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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Sept. 20, 1894)
Des Dachdeckers ZNutter. Von i'a-.l fiUing. z fia in KirchhosSmauer wohnt bc Dachdecker Mull. n,1" war inel der ärmlichsten in dem lurara, seeländischen Dorfe. Die Wände waren etnft mit alksmbe weih angestrichen ge es, aber jetzt waren sie schmuhiggrau. bkinahe schwarz, mit großen auigefalenen Maonftackea. und die eine Seite de Haus, war mit Tlroh bekleidet, um teera den Wind zu schützen. Irotzdem der Sohn Dachdecker war, da Strohdach doch brüchig und schwarz vor Alter, halb von Moo be. dekt mit einigen hellgelben Streifen da. zwischen, wo man die schlimmsten Scher mit neuem Stroh aulgeffert hatte. Der Garten war angedeutet durch eine nsallene Steinmauer und ein paar oer krüppklte JohavniSbenftrlucher, von denen die Insekten und der Wind alle liltter abgerissen hatten, s daß die nren an den dünea Zweigen hingen. Sonst war er mit ausgestapelten, alten Baumwurzeln und einem Haufen Brenn hol angefüllt. Beide Halbthürin de Haufe waren offen. Man konnt dadurch in Ine dunkle Sche sehen, wo ein Hund auge ftnckt in dem Sonnenftreis lag. der durch die Thür fiel. Draußen auf dem Wege kam de Dach. dcker Mutter gegangen und schob eine kleine, kinrädrig Kummetkarre vor sich her. El war nicht leicht zu sagen, wi alt ft war; denn solch kleine, dürr Ge stalten halten sich sast unverändert vom Zahn der Zeit. Da Gesicht war scharf und sonnenverbrannt mit rothen Backen und wer spitzen, rothen Nase, und glatt kämmte, gelbe Haar sah unter der schwarzen Bauervhaub hervor. Sie trug in groß Brille mit dicker Horn rafaffuna und Holzschuhe an den Füßen, und ibre Kleidung bestand in einem arllnen Warvrock mit rothkarrirtkr Baum ollschürz und einem kurzärmeligen dunklblauen Leibchen. Der Bater war auch Dachdecker ge, esn, und die Eltern hatten schon da Häuschen, wo sie noch wohnt, und in Stückchen and dazu ve,e,en. Einftmal. al Gibst so hieß si nämlich noch viel jünger, aber im übrigen schon gerad so braun und trocken war, wie jetzt, war in reienver janv, rkburfch ,u dem Hause gekommen Er ohnte dort in Woche lang und zog dann weiter. Man sah tyn nie wiener aber Sids behielt in Andenken an ihn in Andenken für da ganz Leben in Kind. E war in häßlicher kleiner Jung, mit großem Kopf und ein paar großen erstaunten braunen Augen, Die tun sia) sahen, all ob er darüber verwundert Ire. daß er zur Welt gekommen war, und seine Mutter war da auch. Sie hatte ihn so von ungefähr bekommen und legt keinen großen Werth aus diese Er, ivnerung an den Gesellen. Wär er zu finden gewesen, so hätte sie wahrscheinlich ihren Aerger an ihm ausgelassen; nun aber mußte der Sohn de Vater Sün, den entgelten, und der kleine Matz bekam früher Prügel. Zähne. Um die Zeit war e. daß Sidse sich die kleine einrädrige Karre anschaffte, die sie ihr ganze Leben hindurch begleitete. Um für den gemeinsamen Unterhalt etwa beizusteuern, hatte si angefangen, tn den Bauernhäusern herum wasche zu gehen und sonst allerlei Handreichung zu thun. Dabei mußte ft da Ktnd mit, nehmen: denn ihre Mutter war eben ge, starben, und e war Niemand da, den Kleinen zu warten; der Vater war den ganzen Tag auf Dachdeckerarbeit au, und die Hausthür wurde abgeschlossen. Der kletn Matz würd auf die Kum metkarre gefetzt und bis dorthin gefahren, Sidse den Leuten zur Hand gehen wollte. Da saß er in einer Ecke und knabberte an einer Brotkruste und sah sich mit seinen erstaunten braunen Augen um, big die Zeit ihm zu lang wurde und er ansing zu schreien. Dann lief Sidse von ihrem Waschtrog herzu und gab ihm seinen gewohnten