgegnete sie, sie habe etwas Kopfschmerzen und Schwindel, im Uebrigen befinde sie sich vollkommen wohl »Ich darf nunmehr,« schloß Tier Vor sihende die Verhandlun , »die Herren Sachverständigen entlassen und die Be weisaufnahme schließen. Morgen um zehn Uhr findet die Schlußverhandlung rn diesem langen, aufregenden und ei artigen Proreß statt; ich bitte die tt rren Antgzilty bistahgi ihre stAw " e vorzu reiten. ie itzungi ge seltyllg«ss"en.«·L » II .,,sko Ost am uns-cui Devtgcll luqc lcls Octcllh um neun Uhr vor der Van Hartrvig in Westend vor. Der Banauier erwar tete mich, telephonifch von meinem Ein treffen unterrichtet, mit Ungeduld. »Als-) heute wird endlich der langen Spannung ein Ende gemacht und das Urtheil gegeben werden ?« »Ja, lieber Harinng.« »Und wie denken Sie, daß es aus fällt?« »Gegen uns ——· daran hege ich leider keinen ifel mehr.'« Der ommissionsrath stieß eineti tiefen Seufzer aus. »Wer hätte das denken können, u Jiisrath—nach allem, was gesche en «Die Beweisaufnahme hat für uns leider einen sehr ungünstigen Verlauf kunnten. Gestern haben die fert fgiften ihren aupttrumpf aus-ge pielt —- ieh gerieth elbft förmlich in Ekstaie —- heute denke ich wieder etwas nüch terner über die Sache.'« eh gab ihm eine kurze Schilderung der Ereignisse des gesitigen Nachmit- J t . Aufmerksam hörte mir der Ban- » Mr zu, dann stand er von dem Sata anf, auf dem wir saßen, und trat seiner Iewnhnheit in Fallen innerer Unruhe M einen Spaziergang durch das Egid Jus-imm- xicf er sans J Mk I heftig, »wenn mir Jemand den unum ftößlichen Beweis ihrer Unschuld brächte« .aber nein, mein Vertrauen kann sie nie wiedererlangen. Alles ist thörichte Spiegelfechtereil Jch kann sie niemals wieder in mein Haus ausneh men, ich will nicht, daß sie den Preis ihres Bubenstiicks ernte. Wir müssen fewiLnem es kann, es darf nicht anders ein « »Wir können appelliren, Hartwig, wenn hier nichts zu machen ist. Ob es freilich etwas helfen wird ——-« »Wenn doch Doctor Kainz zurück käme-—- wenn er hier wäre —- er ist meine lehte Hoffnung,« klagte der Ban quier »haben Sie noch immer keine Nach richt oon ihm?« Keine, sonst hätte ich Jhnen sofort einen Boten gesandt. Der Ungliickliche —- ich fürchte, wir sehen ihn niemals wieder. Jener Schurke Gembalsth hat ihn auf dem GewissenX »Leider kann ich nicht umhin, Jhre Befürchtungen zu theilen.« »Ich habe bereits gethan, was mög lich war, um seine Spur zu ermitteln —- an Geschäftsfreunde geschrieben, mich an Polizei und Gesandtschaft ge wandt —- alles vergeblich. Jetzt hebe ich mir noch ein Ziel von acht Tagen ges steckt, dann will ich einen hiesigen De tectiv mit dem besonderen Auftrag, zu erforschen, was aus dem treuen Freund geworden ist. nach Rußland absenden.« »Thun Sie das — der Arme hat sich für uns geopfert.« »Für mich-— das hat erl« rief der Banquier bewegt. »Meine ergard weint jedesmal, wenn nur der Name ihres alten, lieben Onlels erwähnt wird. Jch tröste sie und entbehte doch selbst des Ttosies — und doch, eine letzte Hoffnung vermag ich nicht zu un terdrücken. Doctor Kainz war ein Mann, der sich in allen Lebenslagen zu helfen verstand klug, start, muthig nnd entschlossen. Jch tann mir nicht dei ten, daß ein solcher Mann so leicht in eine Falle zu locken ist.« »Gegen den Stahl des Mörder-« ist auch der Kühnste nicht gefeit.