Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, December 13, 1919, Image 7

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ic so mm ituiftif dj c Scrtfittung "in Ungarn:
Mftaiinwl Seltpn.z
Budapest, September.
Als Ungarn feine Hoffnung auf die
Großmut deS Westen! betrogen sah. als
llar wurde, db die Sieger im Wett
lrieg der jungen Republik keine Gnade
gewähren wollten, daß das Land seine
an Holz. Erzen und Kohlen reichsten
Gebiete und selbst den ergiebigsten Acker
boden verlieren müsse,' daß Hunderttau
sende industrieller Proletarier in. Zu
lunst vorn Hungertod bedroht sein Wüt
den. gebar die nationale Verzweislung
den Bolschewismus. Der Geist der Aus
Innung, der. sich so elementar gegen hu
Eroberungepolitik der Entente wanvle,
Kalte unter dem Druck einer engen ßlaf
senyerrschast längst tiefe Wurzeln ge
schlagen. '!un wuchS im Volk mit einem
Mal der Wille empor, zugleich mit der
ffnmdkerrschaft da Joch der regieren.
den 'Kaste abzuschütteln. Allzulange
waren die Massen politisch und sozial
, nlederaekialten und der Ausbeutung
durch Magnaten und Kapitalisten aus;
ociicku ncroc tu. oh
t h ri.r49n tnnlSlnplUI ITlITIinfl DÖIIt
man eS wagen dürfen, die Arbeitersrage
sa zu vernachlässigen. Dort wohnte und
arbeitete das 'Proletariat überall unter
menschenwürdigeren. Bedingungen als -in
--Ungarn. Den lusrouoicn ves zrapua
'liSrnuä hatte die politische Entrechtung
de? Arbeiterschaft entsprochen. Die So
zialdemokratie besaß noch, im letzten
- ReichZtag vor der Oktoberreol,!on kein
einziges 'Mandat, So stieg in den Mas
sen die Gärung, die zur radikalen Um
wälzung der bisherigen Herrschaftöver
. Hältnisse führte. .
. Die NcvolutionSrcgierung des Grasen
- Karolyi ' hatt? diesem volllommenen
Umsturz den Boden bereitet, hatte die
4t?c;z-,s hwnüfTft ä 8rrtPT
VlUUl VUIVUVVt -VMgv.
turn korrumpiert, Verwirrung in die
Arbeiterschast und Auslösung in das
SirnntlWr nktroaen. Sie hatte den beim
' lehrenden Truppen Versprechungen aus
Landbesitz gemacht, die niemals erfüllt
werden konnten und damit , ihre Begehr
lichleit aufs äußerste gereizt, und als der
Graf, den jetzt selbst seine einstigen An
Hänger den bösen Geist Ungarns nen
nen. aus dem öhaos. das er herausbe
schmoren, keinen Ausweg mehr wußte,
1 legte er die Zügel der Gewalt in die
Hände der Kommunisten und verschwand
aus dem Land. So stand die klein:
Gruppe der Kommunisten plötzlich vor
der ungeheuren Aufgabe, das Land vor
hm ÄK?nd. in den es u stürzen
drohte, zu retten und so groß war die
allgemeine Natlosigle:!, daß sich weite
ftrfif, die niemals etwas von Kommu
,,isz fvitlm hpr Trührnnn der
IllVtitUV .;i4.vti, Ul " O
ihnen unbekannten Leute anvertrauten
in der Hoffnung, daß diese das Zauber
wort wüßten, das der Nation die Er
lösung aus dem Unglück bringen könnte.
Doch nicht nur die Unterdrückten und
Enterbten im Volk, auch viele auS der
t Schicht der Gebildeten und Besitzenden
1 sahen in de, neuen Lehre daS Ideal" der,
Gerechtigkeit und glaubten an die Mög
lichkeit seiner VerwirllichuneZ. Zu bc
geisterten Aposteln des Kommunismus
wurde vor allem die Volksschullehrer.
Sie waren bisher die Parias unter den
Dienern deö Staates gewesen. Mn
wurden sie mit einem Schlag zum hoch
sten Stand emporgehoben. In dieser,
Würdigung der Volkserzieher wie in
manchen Reformen des niederen und
. höheren Bildungswesens bekundete sich
CUst, der dem neuen System weit
JiF Sympathien errang und manche
äglichkeiten. die sich auf anderen
- ien zeigten, als vermeintliche Be
. " Momente des Uebergangs zunächst
Aldbar erscheinen ließ. Aber es
- ß stch bald heraus, daß die Schat
. " f;n der neuen Ordnung weiter
An, und. tiefer lagen, als man an
zu erkennen vermochte und sie
l
n sich mehr und mehr aus unv
ckten fckilienlicn auch die letzten
i Stellen des Trugbildes, das vor
, t kugen' deö Volles aufgetaucht war.
j k war schon zur Zeit der Sowjet.
ng zutreffend darauf hingewiesen
. V daß daS völlige Versagen deö
- Inistischen Experiments keinen
', igen Beweis für die Unmöglich
-ner kommunistischen Staatsge
" hast zu erbringen vermochte, da
Z'rmirklichung der Idee mit dem an
, Zalogischen Beginnen unternommen
. '4', den Mangel zu sozialisieren,
?nd daS Land obendrein durch ein
4 ende Gebietsoeikiirzungen und die
MliifAt Isolierung wie in einem
'lufiftoi einaeivannt war. Die,
' nach den weiteren Gründen des
.menbruchS der Räterepublik sührt
' h'i Prüfung der persönlichen Eig
bhrer Führer und der Methoden,
,lsie sich zur Erreichung ihrer Ziele
' .hu. Da ist dann zunächst festzu
tii. dak unter den leitenden Männern
th einziger war. dessen geistige
Srnng sich v gewaltigen viroe 011
den gewachsen erwiesen hätte. Un
n mehr 01 vreiig jucuisoeaui
,en saßen neuen .Schwärmern von
rrr fflesinnuna ' 'und mittleren
gleiten allzuviele Leute von zweisel
i'r
r moralismer und Intellektuellst e
sknbüit. Die wellten wiilUcn leibst
was sie imter dem Kommunist.
und der Diktatur bei Proletariats
chen sollten. Sie-wkiNfN minder
iene Scblaamorte des Manismus in
Massen und verbreiteten in den
rti h! unklarsten Vorstellungen Von
Ausübung, neuer Herrenrechte. Das
Haupt der Nteregierung wia syin
nicht all ein Werkzeug LeninS. ei
slmütigter der rumsmen Bolimk
iberrschaft aus vorgeschobenein Pc
'd?n er so lange wie monlich bt
1;n sollte, bis Nuszland Innerlich er.
