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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (March 23, 1899)
Herrn iVilvnct tlbcntcuor. Hmk!k',!k ron V-flul (vouloi. von V. H k 1 1 m a i! n. TiiuiJ) 1. Herr und Freu ltoiut, sicher Der in ganz , rü!,mlichst bekannten Schniilwaarcnhaiidlung Zur großen Scheere." hatten ihr Geschäft versaust und fiA mit einem bescheidene U'er- nwtien in's Privatleben Jiiriicfa.fjoii.fii Tiefer plößliche ristcnzwcchsel hatte bei den beiden Ehegatten eine scyr vcr schiedene Wirkung hervorgebracht. Frau Bibonet hatte keinen anderen Wunsch, als ruhig und friedlich an ih rein häuslichen Herde zu fitze; Herr Bi bonet aber träumte nur noch von '.Keifen und Abenteuern. ..Wahrhaftig, ich habe Lust, mir die Welt ein wenig anzusehen! Wenn wir nack IXatii oinnenf Wslä aa l U da:,, ?" Stau Bibonet traute ihren Ohren nicht : "i muh Varis!" rief sie aus: ..wo denkst Tu hin ?" Und sie faltete fromm die Hände, wie um den Himmel zu bitten, ihrem viaiien den Verstand wiederzuaeben. Aber Eusebius hatte seine Idee und er war nicht der Mann, sie so lciaji wieder fahren zu lassen. Er wartete geduldig, bis der erste Schreck sich gelegt hatte: dann ging er vorsicktia und acschickt wieder zum An- griff über. Nur ersetzte er das: ..Wenn wir nach Paris gingen ? Turch: . ..Wenn ich nach Paris ginge?" Frau Bibonet. die das sehnsüchtige Berlanaen ihres Mannes sah, gab schliesslich nach, und es wurde beschlossen, daß Herr Bibonet in den 'Nächsten schö- nen Zagen nach Paris gehen sollte. Bor seiner Abreise mußte er zahl teiche gute Lehren und Ennahnungen über sich ergchen lassen. Das Ehepaar hatte nur wenig gelesen; indessen einige kleine Bücher, in denen von den Gcsah- ren der Hauptstadt, von den Verschiß deiicrlci Fallstricken, welche die Schritte unerfahrener Provinzler dort bedrohe tcn, die Rede war, hatten den guten Leuten eine grobe Furcht eingeflüßt. Eusebius versprach seiner Frau, recht vorsichtig zu sein und Niemandem zu trauen. 2. Seinen Koffer in der einen. Schirm und Stock in der anderen Hand, schritt Herr Bibonet bei feinet Ankunft auf dem Pariser Ostbahnhofe die langen Reihen der Droschken ab und suchte mit den Augen einen Kutscher, der ihm Wer- trauen einflödtc.- Fatal! toetn Examen befriedigte ihn ganz und gar nicht. Die Bahnhofsanfahrtcn lassen in dieser Be- ziehung manchmal etwas zu wünschen übrig, und an diesem Abende schienen ihm sowohl die Fuhrwerke, wie ihre Lenker sehr verdächtig. Er entschloß sich indessen, in einen der Wagen zu steigen. Er hatte von einem verläßlichen, be schcidcncn Hotel sprechen hören, in der Rue 3 ranne; er rief dem Kutscher diese Adresse zu. Was, Rue Taranne?" gab dieser zurück; existirt nicht mehr!" ' Diese Straße war allerdings nieder gerissen und durch den Boulevard St. Piermain ersetzt worden: aber Herr Bibonet, dem diese Einzelheiten nicht bekannt waren, fühlte ein entschiedenes Mißtrauen. Da hatte man sie ja, diese Pariser, immer gleich bereit, die Leute zu täuschen und irrezuführen. Er be reute seine Ucberciltheit, und indem er seinen Koffer wieder ergriff, schickte er sich an, den Wagen zu verlassen. Diese Bewegung war aber durchaus nicht nach dem Geschmacke des Kut schers. Er stieg rasch von seinem Bock, schob Herrn Bibonet ohne jede Umstände in's Innere zurück, schloß heftig den Wagen schlag und sagte in derbem Tone: Ich werde Sie trotzdem hinführen .... oder wenigstens beinahe, Sie wer den sich wohl allein zurccht finden!" Eufcbius war nicht