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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (June 5, 1896)
.Ja, ja," erwiderte er, ohne sich auch nur einen Augenblick zu besinnen. »Du hast mich bezwungen, Alles, was Du forderst, soll geschehen. Gebiete über mich, Du holdei Wesen, Dein bin mit Leib und Seele!« Jutta gab keine Antwort. Was hätte sie auch sagen sollen? Daß sie; ihm nunmehr glaube, daß dieser Glau· t be ein seliges Empfinden in ihrem her zen wachgerufen, und daß dieses herz längst sein eigen wäre, hätte er nicht so rauh und ungeftiim darum geworben?! Nein, vor diesem Verrathe an sich selbst wollte sie sich hüten. Kein Wort kam über ihre Lippen. Schweigend folgte sie ihm aus dein Gemache, das bisher ihr Gefängniß gewesen, und erst dann, ais sie an seiner Seite einen hohen Saal betrat, kam ein Laut über ihre Lippen. Und es war ein freudiger Laut, ein Ausruf der angenehmsten Ueberraschung, denn die Männer, die in jenem Saale versammelt waren, kannte sie Alle. O, wie jubelte sie ihnen entgegen, wie entzückt begrüßte sie die Freunde ihres Vaters. f Der Herzog aber behandelte diz Her ren förmlich als Gefandte des Königs und erklärte kurz und bündig« dasz er Jutta ihnen nicht ausliefere, sondern die edie Jungfrau selbst nach Schwein furt zurückzubringen gedenke. s-— Und so geschah es auch. Markgraf Otto hatte das nicht erwartet. Er machte große Augen und ein sehr fröh liches Gesicht, als der Herzog vor ihm erschien und, die Tochter dem Vater über-gebend um Verzeihung bat für seine rasche That. »Ich gewähre Alles, was Jhr wollt," erwiderte Herr Otto, »doch nicht be dingungslos. »Ihr miißt betennen, dasz Alles, was ich in Würzburg beim Baniett u Euch gesprochen, wahr und richtig i . Oder wollt Jhr jetzt, wo Jhr Euch, von Liebe verblendet, sogar in die Gewalt eines Mannes begeben habt, den Ihr getränlt, noch leugnen, daß und die Liebe mancher Tborheit fähig macht? Und wollt Jhr Euch stir der noch vermessen, ein Weib zur Liebe zu zwingen2« Nein, das wollte der herzog nicht. Er tniete vielmehr vor Jutta nieder und bat herzinniglich um Erwiderung feiner Gefühle. Da lachte der Mart graf, und da er wohl merkte, auch Int ta sei dem Herzog nicht abgeneigt, so legte er die Hände des schönen Paares in einander. »Hier habt Jhr Euch und mögs glücklich sein,« sprach er dabei. »Wir aber wollen fortan sagen. dasz nicht nur Noth, sondern auch Liebe Eisen bricht und zurn Beweise dessen die Kette sorg sam aufbewahren, die eines Liebenden Schwert auf einen Streich zerhieb!" Die hochzeit Bretislaw’s mit Jutta fand einige Wochen später in Olrniitz mit großem Gedränge statt, und to en dete die romantische Liebesgeschichte Bretiölaw’s und Jutta’s doch noch am Altare. Die lahme Martha Von A. Fromm Das gehört zu meinen frühesten Er innerungen, daß ich an einernSonntage in unserem Garten saß, während un sere Mühle tlapperte und die Vögel sangen, daß ich durch den Stateten zaun zusah, wie die Kinder auf der iese jenseits des Weges herumspran en, und daß ich meine Wärterin frag te: ;,Christine, warum bin ich eigentlich lahm?