' oder die Weltrevolution dem ?ui
thn Werk zu Hilfe q?kommen wäre,
siuB mußte die Rumänen angrei,
'ii
um
die russische Truppen am
I stt i
entlasten. Dieser Aufgabe
ki .;?, wM Wm nfsfit ftt
t,n ik,r ist sie rbrochen. Das
nir u ' MLiiuii Mkniit rv
k'er roten Armee ober beschleunigte
lurz dek kommunistischen Regime!.
it ungarische Kommunismus hat
'H arm an eigenea Lesae irwie
sen. Er lebte vollkommen von den Lc
ninschen Formeln, die er. schablonen
mäßig und daher höchst widersinnig aus
die ungarischen Verhältnisse anwandte.
So entstanden innere Widersprüche, die
noch vermehrt wurden durch die aus den
Umständen der PraliS gebotenen Ab
weichungea von den koinmunistischea
Theorien. Die Notwendigkeit, die Ossi
ziere der Roten Armee mit außerordent
lich hohem Solde auszustatten, für
Lohnarbeit ein Prämiensystem einzu
führen, den kleinen Pauernstavd von der
Sozialisterung auszunehmen. bei allen
Maßnahmen geg?n das Kapital daS
AuelandslapUal schonend zu begün
stigen, und zahlreiche, andere Konzes
sionen und besondere Rücksichten durch,
löcherten das kommunistische Prinzip
und entkräfteten seine Haltung. Ein
kleines Beispiel mag die Methoden er,
läutern, nach denen jede Produktion
ins Sockcn geraten mußte. Ein Archi
tckt hat drei große Fabriken zu bauen.
Auf Anordnung de Amtes für Wirt
rf. - if-il..-. tal.,v,H wi. m,.t.
iuiuuuiuuimuiiim uciucu vic ouumi
eingestellt,- da eine Zusammenlegung de.r
drei Unternehmungen m urwagung ge
zogen werden soll. 'Der Architekt muß
den Bauarbettcrn die icienioizne wei
tkk',blkn un verliert kein Vermögen.
Schon ehe die Planmirtschast zur
Durchluhrung gelangte, halte ne vas
industrielle Leben crkckilaaen. Eines
der wenigen Unternehmen der Haupt
stadt, die nicht zu Gründe gingen, vas
sich sogar einer starken Beschäftigung
erfreute, war die staatliche Fabrik zur
fceiMiina roter Vavicrstosfe kür Nlaa
gen und potrintische Dekorationen. Aus
Anlaß der Maifeier wurden für solche
Zwecke allein etwa W Alillionen ro
ncn ausgewandt. Vollkommene Des
oraanisation erkakte alle Betriebe. In
gz'nz Budapest wurden die Wasserlei
tungcn reparalukoevurstig. 'ciemano
kümmerte sich um ihre. Instandsetzung.
Die Menge deö auf diese Weise vergeu
deten WasserS beträgt heute noch 40
Prozent. Dabei ist das Wasserwerk aus
Kohlenmangtt zur stariten Beiazran
kung dcS, Konsums gezwungen.
n . v . . x c .'.s:,..
i,a ven Miucucui uuuj un viuiiuujuii
Stillstand der Produltion ihr hohes
Einkommen gesichert blieb, machte sich
eine zunebmcnde ArbeitsunluU breit.
Allgemein verloren auch die' ethischen
Werte deS kommunistischen Jveais.m
der rauhen Wirklichkeit rasch ihren
Glan,. Die Wablen üum Sowietkon
qreß wurden mit den gleiche Mitteln
tkrupelloier Beeinlilli,ungcn ourge
führt, die auch das bürgerliche Paria
ment in Unarn von iebcr zu einem
Produkt der Fälschung gemacht hatts.
Da es aber trotz allen laazenicyasien
nicht gelungen war. die kritische Stimme
deS VollegemiZfens aus dieser Parodie
einer gesetzgebenden Versammlung ganz
auszulchlietzen, lchiate eia zcun ven
Kongreß kurz entschlossen wieder heim.
So trat auch bei diesem Akt der Selbst
Herrlichkeit deutlich zu Tage, daß es sich
bei der ungarischen Sowjetrepublik
schließlich nicht mehr um eine, Diktatur
dz UlroletariatS durck, seine aewa'hlten
Vertreter, sondern um die ,GewaltherrxS
Ichast einer kleinen Gruppe machlyung
riger Leute handelte, die sich mrt so
rücksichtsloser auf ihrem Posten zu be
Häupten suchten, je heftiger sich der Wi
derstand gegen ihr unheilvolles Treiben
regte. JedeS Votum, das in den zahl
reichen Kundgebungen und Versamm
lungen sur die Regierung und den Kom
munismus abgegeben wurde, war mit
dem Gelde der unermüdlichen Noten
presse erkauft. Große Summen wurden
aufgewandt, um die Presse Ungarns, so
weit man ihr noch das Leben gönnte,
und die öffentliche Meinung des AuS,
'landeS für -die Sache Bela KunS lind
seiner Genossen zu gewinnen. AuS allen
Mitteln des öffentlichen LebenS grinste
immer schamloser die Fratze der Kor.
ruption. Gegen Ende der Rätezeit gab
eS kaum noch eine Behörde, bei der -nicht
durch Bestechung jede Begünstigung er
reicht und jede unerwünschte Verfügung
rückgängig gemacht werden konnte. ES
war, als ob vor Einbruch der Sintflut
alle, Beteiligten ihre Taschen füllen
wvllten, und nachher irgendwo in unge
starker Ruhe die Segnungen ,deS Ka
pitals zu genießen. Nocham letzten
Tage der Rätereaierung sandte der
Voiksbeauftrakte für das Finanzwelen.
