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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (April 6, 1900)
« Tier Wurstleönig --..-—.--— flach dem Französischen von J u l i a B u e r e n H a h n. MO.—--.-. - l. Die Bauern Frankreichs essen alle gern Blutwursi, aber nirgends ist dieselbe so hoch-gerichtet wie in der Gascogne. Unter den zehn rundlichen Wurstnrten, welche man gen-ähnlich von jedem Schwein macht, ist immer eine, die an Größe ih:e neun Kameraden übertrifft. Diese Wurst nennen die Cliscognek den »Wurstl·cinig«. Natürlich wird diese berühmte Wurst nur an großen Festtagen, wie Weihnach ten oder chinachi gegessen. Wenn sie in der Pfanne briit und mit ihrem verlocken den Aronta dirs ganze Haus erfüllt, dann löust den Hausbewohnern das Wasser im Munde zusammen in Erwartung des Kommenden, und die Kinder schniisseln mit ihren kleinen Nasen ungeduldig in der Lust herum und regaliren sich schon vorher an dem angenehmen Duft. An einem lalten November-Nachmittag war ein Bauer, Namens Septem, damit beschäftigt, eine imposante Wurst, welche eben rosig und dampfend aus dem gro en, tupsernen Wurstlessel lam, an die ele in seiner Küche zu hängen. Es war eine äußerst große Bluiwurst, rund wie der Mond und schwer wie ein Wagenrad. Die Haushiilterin gerieth bei ihrem Anblick in Entzücken, und die Katze schnurrte und machte einen Buckel. Sep tou hing die Wurst andiichiis auf, und bann blieb er minutcnlang s weisend in ihren »anlick versunken. »Bei meiner vreiei sagte der Bauer schmunzeino, .die sieht man lieber an als den Mond!« Und seine Nasenfliiael öffneten sich weit, als ahnten sie sckon im Voraus den Dust, welchen diese Wurst an dem Tage wd sie in der Pfanne braten, ausströmen würde. Da stürzte ptöklkchder Knecht Florian atdemlos in die Küche »Ach Hern« sagte er, »was siir ein Un glück! was fiir ein Unaliicl!« »Was ist denn gesckxhenV fragte Sep tou entsetzt. »Was geschehen ist, Herr. Jean hat sich soeben ein Auge ausaestoskkn.« QerBauer war blaß geworden. Schnell stieg er dan einer Leiter und lief in den Stall. Ein liet genügte. ihm zu zeigen, daß der Knecht nicht gelogen hatte. Jean hatte sich ein Auge ausgestoßen «Giitiger Gitt« rief Scptou und wars seine Mühe aus die Ecde, »das ist eine schijne Ge schichte!« dears nennt man in der Gas eogne den ck;sen, welchen man rechts ans dch spannt, während der links ange pannte mit Marth bezeichnet wird. »Es sind mindesxens 260 Franken, hörst Du, Florentin? 200 Funken, die dieser Un sall mich los.et. Jch werde meine Och sen nur ncch dem Schilächter verlaufen titnnenl Jst das nicht traurig? Ein so schönes, kräftige-s Thier, und diese schön geformttn Hitmerl Ach! ich bin sehr un glücklich!« —- Dann fragte er nachdenk liel;: »Wie ist es denn eigentlich gekom men?n ——— »Ich weLsz es nicht, Herr-! Jean wird mit dem Auge gegen irgend einen spltzen Gegtnstand gerannt sein, denle ich, vielleicht gegen einen Nagel in der Thür. Ader das tann heilen, und in vierzehn Tagen wird vielleicht nichts mehr davon u sehen sein-« — »Wir wallen es hof fent« sagte der Bauer. Er blieb nach ei nige Minuten nachdenttich stehen und laute an feinem Schnurrbart, dann ging er in die Küche zurück. Zerstreuten Blickes sah er auf die Wurst, die mit ih rem Atoma das ganze Haus durchfluthe te, und nachdem er die Küchenthiir ge schlossen, nahm er die Mütze ab, erklärte feierlich, die Hand erhoben, als stände er dar dem Kreisrichter: »Ich schwöre, diese Wurst nicht zu essen, und sie am Weih nachtstage dem Pfarrer zu schenken. wenn Jeans Auge wieder heilt. Und was ich gesagt habe, habe ich gesagt! Die Hand soll mir absterben, wenn ich meinen Schwur nicht haltet« Er liesz den Arm Blen, deteruzigte sich und setzte seine ütze wieder auf. ll. hatte der Himmel sich durch dieses Gelübde rühren lassen? Man muß es wohl annehmen, denn nach drei Tagen was das Auge des Ochsen fast ganz ge hern. Zean sah wie vorher; nur ein riet ner Fleck mitten in der Krystalllinse war gieiickgebliebem aber dadurch war das hier nicht entwerthet. Uebrigens durfte man hoffen, daß dieser Fleck selbst in ei nigen Monaten ganz verschwinden würde. Septoii war entzückt, und obschon Weihnachten noch in weiter Ferne tag, so entschlosz er sich dem gemachten Ge lübde gemäß dem Pas stok seinen herrli chen onig'« gleich hinzubringen. Es blieb jedoch bei dein löblichen Vorsatz. «Bah!