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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (July 30, 1896)
As der Prairie. Jtu! btm ('ngliiibcn. ES war sin heißer Nachmittag viel leicht wissen Einige vo Ihnen, wie heiß es in der Prairie sein kann, wenn sich kein Lustchen regt. Ich saß in dem kleinen chalterraum der Eisenbahnstation, bei der ich ange stellt war. Durch das Fenster konnte ich beobachten, wie die glühende Luft aus dem sonnenverbrannten Gras empor stieg. Die einsamen Gebäude, die hier und da und in der Entfernung verstreut lagen, erhielten dadurch ein solch unru. higes, schwankendes Aussehen, als ob sie jeden Augenblick hinweggcblasen werden könnten. Durch die Stille ertönte plötzlich der Schall von Pserdehuscn, die an den, Bahnsteig anhielten, und bald daraus hörte ich auf den Brettern und in dem Wartezimmer ein eigenthümlich klap perndes Geräusch. Aufblickend gewahrte ich einen Knaben von etwa 14 Jahren, der in der Thiir stand. Sei rechtes Bein war über dem Knie amputirt, und er stützte sich auf ein Paar leichte Krücken, die er niit Karabinerriemen, wie bei der Kavallerie, befestigt hatte. Er übergab mir einen Auslieferungs schein für ein Packet an den Obersten Kent, einen bedeutenden Viehzüchter, dessen weitläufige Ansiedelungen unge fähr eine Meile südlich von den Geleisen lagen. Sind Sie der Sohn des Obersten?" fragte ich ihn, während ich ihm das Packet aushändigte. Ja, mein Herr, ich heiße Eharlie Kent." Dann drehte er sich um und betrach tot; die TelegraphenApparate mit neu gierigen Blicken. Er sah so frisch, s gesund und so aufgeweckt aus, daß ich ihm erlaubte, zu mir herein zu kommen und sich alles genau anzusehen. Seine Augen leuchteten auf. Wenn Sie es gestatten, thue ich es sehr gerne. Der vorige Beamte war ein so brummiger Mensch, daß ich mich stets zu fragen fürchtete." Da ihn die Gegenstände zu interessi ren schienen, erklärte ich ihm in kurzen Worten das System des Schlüssels und des Anschlägers und ersuchte, ihm be gniflich zu machen, wie man eine Nach richt fortschickt und erhält. Er hörte mir ' aufmerksam zu und schien alles ganz gut zu verstehen. Ja," sagteer, nachdem ich geendet hatte, so ganz unwissend bin ich nicht mehr, denn ich habe schon Einiges dar über in Büchern gelesen. Würden Sie so freundlich kein und mir das Alphabet, auttchreiben r Ich erfüllte seinen Wunsch, und er barg das Stückchen Papier sorgfältig in sein Taschenbuch. Als er erfuhr, daß mir dieser Theil des Westens noch unbekannt fei, erklärte er mir Verschiedenes übet' die Gegend und schloß eine außerordentlich sorgfül tige Beschreibung des Wildes, der Vö gel und deren Zewohnheiten mit ein, die mich, als Jagdliebhaber, sehr inter ksslrte. ' "Ehe er mich verließ, erzählte er mir noch, daß er sein Bein während eines indianischen Ueberfalles vor vier Iah nn, ehe die Eisenbahn erbaut worden war, verloren hatte. Seines Vaters Besitzung war unvermuthet angeg'riffen worden. Er war damals erst zehn Jahre alt. Da er sich außerhalb des Hauses befand, hatte er unbemerkt ent schlüpfen können und sich im Gebüsch verborgen, wo ihn eine verirrte Kugel in das Knie traf. Ich begleitete ihn zur Thüre, als er Abschied nahm, und war erstaunt, wie sicher er sich auf seinem Pony fühlte. Seine Krücken hing e: hinter sich, schwang sich gewandt in den Sattel und ritt im scharfen Galopp nach Hause. Etwa eine Woche später kam er eines Rachmittags wiederum zu mir. In der Zwischenzeit hatte er das telegra phische Alphabet auswendig gelernt und konnte alle Zeichen mit Leichtigkeit wie derholen. Am folgenden Tage