tapfer; auch hatte er Furcht, seine Furcht zu zeigen, er ließ sich willig fahren und befand sich nach Verlauf einer halben Stunde in einer engen Straße, vor der Thür ei ncs Hotels von wenig empfehlenden Acußcrn. Wir sind in der Rue Saint-Pcres," sagte der Kutscher. Das ist in Ihrem Viertel. Sie werden sich hier nicht schlecht befinden." Oh nein, gewiß nicht, mein Herr!" sprach eine dicke Frau, die Besitzerin, welche hinzutrat. Auf einen Wink von ihr bemächtigte sich ein Hausdiener der Reisetasche des Herrn Bibonet. Dieser unterwarf sich dem Willen des Geschicks, das entschieden stärker war als er, und ließ sich in ein Zimmer führen, wo er eine sehr schlechte Nacht verbrachte. Am anderen Morgen war er womöq lich noch fassungsloser; das Geräusch der Straße, die beständige Unruhe schüchtern ihn ein. Erst nach dem zwei- tcn Frühstück fühlte er sich miedet ein wenig gcstärkt, und et wagte es auszu gehen, aber allein. Er hatte einen zu großen Respekt vor den Teufelskerlen von Parisern. Er begab sich auf den Boulevard und bemerkte bald eine Kirche Saint Gcrmain-des-Prcs; bot dem Eingange hielt ein Leichenwagen nebst einer lan gcn Reihe von Trauerkarosscn. Ein großes Leichenbegängnis " mur melte er für sich. Bei diesem Anblick fuhr Herrn Bibonet plötzlich ein Gedanke durch den ops : .Paris soll herrliche Frieshdfc dc sitzen. Ich werde dem Leichenwagen folgen. Die Lebenden sind hier zu be trügerisch, aber es wäre entschieden thöricht, zu fürchten, daß mir dieser Todte einen böse Streich spielen konnte. Er wird mich zweifellos dorthin führen. wohin ich gehen will. Et sagte sich, daß man es ihm kaum verübeln würde, wenn et diesem Lei chenbegängniß folgte, und er schloß sich den Personen an die aus der Kirche traten. Der Zug setzte sich in Bewegung. wen, Erstaunen war groß al- er sa j, daß einem so schönen Leichenwagen so wenig Leidtragende folgten; denn ad gesehen von einem älterem Herrn, der, wie er, schwarz gckleidct war, bemerkte er nut noch drei Männer in mehr odet weniger dunklen Anzügen; die prächtigen Trauerkarosscn waren leer, vollständig leer. Ein Todter, dcm man gar wenig Ehre erweist: irgend ein reichet Jung- geselle wahrscheinlich, aber ohne $a milie!" dachte er. Ein peinliches Gefühl bcschlich ihn. sich da inmitten eines kleines Trupp uv vennden. iit halte gehörn, ich in einer größeren Menge zn verlieren Aber schließlich war ja seine Hand- lungswcise in keiner Weise tadclns- werth, und er schtitt tapset immer wei ter hinter dein Sarge her. Bald vermehrte sich lndcNen fein Unbehagen. Jeder Einzelne seiner Gc- fährten musterte ihn mit einem hastigen Blicke, schien überrascht, ihn im schwor zcn Gchrock und weißer Kravatte zu sehen, hemmte dann plötzlich den Schritt und verschwand hinter ihm, dctgcstalt, daß er sich bald an der Spitze des Zuges befand. Et sah gerade aus, als ob er der nächste Verwandte gewesen wäre. Zartfühlend, wie er war, erröthctc er vel denk Gedanken, einen Platz ein zunehmen, der ihm nicht gebührte, und er bemühte sich nun, seinerseits zurück- zubleiben; aber die übrigen Personen waren damit durchaus nicht einvcrstan- den und wetteiferten mit ihm an Bescheidenheit und Demuth, sodaß ihn schließlich eine ziemlich große Distanz vom Leichenwagen trennte. Rücken Sie, bitte, vor, mein Herr!" sagte der Eeremonicnmcister zu Eusc- bius. sierr ivonei rvaaic es man, ciivas einzuwenden oder zu widerstehen; es war nicht der Augenblick und der Ort dazu. Sobald ich auf dem Friedhofc bin, mache ich mich aus dcm Staube!" dachte er. Er hatte seine Rechnung ohne den schwatzgckleidctcn alten Herrn gemacht, der ihm nicht von den Fersen wich: er niußte noch der ganzen Beqräbniß- Ceremonie beiwohnen. 