KlaxS, und durch diese kleine Zerstreuung aufgemuntert, ver hielt er sich dann wieder eine Zeit lang ruhig. So wuchs er auf, bekam Prügel in der Dorfschule und Prügel daheim, wurde ronstrmirt und fing an, dem Großvater bei der Dachdeckerarbeit zur Hand zu gehen. Der Großvater starb und Matz fetzte da Geschäft fort. Die Jahre gingen dahin und Alle ging feinen alten Gang. Matz machte Dachdeckerarbeit, und die Mutter karrte herum von Hau zu Hau. ES war nur der Unterschied, daß Matz nicht mehr auf der Karre faß. Jetzt hatte sie gewöhn lich ein Bund Gra für die Kuh, ein Säckchen Mehl au der Mühle oder etwa schmutzige Wäsche darauf, wenn sie nach Haus kam. Matz war in langer, Hochaufgeschosse, ner Bursche von einigen zwanzig Jahren geworden, so lang, daß die Mutter nicht mehr heranreichen konnte, wenn si ihm ein Kopfstück geben wollte, ohn auf einen Schemel zu steigen, sie half sich übrigen gewöhnlich mit einem Scheit Brennholz, einem Besenstiel oder wa sie sonst in der Hand hatte. Sidse nannte ihn immer ihren häß lichtn Bengel, und eine Schönheit war er auch gewiß nicht. Er sah noch immer so aus, als wäre er verwundert darüber, daß er zur Welt gekommen war, und er hatte auch Grund dazu; denn die Welt hatte nicht viel Freude von ihm und er nicht viel Freud von der Welt. KinS von den Mädchen lächelte den langen schmutzigen Tklpel freundlich an, und keiner von den Bur sehen de Dorfes mochte ihn leiden; denn, wenn sie zu Tanz und Lustbarkeit gingen oder sich einen Rausch im Kruge Hollen, sah er zu Hause und ließ sich von der Muller mit Kopfstücken regaltrev. Seine einzig Freud war de Sonw tag Nachmittag, wenn er sich gewaschen hatte, in reinen Hemdärmeln unter den alten Pappelbäumea aa der Kirchhof, mauer zu sitze und auf die Grabhügel und die schönen Blume zu sehen. Ein paar Mal, wenn er am Lormittag freie Zeit gehabt, hatte er auch seine Holzschuht ausgezogen und war auf den Socken in die Kirche geschlichen und hatte an der Thür gestanden und den Priester so schon rede ttrea von der Liebe, dieser schönsten aller GotteSgabeo, die selbst den gering ftea und ärmsten Sterblichen läutert und erhebt. Da! konnte er nun zwar nicht recht verstehen; aber eS war ja auch nicht leicht für einen armen und unftudirten Bauern Alle zu verstehen, wa so ein gelehrter Mann sagt. Da Dorf lag wi auSgestorben im Sonnenschein. Nur in paar alt Weiber saßen in ihren Hausthüren und strickten und in paar Kinder lagen und wühlten im Sand. Sonst war all! still, denn e war die Zeit der Heuernte und alle, die arbeiten konnten, waren draußen aus dem Felde. Selbst da große hellgelbe Schulhau, wo immer von jugendlichen Stimmen zu summen pflegte, lag in Schweigen ge hüllt, den die Kinder hatten Ferien. Matz, der Dachdecker, saß hoch oben und arbeitete an dem neuen Strohdach mit Hülfe eine schmächtigen Jungen, der den mehr bezeichnenden, als wohlklingen, den Name Faul'Lar führte. Matz faß fleißig bei seiner Arbeit, legte das Stroh zurecht, schnitt e mit einem großen Messer durch und ließ die Dach, nadel auf und niedergehen. Diese war eine Art Weberschiffchen von Eisen, mit Stahldraht umwickelt und FauLLarS, der drinnen auf dem Boden stand, reichte sie immer wieder herauf, wenn Matz sie durchgesteckt hatte, um das Stroh mit dem Stahldraht fest an die Sparren zu heften. Unten im Garten ging des Schulleh rer Stine und hängte Wäsche zum Trock nen aus. Der Schullehrer war in alter Jung geselle und Stine war sein Haushälterin Sie hatte früher in der Stadt gedient und sich dabei seiner Manieren angewöhnt war aber frisch und blühend wie ein Land madchen. Matz, der Dachdecker konnte sich nicht