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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (April 1, 1898)
MW«’« l —- sw W-W-S — In der groslladr. — Von Adelbeid Stier. Auf einer Insel stand ich wie im Meer Rings fluthete die Großstadt um mich In tausend Tönen hallte dumpf die BrandunaL Gewirt von Stimmen, Rufe, laul Und schrilL Das rollt und dröhnl und pfeift --—- ich ledne liill Am Aandelabet, froh der eig’nen Lan dana. Der weite Platz, von ifeißem Licht et beli. Das aus den großen Bogenlampen fällt. Pay-mischen sprühte wie Glanz von taufen Sternen Jrn Märchenichimmek strahlen Laden reib’n. Und blendend schießt vorbei der helle Schein Der Sitaizenvalmen und der Radla lernen. Die Sinne alle trinken sich nicht satt; Bewegung, Glanz und Lärm der aroßen Stadt, Das ist der Geqentvatt Pulsierend’ Leben! Die Atoeit vors-at darin und der Ge naß, Das bleiche lFlend dirat"’s, den Ueber fluß, Viel Edle-s. viel Verivorienes daneben. Und iiber allem lieai es in der Luft, Vibrietend leise —-- Dunst halb und bolb Dust — Ein geistig Flnidium von seltner Stark-. Das ltählt die Muslelm das hebt die limit: hier ist die Schmiede, fühlen wit, hier schafft Der Geist der Zeit an seinem Riesen wette. I — Jllorishiunr Novellette von E. G e r b a r d. « Der Landrath von Echmieden lauschte einen Moment an der Schlaf Zinimerthiir seiner Frau; dann as- er einen Laut vernahm, tloofte er und rief halblaut: »Liebe Anna. möchtest Du nicht Toilette much-n. falls Du Dich wohl iennq fühlst, der Wagen ist in einer halben Stunde bestellt.«' «Sofort!'« flang’s ihn-. entgegen. Während er sich entfetnte, erhob sich die junge Frau von der Clniielonguez ein Ausdruck grenzenloser Erschöpfung lag aus dem tin-ziehenden Gesicht, in den verschleierien Amen Nach taum einer halben Stunde trat sie in den Solon, wo der Landt-.1tb, eine Ei: arre rauchend iisrer narrte Ein usruf freudigen Erstauneng ent schlüpfte ihm. Seine Frru hatte noch bei Tisch so leidend auggesehen und ietzt bot sie mit dem sanften Noth aus den Wangen, dem ftrahlenden Glanz der tiefen Augen ein Bild bliidendften Lebens. hGottlob era, daß Dir besser ge worden!« sagte er warmm Man wi: o mich heute wieder mit ikloaen über die blendende Erscheinung meiner Frau Gemahlin unterhalten.« «Arrner Erich!" lächelte sie, »ivelch’ langweili es Thema!« Die Zo e stand mit dem Abendman tel bereit »Einen Augenblick, Lena, ich will noch herbert adieu sagen. « Gleich darauf beugte sich die stolze Gestalt über ein Kinderbettchem Ma gere Aermchen legten sich schmeichelnd um ihren heil-, mit einein Gemisch von Zärtlichkeit und Mitleid driickte sie ih re Lippen aus das blasse Mündchen, das elende Gesichtchen des zweijähri gen Knaben. »Schlaf wohl, gerbert Marna bringt Dir auch ein«-«- Schönes mit.«« i- s- L s- - eJ At-«.--«.Ik·.--. Aus dem Ball vetnt Jverpranoerp ten war Jrnia von Schmieden eine der eseiertsten Damen des qroszen Krei fes Jhre Unterhaltung sprühte von Geist und Witz, ihre Füße berührten beim Tan lauin den Boden. Der Landrath iehnte in der Thiir nnd seine Augen solqten seiner Frau. Es lag etwas BachantischAusgeregtes in ih rer Art sich zu bewegen, in sprechen, das ihin peinlich war. Wie sehr hatte sie sich doch in den sechs Jahren ihrer Ehe verändert! An dem Mädchen hatte ihn gerade das schöne Gleichmaß des Wesens entzückt, aber bald nach dem scktveren Typhus« den Jrnra im ersten Winter nach ihrer åochzeit durchae macht, war allnröhli dieser häufige Wechsel vor tie ster Nieder Zeichlaaen heit zu angqela ener Fritihli1 chleit, von herbster Kälte ,u leidenschaftlicher Hartlichieit von jäh ausslarnmendet und dann wieder nachlassender Sorge um sein Wohl eingetreten. Er hatte den alten hausarzt daraus auswei sarn gemacht, dieser aber lachend ge antwortet: «Launen, nichts als Lau nen, bester Landrathz die hat jede Frau.