besuchte mich der Oberst selbst, ein ledhafter, munterer Herr, der die Gewohnheit hatte, allen Leuten aie Hände zu schüt hin. Er war der Typus eines Grenz ansiedle. Nichts für ungut, Herr Beamter," begann er, mein Sohn "möchte gar zu gern Ihre Kunst erler nen. Sehen Sie er fühlt sich so einsam, denn er kann nicht mit den an deren Knaben spielen, seines Beines wegen ; wenn Sie ihn also um sich dul den wollten und ihn anlernten. er begreist ziemlich rasch und faßt sehr leicht auf nun es soll Ihr Schade nicht werden, was beanspruchen Sie?" Aber Herr Oberst" ich mußte übn seinen geschäftlichen Eifer lachen seine Gesellschaft wird mir nur willkommen sein ich bin so ganz allein hier einen Kontrakt brauchen mir also nicht auszusetzen." Charlie war ein gelehriger Schüler. ' Nach einem Monat konnte er eine Bot schaft fortsenden und empfangen, wenn auch natürlich noch sehr langsam. Sein Bater freute sich dermaßen über seine Fortschritte, daß er mir einen Zieitpony zum Geschenk machte, und als sich Sharlie kurze Zeit darauf in den Kopf setzte, welch' prächtige Idee eine private Verbindung von der Ansiedelung nach der Station sein muffe, beauftragte mich der Oberst, zwei Apparate und den Draht aus Chicago kommen zu lassen. Die Biehjungen (Cow bovs) legten unter meiner Ausficht die Leitung an. und obgleich dieselbe nicht sehr stramm angespannt war und die Stangen nur aus aneinander gefügten aunpsählen bestanden, arbeitete sie doch ebenso gut wie die Hauptlinie. Ta ich den Appa rat an meiner Endlinie nicht in meinem Bureau haben wollte der übertrieben diensteifrige Herr, unser Bahnwärter, mochte dagegen opponiren so stellte ich ihn an einer Seite des großen, leeren Güterschuppens auf. Der Herbst war schon vorgeschritten, und meine Pflichten wurden anstatt schmerer nur leichter. Außer zwei Gü terziigen, einen über den anderen Tag, lamm noch die tägliche Post und die Ezpreßzüge nach Osten und Westen durch, letztere zwischen ein und vier llhr des Morgens. So hatte ich vollaus Zeit, die ich größtentheils mit Charlie auf der Hühnerjagd verbrachte. Er schoß ausgezeichnet ans dem Sattel, ob wohl es ihn, wie er mir sagte, viel Mühe gekostet hatte, bis sich fein Pony an das Schießen gewöhnte. Die übrige Zeit des Tages las ich entweder, oder ritt spazieren, so lange das ent zückende, indianische Sommerwetter an hielt. Während einer Nacht im Okto der brach ein entsetzliches Sturmwetter los; Regen und Hagel blendeten die Aussicht. Der Orkan entlud sich, kurz nachdem der westliche Zug die Station verlassen hatte, und ungefähr eine Stunde, ehe der östliche fällig war. Ich wurde durch das wilde Brausen ge weckt und stand auf, um Umschau zu halten. Der Regen goß in Strömen und der Wind machte das Gebäude er beben, während die Blitze unaufhörlich niederzuckten. Als ich in den tosenden Sturm hin aussah, enthüllte ein außergewöhnlich leuchtender Blitz für einen Augenblick eine Gruppe Reiter, die Über die Pra, rie auf die Station zu galoppirt kamen. Ich verweilte noch, um, wenn möglich, einen zweiten Blick zu erHaschen, aber ohne Ersolg, wahrscheinlich hatten sie sich nach links gewandt. Kurz nachher hörte ich am anderen Ende des Gebäudes ste anhalten. Viel leicht wollten sie Schutz vor dem Sturm suchen, vielleicht auch auf den Zug wav ten. Es war nichts Ungewöhnliches, daß Reisende östers eine Stunde vor Abgang desselben eintrafen, und des halb fiel es mir weiter nicht auf. Ehe ich aber meinen Platz am ffenster er ließ, hörte ich sie von der Platform auf die Thür zustampfen, und ich zog mich etwas auf die Seite zurück, um sie vor- übergehen