Belg Szekelq. einen Melnn, den er als
einen gewissen Karl Mayer aus Pforz
heim ausgab,' zur Ungarischen Allge
meinen Kreditbank mit der Weifung,
daß ihm Juwelen im Betrage von einer
Million' Kronen ausaebändiat werde
sollten. Der als Beauftragter der
Geldinslitutszentrsu anwesenve r.
JuliüS Berger weigerte sich, dem Be,
ikren deS skinanzbeauktraate statt!.
neben nd verlanate eine Anordnung
der Gesamtiegierung. Obwohl Szekclq
dem Dr. Berger mit Erschieszen vrogre.
gelang eS diesem, den Raubzug zu ver
eitcln. Der angebliche Mayer auö
Psorzyeim empuppre ncq ai in ra
dank aut der Schutzwache dcS Finanz
beauftragten.
Die ReckitSvfle bot In SowZetun
garn keinen Schutz mehr gegen den zu
nehmenden Verfall der Sämtlichen Mo
lak. Die Justiz wurde sogar mehr und
mehr selbst zum Werkzeug terroristischer
Machtanwendung. x In den ersten Wo
chen der Räterepublik wollte ein obsck,
tikk Veobalüter der Revolutionstribii
nal:n noch .ein gewisses Streben nach
Gerechtigkeit' nicht bestreilen. Sie gin
gm auch in der Tat im Ansang mit
Bluturtcilen sparsam um und sprachen
sie hauptsächlich nur gegen Plüiderun,
gen und, schwere Störungen ,der Sich.'r
heit aus. Doch bald versuchte die Räte
regicrung. einmal auf dcr abschüssigen
Bahn angelangt, immer unbedenklicker
sich durch Folterungen unv Hinricy
jungen ihrer Gegner über die wachsen
den inneren SckimZeriakeiten binüberzu,
retten. Die volle Wahrheit über die
Schreckenstaten Tibor SzamuelyS und
feiner Gehilfen ist noch nicht authentisch
festgestellt. Die Voraussetzung einer
historischen Prüfung wird heute noch
durch eine blutrünstige Legendendildung
setrübt..die jich um die Veichelzmue ae
legt hak. Die Angaben Mrlässiger
Gewährsleute über die Zahl der Opfer
bei TenorikmuS schwanken zwischen
einigen hundert und etwa tausend To
ten. Schon aus- der Verschiedenheit
und Unbestimmtheit dieser Angaben er
gibt sich, daß sie durchweg mit starkem
Vorbehalt auszunehmen sind.
Wenn auch mit der Zeit au! den
meisten Verkllndern einer neuen Frei
heit und Menschlichkeit raublustige und
blutgierige Tyrannen geworden, waren,
hatte sich doch bei einzelnen Vorkam
psern des Kommunismus die Ueberzeu,
gung von der Heiligkeit einer iveltbe
glückenden Misston , lebendig erhalten,
ober sie vermochten die Reinheit ihrer
Anschauung nicht mehr zur Geltung zu
bringen, odei wagten nicht mehr, sich zu
ihr zu bekennen, auö Schwäche oder auS
Furcht vor dem Terror der angeblichen
Gesinnungsgenossen. Sie wußten, daß
diese sich zu Unrecht Kommunisten
nannten, und daß deren Treiben mit
wabrem Kommunismus nicbti mebr ae
mein habe. Dgch sie mußten die Qual
,hrer Enttäuschung schweigend mit allen
lenen traaen. denen das 'aroke ?!deal
einer neuen Gemeinschaft für' Immer
in einem Meer von Blut und Ecymacy
versunken sifiien. Untat allem Unbeil.
das die abenteuerliche Episode der Räte
diktatur angerichtet hat. ,st es ielleicnl
eine der übelsten Folgen, daß das un
garische Proletariat daS Vertrauen auf
den Wea ,ur eioeAen Emanzivation ver
loren hat und nun wieder in Gefahr ist
ein Spielbau der widerstreitendstcn In
teressen zu werden. Die Arbeilerscoast
wird nach dem, was sie erlebt und er
litten hat, schwerlich je wieder den
Lockungen des Kommunismus versallen.
Aber s'cbon ist die klerikale Reakiien da
bei. aus der Empörung der Masse über
die falschen Propheten, die das tausend
jährige Reich verkündet hatten, 'ür die
Zwecke ihrer selbstsüchtigen Politik Ka
pital zu schlagen. Ungezählte Mitgl,
der der freien Gewerkschaften strömen
den christlichen Verbänden zu. Ändere
werden wohl, da sie an dcr Macht dir
politischen Organisation verMisein.
unter dem Druck eS kommenden Hun
aerelendS der Anarckiie in die Aeme ae
trieben. Die sozialdemokratnch. Partei
aber tr.'z t mit die Schuld an de? poil
tische,' EuI'.vulZ' ung der Arbe trklaffe.
Die JZchrz-lhl ih'ee Führer a in den
entscheidenden Stunden besinnungslos
vor dem kleinen Haufen der Kommu
nisten kapituliert und die bis dahin gut
disziplinierten Massen mit fliegend'
ffa?,,n aus dem Laacr dr Demokratie
in das der Diktatur geführt. Sie hät
Un wissen muffen, daß die Ueb-r!wgung
des Leninschen Systems .,uf l,'grn die
Selbltvernichtung ,d?r A ,-,-!tcr,a,a;t ve
deutete. Die sozialdemokratische Partei
hat ihre Sünden gegen den Geist der
Demokratie und les So,".l'.em!iZ mit
dem Verlust ihrs garun Einflusses
büßen müssen. J,tzt mv'te sie reu
mütig umkehren und ihre versprengten
Anhänger von neuem auf dem Boom
ihrer ' alten Prinzipien sammeln. Sie
tkäat wieder- ibren alten Namen, den
sie während der Nätezeit mit dem einer
sozialistisch kommunistischen" Pariel
vertauscht hatte. Aber wird die Arbe!
