Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 27, 1920, Image 6

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Suropäiscbe
11 4 c
I5 Üfr 5 i 2i
C'yyy"
JüZziZi4ZiZ:4Stei
ffs s? Süjt srt v
. '
: - .
JjUUJlCI-l
T
i
f.
I
1
I
I
TßcaterjKandale im
Aerlincr Schauspielhaus.
Werfen Sie doch diese Lümmels hinaus!" rief Basfermann in'S
. Publikum.
Berlin, 13. Dez. Zu einem
Theaterftandal, wie ihn Berlin noch nie
gesehen bat, kam es gestern während
der Aufführung - von .Wilhelm Tell"
im vormals königlichen Schauspielhaus.
Clciligle &dkt der Nation pjlegen
ton denen, die sie verhandelt haben, am
lautesten in Schutz genommm zu wer
den., Co demonstrierte eine liimmel
hafte Klique, die den Dekorationsschund
und die Opernregie der früheren Jahre
vermißte, gegen die grabslächige, line
ere Inszenierung Leopold Jcszners. '
Aber wenn man den . Demonstranten
rur Dummheit zuspricht, tut man ihnen
zu diel Ehre an. Je weiter die Vor
ftellung vorschritt desto deutlicher wur
den Plan und Anlage des Krakels.
Man wollte die Schauspieler durch Un
terbrechungen irritieren, die Aufführung
nicht zu Ende gelangen lassen und den
Intendanten bei seiner ersten Regielei
stungea stürzen. Man begleitete die
sieden der (Söldner am Hut mit iro
Nischen Zwischenrufen (weil die Szene
lie nur Treppen, schwarzen ' - Hinter
gründ und den Hut auf der , Stange
gab). Man lachte in BassermannS Er
zählung von der Stunnfahrt über den
et. ' '
Die Vorstellung wurde 'durch 'anhal
tendes Pfeifen und Johlen gestört. Zu
einem ungeheuren Tumult kam ti, all
Eassermann bei der Stelle Durch diese
hohle Gasse muß er kommen" -angelangt
war. Bassermann rief in den tobenden
Zuschauerraumr Werfe Sie doch diese
Lümmels hinaus!" worauf eS zu einem
wilden Kampfe im Publikum kam,, wäh
rend sich der Vorhang, schloß, nachdem
Bassermann noch einmal vor dem Vor
hang zum Hinauswerfen dieser be
zahlten Lümmels" aufgefordert hatte.
Der Kampf ndigie schließlich damit,
daß die Ruhestörer aus' dem Theater
entfernt werden konnten, worauf sich der
Vorhang wieder hob und Bassermann
in feinem Monolog fortfahren konnte.
Zu den Skandalszemn erfährt die y
.Vossische Zeitung", noch folgende Ein
zclheiten: Die Lärmmacher waren über
das ganze Haus verteilt; sie hatten ihre
Posten im Parquette, im ersten, zwei
ten und dritten Rang avfgestellt. , Als
sie merkten, daß die ... Leitung des
Staatstheaters nicht gesonnen war, sich
ihr empörendes Treiben gefallen zu las
sen, verschwand der größte Teil von
ihnen. Doch gelang es den anwesenden
Schutzleuten, noch fünf der Störenftiede
zu fassen und hinauszuweis. Von
dreien wurden die Namen festgestellt.
3:e diese offensichtlich ganz systematisch
organisierte Störung zustande kam. ist
fcoch nicht völlig klar. Zum größten
Teil scheint sie auf die hauptsächlich
von deutsch national anti
semitischer Seite betriebene
Hctz' zurückzugehen, die sich gegen daS
neue Regime im Schauspielhause und
igen den Intendanten Jeßner richtet.
Lassermann öder die Tell-Ttörungen,
in Mitarbeit der B. 3. am Mit
tag" interviewte Herrn Albert Bassn
mann, den Darsteller deS Tell, über die
Ckandalszene im Staatliche Schau
spielhaus und horte von ihm. vag I
tendant Jeßner und die Darfteller schon
vor der Vorstellung darauf gefaßt wa
ten, daß es am Abend zu lärmenden
und störenden Kundgebungen alldeutsch,
ntisemitischen Charakters kommen
verde. Darauf ließ." sagte Basser
mann, die Hetze schließen, die schon
feit einiger Zeit in alldeutschen Kreisen
gegen diesen neuen Intendanten betrie
den wird. Der ganze Skandal war n
' .weifelhaft bestellte Arbeit."
Es ist das unzweifelhafte Recht deS
Publikums. Dekorationen des .Wilhelm
kTell" schön und gut zu finden oder
nicht. ES war auch das Recht der Zu
Hörer, über die Darstellung' ihr Gefal
,'len oder Mißfallen zu äußern. Das
konnte in der Form von Händeklatschen
der Zischen geschehen. Aber, daß man
,., eine Vorstellung stört, während deS
Spiels auf der Bühne, laut dazwischen
tust, das geht nicht an. Ich wenigstens
bin nicht gesonnen, mir derartiges ge
fallen zu lassen; solche Unverschämthei
ten müssen aufhören. r ;
DaS war auch der Grund, weshalb
ich gegen die Skandalmacher energisch
' Front machte. Als ich im 4. Akte auf
die Bühne kam und schon nach dem er
' sie Verse: Durch diese hohle Gasse
muß er kommen . . .' der Radau wieder
losging. hatte ich das Empfinden, daß
. dieVorstellung nicht würde zu Ende ge
führt werden, wenn ich nicht irgend et,
tvaaS energisch dagegen tue. Und mit
ich konnte es sein, der gerade auf der
Bühne stand, denn wenn Hert Jeßner
vor die Rampe getreten wäre, dcmn
wäre ja der Skandal erst recht losge
angen. Und daß ich ja recht, daran
tat. die bezahlten Skandalmach zur
Ruhe zu verweisen, das bewies ,auch
die spontane Zustimmung fast des gin
gen Publikums und der Erfolg, daß die
Vorstellung fchliestlich ohne weitere Stö
" tu? zu Ende geführt werden konnte.
hnh,n uns LbriaenS alle aus
dcrBübne durch die alldeutschsntisemi.
ti'fie Demonstration mM -aus oc?