« »Das hat der liebe Gott so eingerich tet, Marthchen,« gab die Alte zur Ant wort. —- Eine ei entliche Antwort war es nicht, das wu te ich wohl, aber ich fragte nicht mehr, wen sollte ich wohl fragen? Meine Mutter war gleich nach meiner Geburt gestorben, mein Vater hatte tagüber in der Mühle und auf den Feldern zu thun und mein Bruder Karl war, wenn auch etwas älter als ich, doch zu jung, als daß ich eine Aufllärun von ihm hätte erwar ten lörrnen. A r für mich selber habe ich oft nachgegrübelt: warum mußte ich, die ich sonst gesund und start war, diese vertrüvpelten Füße haben, auf de nen ich als kleines Kind gar nicht und später nur mit Mühe an Krücken gehen konnte. Jch war scheu von Natur, und mein Gebrechen, das mich von anderen Kin dern fern hielt, machte mich noch scheuer. Jn die Schule schickte mich mein Vater nicht; er wollte, wie er sag te, nicht sehen, daß sein Kind von an deren zurückgeseßt oder gar verspottet wurde. Der arme Mann schämte sich meiner. So lam es, daß der erste Mensch, der von außen her in mein Leben trat, ein Brudersohn meines Vaters war, der aus einem andern Ort in unsere Stadt lam, wo er ein lleines stödti sches Amt erhalten hatte. Er hatte hier nur noch einen Verwandten von smiitterltcher Seite, einen galligen, gei »zigen alten Onkel, und so brachte er iviele seiner freien Stunden bei uns zu. ZEr kam zu mir wie ein frischer hauch »aus einer Welt voll Farbenglanz und fSonnenscheim er brachte Leben und HIrohsrnn in unser stilles Haus« er lehrte Imich lachen und mich meines Lebens ,freuen. Er war der Erste, der mich mit imitleidigen Blicken betrachtete, der nie fmit einem Wort auf mein Gebrechen sanspielte. Er sprach gern mit mir, ydenn ich war eine aufmerksame Zirhör jerinz was er sagte, nahm ich in mei jnem Herzen auf. Er blieb oft bei mir, iwenn der Vater und Karl ausgingen. »Mit Dir plaudert es sich am besten, Martha," pflegte er zu sagen, »Du hast etwas wunderbar Behagliches.« Wie manchen Sonntagnachmittag lim Sommer haben wir in der Laube ;gesessen, von der aus man den Weg fübersah, aus dem die Spaziergänger dem Walde zu zogen. Und wie thöricht babe ich geträumt, wenn er fortgegan gen war. Heute tann ich diese Thor heit taum bereisen; aber, lieber Him mel, ich war damals jung, ganz uner fahren in Welt und Leben, und ich hatte ein so warmes Herz in der Brust, Iwie es nur jemals eine gehabt, die auf zwei gesunden Füßen einhergtng Um diese Zeit starb mein Vater. Jch habe ihn betrauert, aber bis in mein in nerstes Leben ging mir dieser Verlust nicht. Er hatte mir mehr Mitleid als; I Liebe gegeben, es fehlte an einem starten i fBand zwischen uns. s« An unserm Le-! lben änderte dieser Todessall wenig.j liiarl nahm sich beständig der Mühles "und der Landwirthschast an, die altes iChristine waltete weiter im Hause, iso; sich selber es nicht lonnte, und —-- was; . die Hauptsache war —- der Vetter Hans kiam in diesem Sommer noch viel regel EMäßiger als sonst zu uns. E »Weißt Du auch Martha.« sagte( EKarl eines Tages lachend zu mir, »wa Irum Hans, wenn er bei uns im Garteni Tsitzt, mitunter plötzlich ausspringt und! Esartlöust?« ! Jch schüttelte den Kopf; bemerkt! jhatte ich es wohl, aber rnir nichts Be-; sonderes dabei gedacht. I i »Gib einmal acht,« suhr Karl fort, »es geschieht jedesmal, wenn die hüb-« fche Anna Leisten vorübergeht. Das ist seine Flamme. Die Beiden sind luntereinander einig; aber der alte lholsn ihr Onkel und Vormund, bei dem sie wohnt, will nichts davon wissen, weil sie beide, Hans wie die tleine An na, arm wie Kirchenmäuse sind.'