terschaft die Partei auf diesem Wege der
Umkehr begleiten? Wird sie sich von den
Erschütterungen erholen, die ihr die
Haltung grundsatzloser Führer zugefügt
hat? Jetzt, wo die isoziaivemoirailk
tick, ausrasfen will, um die schweren Feh
ler, die sie erkannt hat und die sie be
reut, wieder gut zu machen, hat der
weiße Terror der Reaktion im Lande die
Gewalt an sich gerissen und legt mit der
llnr,rl!una all ttreibeiten und der
grausamsten Verfolgung aller politisch
Mißliebigen jjde Agitation sur 'ineis
Mirslia, Vt berufenen Arbeit's
organisationen lahm. Es bleibt der"
ungarischen Sozialdemokratie tm Au
genblsck nur die Hoffnung auf die kiilfe
der Entente, die sich in den Pariser Per
h'Mungen über öle innerünaarilche
Krise bemüht gezeigt hat. der Social,
demokrotie eine Vertretung im Kabinett
zu erwirken, um sie dadurch wieder zu
einem Machtfaktor im Staat, zu mi
chen. Die Frage, ob e? gelingt. der k
zialdemokratischen Partei Ivieder ,ur
Geltung zu verhelfen, ist nicht nur für
daS Schicksal des ungarischen Proleta
rlots, sondern auch sur die Möglichkeit
einer Politik der fortschrittlichen Ent
Wickelung und des friedlichen Ausgleichs
in Ungarn von allergrößter Bedeutung.
Da' aber in den radikalen Kreisen die
11fcinii nrttoirkt. dak di? En
tente ihren Feldzue gegen Sowjetun
garn nur im Interesse ves lniernano
nalcn Kapitalismus geführt Habe, ist
hbf Nrntekiion. die der Sozialdemolia
ist von Paris her zuteil wird, geeignet,
k, N't,i M der unentwegten Ovdo
sition den letzten Rest des Kredits zu
rauben. Der ungarische Voztalismus
mft fcnfipr iu seiner Rechisertiauna und
Selbstbehauptimg den Beweis erbringen,
daß der Geist einer zieioeivuiziei, ,
zialdkmokratischen. und demokratischen
Politik unter -den VTrümmern. die der
bolschewistische Brand geschaffen hat,
nicht begraben ist.
In Trcöscn angeblich
ein sSlsarzcsKabiüctt.
ES überwacht Auell?ndSpo.st nnd dcr.
hindert Kspiialsflucht.
, (El,j!fl .. SS. Okt.) ,
DaS .Berliner Tageblatt" bringt in
feiner Sonntagknummer in auffälligster
' Aufmachung Mitteilungen über ein
fchwarzcS Kabinett in Dresden', worin
festgestellt' wird, daß in DreSdeg eine
Ucbcrwachungsstelle für den privaten
Auslandspostverkehr zur Verhinderung
der Kapitalsflucht inS Ausland besteht.
Alle nach Oesterreich gerichteten deutschen
Briefe werden über Dresden geleitet und
dort geprüft. Diese Maßnahme hat sich
al außerordentlich zwtckmäßigeZ Mittel
zur Aufdeckung von Kapitalschiebern er
wiesen. Vollkommen unverständlich ist
uns daher, wi ein dzr Regieren g. $
V ,
Mclned von.
Von Gits
' (berliner lag,)
. Der deutsche Osten bat ,.ch ühtx allzu '
C . . k . ! ,' . . Qs4 nt.fc (iM
g.ige Acuirauic un wi-
sialtung durch daS reise Mitte! und
Westdeutschland nie zu veiiagen vrau
un. 'Da auviinteress. bezoa sich in
der Regel auf die Ergebnisse der Ernte
tn Korn und arionein, mn ein i
Dtim hn 0T.eTtn tu verlorae baiie.
Im übrigen fühlten -die meisten Bewoh.
ner eö iillesilanvs wenig eriangkn,
mit ten Deutschen im Weichselland und
jenseits davon in Bcziehuikg zu treten,
i, ni Londlibast östlich der Oder.
von einzelnen w..'igen Plätzen abgesehen.
blieb dem Reiseverkehr unenivear. a
hin fuhr der kücstdeutsche nur. wenn er
dort kscbLstlick, ,u tun hatte. Dcl st.
deutsche Teil deS Reiches mit den
schön geliauten. unablässig aufstrebenden
Städten und mit ven seinen Aaiurrci
zen ihrer Wälder, Wasser und EinödS
KAU Kar Tim besser kstellten westlichen
Teutschland verborgen. Etliche Ver
suche, die von ontgsurg unv Auennein
gemacht wurden, um .ai Interesse für
Ostdeutschland zu heben, verwehten in
dem breiten LebcnL-RhyIhmus deS well
elöischen LandeS. Ostdeutschland blieb
mit seinen schweren Kulturausgaben sich
selbst überlassen. Jetzt, wo die pollti
schen Folgen deS Kriege! den vielleicht
wertvollsten ostdeutschen Gau den Po
len überantworten, da ist endlich die
Teilnahme für die Heimat jenseit der
Oder und Warthe erwacht. In den Ta
gen deS Abschieds ist das Gefühl der
Zusammengehörigkeit zwischen West und
Oft ans einem lauen Jnieiesse zu einem
starken Band geworden. Viele eilen in
letzter Stunde in. das Weichselland, um
es anzusehen, he 'Z polnisch wird. Der
erste Besuch ist somit gleich der Ab
schiedSweg. Mögen die zurückbleibenden
Ostdeutschen aus der neugewordenen
echten Teilnahme sür ihre Not Stärkung
und Hoffnung schöpfen. Mehr kann
ihnen daS niedergebrochene Reich zu
nächst nicht geben. Aber durch tatkriif,
tigcS Mitfühlen und Mithelfen kann eine
erträgliche Lebensform für die enteigne
ten Gaue, kann die Bewahrking des deut
schen Charakters in den abgetretenen.
'Teilen eingeleitet werden.
Es ist ein altberllhmtes Kulturland,
der W e tth s e 1 g a u.mit bodenständigem
Deutschtum, das kernsest ist und am lieb
sten die politische 'Wendung der Dirge
mit eigener Krast zurückgehalten hätte.