entbalten. ein buchen na tat zu schie len. Sie nahm sich recht hübsch auö in ihrem frischgemaschenen Kaltunkleide und dem kleinen seidenen Halstuch. Ihr Gesicht war freundlich und rothbackig. das glänzend braune Haar lag in dicken Flechten um de Hinterkopf und wenn sie ihre runden bloßen Arme in die Höhe streckte, machte ftch ihre volle kräftige Figur bemerklich. Jetzt war sie fertig und ging hinein. Gleich darauf kam sie wieder heraus, sie trug ein große Glas Wettzdier. .Sie werden durstig fein, Dachdecker sagte sie mit freundlichem Lachein ollen te nicht etwa zu trinken haben?' Man konnte hören, daß sie ei Mad chen von Bildung war. Sie sagte Sie.' Da war ihm noch nie vorge kommen. schön Dank, Mamsell", azie er. Er wollte auch zeigen, daß er Bildung hatte. Sie that ein paar Schritte aus der Stitge und reichte ihm das Glas hinauf, Er bog sich über, um e zu fassen; aber das Stroh war glatt; er stürzte ropfüver herab und blieb an der Erde liegen, das eine Bein zwischen zwei großen Steinen eingeklemmt. Stine letzte vas Glas von na unv eilte zu ihm. .Haben sie si sehr weh gethan? DaS das Bein thut weh.- Er versuchte mit ihrer Hülfe aufm- stehen, aber u sank halb ohnmächtig zurück. ES ist wohl sehr schlimm wie?" .Ach, eS ist nicht fo gefährlich sagte er mit einem matten Lächeln. .Ich ch habe nur dal Bein gebrochen.- .Großer Gott! Lar laus bin und hole de Dachdecker Mutter!' Faul- rar eilte Davon. .Ich bin so durstig. Sie hielt da Biergla an seine Mund und stützte ihn, während er trank. Er ah sie mit einem dankbare Blick auö den erstaunten, braunen Augen an. Er war verwundert darüber, daß ihm jemand g viel Freundlichkeit zeigen konnte. Sidse kam an, und hinter ihr Faul Lar. Si hatt die Karr mit und war bös. Nun seh' emer, Du häßlicher Bengel, bist Du nun gefallen und haft Dich zu Schanden geschlagen?' brach st au. Niemals hab' ich was ander al Aerger gehabt von dem Vchltngel. Nun wird er naturliq woozeniang liegen vleioen und die paar Brocken verzehren, die ich verdienen kann gar nicht davon zu rede, wa daraufgeht für de Doktor und die Medizin.' Schämen sie sich, istose," sagte Stine, .Sie sollten ihn trösten, den Armen, und statt dessen schelten Si ihn au.' Paß Du auf Dich selbst,' sagte Sidse. .Du wirft wohl an allem Schuld haben. Er wird wohl gesessen und mit Dir geschäkert haben, bis er herunter eplumpst ist.' Stine ließ betroffen den Kopf hängen. Gemissermaßen war e ja ihre Schuld. Sie hätt ihm da Gla nicht herauf. reichen sollen. Aber sie that e ja in der besten Meinung, sagte sie. Da dacht' ich mir wohl," sagte Sidse. .Aber jetzt wollen wir ihn auf die Karre legen, und ich will sehen, wie ich ihn nach Hause bekomme.' Sie hoben ihn aus, und Sidse karrt fort mit Hülfe von gaull'ar. Aber Matz litt schrecklich durch die Fahrt. Da verletzte Lei hing außen an der Karr. Stine sah eS und eilt ihnen nach. .Lassen Si mich mithelfen,' fagtk si, indem sie aa der Seil ging und das ge brochene Bei stützt. .Danke, wir behelfen uni schon.' .Da ganze Unglück ist ja doch meine Schuld,' sagte Stine sanstmüthig, .darum ist e auch meine Pflicht, zu helfen.' Sids antwortete nicht, ließ sie aber mitgehen. Matz lag halb bewußtlos vor Schmerz. Dann und wann öffnete er die erstaun ten, braunen Augen und sah sich mit ei nem verwunderten Blick um. Er wußte nicht recht, wi die alles vor sich gegangen war. Er fuhr ja ach Haus in der Schubkarre, wi damall, al r in kleiner Junge war, und die Mutter hatte ihn gewiß tüchtig auf den Kopf geschlagen. Erfühlt noch; er war ihm so schwer, so schwer. Al sie ihn in da Hau getragen hat ten, ging Stine fort, und Sidse bracht ihn zu Bett mit