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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (June 5, 1896)
Brennende Liebe. historische Erzählung von Richard March. 1. Unter den Merkwürdigkeiten, welche die ute Stadt Schweinfurt vor Zeiten au zuweisen hatte, befand sich auch eine jener eisernen Ketten, die vor die Thore gespannt zu werden pfleg ten, urn dem Eindringen berittener Feinde zu wehren oder deren Entrin nen zu hindern, falls sie, nach einem Ueberfalle etwa, aus der Stadt wieder hinaus wollten. Die Kette war nun weder das Wert irgend eines berühmten Meisters, weder besonders gewichtig, noch lang, noch die einzige ihrer Art, kurz, sie wies auf den ersten Blick nicht das geringste Meri wiirdige auf; erst wenn man sie näher besah, zeigte es sich, daß eines ihrer zoll dicken Glieder einmal glatt durchge hauen worden war. Staunen ergriff die Beschauer bei dieser Wahrnehmung und Keiner kann wohl die Frage unterdrücken, wer der Riese gewesen sei, der feine Kraft an geschmiedetem Eisen versuchte. Die Hüter der Schweinfurter Meri wiirdigkeiten gaben den Fragern ohne Zweifel die gewünschte Auskunft, uns aber nennt nicht die Sage, sondern die Geschichte den mäbrischen Herzog Bre tislaw als Denjenigen, der diese Kette mit seinem Schwerte auf einen Streich durchschlagen hat. Jn einer uralten Chronik, die uns der Zufall in die Hand spielte. fand sich Näheres darüber und soll nun im Rachftehenden erzählt werden« weil es nicht blos ein Sittenbild aus längft oergangenen Tagen, sondern auch ein neuer Beweis dafür ist, daß der Mensch im Drange der Leidenschaft selbst das zu vollbringen vermag, was allgemein; fiir unmöglich gehalten wird. Die Fürstenverfammlung welche der deutsche König Konrad der Zweite im Jahre 1029 nach Würzburg einberufen hatte, war nach einem glänzenden und befriedigenden Berlaufe geschlossen worden, und die Theilnehmer verab schiedeten sich soeben von einander, ehe sie in alle Winde zerstoben. Gar prächtig war das Bankett, das aus diesem Anlasse veranstaltet wurde. Zönig Konrad selbst nahm daran Theil nebst allen deutschen Herzogen und Markgrafen, zu denen sich auch zwei ausländifche Herrscher, und zwar Mie cyslato, Kön von Polen, und Herzog Bretislaw voFMiihrem gesellten. Die Herren hatten mit den Deut schen als ihren Grenznachbarn bisher in stetem Hader gelebt, jetzt aber war Friede und Freundschaft. geschlossen worden. Lustig klangen die Humpen und Becher an einander, und munter flossen die Reden dabei. Hier wurden alte Freundschaften nochmals besiegelt· bevor man auf lange Zeit auseinander ging, und dort, wo die polnischen und mährischen Herren saßen, bemerkte man das regste Bemühen um die Gunst der Deutschen. Herzog Bretislaw zumal machte dem - Margrafen Otto von Schweinfurt in so auffallender Weise den Hos, daß an dessen freundschaftlichem vielleicht auf ein Schutz- und Trutzbiindniß hinaus laufenden Ansichten nicht zu zweifeln Dut. Soehen trank er wieder auf Otto’s Gesundheit. »Ihr sollt leben, Herr Marigraf,« sagte er dabei. »Bei meiner Ehre, ich wünsche Euch alles Glück der Erde. Und daß ich’3 ehrliche meine —- hier meine hand!