Den sichtbaren Spuren der. deutscben
Ordensleute Ind die Deutschen der Neu
zeit gefolgt Sie haben aus den lange
Zeit polnischen Wiichsclstädten blühende
Gemeinwesen gemacht, in denen dK
Deutschtum borherrscht. - Des kan7 nur
der richtig einschätzen, welcher die
Schwierigkcit:n de Emporr!ng:nS in
dem an wirtschaftlich wertvollen Fak:o
ren so armen Ostdeutschland kennt,
hier', wo selbst manchmal die N ,tur lie
der das Stagniere. als Weiteren Iwick
lung zu wünschen scheint. Der stolze,
breite Strom nimmt keine Rücksicht auf
die wirtschaftlichen' Wnsche seiner An
' wohner. . Sein, graugelben Fluten
wirft er mit Heftigkeit, durch das Tal.
so daß sie oft. die ganze grüne Talebei
unter Wasser fetzen und die Städte sich
in gemessener Entfernung uiif dem obe
ren Talrand Einbaue müssen. Die Ur
kraft der dreimal längeren Steppen,
ströme von Sibirien zeigt die Weichsel,
auf deutschem Boden., Hohe Deiche däm
men den Waffen, einen mehr als ein
Kilometer breiten Raum ein. Dahinter
liegt auf den von den Brakwassern be
fruchteten Talstreifen fett Polder, der
schwere Ernten bringt. Ansehnliche
Höhensäume begrenzen da! insgesamt
oft ziemlich eine Meile breite Tal. Ge
gen Westen und Osten flächen die Hö
ben hinüber in die Kiefernwald-Hoch
ebene dex Tucheler Heide und indaS
hohe Seenland von .Südostpreußen, Am
hohen Rand der Rinne, die die Weichsel
schuf grüßen die deutschen Städte.
Mit der westlichen. Weichseluferbahn
geht S auf einem kiefernbewaldeten Hö
henrand hin zum Brahetal. Bei Brahe
münde verläßt die Weichsel in einem
auffällig scharfen Bogen des Urtal.
durch dos si ehemals, dem Läufe der
Netze. Warthe nach, in daS Utcd, in
das EberSwalder Finowkanalgebiet und
zur Elbe gelangte. Ein starker Höhen
rücken begrenzt die nördliche Seite die
se? TaleS bis zu dem den' Berlinern
wohl bekannten Choriner Bogen. Die
Weichfek wendet sich also unter der riesi
. 12V) Meter lanac Fordoner Bo
genbriicke nach Norden. Aber sogleich
erglänzt an ver unrersien raye uno
noch im Antlitz dcS großen Stromes
B r o m b e r g. Die Hochburg für das
Deutscht der Provinz Posen ist
immerhin nahestehendes Organ wie daS
Berliner Tageblatt" diese vortreffliche
Einrichtung gewissermaßen zu tziskredi
tieren sucht, ES sollte doch vielmehr Ge
nugtuung darüber empfinden, daß auf
die In Dresden aellbte Weise den schänd
liehen Kapitalschicbern ihr trauriges
fnhtni- nrlrnl w!kd. Unskk ErslailNeN
, , n , 1 :i ' i -i
über die Haltung bei Verl. Tgbl." wird
übrigens von der .Teutschen Allg. ta..
geteilt. Dies, schreibt, zweifellos nicht
ohne Fühlungnahme mit den amtlichen
Stmen- ' " . "
DaS .Berl. Tagcbl." veröfsentlicht un
ter der Uelitrscbriit: .DS cdwarze Ra
binett in Tresdea' ein Interview über
bis Poflüberwachungsstclle in Dresden.
Es ist nicht recht verständlich, warum
!!kr ein derart! bekannte und den ae
setzlichen Bestimmungen entsprechende
Einrichtung so sensationell berichtet wird;
Die Postubcrwachungk wie sie in Trcs
kn nt anderen Städten DeutlcklandS
ausgeübt wird, dient allein dazu, dcr
Kapitalflucht Schranken zu' ziehen. Die
Einrichtung hat in zahlreichen Fällen
auzaeieickinete Eraebniise ezeitiat. ES
ist deshalb zu erwarten, datz sie auch über
den 31. Dezember hiest! Zahrcl hmauö
velbegaltenirird' '
der Weichjel.
Grssch.
Bromberg gewesen. ES hat sich in den
letzten Jahrzehnte prächtig entwickelt.
Großstädtische GtschäktLstraßen. Park
anlagen, .Schmuckplätze. Wohnviertel
machen die wenigen Reste auS der Klein
stadtzeit. die einzelnen niedrigen Häuö
ch. in den Hauptstraßen, schon fast zu
lokalhistorischen Merkwürdigkeiten. Der
Betrieb am Theaterplatz. die Auklagen
in den Geschäften, die umfangreichen
Ratn hti Nabnkoks. tit Eisenbabn
direktion. der Post, der Schulen us.
zeigen, daß Bromberg. daS nach Ein
gemeindung der Bororte Großstadt
,wird. diese Würde rechtfertigt. Durch
einen Ausblick von den Höhe am Wiß
mannturm in her Stadt oder bei dem
wuchtigen Wahrzeichen de Deutschtum,
beim Bismarcktur.m, übersieht monierst
die Größe der angehenden Großstadt
und ihre reizende Lage an den Wald
höhen der Brahe. Ein neuer Groß.
siks,ibtme um'bt die kleinen, idvl
lischen Parkschleusen deS alten Brom
berger anais, ver aus ver garienrei
chen Stadt seinen Weg unter dem dich,
ten Laubdach hoher alter Baume be
gann. Der Abschied von Brombcrg
wixd unS besonder! schwer fallen, ihn
wird nur die Gewißheit erleichtern, daß
diese Stadt dem Deutschtum nicht ver
loren gcycn rann.
- v
N! ab M linken WeichseluferS
entführt uns auS allen Betrachtungen
hur, K, Ssstnlhiflne. die Brombera ein
hüllt, schnell nach der Höhe bei eres
pol und dem levyasken iroensilaomien
SckweK. daS erst iu Zünaster Zeit durch
den' Wcichselstrom zu einem weiteren
Ausstieg an der Useryoye genong, wuroe.
Bon ' Schönau bei Schmetz leitet eine
FahrvtrbmrMg hinuoer nacy u i m.
bet siBrfistoeltaenen der Weichselstädte.
fei meitbin winkt. Der Ueberaana über
den Strom zeigt die Schwierigkeiten deS
Weichseltales. Zum diesseitigen Deich
führt eine -Dammsirasze vurcq oii uoer
kknikt Miesen und Gelder. Dann solat
eine Wagenfähre über ein breitcS. schnell
fließendes Altwasser, varan icyi,ci
kick wieder ein Stück StraKe. das bei
Hochmasser , (wie in diesem Sommer)
von Fuhrwerken schwer erreich! wiro.