3. Endlich war auch das vorüber. Er kann nun gehen. Schon dreht er sich auf den Absätzen um..,.. Einen Augenblick, bitte, mein Herr," agte der schwarzgekleidete Herr. Nur noch eine kleine Formalität. Wollen Sie mir gefälligst Ihren Namen sagen?" Bei diesen Worten glaubt Bibonet ich verloren. Seinen Namen! Warum, um Him meiswillenk Nun hat er noch einen bösen 'Handel auf dem Hals! Augen- chcinllch hat man entdeckt, daß er den Todten gar nicht kannte, man hält ihn ür emen Jntriquanten, für einen Schwindler, und man will ihn für seine Verniesscnheit, einem Todten auf diese Weise bis zum Grabe zu folgen, vor Gericht citiren! Der Schweiß perlt an feinen Schlä- fen. Ihren Namen und Ihre Adresse, wenn ich bitten darf!" wiederholte der alte Herr. Er ,st nothwendig. Ich bin der Notar des Verstorbenen. Und er überreichte ihm eine Karte, auf welcher Eusebius in feiner Bcstür zung nur mit Mühe diese Worte zu le en vermochte: Maure Ealin, Notar. Ich werde keinem Leichcnbcgängniß mehr folgen, sagte ich der arme Mann. Dieser Entschluß konnte allenfalls für die Zukunft von Belang fein; für den Augenblick aber hielt er es für das Beste, der Aufforderung des Maitre Calin Folge zu leisten, und er antwot tete stotternd: Bibonet, Eusebius, Rentier, Rue Saints-Peres 175." Er sagte nichts von seiner Gcburts- stadt; er hoffte so billiger davon zu kommen. , Der Notar kritzelte ein paar Zeilen in sein 'Notizbuch, dankte, verneigte f uud ging weg. Eusebius that dasselbe, ohne viel Zeit zu verlieren. Was würde ihm nun wohl geschehen? 'm er Niemandem seine Befürchtungen anvertrauen konnte, war sein Kopf bald voll der schlimmsten Befürchtun gen. Vollständig entmuthigt, dachte er nur noch daran, so rasch als möglich einet Stadt den Rücken zu kehren, wo man auf Schritt und Tritt den ärgsten Gefahren ausgesetzt war. Schon hatte er seine Vorbereitungen zur Abreise getroffen, als er, gegen acht Uhr Abends, im Bureau des Hotels, wo er seine Rechnung beglich, gegen ei nen Briefträger rannte der mit'lautcr Stimme fragte: Herrn Bibonet, Eusebius, Rentier Ein eingeschriebener Brie ha ben Sie so einen hier?" , Da ist Hett Bibcnct selbst." erwi derte die Besitzerin. Ad, iaion .... untcrfcdrcidcn -sie Hier, bitte Guten Abend." Eusebius drehte und wendete den Brief zwischen seinen Fingern. Er wagte es nicht, ihn zu önnen so seh fürchtete er ein Unglück. Schließlich schämte er sich seiner Schwache, zerriß den Um'chlag und las: W e e I) r 1 1 r Herr! Sie werden biermit ersucht, sich mor gen Vormittag, gegen 10 Uhr. in einer Angelegenheit, welche Sie selbst bc trifft, aus meinem Bureau einzusinden Ihre persönliche Anwesenheit ist unrr lar,lich. Genehmigen Sie, mein Herr, usw Der Brics trug die Adresse: Ealin Notar. Rue de Rccncs 20. Herr bibonet war angstlicdcr als zu vor. Die Sache nahm eine böse Wen düng. Er konnte nun selbst nicht ein mal mehr daran denken, sich zu flüch ten; man war ihm auf der pur, man würde ihn jederzeit wiederfinden! Was wollte man von ihm? Er halte doch schließlich nichts Schlechtes gethan Er entschloß sich dann, mehr Energie zu zeige. Er wollte seine Abreise noch verschieben und am nächsten Mor gen Herrn Ealin aufsuchen. Er würde ihm alles rückhaltslos eingcstchen, sich ihm wcnn nöthig, zu Fii;en werfen um zu erreichen, daß der Sache nicht Folge gegeben würde. 