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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (June 23, 1898)
(Ein: unheimliche L.i!'r:. HumoieSk? r?n I.'. 2'..'-: :' ) L dsrf eint Minute. Ttt Zuzl hält. i - Ter Schaffner öffnet die Thür, und! S) steige aus. noch einen wehmüthigen! Blick hinter mich auf die weichen Pzifter, werfend. Draußen empfangt mich ein Sturm, der mir beinahe den Hut en: führt und mir den Äezen ii'.Z Gesicht peitscht. Mit einer H.ind mein (Mepil aufgreifend und mit der anderen mei nen Hut festhaltend, eile ich ins Sta tionZhauZ. Hier in dem kalten un freundlichen Wartezimmer seufze ich tief auf. Ich habe gute Ursache dazu, denn dsr mir liegt noch eine Pofisahrt von nahezu 5 Stunden, durch Nacht und Sturm über aufgeweichte Chausseen und holprige Straßen. Meine einzige Hoffnung besteht noch darin, den Post, wagen leer zu finden, um eZ mir darin so bequem wie möglich zu machen. Jedoch auch diese ist vergeblich, denn der Postillon bemerkt mir. daß schon ein Passagier im Wagen sitze, und ein son derdarer Kauz scheint er zu sein." fügt er hinzu, denn er hat a'.Z Gepäck nur zwei Papierblindel bei sich, und diese hat er sogar mit in den Wagen genom men." Tann öffnet er die Thür, um mich einsteigen zu laffen. Um Vergebung." sage ich. in den mehr wie halbdunklen aum steigend und beinahe über die Beine meineZ Ge geniiberS stolpernd. Mein Reisegefährte machte mir Platz, und während ich meine Ecke aufsuche, bemerke ich. daß der Fremde sich zum Postillon beugt und leise eine Frage an diesen richtet. Mit dem Schnellzuge von 23." antwortet dieser laut und schlügt die Thür zu. damit weitere Fragen abschneidend. Was für Gründe der Fremoe haben mochte, sich fo eingehend nach mir zu erkundigen, denn die Frage betraf cf fenbar mich, blieb mir verborgen, aber eZ befriedigte mich, daß er keine Aus kunft erhalten hatte. Denn so standen wir unS gleich, er war mir so unbekannt wie ich ihm. Ein schauderhaftes Wetter," begann ich ein Gespräch einzuleiten, alZ der Wagen die holprigen Straßen der llei nen Stadt verlaffen hatte und auf der etwas ebneren Ehauffee fuhr. .Miseradel," antwortete er kurz an gebunden. Und ein unsichere? Fahren auf der Chauffee dazu." bemerkte ich wieder, denn der Postwagen holperte aus einem Loch in daS andere und schwankte wie Schiff auf hoher See. Deshalb trage ich auch stets Waffen mit mir," antwortete mein Gegenüber. Und zu gleicher Zeit hörte ich den Hahn einer Pistole knacken. Höchst erstaunt über diese räthselhafte Antwort, beschloß ich eS aufzugeben, mit diesem sonderba ren Menschen eine Unterhaltung anzu knüpfen und lehnte mich in meine Ecke zurück, um zu schlafen. Bitte sich nicht auf mein Packet zu legen," sagte da der Fremde wieder und zog Unter meinem Ellbogen eines von den Papierbündeln hervor, von denen schon der Postillon gesprochen hatte. AIS ich mich auf die ziemlich barsch ge stellte Bitte halb erhoben hatte, damit er daS Packet vorziehen konnte, fiel auZ meiner Ueberrocktasche ein Taschenpiftol, welche? ich auf mei nen Reisen stets bei mir trug, gerade auf die Kniee meine! Gegenübers. Ah," sagte er erschrocken, Sie find auch bewaffnet." Natürlich," antwortete ich, ein Mann meineZ Stande? reift nie ohne einen solchen Begleiter." DaS dachte ich mir, " sagte der Fremde mit einem kleinen Seufzer. Warum er dies dachte, und waZ er überhaupt