Hülfe von Faul.Lar, der dann nach dem Doktor geschickt wurde. Dieser kam am Nachmittag und verband da Bein. Am andern Morgen mußte Sidse waschen gehen. Matz halte in der Nacht starke Wundsieber gehabt, und lag jetzt im Halbschlummer. Sidse stellte einen Topf Milch und eine Tasse Wasser auf einen Holzftuhl neben sein Kopfende und ging ihre Wege, nachdem sie die Thür zu, geschlossen und devSchlüssel in das offene Fenster neben dem Bell gelegt hatte. Später am Vormittag kam Stine und steckte den Kopf durch das Fenster hinein. Sie hatte Sidse fortgehen sehen. .Wie geht e Ihnen, Matz?' .Danke, geht schon etwas besser. Wollen Si nicht hereinkommen? Der Schlüssel liegt im Fenster.' Jetzt stand sie drinnen und sah sich um. Gestern hatte sie sich so schnell fortge macht. ES war da nicht besonders rein lich. Sids wusch offenbar mehr bei den Fremden, als bei sich selbst. Der Fuß. boden war ziemlich schmutzig und die kleinen Fensterscheiben auch nicht beson der rein. Das HauSgerSth bestand in zwei Stühlen, einem Klapptisch und einem rothangeftricheven Spind. Matz lag auf seiner Bettstelle in der Ecke. Die Thür zum Nebenzimmer stand offen und man sah drinnen Sidse alte Himmelbett mit bunten artungardmen. Stine brachte einen Topf Hafersuppe mit, Die mit Himbeersaft angemacht war, Sie war fo warm und nahrhaft und löschte den Durst so schön. Dann legte si da Kopskissen zurecht und ging in die uqe, von wo ft mit wem Handtuch wiederkam, da in kalte Wasser getaucht war. Damit säuberte sie ihm Gesicht unv Hönoe und strich da Haar von sei, ner Stirn zurück. Matz lag still und schweigend und ließ sich behandeln wie ein Kind. Nur sein großen braunen Augen sprachen. Sie waren ei erstaunte AuSrufuvaSzeicheu uver alle diese Güte. .Geht eS nun besser?' .Ja, danke, viel besser. Sie sind so gut. Gegen mich itt big jetzt Niemand gut gewesen.' .Jetzt muß ich gehen. Aber ich werde wiederkommen und nach Ihnen sehen. Adieu." .Adieu und besten Dank!' Die großen, erstaunten braunen Auaen folgten ihr hinaus. Matz lag still und zufrieden mit gefal teten Händen. Nie zuvor in seinem Leben hatte er sich so glücklich gefühlt. Er hätte wünschen mögen, daß er sich das Bein schon lange, lange vorhergebrochen häkle. Die Sonne branme heiß. Aber unter den großen Pappelbäumen an der Kirch hofSmauer war eS frisch und kühl, und die Prachtblumen deS Herbste auf den Gräbern standen in vollem Flor. ES war ein Werktag: aber Matz der Dachdecker saß dennoch im SonntagSputz mit reinen Hemdärmeln auf einem großen kein im Schatten der Pappeln. Er war nun bald ganz geheilt und war aus gegangen, auf einen Stock gestützt, um frische Luft zu schöpfen. Die Krankheit hatte ihn gar nicht ent stellt. Im Gegentheil. Sein Gesicht war ein wenig bleich geworden, sah aber desto feiner aus, und die großen, erstaun ten, braunen Augen strahlten vor Zufrie denheit, als wären sie verwundert dar über, wie schön doch die Welt eigentlich war. Der schwarze, krause Bart, den er sich hatte stehen lassen, als er krank lag, hob feinen frischen, rothen Mund mit den weißen Zähnen vortheilhaft hervor. Selbst den Kopf trug er nun hoch und frei, da kam vermuthlich davon, daß er sich so lange nicht heruntergedrückt hatte, um sich schlagen zu lassen. Die junge Frau des ulsSpredtger kam eben au der Kirchhofspforte mit ihrem kleinen Mädchen an der Hand. Sie war die Tochter de alten Pfarrer und war d'rinnen gewesen, um ihrer Mut ter Grad zu schmucken. .Guten Tag, Dachdecker Matz.' sagte sie freundlich. .Nun, wie geht es denn mit der Gesundheit?' .Danke, jetzt bin ich bald so rüstig. daß ich wieder anfangen kann zu bei, ten." .DaS wäre ja