Danach trifft man erst die Hauptfähre
iid'r den Strom mit seinen schwefel
gelben Wassermogen selbst. Drüben ist
man aber nur Bet grozzer iroacnqeu
auf festem Land. Bei Hochmasser muß
man eine Raynsayn unierneqmeu.
Dann ist man endlich am jenseitigen
imh am iu& der, 5iökie. aus der
Kulm thront. Mit der Erbauung eincS
Brückcnwkgcs Sszonauscyme?-nuim'
können die Polen, ebenso wie bei Mcwe.
wo die Dinae ähnlich liegen, ein gutes
Werk tun. Aber waS die Deutschen
nicht zuwege brachten, wird auch den
Nn??n nickt acllnaen. Nack Kulm, des
sen Höhe landwärts durch' Gründe ab
gespalten ist, steigt man aucq von ver
Wasserseite durch daS Tälchen empor.
Oben betritt man die verkehrsreiche
Hauptstraße der ' aufstrebenden, schon
teilweise mittelstädtischen Kleinstadt, die
zu dem breiten Markt mit dem alten,
interessanten Renaissancebau des Rat
Hauses inmitten unix zu den gotischen '
Ordensbaulichkeiten weist. Eindrucks
voll , ist der AuSblick von dem hoben
Stadtaltan über das breit Stromtal
hinweg mit seinen Wassern. Wiesen.
Feldern und Auenwäldern bis zum
Bahnhof Terespol und zum Schloßturm
von Graudenz. Auf bet Weiterfahrt
nach Grauden, zu blickt noch lange
burgartig das Städtebild der Weichsel
ftadt Kulm.
.
Bei G r a u d e n z ist der Strom rubi
ger.so daß sich die Stadt brekter hinla
gern konnte. Ali wichtiger Jndustrieplatz.
einer der wenigen in der Provinz, als
Eisenbahnknotenpunkt hat sich Graudenz
gut entwickelt, so daß bald das halbe
Hunderttausend der Einwohnerzahl er
reicht ist. Die Stadt ist vielfach neu
zeitlich gebaut. Der Schlohberg mit
dem hohen Ordensturm, die Festung, ein
Sinnbild ' treu ausharrender Zähigkeit
auch in ärgster, Bedrängnis, und die
beiden großen Strombrllckcn bilden reiz
volle Ziele sür den Besucher. Weiter
stromab erblickt ma schon vom Grau
denzer Schlohberg daS ähnlich wie
Kulm gelegene Städtchen Neuenburg
auf dem. linken Hochufer. Auch dieses
aufblühend Ordensstadtchen fällt ebenso
zu Polen, wie da nahe der Wontauer
Spitze, wo das Wcichseldelia beginnt,
sich aufbauende Mewe., Zwischen dem
wuchtigen Ordensschluß und der alten
Ordenskirche gruppiert sich de? Ort.
Das Kaulbachsche Gemälde .Zu .Gott"
soll daS wirkungsvolle Stadtbild von
Mewe als Hintergrund haben. Vor
Mewe erhebt sich drüben Maricnwerder,
großartig anzuschauen mit seinem fünf
bogigen Danskcr und seinem Ordens
frtin heil mit dem Dom eine bedeu
tende Baugruppe auf dem östlichen
Steiluser bildet. Die Regierungshaupt,
stadt Marienwerder. gut gebaut auch in
ihrem Bahnhos und geschäftsreich, ge
hört zum Abstimmungsaebiet, Sie wird
unS auch politisch bleiben, Von ihr
aus wollen wir die anderen Weichsel
städte, die. unter Fremdherrschaft kom
men, grüßen. Irssten und kftizen.
' ,
Noch ist, die Reihe der WeichsclstLdte.
von deren Besitz wir uns vorläufig tren
nen müssen, nicht erschöpft. Eine der
wichtigsten wird unS im Unterlauf 'deS
Stromes entrissen. Es ist Dir schau,
dienerte in das deutsche and im Osten.
Jeder von uns, dcr einmal draußen Im
Osten weilte, ist durch Dirschau gekom
wen. ist über die gewaltigen Brücken
gefahren, die mit mehr als ein Kilometer
Länge den Strom deS Ostens llbcrfpan
nen. Die älteren von unS sind noch
über die von burgartigen, gelbbackstei
nernen Aufbauten bekrönte, achtfcld
rige Gitierbrllcke gefahren, an deren
stadtfeitigem Eingang ein schöner Lrllk
kcnkops mit Darstellungen zum Bau
und zur Eröffnung des Werke? -errichtet
ist. Jetzt dient die Brücke dem Stra
, ßenverkejr. 1890 wurde für den Eisen
Seröilclie Lnlhüssungen.
Don 5c. arl Macchl-, Astschafter a. X.
Vor mir liegt ein Buch oder viel,
mehr eine kleine unscheinbare Broschüre:
KriegSursachen' von Doktor M. Boghit
chevich, ehemaligem serbischen Geschäfts
träger In Berlin. Ich lese und staune
staune Immer Mehr. Ist S den
möglich, aus den Reihen unserer ehe,
maligcn Feinde ersteht ein Kämpe der
Wahrheit!
Während der Geist der Lüge. deS Has
seS, der Verleumdung noch überall keck
das) Haupt erhebt, während in den Län
dern der Besiegten, wie das ja meist so
zu ;ehen pflegt, in Heer von mehr oder
weniger Eingeweihten von Bethmann
biS, zu Nowak herab ' einen Entschul
digungsfeldzug in Szene fct, tritt aus
den Nebelschwaden, die allerwärtS unse
ren klaren Ausblick hemmen, ein einfacher
serbischer Diplomat hervor, der sieben
Jahre, vor und wäh-end tzes Krieges,
sein damals kleine Lnd im Deutschin
Reiche vertrat, Und beleuchtet an der
jfirtTib niitfiftitifckct Dokumente und ver
sönlicher Ersahrungen die Politik Ser
biens im engen Zusammenhang mit jener
Rvßlands in dieser ganzen Epoche
von der Arinezionskrise durch die Bal
kankriege zum Weltkrieg. ;
Ausgesucht ein Serbe war eS. der
zu einer Zeit, wo noch alles gärt und
brodelt im Hezenkeffel der aus ihrem
Gleichgewicht gerüttelten Menschheit, den
Mut ausmachte, wie er selbst in feinem
Vorwori sagt, des,' Gegnern Gerechtia
kcit widerfahren zu lassen".. Endlich ein
Mann, der ruhig, sachlich, klar, vor
urteilslos und unparteiisch die Entwick
lung der Dinge mit historischem Weit
blick schildert, wie 'sie sich ihm als Mit
erlel'tcs darstellte und zu unumstöß
licl , Schlüssen auä dem Altenmaterial
formten, das ihm zur Verfügung steht.