dachte, bekümmerte mich nicht weiter, ich setzte mich wieder in meine Ecke, zurück, um einzuschlafen. Ich hatte die Augen geschloffen und fing an zu träumen, als ich durch ein Stöhnen meines Nachbars wieder aufgeschreckt wurde. Sind Sie krank?" fragte ich be sorgt. -. Wie können Sie fragen," antwor tete er. wenn Sie wüßten, wer ich bin, aber vielleicht haben Sie schon genug von mir gehört, ohne mich bis jetzt ge fehen zu haben." Dieses Vergnügen hatte ich aller ding? noch nicht," sagte ich, aber eS würde mir leid thun. Sie krank zu wiffen." Vielleicht, vielleicht," murmelte der Fremde bedeutsam vor sich hin. Ha. ben Sie nie von HanS Berner gehört?" Nicht daß ich wüßte. Na, der bin ich." sagte er einfach. eS ist doch in allen Zeitungen, ich war 17 Wochen im Hospital und 4 Wochen im Irrenhaus, und doch bin ich nicht kurirt. Aber Sie sind vielleicht ein Fremder, sonst müßten Sie in B. davon gehört haben." Sie haben Recht." antwortete ich. ich war nur zwei Stunden in B." Ach so, das ist der Grund, aber ich weiß, Sie würden nicht mit mir zufam men fahren, wenn Sie wüßten, wer ich bin." ?!a. aber ich wußte doch nicht, daß i das Veranüaen baden würde, mit bnen ,u fahren." Ein Vergnügen nennen Sie eS, aber schließlich würden Sie eS nicht so nennen, wenn Sie gesehen Hütten, wie ich Rud. MertenS Daumen abbiß." Sie biffen eines MammeZ Daumen ab?" fragte ich erschreckt. Ja," lachte er ingrimmig in sich hinein, w einem Biß. Ich möchte. swr si) 5 oh ii . 0-ii?i Jahrgang 1!). Beilage zum Ncbraöka Ttaatö-Anzeiger. No. Sie Hütten gesehen, wie ich die konfu! tirenden Aerzte auseinanderjagte, sie warteten nicht einmal auf daZ Ho Notar." Na. dachte ich. daZ ist mir ein netter Reisegefährte. Dürfte ich Sie vielleicht fragen." sagte ich mit leiser. beruhizenderStimme, wie Sie zu dieser seltsamen Anewohn heit gekommen sind?" Ja. daZ ist eS. mein Lieder," ant wortete er, mir vertraulich die Hand aufs Knie legend, das ist eZ ja eöen. sie bringen eZ nicht heraus ; der Eine sagt, eS sitzt im Gehirn, der Andere der muthct eZ in den RückenmarkZ'Nerllen. und der Tritte sucht die Ursache in den Muskeln; meine Anficht ist: sie wiffen überhaupt nicht! davon." Hat man denn keinen Namen für diese Krankheit?" fragte ich weiter. Natürlich hat man einen Namen dafür. Und dürfte ich fragen " Na. ich dächte, Sie frügen lieber nicht, denn Sie würden sich in der Nacht darüber beunruhigen, ich würde eZ ja nicht thun, wenn ich irgend hülfen könnte; aber wenn ich einen Anfall be komme, stehe ich für nichts." Einen Anfall," stotterte ich erschreckt, aber ihre Angehörigen würden Sie doch nicht in einer öffentlichen Postkutsche allein fahren laffen, wenn so etwas zu befürchten stände." Ja, wenn die eZ wüßten, wohl nicht." antwortete er, sie würben eZ wohl nicht dulden; aber ich bin erst diese Nacht entflohen. eS wird einen tüchtigen Aufruhr in der Anstalt geben, wenn sie in der Frühe merken, daß ich fort bin. Rudolph MertenS wird um diese Zeit wohl schon bellen." Rudolph MertenS bellen, wie meinen Sie das ?" Alle Gebissenen bellen nach einigen Tagen, namentlich wenn sie von einem Hund gebissen werden." Sie sprechen doch nicht etwa von der Tollwuth ?" fragte ich. und die Haare auf meinem Kopfe fingen an sich zu sträuben. Natürlich," antwortete er, Sie ha ben eS errathen." Und Sie haben die Krankheit. Sie sind von einem tollen Hund gebissen ?" fragte