F'ffun? und au! der Stimmung krin
pn lasten. Man mag übn die Delo
rotionZfraae denken, wie man will, das
1 j . i f tu.
nntn kaum zu tiiiwen rr
fest nanieii Aussührrina ' k ein
glichet und starker w, und dieser
, Geist heißt Jeßner."
Tie FZadnnmachn k der .Ttll'Avs'
sühn. .. .
,,. iNtrH rVTsnitlltilet am
M..f.
MaatsMtu. ußni; fjj im .Bni.
Tageblatt" Über die Larmszenen in der
Tell Aufsührung' mit folgenden
Worten:
.Wir waren schon feit längerer Zeit
wiederholt darauf aufmerksam gemacht
worden, daß iu antisemitische Kreisen
der heftigste Zorn darüber herrschte, daß
mit der Uebernahme der Leitung vcj
staatlichen Schauspielhauses durch Herrn
Jeßner nunmehr die letzte ch r i st
i ch e" Direktion aus Berlin der
chmundcn wäre, und daß man in gewis
en Kreisen gesonnen sei, dagegen mit
allen zu Gebote stehenden Mitteln öf
fentlich zu demonstrieren! Wir hatten
selbstverständlich nicht das geringste ge
tan. um uns vor etwaigen Angrissen
zu schützen. Denn wir waren der Hofs
nung, daß gegebenenfalls das Publikum
selbst entscheiden wurde, inwieweit et
waige Angriffe künstlerisch berechtigt
seien oder nicht. In dieser Hoffnung
haben wir uns glücklicherweise nicht ge
täuscht. Die Skandalmacher, die im
Theater Politik treiben, waren so durch
glüht von der Heiligkeit ihrer Mission,
daß ihre Klugheit sie vorzeitig verließ;
sie ließen sich hinreißen, schon während
der ersten Szenen mit ihrem störenden
Lärm zu beginnen? Das machte selbst
die harmlosesten und unbefangensten
Zuschauer stutzig. Jeder merkte deutlich,
daß so früh am Abend für ein feind
seliges Verhalten künstlerische Gründe
nie und nimmer als Beweggrund gelten
konnten. Man fühlte sofort die Absicht
und wurde verstimmt. Es war für
uns alle eine Freude, zu sehen, mit wel
eher Einmütigkeit sich das gesamte Pu
blikum gegen die Schreier erhob. Aber
diese Leute hatten ein .dickeö Fell. Sie
wurden in ihren Zwischenrufen kuhner
und kuhner. und als der Skandat
während deS großen Monologes im
vierten Akt den Höhepunkt erreicht hatte,
blieb mir nichts anderes übrig, als dem
deutlichen und unverkennbaren Willen,
des Publikums nachzukommen und die
Hauptschreier durch die Polizei aus dem
Zufchauerraum entfernen zu lassen.
Lustig war's, dabei zu sehen, wie sich
zehn bis zwölf der Hauptkrakehler schon
beim Anblick der uniformierten Polizei
im Geschwindschritt aus dem Parkett
und dem ersten Rang entfernten. Ich
konnte es nicht unterlassen, ihnen einige
für ihren Mut höchst schmeichelhast
Worte zuzurufen. Etwa fünf bis sechS
der Schreier waren inzwischen vom
zweiten Ranz teils verschwunden, teils
durch die LogenZchuener entkernt wor
den und im dritten Rang endlich
konnten mehrere, Besucher durch die Po
lize, festgestellt werden, - Gegen diese
festgestellten Persönlichkeiten könnte viel
leicht auf Grund des Unfugparagraphen
vorgegangen werden aber Herr Jeß
ner sieht selbstverständlich davon ab. in
dieser Angelegenheit irgendwelche ge
richtlichen Schritte einzuleiten. Das
Publikum hatte in richtiger Erkenntnis
der Sachlage sofort selbst die Rolle deS
Richters übernommen und dieser
Richterspruch genügt uns!
Rada bei Fontane -Feier.
; Wir lesen im Tag: Im Schau
spielhaus scheinen von dem Hezensab
bat um das Rütli noch einige bösartige
Kobolde zurückgeblieben zu sein, die bei
günstiger Gelegenheit aus ihren dunklen
Ecke hervorspringen und sich ausslegeln.
Eine solche Gelegenheit bot die Fontane
Gedenkfeier des Vereins für Theaterge
schichte. Nachdem I. Landau ausgiebig
über .Fontane als Theaterkritiker" hin
ausgeplaudert und Professor Gregori
Fontanesche Gedichte sehr schön gelesen
hatte, begann Professor Otto Pniower
einen Vortrag, der zwar weiter faßte alS
daS Thema (F. als märkischer Dichter),
vom Publikum ber als ausgezeichnete
Charakteristik des Romanschriftstellers
willig aufgenommen wurde. Bis Herr
Doktor Heinrich Stümcke wohl in
der Besorgnis, seine eigene Rede nicht
mehr in voller Pracht vom Stapel las
sen zu können cu8 der Kulisse her
aus Schluß" rief, schließlich auf die
Vühne kam und Pniower um Been
digung seines Referats ersuchte. Hier
setzten nun sofort die Skandalmacher
aus Leidenschaft ein, und es hob sich
ein Lärme von wahrhaft dadaistischem
Gepräge. Wie.'' außerhalb des Vereins
für Theatergeschichte, wohl bekannt, ist
Otto Pniower leider nicht im Besitz der
volle Gehörskraft. Er wußte also zu
nächst gar nicht, um was es sich handle.