Vom Berliner Kovgs ausgehend, sehen
wir den Autor die russische Politik in
k'schteitcn'ö enger werdendem Kontakt
dtfi der serbischen Großmannssucht
durchforschen. Mit zunehmender Spbn
nung gewahrt mag da3 Netz von In
trigen, das von Petersburg auS gefpon
nen wurde, immer mehr seine Richtung
wechselnd indem der Türkei ' die
Schlinge schon über den Kopf geworfen
war und es galt, allmählich die Einkrei
sung des gefährlicheren Gegners, der
dsterreichisch-unganschen Monarchie, vor
zubereiten.' .
Das Buch enthält auch manche, oft
gewiß berechtigte Kritik dcr damaligen
österreichisch-ungarischen Politik, es ent
hält manche Detailangaben, die der Ver
fasse? nur erzählungswcise wissen
konnte und deren Stichhaltigkeit bezwei
fett werden kann; indeZ niemand, der
dasselbe srne ira" als ernsthafter Wahr
heitZsucher liest, kann es aus der Hand
legen, ohne von der systematisch fort
schreitenden Wühlarbeit der russisch-scr
bischen Diplomatie durchdrungen zu sein,
mit dem Ziele, Oesternich-Ungarns Eri
stenzwurzeln abzugraben. Niemand auch,
so scheint mir. der daS Werk in diesem
Geiste liest, kann aber dann auch die
Frage unterdrücken, ob es denn möglich
war. eine solche jahrelange bewußte An
ariffstätigkeit zu verhindern, ob es denn
schließlich für ei in seinem Bestände be
drohteö ReiS, das noch halbwegs Le
benskrast in sich fühlte, möglich war.
einfach' aus seine Weiterexistenz zu ver
zichten? ,Denn das hatte man ihm
schließlich zugemutet. Ein großes Reich
verschwindet nicht sang, und klangloS
von delc Bühnk der Geschichte schon
gar eines. daS sich seit Jahrhunderten
in mehr als einer Hinsicht als ein Kri
stallisationspunkt für zahlreiche Völker
ahndienst die sechsbogige, von Doppel
paraboltragern gehaltene, lmxosame
Eisenbahnbrücke eröffnet. Beide Brllk
Ien schließen an den Bahnhof an. der
als Kreuzung der beiden östlichen
Hauptstädtebahnen Berlin Königsberg
und Posen Bromberg Danzig stets
verkehrsreich ist. Die Stadt ist hübsch,
sauber und neuzeitlich gebaut, hat
Stadthallt Und Stadtgarten. Sie wird
den Polen sehr gefallen und ihnen zei
gen, waS alles den kongreßpolnischen
Städten fehlt.
.
Eine leuchtende . Kette, blühender
Städte geht mit dem ' Wcichseltal
verloren: Thorn. Bromberg, Kulm.
Schwctz. Neuenburg. Mewe. Dirschau.
Auch Danzig. auch noch zür Weichsel
zone gehörend, scheidet aus dem Reichs
verband. Nur Marienwerder bleibt
deutsch an der Weichsel selbst und dazu an
der Nogat Machnburg mit dem Mei
perbau der Ordensschlösser, mit dem
glanzvollen Burgschloh der Hochmeister
des deuilcken Ritterordens. Sie müssen
uns immerdar mahnen, daß wir den
deutschen Brüdern und Eschwestern. vie
schuldlos unter Fremdherrschaft gekom
mer finK' Ret mit ISk lind Hilf 6Ci
tofhtn f? knNn tinS finffert lassen, dak
i" ""V.." t" "
n inet anderen Zett die deutschen
Weichselstadtk. wieder trt die eimak zu
rückkehren. - . ; :
T h o r n. daS kraftvolle StädteSild mit
den rotbacksteinttnen Zeugen aus der
Ordens!! am Strom, mit den al!kN
Kirchen, dem an!l. ...l RatdauS
und dem Artukbok. erfreut mmcr den
Reisenden, wenn er auf der- mächtigen
Brücke diesen SÄuisel für daS aanze
südlicke West und Ostpreußen berühit.,
Die Standbilder Hkimonn von taim
und ermann Balls an den Brücken.
köpfen und V.t eilen und neuen Baiüe
dcr Stadt selbst werden ihre kllnftiarn
voliiiscbkn Akükek an das wS deutsch
Arbeit geleistet hak erinmern. Tharn
hat sich, seitdem es über den engen ffc
ti,:n?ailr!ll M debnen konnte' fett ent
Wickelt. Großstädtisches Lebcn pulstet
in den Straßen. Mit Staunen wrdcn
die Volen. km blick auf iör Balzn
hofselend sehen, daß Thorn außer sei
nem siilicbkn. erkebrsreichen Haupt
babnbos und der Station ThornStdt
noch einen zweite Hauptbahnhof hat,
den schöffgebauten Bahnhos Thorn,
Mocker. wo die WiMichseWbahn
aozivli?
splitter irwiesenhatle. ES hätte gewiß
viele! anders gemacht werden können in
der jahrzehntelangen Umformung dcr
Monarchie im neunzehnten Jahrhundert,
ei hätten daraus Modifikationen in der
aefchichtlicheit Entwicklung entstehen, c ,
hätte vielkicht ein Neuausstieg angebahnt '
werden können: wenn aber inmal d?e
Niedergang unvermeidlich war, durch
Selbstmord hätte Oesterreich , Ungarn
nie geendet: und daS ist es, waS diH
gen dem alten Regime zutrauen, welche
an demselben kein gutcS Haar lassen,
welche sich tn giftgeschwollcnen Auslas
sungen in ihrer Press' nicht genugtun
können und welche dabe, vergessen, das,
sie geradeso vor dem Richterstuhl der Ge
schichte werden erschein und erst noch
den Bewei werden erbringen müssen, ob
etwa ihrer Rzgierungsku.ist in Patent
zuerkannt werden kann.