« Er aber konnte sich mit dieser Aus trssung nicht besteunden, sondern hielt J scna siir nervös iikerreiih doch sie rage nach ihrem Besindem setssåpde ras zurück. Der Landrath seufzte; er wurde vrn so Vielen benei-· det, aber wohnte das Gliiel in seinem Hauses Am Tage nach dem Balle badete krna ihren Knaben; plötzlich entsärbte ihr Gesicht aus seinem mageren Frperchen Higte si ein beulenartiger ui8chlag n den-. elben Leiden wa ren hre ersten Kinder, ein Zwillings piirchen zu Grunde gegangen! Mit zitternden Händen bettete sie den stöh nenden Kleinen nnd schickte zu einem jungen Arzte, da der greife Mediiinak ratl, feine Praxis aufgegeben ! Dr. Hasse untersuchte Herbei-i ge knan, lief; sich den Verlauf des Siech ithi.sms Hans unt Grethchens schil zdern und stand dann sinnend da. »Ich darf Sie wohl laurn sra en," wandte et sich an era, »ob « ie und Jhr Herr Gemahl gesund sind, gnädig-e Frau. Sie bieten Beide das Bild voll ster Frische.« »Und sind auch gesund,« beträftiate era. Der Arzt gab einige Verordnungen und ging. Aber er lam häufig .vieder, ««eobachtete das Kind und sandte zu weilen einen scharf prüfenden Blick auf die Landräthin, der ihr unbemiem war· Er schien noch zu keiner Klarheit in der Diagnose gekommen zu sein. Eines Morgens erschien er unge iwähnlich früh. Jrina befand sich noch iirn Negligee; sie fah bleich und abge spannt aug. Während sie dem Arzt die Medizin-« slasche von der titagere reichte, fiel der Aermel ihrer Jacke weit zuriicl, und enthüllte den schönen Arm-. Ohne dasz sie es gewahrte, sah Dr. Hasse aus den selben hin; dann nickte er, als fände er eine Vermuthuna bestätigt. Ehe er sich verabschiedete, bat er mit einein Blick auf Leim: »Ich bitte um einige Worte unter vier Augen, gnä diepe Frau.« Sie ließ ihn in den Salon treten und rief dann angstvoll: »Es steht schlecht mit Herbert, er ist in Ge fahr-? Sie wollen mich wohl darauf vorbereiten?«' »Das Kind wird sein gegenwärti ges Leiden wohl überstehen, aber eine Gefahr droht Ihnen. meine gnädige Frau!« »Mir." Sie trat erbleichend zurück. »Sie irren!« Er führte Sie gelassen zu einein Sessel und sagte mit großer Be stimmtheit: »Sie sind aus dem besten Wege, sich zu Grunde zu richten! Nein, bitte, fahren Sie nicht auf! Ich errieth Jhr trauriges Gehetntnißi Sie halt-i gen einer Leidenschaft, der leider viele zum Opfer sollen, Sie sind Morphis nistin, gnädige Frank« »Wie lönnen Sie das behaupten!« rief sie, nun dunkel ergliihend, »und wer heiszt Sie, mir Jhre müssigen Be mertungen iiiitzutheilen?« »Die Menschlichleit und meine TPflicht, gnädige Frau. Es tväre Zün ide, jemand seinem Verderben zueilen «zu sehen, ohne den Versuch zur Ret Etung zu machen. Auch hätte ich die iAntlage nicht erhoben, wäre ich nicht lgenau insormirt. Heute gaben mir die «Stiche an Ihrem «.«lrsn, die ich entdeckte. den letzten Beweis-. «»tniidige Frau, ich warne Sie; dieses LHist, das so ver lsiihrerisch lrctt das insangsz so heran kschend wirkt. den Elendem den Kran Ijlen seine Schwäche, seine Leiken ver «gessen läßt« es rernichtet allmahlich »Er-wer und Geist!« I thnc schauderte zusammen, fie sano »leinen Widerspruh nehr. »Ich war so lelend nach eines-i schweren Typhus-, der Arzt verordnetk mir Morphiiisn siir die schlaflosen Nächte, so —« s »So gewohnten Sie es sich »in. Eine ;gleiche Ursache, wie bei den Meisteri. Aber noch ist eg nicht zu spät zur Um Ikehr. sintsagen Sie drin GifN Ich will zghnen helfen im Kampf wider Ihre , ågierdeP Er sprach warm, eint-ring ,li . »Ich hol-? versucht,« sliisterte sie, »aber es ging nicht.