« Markgraf Otto, ein schon ergrauter « Lampe von jenem kühien, bedächtigen Schlage, der seit je in Franken gedieh, sah den jungen herrschet forschend an. »Und womit hab’ ich Eure Gunst verdient, here herzog?« fragte er. »Was es denn immer nur Verdienst sein, das Freundschaft zeitigt?« meinte Bretislatu »Nein, her-r Markgraf, das Herz fragt gar oft nicht nach Ver diensten. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß Jhr keine aufzuweisen hät tet.« »Um Euch doch nicht, Herr Herzog!« »Um mich, um Alles, was Mann heißt sogar.« M,.Zsal)rhaftig? Aber wie versteh’ ich s « « Ueber Bretislaw’3 jugendfrische Zü ge flog ein Lächeln. »Bei-steht es so, herr Margraf. Jhr seid Vater des Schönsien, daß diese Erde trägt! Eure Jutta ist das schönste Weib, das ich je gesehen habe. Als freier Mann pochte ich an das Thor Euerer Beste, als Ge fangen-er schied ich. Juttcks Halt-selig - leithat mich bezwungen. Gebt sie mir , zum Weibe. ich bitt’ Euch d’rnm.« Der Markgraf schien überrascht. -· .Welch’ hohe Ehre,« sagte er. »Der , Erde der Krone Bshmeni nnd viel leicht auch des politischen Reiches wirbt um meine T teri« »Er thut es reudigen Herzens,« fiel Bretislaw ein. »Sagt Ja, und Jhr macht mich überglücklich.« »Und Jutta?« fragte der Mart graf bedächtig. »Seid Jhr des Mäd chens Liebe sichert« »Bretislaw richtete sich hoch empor. »Herr, dies habe ich wahrlich nicht er lundet,« sagte er. »Und wozu denn auch? Jst’s nicht genug, daß ich Int ta liebes-« »Nein,« erwiderte ernst der Mart graf. »Der Minne Blitzstrahl muß zwei Herzen treffen und entzünden, wenn rechtes Glück daraus werden soll. Kein Deutscher mag ein Weib, das nichts für ihn empfindet!« »Wir Slaven halten’s ebenso,« ver setzte Bretislaw, und feine dunklen Augen blitztem »Lieben muß uns das Weib.« »Wie, es muß?« »Ja, es muß! Wie zu Allem, so zwingt der Mann das Weib auch zur Liebe. Nehmt mich an zum Tochter man, so will ich’s Euch heweifen.« Der Markgraf schüttelte den Kopf. »Das geht nicht an, HerrHerzog Jutta ist mein einziges Kind, und ich wünsche in reger Vatersorge nichts sehnlicher, als ihr volles, reines Glück. Dazu ge hört nun ohne Zweifel auch die Ver mählung nach ihres Herzens Neigung, nicht nach meinem Machtgehote. Ge gestattet d’rum, ehe ich Euch als Sohn umarme, die Tochter zu befragen, ob sie Willens sei, Euer Gemahl zu wer den.« Bretislaw sprang auf. Er war lei denschaftlich bewegt. »Sie muß mein eigen werden!" rief er so laut, daß ein beträchtlicher Theil der Versammlung, darunter auch König Konrad, aus ihn aufmerksam wurde. »Als ich sie sah, da schwor ich mir zu: die wird Dein Weil-! Und diesen Schwur werde ich halten." , »So Jutta will!« versehte der; EMartgras »Vergeszt das nicht, herr? Herzog, und wenn es Euer Ernst ist« dann thut, was sich bei uns ziemt in’ solchem Falle.« I Bretislaw lächelte spöttisch. »Ich weiß, was das ist,'« entgegnete et. .»s!lher um Liebe flehen, das werde ichj nie.« s »Vielleicht doch!« scherzte der Mari graf. »Wir Alle thaten es! Warum! sollet Ihr Euch um der Erwählten Gunst nicht bemühen wollen?'« »Mein-us Weit ich Hm und nickt Stlave bin!« »Ihr werdet’5 noch. glaubt mir, so fern Jhr ernstlich liebt.