« dachte er, »eine Wurst von dieser Größe und diesem Aussehen macht mei nem Hause Ehre. Sie hängt hier ebenso gut wie im Psarrhause. Ich kann sie ja dein Pfarrer hinbringen, wenn der fest gesetite Termin da ist« « Er ließ also die prächtige Blutwiirst zum Entzücken Al ler aus ihrer Stange hängen. Die Tage vergingen Die Wurst schien mit jedem Tage imvosanter zu werden. Mit der Zeit hatte sie eine röthliche Farbe ange nommen, welche das Auge erfreute, und der Stock, aus dem sie hing, schien unter seiner Last breche n zu wollen. «Donner wetteri« dachte der Bauer, »der Psarier wird sicher die 2 esper nicht singen tön iieii, wenn er diese Wurst gegessen hat!« Und er seus zte ties bei diesem Gedanken und blickte tiefsinnig in die höhe. Mehrmals besah er das Auge seines Dehl aber es war tein Zweifel mehr mZg Zgl :der graue tleine Fleet ver nach chund nach. Das sent, vollständig geheilt! D· tust te folglich dein Psarrert «Meine verstorbene Mutter hat es mir oft zum Vorwurf gemacht,« sagte sich Sei-weh »ich bin stets leichtsinnig gewesen und habe gesprochen, ohne mir auch nur die ge ringste Zeit zum Nachdenken zu lassen. Es ist sicher, daß ich an dem Tage, wo Jean sich am Auge verwundet hat, wie ein Schafsiops gehandelt und nicht die gewünschte Geistesgegenwart bewahrt ha be!« Und traurig fügte er hinzu: »Wenn , es noch eine gewöhnliche Wurst wäre, eine , , von Js- Pfund, ober diese muß sicher ihre « Izwei Pfund wiegen.« Er nahm die ; . Wage, holte die Wurst herunter und wog L i sie. Die Wage lzeigte 1 Kilo 200 Gramm. i Septou legte die Wurst mit betrübtem ; Blick auf den Tisch und überließ sich sei ; nen Gedanken. »Und wenn es keinen . Gott gäbe? sagte er ganz laut und stützte . das Kinn in die Hand. »Wenn es Nie . mand im Himmel gäbe, die Gelübde der ! Menschen anzuhören und diejenigen zu ! bestrafen, die ihren Schwur nicht halten? ? Der Herr Pfarrer behauptet, daß es ei ’ nen Gott giebt, aber der Lehrer versichert i das Gegenthen und ek sieht nicht dumm aus, unser Lehrer! Er hat sein ) Examen in Paris bestandent« Weihnachten tam immer näher. Ja, es mußte wohl einen Gott ge ! ben, denn der Kalender sagte Schnee I fiir den 20. Dezember an, und an je ! nein Tage schien die Sonne herrlicher ; und wärmet als je. Was konnte man E daraus schließen? Daß der Pfarrer j recht hattet Es giebt einen Gott! — F Septou entschlosz sich denn, wenn auch s schweren Herzens, die Wurst von dem T Stock zu nehmen, um sie in’s Pfarr . haus zu bringen. Die arme Wurst! — ; Arn liebsten hätte er sie selbst verspeist. j »Wenn es mir wenigstens vergönnt wä- : - re, beim Braten zu seini« und der; Bauer seufzte ties auf, »dann hätte ich ; «fmth strrvrä bannt-» —- nm Roß m »R .. sten, dachte er an die andere Wurst, die I er von seinem zweiten Schwein, welches F « er während der Karnevalszeit zu schlach- I ; ten gedachte, machen würde. — »Ach! « die bekommt der herr Pfarrer aherk ; sicher nicht zu sehen, selbst wenn meine Z Stute sich beide Beine brechen sollte, ich ; schwöre es!« rief er aus· »Nein, ganz tgetoiß bekommt er sie .nicht!