« »Und schließlich« :sügte sie plötzlich hinzu, »Dann ich mit initr wohl thun, was ich magi« . Da wurde seine Miene strenge. i»Und Sie bedenken nicht« daß Ihr Zu . stand allmählich Jhrem Herrn Gemahl «aufsallen. ihn unglücklich machen wird? IUnd serner -—-« es wird mir schwer, es Ihnen zu sagen, ——— Jhr Blut ist be reits vergiftet; Jhre Kinder han en dieses Erhtheil mit aus die Welt· er iarnze Kleine leidet, dieZwillinge trank ten, starben an den Folgen des Mor spdiigiiksr -·« - - s »Nein, nein, nein!" schrie sie aus. 7»Jch bin teine Mörderin! O« meine Isiinder!« Betvusztlotz siel sie zurück. Essast ergrissg den Arzt wie Reue, doch inein, ein scharser Schnitt allein kann Lin manchen Fallen beilen. Schon kam die Ungliiekliche wieder zu sich, sie mitn smerte leise. »Sie wußten nich-, canJ Eis ;·.:aken,« tsuchte er sie zu traf-en »Aber nun der Fsuchen Sie Des Tii non-;- Oexs zu wer j·den. Wollen Sie .’« Sie nickte mit ttpräueuseuibten Au Jnen Wie ein Hauch kanns iiber il)re Wir-dem «Versctnveigen Sie es meinem Wtaniu und retten, o retten Sie mein «Iiind!« · Der Vorwurf hatte eine einschnei Ydende Wirkung auf era aeiibtx mit Ibem Rest ihrer Energie kämpfte sie ge en ihre böse Neigung. DerArzt unter sZtiitzte sie treulich, mehr noch that es unbewußt der kleine Knabe, dessenGe sundheitszustand sich zu bessern be nn. Ost freilich glaubte die die iväche nicht ertragen zu iönnen, ost uckte ihr die Hand nach der kleinen -pri e, aber immer noch überwand sie sug Der Sommer brach an; Firma ging mit dem Knaben und Lena auf das Land. Sie hätte ed vorgezogen, wie alljährlich, ein Modebad zu besuchen, aber der Landrakh hatte soeben sein Vermögen durch den Sturz eines Bankbauses verloren und fein Ge ljalt gestattete keine außerqetvöhnlichen Ausgaben Es ivar traumbast still in dieser ländlichen AbgeschiedendeiL - r ma lag sast den ganzen Tag in r Höngenmtie unter den schattigen Bäu men des Parkes und dachte iiber ihre Lage nach. Sie liebte das-« Wohlleben, Glanz und Geselligleit, und nun wür de sie manchem entsaaen sich immer ieinschränlen müssen! Ihre ungezügelte Phantasie malte ihr bereits eine durf tiae, öde Zukunft O, und tdie ein sam wir sie hier! Ihre Bekannten wa ren zum größten Theile verreist, ihr Gatte hatte selten Zeit, sie zu besit chen. Von Ferne drang das Jauchzen deL Kindes an ihr Ohr; ein triumphi rendes Lächeln schwebte um ihren Mund. Dr. Hasse hatte sich doch ge "irrt, Herbert svar gc·iind. Und ihr ei genes Blut war sicher auch nicht der gistet. Wie hatte sie sich durch dieses Wort nur erschrecken, einschiichtern lassen können. Lächerlich! Die Hitze ftiea; era siihlte sich so matt, so erschöpft! Warum diesem nn leidlichen Zustand nicht entfliehen? Das Mittel war zur Hand, Dr. Hasse nicht zu erwarten, und einmal konnte doch nicht schaden. Ach! wie leicht ihr zu Muth wurde, wie froh sie war! Sie jagte sich mit dem Kleinen durch den Bart und schlief danach wundervoll. Von dem Tage an widerstand sie nicht mehr der Versuchung, und da die kleinen Dosen nicht mehr wirkten. nahm sie immer größere, die ihre Ner den auf-z äirfierste erregten. Ost fuhr sie mit llopsenden Vulsen und lautem Schrei vorn Lager empor, oft fah sie« selbst in der Mittagssonne, seltsame Gestalten, Gesichte an ihren Auaen vorüberziehen. Zutdeilen schwankte sie blaß wie ein Geist durch das Haus« zuweilen war sie von fieberischerRötln iiberhaucht. Jhre Befehle waren manch mal so widersprechend, daß Lena sie besorgt ansah; das Kind begann fick vor der Mutter zu fürchten; balr überhäuste sie es mit stürmischen Lieb losungen, bald stieß sie es rauh von sich. MS die ernen Verdststurme wehten erkrankte Herbert abermals-, ,,Depeschi ren gnädige Frau nach dem Arzt!