zu seyen. Ich liefe gewohw lich in der Zwischenzeit, in der ich die Züge erwartete, eine herunierge schraubte Lampe brennen. Diese leuchtete ein wenig durch das Fenster, und als die Männer in den schwuchen Lichtstrahl traten, konnte ich sie genau betrachten. Sie waren alle sehr kräftig gebaut. Sie trugen alle gelbe Gummimäntel und hatten die Krempen ihrer weichen Schlapphüte über die Stirn hernnterge- zogen, um sich vor dem Regen zu schätzen. Dicht unter den Augen hatte sich jeder einzelne ein rothes Taschentuch um das Gesicht geschlungen. Dies fiel mir als etwas Ungewöhnliches auf und beunru higte mich einen Augenblick, dann kam mir der Gedanke, daß sie die Tücher als Schutz gegen den Hagel umgebun den hätten. Einen Augenblick später schlugen sie an die Thüre nnd verlangten Einlaß. Ich gewährte diesen nie gern so lange vor Abgang eines Zuges, denn manch mal wuroen mir Eilgeldbriefe zugestellt, und ich besaß keinen Kaffenschrank, um Werthgegenstände wegzuschließen. Einmal mußte ich ein Packet von 2000 Tollars drei Tage in meiner Tasche mit mir herumschleppen, ehe der Eigenthümer sich meldete. So war ich gelegentlich um meine Sicherheit be sorgt. Diese Nacht war ich aber nur im Be sitz einiger mir gehörigen Tollars und einer fast leeren Posttasche. Tennoch fragte ich, ehe ich öffnete: ' i Wer ist da. und was wollt Ihr?" Reisende für den Zug," kam es zu rück. Wir sind alle naß und wollen uns or dem Regen schützen." Ich schloß die Thüre auf. und sie drängten sich in das Zimmer. Bei der helleren Beleuchtung hier in neu erschienen die Taschentücher, die ihre Gesichter verhüllten, so sehr als Vermummung und eine vortreffliche dazu daß ich unwillkürlich einen Au genblick zurückfuhr und inen hastigen Schritt nach dem Schalter machte. Sosort versetzte mir einer der Männer einen Schlag mit der Faust, und wenn derselbe auch nicht sehr stark war, so kam er doch so unerwartet, daß ich jeden Halt verlor und hinstürzte. Kaum lag ich am Boden, als mich auch schon zwei ergriffen, mich auf das Gesicht legten und mich se hielten, 'sie Anderen ban den mir die Hände nach rückwärts, fes selten meine Füe und rollten mich dann auf meinen Rucken. So, mein Hühnchen", sagte einer, der der Anführer zu sein schien, wir haben nichts gegen Dich, und es soll Dir nichts geschehen, so lange Tu Dich ruhig der hältst. Sowie Tu Tich aber muckst oder Lärm schlägst, giebt'i was zu schieszen." Sie schienen mit dem Bureau und des sen Umgebung vertraut zu sein wahr fcheinlich hatten sie schon früher hier Besuche abgestattet. Zwei von ihnen hoben mich auf und trugen mich nach dem Güterschuppen, während ihnen ein Anderer mit der Lampe vorausging und die Thür öffnete. Einen Augen blick sahen sie sich forschend an, dann legten sie mich auf die Erde gegen die Wand, gaben mir einen alten Mantel als Kopfkiffen und, nachdem sie mir Schweigen anbefohlen hatten, kehrten sie in den Wartesanl zurück. Ta lag ich also allein im .Dunkeln. Ich dachte nach, und ziemlich rasch, denn ich desand mich in furchtbarer Aufre gung. Ihr Vorhaben war klar genug sie wollten dein Zug hier auflauern und ihn berauben. Der Postschass ner nach dem Osten führte fast immer eine Menge Geld in seinem Schrank mit sich, ost genug auch Goldbarren aus den westlichen Minen; wenn ihr Plan also gelang, ernteten sie reiche Beute. In letzter Zeit war diese Ge geud durch öftere derartige Anfälle vc unruhigt worden, und so war ich über zeugt, daß ich ihren Plan errathen hatte. Dadurch, dasz sie das Zugpersonal überraschten, konnte:: sie dasselbe leicht überwältigen. Die Post- und die