Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Jan. 29, 1897)
genillnsium NomanvonHansRichter. CthtfetztMgJ Zweites Kapitel. Lichtenau—es verdiente seinen Ra iner-, ein helles Thal mit frisch grü nenden Wiesen und Feldern, von ei nem kleinen Flusse durchsirömt, in des - sen klarer Fluth nickende Weiden sich spiegelten, in der Ferne von einer Hü seliette begrenzt, deren dunkle Fichten und Tannen ernst herüber grüßten. Das Gut des Londraths lag dicht am Flusse, an der Spihe des Winkels, welcher das freundliche Dorf beschrieb. Er hatte es erfi etwa vier Jahre im sBesitz und seitdem schon zu einer weit hin berühmten Mustertoirtbichaft er hoben· heute liegt der Hof in sonn käglicher Stille. Unter den. wie die Kanonen einer Batterie regelrecht auf gestellten Ackerwagen treibt sich eine Schaar bunter Hühner umher, durch die halbgeöffneten Stallthiiren dringt bisweilen das behagliche Schnobern eines Pferde-T das tiefe, wohlige Ge brumm des Rindviehes oder das leise Klirren einer Kette; auf dem lleinen Teiche tummeln sich Gänse und Enten, schnatternd, als wollten sie mit den schwatzenden Knechien und Mägden wetteifern, die im Sonntags-staat mit der Pfeife und dem Strickstrumpf vor dem Gesindehause sitzen —- ein anmu thendes Bild friedlicher Sonntags feier, der wohlverdienten behaglichen Ruhe, welche nur der hart Arbeitende wahr genießen kann. Vor dem Herrenhause, einem einfach hübschen Gebäude im Schweizerstil mit einer ringsum laufenden Veranda, welches den Hof nach der Flußseite zu begrenzt, stehen Elli Buchrodt und Graf Altenegg im eifrigen Gespräch mit dem Wagenbauer, und der Graf zeichnet mühsam mit einem Stock ei nige Linien kreuz und quer in den Sand, die er fiir die Zeichnung eines Feldwaaens allzeit-vorüber die heitere junge Dame laut auflacht und Herr Lange mit bescheidener Ueberlegenheit lächelt. Der verabredet-e Besuch ist also Thatfache geworden, trotzdem Altenegg bis zur letzten Stunde allerhand Ver hinderungen vorgab, welche er freilich nach einigem Zureden Konrads ebenso rasch beseitigte, als er sie erfunden hatte. : Idee Landrath und seine Gemahlin halten Mittagsruhe Auf der Röck seite des Hauses, wo sich der hübsche, zierlich gepflegte Garten sanft nach dem Flußufer senkt, sitzen Clara und Konrad auf der Veranda, sie mit einer Handarbeit beschäftigt, er weit in ei nen amerikanischen Schautelstuhl zu rückgelehnt, im Munde die Cigarre, mit den Augen unbewußt den leichten Rauchwölkchen folgend. Weit ab von dem friedlichen Hause, von dem stillen, schönen Mädchen, das bisweilen, von ihm unbeachtet, die sinnigen Augen prüfend zu ihm emporhebt, in eine un gewisse Ferne hinaus fluthen seine Ge danken und suchenein bräunlich-blasses Weib mit blitzartig funkelndens Augen. Der Schleier desGeheimnißvollem mit dem sie sich umgeben, reizt ihn fast noch mehr als ihre Schönheit und hat das flüchtige Wohtgesallen zu- einer ernsten Leidenschaft entflammt. Die Selt famteit der Bewegung, das Fremden tige ihrer Schönheit, der Zauber ihres ungewöhnlichen Geistes. der wechseln den Stimmung, ihr räthselhaftes Auf tauchen und Berschwinden — wie ein süßer, milder Haschischtraum umfängt ei ihn, in dessen Erinnerung er sich so tief