« rieth Lena. »Nein, nein, es ist nur ein vorüber gehendes Unwohlsein,« wehrte erc hastig, ,,niorgen ist er wieder munter.'« Doch in der Nacht steigerte sich dae Fieber; unruhig wars sich der Kleine in seinen-. Bettchen umher. era saß neben ihm, den starren Blick aus seir zuckendes Gesicht-Ihm geheftet, zuweilen unverständliche Worte murmelnd. ,,Gnädi-·ie Frau!" bat das treue Mädchen wiederholt, »lassen Sie midj den Arzt rufen. Herrert stirbt!« Und immer ein gleich aneistvolles »Nein, nein!« Da Lena dag- direkte Verbot ihrer Herrin nicht zu übertre ten wagte, teleqrnpbirte sie un der Land-roth Eschon nach einer Stund· langte er mit dein Arzte an. Jrina er schreit, als die beiden Herren eintu ten. Tr. Hasse untersuchte dsg- Kind wars aber der Mutter einen so prijsen den, vorwnrisdollen Blick in, das-, si· erbeute. »Der Kleine bedarf sorgt-unstet Pflege, icis schicke sofort eine Dicitonis fin; Sie, qniniqe Frnn sind iu ei iegt.« f lsr ging mit Jem Landrath in da-: nächste Zimmer, «ie seh ihr-: mit irrem Ausdruck nacts.-,,(ir how erra!!;en, nun wird er es Trick erziililenk« flü sterte sie: »Gr.iut Dir vor Dein-ei Frnui« »Mum-1,« ries der Kleine from-kenn »Du. mein Liebling, hast mich lieb und sie wollen mich Dir nehmen! Aber ich lasse es nicht! Du gehörst zu niir und ich hats Dich lieb, ach, so lieb!'« Sie hob den Fiebernden alt-J dem Bettchen und trug ebn, in die seidene Decke gehüllt, innrer. »Höre siur aus u weinen, mein Kinoi Jede Deiner - krönen söllt anllonend nnt mein Herz. Wir werden leide erst Ruhe hn ben im ewigen Schlummer Zehlas Kindchem schloss« Plödlich hörte sie Schritte der Thiii nahen, die Stimme des Arzte-L »Ei wollen Dich mir rauben!« rief ti: net lenkt, »Fort, fort!« Sie riß die Verandathiii -ii:f nnr slog wie qehetzt die Nutzbaumallee hin unter. Ihr Manch Dr. Hasse, Lenn stürmten ihr nach. »era, Jriim!« hallte es versweise-nd hinter ibr her Da lag der Zer, von weißen Icecel schleiern umwallt. Ihren verstörter Sinnen erschienen sie wie winkende Ge stalten. »Wir kommen. wir tonniieii!« ries sie fast jauchzend. Hoch aus spritzten die Wasser til-ei ihr und dem Rinde. — -.-.- ..-——«)—— g Die Mutter. Eine Ghettogeschichte von J. Zangwill. Aus dein Englischen von F r a n z B e r g e r. Das bundertxabrtqe Mittterctzen lag irn Sterben — Cchon hatte jie die schnierzhaften Qualen des Todeskam pfes überstanden nnd ihreSeele schweb te schon hoch iiber den Grenzen ihres irdischen Wohirsitzes. Man wähnte sie ohnmächti und wußte nicht, daß die Alte im s tornent des Todes das ein zige grosze Ereigniß ihres Lebens noch einmal durchlebte· « Vor etwa vierzig Jahren, als noch ihr Horizont sich nicht über dieGrenzen des Heimathsdorfeg erstreckte, obwohl sie damals schon eine Sechzigerin war, hatte sie eines Tages einen Brief er halten. i Es war ein reaentriiber Sommer taa am Vorabend des Sobbathg Und der Brief war von ihre-n Sulspn von Iihrem einzi en Sohn, der in einem JO Meilen ent ernten Dorfe sein Wirths Ihaug hatte und dort mit der zahlreichen Familie lebte. Mit fieberhafier Cr regung öffnete sie das Schreiben. War — Ija doch ihr Sohn das Licht ihrer alten jAugenl Erwartiinggvoll diirchflog sie die von rechts nach links sich zieheiideni ilrcusen hebräischen seiten Da plbtz- i ilich fühlte sie einen Stich iiii Herien und sank halb ohnmächtig zutainii en · Jn die vier engbeschriehenen Seiten war ein Satz eingeflochten, der