Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, October 17, 1919, Image 8

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    Die Lernn
Novelle von
: Ter Abend fnm von den Watten n
'und sing Ülxr das r!au und tvifcb
(am nach einem vtneqnttcn Tag und
' trachte einen leichten Tust mit von der
" salzigen Nässe des grauen Schlicks, oazu
zolnchen Haare an der Ktirn weyie, an
' rötlichen Haare ant der Stirn wehte, als
sie die drei breiten Gtcinftufcn des Sin
lim Herrenhauses herunterkam.
Es gab manche im Land, nie sich der
Zeit erinnerten, da Eonnje Lee noch
Sonnje Elkloud war. Sie selbst halte
ti luolif lange vergessen! die Hort Nuhe
ihra Mad.i!entc!gk.' ihr Lachen und ihre
Träume, Es war so lange hcr. Und
un dir ernsten Frau, die Sinlönen, den
groszcn Hof, seit Jahren umsichtig und
(lug wie ein Mann verwaltete, war (ein
Zug nenr von der weichen, (leinen
Sonnst: Elklanv, die damals auf den
Hof gekommen war als Willen LceZ
Frau.
CS war seltsam, daß damals (einer
!m Land wußte, wie ts mit Wivem Lee
und den reichen, sclömn Hos stand. Und
doch hatte man seinen Bat?: schon viel
an den braunen, breiten Wirtstischen in
Husum und Tondcrn gesehen, an den
gleichen, auf die jetzt der Sobn die star
len. roten Hände ftüizte, wenn er im
Trinken innehielt und mit seinen lauten
Worten zu prahlen begann.
Die Zunge Frau war viel allein. Sie
ging mit ihrem hellen, schonen Hiar und
der jungen Anmut ihrer achtzehn Jahre
durch das elte Haus, in .dem sie jetzt
Herrin war. Sie saß an den langen,
einsamen Nachmittagen unter den drei
tcn Ebereschen drunten an der Mauer
der in der großen Wohnsiube drinnen,
wo das blanke Zinn auf den Gesimsm
gleißend und prächtig stand. Und all
mählich begann sie, ihre hellen, klugen
Augen umhergehen zu lassen, und ge
wahrte bald, daß der reiche Heran hq
immer mehr verlotterte und verkam.
Trauten lag das Lederzeug der Pferde
im Regen, und der Pflug ,tand rostzer
fressen mitten im Hof. Auf den War
schen blühte das Unkraut zwischen dem
Weizen, und der. dem dies alles gehörte,
fragte nicht' danach, betrank sich heute
hier und morgen dort und kam dann
beim mit gläsernen Auge, die all den
Beifall nicht sahen. In jener Zeit
begann Sonnje Lees Sorge um Sin
Vöitn, den Hof.
Erst hatte sie sich gefürchtet in dem
alten, düsteren Haus. Tann war lang
sam eine große, stumme Ruhe über sie
glommen. Und noch eins hatte die
Zeit in ihr gereift: eine ganz oben
teuerliche Hoffnung, an die sich ihr Leben
klammerte., Wenn ihm einmal etwas
zustieße, des Nachts beim Heimweg auf
einer der stillen, weiten holsteinischen
Straßen . . . wenn da die Zungen, stor
(en Pferde, die er immer fuhr, seiner
Hand Unsicherheit fühlten oder vor einer
jener gespenstischen Weiden drunten am
Wehr 'scheuten . . .! So wett kam
es, daß sie in einer stolzen und uner
tätlichen Grausamkeit nur noch dies eine
wünschte. : ,
In langen Monaten war daZ ihr ein,
ziger Gedanke. Er machte sie hart und
still, gab ihr die ruhige, kalte Klarheit
des Denkens, die sie später so nötig
hatte.
Und wie die Zeit ging., kam eine jener
sternhellen Oktobernachte. die still und
königlich in ihrem blauen Mantel stehen,
mit kurzer Stürmen, die kommen und ge
hen wie ein tiefes Atemholen der alten
Erde. Sonnje Lee saß drunten in
dem großen Wohnzimmer, allein wie
immer in dieser Zeit. Trobcn schlief
ihr Junge-, ihres und Willem Lees Kind.
Tcr Enkel jenes Lee, der in einer ein
zigen Nacht den falben Litauer Zucht'
Hengst von Einlösen, dazu drei, borgen
schnittreifen Weizen verspielt und Her
jubelt hatte., Und jetzt schon, da das
Kind kaum ein paar Monate alt war,
wachte , süner Mutter stumme Angst
über dem jungen Seelchen. das sich
vielleicht nie frei und kraftvoll entfalten
würde, nach dem alten, grausam wahre
Spruch, daß der Väter Sünden a den
Kindern vergolten werden.
Sie war noch einmal durchs Haus
gegangen an jenem Abend, wie sie es
damals schon immer tat. Nur. schritt sie
die breite, dunkle Eichentreppe hinauf,
langsam und schwer unter der Not ihrer
Jugend. Und dann plötzlich daS'Ge
fühl eines zweiten Atems neben dem
ihren in der Stille des alten Hauses.
Sie stand wie gebannt , und wandte
langsam den Kopf mit einer müheLollen
Bewegung, zu der sie all ihre Kraft
brauchte. . Das Licht, das , sie in der
Hand hielt, warf seinen Schein auf ihre
blassen Lippen, und in dem flackernden
Leuchten sah sie nun das rote, unange
nehme Trinkcrgesicht ihres Mannes vor
sich. Da schrie sie auf, und das Grauen
griff ihr ans He.z wie eine kalte Hand.
. Er starrte sie an mit verolasien
A'gen, und seine Finger tasteten sich
üb das Geländer zu ihrer Hand hin.
Wie schön sie war in ihrem 5r
setzen, in ihrem jungen, wilden Zorn
und Abscheu. ...
Und in diesem einen Moment wußte
sie: es muß ein Ende haben. So oder
so. Ich kann nicht mehr . . . kann nicht
mehr! Wenn ich ihn jetzt vor die
Brust stoße, ganz allein nur . . . die
peile Treppe tut, das übrige, . . . - -
Auf den Stufen lag in Scherben der
loncrne Lenclster, daneben das erloschene
Licht, dessen Docht .noch . ein. leichtes,
Wölkchen aufsteigen ließ.