Aber Herr' Doktor Stümcke erschien
nochmals auf der Bühne, der Konzert
flügcl für die nächste Nummer wurde
dem Vortragenden fast auf die Füße ge
rollt, und die Zurufe. Lachsalve,
Trampeleien und das ironische Klatschen
ließen schließlich auch einen so vornehm
weltfremden Gelehrten wie Pniower den
Wunsch deS Volkes" erkennen. D,ß
ick nach diesen Ungezogenheiten gegen
einen verdienstvollen Wissenschaftler aus
dieser .Gedenkfeier" floh, wird man
verstehen. Auf der Treppe vernahm ich
noch Herrn SchlusnuS' gewichtige al
lade: und ich kann es tragen
nicht mehr.
Erklärung.
Wer von Euch kann mir sagen, waS
ek, Lama für ein Tier ist?"
Ein Lama, Herr Lehrer, da iö einer.
du hinkt.'
Gesinnunge, die einem Brot und
Ansehen einbringen, sind m immer r
fänglich erschienen. ', Nur Ueberzeugun
gen, für die sich einer verachkn und stei
izen läßt, tzad bewährt,
25onzert-Cafes.
Während in anderen Großstädten,
beispielweise in Wien, die Einrichtung
der Kasscehäuser mit Nachmittag und
Abendkonzertcn verhältnismäßig neue
ren Datums ist, besitzt man in Groß
Berlin schon seit Jahren KonzertcaföS
und wundert sich, wenn in einem großen
Kaffeehause mal keine Musikkapelle
spielt. Da dürfte es denn interessieren,
festzustellen, daß eS früher eine Zeit
gab, in der auch ein Berliner höchlichst
erstaunt war. ein Kafseehaus kennen zu
lernen,, in dem Unterhaltungskonzerte
staltsandcn. Im Jahre 1780. kurz vor
der Revolution, wurde in Paris luf
dem sogenannten .alten Boulevard"
zwischen der Rue du Temple und der
Rue Menimoltant, das erste Konzert
cafS eröffnet. In feinen in, Jahrgang
179 der in Berlin erscheinenden Z)euk
schen Monatsschrift veröffentlichten
Briefen .Ueber die Boulevards zu Pa
ris" schreibt Friedrich Schulz dem er
slaunten Leserkreise unterm 1. um
1789 folgendes:
.Wa! wir jetzt hinter einander gese
hen haben, war nutrünLutum piri
tug. wir siehe nun wieder en einer
ganzen Reihe von Anlagen für körper
lichen Genuß. Hier die Bude eines
PastetenbackerZ . . ., letzt ein Qasiee
Turc. auf chinesische Weife gebauct und
verziert; jetzt ein Bierhalle, mit der
Ueberschrift: Excellente double biete de
Mars und jetzt wiederum ein Kaffee
haus, das einzig ist. Denken Sie sich
einen laigen Saal, an dessen einem
Ende ein förmliches Orchester für Vo
laU und Instrumentalmusik angebracht
ch; den'e Sie sich fünfzig kleine Ti
che mit Marmorplattcn belegt und mit
Sesseln ohne Lehnen umpflanzt, auf
welchen alt und jung, klein und groß
beieinander sitzt und lacht und weint,
und schmahlt und liebelt; denken isie
sich daS seltsame Geheul. Gewinsel. Ge-
lachter und Gezische von zweihundert
jungen und lebhaften Gästen, und nun
lassen Si: Heerpauken dazwischen don
nein. Trompeten schmettern, unreine
Geige krächzen. Flöten zischen, Basse
grunzen und blecherne Kehlen dazwi
schen krähen oder miauen. Lassen Sie
dies ganz chaotische Geheul und Ge
schrei und Tonnerkvnzert von der nicd
rigen Decke deS Zimmers zurückprallen
und Ihnen beim Ejnttitt tojeno enkge
genschlagen: so haben Sie eine hör und
fühlbare Schilderung dieses seltsamen
Saals und Sie werden sich damit be
gnüaen. Die ist ein .Caffce a Con
cert".
Polnische Hetze gegen daS Freikorps
Tiebilsch.
Tborn. Nolnisck Blätter bringen
folgende amtliche Meldung aus War
schau: Die.' polnische Regierung hat
Nacbrickten erkalten, dak die in Brom
berg und Thorn stehenden 2eiie vcs
Grenzjchmzcs geräumt sind uno an lyre
Stelle don den deutschen Militärbehör
dden die Eiserne Division aus Kurland
herbeigezogen worden ist. Die polnische
Regierung hat die Allsmeiliamieil oer
bttbündeten Reaierunaen auf diese neue
deutsche Ausflucht gelenkt, indem sie
daraus hinwies, dah die Teu!chen mit
öilie der baltischen Abteilungen in
Thorn und Brombcrg wahrscheinlich die
selbe Komödie des ungeyoriams ipieien
wollen wie in Kurland und versuchen
werden, den einrückenden polnischen
Truppen. Widerstand entgegenzusetzen.
Angesichts dessen bittet die polnische Re
gierung die Entente, eine genaue Kon
frnfl, hr SRnfen zunesvkockienen Gebiete
einzusetzen. Tatsächlich hat das vor drei
Wochen aus dem Baltikum zuruage
gekehrte Freikorps Diebitsch um Thorn
Quartiere bezogen und wird hier bis
zur Uebergabe verbleiben. Welcher Geist
aber in Führer, und Mannschaft dieses
Korps lebt, zeigt die Tatsache, daß die
Polen den Führer Oberstleutnant von
Diebitsch zum Gouverneur wählen woll
ten, obwohl n Suwalki gegen sie gchal
ten hatte. Das Freikorps Diebitsch will
auch im Frieden als ein Freikorps der
Arbeit beisammen bleiben und auf ge
nossenschaftlicket Grundlage eine Mili
tärkolonie gründen entweder in Kurland
oder in einem Moor bei Hamburg, daS
eS urbar machen will. ;
Merseburg.