schön.' DaS kleine Mädchen lief zu ihm hin und steckte ihm eine große Rose in die Hand, dann versteckte e sich hinter Mut, terS Rock und biß verlegen in seine Hut bänder. Die Frau ging wieder davon mit einem freundlichen Gruß, und Matz blieb sitzen mit der Blume in der Hand. E ar da erste Mal, daß er so eine schöne Blume in der Hand hielt. Wie schön sie ar, wie süß sie tufterte! El war über. Haupt merkwürdig, wie viel chone es in der Welt gab. und wie viel freundliche Menschen man sinken konnte, wenn man erst einmal so glücklich gewesen war da Bein zu brechen. Selbst seine Mut ter war jetzt weit milder gewesen. Sie hatte ihm in den letzten sech Wochen kein Koxskück mehr gegeben. Matz saß vertieft in diese Betrachtun gen, die Augen aus die Rose geheftet, al er leise Tritte neben sich hörte. Stine stand da. .Guten Tag, Matz.' .Guten Tag, Stine.' Er war eben so roth im Gesicht, wie die Blume, die er in der Hand hielt. .Ach, wie wohl sie aussehen.' .Ha. ick, iüble mich sehr w,bl.' Sie nahm an seiner Seite Platz. Er reichte ihr die Blume. .Bitte schön. Ich habe sie von dem kleinen PaftorfrSuItt bekommen." .Danke. Soll ich die schöne Rose habe?' sagte sie und befestigte die Blume kokett an ihrer Brust. .ES ist nicht zu schön und zu gut für Sie. Siine. denn eS ist Niemand im ganzen Kirchspiel, ja in der ganzen Well so schön und so gut wie Sie, in meinen Augen.' .Aber Matz, SI machen mich ja schamroth.' Er hörte nicht auf sie, sondern fuhr fort: .WaS wäre wohl au mir geworden, wenn Sie nicht gewesen wären? Ich hätte liegen und sterben können ganz allein, ohne daß ein Mensch, selbst nicht meine Mutter, sich im mindesten darum gekümmert hätte; aber Sie kamen und trösteten mich und halfen mir und waren so gut gtgtn mich armen, häßlichen, dummen Burschen. .Sie sind weder häßlich noch dumm, Matz.' .Doch, da hab ich gehört seit der Zeit, wo ich nicht größer war, wie so.' .Sie Sie sind im Gegentheil hübsch wenigsten in meinen Augen. Die erstaunten braunen Augen sahen doppelt erstaunt au. .Stine, Si haben mich doch nicht zum Besten? Da ist nicht schön von Ihnen.' .Nein. Matz, da thu' ich nicht.' .Sollten sollten Sie wirklich etwa? von mir halten sollen?' .Ich habe schon lange viel von Dir gehalten, Matz.' Ihre Hand lag in der seinigen. Ihn schwindelte. Sollte e wirklich möglich sein? Die hübsche Mädchen, die stattlichste im ganzen Dorf, war sein Nein da mußte ein schöner Traum sein so einer, wi di, welche er hatte, al er krank lag. Er wollt doch erst versuchen, ob er wohl einen Kuß be kommen könnte, denn dann war e gewiß richtig. Er sah sich um. ES war kein Mensch in der Nähe. Ja, eS war richtig! Er bekam nicht nur einen, er bekam viele Küsse. .Ich bin doch neugierig, wa meine Mutter sagen wird,' sagte er, al sie eine Weile gesessen hatten. .Sie wirb aewiß bös und giebt mir ein an den Kopf.' .Aber da darfft Du Dir nicht ge fallen lassen.' .Ach, e thut nicht eh, und sie mag es immer thun, wenn e ihr Spaß macht. Von dem Tage an war Matz wie ein neuer Mensch. Er nng bald wieder an zu arbeiten und arbeitete mit Luft und Kraft, aber er lieferte nicht mehr, wie früher, all fein Geld an die Mutter ab Sie schalt ihn und schlug ihn auf den Kops: aber das half nichts, sie bekam trotzdem nichts. Der Winter verging. Die Leute im Dorf redeten leise da, von, daß Matz und Siine verlobt wären. Aber Niemand wagte Sidse danach zu fragen, und sie selbst sprach nie ein Wort davon. In der ersten Frühlingszeit riß Matz das alt Strohdach ab und legte ein neues, das Haus würd abgeputzt und geweißt und der Garte aufgeräumt. Er füllte Erde in die Beete und pflanzte Fruchtbaume darein und