« «Nein,« sagte Hartwig und verharrte einige Augenblicke in schmerzlichem Sinnen. »Jmmerhin —- vermögen Sie nicht noch einen kurzen Aufschub zu er langean -.-«« L »auc- Protrisebk »Ja — nur eine Woche· Doctor Kainz tann jeden Tag wiederkommen« »Oder auch nicht —- nun wohl, ich will den Antrag stellen. Man wird ihn aber nicht genehmigen.« Jch erhob mich, um zu geben »Halt zehn Uhr —- ich muß pünctlich sein " Jch reichte ihm die Hand. Mein Besuch hatt im Grunde nur den Zweck, ihn aus den unvermeidlichen Ausgana vor zubereiten. »Muth, lieber Hartwig — lassen Esie sich das Ende nicht so sehr bekümmert Wir haben alles gethan, was in unse ren Kräften stand --—— Sie sind Jlirer Sache doch noch immer ganz sicher?« Der Banquier bejahte mit ernster Entschiedenheit. »Lieber Freund,« fügte er hinzu, »wenn man eine Frau so geliebt hat, wie ich Michaela geliebt habe, wenn man alle Beweise, alle Mahnungen der achtet und an sie geglaubt hat trotz al ler Zeugnisse gegen sie, so musz man seiner Sache wohl sicher sein, wenn man sich zu Schritten entschließt, wie ich solche in unserm Fall fiir nothwen dig hielt. Mag der Proceß enden wie er will: in meinem Herzen ist das Urtheil dieser Frau gesprochen!« Der Blick, mit dem er diese Worte begleitete, wirite so überzeugend wie seine Rede. Mein Händedruck bestätigte ihm die Rückkehr meines Glaubens an meinen Auftrag. Thor, der ich war, mich ebenfalls von der Schlange beitri cken und von ihrem Hokuspokus ein nehmen zu lassen! Freilich — und damit entschuldigte ich mich — hatte sie alle Welt aus ihrer Seite. Den Gerichts-has den Staats anwalt, ihren Vertheidiget, die Presse und das Publikum! Der gestrige Nach mittag, darüber konnte sich meine Er fahrung nicht täuschen, war entschei dend. Die Antwort des Vorsitzenden be sagte genug. Und er die öffentliche Meinung — hatte bei eginn des Pro cesses noch ein Theil des Publieuniö siir den Banaiiier Partei genommen, so erhob sich jetzt nur noch-eine Stimme, und zwar aegen ihn; bereits während der ersten Tage gab es ahnensliichtige enu aber als das nde der Ber nd ungen heranrückte, da sammelte man sich eininiithig unter Michaela’i Banner; da sie eine Frau war; war sie sicherlich unterdrückt, und da sie siir sich weiter nichts ins Feld zu führen wußte als seltsame Hypothesen, so glaubte man an sie, während man anz be stimmt an ihrer Aufrichtigkeit ge wei selt hätte, wenn sie nichts als ein che, dem schlichten Menschenverstand ohne weiteres saßbareThatsachen vorzubrin getBåhabt hätte. S ste saF, deckte sich mit den Hy f«pothesen der issenschast — wer will heutzutage slir so zurückgeblieben gel ten und nicht daraus schwören? Und dann —- inusite nicht das Ergebnis der O gestrigen — Extravorftellung "tte ich ald gesagt — der gestrigen emon ftration, auch die Kaltbliitiachen stutzig machen? Lebt nicht der Mensch that sächlich in einem Urwald von Unerilär lichteiten und Wundern? Der strenge Ausschluß der Oeffentlichteit hatte au ßerdem das Seinige beigetragen, die allgemeine Stimmung zu verwirren. Schon in aller Frühe meldete mir mein Bureauchef, die Stadt sei voll von den Ereignissen der gestrigen Verhandlung. Durch die Gerichtsdiener und vielleicht auch die Theilnehmer selbst waren ei nige Momente unserer Veranstaltung bekannt geworden, und was man nicht wußte, that man hinzu« Damit nicht genug, vauschte man beides, was man wußte und