——Schon seh’ ich Euch zu den Füßen der holden tnieen,« "uhr er lächelnd fort , «schon höre ich Zuchgirrein beschwören, bitten um ein einziges, süßes Wort und höre Euch solche Sklaverei preisen als das höchste Fllück.« Bretislaw stellte den Becher, den er rasch geleert, geräuschvoll auf den Tisch. »Nie wird dies geschehen!" ver kxcherte er. »Dann ist’s die wahre Minne nicht, was Euch erfüllt. Gefallen höchstens flößt Euch Juita ein, und ich rathe! Euch, von ihr zu lassen.« . »Nein!" schrie Bretislaw auf. »Mein muß sie werden« Jch liebe sie so sehr, daß ich ohne sie nicht leben kann. Und darum, herr Markgraf, geneh migt meine Werbung.« »Bringt sie bei Jutta vor,« war die Antwort. »Offen steht Euch meines Burg« Der Herzog bedachte sich eine Weile. »Wohlan, so mag’s denn sein!« ver sehte er. »Aber heute, sogleich will ich an die Pforte Eurer Beste vochen. Mein Sehnen duldet keinen Aufschub mehr.« Und aufspringend verließ er, ohne von irgend Jemand Abschied zu neh men, die halle. Betroffen sah ihm der Markgraf nach. Der Mann trug ja nicht bren nende, sondern lohende Liebe im Her zen und schien zu Allein fähig siir den Fall, daß ihm Jutta das Jawort ver weigerte. Das Beste war es daher, auf der Hut zu sein und ihm unver weilt zu olgen. » here Otto wollte diesen Entschluß zur That werden lassen, allein er wurde durch einen der herolde zum König ent boten und mußte schweren herzens ge horchen. Seine heimlehr erlitt da durch einen Aufschub, der sür die Be theiligten verhängnisvoll werden sollte. Der Abendgottesdienst in dem Ma rientirchlein zu Schweinfurt war zu Ende, und Markgräfin Elsbeth trat soeben mit ihre Tochter Jutta an der Spitze der Andächtigen aus dem Got teshause in’ö Freie heraus, als ihr ge meldet wurde, daß vor dem Thore des Städtchens in dessen Mitte sich die Burg erhvbp ein ansehnlicher Haufen Bewaffneter erschienen sei und Einlaß begehre. Nun wäre in dem Anführer der Reiter wohl derselbe herzt-g Bretizs law erkannt worden, r vor wenigen Tagen der Gast des argrafen gewe fen, allein depänun eachtet babe der Vogt sich nicht r befugt erhalten, den Fremdlingen Thiir und Tbor zu öff nen, obne vorher die Befehle der Frau Martgriifin eingeholt zu haben. Diese, eine hochgewachsene Dame von energischern Wesen, nickte dem Vog te beifällig zu. »Recht so,« sagte sie dabei. .«,Du hast verständig gehandelt. Gewiß weißt Du auch bereits, was der her zvg will?« «Euch sprechen, Frau Martgriifin· Er kommt von Würzburg her —'« »Ab, dann bringt er Botschaft von meinem Herrn und Gebieter! Laß ihn ein, aber nur mit einigen seiner Leute. Und ist er in»der Stadt, so vergeht nicht« die Kette vor das Tbor zu legen.« Der Vogt entfernte sich, um der er haltenen Weisung gemäß zu handeln· Fräulein Jutta aber lachte fröhlich. »Ei, wie mißtrauisch Jhr doch seid, Mutter! Als ob der Herzog Böses im Schilde führte. Soll ich nicht etwa auch noch unsere Reisigen zusammen rufen, damit sie uns schirmen während der folgenden Unterredung?« »Spare Deinen Spott!« erwiderte die Marigräfin strenge. »So wie ich’s halte, wird’s überall gehalten. Warum sollte ich uns der Gnade dieses frem den Herzogs überliefern?« »Da kommt er schon!'