Nie hat 'ein Mensch erfahren, wie e?
geschah, waö sich in dieser Nacht begab.
, Nur das ist sicher: Sonnje Lee
krauchte leinen Finger zir rühren; dies
eine hat ihr das Schicksal, erspart., .
Der schwere, große Man'n taumelte
xwL.iaz und siel. A,sun;es m er yjvr.-1
' kelheit schlug sein Körper dumpf auf
Da fanden sie ihn dann mit gebrochenem
Genick. -
So war So?, nie Lee 'eine freie Frau
geworden. - Nur' der' Wille zur ' Tat.
von dem keiner, wußie lag, irr all der
kommenden Zeit schwer aus ihr wie eine
drückende Schuld und Not. -
von Sinl'öven.
Margst Zsbert.
Willem Lee! Name wurde nicht ge
nannt in seinem Hius. Gleich in den
ersten Tagen nach seinem Tod hatte die
junge Frau mit den Gläubigern zu
schajfen. Wi Wölfe, die Beute wittern,
kamen sie auf den Hof, als dir Kunde
von Willem Lees Tod ins Land gegan.
qen war. ' Bis in die grauen, feuchten
Hirbstnächte hinein saß Sonnje Lee bei
den Büchern und Papieren drunten? das
Wasser stand ihr big am Hals diesen
nächsten Jahren, die noch das Letzte weg
rahmen, was von der kleinen, spieleri'
schen Sonnje Ellland geblieben war.
Da war kein Tag. an dem sie nicht
zu kämpfen hatte.
Und der schwerste don allen war wohl
der. an dem sie mit ihrem Jungen über
die Watten suhr. um ihn zu Thii Elf
land, ihrem Bruder, dem Schulmeister
von Oland. zu ringen. So hart war
dieser Weg, den sie da ging, daß sie
wohl kaum die Kraft gesunden hätte
weiterzuleben, wäre nicht Sinlöven. der
Hof. gewesen. Sie mußte frei sein zu
der Arbeit, die vor ihr lag; frei auch von
ihrer ewigen Angst um Willem Lees
Sohn. Der war nun auZgelösc. aus
ihrem Leben. Nichts von ihm wissen,
nichts von ihm hören wo"!e sie in den
nächsten Jahren. Denn wäre er, da
gewesen, so hätten ihre Augen immer
über ihm gemacht, zwei unerbittliche
Aufpasser, und stets hätte ein heißer
Zorn in ihr bereiigelegen, der hervorge
kommen wäre -i der ersten Gelegenheit,
wu sich in den. Kind des Vaters und deö
Großvaters Blut regen würde, Ja.
wenn sie selbst frei von Schuld gewesen
wäre, danir hätte Nr wohl den Mut ge
funden, bei aller Arbeit noch Jörn Lees
junges Leben zu überwachen. ... So
aber, nach den stummen Gedanken, die
in jener Herbstnacht zwischen ihr und
Willem Lee bin und her gegangen wa
ren, war es schon besser, in ihrem Leben
blieb nichts als harte Arbeit und der
Kumpf um Sinlöven.
Inzwischen wuchs Jörn Lee, ihr
Sehn, auf Oland drüben in This Elk
lands Haus zu einem großen, langen
Jun!)e heran. Uod er wurde da in .
den hellen, schmucken Schulmeisterstuben,
auf deren Weißen Dielen da! Sonnen
licht spielte, wem. es übers Masser her
einkam, ein ernsthaftes nd nachdent
liches kleines Menschlein mit einer fiil
len Liebe zu der grauen See und dem
fernen, fernen Horizont darüber und
mit viel heimlichem Grübeln, das kam
und ging wie Ebbe und Flut. i
E? war ein Kind, das früh, um vieles
wußte und früh zu fragen Ägann. Und
Ohm This saß an manchem lanqen
Abend am Kamin in der kleinen, behag
lichen Wohnstube mit den weißen Wän
den und mußte mrrcfcrlei Antwort ge
den, die er lieber s j.ch behalten hätte.
Neben ihm, auf der breit n Zank, kau
erte Jörn Lee. die Knie bis ans Kinn
heraufgezogen, die (leinen, festen Kin j
dcrhände ineinander verschlungen, wind j
verwehte Blondfträhne in der Stirn
und lauter flinke, forschende Fragen auf
den Lippen.
Da war also drübe, wo das braune
Land aus der See stieg, ein Hos, Sin
leben genannt. . . . Sinlöven. der Ort.
in dem irgendwie seines Wesens feinste
Wurzln verwachsen waren.
Als er größer wurde, lernte er ench
seiner Mutter ewige Angst verstehen.
Und alsbald begann sich in ihm ein fri
scher, kräftiger . Trotz zu rege gegen
alles, was Schicksal hieß.
.Was.' sagte er. .weil Vater und
Großvater nichts taugten, soll auch aus
mir nichts werden?! Darum muß meine
Mutter solche Sorge tragen? Bin ich
nicht ein schmucker, tüchtiger Jung, ich?
Das wär mir ei schöne Eerechtig
seit" .... So redete er und riß vor
lauter Eifer sein großes Halstuch ob und
schwenkte es wie eine rote Fahne.
Ich brenn dir nächstens durch." sagte
Jörn am andern Morgen zu Ohm
This. Ich will sein, wo ich hingehöre,
verftandeit?' Seit diesem Tag wachte
This Elkland über den Jungen. ,
Viele Jahre gingen hin. . . .
Es wurde still auf Sinlöven, nun. da
der harte Kampf der ersten Joch über
standen war. Reich und mächtig stand
der alte Hof nun wieder und reckte seine
hohen, spitzen Giebel dankt! in die flim
mernd frische Luft. : . . ,
Es kamen Tage, c 'denen Frau
Sonnje dachte: nun ist Jörn ein großer
Junge geworden ein langer Kerl mit
breiten Schultern und hellem Haar.