längs der HauS, wand Hopfen und wilden Wein. .ES ist ja großartig, wie Du vas Haus aufputzest,' sagte Sidse eines Tages in pttzem Tone. .Wir werden i jetzt sein wohnen.' Matz saß aus der Bettstelle und aß sein Abendbrot. .Ja, ich denke daran, mich zu ver ändern.' Woran denkst Du?' fragte sie gif. tig, indem sie sich umwandte. .Mich zu verhetrathen," sagte er, den Mund voll Grütze. .Ich werde Dich verändern, Du dum mer Schlingel,' ries sie, indem sie auf ihn zulief und mit allen Kräften auf ihn loS drosch. Matz saß still wie gewöhnlich und duckte den Kopf zwischen die Schultern, während st schlug. Al si aushört, sagt er ganz ruhig: .Du kannst mich immer chlagen, 10 viel Du willst. Aber verheirathen thu' ich mich doch. Morgen geh' ich zum Pfarrer und verlange da Aufgebot.' Sids lies n ihre Kammer hinein und chlug di Thür hinter sich zu. Den nächsten Tag ging er zu seiner Arbeit, wie gewöhnlich, und zwischen Mutter und Sohn wurde kein Wort mehr über die Sache gesprochen. Eines Sonnabends, etwa einen Monat jäter, stand Sidse fertig zum Ausgehen. .Du kommst erst heute Abend zurückt' ragte Matz, .denn morgen will ich Hoch zeit machen.' .Willst DU wirklich," sagte te unv zitterte ein wenig in der Stimme. .Ich komme ein paar Tage nicht nach Hause Ich bleibe bei dem Weber. Ski Frau ist krank.' Da, ist schade. Ich hoffte, Du wür. best da Fest mitmachen.' ,h, ihr könnt da gest gewiß gut ohvemich feiern,' sagte sie, indem sie ihre Schubkarr nahm und davon ging Al sie sort ar, lief Matz zu Stine herüber, und sie fingen an auszuräumen und umzuziehen; denn Stine war ein ordentliche Mädchen, die sich während ihrer Dienstzeit Betten und HauSralh angeschafft hatte. Den nächsten Tag nach dem Gotte dienst wurden sie getraut. Stine sah recht hübsch au ia ihrem neuen, schwarzen Kleid, mit einem Kranz von gewachsenen Blumen im Haar. Sie hatte zwar Luft gehabt, Mvcthenkran, und Schleier zu tragen, wie eine Stadt! braut; aber sie wollte doch lieber dem alten Dorfbrauch folgen, al daß di Leute sagen sollten, sie kleide sich über ihren Stand. Matz hatte sich neue Kleider bei dem Schneider in der Stadt gekauft und nahm sich stattlich au mit dem weißen Kragen und dem schwarzen Halztuch. Er hatte sogar ein Schnupftuch in der Rocklasche, da erste, da er je besessen hatt. Di Trauung war sehr feierlich. Stine eint, wi sich für eine wohlerzogene Braut ziemte, unaufhörlich tn ihr mtl gehökellen Spitzen be etzteS Taschentuch Matz stand geduckt mit hochgezogenen Schultern da, al wartete er immer dar auf, daß ihm der Pastor auf den Kop schlüge. E war der junge HülfSpredlger, der die Trauung vollzog. Der Schullehrer und Stine's Bruder au der Stadt waren Trauzeugen, und da Hochzeit mahl, daS bei dem Schullehrer gehalten wurde, lies still und bescheiden ab. Am nächsten Tage war Matz wie ge wöhnlich bei der Arbeit. Sidse kam am Vormittag nach Hause. Frischt Buchenzweige waren über der offenen Thur befestigt. Sie ging tn di, Küche, wo weißer Sand auf den Fuß boden gestreut und Alle? blank geputzt und gescheuert war. Dann trat sie in die Stube hinein. ES war Niemand drinnen, und deS Dachdeckers Mutter blieb verwundert stehen, denn Alles war so verändert. Die kleinen Fensterscheiben waren hell und glanzend und halten schneeweiße Gardinen bekommen, und statt der alten, halboerwelkten Bal saminen in Flaschenscherben standen neue Töpfe mit blühenden Pelargonien da Auf dem Tische lag eiu rothe Tischtuch, welches Stine 8 Bruder den Neuner möhltdn verehrt hatte, und mitte, daraus stand ein groß Petroleumlampe, ein Geschenk de Schullehrer?; in der Ecke war ein großes, neues Bett ausgestellt, mit