Die Einwohnerzahl des Kreises Mer
feburg beträgt nach dem Ergebnis der
Volkszählung vom 8. Oktober 199 inS
gesamt 102,374 Personen. Davon sind
48.463 Personen männlichen und 48.
911 Personen weiblichen GefcklechtS.
An Kriegsgefangenen befinden sich dar1
unter 292. Haushaltungen sind im
Kreise 22,693. Gegenüber der Volks
zählung von 1S10 hat der Kreis eine
Bevölkcrungszunahme von über 10,000
Personen zu verzeichnen.
Ws sind bU
NeZchsfarben?
Aus Berlin meldet man: Seit
Monaten prangen alle unsere Haupt
bahnhöfe im Flaggenschmuck, um un
sere Kriegsgefangenen bei ihrer Heim
kehr freundlich zu bewillkommnen. Wap
penschilder zieren die Wände der Bahn
Hofsdurchgänge, und in großer Will
kommengrufz ist, überall zu sehen. Der
erwählt: Flaggenfchmuck ist, soweit nicht
noch die Ortsflagge angebracht ist.
durchweg in den preußisch-brandenburgi
scheu Farben, die dazu noch so zusam
'mengestellt sind, daß sie von weitem de
Anschein einer Flagge in den alten
hohenzollernschen Reichsfarbe schwarz
weihrot ergeben.
' Nur eine Flagge , ist nirgend! zu
sehen: Die neue Reichsslagge der Re
publik. Schämt man sich ihrer? Oder
tanzt man der Regierung aus der .Nase
brumZ -, '
Hungerunkuhe in Innsbruck.
Innsbruck,!!. Dez. Die tioftlo
sen ErnährungSverhältnisse haben heute
nachmittag zu neuerlichen stürmischen
Straßknlundgebimgen gejährt, in deren
Verlauf eS zu Plünderungen gekommen
ist. Um 3 Ubr nachmittag versammel
ten sich die Demonstranten und zogen
zunächst zu dem Lagerhaus, wo sie ein
zubringen versuchten, ttendarmerie und
Polizei zog blank und konnte nur mit
Mühe die Demonstranten abwehren.
Diese schlugen hierauf in einer Reihe
von Kaffeehäusern, in welchen Schieber
zu verkehren psleglen, die Fenster ein.
Eine Abteilung der Demonstranten
drang in das Jesuitenkondikt und.plün
derte hier die Vorratskammer während
eine andere Gruppe die Borräte de! Je
suitenseminars plünderte. Die Polizei
sah sich der Menge gegenüber machtlos.
Die italienischen Patrouillen rückten aus
und trieben die Demonstranten mit ge
sälltem Bajonett auseinander. Mehrere
italienische Soldaten und ein Ualieni
scher Offizier erlitten durch Stockhiebe
Verletzungen. Andere Gruppen der De
monstranten plünderten die Geschäfte in
der Andreas-HoferStraße. Unter an
derem wurde eine große Marmeladen
Handlung vollkommen ausgeplündert.
Erst gegen 7 Uhr abends trat einiger
maßen Ruhe in der Stadt ein.
Stiftungen für die Berliner Museen.
Im Haushaltsausschusz der preußi
schen Landesonsammlunq hat Wilhelm
v. Bode auf die reichen Stiftungen hin
wiesen, die den Berliner Museen in
letzter Zeit gespendet worden sind: Ein
Russe, der während seiner Krankheit das
Kungewcrbemuseum häufig aufsuchte,
habe ungefähr 140.000 Mark zu Publi
kationen aus dem Gebiete des Kunstge
werbemuskumS zur Verfügung gestellt.
Höher noch sei die Beßler Stiftung für
das Völkerkundemuscum im Betrage von
li,i Million Mark. Die geschenkten
Sammlungen stellen einen Wert von
ungefähr 25 Millionen dar. Die
Sammlung von Kappel enthalte allein
sechs Bilder von Rembrandt. Während
des Krieges habt eine Frau Mever und
ihr Pflegesohn Professor Grosse eine
hervorragende Sammlung chinesischer
Kunst, besonders Bronzen, gestistct, der
frühere japanische Generalkonsul Jakoby
eine Sammlung von japanischen? Kunst
gewerbegegcnständen. die in Europa
wohl kaum ihresgleichen hätten. Ferner
sei während des Krieges die griechische
Göttin aus dem Anfang des fünften
Jahrhunderts v. Chr. im Werte von iz
Millionen Mark gestiftet worden, und
das Gemälde Benus und der Orgelspie
ler. Die in den letzten Jahren dem
Staat vermachten Gegenstände hätte
einen Wert von ungefähr 7 bis 8 Mil
lioncn Mark.
Ferdinand Bonn ausgepfiffen.
Ein RezitationZabend Ferdinand
Bonns im Bayerischen Hof in München
wurde regelrecht gesprengt. Bonn hatte
kaum ein GoethescheZ Gedicht mit viel
Pose und miMiger , Mimik vorgetra
gen, als schon Pfisfe ertönten und ein
gewaltiger Lärm losbrach. Es waren
viele Studenten im Saal. DaS Bild des
Simplizissimus, das, auf Bonns Kaiser,
film anspielend, den Gesinnungswechsel
deS von der Krone zur Ballonmütze hin
strebenden Mimen in schärfster Weise
glossiert, wurde herumgezeigt und belacht.