ihr iiiit Iblutigen Buchstaben entgegeiiitarrtU »Ja der letzten Zeit habe ich mich nicht wohl gefühlt. Einen Tage ist die Hitze .sehr drückend, und die Nächte sind neb-» lich. Aber es ist nichts von Bedeu Itung, nur mein Magen iit nicht in« Ordnung, das ist das Ganze « Dein Breis waren einPaarPapierru-; .bel beigeschlossen, aber sie bemerkte fiel jnicht, raschelnd fielen die BantnotenE iur Erde. Auf den Flügeln bebender iAngst hatte sich gestern die Nachricht l«t)erbreitet, das-, im Wohnort ihreSSosz nes die Cholera herrschte, und schonl seit deinMorgen hatte es ihr mit schwe Erem Herzen um ihr Kind gebaiigt Und i hier dieser Brief bewahrt-Ame ihr ichlimmstes Ahnen. Vielleicht liegt er jetzt, während sie » diese Zeilen liest, aus dem Kranleiiveth vielleicht ringt er mit dein Tode, viel leicht ist er gar schon gestorben. Un-: widerstehlich zog die Miitterliebe ne hin zu dem Sohn. Besonders der Schluß dieseZ Briefes inutliete sie wie! ein boies Omen an: »Besuche mich, «1iebe Mutter, so bald als möglich, denn; ich kann jetzt lange nicht abtoninien « «Ja, sie muß zu ihm, sofort; wer weiß, ob sie ihn nicht zuiii letzten Mal sieht. i Aber in diesem Augenblicke machtel ein entsetzlicher Gedanke ihr das Blut in den Adern erstarrend. Soeben wari der Sabbath hereingebrochen. Und: iiun ist das Fahren gleichwie jedwedes Reisen volle vierundzwanzig Stunden ilang strengstean verboten. Nur in ei nem einzigen Falle gestattet die Reli gion die Entiveihung dek- Sabbaths, wenn ein Menschenleben auf deniSpie- · Il sieht. Aber wie sie auch die logischen Schlußfolgerungen drehen und wendenj mochte sie lonnte sich nicht der Jllu- « sion hingeben, daß ihres Sohnes Le ben von ihrer Gegenwart abhänge. jint Gegentheill Beim Lichte der grausa n-en Vernunft und der ruhigen Ueber-J legiing betrachtet, war auch die sinnt-I Iheit ihres Sohnes eiiie untoahricheiiiil liche Hypothese. Nein iieiii, diese Eiter-i se ist unitreitig eine tiiitweiiiiiiia dec Sabbaths: » . · l s HLJcl lUlc IlU- UULU »U! UUU Ucl spclu7; litte, blieb es doch ihre unumitiißlicbev 11eberzeugung, daß ihr Sohn todttrantl sei, und daß sie unwiderruflich zu ihm eilen müsse. Endlich nach laiigem,j todtlichem Seelentampf kam sie zu ei nem Entschluß ----- Fahren durfte sie( nicht — so muß sie alfo in Fuß ge 1 inn. —- l Rasch verzehrte sie ilir diirftigej · NachtmahL verbarg den iheurcn Brief« an ihrem Herzen nnd band ihre Zan dalen an die Fiifse um sich auf de.i fünfunddreißig Meilen langen Weg »u. machen. So brach sie anf, um zu je-Z ncm bleichen Antlitz hinzueiien, das ferne, fern von ihr auf seinen Ziisscnz ruhte und doch alg Leitstern auf ihr-eins Pfade strahlte. ; »Ich tomine, mein Täubchen, ich trmme, « fliifterte sie »Deine Mutter ist auf dein Weg« I Es war eine nebelschivere Nachr. -«·J Ein blaszrother Dunstschleier wölbte sich gleich glühender Feuerlugel ucn das Firniament Um die Baumreihen am Weges-rund treisie zerflatternder Ne belwogen. Gegen Mitternacht lös· ane der Nebelschleier das Licht der Eicrie »aus. Aber das alte Mütterchen wußt-J idaß sie geradecuts zu gehen hatte, nur« immer vorwärts So wanderte sie diel ganze Nacht über durch den Wald. — Weder Mensch noch Thier vertrat ilr »den Weg, obwohl im Dichicht Wölfe brüllren nnd unter den BiifchenSchlaw I gen lauerten Als der Morgen graute, i war sie schon ganz erschöpft und konn- - te taurn mehr gehen. Aber sie eilt-. weiter. Die Hälfte des Weges lag noch vor ihr. » s Sie hatte nichts zu essen, wert augY Lebensmittel eine Last sind, deren Tra-« Egen die Religion am heiligen Saobathz !verbietet. Jm Gehen sagte sie dass Morgenaebet her und bat Gott, er ins e ihr verzeihen, wenn sie au seinem ,eiliaen Namen aefrevelt habe. Lauf -rend sie betete, ließen ihre törvssrs chen und geistigen Qualen nach. Dann als; Este im nächsten Dorfe angelangt, lsoriel daß die entsetzlichen Cholera-Nr.1chrish-i sten aus trauriger Wahrheit deruhexik zund kein leeres Geschwätz geioe·seu,· Ispornte diese Nachricht sie zu fieberhaf kter Eile an, doch bald siegte ihre forder -liche Schwäche und an der Gr«--1»ie des Dorfes mußte sie sich an die Hage vdor1«1hecke lehnen, um auszuruhen. 