« rief Jutta, auf einen Reiter deutend, der eben aus dem Thorwege sprengte· »Wie stolz, wie löniglich! Laß uns ihm einige Schritte entgegengehen." »Nicht von der Stelle!« sagte Frau Elsbeth »Jhm ziemt’s, uns zu de grüßen.« Dies geschah denn auch schon im nächsten Momente. Herzog Bretislato zügelte seinen Rappen vor dem Kir chenthore, aus dessen oberster Stufe die Damen standen. »Gott zum Gruße. edle Frauen!« rief er, ohne aus dem Sattel zu stei gen. »Ich tomme von Würzburg her.« »Wir haben es schon vernommen!«’ fiel Frau Elsbeth ein. »Und dort hath Jhr den Markgrafen meinen Gemahl, i verlassen?« »Ja, dort, mitten im fröhlischen Ge-; lage. Jndeß wird er mir wohl noch heute folgen Als fein Herold hin ich? hier.« »Wie. Jhr habt uns Befehle zu; überbringen?" j Nein,« erwiderte der herzog« Jutta mit glühenden Blicken betrach- j tend. «Den Befehl erhielt ich selbst und ihn zu vollziehen, hin ich hier.« ! Die Frauen sahen den herzog er-. wartungsooll an· « »Ihr macht uns neugierig,« begann; Frau Elsheth wieder. »So-recht denn, l um was sich’s handelt. « .Um Eure Tochter-, edle Frau. Jch’ habe sie zum Gemahl begehrt. " « »Ihr mich?!« rief Jutta erstaunU »Ich Euch! Doch Markgraf Otto wollte sich nicht entscheiden und befahl mir, Euch zuvor zu befragen, ob Jhr mir angehören wollt. Geht denn Ant wort, edle Jungfrau!« Jutta wurde glühend roth, doch nicht aus Verwirrung oder Freude. sondern weil sie diese rauhe Art zu werben im Innersten verletzt. Vermischt war der gute Eindruck, den der herzog jüngst auf sie gemacht hatte, und nicht mehr freundlich, sondern mit blitzenden Au en sah sie zu ihm empor. »Habt Dank für die hohe Ehre, die Jhr mir erweist,« sprach sie mit beben der Stimme. «Allein ich sehe Euch heute erst zum zweiten Male —" ; »Auch ich sah Euch nicht öfters schö Ineö Fräulein,« entgegnete er, und zeigte ihr lächelnd seine weißen Zähne. »Und dennoch kenne ich nur den einen Wunsch, mich Euch aus immer zu ver binden. Und dieser Wunsch muß sich erfüllen.' Jutta wars stolz den Kopf zurück. »Mus, sagt Ihr? Wer wird mich zwingen, Euch anzugehöten?« »Jch!« rief er, sich in den Steigbii geln aufrichtend, »ich, schönste Jntta, denn wißt, daß ich geschworen habe, Euch zu erringen. Und teine Macht der Erde vermag mich davon abzubkingen, diesem Schwur gemäß zu Mindean »Ihr scherzt wohl, Herr herzog!« nahm Elsbeth wieder das Wort. »Wie tönntet Jhr Jutta zwingen?« »Ja, das stag’ ich auch,«- rief diese spottend. »Ihr wollt mich doch nicht etwa entsiihren?« »Und wenn ich’s wollte?« »Nun, dann seht diese Leute,« ver setzte Jutta, auf die vor der Kirche ver sammelten Bewohner Schweinsurts deutend. »Wie ein Mann stehen sie für mich ein und schützen rnich mit ih rem’Leben.« Bretislaw’5 Augen sprühten Feuer und Flammen. »Und wenn Dich die ganze Welt beschützt, ich halte meinen Schwur!« rief et mit Donnersiitnme. »Mein bist Du, mein auf immer!« Und ehe sich Jemand versah, hatte er Jutta erriffen und zu si in den Sat tel empor ehoben. Von einem siarten Arm um ngen, vermochte sie kaum zu athrnen, geschweige denn um hiilfe zu schreien. Es war aber auch gar nicht nöthig, denn schon war das Voll in Bewegung gerathen. »Auf, auf! laßt den Räu ber nicht entrinnen!