versenkt, daß sie schließlich von sei nem ganzen Fühlen und Denken Be sitz ergreift, ihn gegen alles Andere gpeichgültig macht, gleichgültig selbst gegen den innigen Ton, in welchem jetzt Garn fragt: Du bist so ftill und ernst, Konrad; was hat dich verstimmt? Woran denkst du? An . . . ., fast entschlüpft der Name Melitta seinen Lippen, doch hält er noch zur rechten Zeit inne und sagt da fiin An die Dummheit der Neustäd ter, sich über meinen Abschied die Köpfe zu zerbrechen. O, das ist unartig, ich thue es näm lich auch! Papa sagt, du seist des Dienstes müde, aber duwarst doch stets so gern, ja. mit Begeisterung Soldat. Die Ansichten- ändern sich, liebe cis-ea. Eine Redensart, aber keine Erklä meet hältst du ei vielleicht für angenehm, siir Jus-then zu dtillen M das Justruttionsbuch wiederzutdeeni Ich keckem-re in dieser Tretmiihle, in c — der ich mich wie des Färberz Gaul im Kreise herumtreibe. « Und das noch einförmigere Landle ben, solltest du denken, würde dir mehr Abwechslung und dauernde Befriedi gung gewähren? Das kann nicht sein. Es ist irgend etwag anderes geschehen, was deinen Entschluß bestimmt. Seit unserm letzten Besuche in Neustadt bist du nicht mehr derselbe. Jn deinem Wesen liegt ein fremder Ton, der mich ängstigt. Sage mir, was es ist« reiße mich aus dieser peinigenden Ungewiß heit; ist dir ein Unheil widerfahren, droht es dir? —- Du schweigst, Kon rad! Hast du denn kein Vertrauen, teine Liebe mehr zu mir? Ein schmerzliches, bittendes Zagen klingt durch Clara’ö Stimme, leuchtet zärtlich aus ihren Blicken, die den sei nigen zu begegnen suchen. Konrad Buchrodt hat dafür nicht Auge noch Ohr. Unwillig, weil er fühlt, wie eine verrätherische Röthe in seine Wangen gestiegen ist, murtt er, den Kopf zur Seite wendend: Thorheit, du siehst, am hellen Tage Gespenster. Und das schöne Mädchengesicht neigt sich er blassend wiedr über die Stickerei, aus die eine heiße Thräne niedertrobft. Er weiß taum« wie schön sie sind, diese zarten, reinen, träumerischen Züge; seine Zuneigung ist eine rein brüderliche. Mit acht Jahren ver waist, war er im Hause des Oheims zusammen mit dessen gleichaltrigem Sohne erzogen worden. Eines Tages brach dieser beim Schlittschublaufen durch die berstende Eisdecke Tollkiihn stürzte sich Konrad, der sich bei dem unheilveriijndenden Krachen noch rechtzeitig gerettet, in den Strom, die schwache Kraft des Knaben erlahmte in der eisigen, reißenden Fluth, aber er ließ den Gespielen nicht los, in enger Umarmung brachten herbeieilende Männer sie ans Ufer, leider siir den ei nen zu spät. Seitdem nahm Konrad in dem Herzen seiner Verwandten den Platz des ihnen entrissenen einzigen Sohnes ein, Ellt und Clara betrachtete er als seine Schwestern. Die Rücksicht auf seine Nähe hatte den Landrath, als er vor einigen Jahren seine Domä nenpacht aufgab, zum Antaus von Lichtenau bestimmt, vielleicht auch, da seine Töchter zu anmuthigen Jung frauen heranbliihten, dieHosfnung aus ein noch engeres Band.... Heiß brütet die Sonne auf dem lGattecy ein Tag, den der April ini voraus vom Sommer entlehnt zu ha ben scheint, am blauen Himmel flat tern einige weiße Wölkchen, die der Bollsmund in naiver Poesie Schäfchen nennt, auseinander-. Konrad