« Ich kann nicht beschreiben, was in mir vorging, als ich ihn so reden hörte. Da erst wurde mir klar, was alles ich geträumt, gehosst geglaubt hatte. So Ibald ich konnte, schlich ich in mein Zim zmerchen, und da habe ich meinen Schmerz und meine Thorheit ausge ;tobt und immer wieder voll Zorn, sJarnrner und Verzweiflung gerufen: »Warum bin ich lahm!« Als ob rnich kdas allein von Anna Kersten unter ! schied. H : E Nun, ich mußte mich wohl fassen, kund als Hans das nächste Mal zu uns Ham, war ich so ruhig, dasz ich thunx Itonnte, was ich mir vorgenommen hat-i i te, ich redete ihn aus seine Neigung und’ sein Verhältniß zu Anna an. So wie ich das erste Mal darüber gesprochen( hatte, war es, als hiitte ich alle Schleu-; sen bei ihm geöffnet. Es sprudeltei Alles bei ihm heraus, wie sehr er Annai liebte, wie engelgut und holdselig sie! war, und wie unglücklich sie Beide wa- J ren, da ihr Vormund von einer Ver-! heirathung zwischen ihnen durchaus? ni ts wissen wollte. »Aber wir lassen ni t von einander, das haben wir uns» lgeschworen,« schloß er. »Jch·«bin soi For-, daß ich mich Die gegenüoek aus-i i prechen tann Martha,« sagte er. ! Einmal lam er ganz besonders ver-. stimmt an. »Es ist zum Verzweifelnt"z rief er auf meine Frage, was ihn quäl-; te »Gerade jth ift eine Stelle bei der; ftiidtifchen Sparkasse frei, und man hats mir angedeutet, daß ich Aussicht hätte, » sie zu erhalten, Auf das Gehalt hin dürften wir wohl dein-ihm Aber was hilft es? Mik! fehlt das Geld zu der Kaution, die ich stellen müßte« i «Wiirde Dein Onkel nicht bereit fein, Dir das Geld zu geben, wenn Du sag- i t«eft, um was es sich fiir Dich hande? fragte ich. »Der?« Er lachte bitter, »der ver gräbt fein Geld lieber, ehe er mir einen Pfennig gibt. Nein, nie. Für mein Harmeg fiifzes Lieb und mich giebt es einmal tein Glück-« Die hellen Thra nen traten ihm in die Augen. Jch grübelte die ganze Nacht hin durch und am folgenden Tag, bis ich meinen Plan fertig hatte. Jch erzählte meinem Bruder, was bang mir von jener Anstellung und der erforderlichen Kaution gesagt hatte. »Ich will ihm helfen,« feste ich hinzu, »aber ich lann eö nicht ohne Dich. Er soll das Geld von mir haben, mein mütterliches Erb theil reicht gerade aus. Aber er darf es niemals erfahren, daß es von mir kommt, hörst Du wohl? So wie ich merke, daß er eine Ahnung davon hat, springe ich dort in den Mühlgraben!« Karl sah mich an, als zweifelte er an meinem Verstande. »Wie ist das anzu fangen ?« fragte er. »Ich habe es mir überlegt. Sage ihm, der alte Schreiber« —— das war der geizige Onkel-— »habe sich ent schlossen, ihm das Geld zu schenken; aber er stelle die eine unerläßliche Be dingung, daß Hans niemals gegen ir gend Jemand, ihn selber nicht ausge schlossen, die leiseste Anspielung darauf machte. Er fürchtete sonst, von seinen übrigen Verwandten mit Bittgesuchen überlaufen zu werden. So mußt Du es machen, hörst Du?