4. Zum zwcitcnmalc schlief er nicht. Lange vor zehn Uhr schon befand er sich in der Rue de Rcnncs. Er trat in die Kanzlei, wie ein Vcrurthciltcr in sein Gefängniß. Nach einigen Minuten gc leitete man ihn in das Kabinett des Notars. versichere Sie. . . . . ich bin ein an rief er zerknirscht Mein Herr, ich glauben Sie mir . stündiger Mensch!" indem er eintrat. .Ich zweifle nicht daran." sagte der Notar. Und ich bin glücklich über das, was Ihnen widetsährt. Bitte, nehmen Sie Platz, Herr..,. Und nun haben Sie die Gute, mir die Empfangsbe stlgung zu unterschreiben Ohne eine Antwort abzuwarten öffnete der Notar seine Kasse, entnahm derselben zehn ,großc Bankschcinc und breitete sie geschäftsmäßig auf seinem chreibtische aus. Hier sind zehntausend Francs. sagte er; bitte, wollen Sie nachzählen mein Herr." vit zcyniau eno Francs !" ric Eusebius aus ; was soll das hcißcn ?" Sie sind nicht unterrichtet? Das gereicht Ihnen noch mehr zur Ehre , .L?cr Baron Raden, mein leider verstorbener Klient, wußte, daß ihn die Deinigen haßten. Er sah demnach vor aus, daß sein Leichcnbcgängniß untcr sehr geringer Theilnahme verlaufen würde. Um nun die treuen Freunde zu belohnen, die feiner sterblichen Hülle bis ans Ende folgen wurden, oder auch, um denen, die sich dieser Pflicht cntzic- Yen wurden, Reue einzuflößen genug er hat icnen Personen, die seinem Be- gräbnisse bciivohncn würden, tcstanicn tarisch eine Summe von vicrzigtauscnd Francs vermacht . . , . Ich, als Notar. kann an diesem Vermächtnisse nicht partizipicren. Sie sind also Ihrer nur vicr, welche die von dem Verstorbe- nen auferlegten Bedingungen erfüllen. Und auf diesen Rechtsanspruch hin übermittle ich Ihnen die zehntausend Francs " Herr Bibonet war von dieser Rede so überrascht und so verblüfft, daß er mo mcntan die Sprache verlor. Man hätte ihm allen Ernstes für einen Automaten halten können. Gleichwohl unterzeichn ncte er auf das Ersuchen des Notar, endlich die vorgelegte Quittung, schob das Geld ein und befand sich einen Augenblick später wieder auf der Straße. Er war wie betrunken. Die zchnTausendfrancsscheine brann- tcn ihm auf der Brust. Er hatte eine schreckliche Angst, daß man sic ihm sich- len konnte. Er suchte schleunigst fein Hotel wieder auf und wagte sich nicht mehr vor die Thüre, bis zu dem Augen blicke, wo er sich entschloß, nach zurückzukehren, um vor allem das kleine Vermögen m Sicherheit zu bringen. das ihm da so unverhofft in den Schooß gefallen war. 5. viori oei feiner Aniunsl zog er Frau Bibonet in sein Zimmer, wo er sich einschloß, um ihr das Abenteuer zu erzählen. Aber fein geheimnißvollcs Wesen war ihrer Magd, einer dicken, albernen und neugierigen Person, aufgefallen. Sie stürzte den beiden Ehegatten nach und legte das Ohr ans Schlüsselloch. Himmlische Güte!" rief sie aus, als sie den Bericht des Herrn Bibonet hörte, welch eine Stadt dieses Paris!" Und sie eilte davon und erzählte die Geschichte den Klatschbasen des Viertels, die auf diese Weise, nicht ohne Neid und Bedauern, erfuhren, daß man in der Hauptstadt allen denen, die mit ei ncr Leiche gingen, zehntausend Francs gab. Einige der Klügsten von ihnen sollen sich sofort nach Paris begeben ha ben, leider, ohne eine gleiche wunder, thätige Leiche gefunden zu lxabcn. Bitte, die Fahrkarten ! Herr Smithson," so sptach der Gerichtspräsident zu dcm Amerikaner Smithson. nachdem er ihm die üblichen Fragen über feinen Stand, Herkunft :c. vorgelegt hatte, ie sind angeklagt, dem