« hieß es von al len Seiten, und rasch umschloß die hunderttöpfige Menge den Herzog und die Krieger, die man mit ihm einge lassen hatte. Jm Nu waren die Letz teren von den Pferden gerissen, und Bretislaw selbst sah sich hart bedrängt. Viele Arme streckten sich aus, ihm Int ta zu entreißen. Aber dies sollte Niemand gelingen. Was nicht vor feinem blitzenden Schwert floh, mußte dem schmal-en den Rosse weichen, das trotz der dop pelten Last, die es trug, im Galopp von dannen sprengte. Fläche und Ver wünschungen erschollen hinter dem Herzog her, Steine flogen ihm nach, und schon eilten aus der nahen Burg des Markgrafen Reisige herbei. Bretislaw tiimmerte sich nicht da rum. Jutta fest an sich pressend, hatte er nur das Thor im Auge. Jenseits desselben hielten seine Krieger, in ihrer Mitte war er sicher. Aber das Thor, das Thor! Es war so schmal und niedrig, daß ein Reiter nur schwer hindurch konnte, und zudem lag noch eine Kette davor. Jn mehr als halber Manneshöhe war sie aus gespannt, und des niederen Thorweges wegen war es unmöglich, darüber hin wegzusetzen.« « Die nachdringenden Verfolger wuß ten dies nur zu gut. »Halt an, frecher Räuber, ergib Dich, Du kannst uns nicht entrinnen!« schrien sie, allein Bretislaw dachte nicht daran, diesem» Zurufe Folge zu leisten. Er kanntes wohl die Gefahr, aber er verzweifeltei nicht an der Möglichkeit des Entrin nes. Stark war sein Arm und gut sein Schwert, so manchen Schild und Har nisch hatte es bereits durchhauen. Fester packte er es und jetzt, in dem Momente, wo viele glaubten. sein Pferd werde mit der Brust an die straff gespannte Kette prallen, zusammenstürzen und seine Last unter sich-begraben, ließ er die scharfe Klinge auf die Kette nieder sausen. Es war ein furchtbarer hieb; Fun ken sprühten auf, und dem dumpfen Schlag folgte helles Mitten. Der Her zog- hatte die Kette mitten durchge hauen, sie fiel zu Boden, der Weg war frei, er konnte zum Thore hinaus. Die Ver-folget glaubten zu träumen, als sie dies sahen. Jm Banne des Er staunens standen sie wie angewurzelt da. »Er ist mit dem Teufel im Bun de!« hieß es endlich und nicht wenige sglaubten daran und suchten das Weite. iDie Klügeren jedoch eilten, da von ei Hner ferneren Verfolgung des von mehr »als hundert Reitein begleiteten Her ,zogs nicht die Rede sein konnte, das Thor zu schließen, damit Jenem die Möglichkeit benommen sei, seine ge fangenen Kumpane zu befreien. Der herzog aber dachte gar nicht da ran. Sobald er seine Krieger erreicht hatte, ritt er an ihrer Spise im gestreck tem Galopp von dannen. »Mein errungen!" jubelte er dabei im Stillen, so oft er auf die nun re gungslos an seiner Brust ruhende Int ta niedersah. Wie sehr täuschte er sich. Bleich aber glefaßh keineThriineim düster blickenden uge, keine Klage aus den Lippen, so trat sie ihm am anderen Morgen ent gegen, und statt ihn zu verwünschen und um ihre Freiheit anzuflehen, sagte sie ihm, er sei in ihren Augen nichts Anderes als ein gemeiner Räuber, dem sie wohl Gewalt iiber sich einräumen müsse, irgend ein Recht jedoch niemals zugestehen werd-. Der Herzog lächelte. »Wer weiß,« sagte er. »Bist Du erst mein Weib vor Gott und den Men schen f-« . , . »Na werde ich das," fiel Jutta ein. »Me, das fchwöre ich bei Allem, was mir heilig ist« Jch —- eines Räu bers Weib? O Schmach, o Schande! Eher den Todt« »Ereifere Dich nicht, mein holder Engel,« sprach Bretislaw, sie mit glänzenden Augen betrachtend. »Du wirst mein Weib, und das schon in we nigen Tagen. Laß uns nur erst nach Prag gelangen, dort spricht der Bi schof den Segen über uns, und nur der Tod vermag uns dann zu trennen.