Ge präckmägen würden die ersteren mit der Lokomotive eine oder zwei Meilen weiter östlich fahren und sie dort in aller Stille und Gemüthsruhe plündern. Vor Kur zein war derselbe Anschlag auf einer an deren Linie geglückt, und aller Wahr scheinlichkeit nach würde er auch hier ge lingen, wenn ich ihn nicht aus irgend eine Weise vereiteln konnte. Ich versuchte, meine Hände zu be freien, aber sie waren z fest gebunden so fest, daß mir die Band fest in das Fleisch schnitten. Und dann überlegte ich, daß ich, selbst wenn ich frei wäre, unmöglich ungesehen entfliehen und den Zug warnen tonnte, denn beide Thore des Güterschuppens waren verschlossen, und die Schlüssel zu demselben befanden sich in der Schublade des Schalterraums. Gerade jetzt ward die Thür, die in's Wartezimmer führte, geöffnet, und einer der Schurken schaute hinein. Sprich, junger Mensch, lebst Tu noch?" Ja." Wir wollen wissen, ob Du etwas an diesem Telegraphen-Apparat zu schaffen hast, damit man keinen Verdacht schöpft hast Tu noch irgend eine Nachricht abzuschicken?" Tas war ziemlich unverfroren, und einen Augenblick kam mir der Gedanke, daß es mir doch vielleicht gelingen könnte, eine Warnung fortzuschicken. Ich wollte gerade Ja" antworten, als die andere Stimme mir zuvorkam: Laß den Kerl in Ruhe, sowie der die Maschine in die Klauen bekommt, läßt er den Zug anhalten. Sei kein Narr, komm heraus und mach die' Thür zu." Sie ward zugeworfen, und ich befand mich wieder allein im Dunkeln. Meine beengte Lage und die festge schnürten Stricke begannen mir jetzt Schmerzen zu verursachen, und ich blickte mich um, mir Erleiterung zu verschaf sen. Plötzlich erinnerte ich mich einer Kreissäge, die vor einigen Tagen von dem Güterzuge zurückgelassen worden war, und die ich vom Stiel losgelöst und in eine Ecke gelegt hatte, um einem möglichen Unfall vorzubeugen. Ich rollte mich weiter und weiter, bis meine Füße die gegenüberliegende Wand berührten. setzte mich in der Ecke auf und suchte mit den Händen nach der Säge. Zu mei ner großen Freude fand ich sie, brachte die Stricke gegen einen der Zähne und begann vorsichtig vor und rückwärts zu reiben. Im nächsten Augenblicke waren meine Hände frei, eben so rasch meine Füße. Zch entledigte mich meiner Stiesel und konnte micht jetzt ohne das geringste Ge räusch bewegen. Dennoch konnte ich nichts unterneh- men. Ein Entkommen war unmöglich, und ich wollte mich gerade wieder in meine alte Lage zurückbringen, um ei ncm zweiten Faustschlage zu entgehen, falls mich die Hallunken überraschen sollten, als ein leichtes spiz z z", dem ein leuchtender Funke folgte, meine Auf merksamkeit nach der südlichen Seite des Raumes lenkte. Es war der Apparat unserer Privatlinie, der durch den Blitz beeinflußt wurde ein ganz gewöhnliches Ercigniß, das man in Telegraphen bureau während eines Tonnerwetters beobachten kann. Mit einem svruna war ich an dem Apparat und untersuchte die Verirrn, dung. Alles war in Ordnung, wenn, gleich man durch das starke Rauschen des Regens kaum den Anschläger hörte, Es schien fast eine Unmöglichkeit, daß ich um diese Zeit m der Nacht eine Ant Wort von Charlie erhalten konnte, da es aber mein einzigstes Mittel war. lohnte es sich des Versuchend Deshalb begann ich, seinen Namen markirend Eh." C h c h c h " raffelte ii und plötzlich ward zu meinem größten Erstaunen die Verbindung hergestellt, und die Antwort kam. .34-6-6. Tann sprach" ich zu ihm in meiner Auslegung viel rascher, als der gute Junge die Worte aufnehmen konnte, und er unterbrach mich mit lang sanier". Jch-ich-ich," stotterte ich: .rufe sofort