63 war nahezu Mittag. liin vokao.«rae-; vhender Bettler erbarmte sich ihrer und gab ihr ein Stückchen Brod. Sle as; jeg, obqleich der Gedanke sie quält-, obs Jeg nicht etiva mit unreinen Zur-km ins iBeriihruna gewesen. Wieder machre sies ,sich auf den Weg; aber die kurze Rasti lhatte sie noch müder gemacht. So ;an Isie also den Brief ihres Sohnes lscrvor,s las ihn immer wieder und wieder, urds Isvornte ihre versagende Kraft unt dunj ;Trostesworte: ,,«.I«Ir·uth, mein Lamm-; -chen, Deine Mutter ist auf dem Wea.«'l i Die bleischweren arauen Wall-rat i ,barsten endlich und der Regen Floß in Strömen auf die schniutzige Erde uno peischie ihr schweißbedecttes Antlitz sAnfangs ensrischie sie die tühlench.)u ’che, aber bald war sie bis auf die Daut ·durchnäßt, die feuchten Kleider kleb ten ihr centnerschwer am rniiden Leibe iund die staubigeLandstraße wurde zum Sumpf, dessen dicker Schlamm sich ans lihren schwachen Sohlen heftete. - I Und im heulenden Winde, im strd linenden Regen, wantte sie voriväeics. Eine neue Angst erfüllte ihre Seele: ob ihre Kräfte wohl ausreichen? Ob sie’s.4 aushalten wird? Immer lang fumer wurden ihre Schritte, sie schtich vorwärts wie eine Schnecke Und je langsamer sie vorwnrts schelicht, desto tlarer tonimt esz ihr zu Bewußtsein, was sie unt Ziet erwartet. Ob sie wohl seine letzten Worte hören wird? Vielleicht --— ——— s— oh, oer Ge danke macht ihr Blut erstarrend, viel leicht kommt sie noch rechtzeitig, nni ei nen letzten Blick aus sein leblosess Ant litz zu werfen. Vielleicht bestraft Gott damit die Entweihung sein«-I Fliehe tages. — »Sei stark, mein Sohn,« fehlt-thue sie jammernd. —-— ,,Oh, stirls nicht! Deine Mutter ist aus dem Wen.« Der Regen hörte auf und die Sonne begann wieder zu scheinen, eine glühen de Hochsornmersonne, die ihr feuchtes Antlitz trocknete. Jetzt ward ih: schon jeder Schritt zur Qual aber trapser schreitet sie vorwärts, mit ausgescszwnh leiten, von den Steinen am Wegs-: bin tig geritzten Füßen. Denn in Der Fer ne ruft sie eine ersterbende Stimme und weiter schleppt sie sich sliisternd: »Sei stark, mein Sohn! Jsch komme, Denke Mutter ist auf dem Weg. Muth, ich werde Dein Antlitz sehen nnd Dich axn Leben finden« Der Kutscher eines vorbeirollennexi Wagens sab sie lvanken und oot ihr ei nen Sitz an, aber sie schütterte vernei nend das Haupt. Die Stunden des- endlosen Nachmit tags verstrichen und das Miii«:rl-Ln trippelte den Waldweg entlang. Hie und da taumelte sie vor Schwache-, Dornen und Gestrüppe schürstesi ihr Hände und Antlitz blutig. Endlich sant die Sonne und Asben,dne«o:l stie gen aus dem Walddickicht empor. Das Mütterchen aber tenchte oie endlos währende Straße weiter, und die zit ternden Lippen murmelten: »Sei start, mein Lämmchen, ich tomme.