ich zitternd. ES ist heute gerade der neunte Tag. feit ich angefangen habe zu beißen," erwiderte er ernst; dabei schien er gar nicht zu merken, welchem fürchterlichen Eindruck diese Worte auf mich machten. Und mit dieser schrecklichen Krank, heit behaftet wagen Sie in einem öffent lichen, dem Verkehr deZ Publikums di nenden " Bitte, schreien Sie nicht fo laut." unterbrach mich der Unheimliche ruhig, denn wenn ich gereizt werde, um fo schlimmer für Sie." Ader," sagte ich eingeschüchtert, eZ ist doch sehr unklug von Ihnen, in Jh rem Zustand eine Reise zu unterneh. men." Ja," antwortete er mit einem tiefen Seufzer, aber seit einigen Wochen ist die Jagd bei unS aufgegangen, und ich denke schon feit drei Wochen an nichts weiter; zwar bin ich zweifelhaft, ob meine Nerven das Gebell der Meute er tragen werden." An diesem Tage würden mich keine zehn Pferde auf die Jagd bringen, dachte ich. Ich hoffe," begann er wieder, daß sich hier in der Nähe kein Waffer beftn det, fast gegen AlleZ kann ich mich be herrschen, nur Waffer muß ich vermei. den, fließende? Waffer." Ich begriff sehr wohl. waS er mit die. sem letzten Satz meinte, und kalter Angstschweiß trat auf meine Stirn, als ich daran dachte, daß wir in ungefähr einer Stunde an eine Brücke kämen, welche über einen sehr breiten Fluß führte. Natürlich verhehlte ich diese Thatsache vollkommen und betheuerte, daß sich im Umkreise von 10 Meilen weder Fluß noch Bach befände. DieZ schien ihn sehr zu beruhigen ; denn er versank in träumerisches Sinnen, wel cheZ nur durch einige unartikulirte Laute unterbrochen wurde, eS hörte sich an, als ob er sich selbst spräche. Was er sagte, verstand ich nicht, und ich hielt eZ für daZ Beste, ihn nicht zu stören. Wie precär meine Situation war, brauche ich wohl nicht zu schildern. Vis-a-vis einem bewaffneten, mit der Tollwuth behafteten, aus dem Irren hauZ entsprungenen Menschen, welcher selbst gestanden hatte, daß, wenn ein Anfall ihn packte, er sich nicht zu be. zwingen wüßte. Und dazu in stocknn sterer Nacht, in einer engen Postkutsche, wo absolut kein Platz war. sich zu der theidigen und keine Aussicht, zu fliehen. Wie sehnte ich mich nach meiner war men Stube zu Hause, ja selbst der Platz auf dem Bock neben dem Postillon, in Sturm und Regen, erschien mir der lockend. Durchnäßt bis auf die Haut würde ich ja werden, aber Gott fei Dank war ich noch nicht wasserscheu wie mein unheimlicher Geführte. Halt, waZ war das, klang daZ nicht wie ein Tchnarchen? Ist eS möglich, daß er ein geschlafen ist. hoffentlich ist eZ doch nicht ein beginnender Anfall; aber min. da ist eZ wieder, er ist eingeschlafen. Jetzt ist eZ Zeit zu fliehen, jetzt oder nie. Diese Worte vor mir hinmurmelnd, versuche ich mich der Thür zu nähern, vorsichtig ziehe ich meine Beine an mich, hörbar klopfte mir daS Herz in der Brust. Jetzt bin ich am Fenster, mein Gegenüber athmet ruhig, leise lasse ich daS Fenster herunter und strecke meinen Arm nach dem Thürdrücker aus. Dieser wird langsam umgedreht, die Thür Öff net 'sich, und ich springe hinaus, die Thür wieder zuschlagend und den Po stillon anrufend. Ich klettere zu ihm hinauf, und er macht mir bereitwillig Platz. Dann versuchte ich ihn aufzuklären, warum ich daS immerhin geschützte In nere deS WagenS mit diesem naffen Platz vertauscht habe, aber der Wind nimmt mir die Worte vom Mund weg. und ich gebe den