Deinen Pater." Nicht zu Hause," kam die Antwort, alle fort, um da? Vieh einzufangen, das der Sturm verschlagen 6t." jjch ich ich," rief ich zurück, dann hielt ich an. um nachzudenken. Kannst Tu an die westliche Kreuzung reiten und dem Zug fignalisiren, daß er an6alt?" .Ja. warum?" Nimm eine Laterne und wickle ein Stück dünnen, roth Flanell darum, wenn Tu welchen haft. Schwinge sie über die Geleise, sobald Tu die Kops lichter siehst, und höre nicht eher auf. als bis angehalten wird. Sage dem Zugsührer, daß' acht Männer hier sind, die den Zug berauben wollen. Eile, so sehr Tu kannst." Au'trag verstanden. Tonnerwetter!" das Letztere wohl, um seinem Er staunen Lust zu mache, dann hörte ich nichts mehr. Ich hoffte jetzt, daß die Schurken überlistet werde würden, obgleich Alles natürlich von Charlie abhing. Aber es war etwas, was gerade für ihn paßte. Im Geiste sah ich ihn auf lerne rn Pony. die Laterne in der Hand, über die Prairie dahinsausen, als ob ein Rudel Indianer hinter ihm her sei. Unterdessen hielt ich es sür's Beste, meine alte Lage an der Wand wieder einzunehmen, um jeden Verdacht zu vermeiden, im Fall die Räuber mich ausfragen würden. Die Zeit schien nur so dahinzuschleichen bis ich fast mit Gewißheit annehmen dürfte, daß der Zug fällig sein müsse. Aber er kam nicht, obgleich mich die Bewegungen der Hallunken von der Richtigkeit mei' ner Vermuthung überzeugten, wahr fcheinlich hatte er schon etwas Ver spätung, und das beunruhigte sie. Nun öffnete auch einer die Thur und rief mich an: Sag', Ingenieur, ist der Zug pünktlich?" Ja, erwiderte ich, um zwei Uhr war er s noch, seit der Zeit habe ich nichts mehr gehört." Er zog sich wieder zurück, und zehn Minuten lang blieb alles ruhig. Plötz, lich hörte man durch das Sturmgebrause ein schwaches, entferntes Pfeifen. Im nach ten Augenblicke entstand eine leb, hafte Bewegung im Wartezimmer die Saunen versammelten sich aus dem Bahnsteig. Ich sprang auf meine Füße und stellte mich an die Wand, die dem Ge leise am nächsten lag. Mein Ohr gegen die Bretter legend, konnte ich nun deut lich das Geräusch des schnell heran nahenden Zuges vernehmen. Ich ver suchte mir vorzustellen, wo die Schurken sich aufgestellt haben konnten. Wahr scheinlich hinter einer Ecke des Gebäu des, um sofort, mit dem Revolver in der Hand, vorzuspringen. Der Zug war jetzt ganz nahe und hielt mit Schnauben und Zischen und Pfeifen vor der Station an. Fast im selben Augenblicke hörte ich das donnernde Kommando Hände hoch", dein vier oder fünf Revolverschüsse folgten, den Lärm eines Handgemenges auf der Platform, der aber bald beendet war, und dann ein wahres Babel von Stim men und das Geräusch vieler Füße auf dem Bahnsteig. Ich stürzte durch das Wartezimmer, um zu sehen, wie alles abgelaufen war, und suchte und traf den Zugführer. Hallo, Lund, sind Sie das? Dank Ihrer Warnung, haben wir diesmal den Raub vereitelt. Ich borgte mir ein halbes Dutzend Revolver von den Reisenden und warb mir ein paar Frei willige, und als wir hier anlangten. standen zwölf Männer bereit, um das Geschüft zu regeln. Wir haben die Räuber im Gepäckwagen untergebracht kommen Sie und sehen Sie sich die Banoe einmal an. " Es waren wüste Menschen. Zwei von ihnen lagen verwundet auf dem Boden, aber nicht gefährlich. Jetzt kam Charlie auf seinen Krücken daher gehinkt, nur mit einem paar Hosen und seinem rothen Flanellhemd bekleidet, dessen einen Aermel er heraus gerissen hatte, um ihn über die Laterne zu wickeln. Er war vollständig durch näßt, seinen Hut hatte er unterwegs verloren, und er machte einen so. er bärmlichen