Uod sie schloß -die Augen in einer plötz'
lichen Wärme, die ihr ganzes Sein über,
flutete. Kleiner unge du . . . Mein
Junge! Wie ich dich liebhabe . . . Viel
mehr, als andere Mütter ihre Kinder
lieben, denn ich habe s, heiße Angst um
dich gelitten. . . . Aber dann kam km
mer wieder die Sorge. Lieber aar
nichts von ihm ssen. als das alte Leid
wieder von muem zu tragen haben, nur
schlimmer . . . schlimmer! Wieder Tag
und Nacht in Scham und lngfl leben
um einen, der keinen Willen hatte und
keine Kraft. Womöglich :it Augen nie
derschlagen müssen vor ihrem eigenen
Gesinde, das sie so streng und stramm
hielt, und toi dann seinen Spott haben
würde über Sonnje Lees Sohn.
.
Mehr als einmal schon hatte sie einen
Boten hinübcrschicken wollen, um Sin
lövens jungen Herrn endlich heimzu
holen. Und immer wieder hatte sie es
nicht vermocht. -
Denn wenn S auch gar diele Tage
gab. wo sie in einer freien und stolzen
Reinheit vor sich selbst stand, so kamen
doch cuich immer wieder andere, die ihre
feine Frauenseele mit Zweifeln quälten
und ihr die Gewißheit gaben, daß eine
Schuld zu sühnen sei in ihrem Leben.. ,
Wenn sie an den Sonntagen in die
Kirche ging, steif und feierlich in ihrem
schwarz? Kleid und Eoldglanz auf dem
hellen Haar, und wenn ihr die Leute
Ehrfurcht und Achtung erwiesen und
zur Seite traten, um htt Herrin von
Sinlizren den Weg freizugeben, dann
Jas jlawijche Kift, eine deuljcije Kejalr.
(stimmt Sclliina )
In Deutschlands Adern todt tfn
Vo.'ksfieoer, wie es selten eine große
Nation durchgemacht hat. Wir kennen
leinen (Muntvn Silas mehr, wie wir
keine ges,!noe Arbeit n ch? kennen. Wir
toäUcn uns unruhig zuckend hin und
her, schreien: .Wer ist der Schuldige?
Wer hzt mir die? UngkUck zugetragen?
Warum diese Lasten gerade mir?'
Zorn. Entmutigunz. vor allem die gren
zenlose Enttä"schung über den n! ge
dachten Ausgang des Krieges schütteln
noch immer Volk wie Gebildete hin und
her. Beide sind zudem von Mißtrauen
gegeneinander erfüllt; jedes behauptet
vom andern, et habe ihn irregeleitet und
betrog'w Wer will, daß diesem furcht
baren Zustande ein Enoe gemalt wird.
dr muß vor allem darauf achten, daß
der deutsche Volkskörper in den nächsten
Jahren die richtige geistige Diät be
kommt. Sonst wird sich daS Fieber
Nicht legen, werden die Kräfte Zur Et'
nesung nicht wiederkommen. Undi waS
.richtige Diät wert ist, das haben wir
dlle- während deS Krieges, erfahren.
Damals haben wir vieles zu uns ge
nommen. was unverdaulich und gesund
heiteschädlich war. und was' uns den
Blick so benebelte, daß wir den Maß
stab für die wirkliche Welt verloren.
Machen wir jetzt nicht den gleichen Feh'
to wieder! Die Revolution hat unZ
durchaus nicht die Gewähr gegeben, daß
sie uns' auf ollen Gebieten die. richtige
geistige Kost vorsetzt, die zur Genesung
Deutschland unerläßlich ist. Das Sich
auf-sich'selbst.Bcsinnen ist jetzt für jeden
Deutschen die Hauptsache. -Jiu Gegen
teil, da zn hat die Revolution reichlich
mit beigetrzqen. 'eine gefährliche Troge
bei .uns einzuführen, die uns geistig
vollends zu verderben droht, vas sla
wische Gift. Das gehört Mit zu dem
traurigen und ewig unaTändcrlichen
Kapitel des AuSlandseinflusses bei uns.
Und wiederum hat Berlin dabei den
traurlgm Ruhm, in dieser wie in Zeder
vergangene Zeitcxoche an der Spitze
zu stehen. In Berlin herrschte schon
lange vor Ausbruch des Krieges in ge
wissen Kreisen ein Kultus russischer
Kunst, russischer Literatur und rufst
schen Theaters, der weit über da? Maß
dessen hinausging, was unsre östlichen
Nachbarn gcrechtfertigterweise beanspru
cßen durften. Lanae. ehe der ehrliche
Deutsche begriff.. daß hinter dieser russi
schen 'Kulturpropaganda politische Ab
sichten stecken konnten, schwarmtm uns
phrasenreiche und zielbewußte Sttlen
von dem jungfräulichen Boden des Sla
mußte sie den Kopf senken in einer
schweren, dunklen Scham ...
Schließlich erwartete sie den Tag. der
Jörn zurückbringen . würde, wie ein
Schicksal.
' Alles würde sich dann entscheiden: ob
sie sich beugen wüßte ur.ter einer Schuld,
oder ob sie frei und rein vor sich selbst
btstchen konnte. . .
. .
' Es (am ein Spätsommertag. der blau
nd hell über dem schönen. Pillen Land
stand und fern i Westen und Osten in
silberqrünem Dämmern zerfloß. Die
Ebereschen vor Sinlövens Tor streckten
hundert tiunklc Arme in die flimmernde
Luft, .und alle Giebel waren ganz in
Sonnenlicht getaucht. Des AbendS ober,
als die Sonn ank. ging ein warmer
Regen nieder, der in schweren Tropien
fiel, die an den spitzen JirsRn der Da
ch,er herunterliefen und hurtig liber die
blanken Fensterscheiben des Herrenhauses
ranne.
Sonnie Lee ging am Wehr entlang,
iknn abendlichen Gang zu den Deichen
hin. Da traf sie Jörn Lee. Ganz
plötzlich stand er vor ihr. dort, wo der
Weg, der zu de Watten führte, zur
Seite bog. Seine Kleider waren naß
bis an die Hüften; die Flut hatte ihn
wohl überrascht draußen, war hinter
ih. hergelaufen wie ein gieriges Tier,
vm ihn zu verschlingen, ihn. Sonnje
Lees Sohn! Auf der Stirn stand ihm
noch die helle Röte vom schnellen Gang.