heftet seine Augen auf sie, als hoffe er, eines von ihnen werde ihm den Weg zu Mr litta verrathen —- Frau Melittat dar über kommt er nur schwer hinweg. Allerdings, sie stand nicht mehr in der ersten Jugenbliithe, wie auch in ihrem ganzen Wesen etwas Frauen haftes lag, das diesem feinen Kenner nicht entgehen konnte, doch ergänzte er wenigstens aus eigener Machtvolllom menheit: verwittwete Frau Melita . . ., er konnte sich keinen Mann denken, dem diese Frau angehörte; nur auf sich selbst angewiesene Frauen. Wittwen, haben dieses (im guten Sinne) freie, selbständige, bestimmte Auftreten. Jhr nicht nachzuforfchen, wie sie ihm be fohlen, war ihm wenigstens in einer Beziehung nicht schwer gefallen. Auf dem Bahnhofe war sie von einigen Ka meraden bemertt worden.die mit allem Eifer lebenslustiger und in der Ein förmigkeit der kleinen Stadt nach Ab wechslung schmachtenderjunger Herren etwas iiber sie zu erfahren suchten, lei der bis jetzt mit durchaus negativen Erfolgen. Das Mädchen aus der Fremde nannte man sie im Casino; niemand kannte fie, niemand wußte« woher sie gekommen, wohin sie gegan gen. Der Lohntutscher behauptete, sit habe ihm nicht das Endziel der Fahrt· sondern nur die Lichtenauer Chausset als Richtung angegeben, Und von die ser führten mehr als ein Dutzend Wegs nach zerstreuten Dörfern, Gütern unt Höfen seitwärts ab. Konrad hätt( bisweilen am liebsten laut ausgelacht wenn die Kameraden sich in allerhant Bermuthungen über Melitta ergingen von ihrer junonisehen Schönheit schwärmtem sie mit einem strahlender Meteor verglichen,da5 urplötzlich blen dend auftaucht- um ebenso rasch unt spurlos wieder in dunkler Nacht zr verfinien, nichts zurücklassend als dis Erinnerung und das Bedauern seines zu schnellen Entschwindens. . . ., e1 wußte ja mehr als sie alle, doch hüllt er sieh llug in gleichgültiges Schwei gen. Gewiß wird er sie wiedersehen, da sagte ihm eine innere Stimme, und di s-«fiihle Ueberlegung stigte die nicht un mhrscheinliche Erklärung hinzu, Me litta stath einem der Gutsbesiher oder l - I - sonstigen honoratioren in der Nähe Neustadt’s einen Besuch ab, vielleicht alg Verwandte, vielleicht nur als Freundin, gleichviel, der Landrath un terhielt einen regen Verkehr mit seinen Nachbarn, und so mußte Konrad, olme das ihm gegen seinen Willen abge nommene Versprechen zu verleßery ihren Aufenthalt erfahren, sie wieder sehen . . . . die slatternden Wölkchen da droben haben sich wieder vereinigt und heben sich wie ein hellerKranz von dem dunkeln Blau desAethers ah, ein gutes Vorzeichen — Kränze flicht die glück liche Liebe. Mit schweren Schritten steigt Gras Altenegg die hölzernen Stufen zu der Veranda heraus, seht sich neben Clara. die sich mit übermenschliche Gewalt zwingt, ihm ein lächelndes Gesicht zu zeigen, erzählt ihr von seiner berühm ten Evastochter und seinem schönen Schlosse Altenegg, das so trostlos leer steht, und hält bisweilen mitten im Satze inne, wenn er sich in die Bewun derung ihrer lieblichen, sanften Züge verliert. Konrad träumt weiter von Liebeslränzem unten im Garten wirst Elli Buchrodt die Frühlingsblüthem die sie für den Gast gepflückt, in den murmelnden Fluß und preßt zornig die rothen Lippen