was man nicht wußte, der art aus, daß mir beim bloßen Anhören die Haare zu Berge standen. Das Gerichtsgebäude glich einer be lagerten Festung im Augenblick eines Sturmangriffs. Neugierige jeden Al ters drängten sich auf der Straße, im Flur, auf den Treppen und im Vor zimmer durcheinander. Nur mit Hilfe meiner Ellbogen gelang es mir, den Eintritt in den Sitzun sfaal zu er zwingen. Der Gerichts of war bereits « versammelt, der Zuhörerraum bot dar- - gewöhnliche Bild. Nur die Betlagte und ihr Rechtsbeistand fehlten noch. Der Borsitzende stand mit dem Staatsanwaltsvettreter, den beiden Beisitzern und dem Präsidenten des Landfgferichts in eifriger Unterhaltung begri en. offenbar erzählte er seinem Chefdie Vorgänge des gestrigenAbendö. Aus jder Bewegung sprach Erregungx Spannung aus allen Mienen. Die Zu hörer conferirten nicht weniger lebhaft und vielleicht theilweise noch lauter, so daß sich alle Stimmen zusammen zum allgemeinen Gemurmel vereinigten und mir zu Muthe war, als befände ich mich in einem Bienentorbr. Als ich mich dem Zirkel meiner Cos legen einfii te, begrüßte mich der Direc tor von S reiber mit der Frage, wo il meine Gegnerin gelassen habe? »Ich wundere mich, sie noch nicht zu erblicken, Herr Justizratb.« ,,Das aradmische Viertel ist vorüber, wir miissen anfangen.« »Sollte die Dame an den Folgen des gestrigen Abends leiden ?« warf der Präsident halb scherzhaft hin. »Di? Nin!« versetzte ich taustifch. »Hören Sie nicht,s meine Herren· da ist sie schon!« rief einer der Beisiyey auf das laute Geschrei anspielend, das sich in diesem Augenblick vor dem Ge bäude erhob. »Was ist dag? Ruft man nicht hurra?« fragte der Präsident bestem tret »Dort-a und Hoch, alles durcheinan der,« sagte ich, an das Fenster tretend, um aus die Straße hinabzuschauen. »Wahrhaitig, Herr Präsident, sin sind es « Frau Harttoig und Doctor Böh: ring — die Menge bringt ihnen Ova tionen ——'· »Sie ist’s, das Volk begrüßt die Gottgesandte,« recitirte ein Referendar, der bescheiden an der Wand stand und dem Gespräch des Gerichts lauschte. Sobald die Erwarteten das Zimmer betreten hatten, ertönte die Glocke des Vorsitzenden Der eriahrene Mann be absichtigte dadurch einer etwaigen Ver pflan ung der Huldigungen in den Ge richtsfaal vorzubeugen, und er erreichte vollkommen seinen Zweck, denn den: lauten Lärm folgte sofort eine todten ähnliche Stille. »Die Siyung ist cröffnet," ertiang die übliche Eingange-phrase »Nachdem die Beweisaufnahme nunmehr beendet ist, frage ich hiermit an, ob eine der Parteien noch etwas hinzuzufügen odTr einen Antrag zu stellen hat?«' Jch meldete mich zum Wort. » »Bitte, Herr Justizrath, sprechen Vie« - « » ch beantrage eine letzte Vertaguna der erhandlung aus acht Tage, das rnit der Gerichtshos eventuell noch in der Lage ist« das Zeugniß des Herrn Doktor Kainz entgegenznnehmen, aui welches mein Mandant nicht verzichtet zu können glaubt.« Unwilliges Gefliister im Hinter grund, auch die Richter schienen unan genehm berührt und wechselten ärger liche Blicke. Am aufgebrachtesten ki biihrdete sich Dottor Böhring, der mei nen Antrag als Verschleppungsmaßre gel u charakterisiren sich nicht scheut-. » rr Justizrath wollen Sie den Antrag nicht zurückziehen?« bemerkte der Vorsitzende in halb vorstellendem, halb vorwurssvollem Ton. »Ich kann nicht, Herr Direktor, so s sehr ich die eventuelle nochmalige Ver- j zögerung der Entscheidung bedauere.