Frau Sonnje stand sekundenlang still
und fing sogleich wieder on, ihn. Weg
fortzusetzen. Im ersten Augenblick schen
hatte sie ihn erkannt. Ueber der breiien
Stirn trug er ikr eigenes rötlich Helles
Haar. Auch er wußte sofort, wer die
große blonde Frau war. So ruhig. und
sicher konnte wohl nur eine dahergehen:
Sinlööens Herrin und seim Mutter.
Und dann das Erschrecken in ihrem Ge
sicht, diese heiße, fließende Röte, ,ls er
so plötzlich vor ihr stand ...
Nur einS wußte er nicht: wie er e
anfangen, sollte, mit ihr zu reden! :
So ging er denn stumm neben ihr her.
Und dabei ließ er sie nicht loS mit feinen
Blicken und dachte heimlich bei sich, in
einer wilden Zärtlichkeit feiner stolzen
Krabenseele! Mutter . . . Mutter . . ..'
All seine Gedanken warben um sie.
Da wandte sie sich auf einmal und
sah ihn an; sah feine blühende Jugend
und die trotzige Frische in seinem Blick,
der sich nicht senkte vor dem ihren.
Sonnje Lee atmete tief einmal und
noch vmel. Irgend eiwaS. was lange in
Ketten gelegen, würbe frei in ihr; ein
tiefinneres Lachen und ein Glück, an daS
sie :e zu glauben gewagt hatte. War
nicht olles an dem Jungen von ihr!
Seine grauen Augen, seine Art, die hel
ken Brauen liber der Stirn zusammen
. zuziehen!. .Alles . . . alles! . Mußte da
nicht auch seine Seele von ihrer eigenen
tapferen und kräftigen Art, sein?
Warum kamst du?" fragte sie. .Ich
habe dich nicht rufen lassen" t. . '
.Da hätt ich lange warten können!"
sagte er. und feine jungen, blanken
Augen sahen ihr unentwegt ins Gesicht.
. Er" s'.g!e es .schnell.-und sie hörte die
klingende Kraft und Härte in dem Ton.
Aber auf de Grund der Werte lag
. ci . scheues . und . stille Heimverlangen
nach Sinlöven und nach ihr und auch
das hörte sir.
Da nahm sie feine braune, kräftige
Knabcrkand und hielt sie fest in der
ihren. ....... -..
Und sie gingen zufammeH SinlövenZ
breiten Sieb:ln entgeg'.
wentum. von der Kraft des russischen
Volkes, von seinen ZukunftsauSsichte
vor. DIcS Rußland, dal niemal eine
Gcgenwelt, sondern Immer ur ine
Zukunft hatte, sollte alS eine Art
Menschheitösanatorium ausposaunt der
den, in dem die angeworbene ttultur sich
gesund baden könne. Aus so etwas
fliegt der .Deutsch immer; Ist er doch
gewohnt, die Menschheit immer mit
fremden Brillen, nie mit eignen Augen
anzusehen. Wir schrieben also dickc
Bücher über Dostojewski, und Tolstoi,
führten letzlern auf den Bühnen auf, ver
himmelten Gorki und entrosteten uns,
wenn unsre Regierung gemeinsam mir
der zarischen Miene machte. Schergen
dienste" an russischen Studenten zu ver
sehen. Da in Berlins Literaturwelt die
Einwanderung aus Rul,ischPoIen und
Galizien immer eine große Rolle ge,
spielt hatte, waren diese Einflüsse er
klärlich. Sie wurden mit viel Gewandt
heit und stilistischer. Fertigkeit . von in
teressierten Elementen . umhergetragen.
In den kleinen Zirkeln de! Kurfürsten
dammS und im Cafe deS Westen! traf
man überall russische Uebersetzer, ruf
sische Mystiker, russische Tolstoi.Jünger
und Pazifisten. Sie bereiteten den Bo
den für das vor, waS kommen sollte.
ES tm der Krieg, es Lm die Reoo.
lution. Nun wuchs erst daS russische
Unkraut in die Halme. Bei dem linkeip
Flügel unsrer Sozialdemokraten war ja
überhaupt nach der erfolgreichen Räte
Revolution im Osten olles Russische ihre
Etaatskunst. Wie die preußischen Könige
im Zaren gleichsam die Rückversicherung
ihrer Monarchie gesehen hatten, so
machten es jetzt unsre Demokraten ge
nau so. Für sie war die Sowjetreputlik
die Rückversicherung ihrer eignen Revo
lution. Unaufhörlich bis heute habe,,
diese Leute das Geschrei nach schleuniger
Wiederherstellung der Beziehungen mit
der Moskauer Regierung nicht verstum
wen lassen. Moskau wur eben .ihr"
Freund ihr einziger Freund in Eu.
ropa. Im Zusammenhang damit st,e
gen nicht nur die Cchristett der russi
schen Dichter, sondirn auch die der rus
fischen Sozialisiert Herzens. Baku,
nins. ueucrdinzs Lenins im Werte.
Es fand besonders der insolge des un
glücklichen Kriegs in weiten Schichten
unsres Volkes verbreitete Pazifismus
Nahrung in den Wnken russischer
Schriftsteller. Man beachte, wie seit
aaxt Monaten die Aus'ührungen 2o!
stoischer Stücke : in Deutschland zuze
nommrn haben.' Die russischen Scd
linge. die die Hirnlcsigkeit unsrer so
genannten intellektuellen Kreise auenütz
tcn, fanden einen wohlvorbereitcten Bo
den. Es zeigte sich dabei, daß Teutsche
und Russen trotz aller sonstigen Lcr
schiedcnheiten leider ine Neigung ge
meinsam haben, . die für uferlose
Schwärmerei. Genau diZ Unprak'.isch
ste. was rn unserm Seclenkatalog ver
zeichnet steht, und just das Schlechteste,
was wir in unsrer Lage brauchen kön
ncn. Ich hoffe, daß aus dem, WaS oben
gesagt ist, niemand ein Werturteil iiet
russische Literatur oder Kunst heraus
liest. Wer will leugnen, daß Tolstoi in
großer Dichter ist? Daß Tostozewsky
Meisterwerke geschaffen hat? Daß Go
gols Tote Seelen eine Vollendung lite
rarischer Kleinkunst bedeuten, wie sie
nicht oft in der Weltliteratur da ist?