« Karl sah mich mit einem Gemisch von Verwunderung und Rührung an. »Martha,« sagte er und strich mir mit der Hand über die Haufe —— die erste Liebkosung von seiner Seite, deren ich mich erinnere —- »ich glaube, Du bist viel besser als wir Alle, nnd ich glau be ——« »Du hast gar nichts zu glauben, als daß ich Hansens Jammermiene satt habe,« sagte ich kurz. Jch wußte, ich hätte den Gedanken nicht ertragen, daß Hans sich mir gegenüber verpflichtet fühlte, ich wollte ihn nicht durch Dant barteit an mich fesseln ; Karl that, was ich von ihm wollte, »und Hans nahm die Freundschaft mit großem Jubel, aber ohne fonderliche Verwunderung auf. Wenn ein wirk Jliches Wunder geschehen wäre, um ihm Izu seinem erfehnten Glück zu verhelfen, ifo hätte-er das nur in der Ordnung ge funden. Der Einzige, der sich wun derte, war vielleicht der Onkel Schrei ber, der sich bis zu feinem bald darauf ersolgenden Tode von feinem Neffen ;mit ganz besonderer Hochachtung be handelt fah Nun führte Hans mir glückstrahlend feine Braut zu. Und ich muß sagen: der Ausdruck ,,holdfelig« paßte ganz und gar auf sie. Aber ich fah auf den erften Blick, daß ich nichts hatte, was sie anziehen konnte, daß wir einander Hfremd und fern bleiben würden. Und ffo gefchah es auch. Nach der Hochzeit, bei der ich nicht anwesend war. da fie; noch in der Trauerzeit um meinen Va ter siel, besuchte mich das Ehepaar noch einmal. dann blieb es fort. Die Ge burt eines Sohnes zeigte Hans mir später schriftlich an, und ich, die ich überhaupt kaum unfer Haus und feine nächste Umgebung verließ, betrat feine Wohnung niemals. Es wurde immer einsamer um mich. Auch mein Bruder verließ mich. Er hei rathete die Tochter eines Mühlenbe sitzers im westlichen Deutschland und blieb dort, da sein Schwiegervater die Leitung des Gefchiists in feine Hände legte. So blieb ich allein in dem alten Hause mit einem tüchtigen Wertführer und einer zuverläfsigen Magd, welche an die Stelle der mittlerweile verstor ,benen Christine getreten war. Aber i ich war nicht so einsam, daß nicht hin zund wider ein Gerücht den Weg zu mir Hand. So hörte ich daß Hans und feine 1hübsche Frau weit über ihre Verhält Fnisse hinaus verfchwenderifch lebten. TES geht kaum mit rechten Dingen zu, fDingenzu hieß es. »Es kann einchfift ! hieß es. »Es kann ein fchlimmes Cndej »nehmen« Jch hielt solche Reden für »Uebertreibungen und dachte mir nicht Jviel dabei. s Aber eines Abends im Herbst er Ifchien Hans bei mir, aufsallend blaß, erregt und verlegen. »Du wunderft lDich über meinen Besuch, wie?« fragte .er. »Ich sreue mich, daß Du noch an mich denkst, « gab ich zur Antwort, ;,,aber fehlt Dir etwas?« ; »Etn)as, viel, AllesX sagte er mit ei lnem kurzen, rauhen Lachen. Er ging lein paar Mal bin und her, dann blieb ler vor mir stehen »Wir sind immer gute Freunde gewesen« nicht wahr, lMarthM Und wenn ich so lange nicht zu Dir gekommen bin, so lag das wahr hastig nicht an mir.« ; »Halte Dich nicht mit Entschuldig »ungen auf,« unterbrach ich ihn. »Ich habe Dir deswegen leinen Augenblick jgeziirntN » »Nun wohl. So komme ich zu Dir, wie der Freund zum Freunde. Mar tha, willst Du mir helfen? So wie Du mich hier siehst, bin ich ein ruinir ter Mensch. « ; Jch starrte ihn sassungglos an: »Wie ist das inöglich?« »Wie ist das möglich,« rief er heftig, »wenn man eine hübsche Frau hat, der man nichts verweigern kann, nnd da bei ein Gehalt, das allenfalls fiir das Notbwendigste ausreicht! Um es kurz szu fassen: ich habe mich an der Kasse vergriffen, und wenn ich den Mangel nicht vor der nahe bevorstehenden Re vision decke, bin ich verloren.