« i Dr Borsi nde erhob sich, um ssch s mit den Bei itzern zur Berathun zu- s rückzuziehew Schon nach zwei i inu- » ten kehrte das Triumvirat zurück, und i Direktor von Schreiber sagte: ? «Kiinnen Sie uns anz bestimmt H versicheru, daß herr Do tor Kainz in- s nerhakb der gesorderten Woche zurück kebtts« «Nein,« versehte ich achselzuckend. «Sind wenigstens Nachrichten von ihm da? Hat er geschrieben? Seine Rückkehr und irgendwelche Enthülluns gen in Aussicht gestellt? »Nichts von allem. Er ist noch wie vor verschollen.« «Dann eröffne ich Ihnen « den Be schluß des Gerichts dahin, daß J r Antra, verworfen ift. ertheile 1e t dem rrn Vertreter er Staatsan waltf aft das Wort, um seine Anträ ge zu llen.« Assessor hörchner nahm das Wort. Nicht um zu plaidiren, wie er. betonte, sondern nur, um eine kurze Erkiarung abzugeben Ermatten Sie daher kei ne Rede von mir, welch- der lanan Dauer dieser in mehr alö einer hinsicht interessanten Verhandlungen äußerlich und inhaltlich Rechnung trägt. Es ist Sache der Herren Anwalte, ie Fiir und Wider der riithfelhaften Angele genheit zu erwägen, ich habe hier nur die Interessen des Staats wahrzuneh men, und lann nach ausmerlsanierVer folgung aller einschlägigen Momente nur wiederholen, daß derselbe an dem Ausgang dieses Processes ein anderes Interesse, als das allgemeine, daß der Wahrheit und Gerechtigkeit der Sieg z verliehen werden möge,nicht besitzt. Ge ! gen die Beilagte, Frau Michaela Hart s ivig, gebotene Rawinska, wird seitens ! ihres Gemahls ein schwerer, unendlich schwerer Vorwurf erhoben — nun wohl, spricht ihr Gewissen sie der zur Last gelegten That schuldig, so ist doch die menschliche Gerechti keit nicht im Stande, auf die gegen se vorliegenden Blasiungsmomente —- sofern es über haupt solche sind — eine Anklage zu -— stii en, fühlt sie aber ihr Jnneres frei, - so ist sie eine bedauernswerthe Märty rerin. welche den Triumph eines kur zen Wohlstandes mit Thräiien und Schmerzen bezahlt, und selbst in dem Fall, das-, das Gericht zu ihren Eun sten entscheidet, einer noch dunkeln Wissenschaft zum Opfer stillt, da tein Spruch des Gerichts das Vertrauen ihres Mannes, das ihr einmal entzo gen ist, ihr wiederzugeben, keine welt liche Macht das Glück einer zerstörte-i Ehe wieder herzustellen Vermag. Jch habe keinerlei Anträge zu stellen, nnd wünsche nur von Färzem daß das Ur theil diejenige rtei herausfinden möge, aus deren Seite das Recht ist — — das ist alles, was ich zu sagen habe!'« Die Reihe war aii mir, das Resultat der Beweiåausnahme in Rücksicht mei nes Auftraggebeis zusamuienzusissrm Jch he ann mit der Versicherung, auch meine zzntereisen und Wünsche deckten sich mit denen des Staatsanwalt-T iiur bestehe für mich tein Zweifel, auf wel cher Seite die Wahrheit u suchen sei. »So verwickelt der Pia-e auch aus sieht,« fuhr ich fort, »so lange » uns in Anspruch genommen hat —- so ist k:- M-kJ-;---Z- Ist-II Im mvssnhs -;u I die Maichtnetie Doch un wrunoe eine äußerst einfache. Den schlichten, kla ren und nüchternen Angaben eires völ lig einwandsfreien, hochgeachteten, laubwiirdigen Mannes stehen die elifamsten, unnatürlichsten, ich möchte fast sogar sagen ungereimtesten Be hauptungen einer Frau gegenüber, Iie uns allen fremd ist, dieNiernand kennt, über deren Vorleben wir so