Die gewandten Uebersetzer und die in j
teressierten Ausleger haben uns gründe
lich darauf aufmerksam gemacht, und
der Teutsche hat d?s willig anerkannt,,
williger, als er bei stinen eignen Lands
leut'n zu tun pflegt; denn wenn bei uns
selbst ein Tolstoi auferstanden wäre, so
hätte vermutlich kein Hahn danach ge
kräht. Aber d4 wir aus diesen Wer
ken Weltanschauungen heraus destillie
ren, und daß diese uns von jenen Aus
legern ausgenötigt werden sollen, darin
liegt die verhängnisvolle Torheit der
deutschen Natur, und dagegen muß man
sich mit aller Macht wehren. Wäre ich
ttnltusminist'r in Deutschland, ich
würde die Ausführungen Tolstoischer
Stücke in de nächsten , Jahren völlig
verbieten oder nur in geschlossenem
Kreise gestatten. Die schwere Zeit, die
vor uns liegt, braucht als Erziehungs
Moment im höchsten Grade Klarheit.
Männlichkeit. Entschiedenheit. Alledem
wirken jene Stücke, wie überhaupt die
Mehrzahl der modernen russischen Li
ieraturwcrke. entgegen. Sie sind Eist
sür uns; sie bestärken uns in allen un
fern schwachen und schlechten Neigun
gen. ohne unS etwa! Wertvolle! zu ge
den. Ich hoffe. daS im folgenden zu
beweisen.
Zunächst ist darauf aufmerksam zu
machen, daß wir du Mehrzahl russisch,
slawischer Litersturwerke immer erst
wieder durch fremdvölkische Ausleger
und Uebersetzer. meistens orientalischen
Ursprungs, (cnnen lernt. Können wir
unö darauf verlassen, daß diese immer
getreue Verwalter deS geistigen Gutes
sind. daS sie bearbeiten? Die slawischen
Völker, unter denen sich sehr begabte be
finden, haben ohne Zweifel trotz ihrer
Jugend bereits bedeutende Werke ge
schassen. Wir lernen aber immer nur
die kennen, die ausgesprochene Anklage
dokumcnte sind. DieS gilt insbesonvere
von allen russischen Erzeugnissen in
Poesie und Prosa. Der radikale Geist, die
innewohnende revolutionäre Natur je
ner Ausleger und Vermittler hat in der
russischen Literatur, die. Zgst pusnahms
loS Ankliacliteratur ist. kin hochwill
kommene! Feld gefunden. - Ohne weite
reS beginnt nun im Kopfe deS nicht sehr
gewandten Lesers eine Uebertragung auf
deutsche Verhaltnisse, und damit beginnt
auch die geistig Verfälschung, die in
diesen Zeiten so äußerst gefährlich ist.
"Wir vergessen immcr wieder, daß Ruß
land schon in FriedenSeiten ein völlig
zerrüttete! Land war. während Deutsch
land ein hochkultiviertes, . innerlich . ge?
sundeS Land mit einem zufriedenen
Volke war. da! erst der Krieg so her
untergebracht hat. Die! immer und
immer wieder zu betonen, ist jetzt die
Pflicht aller derkr, die e! ernst init der
Wahrheit meinen. Die Verfälschungen
bei allen Darstellungen unsrer innern
und äußern Zustände mehren sich von
inimssiertez Cxite ,'nheirnlich. und un
ser arme!, Volk saßt sich zu leicht vn
dreisten Lügnern beschwatzen. Da Dlld
de! gesunde, blühenden TkUtschl.mS
von 1913 verschwindet allmählich unker
den Zerrbildern, die die demokrakischen
Ankläger au! Parteigrllnden entwerfen,
und wobei ihnen ihre russischen Gesolg!
leute alS. Meineidshelfer zur Seite sie
hen. Auch von einem allgemeinen Ge
sichtspunkte au! bietet da! kommunisti
fche Evangelium, da! jekt die russischen
Werbearbeiter durch die ganze Welt
schickt, nur verzerrte Linien und ein
Weltbild auf ganz unwahrer Grundlage
eine, Grundlage, wie sie wenigsten!
in Deutschland nirgend! zu finden ist.
Dabei sind ,e doch wieder die Sedan
ken deutscher Dichter, oie Gedanken von
Hegel. Marx und Engels, die in den
politischen Programmen der russischen
Schwan"?? stecken. Bon sich selbst au!
ist die slawische Welt noch nicht imstande
gewesen, einen politischen Denker von
Rang hervorzubringen. Da! hat auch
seine natürlichen Gründe. Dem Sla
wentum als solchen wohnt etwa! Un
.historische! inne. da! e! bis jetzt ver
hindert hat. dauernde staatliche Schö
pfungen obne fremde Beihilfe hervorzn
bringen. Der Koloß de! früheren russi
schen Reiches ist kein Gegenbeweis,
denn es ist allbekannt, welch hervorra
genden Anteil deutsche Fürsten. d.',.tsche
Beamten und deutsche Soldaten an sei
ner Erschaffung hatten. Wie die erste
Staatengründung in Rußland von ger
manischen Normannen ausging, so ha
bin deutsche Soldaten und deutsche
Bauern den Staat bis zu seiner Aus
löfung in der Revolution getragen. Der
Staat Polen erlebte seine Glanzzeit in,
folge und nach der Vereinigung mit der
nordischen und männlicher gearteten
Nasse der Litauer und verfiel, sobald er
auf sich selbst angewiesen war. DaS
Slawentum hat im Laufe feiner Ge
schichte bisher weit eher ine staatenzcr
störende als eine siaatenschaffende Kraft
bewiesen. Es hat auf seinem Loden
eine Unmenge Völker und Völkchen ein
gestampst. die ihm zum Teil kulturell
weit überlegen wann, die nur seiner
Masse nicht widerstehen konnten. Auch
die Geschichte der Bolkanslawen beweist
deutlich, daß religiöse Cchwörmcrci
endloser innerer Unfriede und Fügsam,
keit vor jedem überlegenen Despoten
charakteristische Lebensäußerungen des
Slawentums sind. Der Teutsche, des
scn politische Fähigkeiten schon an sich
gering sind, braucht wahrlich den slawi
schen Geist nicht, um sich zu politischer
Reise und Entschlußkraft durchzuringen.