« Er um tlammerte meine Rechte mit seinen beiden banden »Hils mir, Martha! Jch habe Dich ja immer lieb gehabt, viel mehr als Du denkst. hundertmal habe ich es mir gesagt: Du wärft die rechte Frau für mich gewesen, Du al lein. Und ich hätte Dich geheirathet, gewiß, aber warum mußtest Du lahm ein!« Das war die Frage, die ich oft in Kummer, Zorn und fchmerzlicher Em pörung gethan hatte. Jetzt erregte sie nichts in mir, als Widerwillen gegen den Menschen, der mir so lieb gewesen war. Jch machte meine Hand los und fragte kurz: »Wie viel brauchst Du?« Er nannte die Summe mit dem Zu satz, daß er sie,"wenn möglich, am folgenden Tage haben möchte. »Das ist unmöglich« sagte ich. »Mein Geld steckt in unserem Geschäft« an denk mein Bruder noch Antheil hats Jch tann eine fo große Stimme nichti herausziehen, ohne ihn vorher ,zu be-t nachrichtigen; und es wäre nicht zu; billigen, daß ich es thäte.« ; »Aber Du hast ja noch Dein mütter liches Erbtheil,« rief er, »darüber steht Dir doch die freie Verfügung zu.« »Ich habe es nicht mehr,« entgegnete ich stockend. 4 »Das liigst Duft schrie er auf, Du willst es mir nur nicht geben« »Nun, denn,« sagte ich, »wenn Du es wissen willst, das Geld wurde zu Deiner Kaution verwendet. Dein Onkel hat niemals etwas davon ge wußt « l »Du? Du?« rief er. »Und ich; habe den alten Schreiber hundertmal( wegen seiner Thorheit verwünscht. Das Geld hat ja den Grund zu meinem Un glück gelegt. Hätte ich es nicht gehabt, so hätte ich die Stelle nicht bekommen und die Kasse niemals angreifen tön nen.« Mir ekelt vor dem Menschen, der Al les antlagte, nur nicht sich. »Du siehst nun, daß ich Dir nicht helfen tann,« sagte ich kurz. » »Ist das Dein letztes Wort, Mar !tha?« fragte er. i »Mein allerletztes,« antwortete ich Hund wendete mich von ihm ab Er ’murn1elte etwas und ging. Die ganze Nacht und den folgenden Tag hindurch hatte ich nur einen Ge danken: Was wird geschehen? Der zweite Morgen schon brachte mir die Antwort: Hans war entflohen, sein Vergehen war zu Tage gekommen. Jch war froh, denn ich hatte Schlim meres gefürchtet: daß er seinem Leben ein Ende machen würde Aber die Be suche der guten Bekannten, die mir alle ein theilnehmendes oder austlörendes Wort sagen zu müssen glaubten, wur den mir lästig, ich ordnete an, daß Nie mand zu mir gelassen werden sollte. Dennoch tam nach einigen Tagen mein Dienstmädchen mit der Meldung, es wäre ein Herr da, der sich nicht ab weisen ließe. »Der Hausherr des Herrn Krafft,« setzte sie hinzu. Jch ließ ihn eintreten, und der Mann brachte sein Anliegen vor. Die Frau und das Kind des Entflohenen waren inr Hause zurückgeblieben, die Gläubiger kamen von allen Seiten; er, der Wirth, hatte eine bedeutende For derung fiir rückständige Miethe, jetzt gerade hätte er Gelegenheit, die Woh nung anderweitig zu vermiethen, und die Frau weigert sich hartnäckig, sie zu verlassen. »Sie sagt nichts, sie geht nur nicht,« schloß er seinen wortreichen Bericht. »Da wende ich mich in meiner Verlegenheit an Sie, Fräulein; Sie sind ja die einzige Angehörige, die die Leute hier am Orte haben.