Versuch auf. Ich hüllte mich so gut eS ging in meinen Mantel, zog den Hut tief ir.S Gesicht, um mich so viel wie möglich zu schützen. Ter Wagen rollte seine einsame Straße weiter, und so beruhigte mich daZ Bewußtsein der Sicherheit, daß ich trotz Sturm, Regen und Kälte fest ein schlief und nicht eher erwachte, als bis der Wagen über das holprige Pflaster unsere? Reiseziels schwankte und vor dem weißen Schwan" stillhielt. Da saß ich nun durch und durch naß und steif und lahm und vor Kälte mit den Zähnen klappernd. Die Kellner und Knechte des Hotel? machten erstaunte Gesichter und konnten sich kaum da; Lachen verbeißen. Schlimm genug mag ich ausgesehen haben, denn der Regen hatte die schwarze Farbe meines HuteZ aufgelöst und hatte über mein Gesicht hübsche Streifen gebildet, und so mag ich einem Indianer auf dem KriegZpfad garnicht so unähnlich gewesen sein. Jedoch so ungemüthlich ich mich auch in meinen nassen Kleidern befand, zu erst mußte ich doch nach meinem Reue geführten sehen, der mich in diesen Zu stand versetzt hatte. Ehe ich jedoch im Stande war mich aufzurichten und vom Bock zu klettern, sah ich einen kleinen dicken Herrn, in einen großen, grauen Mantel gehüllt, in der Thür des HotelZ verschwinden. Halt an. guter Freund." rief ich laut und sprang trotz meiner lahmen Beine in einem Satz vom Bock und rannte, so schnell ich vermochte, hinter dem Grauen her inZ Frühstück? zimmer. Als ich eintrat, war er gerade im Begriff seinen Mantel auszuziehen, feine beiden PapierBündel hatte er auf den Tisch vor dem Ofen gelegt, jetzt schnallte er seine Gamaschen ab. Auch ich warf meinen völlig durchnäßten Uederrock ab, und wie ich mich nach meinem Mann umdrehe, blicke ich in daZ joviale Ge ficht meineZ Schwager?, welche? sich in zwischen behaglich vor dem warmen Ofen niedergelassen hat. Ich war vor lauter Stauuen keines Wortes mächtig. Tu Harri), Du bist eZ, Schwager!" rief ich endlich aus. Ja. ist e? denn nur möglich? Warft Du wirklich der Reisende in der Postkutsche?" Natürlich war ich eZ. und Du, warft Du vielleicht auf dem Bock?" Tann zum Henker, was war das mit der verwünschten Geschichte von Tei ner Tollwuth und dem Abbeißen deZ Daumens und dem anderen Unsinn?" Hier unterbrach mich mein liebenZwür. diger Schwager mit einem solchen un bändigen Gelächter, daß ich ihn vor lauter Wuth hätte erdrosseln können. Und nur um Dir einen Witz zu lei sten und mich lücherlich zu machen, hast Du diese Geschichte componirt?" fragte ich weiter, ganz außer mir. Aber nicht im Geringsten," ächzte jetzt Harrq. sich die Augen trocknend, welche ihm vom übermäßigen Lachen thränten, wenn ich nur eine Ahnung gehabt hätte, daß Tu e? seift, hätte ich überhaupt nie die Tollwuth gehabt, aber um die Wahrheit zu sagen, warft Du nicht der einzig Geängftigte. Du hast mich tüchtig erschreckt." Ich Dich erschreckt?" fragte ich ganz erstaunt. Na. sieh her." fing er an zu erzäh. len, als er sich von einem abermaligen AuSbruch erholt hatte, die Sache der hält fich fo: Ich mußte gestern nach B. zur Bank, um dieses Geld zu holen, denn in diesen Packeten befindet sich Geld, viel Geld, nämlich 300.00 M., in jedem 150.000 M.. welches zur Erb. schaftZmaffe der Familie Simons ge hört, deren Sachwalter ich. wie Du weißt, bin, und dieses habe ich heute hier am Gericht zu deponiren. Schon um halb zehn Uhr war ich von B. mit dem Personenzug