Er ist im wahren Sinne des Wortes
Gift für ihn.
Die Geschichte aller unsrer Revolutio
nen hat das übrigens bewiesen. Wie ei
Gespenst aus der Vergangenheit taucht
in der Revolution von 1848 die slawi
sche Zerstörungswut und Phantasterei
aus in den Gestalten Lakunins. Miero
slawsiis und andrer, genau so wie heute
zehntaufende harmloser deutscher Jdea
listen in ihr Verderben ziehend. Und
auch hier wieder sieht man. , daß die
Völker aus. ihrer Geschichte nie twaS
lernen. Mehr wie jemals früh rfor
dern die Tage, die wir durchleben, die
Pflicht. unS -auf unS selbst zu besinnen,
auf unsre eigne Kultur, unsre, rühm
volle Vergangenheit. Nur in der Erin
nerung und in der Anlehnung an sie
können, wir hoffen, eine Zukunft zu ha
den. Jeder slawische, besonder! russi
sch? Einfluß wirkt wie ein lähmendes
Gift auf unser gesunde! Blut. Die
Warnung ist bei der ungeheuern Zahl
geistiger Snobs und Revolutionsdilet
tantcn. die wir haben, nicht überflüssig.
Bereits dringt das Gist aus allen
Schleichwegen zu uns herein. . Hätten
wir uns der russischen Hetzer und lom
munistischcn Sendboten erwehren kön
nen. Tausende von Teutschen, die bei
den Straßenkämpsen in Berlin, Mün,
chen. Hamburg und Bremen geauen
sind. Hütten ihr Leben behalten. Unsre
braven Unabhängioen wor'N freilich die
ersten, die. wenn sie zur Regierung kä
wen. dem russischen Einfluß Tür und
Tor offnen würden. Der wühlt unter
irdisch seit Jahren in Deutschlund. hat
jeden Frieden, jede innere Aussöhnung
bei unS unmöglich gemacht, die Gehirne
unsrer armen Arbeiter verwirrt und sie
den größten Torheiten zugänglich ge
macht. E5" in" die höchste, die allerhöchste
Zeit, daß wenigstens die Gebildeten In
Deutschland sich auf ihre Pflicht vesin
nen. gegen das slawische Gist ein un
durchdringliche' Einfuhrsperre zu errich
te. - - '
Cwe Rahn-ZZnekdsts.
In seiner Schlacht bei Dornach
1409" schreibt Eugen Tatarinoss: Gut
beglaubigt ist die Tatsache, daß der Zllr
chcr Heinrich Rahn im Zmeitampf mit
dem Straßburger Fahnenträger, dem
reckenhaften Ritter Hans von Kageneck,
ine Stadtsahne von Straßburg er
vierte: und da in Solothurner ihm die
Ehre, diese Deute gemacht zu haben, be
stritt, kam S zwischen beiden beinah
zu Tätlichkeiten; schließlich mußte der
Solothurner darauf verzichten, so daß
daS Beutestück nach Zürich kam. wo t!
noch jetzt im LandeSmufcum aufbewahrt
wird. Jedenfalls war da ein der Hel
dentalen, die der zeitgenössisch Schlach
tcnmaler sich nicht hat entgehen lassen
wellen." '
"Da anläßlich der Neuordnung der
Basier Gemäldegalerie da! Original de!
zeitgenössische Schlachtendilde! in einer
Vitrine ausgestellt wurde, kam mir eine
Anerbot! wieder in Erinnerung. E!
war im Jahre 1308, als ich auf einer
Äcndelstcinsahrt den bayerischen tyfw
liler. G.h.imrat Prof. Dr. S. v. Riez
ler, kennen lernte. Während unserer ge
mcinsamen Wanderung von Neureut
nach der Grindclalm sprach der bayerische
Gelehrte von der Dornacherschlacht. di,
er in seiner .Geschichte de fürstlichen
H. US Fürstenberg und seiner Ahnen'
ei..:ß!!ch. besonderf soweit eö sich um
die von Willibald Pirkdeimcr in seinem
Söweizerkriez scharf kritisierte Person
lichkeit Heinrichz von Fürstenkerg hau,
delt, dargestellt hat. Die ErwöhMg
Jeutjclje Kolonien
..... und englische Moral.
1 ' " 1 ' , ;
von Dr. Wilhelm UegettdattZ.
Lloyd George hat-l seiner Unter
hauirede über den Frieden die Wegnahme
der deutschen Kolonien damit zu recht
fertigen versucht, daß Deutschland in
verschiedenen Teilen Eingeborene grau
sam behandelt habe, daß e! ferner Süd
wcst'Afrika dazu benutzt habe, um von
dort au! zu Ausständen anzustacheln und
Unruhen in anderen Gbleten hervorzu
rufen, und daß e! endlich sein Kolonien
als Bast! benutzt habe, um den Handel
der übrigen Länder zu bedrohen, fern
zuhalten und auszuschalten.
. Lloyd George hat dann in seiner
Rede jeden aufgefordert, diejenige Stelle
de! Fricdensvertroge! aufzuzeigen, wo
nach feiner Ansicht di Bestimmungen
nicht mit den höchste Forderunpen von
Recht und Ehrlichkeit im Einklang ste
hen". .
. . Dieser Aufforderung leiste ich Folge,
und ich beginne damit, daß ich gestehe:
ich weiß nicht, ob Lloyd George selbst
geglaubt hat. wa! er sagte. Ich weiß
aber jedenfalls, daß bi! zum Kriegsauk,
bruch der jetzige englische Kolonialmini
stcr. Lord Wilner. nicht eglaubt hat,
waS Lloyd George heute gesagt hat.