Im engen Rahme eines TagSlattek
lassen sich die vielen interessanten Lichter.
die die Broschüre des Herrn Bogyitcye-
vich auf die Geschichte der letzten zei,
Jahre wirft. nna'iek-.? beriiuiea.
Darum eben verdient sie wohl, daß ein
irößereS Publikum auf dieiekt'e auimerk
'am werde. DaK ihr Erfcheimn riekn
'ehr unbequem sein mag, ist : selbslüct
ländlich. Si stört empfindlich die Fe,
Ngkeit deS künstlichen GebfriVS. da seit
Jahren die Preßreptilien und die Tage!
literatur der Entente über die Krias
schuld aufgebaut haben; sie verschiebt aber
auch das Konzept aller jener im Tviben
fischenden internen Pseudopolitiker
welche nur zu gerne alle Schuld der C
tignisse dem alten Staate und seinen Er
Ponenten aufhalsen möchten, um den
zweiselhasten Glanz .der neugeschaffene
o . . r; ' -, s- ..ty. r, t. r . ... f . II.
Olliiunor um Iiyrucr mayicii zu zur.
Man kann daher darauf gefaßt sein, '
daß diese Broschüre, die man bisher red
lich totzuschweigen beflissen war. wenn eS
mcht schon anders gehe sollte, durch Be
geiserunc ihrcS Autors, durch Anfech '
tung ihrer .Quellen und Behauptunqen
in den Augen deS-Publikums im In
und Auslande möglichst wird herabge
setzt werden. Indes die Existenz von Do
kumentendie zum Teile bereits auch
anderwärts veröffentlicht sind, den Wort
laut von seither bekannt gewordenen Bei,
trögen, wie der russisch bulgarischen Mi
litarkonvention vom Dezember 1909, des
bulgarisch-serbischen Vertrage? vom Fe
bruar 1912, deS italienischen Anschluß,
Vertrages an die Entente vom 26. April
1915, wird doch niemand mehr, zu leug
nen, wagen.
So darf immerhin die Hoffnung ge '
stattet sein, daß ek nicht gelingen wird.
Herrn Boghitchevich mundtot zu mochm.
und daß sein Buch der erste Lichtstrahl
auf dem Wege zur Erkenntnis der Wahr,
beit werden möge: allerdings in dornt
g;t und weit Weg.' solange jet noch
vom Völker, und StändehaK verlöt ist!
Abgesetzte ZNelsöZen.
' Äit . den österreichischen Herzögen
mußten auch die musikalischen , Mäntel
snllen, die ihnen von großen Kompo
nisten umgehängt wurden. Manchmal
ist eS 'nicht schade darum, denn Kom
ponisten werden am unbeholfensten,
wenn ,sie i patriotische oder sonstige
Begeisterung ausbrechen müssen. Meist
entsteht daraus eine sogenannte Ge
legenheitskomposition, d. h. ein solche,
die eS verdient nur bei einer einzige
Gelegenheit gespielt zu werden. Manch
mal ist'S aber doch mehr. Als der oiis
Haydn in der Not der Franzosen-In
vasion in seinem kleinen HSuschi daS
Gott rhalte, Gott beschütze unfern '
guten Kaiser Franz" komponierte, war
er schon in der rechten Stimmung und
die österreichische Volks, eigentlich
Kaiserhymne ist eine Melodie, in der
der Glockeriton deS gläubigen ChoraieS
schwingt, der nur hi und da in feier
liehen Schritt übergeht, indeö in daS
Ganz wie von fernen grünen Wiesen
her daS gemütliche Volkslied' hinein
summt. Die Hymne zog wie ein rich
tiLrS Volkslied, dessen Typen mebr
international sind, als man glaubt, auS
dem bescheidenen Anwesen deS '"Kunst
IcrS tn der Vorstadt Gumpendorf bei
Wien in die weite Welt hinaus. Sie
wird zu anderen Teztctt verwendet, ja
vor Jahren sah ich in einer portngicsi
schcn Volksliedersammlung die Haydn'-'
fche Hymne erscheinen und ganz jovial
einen portugiesischen Tezt begleiten.
Wenn die österreichische Militärkapelle
zur Wache in die kaiserliche Burg ein
zog, dann spielte sie regelmäßig, sowie
sie in den Torbogen einmarschierte, den
Suppöschen Marsch ,O du mein Oester
reich!" Dieser Marsch stand Ursprung
lich M'Ländl in einem langst ver
schollenen Volksstück Alraunl". und '
der Dez! foll dort sogar in konischem
Sinne verwendet worden sein. SuppS
machte gerne solche Schnze? all echtem
Romanen war ihm die Musik eine Art
höherer Spielerei mit Noten. Aber
später wurde der Marsch zu einem
populären Festmarsch für jedermann,
dcr keine .Zyklus' abonniert. Wi
drängt sich auch die Mooulaiion und der
ganze Bau zwingend bis zu dem Trio:
O du mein Oesterreich! Der Marsch
kann nun über sich selbst seitte Refrain
singen.
Auch daS Trio deS Radetzky.MarschkS
on Strauß Vaiek glitt einst gemüNich
im Dreivierteltakt dahin, ehe eS mit
seinen wie in Kommandorufen poliern
den Paukcnfchlägen in einen zündenden
energischen MarschrhythmuS ööcrKing.
In ihm war Oesterreich.
Die Weise des Prinzen Eugen, deZ
edlen Ritters, dcr dem Kaiser wieder
Belgrads kriegen wollte, will nicht mehr
klingen, weil 5 leinen Kaiser mehr
giebt, und leider auch keinen Prinzen
Eugen.
Auch diese Melodie ist stumm gewor
den, und wen sie nicht in der Löweschen.
Lallade weiterlebt, ist sie in den Archi
ve zu ihren Vätern versammelt. Tort
wird sie mit dem Möllerschm 'S giebt
nur a Kaiserstadt, t giebt nur Wie"
j zusammentreffen. , t
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