« Zugleich mit dein Ausgang des-pau bathg langte sie mit gebrochenen straf ten, holbohnmächtig bei der Darfst-hän te ihre Sohnes an. Jhr Herzblat ge-« rann dont erstarrenden Frost einer schauerlichen Ahnung. Denn ror Icr Thür scherzten und plauderien nicht wie sonst fröhliche Gruppen politischer Bauern. Und von dein Hause her tönte sie Trauermelodie eineg schwerniurhigen Pfalmg in die stille Abendlust hinauf-. Ein Mann im langen Rast-an Isineie ihr und legte den Zeigefinger an die Lippen zum Zeichen, daß sie gereinschs los- eintreten möge. Drinnen iti der Stube aber sah sie ihre Schlvienertcchs ter und« ihre Enkel dem jiidisjnsn Trauerrittng gemäß aus der Erde kauern. »Der Herr hat ihsn gegeben, der Herr hat ihn genommen, derName des- Herrn sei gelobt,« schrie sie auf nnd zerriß ihr Gewand »Wenn ist er gestorben f« »Gestern Abend, wir haben ihn schnell beerdigen müssen, bevor noch der Sabbath eintrat.« llnd das alte Mütterchcsi stimmte schlnehzend mit ein in die uralten, esvcg schönen·tlltelodien der heiligen Pfui men. — s t- e Die Wärterinnen ahnten nicht, was-» siir unerwartete fris Leben-kraft in; den ausgemergelten Gliedern tscsz ster benden Müttercheng einporslackerte. « Jhre rnnzeligen, lnöchernen Hände» gristsen in den pergamentartig zusamq mengeschrnmpsten, welken Busen nnd zogern daraus ein Papier hervor, dass ebenso vergilbt war, wie sie selber. s— Eigenthümliche krause Hieroqlhphen bedeckte es, deren Schwärze schon längst verblichen war. Und mit lebenden Händen hielt sie das Papier ver ihres glanzlosen Augen und überirdischezj Licht strahlte darin ans, die Iveltens Züge vertlörend l Und die todterstarrten Lippen illi sterten: »Ich komme, mein Täubdxeiks Sei stark. Deine Mutter ist aus dems Weg.« — i — -——·s-.-.O—-—— — i Dns quldlliirlr Von E. Hiller. Sie hatten nieder nichts eingenom men. Für ein paar Pfennige Wurst, fiir ein halbes stund Zucker und drei mal an je ein Kind um je zwei Pfen rige Vonbons, das war Alleg. DJZ war das ganze Eraebniß des Tages. Es war trostlos. ——————— Er aber, der Mann, sagte kein Wort. er pfiff nur vor sich hin und fah ab und zu scheu nach seinem Weibe, dasl mit ftierem Blick, bleichen WangenJ eingefallenen Argen und eingefallener Brust holt am Fenster saf: und a«pa-» this-h hinaus-sah auf die feuchte-, schim- ! nternsve Straße, in der sich die Reiteer der ltitaslaternen und der voriiberhn ; schen-den Licht-er zu seltfansen, glitzerndl schimmernden Streifen vereinten. I Eigentlich war es Zeit zuzusmachesiz un 10 Ukir kam doch Niemand mehr, drüben die Leiden alle hatten längst ge schlossen. Aber ek ivaate es nicht, sei ne Frau aus ilsrem dr«n:pfcn, leidvol ien Sinnen nusznriitteln nnd ihr zu sagen, daß der Tag auch wieder vorbei ei. rettungslos vorkeii Um etwas zu wun, nachte- er Kof feepackete zurecht Wrzn, das wußte er selbst nicht. Los wurde er sie ja doch nie-ft. Da plötzlich gina bi-- Thüre au . Ein Mädchen stiir;.«s: herein. ’ »Ach Gott, faan Sie mir. Vanill IUTUN Haben Eie- »:)"s:l lein-. Ä« H M bei ihren nach keiner gefragt wor den, zwei alte verstaudte Flaschen M mußten nous da sein ca ds- standen sie »Hu-« noer mehr?« »Zwei « Ein Blick zu seiner Frau hinüber-. « Ein Blick voll Zärtlichkeit, der besa gen wolltet «Siehst Tu, das ist der Anfang; es kann doch besser werden, es kann doch z wieder gut werden!« »Son«st et-ivas?« O, noch eine ganze Menge! Es war « 7 ein Wunder, daß er das Alles noch hatte. Und nun mach-te er die Rech UT ing. ltMari 55 Pfennige,« sagte er und ein unglaublich-Es Gesiihl überkam ihn. Ein Gefühl des Glücks-, der Erleichte rung, wie er es lange nicht gekannt hatte. Am liebsten wäre er hingeeiit und hatt-e feine Frau dort geküßt, die Arm-e, die das Elend um ihre Jugend, ihre Schönheit, ihre Gesundheit je Fracht hatte, und er hätte ihr gesagt, daß nun Alles gut sei, Alles-, Alles-, dein nun - nun lag ja ein Goldstück da, ein wirklicbe5. schönes, nicht weg zusleugnendes Gold-stück, das erste seit langen, langen Jahren! Uebel-all suchte er die paar Pfennige zusammen, um den kleinen Betrag von 45 Pfennigen herausgeben zu können. Es ging gerade meh. Auch das war s ein Wunden Und nun — nun wa-» ren sie c.llein. ,,Ann-a,« rief er. Lächelnd streckte sie iljsm die abgema gerteu Arme entgegen, während heiße Thränen iiber ihr Gesicht her-abkna nen. ,"?lnna, das ist das Glück, das wie d-1kehri!