Auch Lloyd George wird nicht behaupten,
daß die von ihm vorgebrachten Klägers
gegen die deutsche Kolonialvcrwaltuna
au den Jahren 1914 bi 1319 stammen;
vorher wären sein jetziger Kolonialbera
tcr. Lord Milner. und da Forcign Of
sie in London aber offenbar der An
ficht, daß Deutschland sehr wohl geeiq
net sei. Kolonien zu verwalten und zu
entwickeln. Daß einzelne Mißgriffe in
jeder kolonialen Betätigung. auch recht'
oft in der englischen, vorgekommen sind
und vorkommen werden, bestreikt nie
mand. Aber mit der gleichen Begrün
düng, mit der Lloyd George heute die
Wegnahme der deutschen Kolonien als
eine moralische Tat hinzustellen versucht,
mit derselben Begründung könnte er
morgen die mustergültig verwalteten hol
Kindischen Kolonien wegnehmen, weil,
wie Multatuli in Maz Havclaar" dar.
gelegt habe, die holländische Kolonial
Verwaltung in der Behandlung der Ein
geborenen sich auch Fehler hat zu Schul
den kommen 'assen.
EL sei gestattet, an Lloyd George und
an Lord Milner hier einige Gegenfragen
zu richten und sie zu fragen, wie sie die
Wahrhaftigkeit und die Ehrlichkeit ihrer
jetzigen, Erklärung mit ihrem eigenen
Verhalte und dem der englischen Regie
runa bis zum Sommer des Jahres 1914
in Einklang bringen wollen. Wenn hier
bei einige .für England peinliche Fragen
gestellt und Tatsachen offenbart werden
müssen, die bisher nur wenigen bekannt
waren, so mögen sowohl Lord Milner
al! Lloyd Gecrge überzeugt sein, daß
die? .nach fünfiähriaem Schweigen nur
deshalb geschieht, weil ich erkannt hab,
daß .nicht .nur für KrieaZzmecl die eng
lischen StaatSmännrr ihre Verleumd
gen ügen Teutschland aI8, nach Bern
ord' Shaw erlaubtes. Mittel der Krieg
führung betrachten.' sondern ihr System
der politischen Unehrlichkeit auch für die
kommenden Zeiten fortsetzen wollen. In.
dieser politischen . Unwahrhaftiqkeit sehe
ich aber die Verhinderung jeden wirk,
lich?n Völkerbundes, jeder wirklichen Ge
sunduna der Weltpolitik.
Die Fragen lauten:
Angeblich sind in verschiedenen Teilen
der deutschen Kownien die Eingeborenen
grausam behandelt worden. Ist eS Lord
Milner uns Lloyd George und der eng
lischen Regierung unbekannt geblieben,
daß seit etwa 30 Jahren die Kolonie, die
sich südlich an Deutsch Ostafrika an
schließt, nämlich der nördliche Teil von
Portugiesisch.Ostafrika, Nvassaland, der
de tacto absoluten Gewalt einer dem
Namen nach portugiesischen, ie facto
aber englischen Gesellschaft untersteht,
nämlich der (ompsnk! to Nyassa"
zu Lissabon, die aber durch die englisch
,.Nyssa Consolidated", London,, be
herrscht wurde und wird? Ist eS den
engliscken Staatsmännern und der eng
lischen Regierung trotz der Berichte von
nglischer Skit unbekannt geblieben, daß
in diesen 30 Jahren nichts für die Ent
Wickelung de! Gebiete! getan ist, und daß
sich die kolonisatorisch Tätigkeit Eg'
landz auf SteuereintreibungkZi. die mit
den größten Grausamkeiten gegen die
Eingeborenen verbunden waren, und auf
Ärbeitrrantverbungk für EnglischSüd
afrika. di man in der Art. wie sie be
trieben wurden, nur als Sklavenhandel
bezeichnen kann, beschrankt hat? Ist e!
der englischen Regierung unbekannt, daß
daS Wenige, was für die wirtschaftliche
Entwickelung diese! Lande! geschah, auch
nach nglischen Konfularberichten nur
von deutscher Seite geschehen ist? Ist
e! endlich der englischen Reaierungun
bekannt, daß nach dem englischdeutschen
Kolonialabkommen von 1314 diese Ge
biet (ünftig in die Interessensphäre
Deutschland! . fallen sollte? Und daß
England sich verpflichte .wollte, die
deutsche Kolonisation Portugiesisch'Ny
ssaland! zu unterstützen? Ist e! end
lich nicht richtig, daß im Mai 1S14 mit
dieser Schlacht veranlaßte nun Niezler.
mir in strlebniö mitzuteilen, dessen r
in feine.? Stellung al! Archivar der Für
ften.vsn Fürstenberg in Donaueschingen
jwenn ich nicht irr, bekleidete er diese!
Amt alö Nachfolger I. N. SchesstlS)
teilhaftig wurd. Eine! TageS. wäh
rend ein Herr von Kagencck au! dem El
faß bei ihm auf Besuch weilte, erschien
auch Riezler! Schweizer Freund, Pro
fessor Dr. I. R. Rahn. der Zürcher Ar
ckaologe und Kunstbistoriker. in Donau
efchingcn. AI! der Fürpenbergische Ar
chioar die Hern einander vorstellte
Herr Prof. Rahn au Zürich. Herr von
Kageneck herrschte zwischen de bei
den offenbar in ihrer Familiengeschichte
bewandertcn Herren in momentane!
Schiocigen, da! dann von Rahn unker
bicch?! wurde mit dem Aukruf: Ah,
mem Ahn hat ja den Jhnz bei Dn
ech schlag.
will oc uuicih iini""
die absolute Majorität der Share, der
Xvnfwa Coiwolidated" erworben hat?
Im Mai 1914 wurde Teutschland essen
' bar in England sur eine Macht angese
hen, die al! Kolonisator für Englaniz
biindniöfählg sei!
Die zweite Frage betrifft Sudwest
Afrika. ' .
Anacblick, bat Teutschland seine Ko
rr"! n w.a r ...... au . . , . . i rninn ,
lonien auch dazu benutzt, um Unruhen irr
anderen Gebieten hcroorzurusen je
dcnfallS behauptet LIo:jd George dicö.