Einzelne, die für Bonn, und die Fort
fetzung feiner Rezitation eintreten woll
ten. wurden niedergeschrien und ihm
selbst auf beleidigende Zurufe erwidert,
daß man ihn in München nicht mehr
sprechen lassen werde. Man einigte sich,
daß das Einlrittsgeld nicht zurückgezahlt,
sondern der Kriegsgefangenenhilfe zuge
wandt werden solle. Die Polizei mußte
schließlich den Saal räumen. DaS Er
lebnis ist für Bonn um so bitterer, als
er selbst Bayer ist und einst am Mün
chener Hoftheater nicht unbeliebt war, es
aber damals schon fertig brachte, sich
namentlich am Hofe mißliebig und da
mit am Hoftheater auf die Dauer un
möglich zu machen.
Stillegung Chemnitzer Maschinen
fabriken.
C h e in v i tz, 4. Dez. Der Cheimiit
ze: Bezirksverband der Metallindustrie
teilt mit. daß er nach wie vor gründ
säklich zu Verhandlungen mit den Ange
pellten unter Borsitz eines Wertreterz des
sächsischen ArbeitsministeriumZ bereit
ist. Die Streikleitung der Angestellten
der Chemnitzer Metallindustrie erwartet
im Lause deS Donnerstags einen Ber
treter des ÄeichsarbeitsministeriiimI,
nach dessen Eintresfen man mit dem
Beginn der Einigungsoerhandlungen
rechnet Im Laufe des Mittwoch ka
men die Sächsische Maschinensabrik und
die Zimmermann-Werke zum oollständi
gen Stillstand. Für Donnerstag rechnet
man mit der Stillegung der Reinecker.
werke, da ohne Werkmeier und techni
scheS Personal der Betrieb nicht aufrecht
erhalten erden kann. Da die Streik
leitung die für die Lohnauszahlung in
Betracht kommenden Angestellten nicht
freigibt, ist auch die Lohnzahlung am
Wochenende m Frage gezreur.
Umarbeitung der Lehrbücher der Ge
schichte.
einem ErlaK des Kultusmini-
sieriumS vom 6. 12. an die preußischen
Provinzialschulkollegien und Regierun
gen heißt es: Da die bisher gebrauch
im i'fhrfcüAsr für Geschickte den jetzt
zu stellenden Anforderungen nicht ent
ftirprfir. so ist eine duickareikende Um
erbeitung dieser Bücher erforderlich, die
erst nach der Reichsschulkonferen, erfol
gen kann. Für die Uebergangszeit be
stimme ich. daß die bisher eingeführten
?,kfki!ck kür ÖWrfiiAt im Klafsenun
tetlicht nicht weiter zu benutzen sind und
daß ihre Anichassung von oen vcyu
lern und s,chmerinnt nicyr meor ver
langt wndul d!.
Die Mikliardenschuld Hamburgs.
Aul dem jetzt erstatteten Bericht de
RechnungsauSschusseS deS hamburgischen
Parlamentes über das Jahr 1917 ist
zu ersehen, daß die allgemeine Anleihe
schuld bereits Ende 1917 sich auf fast
l'i Milliarden, nämlich 1,424,478,087
Mark, belief mit einem durchschnitt
lichen VerzinfungSsatz von 4.12 Pro
zent; Ende 1013 hatte die Staatsschuld
8A.N9,973 Mark betragen mit einem
Durchschnittszinsensatz von 3.70 Pro
zent. Begeben wurden allein 1017 mit
einer Verzinsung bis zu 5 Prozent 234,
117.643 Mark neue Hamburger An
leihe,' demgegenüber fand nue eine Til
gug von 54,440,600 Mark früherer
Anleihen statt. DaS Jahr 1017
schloß ab mit einem ungedeckten Fehl
betrag von 168,646,413 Mark, der
größer ist, als daS ganze, auf 161,427,
233 Mark festgestellte Einnahmesoll des
Voranschlags. Der Voranschlag hatte
die Ausgaben mit 210,661,011) Mark
eingestellt, die Krieasverhältnisse brach ,
ten es aber mit sich, daß die Nachbewil
ligungen Von 1SZ.W6.880 Mark ersor,
derlich wurden, und die ' tatsächlichen
Ausgaben beliesen sich auf 385,330,647
Mark. Bon den Nachbewillignngen er
hielt allein die Finanzdeputation 160,
849,073 Mark für die verschiedensten.
auS dem Kriegsverhaltni! erwachsenden
Ausgaben. Dabei blieben damals die
Kriegsteuerungszulagen, die seither ins
Ungemessene gestiegen sind, noch in sehr
mäßigen Grenz5i; die Fanimemmler
stiitzunaen allerdings zeigten schon 1917
eine Höhe von 106.574,278 Mark, sie
linti K!Z sui. ivia ,,k 9in r,r,8
UIV UlM )Ukt JfJ MM i JV,VUWjVtV
Mark angewachsen. Was , die Fehlbe
träge doppelt bedenklich macht, ist der
allerdings nicht allein für Hamburg zu
treffende Umstand, daß die riesenhaften
Ausgaben nicht für werbende Anlagen
geschehen sind, so daß also aus ihnen
keinerlei Beihilfe zu dem erdrückenden
Zinsendienfl erwachst. Wie das die
Hamburger Bevölkerung auf die Tauer
wird durchfuhren können, das ist bis
her auch den gewiegtesten Finanzleutea
ein durchaus dunkles Problem.
Die Ausländer an den deutschen
Hochschulen.