einer weinen Decke darüber. Sidse versank in Gedanken. .So sieht eS also au bei ein paar Neuoer heiratheten,' murmelte sie. Sie hatte e ja auch immer sage hören, daß man es so gut hat und so glücklich ein soll, wenn man oerheirathet ist, besonder im Anfang. Sie öffne! hastig die Thür zu ihrer eigenen Stube, ttne stand mitten darin mit aufgekrämpten Aermel und war fleißig bei m Scheuern. Sie sah nicht oam gnädig au. .Guten Tag," sagte Sidje ziemlich kleinlaut. .Guten Tag.' antwortete Stine ziem, lich barsch. .Du hast wohl viel zu thuni" .Ach a ." aate die mnge grau, .man hat seine Mühe damit, all den alten Schmutz herauSlubringen, der überall .olldick liegt.' In Sidse brauste etwa? von der alten Heftigkeit auf. .Hier in meiner eigenen Stube werde ich eS wohl noch rein halten können, ohne daß Du Dir Ungelegenyetken machst," sagte sie, und wollte Stine den Besen wegnehme. .Lag den esen los i" .Gieb ihn her!' .Willst Du mich etwa schlagen?' sagte Stine und stellte sich in Positur, den Besen in der einen Hand, und die andere in die Seite gestemmt. .Du denkst wohl, vag u fttxx m Hause spielen kannst, wie früher. Aber daraus wird nicht. Wenn Matz noch Prügel nöthig hat, was Gott verhüte, so will ich daS schon selbst besorgen, da und alles andere im Hause.' Sei nicht so grob zu mir, Stine." Du bist selbst grob gewesen.' Du haft gut reden,' sagte Sidse. .Du ziehst i Dein veueö Heim als eine ehrbare Frau. Ich bia gegange und habe die Schande getragen ei ganzes Leben. Da wird man leicht bitter.' Sie sank auf das Bett nnd hüllte das Haupt in ihre rothcarirte Schürze. Stint neuie oen oein weg uno ging zu ihr. .Na, Mütterchen, so schlimm war eS nicht gemeint.' sagte sie und klopfte ihr auf die Schulter. .ES war ja außer, dem das Beste, daß wir uns gleich die Meinung sagten, da brauchen wir später nicht so zu gehen uno uns i,cokt anzu thtn ' Kids trocknete ibre Augen mit der Schürze. E war so lange her, vag sie nicht gemeint hatte. Dann nahm sie ihr . P r k n i aitt 1 1.. Strickzeug unv feyre neu nm AI Mad der Dachdecker Abend nach Hause kam, saßen seine Mutter und seine Frau in aller Gemüthlichkeit zusammen und vlauderten. und diese gute Verhält, viß blieb ein dauernde. Den Sommer euren ging an innen aemöbnlicken Gang, und da Glück schien in dem kleinen Hause Wurzel ge. aßt zu haben uno ,proie 10 uxxig, r die Weinranken an der sriscyzeralrien Wand. . Man hatte Arbeit vollauf. Vtine hielt sein Hau rem und sauber, Sld,e ging mit ihrer Schubkarre in den Häu, fern herum und half bei der Wäsche und wo sonst etwa zu thun war. Sie trug jetzt kein Geld mehr zur Haushaltung bet, und die jungen Leute verlangten auch nie etwas von ihr. Sie hatten e, Gott sei Dank! nicht, nöthig; und wenn sie etwa zurücklegte, so waren sie ja dcch diejenigen, die e mit der Zeit erben mußten. Zwei Jahre waren vergangen, seit Matz mit de Schullehrer Stine Hoch, zeit gehalten halte. E war wieder Frühling. Die Pappeln läng, derXirch. hosSmauer standen frisch und grün, und ia de Dachdecker Garten blühen junger Flieder und Rothdorn. Draußen aus dem , Wege kam de Dachdecker Mutter gegangen und schob, wie gewöhnlich, ihre Kummetkarre vor sich her. Sie war jetzt ziemlich alt, aber sie hatte sich im Lause der Jahr wenig verändert. In der letzten Zeit war sie zu schwach gewesen, um in den Häusern umher waschen zu gehen. Wenn sie jetzt mit ihrer Schubkarre ausging, lagen keine Mehlsöcke mehr darin, oder Gra für di Kuh, sonder etwa viel Kostbarere?. DaS war di kleine Sidse, de Dach oecrers ins. Al da kleine Mädchen vor Jahre frift zur Welt gekommen ar, roth und zornmüthig, ar e sicherlich ebenso häß