Zeugen eine Körperverletzung zu gefügt zn baben. die seine vierzehn tagige Arbeitsunfähigkeit zur Folge ge habt bat. Am 13. Januar vesanden ie sich in dem "crmelljug, der um H Uhr si5 Minuten Abend von Frankfurt a. M. abfahrt. Der Zeuge. Echaffner Braun, bat ie in hoflichster Weise, wie die übrigen Mitreisenden sämmtlich bezeugt haben, ihm Ihre Fahrkarte vor zuzcigen. Sie haben sich darauf von dem Sitz erhoben, auf dem Sie sich lang ausgestreckt hatten Ich schlief." glaubte milden ein schalten zu müssen. Der Präsident fuhr fort : und ohne ein Wort zu sagen, ohne irgend einen verständigen Grund haben Sie dem Beamten mitten ins Gesicht einen Faustschlag versetzt, der einen Ochsen hätte todten können. chasiner 'raun verlor oas Bcwur,tsein und konnte seinen Dienst nicht mehr versehen. Er war ganz mit Blut be deckt, das ihm in Strömen aus dcm Munde quoll. Zwci Wochen lang hat er das Zimmer hüten müssen Er i letzt vollständig wiederhergestellt und verlangt, da er als Nebenkläger zgc lassen worden ist. von Ihnen eine Ent schädigung von hundert Mark. Dieses Verlangen " ist viel zu bescheiden." unter brach Edgar Smithson. Ich glaubte wirklich nicht, so stark zugeschlagen zu haben, und ich bcdaurc, daß ich eine s schwere Hand gchadt habe. Da den aber so ist, wünsche ich Herrn Braun eine angemessene Entschädigung zu zah len. Ich bin daher bereit, zu Händen seines Anwaltcs die umnic von hnn dcrt Dollars, also das Vierfache der Forderung dcs Herrn, zu entrichten Der Anwalt des Schaffners Braun erhob sich nnd sagte: Ich nehme hiermit Akt von der Er klärung dcs Angeklagten. Im Namen meines Mandanten acceptire ch das ihm gemachte Anerbieten und ziehe die Klage urllck." . Smithson hiclt die Angelegenheit da mit schon für erledigt und griff mit der Hand nach der Tasche. Er'war sichtlich überrascht, als der Präsident ihn mit einer lebhaften Bewegung zurückhielt Behalten Sie Ihr Geld. Her Smithson. Der Gerichtshof wird Ihre freiwillige Großmut!) und das Zurück ziehen der Privatklaqe gebührend berück sichtigen; aber das Bcrqchcn, dessen Sic sich schuldig gemacht haben und welches vom Gesetz mit -träfe bedroht wird, ist damit nicht aus der Welt geschafft. Das Gesetz zieht seine Klage gegen Sic nicht zurück. Die über Sie eingezogenen Erkundigungen lauten ganz zu Ihren Gunsten. Sie gelten in der amcritani- fchcn Kolonie für einen tadellosen, wohlerzogenen und höflichen Gcntlc- man. Man fragt sich dahcr vcrqcblich, welcher Beweggrund Sie veranlaßt hat, sich gegen einen armen, ehrcnwcrthcn Beamten zu dcr brutalcn Gcwaltthat hinreißen zu lassen, welche ac heute vor diese Schranken führt. Wollen Sic uns bitte darüber etwas aufklären. Ich habe mich," erwiderte Smith- on, von meiner Ungeduld überman nen lassen: Es war das fünfte mal au dcr Reise, daß ich nach , meiner Fahrt- karte gefragt wurde! Ich dachte, ich hüte mir durch mein dcr Eisenbahn- gcfellfchaft bezahltes Geld nicht nur meine Beförderung, sondern auch meine Ruhe und Bequemlichkeit gesichert. Ich ühltc mich mit gutem Gewissen in mci- nem Anrecht aus schlaf verletzt und habe diesen Eingriff in meine Rechte so zurückgewiesen, wie jeder mcincr Lands- lcutc es an nicincr tcllc gethan hatte. Im Grunde ist das alles nur ein Miß Verständniß. Andere Länder, andere ittcn." Und da dcr Präsident ihn mit einem Gesichte ansah, auf dem deutlich zu lesen war, daß er nichts von diesen Worten verstand, so gab Smithson zur Bckräf tigung dcs Gesagten und m zu bcwci- en. daß er in gutem