Unter ayderen Gebieten ist offenbar daZ
an TelltsckSUdwcs!asrika nördlich an
grenzende PortugiestschAngola verstan.
den. das, ebenso wie Nyassaland, vo
Portugal kolonisatorisch nicht im ge
ringsten entwickelt worden ist. Aller
ding entstanden vielfach Unruhen im
Norden Teutfch-Südwestafrilas wie im
Süden von Angola. Aber gewiß nicht
aus Veranlassung der deutschen Ncgie
rune; vielmehr handelte es stck,, wie jeder
englische Kolonialpolitiker weiß, um Un
-ruhen in Gebieten, bis zu denen eine
ocuiiaze criraiiung nonj m-)i uumc
diuna.cn war. Wie rechtfertigten Lloyd
G.'orge, Lord Milner und diaoanze eng
lische Regierung eS aber, daß in dem
dcutsch-englifchcn Kolonialabkommen von
1914 vorgesehen war. daß der größte
Teil von Angola künftig deutsches In
tercsscngebict fein solle, und daß bei. Un
ruhen in Angola die deutsche Stcgicruna.
unterstützt von der englischen Politik. daS
Recht zum Einschreiten haben sollte? Im
Jahre 1914 glaubte also di malische
Regierung, daß Unruhen in Angola am
besten durch die deutsche Regierung be
scitigt würden, im Jahre 1919 sind diese
Unruhen in Angola die Begründung da
für. um Deutschland seine Kolonie Süd
westAfrika zu nehmen. Lebte Lloyd
Georges heutiger Kolonialministcr. Lord
Milner. nicht schon 1014? Ja. er lebte!
Er lebte und hatte damals nicht die
Ansicht, die Lloyd George als dritte
Grund für die Wegnahme der deutschen
Kolonien angibt, nämlich, daß sie als
Basis zur Bcörohung. Fernhaltung und
Ausschaltung des Handels anderer Län
der dienten. Jeder, der mit den ftatisti
schen Ziffcrn des Handels der deutsche
und anderer Kolonien auch nur ober
flächlich vertraut ist, weiß, wie unrichtig
schon nach diesen statistischen Ziffern sich
die Behauptung Lloyd Georges darstellt.
Wer aber Lord Milner kennt, oder ge
nauer die Verhandlungen kennt, die mit
ihm im Sommer des Jahres 1914 noch '
geführt wurden, weiß auch, wie unwahr
, diese Behauptung ist. Im Jni 1911
wurde deutscherseits mit Lord Milner,
der damals Aufsichtsrat einer englische
Ban! war, lange und eingebend über
Errichtung einer dcutsch-cnqlischen Dank
in Marokko verhandelt. Diese Verhavd
lunq'u waren im Juni 1914 bis zu g
druckten Vertragsentwürfen gediehen. '
Die Notwendigkeit und die Grundlage
sür diese deutfch-englische Zufammenge
hen in Marokko ist bei den Verhandlun
gen mit Lord Milner eingehend mündlich
und schriftlich erörtert Korden und war
die folgende:
Frankreich besitzt ein im Verhältnis zu
seiner kolonisatorischen Leistungsfähigkeit
viel zu großes KoloniaNbiet. E! hält
in seinen Kolonien durch Vorzugszölle
und Zollfchikanen jeden fremden Handel
bis heute fern. Es versuchte, auch Ma
rokko entgegen den Abmachungen mit
England und Deutschland über di
offene Tür' zu seinem aussch!ießli ,
in' ifi. Ci..r i mm
WiriiaiaiiLgeoiei zu mauzen,
versucht, nach Begründung de? sranz?z
schen Protektorats in Marokko den ij
dahin gänzlich fehleren französisch
Export und Jmporthandel dadurch ei.
zuführen und konkurrenzfähig zu mache.
daß es gegen die Abmachungen zw'
keine Schutzzölle einführte, aber du,
fiViminiOmHl! 'ünBfsfiifsln'tt k! ns
chen und deutschen Handelöhauser, '
o gut wie ausschließlich den marokkai, .
chen Handel beherrschten, lahmlegte, d,'.
ferner die französische Regierung dutv,
di in Marokko ansässigen französisch,..,
Banken di künstliche Einführung sre
zösischen Handels zu begünstigen v?.
suchte. Zum Schutze des dcu!scheng
sehen Handels wollt Lord Milner o ."
deutfck Anregung hin als GegcngewL'
in' tlff,-nrtl!f(i Wrtn? tttn?irtfn ' :,
.Mit ( wf-wiy.i tviii m ( .
mit den Deutschen schassen. Einzelhei.
ten hierüber wird Lloyd Georg bei.
Lord Milner selbst erfahren können, dz
im Juli 1914. nachdem die Verträge t
endgültiger Fassung gedruckt vorlagej.
plötzlich erklärte, daß seine Verwaltung.,'
ratskollcgen trichtigcr Wohl das Forei!'z
Ossi, das den Krieg voraussah) nü.
zugestimmt lptten. i
Lloyd George und sein Koloniolmi'
per, Lord Milner, aber erklären bru
das der Grund der Wegnahm der d' j
schen Kolonien, die keine franzosischc
(olonialen Schutzzoll und Vcrwaltuna."
schikanen kannten, zugunsten Englands
und Frankreich der sei. daß di dein; '
fche Kolonien dazu gedient hätten, de'. '
Handel der übrigen Länder zu bedrohe!-.
fernzuhalten und auszuschalten.
o.t'' i . . t..: . r i . . . , '
cyon univayrizaiiigrelk zum poiin, ,
scken Handwerk, oder sollten nicht ine. ,
TaqeS auch englisch, Politiker noch er
kennen müssen, daß Unwabrhaftigkeit f
da! Verhältnis der Völker zueinand
i der Volitik. kbensowenia die lflfifi
bilden (ann und ebenso wenig Berechtif
gung hat. wie für Beziehungen zwischer
einzelnen Personen, im Menschlichen? I
Lloyd George hat öffentlich aufgefor .
dert. Stellen des Friedensvcrtrages nl.f '
Zudecken, die nicht mit den höchsten
derungkn von Recht und Ehrlichkeit i'
Einklang stehen. Dieser Ausforderui
ist hier öffentlich Folge geleistet. Zhsthy
&(no,t wird aufgefordert, die RIchtigkci
der hier angegebenen Tatfachen zu bk
streiten und wenn r sie nicht bestre!
$ 1nnn sHiiirt& h6 9itn7?in in Kl
Kolonialfraqe d'e Bestimmungen de'
TsnedenZvertrogeS mit den perinsiie?'. .
Forderungm von Reckt und Ebrlichke-ij
in vollkommenen Widerspruch siehe.