lich, wie der arme Matz in demselben jugendlichen Alter gewesen war. Aber sie wurde von der Großmutter dennoch wie die leibhaftige Schönheit angesehen. E schien beinahe, al ob Sidse all die Liebe, di sie ihrem Sohne vorenthalte hatte, bei Seite gelegt hätte, um sie an sein Kind zu verschwenden. Denn seit dem Augenblick, wo da kleine Geschöpf geboren ar, hatte die Großmutter mit einer beinahe gierigen Zärtlichkeit sich seiner bemächtigt. Heute hatte sie e, wie gewöhnlich, unter die alte Pappel an der Kirchhof, mauer gefahren und saß mit ihrem Strick, zeug an seiner Seite. Aber mit einem Mal überkam sie ein Schwindel. Mit Noth und Mühe vermochte sie noch die Karre den Weg zurückzuschieben, und Stine mußt da Kind hineintragen. Matz saß gerade in der freundlichen Stube und trank seinen Kaffee, al Siine mit der Kleinen auf dem Arm sich in der Thür zeigte. Sidse kam wankend hinterher. Die Beine konnten sie kaum tragen, und Stine half ihr zu Bett, während Matz da Kind hielt. Am nächsten Tage urde e schlimmer mit ihr. Sie merkte, da e bald zu Ende gehen würde und wünschte mit dem Pfarrer zu reden. So kam' denn der HülfSpredlger und saß neben ihrem altem Himmelbett und redete so schön von der Liebe, welche wir Menschen un unter einander erweisen sollen. AIS der Prediger gegangen war, rief Sidse ihren Sohn zu sich. Er setzte sich zu ihr auf den Bettrand. DeS Dachdecker Mutter erhob ihr braune zitternde Hand. Matz duckt un. willkürlich den Kopf zwischen die Schul, tern. Vielleicht hatte sie Lust ihn noch einmal auf den Kopf zu schlagen, wie in alten Tagen aber nein. Die zitternde braune Hand strich ihm freundlich über da Haar. Da war die erste Liebko sung, die de Dachdecker? Mutter ihrem Sohne gönnte. .Sei mir nicht 65 e, Matz, eil ich so hart zu Dir ar.' Ich verdiente S alles,' sagte Matz mit gutmüthigem Lächeln, die Augen voll Thränen, .ich ar ein rechter Dumm. köpf.' Du warst vener gewefen, wenn ich freundlicher zu Dir gewesen wäre', mur. melte Sidse. .Aber Du hast ja trotz, dem doch Liebe genug gefunden, und ich ich habe zuletzt auch ein wenig davon bekommen. Ich habe mich danach gesehnt mein ganze Leben lang.' Sie sank zurück und wurde schwächer und schwächer. .Dort in dem Schrein in der oberste Schublade liegen ein paar hundert Tha, ler, die ich zusammengespart habe. Da soll für mein Begröbniß sein und da Uebrige soll die kleine Sidse haben, wenn fle groß geworden ist. Gebt gut Acht auf fle. aber seid nicht u streng mit ihr. Denkt daran, wa der Priester gesagt hat von der Liebe. Sie ist' DaS Uebrige verlor sich in einem un. deutlichen Flüstern. Des Dachdecker Mutter war zur Ruhe gegangen in ihrem alten Himmelbett mit den bunten Kattun gardtnen. LeSensregel. Gehe nie über eine Thürschwelle, ohne Dich deS daoorliegenden Fußabstreichers bedient zu haben. Wirf nte einen Bries tn den Postkasten. ohne Dich nochmals von der Richtigkeit der Aufschrift zu überzeugen. Trage aus Reisen oder uSflügen nie malS kostbare Schmucksachen, man kann sie gerade bei diesen Gelegenheiten leichter verlieren al ander und findet sie dann fast niemal teder. Gehe nie au dem Hause, ohne etwa Geld mitzunehmen, Niemand weiß im Voraus, ob er dasselbe nicht unterwegs nöthig hat. Trage in Deiner Geldbörse stet eine Karte mit Deiner vollständigen Adresse; sollte Dir ein Unfall begegnen, so giebt diese gleich Aufschluß über Deine Per. sönlichkeit; auch kann dann, wenn Du die Börse verlierst, ein ehrlicher Finder die, selbe zurückbringen. präciser ausgedrückt. Elise: ...Meine Cousine steht schon im vierzigsten Lebensjahr!' Emilie: .Stehen?! Warum nicht gar da sitzt fie doch schon längst!'