Eindruck, sah so zerrissen und zerlumpt aus, daß die Passagiere, die sich in Lobeserhebungen ergingen, eine Kollekte für ihn veranstalteten. Nachdem der Zug die Station ver lassen hatte, trafen wir uns im Warte zimmer. Tort besprachen wir die Sache und versuchten darüber nachzudenken, wieviel wir der Expreß Company für den Gebrauch unseres Privattelegraphen anrechnen sollten. Einige Tage später, mehr des SpaßeS halber, als daß es darum zu thun war, schickten wir eine Rechnung über 50 Tollars ein, .die so fort und mit vielem Tank für das, was sie unser rasches Handeln" nannten, bezahlt wurde. Begnadigt. Zt'mt von i. 1 8 e r. Ta stand er wieder auf dem Berliner Pflaster und starrte mit sinnendem Blick auf die zahllose Menschenmenge, die von Sekunde zu Sekunde wechselnd vorüber fluthete, auf die vorüber rollenden Om nibusse, die zahllosen Pferdebahnen und die vielen Troschken und anderen Ge spanne. Taffelbe Bild wie ehemals! Schien eS doch, als sei die Zeit spurlos an alle dem vorübergeflogen! Ter einsame! Mann schreckte empor. Zu lange schon I hatte er an der Ecke der Leipziger und Friedrichsftraße gestanden. Schon streif i ten ihn die mißtrauischen Blick: eines j Schutzmannes. Ein schmerzliches Lä-, cheln huschte über das vergrämte Geficht. Freilich, elegant war er nicht gekleidet. Ter Rock zeigte nicht den neuesten Schnitt, sondern er war dünn, und der schössen, fröstelnd zog er ihn zusammen. eine Ueberzieher befaß er nicht, lieberen." lautete der herbe Urtheilsspruch Gott, wovon sollte er sich diesen LuruS damals. leisten können. Er hatte sein Weib nicht wiederge Fünf Jahre! Alles noch wie ehemals , sehen, kein Lebenszeichen all' die Jahre auf den Straßen Berlins und doch wie, hindurch von ihr erhalten, er war frei anders in dem Auge des einsamen Man i seit gestern ! nes. Fest krampften sich die Hände z sanimei! und zwischen den znsammenge bissenen Zähnen murmelte er unver ständliche Laute. Die Menschenmenge staute sich, r kleinen Abtheilunge war eS bei dein regen Verkehr möglich, den gegenüber liegende Bürgerjteig zu erreiche. Ein kleiner Zug Zlrre,ideKnaben wartet auf den günstigen Moment, die gegenüberliegende Seite der Straße zu erreiche, aber die Wage scheine kein Ende nehmen zu wollen. In lange, dunkle Mäntel gehüllt, breitrandige schwarze Hüte auf dem Kopse, stehen die Jungen da, ein Bild der Armuth. Von Hof zu Hof ziehend und singend rufen sie die Mildthätigkeit des Men schenherzens an. Flackernd beleuchtet der Schein der Laterne die kleine, dunkle Schaar. Ernste Augen schauen aus den blassen, schmalen Gesichtern in das Gewühl der Weltstadt. Der einsame Mann zuckt zusammen. Tas Gesicht des einen Kn.'.ben! Welche Erinnerungen nist es in ihm wach. Da die Kurrende-Knaben eilen über den Fahrdamm, ihre Zeit ist kostbar sie muß ausgenutzt werden ihnen nach ihnen nach! Eiligen Schrittes erfolgt er den kleinen Zug, auf dem Hofe eines 'Hauses der Zimmerstraße verschwinden die Knaben und bald vernimmt man die ernsten Strophen eines Chorals. Der einsame Mann steht in einer duuk len Nische der Haunflur, dem ergreifen den Gesänge lauschend. Draußen fluthet die Welt der Millio nenstadt brausend, rauschend, lärmend vorüber, während hier ans dem stillen Hofe Ruhe und Frieden eingekehrt zu sein scheint. Unermüdlich zieht die dunkle Schaar von Hof zu Hof, unermüdlich folgt ih nen der dunkle Schatten des einsamen Mannes. Endlich haben die kleinen Sänger ihren Dienst vollendet und eilen ihrer Wohnung zu. Fast wäre der eine Knabe von den Rädern einer eiligst vorllberfahrenden Droschke zu Boden gerissen, hätte nicht noch