« Und nun setzte et sich zu ihr und sliisterte mit ihr und sprach Iiixd lachte und sie strich ihm durch das Haar, dem guten, lieben, leichtsinnigen Menschen. Dann plötzlich sprang er auf. ,,Ann-a,« sagte er, »weißt Du, was ich möchte? Einmal wieder eine Zi aarre raucben Nur einen Mund voll Rauch weiter nichts-! Darf ich hinüber gehen und mir eine kaufen?« »tre- ist ja Alles geschulsssem skritzK »Driiben beim Wirth bekomme ich sie mich« wie zucrve zusammen. Drüben, dort wo die Fenster so grell erleuchtet waren. dort wohnte das La ster-. Laute Mir-sit klang herüber, krei scljende, lachende und johlende Stim iren, Beifallsgeklatsche Ab und zu ging die Thüre auf unt- !vankende, be irunkene Gestalten kamen heraus und suchten ihren Wsea allein oder in zwei dseutiger Begleitung »Wenn es fein niuß,« sagte sie und dabei wurde sie noch viel bleicher, als fis war. »Ich komme ja gleich wieder, nur ei ne Zigarre, ich schwör-e cg Dir.« Und er nahm das Goldstück. »Du willst — das ganze — Geld das gaan — Gold —- st«iick?« »Es ist kein Pfennig sonst da! Aber hab’ keine Angst, ich bringe Dir Alles ziiisiick!« Und wieder gsab er ihr einen Kuß und war fort. Sie fah ihn, wie er über die Straße ging. Sie sah, trie er eintrat driis):n ins Wirthshaus, sie fah, wie sich die Thiir hinter ihm schilon und sie wußte. daß er für sie verloren sei. Trotzdem wartete sie. Lauge, lange, mit stiercni Blick, blei chen Wangen und eingefallenen Augen safz sie da, starr, wie leblos und nur die Thriinen rannen ihr l:ife, leise he rab. tka Uhr, halb zwölf, zwölf. Und nun, nun ging die Thür drü ben auf. Eine Gestalt wurde in der Thüre sichtbar. Er! Lacheird wandte er sich nach der Kellnerin uni, die ihm bis zsur Thiir hin das Geleite gegeben hatte. Er legte seinen Arm itm sie, die sich nur scheinbar wehrte, dann asab er ihr einen Klang und wsantte auf feinen La den zu. » . . . am besten zu Haufe, Drum geh’ ich nach Haus . . .« fang er, dann llinlte er die Thiire auf und trat ein. Dort dort safi seine Frau. Wie verwirrt strich er fich iiber fein Haar. Er erinnerte ----- das Geld -— die Ziaaire --——— nnd dann —-— o —- jetzt fiel ihm ein, was er gethan, jetzt wo er das Leidensbild vor sich sah und fein Rausch swar verflogen· »Vliina,« schrie ir. Sie aber stand auf und ging ihsiw entgegen. Bleich, dulden-d, ohne ein Wort. »Anna.« rief er wieder und stürzte vor ihr auf die Kniee Sie aber hole ihn zsu sich empor. wie man ein reuiniithigses Kind zu sich ern prrhebi. Dann stiitzte sie sich auf ihn i«i«.d machte ein paar Schritte, plötzlich aber wankte fie. Sie lief-, ihn log, griff in die Luft, ein Yliigstfchrei eixtfushr ihrer Fiehle und rücklings- ftiirztse fie hin. Weine-nd warf er iich über sie her, sie rufend: »Annu! Annal« Und wie er sieh so iiber sie beugte, da fiel ein Geldstiick aus feiner Westen taschc heraus-. Fünf irder zehn. — Der Rest des Zehnniartstücks· .,. « — Jmmer exact. Richter: »Geben Sie also zu, das Sie den Elscnbauenk zwei Bürsten ge stohlen ljxaben?« Angeklagten »Nein!« Richter: »Juki«-U Ihr lzartnäckiges Leugnen verschärfen Sie nur noch die Straer . . . Ich frage Sie also noch mals: Haben Sie den Elfenbauern zwei Viirsten gestcijslen?« Mi- etlcijxcrz »Nein, Hen- Gerichts . - o T e i!«