« Dann « packte er die wunderbare Wurst in einen » mit grünen Kohlhlättern sorgfältig ausgelegten Korb, zog seinen Sonn » tagsroel an und machte sich auf den Weg zum Psarrhause. Aber taum war er H draußen, so stieg ihm ein siarler Ge i ruch von gebratener Blutwurft in die ; Nase. Es waren seine Nachbarn, die ) ihren .König« brieten. Ja, die wa s ren nicht so dumm gewesen, solch lächer j liches Gelübde zu thun; ; die konnten f ihre Wurst behalten und sich nach her » zenslust daran gütlich thun. »Es ist : mir egal«, sagte Septou, die Thiir wie ! der hinter sich zurückziehend. »Ich will I wenigstens etwas von der Wurst haben! , Jch bringe sie dem Pfarrer gebraten hin » und leiste dem würdigen Herrn dadurch s einen Dienst.« Er stellte den Korb hin, machte ein großes Feuer, nahm die Pfanne vom Haken und legte die Wurst Ihinein. Ah, die liebe Wurst! Mit wel i chem Wohlgeruch erfüllte sie das haust l Sie wollte ihm höchst wahrscheinlich das I Herz schwer machen. Sieh, Septou, I schien sie sagen zu wollen« sieh mich an, s erfreue Dich an mir und athme meinen , Duft ein· Glaubst Du nicht, daß eine s t Wurst wie ich, angenehm zu verzehren , fein würde? Septou hätte weinen können. Um ihm den Todesstoß zu i versetzen, platzte die Wurst, und etwas ; i von ihrem braunen Fleisch wurde sicht- 1 bar. »Diese schöne Wurst belommt der s » Pfarrer nicht!« sagte Septou laut. »Ich l I kann ihm doch jetzt die geplatzte Wurst - ; nicht anbieten, das wäre nicht höflich« : ; Zittede zog er die Pfanne vom Feuer, i nahm die Wurst mit einer Gabel heran-» I legte sie auf eine Schüssel und nahm i I schnell das herausgequollene Fleisch Z , von der Schüssel weg. Dann machte er i die Augen zu und aß es andächtig auf. Was war das für eine teuflische Ein t gehung? Sobald er den Geschmack der ; Blutwurst auf der Zunge verspüri hat F te, wurde er wie verruar. Ur konnte H nicht widerstehen; er erbleichte, und ’ seine Kinnbacken zitterten heftig. — » »Nein«. sagte er wüthend, »der Pfar j rer bekommt sie nicht«; und er stürzte f sich auf die Wurst und verschlang sie in » großen, gierigen Bissen. Ein Kilo 200 ! Gramm! —- »Natürlich, der Lehrer hat recht«. sagte er von Zeit zu Zeit, urn sein Gewissen zu beruhigen. Und als er die Wurst verzehrt hatte, da leerte er nacheinander drei Glas Weißwein und legte sich dann schlafen. Ill. Eine Stunde später stöhnte nnd ächz te er jämmerlich. Er war leichenblaß, seine Lippen waren blau wie bei einem s Sterbenden. Mit zitternden Blinden ; rieb er sich den Magen und hin und wie der tniete er im Bette und sagte mit stockendem Athem: »Mein Gott, ver zeih mirl« Bald wand und trümmte ; er sich vor Schmerzen und schrie. Flo rentin, der Knecht, lam ängstlich herbei gelausen. »hole den Pfarrer. schnell!« rief Septou. »Ich sterbe!" Floren tin stürzte fort. Eine halbe Stunde spä ter war der Pfarrer aus dem Hose, ein Chortnabe begleitete ihn. Als er in die Küche trat, tonnte er sich nicht enthalten zu fagent »Nicht wahr, August! Es scheint mir, daß es hier nicht nach dem Tode riecht.« Dann lenlte er feine Schritte nach dem Schlafzimmer des Dausherrm »Ich möchte beichten«, er klärte dieser sogleich. Der Pfarrer seh te sich an’s Bett des Reuigen, welcher mit großem Eifer an die Brust chlns nnd anfing. das «Confiteor« her —W zusagen. Er beeilte sich, einige kleine, unbedeutende Sünden zu nennen, dann als er an das Kirchengebot kam, welches hauptsächlich auf Fraß und Völlerei« hinweist, sagte er mit zitternder Stim me: »Mein Vater, ich tiage mich an, diesen Morgen eine Wurst von einem Kilo zweihundert Gramm gegessen zu hasbe-n.«—— Der erstaunte Pfarrer rief : »Wie, was. ein Kilo zweihundert Gramm» Septou?« — »Ja, mein Bater.«——»Ei- » ( nen ,,.K·onig« also?« —- »Jawohi, mein E Vater, einen ,,König«.,, — Dann fügte ; er fast schluchzend hinzu : »Und ich hat- ! te mit zum Himmel erhobener Hand ge schworen, Ihnen diese Wurst anzubie- i ten!« —- »Mir?« — Das Gesicht des H Pfarrers röthete sich ein wenig. »Bah!