Eine allgemeine Studentendersamin
lung in Leipzig verhandelte über die
Auslanderfrage an den deutschen llnr-
ver itaten und veaustragle mit einer
fast einstimmig angenommenen Ent
schließung den Allgemeinen Studenten-
aiikschuß, beim Senat und Ministerium
auf folgendes hinzuwirken: ffeindliche
Ausländer sind sofort zu exmatrikulieren
und so lange von der Hochschule fernzu
halten, bis unsere kriegsgefangenen Brü
der heimgekehrt sind und so lange deut
sche Studenten zu den feindlichen Hoch-
schulen nicht zugelassen werden. All
Ausländer erhalten besonders gekenn
zeichnete Ausweise, haben keinen An,
svruch auf soziale Vergünstigungen,'
Mittagstische, Kasino usw., . sind in
ihren finanziellen 'Ausgaben unter Zu
grundelegung unserer Balutaverhaltnisse
unter leinen Umstanden günstiger zu
stellen als deutsche' Studierende. Wie
mitgeteilt wurde, bat bie Handelshoch
schule Mainz beschlossen, alle Auslän
der so lange auszuschließen, bis unsere
5!riegsgesangenen zurückgekehrt sind.
Auslieferung der griechischen
Göttin".
Im Kriege erregte die Erwerbung der
archaischen griechischen Göttin durch das
Berliner Museum berechtigies Aus
sehen. Der Millionenkauf war durch
Vermittlung eines Unterhändlers in Pa
ris selbst geglückt, nachdem die dor
tigen archäologischen Autoritälen zuzu-'
greifen gezögert hatten. Und e gelang,
die Marmorfigur über die Schweiz aus
Feindesland herauszubekommen. Nach
her war die Bestürzung der französischen
Kunstbehörden groß darüber, daß sie sich
das herrliche Werk hatten entschlüpfe
lassen. Nun schildert jetzt Elaude Anet
die Herkunft der Figur und fordert ihre
Auslieferung an Frankreich. Ueberflüs
sig zu sagen daß das bei der klaren Lage
der Dinge eS handelt sich um einen
rechtsgültig abgeschlossenen Kauf
reine Willkür wäre.
Beisetzung eineS Opfers der Kieler
Nevolutionstage 1918.
Leipzig. Unter den Pflichtgelreuen.
die in den vorjährigen Kieler Nevolu
tionstagen ihr Leben dahingehen mutz
ten, befand sich auch Leutnant z. See
Wolsgang Zenker. Sohn eines Leipziger
Großlaufmannes. Die sterblichen Ueber
teste dieses Braven wurden nun in der
neuen Zenkerschen Familienbkgräbnis
statte auf dem Südfriedhose beigesetzt.
Bei der erhabenen Feier sprach ein
Freund der Familie. Hosrat Walther
Richard LiNnemann. einige Worte der
Weihe und des' Gedächtnisses, die gleich
sam als Ausdruck der Hofsimng und
des unerschütterlichen Glaubens an eine
einstige Wiedergenesung und Wieder
erftarkung unseres deutschen Volles und
Vaterlandes auSklangen in den bekann
ten Hymnus des Hans Sach? auS
Wagners .Meistersinger", die der Ehor
der Petrikirche stimmungsvoll zum Vor
trag brachte.
Die Grust. die die Urne mit den
sterblichen Ueberresten enthält, wurde
hieraus mit einer Bronzeguß-Platte ge
schlössen, auf der zu lesen ist:
Wolfganz Zenker.
Kaiserlicher Leutnant zur Tee.
am 11. August 1898 in Leipzig
t am 8. Nodbr. 1918 in Kiel bei Veriei.
digung der Kriegsflagge auf S. M. S.
.König" durch eine deutsche Kugel.
Die Wirte und die Weiusrage.
Stuttgart. 'Ja einer allgemeinen
Wirtever ammiung wurde der egit
rung der Dorwurf gemacht, daß sie ihren
Verfügungen bei den Erzeugern nicht
den nötigen lttachvrua verneyen yaoe
Trotzdem die RezierukH rnehrkack dar
Im Wol'schewisten
Gefängnis in Budapest.
sang Tkmbkk hat ifit dem .
tUi iii UuiuH'lt tut itctiHDIiiia r
Itctt tii erste teile ttt untre ttuüaae
tirtifttten Moutmuiti'lct! l)i(ioiuien. In
(tu, ettou 40 itiife tlaif, Miii&et
, , , ' ut im Clfttft 4lri(iaftcuett(M am ajiur.
fliirctih'iti'milcl'iu timlct 2lufl itttt
Ö'li'flrl. tfill tWteil orrflpiMlftirtlt
tldrqenlltil) Itic Iiiliililinlic4 IN bft
miiionlcii .militfi(iit k (irliiiil'iiia
priislliftt, biflctn Wffitnflitlllf ntifc fi'ttifn
?tilitf tut clm atMiilInlt'it. tit
hfrulilrt fibrr b;c dort ci!;ullfnnt Clii.
' iniili (olkit'itPcruiubcu:
Abgesehen von dem Fehlen jedes Kom
forts haben die gefangenen Kominuni
sten Nicht zu klagen. Sie sind auch alle
mit der ihnen zuteil geioordenen Be
Handlung zufrieden. Ein aus der ita
lieniicken Gefangenschaft heimgekehrt
Offizier erklärte, daß es die gefangenen
Bolschewisien bedeutend besser hätten alS ,
die österreichisch-ungarischen Ossiziere in
Italien, und ein Oberleutnant, der unS
führte, versicherte, datz es die von oen
Bolschewisien verhafteten Offiziere nicht
o au aebadt Hatten ais vie nun yinier
Schlok und Riegel gesetzten Bolsche
misten. Es sei dies ausdrücklich konsta
tiert. denn bei den Boiichew,,len von
Budapest handelt es sich zum allergröß
ten Teil um ausgesprochene Verbecher
typen. Viele von ihnen sind auch schon
vorbestrast, zum Teil wegen MordeS.
waS ja auch begreiflich erscheint, wenn
man wein, das, unter Karolyt, der. wie
es scheint, zum lindsten ein Halbnarr
war, die Verbrecher in großer 30.01 aus
ihren Kerkern entlassen worden sind.