gut wie nichts wissen. Es würde gar nicht nö thig sein« die Haltloiigteit riter Be hauptun en auch nur mit einen- Wart zu bewei en, kein Gerichtshof der Welt würde etwas anderes als phankcstische Ausfliichte in ihnen erblicken, wenn nicht die Bettagte es sich hätte angele gen sein lassen, an dieser Stelle einen angeblichen Wahrheitsbeweis anzutre ten, dessen Ergebniß geeignet erscheint, uns alle zu verwirren und aufzuregen. Jch gehöre sicher nicht zu denjenigen, welche die Errun enschaften der Wis-« senschaft in Zweifel zu stellen-. wagen, ich weiß, daß die Natur ein Buch der Wunder ist, das wir noch Tanze nicht geläufig zu lesen verstehen und v«n dem die meisten Seiten uns dunlet bleiben und vielleicht ewig dunkel blei ben werden. Aber ich weiß an.!,· —-· und der größte Theil der Herren Sachverständigen hat es Jhnen bestä tigt —-, daß die Wissenschaft, mit wei: cher die wunderbaren Vorsiänge uns glaubhaft gemacht werden solle-is eine noch unferttge ist, teren Nest-Hit- nicht über allen Zweifel erhaben sind. Bis her ift noch niemals ein » all nüt Si cherheit festgestellt, in wel m die Hsnog nose als wirkliche Urheber-in ertannt wordn ist; dagegen läßt Lsie Sachlage der raffinirten Täuschung freien Raum, und selbst die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, daf; wir alle ge stern Abend in gewandter und zielbe wußter Weise getäuscht worden iind." Jch blickte gerade den Vorsitzenden an und las die entgegengesetzte Ansicht in seinen Zügen. Immerhin ——— ich wußte, daß ich für eine aussichtslose Sache plaidirte, aber ich wollte meine Pflicht im ganzen Umfang eriiillern Jch stellte die Gutachten der Sack-ver ständigen zusammen, bewieå daraus die Möglichteit einer solchen Sinn-la tivn und aus den übrigen Umständen des Prozesses, sowie aus dem Choral Zer. der Betlagten derenWahrschemlich- . er . . -- —«- , « ZU slcsck Welle cUVcl lcglc Ec« illklllc - Auffassung des Falles dat, ist-Dein ich denselben in wohl zweistündiger Rede durch alle seine Phasen verfolgte und in alle seine Einzelheiten ztgliederte, um keinen Puntt zu Gunsten meines Klienten auszer Augen zulafsen. Jn vollem Umfang hielt ich meinen An trag aufrecht, der Gerichtshof t oge die Ehe hartwigs für eteennt erllLic ren· »Das Gegenthei tl)itn,'« schloß ich meine Darstellung, »hieße den un glücklichen Mann seiner Mörderin in die hände liesern.'« Jch setzte mich» Tiefes Schweigen Nein Zeichen der « uftimrnurH asz ir gend einem Gesich . Jch spielte eine peinliche Rolle, führte eine reinliche Sache! « Doktor Böhring bemerkte mit iro nischer Miene meinen Mißerfolg -—— mit dem Gefühl eines ewissen Iri umphs stellte er sich in Josua-« streckte den linken Fuß etwas vor, preßte die geballie Linie auf die Brust und fix-eck te die mit einein Bleistift bewaffnete Rechte wir beschwörend gegen den Bor sihenden aus. Seine Augen glänzten vorn uer der Beredsatnleit, nnd in dem on schon feiner Worte sprach sich seine heilige Uebetzeugung oon der Unschuld seiner Alientin aus. m Mein Gegner begann nun gleich mir den Prozeß in seinen Einzelheiten zu beleuchten, in der ihm eigenthiimlichen Weise lebhaft gestilulirend und die Pointen wie ebensoviele Keulenschliige austheilend, was bei den Zuhörern an sierordentlichen Effett hetvorriei. Für ihn war die Wissenschaft von der Sag gestion keine terra incognita, für ihn selbst die