« sagte er zerstreut, und seine Nasenflii gel schienen den letzten Rest des Wurst geruches, welches noch» in der Luft schwebte, einzusaugen. Dann sprach er ernst und würdig: »Was Sie da gethan haben, mein Sohn, ist sehr schlimm! Ein Gelübde ist etwas Heilige-N Der Himmel verzeiht dem sSiinder nicht, der seinen Schwur vergißt!« — Septou » stieß herzzerreißende Klagen aus; er fürchtete zu sterben. Der Pfarrer trö stete ihn, so gut er konnte. Aber das genügte dem Kranken nicht. »Die Ab folution, mein Vater! Die Absolu tion! Jch bitte Sie darum!« stammel te et. — Der Pfarrer beeilte sich nicht; er fuhr träumerisch fort, über den Mein eid zu predigen . . .. Da sagte Septou T plötzlich: »Mein Pater, wissen Sie, daß ich Fastnacht ein zweites Schwein : fchlachte ?« — ,,Ach!« —- ,,Ja, Fast- s nachts-montag spätestens. Jch schwöre " diesmal in Jhrer Gegenwart, daß Sie den neuen ,,Konig« b: kommen! Und » :-t- -..!tt . u» tueu uctuultutu full, Wulu lu; lllclllcll Schwur nicht halte.« s Der Pfarrer erröthete leicht und —- H gab dem Bauer die Absolution. —- . Bald fand er jedoch seine Geistesgegen- : wart wieder, fühlte den Puls des Kran ten mit Jnteresse und fragte: »Jszt Du die Blutwurst gern mit einem gelinden Geschmack von Mustatblüthe?« — »Nein«. antwortete der Landmann, des sen Schmerzen im Abnehmen begriffen waren, »aber wenn Sie wünschen, so wird man etwas hineinthun.« — »Und ein wenig Lorbeer, Septou, eine Jdee Lorbeer, und am Mittfasten wirst Du mir das Vergnügen machen , und sie mit mir im Pfarrhause essen.« — ,,Jch nehme Ihre Einladung mit Dank an,« rief Septou aus, »aber dazu-gehört zu allererst. daß ich gesund werde.« — »Ach, das det nichts zu sagen. Eine schwache Tasse Thee, Septou; Thee mit einem Schluck altem Cognac, und Du wirft in einigen Stunden wiederherzu stellt sein. Adieu! Jch komme wieder und sehe nach; vergiß nicht die Mus tatbliithe und eine Jdee Lorbeer! . . . .« —- Der Pfarrer verließ mit dem Chor lnaben schmunzelnd den Hos. .-—-—— Ier Mailenlsnueidireitton —.-— Erzählungvon Paul von Schön than. —- . .«- ....—— Es war in der Zeit, als gewisse deut sche Baden in we lchen die lurgemäße Langeweile durch die Aufregungen eines hohen Hazardspiels abgelöst wurde, ei nen Versammlungsort der buntesten in ternationalen Gesellschaft bildeten. Zu dieser Zeit befand sich im Hom durg ein junges E,ep1ar: .,Mister Par- H ter mit Gattin, « die der Kurliste nach di- s rett aus London gekommen waren Mi-; sier Parter war ein Mann von den sein sten Manieren, gros-« blond, ein Reprä sentant englischer Männerschönlyeit mit blauen, träumerischen Augen und den schönsten Zii ·,nen, die fast zu drei Vier- T theilen sichtbar wurden, wenn der etw s ’ breite Mund sich zu einem Lächeln öff nete. Die Gattin des schönen Englän ders erregte bei ihrem ersten Erscheinen --.-- -«:- , Uus Ucc Institut-tue un neu-r Hund unv lofe Bewunderung der Damen. Man pries den Herren gegenüber die bekannte « Kunstfertigkeit der englischen Damen schneider, die jede Figur in eine junoifche Gestalt zu verwandeln verstanden. Mrs. Parter konnte indeß auf die Unterstütz ung der Kleidertünftler verzichten, ihr Wuchs war in der That von seltener Schönheit. Mister Parler verachtete das Spiel. Er schien es auch gar nicht nöthig zu ha ben, aus einen Glücksfall zu bauen, mit um fo größerem Eifer betrieb er in dem südliche Theil der Anlagen Schieszübuw gen mit einer stummen Pistole, und schon am zweiten Tage verbreitete sich unter den Badegäften der Ruf feiner unerhör ten Geschicklichkeit Mister Parker hatte nach seinem Geständnisse zwei Passio nen: die Elephantenjagd und die Wohl thätigleit. Ersterer Leidenschaft zu Liebe verbrachte er, wie er sagte, alljähr lich eine gewisse Zeit in Indien« die an dere menschenfreundliche Leidenschaft füllte seine Wintermonate aus; er sprach von einem Waisenhaus, welches er in Hamarby, Grafschaft York, gegründet hatte, und dessen Entwickelung und För derung ihn lebhaft beschäftigte. Er ließ die großen finanziellen Opfer, die er die fem edlen Zwecke brachte, unerwähnt, und dadurch vermehrte er den guten Eindruck, welchen seine anfpruchslose Erzählung von einer Sache machte, die er fiir etwas durchaus Unerhebliches, Selbstverständ liches zu halten schien. Das bescheidene und ruhige Auftreten Mister Parlers, der sich indessen seines Werthes wohl bewußt zu sein schien, ge wann ihm zahlreiche Sympathienp »ein schöner Manns ein Gentleman!