im letzten Au genblicke eine Hand ihn zurückgerissen. Hastige Tankesworte stammelnd, strebte das erschrockene Kind vorwärts. Wo wohnst Tu. mein Junae ." läkt sich jetzt die Stimme seines Erretters vernehmen. Tie Gestalt des einsamen Tiamm teilt an einer Seite. Weit im Norden und ich mun mich eilen, plinktlich zum Abendessen heim zu lomrnen " Und läufst Gefahr, überfahren tu werde. Willst Tu mich nicht mitneb- men Aucy mci isiel t der Norden, aber ich bin fremd hier geworden und iiide den Weg nicht mehr, Gewik, gehe ich doch den Weg fast lagucy " Den weiten Weg?" Im Westen bekommen wir besser bezahlt. Ta wohnen die reichen Leute, während im Norden und Osten viele Arme wohnen. " Hast Tu tVincn Vater mehr?" Stockend kamen die Worte über die zuckenden Lippen des Mannes. Keinen Vater oder Mutter, die sür Tich sorgen können?" Ach nein," kam es trübe über die schmalen Lippen des Knaben. Mein Vater ist todt und meine Mutter ist viel krank und kann oft nichts verdienen. . . " Haft Tu noch Geschwister?" Noch zwei." Tu bist der Aelteste?" Ja, ich werde zehn Jahr. Meine jüngste Schwester ist fünf Jahre, . . . " Barmherziger Himmel ! " Was haben Sie, .. .Herr, ., ." Nichts nichts .... mein Kind und Deine Mutter ist oft krank?" Fast immer," kommt es traurig von den Lippen des Knaben, fie weint viel und ist immer so traurig." Und was arbeitet Deine Mutter, womit verdient sie Euer täglich Brod?" Sie hat Auswartestellen." Aufwartestellen?" O. es geht ganz gut. sie bekommt dann das abgelegte Zeug der Herrschaf ten und braucht für uns nichts zu kaufen, ich verdiene auch schon," stolz hebt sich des Knaben Kopf, aber Mnt ter lacht doch niemals, so viel ich ihr auch dringe." Allmächtiger Gott im Himmel, wie wunderbar find Deine Wege. Tief in sich zusammengesunken, schreitet der Mann an der Seite des plaudernden Knaben dahin. Welch ein Bild des ! Elends rollt sich vor seinem Auge auf. und er er ivur caiuiu an Allem: Konnte er sühnen? Er ein ge drochener Mann ? Wirr hing ihm der lange, mit Sil berfäden durchzogene Bart um das Ge, ficht. Düster blicken die einst so fröh, lichen Augen. Seine Gedanken schwei, sen zurück. Tief sinkt der Kopf auf die Brust. Sein Leben liegt in Scherben vor ihm. Kann wird sie ihm ver zeihen? Ihm. der ihr ganzes Leben, glück zerstört ?" Erst gestern yatte er den grauen Mauern den Rucken gekehrt, in welchen er fünf volle Jahre hinter Schloß und Riegel gesessen. Fünf volle Jahre der Reue und Buße. Wie entsetzlich war die Zeit gewesen und groß war die Sehnsucht geworden, sein Weid, seine Kinder wiederzusehen. Urkundenfälschung, sechs Jahre er, Scheu streiften deS Knabe Auge die gebückte Gestalt de Fremden, d, verständliche Worte murmelnd, eben ihm herschritt. Ich bitt am Ziel, dort oben im siinslen Stock wohnt meine Mutter, Gute Nacht." Mich friert sage, mein, Kind, darf ich mit Dir gehen, darf ich Tich Deiner Mutter zurückbringen?" Wenn der Herr durchaus will. , , . " kam es ängstlich, stockend über des Kim den Lippen. Wie sonderbar der Mann nr war. Die sünf Stockwerke waren erstiege. Die Thür zur Wohnung sprang auf. Trübe beleuchtet vom Schein einer kleinen Petroleumlampe stand mit dem Rücken der Thüre zugekehrt eine hohe Frauengestalt, beschäftigt eine Wasser suppe aus die Teller der Kinder z sül len. Jetzt wandte sie sich um. Grau, und Sorge hatten die einst so schöne Züge durchfurcht. Ta hebt sie die Augen empor, wie geistesabwesend starrt sie den Mann an, welcher leise eingehe ten ist, sie taumelt und sinkt zurück. Er stürzt zu ihr, säugt sie in seinen Armen ans. küßt ihr Haar und Gesicht und