gefahren und hatte mich eben vor Ankunft deZ EilzugeS in den Postwagen gefetzt, um den besten Platz zu erwischen, wenn noch mehr Panaziere kommen sollten. Tu kamst mit dem Eilzug. der Postillon hatte mir inS Ohr geflüstert, daß Du in Dei ner Brusttasche einen Revolver trügft. nun bekam ich Angst und dachte. Du wärst mir gefolgt und mit dem Eilzug gekommen, weil Du wußtest, daß die Soft den Zug noch abwarten muß. Nun dachte ich mir. als Du einstiegst, Räuber find auch Menschen und ziehen jedenfalls da? Gehenktwerden der Toll wuth vor. Während ich meine Ge schichte erzählte, stand mir der Angst schweiß auf derjStirn, und jede Minute glaubte ich. Du würdest Tich auf mich stürzen. Ich war schon im Begriff Tir die Hälfte deS Geldes anzubieten, um mein Leben zu retten. Aber jetzt verzied mir und laß Dich vor allen Dingen inS Bett packen, denn wie ich sehe, bist Du doch ziemlich naß geworden, und ohne einen tüchtigen Schnupfen wird eZ wohl nicht abgehen." Mit diesen tröstenden Worten hatte er mich auf mein Zimmer dezleitet und mich ausgekleidet, nur mit Mühe feine Lachluft bewältigend. Nachdem er mir noch einige Taffen heißen Thee mit Rum eingeflößt hatte, ließ er mich end lich allein. Aber kaum aus der Thür, hörte ich. wie er wieder einen Lachlrampf bekam. Einen gerade nicht besonders from men Wunsch, meinen Schwager betref send, vor mich hinmurmelnd, schlief ich ein. Das Rreuz von Ebenholz. Eine mahle eschichre von P. dc i;ourgoing. Ans dem Französischen. EZ war am 22. September 1870. Der Eisenring, der Pari; vier Monate lang umgeben sollte, war zwar drei Tage endgiltig geschlossen, drängte uns aber noch nicht bis auf die Fortlinie zurück. In der Richtung auf Saint TeniZ, la Briche, wo mein Mobilgar denbataillon kasernirt war, hielten wir Epinay besetzt und meine Kompagnie befand sich an dem Tage auf Vorposten. ES waren unZ RecognoZzirungcn ge meldet worden, welche daZ vierte preußische Armeekorps bis nach Saint Gratien und Deuil unternommen hatte, auch hatte ich meinen Wachtposten an. befohlen, mich zu benachrichtigen, sobald sie irgend etwas Auffälliges, waZ eS auch sei, bemerkten. Ter Tag war ohne Zwischenfall vorübergegangen, eine Nachtronde hatte mir nichts ge meldet, ich konnte mich also auf einer Matratze ausstrecken. Ich schlief seit kurzer Zeit, als einer meiner Soldaten mich weckte. Herr Lieutenant, ich habe in den Feldern ein von rechts nach linkZ sich bewegendes Licht gesehen." Ter Mann, ein Gärtnerbursche auZ Auteuil, war einigermaßen aufgeregt; eZ mochte ihm zur Entschuldigung die nen, daß dieS seine erste Wache war so nahe am Feinde. Außerdem hatten die Leute die Gewohnheit, überall Preußen zu sehen, und die Stunde, die er allein, im Dunkel, zugebracht hatte, sogar ohne zu seiner Sicherheit pfeifen zu dürfen, hatte seine Einbildungskraft mächtig arbeiten laffen. Ach geh'! Du bist wie die Anderen! Uederall die Teutschen! Gesteh' nur, daß Du Dich gefürchtet haft und gar nicht böse warft, ein lebendiges Welen zu er blicken, um Dich ablösen zu laffen. Tu wirft irgend einen Marodeur oder Kar toffelsammler gesehen haben, der mehr Angft gehabt hätte als Du, wenn er Dich erblickt hätte. Kehre wieder auf Deinen Posten zurück. Ich führe Dich hin. Geh' voran!" Wir waren vielleicht zweihundert Meter von den letzten Häusern ange langt, als der Soldat plötzlich stehen blieb. Dort hinten, Herr