« flüster ten die Damen, »ein Teufelskerl!« rühmten die männlichen Bewunderer. Ein zufälliger Dienst, den ein junger Baron der Mrs. Parker im Kursaal zu erweisen Gelegenheit fand, begünstigte· seine Annäherung an die schöne Englän derin. Der Baron erwies der liebenswürdi gen Frau die üblichen Aufmerksamkeiten, welche die Einleitung zu weiteren Bewei sen von Sympathie zu bilden pflegen, und Mrs Parier, welche für die Schießübun gen des passionirten Gatten kein Inter esse bezeugte und an dem Umgang mit , dein jugendlichen Baron. der sein elegan testes Ollendorfsches Englisch anbrachte, Gefallen fand, ließ sichsdiese Galanterien mit einer größeren Bereitwilligkeit gefal len, als die übrigen Damen verzeihen konnten. Schneller aber alsman es erwarten zu dürfen glaubte, folgte die Katastrophe: Mes. Parker warsin den Augen der Ge sellschaft von Hamburg kompromittiri und einem boshaften Gerücht waren über Nacht tausende Beine gewachsen; es war überall hingedrungen, —- felbst, und wahrschei ich zuletzt — zu den Ohren des beleid ten Gatten. Mister Parter that, was jeder Mann an seiner Stelle für das Richtige erkannt haben würde: er ließ dem jungen Deutschen eine Forde rung zugehen, eine Forderung auf Pisto len. Der Baron, der selber nicht recht be griff, wie er in den Zauberbann jener unwiderstehlichen Frau gekommen war, gerieth durch dieses Ereigniß in eine er tlärliche Beftiirzung. Eine Forderung Parier’s war ja als ein Todesurtheil an zusehen: wollte sich der Beleidiate eine vollkommene Genugthuung verschaffen, so war es ja zweifellos, daß er, der ge wandte, vielgeiibte Schütze, sie erlangen. daß er ihn tödten werde. Er gedachte der wahrscheinlichen Folgen, die ein solcher Ausgang des Zweikamper, ja selbst eine erhebliche Verwundung für seine zärtli che Mutter haben müsse, und unter dem Eindrucke dieser beängstigenden Vorstel lungen entbot er zwei zufällig anwesende Freunde zu dem Beleidigten. Mister Parter empfing " die beiden Herren mit dem vornehmsten Anstand ei nes Weltmannes, der selbst in der Rolle eines beleidigten Gatten nichts oori sei ner Würde einbüßen kann. »Ich begreife den Zweck Jhres Besu ches nicht!« sagte Mister Parter in fran zösischer Sprache, »die Details des Han dels sind, wie ich meine, genau verabre det . . . ." »Wohl, mein Herr,« erwiderte der Arl tere der beiden Vertreter des Geforderten, »indeß sind wir gekommen im Vertrauen auf Jhre Menschenfreundlichkeit, und, wie wir wohl wissen, gegen das Herkom men, aber gedrängt durch die Rücksicht aus eine würdige alte Dame, die in dem Geforderten ihr ganzes Lebensglück ver lieren würde, und wollen zunächst von Ihnen irgend eine Modifikation des Zweikampfes, einen Aufschub erbit ten . . . .« Und nun setzten sie in eindringlichen Worten auseinander, daß der Baron der letzte Erbe eines ruhmreichen Adelsge schlechsts sei, daß das bloße Gerücht von einem bevorstehenden Zweikampf der un glücklich-en Mutter das Leben tosten könne. - Mister Parter ließ die Anwälte seines Begeidigers ruhig sprechen, und als sie mit einem warmen Appell an seine Sitte geendet hatten, erhob er sich und sprach, ohne die leiseste Veränderung seiner strengen Miene: »Ich werde die alte Frau nicht tödten lassen Sie mir Zeit, einen Weg zufinden . . . . ich schreibe Jhnen morgen . . . .