« Jch versprach ihm, mich für die Sa che zu interessiren, nur um ihn schnell zu entfernen. Was ich thun wollte, stand schon bei mir fest. Jch wollte um jeden Preis die Erinnerung an das, was .mein ohnehin trübes Leben verbittert jhatte, los werden« Jene Frau mußte Ifort von hier« solle es mich auch einiges kosten. Jch mußte mir Ruhe vor Allem ertaufen, was mit jenem Menschen zu sammenhing. Jch fuhr in die Stadt, in der ich seit Jahren nicht gewesen war; aber ich dachte nicht daran, wie seltsam das war. Jch wiederholte mir nur, was ich zu dem hübschen, leichtsinnigen Ge lschöpf sagen wollte, das immerhin ei nen Theil der Schuld an der Schande ;trug, die über unsern ehrlichen Namen gekommen war. Jch trat in das Haus-, und man wies mich hinaus in ihre Wohnung. Die Thür zum Vorsaal war angelehnt; wie ich hinein und durch die kahlen Zimmer ging, hörte ich in dem einen eine scheltende weibliche Stimme, of senbar die der Hauswirthim »Nun wissen Sie, was Sie zu thun haben. Jch bin nicht so geduldig, wie mein Mann, ich werde mein Hausrecht zu brauchen wissen.« , »O, aber ich kann doch nicht, »ich weiß doch nicht wohin,« sagte eine an dere Stimme in hilflosem Klageton. Die Wirthin mochte das Geräusch meiner Krücken gehört haben, sie steckte den Kopf zur Thüre hinaus. " »Ich bin die Kousine der Frau - PKrasst,« sagte ich. »Gehen Sie nur ihinunten ich werde Alles ordnen.« ! Die Frau ging an mir vorüber, und ich trat ein. Jn der äußersten Ecke des kleinen Zimmers saß, scheu in sich zu sammengeschmiegt, Anna Krafst, mei nes Vetters Frau. Jhre großen brau nen Augen sahen in hoffnungslosem Entsetzen zu mir hin; ihre.Arme hiel ten einen kleinen etwa dreijährigen Knaben umklammert, nicht als wollte sie ihn schützen, sondern als müßte sie sich an ihm halten. Bei ihrem Anblick vergaß ich meine eingelernte Rede bis auf das letzte Wort. ;,Anna,« sagte ich, »ich habe von dem Unglück gehört, das über Dich ge kommen ist. Und ich wollte Dich fra Jgent willst Du zu mir ziehen, bis Du sein besseres Heim siir Dich und Dein sKind gesunden hast?« I Sie sah mich mit einem wirren Blick »an, als verstände sie mich nicht. Dann legte sie den Kopf an meine Brust und weinte. Wir drei, sie, ihr Kleiner und ich, fuhren zu mir nach Hause, wo ich sie zu nächst zur Ruhe brachte. Sie war so elend, daß sie am folgen-den Morgen nicht ausstehen konnte, sondern viele Tage krank und bis zum Aeußersten er schöpft dalag. Das hatte sein Gutes. "Es war die Veranlassung, daß das Kind sich schneller an mich anschloß, als zes sonst wohl geschehen wäre, und daß seine Aussprache zwischen uns erst statt sfinden konnte, als wir aneinander ge wöhnt waren und uns verstanden. Sie erzählte mir Alles sreimüthig, ohne ihren Mann anzuklagen. Jch sah es, sie war zu unerfahren, zu vertrauens voll und wer konnte es solcher Jugend und Schönheit verdenken! —" zu sehr geneigt, das Leben leicht zu nehmen und gedankenlos zu genießen. Dann lam, ganz unvorbereitet fiir sie, die Flucht ihres Mannes, die entsetzliche Ungewißheit, bis ihr llar wurde, daßj und warum er sie verlassen hatte, ihre vollständige Rath- und Hilflosigteii. »Und dann kamst Du, Martha,« schloß sie und zog meine Hände an ihre Lip pen, wie ich mich auch dagegen wehrte. Ist sk L i Wir Drei sind zusammen geblieben. Von ihrem Mann