Unter der Kommunistenherrschast stürz
ten sie sich wie wilde Tiere auf das arme
Ungarn. '
Von den Insassen des Gefängnisses
ist die bemerkenswerteste Figur der ehe
malme Kommandant der Leninruben
genannten Elitegarde der Kommunisten
Josef Eerny. Er ist oder besser war
Matrose, Wer einen römischen Gladia
tor darstellen will, sande an ihm ein
charakteristisches Modell. Er ist überaus
eitel und renommiert alsbald mit seinen
Liebesabenteuern zur Zeit seines Kom
mandos. Die Anklage legt ihm zur Last.-
daß er die berüchtigten Requisitionskom
manioS und traferekutionen ausgejen
det habe. bei. denen so viel unschuldiges
Blut geflossen ist und so riesige Snm
men Bargeld und sonstiger Werte von
den Unholden der Bevölkerung abgepreßt
wurden. Die Ungarn bezeichne Eerny
alS eines der blutigsten Ungeheuer der
Geschichte. Er selbst leinct kcimswegs.
was ihm zur Last gelegt wird, sondern
erklart zu seiner Entlastung nur. dag er
die Befehle Vela KunS einfach weiter
gegeben habe. Wenn er das zu tun sich
geweigert hätte, hätte er seinen eigenen
Kof verloren.
DaS Gegenstück zu Eerny ist der buck
Iige Otto Korwin Klein, der Typus
eines vcrwaqienen Juven, uanim?. mu
überlangen Armen und Überkurzen Bei
nen. mit einem Buckel und schwarzhaa
rig, während Eerny blond ist. . Dieser
Korwin ist der Chef der Polizei in der,
kommunistischen Aera gewesen. AuS sehr
begütertem Hause stammend sein Va
ter ist Sägewerkbesitzer , Hafer doch
schon frühzeitig sich mit kommunistischen
Schriften befaßt, mit 17 Jahren wür er
überzeugter Syndikalist, und er ist es
auch heute noch und gehört zu den. wen!
gen. die erklären, daß, sie, wenn sie noch
einmal die Macht hätten, genau so han
dein wurden, wie s es getan. Nur auf
den Trümmern dieser Welt über Blut
und Leichen kann nach Ansicht dieses Fa
auf aufmerksam gemacht worden sei,
daß in den Weinorten allgemein die
Höchstpreise nicht eingehalten wurden,
sei die Regierung nicht eingeschritten.
Jetzt erst, nachdem die Wirte in der
Zwangslage den Wein unter Ueber
schreitung der Höchstpreise lausen muß
ten, gehe die Regierung gegen die Wirte
vor und beschlagnahme solche Weine.
Die beschlagnahmten Weine sollen zum
Höchstpreise verkauft und an die Kon
sumvereine und Händler, die keine Weine
kaufen konnten, abgegeben werden. Die
Wirte-Organisationen Groß-StuttgartS
haben nun eine Erklärung angenommen,
in der sie von den Behörden erwarten,
daß auf die Zwangslage der Wirte bei
der Beschlagnahme des neuen WeinS
Rücksicht genommen werde. Es sei auch
undurchführbar, gegen sämtliche Wein
gärtner. Wirte, Händler und Privatper
fönen, die württembergischen Wein ge
kaust haben, Prozesse wegen Höchstpreis
Überschreitung einzuleiten. Durch ein
zu rigoroses Vorgehen würden ganze
gewerbliche Ezistenzen vernichtet. Die
Wirte erwarten deshalb von der Regie
rung. daß sie ihren gesetzlichen Vcrsü
gungen ohne zu große Härten noch nach
träglich Geltung verschafft.
Millionenschiebungen mit Geschütz
metallen. ,
AuS Furcht vor Strafe hat sich der
Zcugfeldmebel Liedtke von der Magde
bürget Abmicklungsstelle deS Artillerie
depots erschossen. Bei der Weiterlei
tun deS von den abmontierten Gescho?
sen gewonnenen MetallS wurden unter
Beteiligung LiedtkeS umfangreiche Schie
bungen ausgeführt; mehr als dreißig
Personen kommen dabei in Betracht,
von denen bereits einige verhaftet sind.
Es handelt sich um Millionenwerte. die
verschoben worden sind. Entdeckt wur
den die Unregelmäßigkeiten durch einen
n den Schiebergeschäften Beteiligten,
der mit seiner Abfindungssumme nicht
zufrieden war.
Jubiläum.
Sm bei Mlsdruff. Pfarrer Kon
sianiin Große beging heute sein Wiayrt
g?I Amis und Ortsjubiläum. .
natikcr eine neue, bessere Welt erstehen.
Er erzählte mit der größten Seelenruhe,
daß er in der Aera Tisza zusammen
mit einem gewissen Eugen Laszlo, einem
gewissen Vargo und JuliuZ Hevesy den
Plan ausgearbeitet hatte, Tisza zu er
morden, die Ausführung wurde einem
17jährigen. schwindsüchtigen Jungen an
vertraut, der sich jetzt in Wien In Sicher
beit befindet, weil dieser im Falle de
Gelingens der ?at nicht hätte ziim Tode
verurteilt werden können, da ihn seine
Jugendlichkeit davor schützte.
EineS der größten Scheusale, die da
Gesängniö birgt, ist Gabriel Schön.
wut ffsmht ist erst 21 Jahre alt.