« Am nächsten Morgen erhielt der Arl tere der beiden Herren ein Billet des Inhaltes : »Meine Herren ! Sie haben an meine Menschtichteit appellirt, ich will der Frau Baronin ihren Sohn nicht rauben, ich glaube nicht, daß in Hom bura ein anderer Ausgang des Zwei kamper zwischen mir und dem Jüng ling erwartet werden würde. Jch trete von dem Zweikampf zurück. Fiir meine Pflegebefohlenen, die Elternlo sen von Hamarby, verlange ich aber von dem Baron ein Geldgeschent, def sen Höhe von ihm zu bestimmen sein wird, —- voraussetzend, daß ihm sein junges- Leben wenigstens eintaufend Pfund werth ist. Theilen Sie das ge fälligst dem Herrn Baron rnit. Schließlich, meine Herren, muß ich·-be tonen, daß ich es —- da ich übermor gen abreife —- Jhnen überlasse und es Jhnen als Ehrenpflicht empfehlen muß, Jedem, der etwa nicht überzeuit ist, daß ich ehrenvoll aus dem Handel hervorgegangen bin, den Sachverbalt mit allen zwingenven Motiven mitzu theilen." Mister Parler erhilt noch am selben Tage ein reumüthiges Schreiben des Barons, dem der Poftaufgabefchein über eintausend Pfund, die an die »Di rektion des Waisenhaufes zu Hamrrby« adrefsirt waren. beilag. Der Baron bat gleichzeitig, diese Sinne seinerzeit entsprechend erhöhen zu dürfen, es stän de ihm augenblicllich eben nur dieser Be trag znr persönlichen Verfügung. Zwei Tage fpäter waren Mifter Parter und dessen Gattin in Hom burg nicht mehr zu sehen, und am drit ten Tage sprach man ber:its von einem anderen Kapitel der Badechro-nik. Der junge Baron hatte sich gleichfalls beeilt, der Region der Gerüchte und Klatfchereien zu entgehen; et war am Tage darauf mit seiner Mutter, der merkwürdi erweise der ganze Vorfall verborgen lieb, nach haufe gereist. I Seiner Zusage war er eingedenk ge blieben, und als er einige Jahre da rian das vollständige Verfügungsrecht uber sein Vermögen erlangte, sandte er weitere dreihundert Pfund an die Direktion des Waisenhauses zu Ha marbh, Grafschaft York Seltsamerweise kam der Brief un eröffnet zurück er war auf der Außen seite mit Bemerkungen und Notizen be deckt; die inhaltreichste Anmerkung erhielt folgenden interessanten Auf schluß des Gemeindevorstandes zu Ha-" marhy: »Das ,,Waisenhaus des Mister Var ler« ist, nachdem die baufällige, nur von einer alten Frauensperson und einem Cretin bewohnte Hütte eingestürzt ist, vom Erdboden verschwunden Der Schwindler Parker hat sich schon vor zwei Jahren der polizeilichen Verfol gung, die wegen allerlei Betrügereien gegen ihn und seine Geliebtye Mary Co wen, eingeleitet wurde, durch die Fl ucht entzogen.« -———«-·s.-.-—— Das Hält-nun Pariser Arabesle von A rs L- n e A r - tus. H— Herr von Grand’allure hdrt mit Be dauern, daß Frau von Embuche ausge gangen. Nach kurzem Zögern aber entschließt er sich zu warten. Der Groom führt ihn in winziges Boudoir, dessen Thür er so fort wieder schließt. Es ist ein kleines, warmes Zimmerchen, cr('-mefarbige Stores verbreiten ein HalblichL Von einem Korb mit Heliotrop steigt ein be täubender Duft empor, und auf einer hohen Stange knuspert ein rosenfaröiger, indianischer Rade Maistörner mit sei nem schwarzen Schnabel. Herr von Granrrauure setzt sich uno nehr sich in dem Zimmer um. Da er ein Frauen-Portrait in Re naisfancelostiim bemerkt, erhebt er sich, um es zu betrachten. »Ah, ah, Frau von Embuche. Sehr ähnlich. Und die Unterschrift? Mil lais, London» Sieh da, sie war also in England? Freilich, ja, sie hat es meiner Frau erzählt. Aber, nein, sie sprach we nig von sich selbst, sie hatte zu viel Talt dazu. Sie sieht jung aus auf dem Bil de ...... Donnerwetter, wenn sie mich hörte! Sie hätte Grund, mir böse zu sein, denn alt ist sie doch auch nicht. Wie alt mag sie fein? Dreißig? Zwei- . . . . Dreiunddreißig, mehr nicht! Ich habe sie am Strande gesehen, bei hellem Trges licht, und sie ist . . . . sie ist reizend, wahr haftig!« , Herr von Grand’allure läßt sich wTeder in seinen Lehnsesset sinken und indem er nachdenklich mit seinem Spazierstöclchn die Rosetten des Teppich-Z nachzeichnete, murmelte er: »Sonderbare Frau, o, untadelhan — Eliane, mein liebes Weib, b.