Glauben gehan- dclt, folgenden Beitrag zur Kenntniß dcr Gebräuche und Anschauungen des amerikanischen Volkes zum Besten. Er sagte: Was für merkwürdige Menschen seid hr Teutsche doch, daß es bei Euch erst i complicirtcr Geschichten bedarf, bis man die einfachste Sache dcr Wclt bc- wcrkstclliaen kann: Mit dcr Eiscnbami zn fahren! Wozu das fortwährende Hin- und Herlaufen einer Menge von Ve amtcn, und das ewige Kontrolliren? Es st einfach lächerlich. Bei uns giebt s nichts von alledcm. Ein Beispiel! Hier ist, nehme ich an, die ayn von oyion nacy ocr Mississippi-Mündung. Sie durchkreuzt m gerader Linie halb Amerika, sechs Tage Eiscnbahnfahrt ungefähr. In Toyton. befindet sich der Bahnhof vor den Thoren dcr Stadt; es ist eine Art Schuppen, dcr allen Winden nnd allen Reisenden offen steht. Sic könncn in ihm ans und ein, quer über die Schie nen und zwischen den Zügen hindurch gehen. Wenn eine Locomotive Sie beim, Ranqiren von hinten zu packen kriegt und zu Boden wirft, du lieber Gott! um so schlimmer für Sie! Es ist ja sehr bedauerlich, aber Sie hatten aufpassen müssen. Das Leben ist schon werth, daß man 'mal hinter sich schaut. Also. ie wollen hierhin oder dort- hin, oder irgendwo anders hin reifen. ganz gleich. Nichts einfacher als das. Da steht ein Am, dcr auf ic warkci. Mit odcr ohne Fahrkarte die Thatsache i höchst unwichtig nehmen wie Platz. wo es hnen pam. '.'tevcn ie ki sich, die ausgestreckten Beine in die Luft, der getreue reund. der Ihnen da Geleite bis zur Abfahrt giebt, und hört aufmerkfamen Obres Ihre letzten E Mahnungen an. Plötzlich merken -cit daß dcr Zug sich in Bewegung gesc hat. ie sagen Ihrem Freunde: Eil ?ich!" und geben ihm den Abschieds Hand-Iakc. Der Freund wünscht ,,ncn glückliche Reise, steigt auf das Zrittbreit und springt dann mit eine mächtigen atze auf den Boden herab wo er hinfallt und sich das (Besicht zrr schlägt. Was geht das mich an k hatte früher ausstcigen sollen. o favrcn wir ein paar Zaac da hin. Eines Morgens gebt plötzli die Z hure auf und der Zugnihrcr er scheint. ;nrc (Viinnaricn, vilie mei! Herren." Nun sind da um ein Beispiel nehmen in diesem Abtheil drei Herren die sich damit beschäftige, aus kleine tücken Holz mit ihre Taschenmessern Figuren zu schneiden, und sich dabei unterhalten. Der Erste dieser Herren legt sei Messer bei Seite, nimmt sein Ticket aS seiner Brieftasche und reicht dem Beamten hin. der es prüft und dankt. Der Zweite sagt: Ich habe keine Fahrkarte." Das ist Ihr gutes Recht." ant wertet der Beamte. Wo reifen Sie hin ?" Dort und dorthin." Das macht so und so viel." Hier." Ich danke Ihnen." Jetzt kommt die Reihe an den Drit ten, Ihre Fahrkarte, bitte, mein Herr. Ich habe keine." Das ist Ihr gutes Recht. Wohin reisen Sie ?" Tort und dorthin." Das macht so und soviel." Soviel Geld habe ich nicht." Bitte sehr, mein Herr, das macht nichts." Taraufhin streckt der Beamte die Hand nach der Tecke und drückt auf da Alarm-ignal. Der Zug hält. Wollen ik bitte aussteigcn." . . . Dcr Gerichtspräsident unterbricht Herrn smithson : ganz verblüfft fragt er Aussteigcn ? Und wo denn ?" Wo es gerade ist." Mitten in der Prairie ?" Odcr wo anders. Das kommt darauf an." Aber das ist la verrückt," ruft dcr Präsidcnt nach einem Augenblicke dcs Tchwcigcns. Dos ist ja das Tollste was es an wau amicu, Mangel an Civilisation und Rohheit giebt!" Grausamkeit? Mangel an Eivllisa tion? Rohheit?" wiederholte Smithson Wieso ?" Und mit Seclcnruhc spaach er. wäh rcnd seine weit geöffneten