Behauptung der suggestiven . Fernwirkung keine fragliche Sache. ) «Jndessen,« rief er, » ei es fern vesi z mir, den Herren Richtern den Glauben l an Erscheinun en zu umutlfem an de nen der minde e wt enscha Unbester fel besteht. Jch acceptire durchaus die ebenso einfache als über eugendeErllä rung, welche uns Herr Professor Did rich gestern gegeben und durch welche sich nicht nur das Räthsel der Zusam menkiinfte der Frau Hartwig mit Wardosf - Gembalskv, sondern auch das der Diebstähle mit der überra schendsien Einfachheit löst. Wer kann aus dem Leugnen meiner Klientin in dem einen Punkt die Schlußfolgerung auf ihre Unglaubwürdigteit in all-en übri en Sachen ziehen? Angst und fals Scham hielten sie zur-lich sich ihrem Gatten u offenbaren: mehr aus Rücksicht aufihn als auf sich selbst glaubte sie auch-vor Gericht bei 2hrer Angabe, daß sie nicht mit Gesnbalskn zusammengetrofsen sei, beharreu zu müssen. Jst das nicht psvchologisch ers tlörlich? So sehr, wie es menschlich edel ist. Die Wahrheit ist nicht in allen Situationen des menschlichen Lebens der beste Ausweg, oft zwingen uns ge rade die edelstenEmpfindungen in unz, einen andern zu suchen. Jch überlasse es hnen, meine Herren Richter, zu prü en, ob sich die Beilagte in ein:r derartigen Situation befand’ »Ich bedaure,« fuhr er fort, »auf das unendlichste, dasz es uns nicht ge lungen ist, den Abenteurer Gemvalztn zur Stelle zu schaffen. Sein Zeugnis-, würde ihre Unschuld in hellstem Licht vollkommen gelungen, den Schleier zu lüften, der über dieser riitblelhaften Persönlichkeit schwebt, die bald als- ais wöhnlichr Hochftapler auftritt, bald das Polizeipriisidium einer Millionen ftadt zwingt, fördernd in seine Pläne einzugreifen — so viel aber wissen wir, daß jener Gembalsty ein Mensch ist, dessen Charatter sich mit den Ves schuldigungen, welche die Beilagte ge gen ihn erhebt, in jeder Beziehung deckt. »Mein Herr Kollege bezeichnet die Rechtfertigung der Dame als Ausge burt der Phantasie. Möglich, daß sst es ist, aber auch möglich, dasi sie es nicht ist. Wertann dag, was wir ge stern erblickt haben, mit dem Hauch seines Mundes wegblasen? Jch bin überzeugt« Niemand von uns-, auch der herr Kollege nicht, irenn er statt auf dem Stuhl deg- Parteiantvalts aus dem der Richter Platz genommen hätte. »Schon dieser Umstand allein zwingt das Gericht. die Klage zurück zuweisen. Liegt auch nur die Mög lichkeit vor, daß Frau Hartwig die Wahrheit sprach, so muß der Gerichte hof mit dieser Möglichteit rechnen. Wir dürfen Niemand aus dem Grund verurtheilen, weil er vielleicht schuldig sein iann, sondern müssen ihn sogar dann freisprechen, wenn auch nur die Möglichteit seiner Unschuld besteht« Und diese Möglichkeit besteht selbst dann, wenn wir die Methode des Herrn Kollegen auf vorstehenden Fall anwenden und all diesen phantasii schen Schmuck entfernen, in den sich, wie er sagt, die Betlagte zu hüllen ve: standen hat. Was bleibt übrig, wen-i wir dieses Verfahren einschlagen? Tie Diebstahle bilden teinen Scheidung grund, den Vorwurf der llntreue iu. Sinne des Gesetzes hat Niemand gegen meine Alientin erhoben, folglich bleibt nur die Jnfamie des angeblichentljtords versuche welchen Beweis aber ha ben wir für ihn? Das Zeugnifz eines lranten, aufgeregten, irreaeleiteten, be « reits von Mißtrauen anastectten Man net-. Die Beilaate bat selbst