Lieutenant," sagte er; sehen Sie da? Licht?" Und durch da? Dunkel der Nacht be merkte ich in der That ein Licht, daZ sich unregelmäßig, wie einer Laune ge horchend, bewegte und etwas Sprung hafteS, Phantastisches, Aberwitziges an sich hatte. Kam eZ auf unS zu oder entfernte eZ sich? War eZ nah oder fern? Unmöglich, daZ in der Tunkelheit zu erkennen. Da nur meine Unerfahrenheit in kriegerischen Dingen konnte mich ent schuldigen vergaß ich die Folgen, welche ein ohne Grund bei den Vor Posten abgegebener Schuß haben kann; ich öffnete, vielleicht um meinen Muth zu zeigen, daS Futteral, in dem mein Revolver steckte. DaZ Licht sprang immer noch hin und her, t? kam, eZ ging, bald nach oben, bald nach unten, dann, auf einmal, schien eS auf einer Stelle, hin und herschaukelnd, stehen zu bleiben. Diesen Augenblick ergriff ich. uin auf gut Glück darauf zu zielen. Der Soldat hatte meine Bewegung errathen, denn ich fühlte, wie er sich dicht an mich drängte, furchtsam wie ein Mensch, der zum ersten Male einen Schuß hö:t. DieZ Gefühl. daZ bei die sem improvifirten jungen Krieger wohl begreiflich war. wurde durch die Tunkel. heit. daS Geheimnißvolle der Lage, den Selbsterhaltungstrieb noch verbrppelt und verdreifacht. Ter Schuß krachte, mit seinem kurzen, trockenen Klang die tiefe Stille durch schneidend. TaZ Echo sandte ihn mir noch zweimal zurück und dann sah ich nur noch daZ Dunkel. Sie hatten Recht. eZ war nur ein Marodeur." murmelte mein Begleiter. Na, nun stell' Tich wieder auf Tei r.en Posten!" Ter Schuß hatte die Feldwache ge weckt, und alZ ich wieder in Epina? war, fand ich die Leute dabei, Zorniger und Mantelfack umzuschnallen. Sie umringten mich und richteten tausend Fragen an mich. Meine Auskunft be ruhigte sie. ich schickte fie zur Ruhe und schlief dann selbst bald wieder, ohne an daZ Licht und meinen Revolver mehr zu denken. Jugend hat so guten Schlaf ! Mit TageZgrauen war ich auf. Am Horizont hoben sich die Pro fillinien de? Mont Valerien scharf von dem rosig schimmernden Himmel ad, zu meinen Füßen verschwand die Seine unter einem leichten und durchsichtigen Nebelhauch, der wie ein Gazeschleier auf der Wasserfläche schwebte und auf den Sonnenstrahl wartete, der ihn vertrei ben würde. Unbekümmert um die sie umgebenden Ereignisse, erwachte die Natur in milder Ruhe auZ ihrem Schlummer und eZ war. als läge schon etwas von dem Schweigen deZ TodeS auf ihr. Allmühlig wurden die An zeichen deZ Lebens vernehmlicher, ein Hahn krähte. daS war daZ Signal zum Ettoachen. In diesem Augenblicke kamen eben abgelöste Posten an mir vorüber. Nichts Neue??" fragte ich den Ser geanten. Nichts, Herr Lieutenant, außer, daß Sie Ihren Mann, den Marodeur nicht gefehlt haben diese Nacht. Er liegt unter einem Brombeerstrauch, der ihn zur Hälfte bedeckt, neben der dicken Pappel, lin'Z von der Straße. Ich rief einige Mann herbei, die zur Seine hinab wollten, und wir begaben ur.Z nach dem angegebenen Ort. EZ war kein Marodeur, sondern ein preußi scher Soldat, der dort ausgestreckt lag, das Geficht nach der Erde zu. die Arme nach vorn. Sein Gewehr, das durch die Heftig keit des Sturzes einige Meter weit fort, geschleudert worden war. trug eine La terne, die an der äußersten Spitze de? Bajonett? befestigt war, eine jener klei nen Laternen auZ Messing, wie sie in unseren Dörfern die Krämer verkaufen. Ich nahm daS Gewehr an mich