iam einmal unter meiner Adresse ein Brief an sie. Kla gen über das Unglück, das ihn auch dort verfolge, fehr fadenfcheiniges Be dauern, daß er nicht im Stande war, sie und das Kind zu sich zu rufen, nicht eine Frage nach ihrem Ergehen, keine Adresse unter der sie hätte an ihn schreiben können. Nicht lange darnach erfuhren wir, daß er gestorben war. Sie weinte eine Zeit lang ftill, als sie es hörte, dann sagte sie zu mir: »Es ift besser für das Kind, so wie es ist. Bef ser, daß ich ihm sagen kann, daß sein Vater todt ist, als daß ich ihm ver schweigen müßte, wie er an ihm gefünk digt hat. Aber nun haben wir Beide nur noch Dich auf der Welt, Martha!« und ihre Kindexaugen sahen mich bang und doch voll vertrauender Liebe an. Als ob ich es mir besser hätte wün schen können! Ehe ich schließe, will ich noch erzäh len, was mein kleiner Ernst — er ist jetzt neun Jahre alt und ein lieber ge scheiter Junge —,unlängft zu mir sag te: »Tante Martha,« fragte er: »wa rum bist Du eigentlich lahm?« Und wie ich ihn betroffen ansah, da ich aus sei nem Munde die Frage hörte, die mich vordem so oft gequält hatte, feßte er hinzu: »Ich glaube ich weiß es; damit alle Leute, welche wissen, wie gut Duj bift, um Deinetwillen Mitleid mit an deren Lahmen haben.« Das ist eine tindliche Antwort. Aber mich hat sie glucklich gemacht, und ichi werde mein Leben lang nach keiner an deren suchen. -,- A-. —,- , Weibliche Miniizipacbkamte l I I Das im County Smith im Prohibi tionsstaat Kansas gelegene Städtchen Gaylord kann sich ,,riihmen« das ein zige Gemeinwesen im Lande zu sein, iwelches durchweg von Frauen regiert wird· Sämmtliche lokalen Aemter da selbst befinden sich in Händen von Frauen. An der Spitze der städtischen Verwaltung steht Frau Antoinette L. Hastell die zur demokratischen Partei hält und kürzlich mit einer beträcht lichen Mehrheit fiir einen zweiten Ter min als Bürgermeisterin gewählt wor den ist. Die Frau Bürgermeisterin ist sin Ohio geboren. Sie besuchte in Mi chigan die Schule und bald nachdem sie die Hochschule absolvirt hatte, verhei rathete sie sich und siedelte mit ihrem Gatten, einem Bankier und bedeuten den Landbesitzer, nach Gaylord über. Der Ehe sind zwei Knaben entsprossen, die im Alter von 17, resp. 14 Jahren stehen. Als Stadt-Clerii fungirt Fräulein FlorenceHeadlerx Sie ist im County Mitchell in Kansas ge boren und tam als 4-jähriges Mädchen mit ihren Eltern nach Gahlord wo sie« bis zu ihrem vierzehnten Jahre die ös fentliche Schule besuchte. Siebzehn Jahre alt trat sie in die Druckerei ihres Vaters ein und redigirte bis zu ihrem Amtsantritt den ,,Gaylord Hetald«. Sie steht im 20. Lebensjahre und ist von der Mahorin für einen neuen Ter min als Stadt-Glut ernannt. Poli zeirichterin ist die 45-jährige Frau Mary L. Foote. Sie wurde 1851 in Hennepin in Jllinois geboren und kam vor sieben Jahren nach Gaylord. Bei der Wahl stand ihr Gatte ihr als Op Ponent gegenüber, derselbe wurde mit großer Stimmenmehrheit geschlagen, was er als Einer, der Spaß versteht, gutmüthig hinnahm. Von den Mit gliedern des Stadtrathes, sämmtlich Frauen, ist nichts Besonderes zu er wähnen. Eine Stadträthin, Frau Emma A. Mitchell ist aus Indiana polis gebürtig Gespannt darf man darau sein, wie lange das Weiberregi ment in Gaylord dauern wird. —--. ...