erstaunten Augen über die Richter dahinschwciftcn folgende inhaltsschwcrc Wahrhcit aus Wenn man kein Geld hat. um mit dcr Eisenbahn zu fahren, dann fährt man cdcn nicht. Das ist doch sehr ein fach." Ta dcr Vertreter dcr Staatsanwalt schaft nur eine milde Anwendung des Gesetzes beantragte, wurde Smithson nur zu einer kleinen Geldstrafe verur- theilt. iei. i'on Barbara von Z? I o in d e g. ic battc es ia o gut. toic war die einzige Tochter zärtlicher Eltern; sie war gesund und hatte keine Sorgen; hattc sie auch keine Reichthümer, so bc- aß sie doch genug, um sich manchen Wunsch zu erfüllen. Sic war hübsch und wurde bewundert. Zwar hattc sic sein Talent, wohl aber manche kleine Gabe, um sich damit hübsche Stunden zu machen. Sie hatten es ja so gut was wollte s:e mchrk Sie überlegte sich das selbst und preßte die Hand fest auf das unruhige Herz. Warum konnte sie nicht zufrieden sein? Warum dieses Sehnen nach dem unbestimmten Etwas? O, und wie oft dieser empfindliche schmerz, wcnn ihr ein Blick, ein Ton odcr ein Duft plötz lich die Vergangenheit vor die Seele zauberte. Hatte sic nicht längst übcr- wundcn k Sie war damals kaum siebzehn Jahr gewesen und hatte ihrem ersten Bewer der ihr ganzes glühendes Herz entge- gcngcbracht. , Welch selige Augenblicke, als feine Augen so deutlich seine Liebe offenbarten! Sie wartete auf ein cnt- chcidcndcs Wort von Tag zu Tag. von Mond zu Mond! Er schwieg! Und warum ? Sie war nicht reich und er ein flotter Lebemann. Er nahm nicht etwa rührenden Abschied von ihr, o nein, sie bleiben am selben Ort. sie sahen sich immer wieder, aber feine Augen fchweif- tcn über sie fort. Was wußte, er von lbrcr bitteren Enttäuschung, von ihrcm lcidcnschaft lichcn Schmerz! Aber sie erlag nicht, sic ballte fest die kleine Hand und sagte vorwärts!". Sie lachte und war vcr- gnügt, dic Eltern brauchten sich nicht über eine sentimentale Tochter zu be klagen, abcr sic wunderten sich, daß sic ch kalt abwandte, wcnn sic icmand zum Wcibe begehrte. o vergingen die Jahre. Einmal hattc sic gefleht: Laßt mich fort, ich will arbeiten, ich will irgendwo mich nützlich machen!" Die Mutter hattc gc- weint, und dcr Vatcr sic verständnißlos angeblickt und sic war geblieben. 2ic wischte des Morgens taub, spielte lavirr und sang, malte auch und las manch gutes Buch. Wie ci ließ sie sich in duiiige Kleider hüllen und betrat mit den vor toll strahlenden ElteniM. iZ-i t.)4 tlX lil tankte und lachte! keinen ickmelleren nicht, wenn er den Balliaal. ic abcr ibr Herz that chhig, stiui) dann mit ihr tanzte! Girich lebende Bildern zog daS alles an ihrer Seele vorüber, während sie im raschen Zempo durch dic Felder subr. hinaus aus'S Land, um dort dcr Hochzeit einer ?chulkaicradin beizn wobiien. Wie glucklich das kleine Ding fein würde, achtzehn Jahre, nnd ihr Bräutigam ein junger, flotter Husaren c ssizier! Jetzt machte der Wagen eine scharsc Wendung und hielt vor dem schloß artigen Landhaus. Schon auf dcr Veranda fiel ihr die Braut stürmisch in die Arme. Lotti. kannst du dir wohl denken, wie namenlos glücklich ich bin? Wir treten erst morgen unsere Hochzeitsreise an, weil ich heute noch ordentlich niit tanzen will. Lotti, mein Bruder führt dich zu Tisch, es ist dir doch recht da ist er hier mein Bruder Rudolf Lotti von Bingern." Ta war die Braut schon fortgeeilt, und Lotli stand fast erschrocken vor dem großen, schlankcn Man mit dcn dunkel blltzciidcn Augen. Sie wußte nicht, was er sprach, sie war wie im Traum. Dann erinnerte sic