die ge richtliche Untersuchng gegen sich be antragt, und die Staatsanwaltichoii hat diese Untersuchung aus Mangel an belastenden Momenten einstellen müss fen. Wo aber die Staatsanwaltschait leine Veranlassung zum Einschreiten findet, da haben wir tein Recht, die Konsequenzen der Beschuldigung so zu ziehen, als ob diese bereits bwieseii wäre. Meine Aufgabe ist leicht, meine herren, insofern es sich nur darum handelt, ein Urtheil zu Gunsten inei ner Schutzbefohlenen zu erlangen, es kann nicht anders ausfallen als ge en » den Klägeri Doch damit sind wir ni s j Zufrieden: wir kämpfen um inebr als j das materielle Recht, wir streiten um s Gewissen und Ehrel « l i »Frau Hartwiq will sich das ein zige, was sie ihr eigen nennt, ihre weit liche Ehre, nicht antasten lassen, juri« stisch. Was mich anbelangt, ioren Ver treten so hedars es siir mich in dieser Hinsicht seines Beweises mehr· Ich d:«1cl;-ss.l)ane die Bellagte vollständig unl heae die heilige Ueberzeugung ih ter Unschuld. Für mich ailt es keine Wahrheit mehr zu finden« denn sie ist do sür den. der Augen zu sehen und Ozren zu hören hat. Sollten Sie da ge en, meine Herren Richter, in dem Ihnen vorgesiihkten Ent lastungirnaterial noch nicht Hand haben genug finden, welche Sie bestimmen, zu sagen: »Die Bellagte ist nicht schuldig des ihr zur Last gelegten Berhrechenö, und daher ihrer ehelichen Rechte nach wie vor wiirdig", sondern nur solche, welche Ihnen das Zuge ständniß nlmöthigen, da die Ver dachtsgriinde gegen sie ni ausreichen. um der Klage des Ehernanns stattzu geben, so bitte ich Sie, meine herren W Richter, im innerfien nteresse der un glücklichem schwer de eidigten Frau. uns aufs neue vor cihr Forum zu ru fen. um-Rede und eLlntwort u stehen. Nieineslltandantin stellt sich . hnen zu jeder weiteren Beweiöausnahme zur Verfügung Sie appellirt nicht an Jhre Milde, sondern lediglich an Jhre Ge rechtigkeit! Bedenken Sie, daß es Ihrs Aufgabe ist, nicht allein die Schuldigen zu strafen, sondern auch die Unschuldi gen zu retten. Jch weiß, dasz Sie sich dieser hohen Ausgabe Jhrek Amts voll bewußt sind, daß Sie sich weder von dem Ansehen des Klägers blenden, noch von der Namenlosigleit und frem den Nationalität der Beilagten beirren lassen werden —- so gehen Sie denn hin und entscheiden Sie —. ich lth das Schicksal meiner Schutzbefohlergn ver trauensvoll in Ihre Hände!« So etwa sprach der her-die Anwait, d-’st«en Vlaidoher das meinige um eine rollt Stunde schlug. Jch tann hier njchts thun. als dem Faden seinerAus ieibrungen folgen. wie ich die Quiniep fcnz der meinigen wiedergegeben habe. Die Wirkung seinerVertheidigung war freilich eine andere als die meiner An tlc ge Ein elementarer Beifallssturtn brach los, den selbst die Glocke des-Brä sidenten nicht eher zu beschwichtigen vermochte, bis er einigermaßen ausge tobt. und der sicher die Räumung des Scals zur Conseauenz gehabt hätte. nenn der Process in einem weniger vrigeriicktenStadium der Entwicklung befindlich gewesen wäre. So ließ eg der Vorsitzende bei einer donnernden Phi lixpila bewenden. Meine Entgegnung bestand nur in einem kurzen Protest gegen die mir untergesckohene Absicht der Beleidi gung der Betlagten und in der Jn schutznahme des Banquiers gegen die Beschuldigung der Feigheit. Jch wie dirholte nachdriiellich die Gründe, wes isalb er nicht an Gerichtsstelle