zusammen: Blind sind sie, diese Männer, blind und thö richt, wie kleine Kinder, die nach den Sternen fassen und die Blume zu ih ren Füßen nicht sehen. So herzensgut, so ritterlich brav und ohne jedes Falsch und dabei so blind, so dumm! Jch möchte lachen, wenn — ich es nur könnte! Ein schmerzlichen triiber Hauch weht durch das Bild, das so fest tiiglich heiter aussieht. i- s- « Im Laufe des Nachmitags lauten wie gewöhnlich noch mehr Gäste, der Lichtenauer Prediger, ein noch junger Mann, mit seiner Mutter, ein pensio nirter Major mit seinem Sohne, der sich als hoffnungsvoller Jnftnterie Fähnrieh durch die Gegenwart der bei den Dragoner-Lieutenants etwas ge nirt zu fühlen schien, der Oberförster mit seinem Forstreferendar und Ele ven, mehrere Gutsbesitzer mit stattli chen Gattinnen undmeistrecht hübschen Töchtern, zum Theil in Begleitung mehr oder minder nahestehender jun ger herren. Die älteren Herrschaften nahmen in dem großen, luftigen Gar tenzimmer Platz und plauderten, die Damen über häuslicheAngelegenheitem die herren über Politik und Land wirthschaft. Jn diesen Kreis warfen die geistreichen Salonsireitfragen, die in großstädtischer »gebildeter Gesell schaft' unentbehrlichen Erörterungen der Kunst und Literatur, keine stören den Schatten. Ob Verdi oder Wag ner, Schiller oder Tolstoi, Rafael oder Schmidtt-Preuschen—-Frau Landrath lümmerte sich darum ebenso wenig wie ihre Gäste. Dafiir aber war der Kas feetisch und später die Tafel zum Abendbrod vorzüglich besetzt, mit fei nem Porzellan und schwerem Silber sehr geschmackvoll und reich delorirt, und ihr noch seuriges Auge lontrolirte sehr scharf den Bedienten und die Mädchen. Sie war eine noch sehr hübsche, lebhafte Dame von jener an genehmen Fülle, welche glückliche Frauen, besonders Blondinen, in den vierziger Jahren erreichen, heiter, le bensfroh und energisch, das Urbild ei ner Landdandr. in Erscheinung, Cha ralter und Auftreten ihrer älteren jTochter fast gleich. Im warten uno aus oer wiepe am Fluß amiisirte sich die Jugend. Der Forstreserendar, ein- lebhaften dunkler Krauskopf, welchem Konrad heute sein Amt als Bergniigungslommissar ab getreten, arrangirte Gesellschcstsspielr. Wie Frühlingzgenien schwean die. Mädchen in ihren hellen Kleidern über den Rasen — Scherzen und Lachen,3 Jagen und Jungen, harmlose Reiterei und gutmüthiger Spott, vielleicht auch ein wenig Liebelei, dazwischen Gläser klirren, Reden und hochrufe. denn der Graf hatte einige Körbe Champagner mitgebracht, den er nicht sparte; Kon rad trieb das alles nur wie im Traume ’ rnit. Die Mädchen waren durchweg hübsch, doch gegen Melitta mußten sur E weit zurücktreten, leine besaß ihren T Wuchs, den eigenthiimlichen Reiz ihrer Züge, am wenigen ihren Geist, selbst Clara nicht, die schönste und anmu thigsie von allen, s omadonnenhaft auch ihre reinen blauen Augen« unter der weißen, goldurnlockten Stirn hervor sahen, so sinnig und freundlich die « sanfigtfchwungenen Lippen sprachen. Arn Ufer lagen zwei hübsche kleine Boote. Wir wollen auf dem Wasser fahren! rief eines der Mädchen, die andern stimmten jubelnd bei: Ja wohl, Kahnfahren und die Loreley dazu singen —- nein: Es rauscht in . den Schachtelhalmen — oder: Eine l T I J Wassermaus und eine Kröte! Jn klu ger Höflichkeit war Alyne « denDas men- beim Einsteigen behi s ich, bis er ducrch einen forschenden Seitenblick be merkte, daß Clara, aus welche er war tete, sich ins eine Laube zurückgezogen. Mit txtben Fußtritten stieß er die ge füllten Kähne vom Ufer ab. Kommen Sie denn nicht mit? — Trauen Sie dem Wasser nicht« weil es keine Ballen bat? — So wasserscheui Das läßt tief blicken! rief es lachend durcheinander. DerGras stemrnte die Arme in diel breiten hüften Wiege ja hundert vetmzig Pfund meine hettschsftem ruinire mit einem Fußtritt Jhre ganze Flottille, auf Parole, will Sie durch aus nicht in Lebensgefahr bringen! Und mit lächelndem Stolz auf feine List trat er zu Clara in die Laube undi setzte sich ihr gegenüber auf den Stuhl. sie ihm mit einer freundlicheni Handbewegung anwies. Vielleicht war er ihr nicht ganz willlommen, allein sein ehrliches, breites Gesicht zeigte ei-( nen so theilnehan Ausdruck, daß1 sie ihm nicht zürnen konnte. l Es war ein hübsches Plätzchen wie eigens geschaffen zum stillen Sinnen oder traulichen Zwiegespräch Rings um dusteteni Rosen, Maiglöckchen und tönte Gläsertlirren und heiteres Schwatzem nebenan rauschte leise der Fluß, darüber hinaus schweiste der Blick über saftiggriine Wiesen bis an den terrassenförmig empor-steigenden dunklen Bergwald, über welchen die Thürme der stolzen Nitolsburg em porragten. Die sinkende Sonne, die in einem Meer purpur- und mange farbener Wolken schwamm, ließ das alte Gemäuer trotz der über eine Meile betragenden Entfernung scharf in ei nem röthlichen Lichte hervortreten und die Fenster wie glühende Schilde er glänzen. Dahin blickte Clara durch die breiten Blätter des die Latten um rantenden Pfeifentrautes, auf denen die schrägen, zitternden Sonnenstrah len spielten, als sage ihr eine unbe stimmte, dunlle Ahnung, daß das Schicksal geheimniszvolle Fäden zwi schen ihr und dem fremden, stolzen Schlosse herüberspinne. Unruhig rückte Graf Ateneag auf seinem Sitze hin und ber, das Gesicht in feierliche Falten gelegt. Jch bin eine fchlechteGesellfchafterin, begann endlich das Mädchen. Sie müssen heute fehrvielNachsicht mit mir haben. O, Sie machen mich schon glücklich, wenn ich nur bei Jhnen sein darf, ant wortete Altenegg, und als sie ihm dar auf freundlich zunickte, fand er endlich den Muth, nach welchem er schon so oft vergeblich gerungen. Sich weit vorbeugend, so daß er ihren weichen Athem auf seinen Wangen fühlte, fuhr er fort: Was halten Sie eigentlich von mir, gnädiges Fräulein, von mei nem Charakter? Daß sie ein guter Mensch sind, ein echter Edelcnann, nicht nur dem Namen nach. Edelmann kommt heutzutage nicht mehr viel daraus an, das erstere bin ich wirllich, hosse es wenigstens. Schönheit, Klugheit, Talente, ein ge siilliges, einschmeichelndes Wesen, das ist mir alles versagt, mache mir auch wenig daraus, lache höchstens, wenn manche Narren mich verspotten zu können glauben, oder nehme sie mir vor di« Klinge, je nachdem! Allein ich habe wissentlich noch keiner Katze ein Unrecht gethan; ein Mensch, der es gut mit mir meint, kann mich um den Fin ger wickeln, und sür meine Freunde lasse ich mich todtschlagen, rädern. Jih