-—«-.-...-» » —.——. Ein Roman ans dem Leben. Jn New Yorter Blättern wird fol gender Roman aus dem Leben erzählt. Die Wittwe Edward F. Metcalf, ge borene Clapham und Mayor Stier man aus Jowa liebten sich treu und wahr. Metcals spielte in dem Roman den Jntriguanten, wofür er zur Strafe auch sterben mußte, um seiner Frau Gelegenheit zu geben, Wittwe zu wer den und ihren getreuen Liebhaber doch auch zu heirathen. — Henry D. Clav ham war Anfangs der vierziger Jahre ein New Yorter Kaufmann und hatte eine bildhübsche Tochter, sowie zwei sClerks, Namens Edward S. Met scals und Sherman. Wie sich das ge Jhört, verliebten sich die beiden Clerls in Edas Töchterlein ihres Chefs. Sher man war der Glückliche, dem das Mäd chen ihre Gunst zuwendete, und Neid und Eifersucht machten Metcalf zum Jntriguanten. Da der alte Clapham reich genug war, so gab er sein Geschäft Jauf und die beiden Clerts verloren ihre sStellungen Sherman ging nach dem sWesten, und eines Tages erhielt FrL tClapham einen Brief, in dem er ihr den Abschied gab. Aus Aerger hierüber heirathete sie Metcalf. Clapham hatte einem Freunde vor ungefähr 28 Jah ren s25,000 auf eine Hypothek auf ein Stück Land in« Jowa geliehen. Das Land schien werthlos zu sein, und als Clapham starb, fand man unter seinen Papieren die ungelöschte Hypothek, um die sich aber Niemand belümmerte. Vor einem Jahre nun starb Metcalf, und seine Wittwe war nicht wenig über rascht, als sie ein Condolenzschreiben von Sherman erhielt, das sie jedoch» in Erinnerung an die vermeintliche Un treue des Schreibers, nicht beantwor tete. Während sie die Papier ihres ver storbenen Mannes durchsuchte, fand sie die ungelöschte Hypothek auf das Land in Jowa und übergab sie einem Advo taten zum Collettiren. Der Advotat verlangte weiter Dotumente, und sie suchte unter den Papieren weiter. Sie war nicht wenig überascht, als sie da runter eine Anzahl Briefe Sherman’s an sie selbst sand, die Metcalf wohl un terschtagen haben mag. Sie schrieb nun an Sherman, der indessen Mayor eines Städtchens in Jowa und wohl habend g worden war, und theilte ihm mit was e entdeckt hatte. Sberman, zder ebenfalls Wittwer war, antwortete, Ieine lebhafte Correspondenz entwickelte zsich und heute ist die Wittwe, gebotene IClapham, die Frau Bürgermeisterin des Sädtchens in Iowa iAus dem Literatur-Gramm Examinator: »Warum läßt eigentlich Goethe am Schlusse seines Faust das Gretchen sterben Z« Candidat : »Da haben Sie wahrhaftig Recht, Herr Professor, es ist rein über slüssig.« -————.O.—-————— Berechtigter Wunsch Kellnerim »Sie wünschen?« Zerr: »Einen Kuß.« . ellnerin : »Dazu bin ich nicht da.« Herr: »Gewiß- Sie sind ja hierMund schenk. « . Voraussetzung Stammgast: Sagen Sie, Jean, werde ich diesen fetten Schweinsbraten auch verdauen könnend Kellner: Weiß wirklich nicht, übrigens Zeit werden gnä’ Herr dazu haben; denn er wird Ihnen mindestens acht Tage im Magen liegen. « »s- OOO Von-! Lieutenant von A. (aus Besuch bei einem Freunde eine Gipsbüste betrach tend) : Aeh, äh —- rvie sagten doch Ka inerad, habe Namen nicht verstanden .Lieutenant von V.: Apollo von Bewe dere —·« Lieutenant von A : Aeh — richtig, von Belvedere —- schneidige Familie, die Bel vedere«s —— kenn’ ich !