«hauptet3, daß ein Stückchen von dem Lebn dieser Frau hinter einem Vorhang verborgen bleibe, wie gewisse Bizder in d n Muse-n. Aber es ist ihr nichts vorzuwirfn Eine einfache Eleganz, — ein musterhaftrs Benehmen, —- etwas zu freundl:ch:å Li cheln. —- Aber welche Zurückhaltung! — Der lleine Vicomte Pochevike hat es spüren müssen. Er hat ihr genug den Hof gemacht. Gott! .»ie er mich geärgcri hat! Man mußte nur sehen, wie Frau o. Embuche ihn kurz zu halten wußte-, ja, aber ..... Eliane pate, sie stellte sich nur so. Sie th sehr Unrecht gehabt. Denn zwischen Frau o. Enduche und mir ist naht soaiel umgefallen Wann wäre denn Die Ztit dazu gezoesens — vier Weichen im Sccho zusammen! — däs Iniicl,.e ich nur wissens« »Da-e ist ft111!«lr«jcl;,:,teder Rrbe und richtet feinen Schopf in die Hiihe. Nun, d r hat eine nctte Sprache«, seufzt Hezr v. Gian"o’allitre. ,,J.1, wo find kenn eifrntjich die kleinen Hunde?« f:-s«t TO L— -I’t-.- III lciktlc LI» ist«- IIsQYls IILV lll Plule UULAI des Boxidoirs um. »Die haben unsere Bekanntschaft einzxeleitei. Toto und Lili, d;e wahrhaft-g die zwei unerträg lichstcn Fijnoer auf er weiten Welt sind, haken die Hunde immer gehätschelt. Dann hrben si: Frau von Einbuche er zählt, daß sie während der Messe sam meln würd-n und sie hat ihnen 10 Franck- gsegeben Man müßte sich bedan ten, eine kleine Annäherung . . . Eliane iiissmer so sie-f wie Fischbein, natürlich! Jhre ewige c« fersuchtt — »Sie kokettirt mit Dir. Se wirst Dir Blicke zu«; — und dabei immer stolz: »So gieb doch Frau von Embuche den Arin!« hier; »So führe doch Frau von Embuche« da. —- Höflich — und schmeichelhaft. Glück licherweise gab diese arme Frau von Embuck;e kein-en Anlaß zu medisiren. Sie ging nickt in’s Kasino, sie sprach mit keiner Seele, und, meiner Treue, neben Eiianens ausfallenden Toiletten sah sie recht aus wie ein-e vornehme Dame mit ihren einfachen schwarzen Kleidern. Freilich ist sie in Trauer . . . sie trägt sie seit dem Tode ihres Man ne2, der bei Plervna gefallen ist« Ein Oesterveicher —- oder Walache —- ich weiß nicht mehr recht.'« Herr v. Grand’allure erhebt sich und sieht sich die Photographien an, die aus einem Tischchen liegen. Komischt Oberst von Einbuche ist nicht hier. Arme Frau! sie hatte Thränien in den Augen, wenn sie von ibm sprach. Sie hatte versprochen, mir selmn Tod zu erzählen, den Tod eines Helden, wie es cheint. Wir hatten teine Zeit mehr azu. Meine Tante hatte den dummen Einfall krank zu werden und um jeden Preis nach Hause zu wollen« — weil die Macrlust sie tödten- wiirde, wie sie be MAX s is ,auptete· So mußten wir denn M heute auf morgen abreisen, wir konnten ,n nur noch unsere Karten austauschen. Ich - dachte von Zeit zu Zeit an sie . . . Ein s mal sagte ich vor Elianex »Was mag . aus Frau von Embuche geworden sein Z« ? und meine Frau antwortete nur: »Das Ed ist mir sehr gleichgiltig«; und so kurz-— daß ich es mir gesagt sein ließ. s Herr von Grund allure saugt, immer ". nachdenklicher werdend an seinem Stock kncpf. »Sollte Eliane Recht ,abcn? Sollte Frau von Embuchse für mich,e i·was Wer weiß? Mrnchmal waren ihre Bl icle spunbegreiflich Eines Tages- sprach ich da von, daß man am Glück vorbeigehen ; könne, ohne es zu ahnen. .da hoh sie « die Augen zu mir aus. . aus eine J Weise. ich kann nicht sagen, wie mit « tvurde.« ; Herr von Grand’allure thut ein paar l Schritte.- Er bleibt vor dem Portraik : stehen s »Waö·erir Augen die Frau hat! Ge s stern, als unsereWagensich aus dem Boulevard begegneten und sie mir lachend mit dem Finger drohte war ich wieder in demselben Kreis gefangen und, Teufel auch! — El: ane ist nicht hier, ich werde l ihr sagen, ich hätte nicht anders .können. s Was ist auch böses dabei? Werde ich mich , denn gleich verlieben? Wir werden ein we nig slirten, das ist Alles.