habe ein treues, ehrliches Herz, Etat-, und dieses Herz gehört Ihnen, so lange ich Sie kenne, seit Jahren schon. Gras Alteneggt ries Clara betrossen und erröthend dazwischen, aber nach dem er seine bange Scheu einmal über wunden, war Altenegg von einer ihm sonst völlig fremden Redegewandheit und Kühnheit beseelt. Jhre beiden Hände ersassend, drückte er sie mit zar tem Zwange aus ihrem Sitz zurück. Jch weiß wohl, daß Sie mich nicht lieben können, Sie ein lichter Engel, ich ein ungeschlachter Kriegztnecht, der ibesser aus die Rettbahn als in Frauen Igemächet paßt. Jndesz, so rauh und ’prosaisch ich erscheine, giebt eg doch in meinem herzen ein höheres, heiligeg Gefühl, die Liebe zu Ihnen, die durch mein ganzes Leben dieselbe bleiben wird. Nur selten, in Stunden thöricht seliger Triimereien, in eitler Zuver sicht aus die Glück-gönn die mir das Schicksal ohne mein Zuthumin den Schoß geworfen, dachte ich an die Möglichkeit Sie zu erringen. Sie be rauschte mich, doch fand ich nie den Muth, Ihnen diese Liebe zuentdeckem nur Zu deutlich sagt mir meine Selbst erkenntniß, daß der Marm, dem Sie Ihr Herz schenken werden,ganz anders r beschaffen sein muß als iikzc und wenn ich FU, entgegen meinem Vorsadq um Sie werbe, geschieht es nur« weil Sie unglücklich sind. Jch bin kein feiner, geistreicher Kopf, der in dem herzem anderer Leute zu lesen versteht, aber das meinige, das nur für Sie schlägt, sagt mir, daß Sie leiden;,warum? um wer-? ich weiß es nicht und frage nichts darnach! Nur so viel weiß ich, daß ich Jhnen helfen, Sie so zufrieden und glücklich als möglich machen möchte, selbst um den Preis meines Lebens. Nur deshalb biete ich Jhnen meine Hand, die wohl stark genug ist, Sie gegen jeden zu schüsem einen der besten, geachtesien Namen und eines der größten Vermögen des Landes. Das bedeutet Jhrem herze-n wenig, ich weiß es, doch freue ich mich um Jhret willen, daß ich der Graf Schenk zu Altenegg bin, der keinem Fürsten zu weichen braucht, Sie sollen eine große, mächtige, reiche Dame sein, meine Herrin, Jhr Augenwink ein Befehl für mich, Jhr Lächeln mein Dant und mein Glück. Zitternd stand Clara vor dem er regten Manne, dessen mächtige Brust sich in tiefen Athemzügen stürmisch hob und senkte. Jch kann es nicht, klang es leise von ihren Lippen, ich müßte Sie ja betrü gen . . . mein Herz gehört-— nein, nein, es kann nicht sein, Graf! Also doch! — Altenegg war bleich geworden, wie sie ihn noch nie gesehen. ——-Eine wahre Hoffnung habe ich wohl nie gehegtt und werde immer glücklich sein, wenn ichSie glücklich wissen kann ...freilich, es ist trotz alledem bitter; auch wenn ich Jhre Antwort voraus sehen konnte, schneidet sie mir doch das Herz entzwei, das ohne Groll Jhnen jetzt und fiir ewig gehört. Und in rit terlicher Aufwallung beugte er das Knie, küßte Clara’s Gewand und die zarte Hand, die sie sanft auf sein Haar legte. Jch gehe seht, Clara, wir wer den uns sehr lange nicht wiedersehen, doch wenn Sie jemals eines starken Armes, eines ehrlichen Herzens bedür fen, so schreiben Sie nur ein Wort an Ihren treuen Freund Emmo Altenegg. Was ich bin und habe, gehört Ihnen, Gut und Blut, Leib und Seele bis zum letzten Athemzuge. Verzeihen Sie mir, ich