flüstert: Mein armes, armes Weib, kannst Du mir verzeihen? Ich will arbeite Tag und Nacht, um gut zu machen, was ich an Euch ver krochen." . Sie starrt ihn an zu jäh ist die Ueberraschuug gewesen. Fälscher", kommt es herbe über ihre Lippen; sie richtet sich empor, erschreckt sind die Kinder in eine Ecke dem Zim mers geflücktet. Ich verdiene das Wort, aber höre auch, daß ich nicht so schuldig bin, wie Tu glaubst. Tu weißt, wie ich Dich geliebt und wie mir kein Wunsch zu hoch war, ihn Dir zu erfüllen. Ich be saß nur ein Meines Gehalt, Du wußtest eS nicht, um Dich zu erringen gab ich ein höheres Gehalt an. Unsere An sprüche wuchsen und so unterzeichnete ich eiueS Tages den Wechsel mit falschem Namen, Tu brauchtest Geld für Deine Toilette, für die Ballsaison. Du lieber Gott, Du ahntest ja nicht, wie schwer es mir wurde und ich war schwach, ich konnte Dir nichts abschlagen. Bei dem allmächtigen Gott schwöre ich Dir, daß es so war. Ich schmieg damals vor Ge richt, um Tich nicht mit herunter zu ziehen, als Schuldige." Wie Schuppen fällt es ihr von den Augen, nicht leichtsinnig verspielt, wie er damals ausgesagt, sonder ihr, ihr allein hatte er sich geopfert. Ihr zu Liebe. Sie hebt das Haupt empor, fest um schlingt sie die Rechte ihres Gatten. Kannst Tu mir verzeihen? Schwer habe auch ich gesündigt. Unser Leben soll fortan Arbeit, rastlose Arbeit sein, damit dereinst unsere Kinder trotz allem zu uns empor sehen können." Fest umschlangen die Arme der Kin der den Nacken des wiedergefundenen Vaters, Vater, lieber Vater" flüsternd. Ein verlorener Mann war dem Le ben, der redlichen Arbeit wieder gewon nen, zwei der Verzweiflung nahe Herzen hatten sich in treuer Liebe wiederge funden. Bom alten lessauer. Ter Bör" erzählt folgende Anek. böte: Der Bäckermeister Riede stand bei dem alten Dessauer in besonderer Gunst. Das verleitete ihn zu einem ungeschickten Streich, den ihn aber der Fürst bitter entgelten ließ. Riede nämlich hatte vom Fürsten eine Anweisung auf einige Klafter Holz geschenkt erhalten. Als das Holz abgeladen wurde, ging der tfür l zufällig an des Bäckers Hause vorüber und bemerkte, daß das viel mehr sei, als es der Anweisung nach sein konnte. Kerl!" schrie der Fürst, wie viel Holz habe ich Dir angewie sen?" Ach. das war viel zu wenig." ver setzte Riede, vertraulich lächelnd, da habe ich noch ein Nullchen hinzu ge than." Ter Fürst schmieg, aber die Revanche blieb nicht aus. Eines Abends fuhr er an des Bückers Haus vorüber, ließ an halten und den Meister herausrufen. Tiefer erschien sofort in Hemdsärmeln, bloßen Füßen und Pantoffeln am Wagenschlage. Setze Tich mal zu mir," sagte der Fürst leutselig, ich habe ein Weniges mit Tir zu plaudern." Natürlich konnte der geschmeichelte Meister dieser Einladung nicht wider stehen, und so ging'S unter lustigen Reden die Straße hinab, zum Thore hinaus und bei immer rascherem Trabe der Roffe zwei Stunden weit über Land. Plötzlich ließ der Fürst anhalten. So," sagte er, ich danke Tir sür Teine angenehme Unterhaltung, nun kannst Tu wieder aussteigen." Verblüfft schaute der Meister drein, aber es half ihm nichts. Er mußte in seiner fragwürdigen Bekleidung im Regen und Tunkeln den weiten Weg langsam zurücktappen und noch hinter sich herrufen hören: Schau, das ift für das zugesetzte Nullchen." j$u fdirefflid). Sie: Tu sagst, es werde zu viel für den Hausstand gebraucht und ich müsse mich mehr einschränken? Ja. mein Lie der, da bleibt freilich nichts anderes übrig, als daß ich noch heute unserer Köchin den Tienft kündige." Er (erschrocken): .Um Gottesmillen. nur das nicht!"