Ihm wird zur Last gelegt, daß er den
Kommunisten die Frauen und Mädchen
fitlnrnir nn hHPrt iklNeN gelüstete. Ek
entledigte sich dieser Aufgabe meist in
der Form, daß er zuerst die Satten,
Väter oder Mutter unv ion,igen juei
wandten seiner Opfer verhaften ließ und
hnmt wn betres senden Frauen und Mäd
chen davon Mitteilung machte, indem er
ihnen zugleich erttarkt. it w u r 0 en
hingerichtetwerden. wennsich
d i e M a d ch e n und? Frauen den
Wünschen der kommunisti
schen Machlyaoer nicyi 1 ug
ten. Und viele mögen in ihrer
Angst den Unholen zu Willen ge
wesen sein. Unter ihnen befand
sich wie eS scheint, keine yarroire
Eorday. Wohl aber wäre Josef Eerny
m in fiaar einer solchen erlegen. Ein
Mädchen hatte bei ihm Zutritt gefunden.
und eine Bombe eingeichmuggeir. vie,
wenn sie nicht rechtzeitig entdeckt worden
wäre, das ValaiS. in dem Eerny rcsi
diertc. in die Luft gesprengt hätte. Seit
jener Affäre durfte keine weibliche Per
son mehr in das Palais Bathyany und
gegen andere Anschläge war dieses mit
ein Paar Geschützen und Maschinenge
wehren ausreichend vewacy:.
Bnn den sonstigen Insassen deS Ge
kälianilles sei nock des ISiäbriaen Bur
schen gedacht, der, auf einer Eisenbahn
station den greisen .einstigen, Bizcpran
denken deS ungarischen Parlaments Na
vay ermordete, der sich allgemeiner Ve.-
ehrung erfreute. Förmlich schlotternd
vor Äugst erzählte dieser luuge mxm,
daß er auf Navay zwei Rcvolverschüsse
abaeacbcn kabe. er .sei aber noch, nicht
ganz tot gewesen und da habe ihm tn
anderer Genosse zwei kchuye in ven
Kovs aeiaat. an denen er starb. Er habe
damals nicht gewußt, was er tat. Die
ser unreife junge Bursche ist der .TypuS
der jugendlichen unvcwnnenen. vie aus
reinem Vergnügen an der Revolutions
spiclerci bei jeder solchen Sache dK '
sein müssen, und dann (sie wissen viel
leicht selbst nicht wie) im Rausche der
Leidenschaft, die schwerste Blutschuld
auf sich laden.
AuS ganz anderem Holze ist der
Henker Samuelys, Arpad Kohn-Ke
rekes. geschnitzt: Ein baumstarker
Kerl von etwa 33 abren. kraftstrotzend
und robust, wie ein Fleischergeselle aus
sehend, aber, wie er lagt, Attlauaroeiier
von Beruf. Er hat bei etwa 50
Morden mitgewirkt un'd 14
ÖvfernpersönlichdieSchlin.
g um den yalö gelegr. wie er
ganz ohne jede Erregung mitteilt. Ja,
wenn er erzählt, wie er die Verurteilten
auf einen Stuhl unter den Baum gestellt
habe, den man zur Exekution ausgesucht
hatte, und wie die Delinquenten oft gar
gezwungen wurden, den Sessel selbst mit
dem Fuß zu entfernen, lächelt dieser Un
hold, der da Exekutivorga des hlut
rünstigen Samuely war. Diesen, er
klärt er. habe er gefürchtet. Er habe oft
mit ihm .Revisionsfahrten' unternom
men, aber dabei immer ein unbehagliches
Gesühl gehabt; seine Befehle habe er
aber unweigerlich vollstreckt, denn Sa
muely habe ihm erklärt, Du oder er. und
da habe er natürlich lieber den andern
hingerichtet, als selbst, wegen Unbotma
ßigkeit von Samuel gehenkt zu werden.
Auch Frauen befinden sich in diesem
Gefängnis, darunter die ehemalige S t
kretärin des entkommenen Bolkskom
inissärs S z a n 1 0. Sie habe nur die sich
meldenden Genossen empfangen, erklärt
Frau FonyoFreistädter; sie
sei erst seit zwei Tagen in Haft, ihr
könne aber nichts geschehen. Sie ist
überzeugte Kommunistin, erklärt aber,
daß ste im Falle ihrer Freisprechung
oder nach ihrer Freilassung Ungarn ver
lassen werde, das sei noch nicht reif
fürdiekommunistischeJdeen.
Und zwar deshalb, weil die Massen noch
nichtgenug sozialistisch geschult und auch
sonst zu dumm und zu wenig ideal (!)
seien. Ob sie denn die Leute, die sich
während der kommunistischen Herrschaft
so maßlos bereichert hätten, für Jdea
listen halte, fragten war. Frau Frei
städter schwieg. Ob etwa Samuely ein
Idealist gewesen sei, forschten wir wei
ter. .Hören Sie mir mit dem auf, den
haben wir alle gehaßt und verachtete,
tönte eS in unverfälschtem Jargon von
unserem Gegenüber zurück, die dann auf
unsere Frage, ob etwa Bela Ku
ein Idealist war. eisrig betonte, der sei
einer. Sie erklärte dann, nach ihrer
Freilassung werde, sie nach
Deutschland gehen, um dort, wo
man aufgeklärter und idealer veranlagt
sxi als in Ungarn, für ihre Ideen zu
wirken. Da kann man sich als in
Deutschland auf etwas gefaßt machen.
Die meisten Insassen dieses Gesang
visseS scheinen verführte Opfer einiger
weniger Fanatiker zu sein. Alle, mit
Ausnahme der Freistädter, gaben Bela
Kun die Schuld. Er hab die Haupt
rolle gespielt. Und er." sagten sie, der
doch alle diese Niederträchtigkeiten ange
ordnet habe lasse 8 sich im Auslande ,
wohlgehen, während sie im Gefängniss
, dem Tode Znl Auge sehen müßten,
J
r