« Jutta richtete sich hoch empor. »Nähri diese Hoffnung nicht, sie ist ei tel!« rief sie mit starker Stimme. »Es gibt ein Mittel, der Verbindung mit Euch zu entgehen.« »Bist desz gewärtig!« sagte er lurz und wandte fich von ihr. Auch ver mied er, sie während der weiteren Reife, die auf abgelegenen Wegen fluchtartig don Statten ging, freundlich anzu sehen, fondern war eifrig bestrebt, ihr duich rauhe-, herrischei Wesen zu im poniren. Doch wurde ihm dies teiness wegs leicht. denn er liebte sie heiß, und hätte am liebsten traulich mit ihrg ge-( «plaudert, ihr erzählt welch’ befeligenq »den Eindruck sie sofort auf ihn gemacht, « Lals er die Burg ihres Vaters zum er-. Isten Male betrat, welch’ gewaltige iGluth sie in feinem herzen entzündet habe, und wie er durch des Markgrafen Eausweichende Antwort auf seine Wer dung in Furcht und Angst verfth wor Jden sei, sie zu verlieren, wie er danns 1;eiligft nach Schweinfurt geritten feis und nur infolge ihrer Weigerung, die Seine zu werden, zu einem gewaltsa- « imen Mittel egriffen habe. L Jndeß sie wollte ja teinen freund lichen Verkehr mit ihm, sie zwang ihn den Herrn und Gebieter hetvorzuteh ;ien. Und fo that er es denn, sicher, auch mit diesem Weibe fertig zu wer den. Freilich nicht jetzt, sondern ersi« dann, wenn sie ihm angettaut sein wer de. Und das follie, wie er gesagt, bald geschehen, trotzdem sie wähnte, im Stande zu sein, es zu verhindern zu können. Er lachte auch bei näherem Bedenken darüber. l ’te sie sinnen? i L· Jutta hatte eine qualvolle Woche hinter sich. Wie ein Traum lam ihr Alles vor, was sich seither zugetragen hatte, und gar oft glaubte sie, das Bild müsse sich ändern und sie sich erwachend in ihrem Stiibchen zuSchweinfurt wie derfinden. Aber diese hosfnung ver schwand rasch vor der Wirklichkeit Es war ja tein Zweifel, sie befand sich in Prag, der Hauptstadt Böhmens. und das Haus, unter dessen Dache sie weilte, war die Hochburg des Landes, demBre tislaw’s Vater als König gebot. Mit offenen Armen hatte er den Sohn em pfangen und an der Braut, die derselbe aus deutschen Landen brachte, aufrich tige Freude bezeugt. Mit ungeheuchel ter herzlichleit war er ihr genaht. »Schöne und stolze hoffnung meines hauses,« begrüßte er sie, ,,sei willkom men und gesegnet in der neuen Hei math.« » Jutta war gerührt worden durch; diese Worte, und es hatte ihr der Muth gefehlt, dem Könige zu klagen, welch’» Unrecht seinSohn an ihr begangen hat-— ; Jetzt aber wars sie sich ihr Schwei- H gen als unzettigeRuetsicht vor Wastiim merte sie es daß ihre Antlage bitteresi Leid im Vaterherzen erwecken mußteh Jhre Eltern litten ja auch, seitdem sie ihnen räuberisch entrissen worden war Aber sie wollte den Frevel rächen, sie tannte das Mittel dazu es in Anwen-« dung zu bringen. l