« j »Das ist start!« rief der Rabe. F - »Ich sage meiner Frau lieber gar nicht daß ich hier war. Wozu sie ärgern? Sie hat mich so lieb, und ich sie auch, wahrhaf s tEg! Aber sie ist lächerlich eisersiichiig. Itach achijahrx get El»e Und wenn ich » noch je daran gedacht hätte, sie zu täu sck,:n! Jch habe einen Horror vor Aben teuerinnen. Eliane und meine Tante mögen immer behaupten, daß Frau von Entwirkte eine Ilbenteuerin ist« Aber mein Gott, jeder Mensch braucht doch nicht gleich M.ll.onär zu sein. Freilich, sie ; tann auch nicht arm sein. Diese Woh ’ nungt hmt das mag an 5·.)Ut) FrancZ » herankommen- Nun, das ist auch noch J nichte- Ui.ert,örtc2. Sie muß doch eine ; M; tgift gehabt haben, die gute Frau . . . . j denn mir ihrer Pension arg W etwe eines l Oberst. .. nein das ginge denn doch nict,t." ; Halb in Gedanten streckt Herr von Grard’allure die Hand aus und nimmt ein Phorvgraphie-Atbum vom Tisch, um darin zu vlartern. »Sieh da, Herr von Montplö . . . . da mals muß er woll noch e: n paar Haare gehabt haben. Frau lJncvrnprise. . . das ist Ei ne, die ich nicht ausstehen taan Sie ist von ihrem Manne geschieden sie hat leinen Sou mehr und lebt wie eine Prinzessin Wovon? -—— Und gefährlich . in sie und eine Wortverdreherin Wenn man sie anhört, möchte man schwö ren, daß der gute 1’Jncvmprise allein » schuld war. Sieh, sieh, auch General s Badin, der alte Narr. Und seine Enke s ljnnen werden sich nächstens verheira t tk,en.« F Herr von Grand’allure wandte schnell ! ein paar Seiten um. Dann hält er plötz J lich mit Blättern inne. i »Meine Kinder! Toto, Lili! Sins l sie es wirklich, Jhr lieben Kleinen!« z Er verwendete kein Auge von der rei i zenden Gruppe; dem kleinen Mädchen, das ihr Brüderchen umarmte .. .Und plötzl ch kommt es Herrn von Grand’al lure vor, als ob das ganze Zimmer er röthete. - Nach einer Minute llapvte er das Al i lum zu, legt es auf den Tisch, nimmt sei nen Hut —- und geht in das Vorzimmek zurück. » »Der Herr wollen nicht auf die gnädig » Frau warten?« » »Ich habe leine Zeit.« l »Der Herr wollen m: r seine Karte nicht lassen?« »Es ist überflüssig.« »Der Herr werden wiederkommean Nein.« Und man hörte des Raben Stimme, der drinnen sclsrei t: »Das ist aber starkt« Hof-— i i i i i i ) I Miss- »n»mssrfsf1i Ist-II In Saigon hat Zwillingen das Leben gege-« ben, die genau in derselben Weise zusam mengewachsen sind wie die berühmten sia » mesischen Zwillinge. Die Kinder sind I außergervöhnlich lebenskräftig und wur t den von der Mutter oder deren spekulai i tiven Verwandten sofort zur Schau gh i stellt. Die Kinder sollen nach Paris zur i Weltausstellung geschickt werden. Der ! »Courier« Saigonnais« protestirt scharf s gegen die Jnhumanitiit, die darin liegt« ; Kinder in so zartem Alter in solcher Weise zu strapaziren, und hat auch ver sucht, ein gerichtliches Verbot gegen die s Schaustellungen zu erwirten. Das Ge richt fand indessen keinen genügenden Grund zum Einschreiten. Vom Glück in den Tod. — Ein sehr tragischer, in den Motiven völ lig unaufgeitlärter Fall spielte sich zwi schen Budapest und Wien ab, ein Fall, der in den vornehmen Kreisen der un Igetrischen Hauptstadt großes Aussehen ! erregt. Vor Kurzem wurde in Budapest die Baronesse Flora Glaubitz, eine auf fallende Schönheit, mit dem Gutsbesitzer Arthur Palil-chevny standesamtlich getraut. Das Paar reiste sofort naey Wien. Jnt Hotel brach der erste Streit zwischen dem jungen Ehepaar aus; die , junge Frau drohte, den Gatten zu ver s lassen. Darauf erwiderte er: »Geh, ? wenn Du willst!« Die Frau ging und « reiste zurück nach Budapesi. Während der Fahrt aber schoß sie sich eine Kugel ins Herz und starb sofort. St. A tnold. Ein Unterofsizier des 69. Regtments erstoch einen Kamera den in einer Wirthschaft bei einer math z tpilligen Fechtübunp