erscheinen tönne, als ein Mann, der amNande des Todes sich befunden und noch fest, eben infolge der Machinationen seiner Gat tin, das Gleichgewicht der Seele nicht wiedergefunden habe. »Gerade seine Futiiclhaltung spricht fiir die Zartheit feiner Empfindung; nur ein hoher Grad der Leidenschaft ist einer so tie fen, so fruchtbaren Erschiitterung fä lng. Es giebt aber auch eine sogenannte ekle Dreistigteit, die weit entfernt von der Würde der Unschuld ist." Doktor Böhring erwiderte leinWort, er lächelte nur sartastisch »Und jetzt, eFrau Hartwig,« saate der Vorsitzende ernst, »hahe ich eine letzte Frage an Sie zu richten: Wollen Sie uns jetzt Aufschluß über die Qielle ertheilen, aus der Sie das Ih rem Gatten to verderblich gewordene Gift bezogen?« Michaela antwortete mit einem ru hicen «Nein«. »Warum nicht?« »Weil ich selbst auf die Gefahr hin, unter meiner Diskretion zu leiden, das von mir meinem Lieferanten gegebene Versprechen unbedingten Schweigen-I nich: brechen will." »Ich selbst habe der Beilagten den Rath ertheilt, bei ihrem Schweigen zu bil:crren,« erlliirte Doctot Böhring eitrig. »Meiner Ansicht nach ist derUm stand nach der gegenwärtigen Sachlage für die Entscheidung nicht mehr von Belong.« ,,Haben Sie sonst den Ausführungen Ihrr-— Herrn Vertreters noch etwas «hii«.,t.u«iufiigen?« »Nichts, meine Herren, als dasi ich Ihrem Gerechtigteitkgesühl und Ih ren-. Scharfsinn meine Angelegenheit vertrauend-voll iiberantrvorte.« Director von Schreiber stand auf »So ziehen wir uns zurück, um das Urtheil zu berathen.« Die drei Richter verliessen den Saal -—-.- ich trocknete meine nasse Stirn. die Entscheidung tonnte nicht lange mehr ausstehen. Wie sie ausfallen wiirde, war mir nicht .-·.neiselhast. Jch erhob mich, um eben falls den Platz einstweilen zu meiden. Ich lonnie den höhnischen Blick meine-. Geoners nicht ertragen. Noch einen letzten Blick wars ich auf tie schöne Frau, die so nahe ·vor den Triumph ihrer Sache stand, ein leben dek Beispiel dafiir, ioas Gewissenlosigs icit und Heuchelei siir Unheil anzu rickten vermögen, wenn beide Eigen schaften mit Energie und Intelligenz gepaart sind. Sie bewahrte auch jetzt im Gegensatz zu dem sanguinischen Juristen eine gleichgiiltige Würde, eine ernste Ruhe --— refiaiiirt wollte ich mich abwenden, da sah ich sie plöhlich zu tamnienzuckein während die Bliisse des Schreckens ihr schönes Antlitz überiog i·nd die regelmäßigen Linien desselben ssch verzerrtem « Was bedeutete das-? Zum erstenmal während des langen Processes nahm ich dieShmptome einer heftigeren Ei rigung an ihr wahr —-— ihre Augen iocsren starr nach der Thiir des agles gerichtet unwillliirlich folgte ich ih ren Blicken und sah . . . . Ein freudiger Schreck durchriefelte alle meine Glieder ---· mein Herz liebste, meine Kniee wantten fast Da stand Doctor Kainz neben dein Commissionsrath Hartwig, und hinter ihnen eine mir unbekannte Dame von ausgeprägt steindliindischeni Typus »s der Verniißte war wiedergefunden, der Todtaeglaubte zurückgekehrt, und — das Entseden Michaelcks til-erzeugte mich davon —- er hatte das fehlende Glied in unserer Beweistette mit zur Stelle gebrachtl Mit Mühe meinen Jubel unterdrü ckend, eilte ich den Anliimmlingen ent gegen — derGerichtihoi musite auf der Stelle zurückgerufeiy die Verhandlung von neuem eröffnet werdenl ckIortseßung folgt.)