sich Plötzlich, daß dieser Mann ihre Eousinc geliebt, dic so schnell an einer tückische Krankheit gestorben war. Er war seitdem im Ausland gewesen nd erst jetzt zurück- ""l ' gelehrt. Heißes Mitleid durchströmte sie. Wns mußte er gelitten habe! Tic Stunden vergingen ihr wie im Fluge, sie wußte nur, daß feine leiden f'chaftlichen Augen auf ihr ruhten, daß ihr Herz brannte und sie vor Erregung ittertc. Was war ihr? Sie dachte nicht dar übcr nach. Tic Trauung, das Tincr war vor- übcr. Sic hattc sich vorzüglich bei Tisch unterhalten. Nur einmal hattc sic sich mit ihrcm Hcrrn gestritten. Er hatte behauptet, dcr Mann müsse oft ans Familienrücksichten hcirathcn. Sie hatte das Icbhaft vcrncint und war so eifrig geworden, daß er die Achseln gezuckt und geschwiegen hatte. Jetzt erklangen die ersten Walzer- takte, und schon im nächsten Augen- blick flog er mit ihr durch den Saal. Er tanzte mit wildem Feuer und preßte sie fest an sich. Als er sie endlich tief aufathmcnd aus den Armen ließ, senk tcn sich scinc Augen leidenschaftlich in dic ihren. Ihr schwindelte, in ihr wogte es hoch auf! War das denn wirklich möglich war das das Glück? Sie tanzte mit anderen weiter, abcr ihre Augen suchten nur dic einen, die beharrlich gesenkt blieben. Er mußte ja wiederkommen, natür ich! Sie wartete von Tanz zu Tanz. immer ungeduldiger, immer heißer, zu letzt mit Thränen in den Augen ei. blieb aus! Er stand vor einer jungen Wittwe und spielte gedankenlos init ihrem Fächer. Ein unendlicher müder Zug lag um seinen Mund. Tann und wann richtete cr einige freundliche Worte an sic, die ein Helles Roth auf ihre blassen Wangen zauberten. Noch em Walzer ein Polka ein Echluß-Galopv, und dic Musik schwieg. Ein tiefer Seufzer rang sich aus Lotti's cclc. War nun alles vorbei? Nein, noch nicht! Tie Herren bildeten einen Zircis. die Braut ,n der Mitte, die Myrthc sollte abgetanzt werden. Ta alles sah gespannt hin mit sicherem Schritt trat dic Braut mit vcr- . bundenen Augen auf ihren Bruder zu. Alle lachten ach so. das sollte der nächste Bräutigam sein. Wer aber wohl dic Braut? Alle steckten dic Köpfe zu- ammcn und flüsterten. In Lottis Schläfen hämmcrte es wie rasend, sie schalt sich selbst darüber. Wie lächer lich, diesen alten Brauch so ernsthaft zn nehmen! Sie wurde mit in den Kreis der jungen Mädchen gezogen, die sich übermüthig um den Husarcn-Ofsizier. den Bräutigam, drehten. Wir winden dir den Jungfern- kränz", fröhlich klangen die hellen timmen durch den Saal, schöner. grüner Jungfernkranz." Ta ein Moment dcr Spannung er faßtc die junge Wittwe bei der h- Hand. Tcr Sohn des Hauses trat auf sic zu und tanzte nach Vorschrift mit ihr. Natürlich," wurde geflüstert, sie st sehr reich, noch verwandt mit ihm aiinlienruasichten. Wie ein Blitz schlug dies Wort in Lotti's Seele! Sic hatte verstanden! ic trat hinaus auf die Veranda und ließ dcn kalten Wind um ihre Schlä- en wehen. Vorbei ! Zwei große Thrä- nen rannen ihr über dic blasscn Wan-gcn. Hochrufe und Gläserklingcn schreckten ie auf. ic trat ruhig in dcn Saal zurück und ging zu dcm neuen Brautvaar. m ihren Glückwunsch zn sagen. Tie liiiige Wittwe gab ihr freundlich die Daiid und dankte ihr warm. Ihr Bräutigam aber wandte sich hastig ab. Lotti fuhr till zurück ,n ihr Heim. in wilder Schmerz sprach aus ihren Augen, abcr ihre Lippen waren fest scinandcr gepreßt, und dic klcine Hand ballte sich vorwärts!" Tic ahrc vergingen. Lotti's Tage gingen hig dahin, ic hatte es ja so gut - as wollte ie mehr? r