Und dieser Entschluß gab ihr Kraft,l ( entgegen zu sehen. Freundlich empfingi sie die Frauen, die da tamen um sie inl das Brautgewand aus Silberbrotat zu hüllen, und als der herze-g erschienl um sie, der damaligen Sitte gemäß, zur Kirche zu führen, da war sie sofort be reit, ihm zu folgen. Er sah sie forschend an. Was moch Hatte sie sich mit dem Gedanken vertraut gemacht, die Seine zu werden? Wahrscheinlich! Jn’s Unvermeidliche fügt sich eben Alles, was da lebt, und wer unabänderlich Hauf feinen Willen beharrt, der hat noch immer sein Ziel erreicht ; Von diesen und ähnlichen Gedanten bewegt, schritt der Herzog an Jutta’s Seite zur Kirche. Viele Große und Mächtige des böhmischen Reiches folg ten ihm, der hosstaat mit dem Könige san der Spitze aber war im Gotteshause ibetetts versammelt i Als Jutta erschien, wandten sich Al jler Augen nach ihr, und Alle erkannten Iihr den Preis der Schönheit zu. Seg nend streckte der Bischof seine Hände über das Paar aus, und nach einer Rede iiber die hohe Bedeutung der Ehe begann die Trauungscermonie mit der Stellung der vorgeschriebenen Fragen Der Bräutigam bejahte sie alle. Mit sester, ttarer Stimme sprach er, freudig bewegt, das entscheidende Ja und preßte dabei Jutta’s hand, die in der seinen ruhte. Aber er fühlte keinen Ge sgendruch und jetzt, wo der Priester sie befragte, ob sie ungezwungen und stei tvillig des an ihrer Seite stehenden Mannes Weib werden, ihn lieben und ihm treu sein wolle in Leid und Freud bis an’s Ende ihre Tage, jetzt wurde ihm diese Hand sogar entzogen. Ein jäher Ruck, und Jutta war srei. Hochausgerichtet trat sie einen Schritt vor, und statt des Jaworts tarn ein se stes »Nein« iiber ihre Lippen. Herzog Bretislaw erbebte bis in’s Jnnerste der Seele, die Versammlung staunte, des Priesters Miene war stren ge geworden »Du überraschest uns, meine Toch ter," begann er unter-« dem tiesen Schweigen der Anwesenden. »Warum sprichst Du ein Nein erst an dieser hei tigen Stätte? Warum hast Du dies Wort nicht sriiher gesprochen?« »Ich hat« gethan, hochtviirdigster Paten« erwiderte Jutta ruhig. »Aber der Derzog spottete meiner; es gab, wie er meinte, teine Möglichkeit, ihm zu entrinnen. Und so nahm ich mir denn dor, ihm zu beweisen, das Jawort, das unsere heilige Kirche sordert, als Grundbedin ung jedes Ehebundes, sei in meiner acht,- und Niemand im Stande, es mir gewaltsam zu ent reißen. Und ich will nicht," suhr sie zu dem wie traumverloren dastehenden herzoge gewendet fort, ,·.ich will nicht dem Manne angehörn, der mich aus den Armen meiner Eltern riß, ohne nach ihrem und nach meinem Einver ständniß zu fragen.« Der Priester sah Bretislaw strafend an. »Herr Herzog, Jhr habt Euch schwer vergangen,« sprach er strenge. »Hebt Euch hinweg von den Stufen des Altars und naht dieser Stätte erst dann wieder-, wenn es Euch gelungen ist, die Verzeihung Derer zu erilehen, die Jhr so schwer getränkt habt.« »Wie, Jhr steht aus Jutta’3 Seite, bestärkt sie in ihrem Trotz?« rief Bre tislam »Ich liebe dieses Weib und will sie zu meiner Gemahlin, zur Her zogin erheben. Wo ist da das Unrecht? Vom Glücke, deni ich, sollte Juita spre chen, und sie wird’s auch thun, sobald sie zur Vernunft kommt. Gebt uns nur zusammen.