und meine Leute hoben die Leiche auf und trugen sie in das nächste HauZ, wo fie auf einen Tisch gelegt wurde. EZ war ein großer Bursche mit einem rothblon den. weichen und lockigen Bart, der Holdein ober Dürer hätte zum Vorbild dienen können. Da ihm der Helm ab genommen war, konnte man sehen, daß meine Kugel uuter der Schläfe ein und oben auZ dem Schädel wieder heraus gedrungen war. Ein Streifen geron nenen Blutes bildete eine rothe Linie. die sich in dem weit offenen, mit weißen breiten und auZemanderftehenden Zäh nen, gesozmuiien Munoe verlor, xit Augen, die, wie man errathen konnte, im Leben ganz blau gewesen sein muß. ten. hatten eine unbestimmte, melancho lische Färbung angenommen und schie nen nach dem Jenseits dem Unsichtbaren zu suchen. Die Mobilgardiften konn ten ihrer Neugier nicht widerstehen und beugten sich schweigend über den Leich nam. Dann öffnete Einer den Man tel, den Waffenrcck. durchsuchte die Taschen und zog aus diesen ein ganz kleines Kruzifix aus schwarzem Eden holz und einen Brief. Ich nahm Bei deS an mich. Ich entsinne mich deS Inhaltes, wel chen der aus Elberfeld datirte Brief hatte : Lieber Kar! ! Wie diel Thränen der Angft weinen wir. wenn wir von einer neuen Schlacht hören, aber wie viel Freudenthränen auch, wenn Teine Briefe ankommen und uns beruhigen I Du fagft, eS geht Tir gut, wir sollen UNS nicht fürchten, Gott behütet Tich, ich glaube eS. aber nur wenn ihr vor Paris angelangt sein werdet und der Friede dann unterzeichnet ist, werde ich beruhigt sein können... Tann wirft Du zu unS zurückkehren, dann haft Tu dem Baterlande Deine Schuld adgeira gen und wirft unS nicht mehr verlas, sen. . Vater, Mutter umarmen Tich. . Teine Schwefter Laura." Ich barg den Brief getreulich wieder in der Rocktasche, aber ich behielt das Kruzifix. Die Leiche wurde mit dem Gewehr und der verhüngnißvollen La terne in eine schnell gegrabene Grube I gelegt und deren Stelle durch zwei in !Kiezs?rm befestigte H.'!zstucke dcj'ich. j nct. Eine Stunde später rief ein Be I fehl unZ uach de;n Fett la Bliche zurück. Am 21. Dezember fand die Schlecht bei Le Bourget statt. LuZ meinen dei Beginn der Belagerung fo ängstlichen Mobilgardiften waren wirkliche Solda ten geworden, die sich muihig tödten ließen, ihnen zur Seite die Marine Füsiliere, mit denen fie von HauS zu HauS gegen einen immer stärken wer Senden Feind ankämpften. AuZ Schieß scharten, Fenstern, Kellerlöchern krach ten unaufhörlich die Schüsse und wir wurden buchstäblich aus nächster Nähe füfilirt. Plötzlich fühlte ich einen ent fetzlichen Stoß an meinem Kopfe; in demselben Augenblick durchzuckte der Gedanke, daß ich sterben würde, mein Hirn, in dem alle meine Jugenderinne rungen durcheinander zu wirbeln be gannen. Tann erschien daZ Bild de? Preußen aus Epinay vor mir mit fei nen hellblauen Augen und einem Lächeln, daZ mir daZ Mark in den Knochen erstarren machte, und ich fiel zu Boden. AIS ich in dem im Paläste der Ehren legion eingerichteten Lazareth wieder zu mir kam. bemerkte ich sofort das kleine Kreuz auZ Ebenholz, daS ich immer ge tragen und daS eine der barmherzigen Schwestern an der Wand, meinem Bette gegenüber, befestigt hatte. Hatte eS mich wohl beschützt? Tie Einen werden sagen: daS ist Zufall. Die Anderen werden denken : Warum ihn und nicht den Anderen? Wie dem auch fei... ES hat mich seitdem nicht mehr verlaffen. 