meinte es ja nur gut mit Ih nen, und denken Sie bisweilen freund lich an mich. Er wollte gehen, aber jetzt schlang das Mädchen ihre Hände um seinen Arm und hielt ihn zurück. Flehend bat sie: Nein, ich lasse Sie nicht, Sie müssen bleiben. Jch rechne auf Jhre Freundschaft; kein herz schlägt mir so treu wie das Jhrige, berauben Sie mich dieser einzigen Stütze nicht. Bleiben? ..... O Sie wissen nicht, was Sie verlangen, Sie kennen die Liebe nicht. Sie zu sehen —- ohne Hoffnung —— es treibt mich mit Ge walt fort und hält mich mit noch stär kerer Gewalt zurück; mir ist, als sei ich ein neuer Mensch geworden mit andern Gefühlen, von denen ich früher nichts ahnte. Ach, diese gezierten Worte, die mir, ich weiß selbst nicht wie, von den Lippen fallen, können Jhnen doch alle nicht sagen. wie es in mir aussieht, wieunendlich lieb ich Sie habet Guter. .. Sie zürnen mir nicht? Zürnt man den Engeln, daß sie nicht vom Himmel zu uns herniedersteigen? Jhnen zürnen, wie könnte ich es, selbst wenn Sie mir die letzte Hoffnung rau ben.... müssen Sie das, Clarai Bleibt nicht die geringste, nur ein lei ser Schimmer, der mich aufrecht erhält. fiie mich übrigi So verzweifelt blickte er sie mit sei nen große braunen Augen an, daß sich ein zärtliches Gefühl in ihrem Her zen zu regen begann. Wir sind nicht herren unserer Em pfindungen und Neigungen, sprach sie rasch, seine Rechte zwischen ihre beiden Hände nehmend. Wäre ich eg, wie gern würde ich Ihnen mehr geben als neine Freundschaft Vielleicht, wenn finst mein Herz denselben Schmerz rnpfindet, wie jetzt das Ihre, wenn ich nich retten musz vor meiner eigenen inglitellichen Leidenschaft, sliichte ich mich zu Ihnen, und wenn Ihnen dann genügt. was noch von meinem Leben iibrig ist, der ehrliche Wunsch, Sie lie ben zu lernen, Sie so glücklich zu ma chen. als Sie es verdienen, so will ich gern die Jhre fein. Bis dahin bleiben Sie mein Freund, ich bitte Sie herz lich, fliehen Sie mich nicht, auch wenn es anen scheint, als hätte ich dies( Stunde vergessen. Jch fürchte, schwe ren Tagen entgegen zu geben« in denen ich Jhrer Treue bedarf. Jn den taktmäßigen Ruderschlag der zurückkehrende Boote tönte de1 schwermiithige Gesang der Fohrendenx Nun wollen Berg und Thale wiedei . bllllym I-— T Die Winde säuseln durch der Wipsek Gr iin, Des Waldhorns Klang verschwirnmt im Abendroth — Jch möchte froh setinstdoch mein Herz ist o . Jn das Haus zurück eilte Clara, der Gras ging an das Ufer und zog die Kähne an den ihm zugeworfenen Ket ten heran. Als sich die Gesellschaft plaudernd zerstreute, sagte er zu Buch rodt: Jch fahre nach Hause. Warum? fragt-e Elli. zwischen die beiden Ossiziere tretend, indem sie mit ihrem Bett-er einen raschen, vielsagen den Blick austauschtr. Ihnen beiden war Alteneggs Liebe längst kein Ge heimniß mehr, der Zweck seines Zu rückbleibens von der Bootfcchrt ebenso leicht zu deuten als der Grund seiner jetzigen Berstirnmung Füble mich nicht recht wohl, aus Parole, ganz miserabel, stotterte der Gras verlegen. Möchte aber nicht erst Aufsehen erregen, bitte mich giitigst bei den Herrschaften drinnen entschudigen zu Pollen. ists-out sh- i i-. U, Iu emsqtupsell Tale mir lltmr, rief Eili, legte fest