« »Gem, sobald sie Ja spricht,« ent gegnete der Priester und sah Jutta fragend an. Diese schüttelte den Kopf. »Nein!« lam es wieder über ihre Lippen, und selbst der König vermochte ihren Sinn nicht zu ändern. Herzog Bretislaw war ohnmächtig einem Weibe gegen über. Schwer lastete diese Ertenntniß aus seiner Seele, und nie hatte man ihn so mißmuthig gesehen, wie an dem Tage, den er herbeigesehns und glücklich ge priesen hatte. Der König machte ihm allerdings keinen Vorwurf, dafiir aber führten die Gesandten Konrad’s des Zweiten, die an diesem Tage in Prag eintrasen, eine desto lautere Sprache. Das, was er vollbracht habe, war, meinten sie, keine gewöhnliche Entführung, derentwegen sich die Betheiligten auseinandersetzen mochten, sondern ein besonders arg listiger Menschenraub« wodurch sich Konrad selbst gekränkt fühle, und des sen Urheber er daher zur Rechenschaft zu ziehen Willens sei. Kurz: dem her zoge und all Denjenigen, die ihm etwa Vorschub leisten oder Unterschlupf ge währen sollten, war Fehde angesagt. falls Jutta den Gesandten nicht aus geliefert und unter sicherem Geleite in die heimath entlassen werden sollte· Der Herzog befand sich in einer miß lichen Lage. Was sollte er thun? Jutta ausliesern7 Alles in ihm sträub te sich dagegen, den er liebte sie mehr als je. Aber gab's denn gar kein Mit tel, ihren Sinn zu ändern? Er tannte eines, der Markgraf hatte es ihm ge rathen, aber sein Stolz wollte davon nichts wissen, obwohl seine Liebe ge bieterisch es forderte. Ein heftiger Kampf entbrannte in ihm zwischen Stolz und Liebe und tobte noch, als der herzog vor Jutta erschien. Ruhig stand sie ihm gegenüber. »Was führt Euch zu mir?« begann sie, wohl bemerkend, daß ihm hochgra dige Erregung die Rede verschlagen ha be. »Ihr tommt doch nicht, meinen Sinn zu ändern? Es wäre dies ver gebens.« »Dessen bin ich sicher,« entgegnete er finster. »Was aber nun? Was glaubt Jhr, daß ich beginnen werde?« »Ich weiß es nicht! Doch habe ich keine Furcht. Jhr konntet unrecht han dein. doch unedel nicht. Euer her ist im Grunde gut und darum wage ich ei ne Bitte: entlaszt mich, gestattet, daß ich srant und srei heimtehref »Jutta!« schrie er auf. »Das woll test DuW Esist mein höchster Wunsch. Was soll ich siirder hieri« »hören sollst Du mich,« erwiderte er, sihre hänbe ersassend und sie zwingend, ihm voll in’s Auge zu blicken, «hören, daß ich ohne Dich nicht leben kann. Du bist mir Alles. Jn Dir sehe ich vertiirpert, wovon ich längst etriiumt, in Dir sehe ich mein einziges liick.« Jutta schüttelte den Kopf. »Ich glaube Euch nicht, " sagte sie. »Laszt mich im Frieyn nheirnwiirts ziehen.« »Und that ch s, würdest Du glau ben, daß ich Dich liebe?« »Ich werde glauben, daß Jhr mich, achtet!« »Wie, Grausame,« schrie er auf, ,,selbst das höchste Opfer, das ich zu bringen vermag, tann Dich von meiner Liebe nicht überzeugen? Was denn? Was soll ich sonst noch thun i« Jutta sah ihn einen Moment lang forschend an dann sagte sie: »Wohlan denn, here Herzog, bringt mich m eige ner Person in s Baterhaus zurück. hr habt mich gewaltsam entführt, hr müßt mich wieder heimgeteiten. Jst Euch das genehmi«