2tr Xitb alS GtNtleman. Vor einigen Tagen hatte in London eine Lehrerin, Miß Reave, die ihr Ge halt einkasfirt hatte, die Hälfte deffel ben, 5 Pfund Sterling, in einen Brief gelegt, um fie der Mutter zu senden. Ten Brief hattS fie verschlossen, aber keine Adresse auf'S Couvert geschrieben und ihn so in'S Portemonnaie gesteckt. Eine Stunde später hatte ihr ein Ta schendieb daZ Portemonnaie gestohlen. Verzweifelt lief fie nach dem nächsten Polizeibureau, wo man sie mit einigen leeren, tröstenden Redensarten abfand. Als sie nach Haufe zurückgekehrt war, fand fie dort zu ihrer Ueberrafchung ein kleines Packet vor, welches ein Unbekann ter dort abgegeben hatte. Das Packet enthielt das Couvert mit den 5 Pfund Sterling, daZ nicht geöffnet war, ver fchiedene andere Papiere und folgendes Schreiben: LiebeZ Fräulein! Mein Gewerbe hat mich genöthigt, mir soeben Ihr Portemonnaie anzueig nen, in welchem ich mit einer Summe von 60 Sh., die ich behalte, einige Paviere mit Ihrer Adresse finde. Ich möchte Ihnen vor Allein daS beiliegende unbeschriebene Couvert zurückerstatten, welches mir meine Diskretion zu öffnen verbietet. Wenn eine junge Dame so mit einem unbeschriebenen Couvert her umspaziert, so muß dieses einen Liebes brief enthalten und die Adfenderin ei nen günstigen Augenblick abwarten, um ungesehen darauf die Adresse ihreS An beterZ schreiben zu kirnten. Ich will Ihrem Liebhaber nicht der hübschen Sachen und der Küsse berauben, die Sie für ihn bestimmt haben, und eZ betrübt mich allzusehr, die Absenkung dieses "Billet doux" verzögert zu ha ben. Seien Sie glücklich, liebes Fräu lein, mit dem. den Sie fich erwählt ha ben und genehmigen Sie die Verftche rung der vorzüglichen Hochachtung Jh reZ ergebenen TienerZ " Ein richtiger Gentleman, dieser Pick hocket! Tie Macht des Gesanges. Unter dieser Spitzmarke läßt sich daS Hoyaer Wochenbl." folgenden Vorfall aus Barendurg berichten: Die Sau eines LandwirtheZ im nahen Dorfe K. brachte kürzlich einen Zuwachs in den Schweineftall. Leider erwies sich die Sau als eine schlechte Mutter, denn sie schickte fich an. ihre Nachkommenschaft aufzufressen. Ter Bauer, der im Geiste schon den verlockenden Klang der 20 Mark'Stückchen für jede? 'Ferkelchen klingen hörte, gerieth in große Angst. alZ er daZ gewahrte. In feiner Noth stieß er einen langgezogenen Klageruf aus. Tie Sau stutzte und ließ das Ferkelchen. daZ sie schon im Maule hatte, fallen. Heureka ! Der Zkie Macht soll das Vieh zähmen, dachte un ser Freund, und so sang er. daß eZ von den Wänden deZ SchweineftallZ wieder hallte. Wo man singt, da laß Tich ruhig nieder u. s. w." Und o Wun der! Aller Kannibalismus der Sau war verschwunden, wie hypnotifirt legte sie sich nieder und säugte ihre Ferkel. Nach einer Pause zeigten sich verbreche rische Rücksälle. Ader nun kannte man ja das Mittel zur Beruhigung. Die ganze HauZbesißerfamilie sammelte sich im Schweineftall und vierstimmig er schallte in kräftigen Akkorden ein schö neZ Lied nach dem andern; immer ruhiger wurde die Sau, immer behag i licher grunzte sie und die kleinen mun tern Ferkel durften ihren Appetit in aller GemüthZruhe stillen ! Ein nnvcrsäiämter Ponsbcrr. Herr Fips, ich muß Sie dringend ersuchen, jetzt endlich einmal den rück ständigen Miethzins zu bezahlen !" Ja. waZ füllt Ihnen denn ein ! ! . . Wenn man bei Ihnen 'n Zins zahlen muß. nacha zieh' ich lieber aus !"