ihren Arm in den seinigen und blickte mitleidig in sein blasses Gesicht. Geh nur, Konrad, da mit wir nicht alle spurlos verschwin den, und Sie, Graf, bleiben noch, täne Widerredet wir setzen uns in die Lau be und ich erzähle Ihn-en Märchen . . . vom Bäumchen, das gern andere Blät ter haben wollte, und ähnliche ange versichere Ihnen, das ist besser ais jede Medizin, die Jhnen Jhr Stabsarzt verschreiben kann, aui Parole! Wie gut Sie mit mir sind, Elli -— ohne es zu wissen oder zu wollen, nannte er sie nur bei ihrem Namen. zum ersten Male ·—— hütsreich wie ein Engel. O, ich habe durchaus nichts Engel hasies an mir, erwiderte Elli leicht er räthend Wenn Sie mir ein wenig mehr Aufmertsamteitgewidmet hätten, wünden Sie wissen, das-, ich nur ein s geht einfaches, unbedeutench Mädchen in. Gras Altenegg schüttelte zu dieser bescheidenen Selbstbeurtheiiung ener gisch verneinend den Kopf und mur melte etwas Undeuttiches in den strup pigen Schnurrbart, was mit »Alle Hagel« anzufangen und mit der Ver sicherung ,,ausParole« zu enden schien. Dann traten sie in die Laube. Drittes Kapitel Es war der dritte Tag nach dem Besuche in Lichtenau. Jn einem Hei nen Saale des Gasthoer zum Adler, der mit seinen Nebentabinetß gewöhn lich zu Festiichteiten geschlossener Ge sellschaften benutztwutde,gingen Buch rodt und Altenegg aus und ab und be trachteten prüfend die zieriich nnd reich gedeckte Tafel, die bereitgesiellten, noch der Füllung harrendenWeintiihler, die an den Wänden angebrachten militäri schen Embleme. Buchrodt, der bereits endgültig beurlaubt war und morgen nach Lichtenau überzusiedeln gedachte, gab seinen Kameraden und Freunden ein Abschiedsessen Alles sehr schön, sagte der Gras mit betrübter Miene, sich an eins Oder nach dem Hofe hinausgehenden Fenster sehend. Wollte aber mit Freuden zehn Dinerz geben, wenn du bliebesi. Es ist ja nur ein sahensprung bis Lichtenau, ich rechne sehr start daraus daß du mich öfter besuchst, tröstete Buchrodi. Gortsetzung solgt.) ——.-0.0-.- s— --- —-—. Des Sinken des Titieaeir. Der »Kölnifchen Zeitung-' schreibt man: Zahlreiche Anzeichen sprechen dafür, daß der große, auf der Grenze von Pera und Bolivien gelegene Titl racafee fich in dauerndem Rückschritte z befindet und fein Wasser-spiegel all-- " mählich sinkt. Jn den letzten dreißig Jahren ist er an verschiedenen Orten trm 500 Meter weit zuriickpexoichein Ueberlieferungen besagen, der eine Lagune, die jetzt 20 Kilometer von dem See entfernt ift, früher ein Theil des: selben gewesen fei, nnd an der Richtig ieit dieser Ueberlieferung iit nicht zir zweifeln. Die Felsen an feinen Ufern und in feiner Nachbarschaft nagen in vetfchiwenen Höhen Spuren der Thä tigieit des früheren Wasserfiandesx das Wasser des Sees ltieg eheman bis zu dieer Linien herauf. Auch finden sich an den Felsen verlchiedentliche Restes von halbversteinerten Süßivafiermu fcheln in großer Zahl. Der See ist alfo im Verschwindens begrifer und feine Oberfläche verkleinekt sich dau ernd. Die Folge einer weiieren Ab 1 nahme des Wassers-viel- die Auflösung des Sees in eine Reihe kleiner See becken fein, und fchließlich wird viels - leicht die Gegend nichts anderes mel fein als das Bett eines Flusses.