Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, June 28, 1919, Image 7

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    Aus
Von TH. 7H. von ißellentbin.
Die Pariser Friedenskonferenz als Weltgericht. Deutschland mit
der gesamten Schuld am' Kriege belastet. Die Tecknotk mit der
Autwort auf die deutschen Gegenvorschläge und der Feststellung der
an den erste BcrtragScntwnrf vorgenommenen Aenderungen.
Die Zugeständnisse und die Ablehnungen. TaS Necht des Cchwcr
tes und die Gerechtigkeit der Vergeltung.
'I)
cy A
Fricdenö,Ultimatum" der
Alliierten und Assoziierten
Mächte, welches der deutschen
Abordnung am 16. Juni in
Versailles übergeben worden ist, setzt sich
au drei Teilen zusammen:
1. Der ursprüngliche Vertragsent
Wurf vom 7. Mai, welcher ungcandert
geblieben ist. .
2. Eine Decknote, welche sich im
ellgemeinen über die Frage der Kriegs
Verschuldung und Über den Zweck und
das Wesen bei Friedcnsöertragcs aus
läßt.
3. Ein Zusah, welcher die deutschen
Äegenvorlchlägt bespricht und die Acn
dungen aufzählt, welche, jenen Bor
schlagen entsprechend, an dem Tezt bei
ursprünglichen Entwurfs vorgenommen
sind.
Wenn auch die vorliegende Verösstnl
lichung des Tezte! des betreffenden Do
kuments immer noch unvollständig und
an verschiedenen, und gerade wichtigen
Stellen unklar gehalten ist, so genügt sie
doch, um die einzelnen, nunmehr end
gültig festgestellten Forderungen kennen
zu kittn und den (Seist, welcher daS
Dokument diktiert hat, verstehen zu lo'n
reu.
Eine Besprechung ' des gesamten
Schriftstückes als einer Willensäuberung
deS Siegers wird Wesen und Inhalt des
Ultimatums' getrennt bornehmen müs
fen. Dementsprechend ergeben sich für
, die etwaigen Möglichkeitc'n der Unter
Zeichnung, welche das Schriftstück 13
Einheit darbietet, zwei getrennte Stich
langen.
" Der Vertragsentwurf dokumentiert
einmal die Geneigtheit, durch Gemüt)
rung gewisser Konzessionen der anderen
Partei die , Möglichkeit zur Unterzeich
nung zu bieten, und verfolgt auf der
anderen Seite die Tendenz, diese Mög
lichkeit von einem völlig starren Stand
Punkt aus wieder zu verstopfen. Welche
Absicht, ob die, die genannte Möglichkeit
darzubieten, oder die, sie auezuschließen,
bei dem Diktat des Ultimatums was;
gebend gewesen ist, läßt sich noch nicht
klar erkennen.
- Der starre Standpunkt, von welchem
aug dem Vertragsvorschlag der Stempel
seine? - inneren Wesensart aufgedrückt
worden ist, besieht darin, daß Deutsch
land mit der völligen und ausschliesz
lieben Schuld am Kriege belastet wird.
Ml der Feststellung der Schuldfrage
.sin die Funktionen der Weltgeschichte,
welche als Weltgericht anerkannt ist,
.usurpiert worden. Die Decknote, welche,
wie es bisher heißt, einen integrierenden
Teil deS Gefamtoertrages bilden soll,
stellt das Bemühen dar, die moralische
Berechtigung der Forderungen vor der
Welt und der Geschichte als von den
Prinzipien des Rechts und der Gcrech
tigkeit geboten,,,, nachzuweisen. Dafür
werden die Lebenden und die Toten als
' Zeugen ausgerufen. In der Darstellung
deS Ultimatums erscheint der Frieden
als eine Maßregel strafender Vergeltung
I und als die Auflegung einer Schuldbuße.
lultx Geist, welcher die Schuldfrage be
Uaht und die Strafe diktiert, ist ganz,
rfM von der alttestamentarischen An
chauung -der Verantwortlichkeit bis ins
, dritte und vierte Glied und der starren
Nechtsccuffassung: Lt justitia, pereat
I jnundus! Falls diese Decknote wirklich
inen integrierenden Teil des Vertraget
I bildet, so muß sie auch in die Unterzeich
j nttnn iS srnUnurfä tnrtiffTnfFn stn
.....vg V. IIVI.. .gjv V. i....
moet die Weltgeschichte hat bisher noc
- - keinen derartigen Fall verzeichnet, da
sich n Volk unterschnstlich zu der Be
Setzung so schwerer Verbrechen bekennt
? sie in der Decknote dem deutschen
"toll zur Last gelegt werden. Von den
Radiatoren ist wohl der Gruß für den
staesar geheischt, der sie dem Tode ge
. iwiht, aber kein Strafgesedbuch fordert
' i i m rn f r w - r.
evn uucy ocm awuui astiozmi, oag
et die ihm auferlegte Strafe ausdrücklich
unS nTtisffsfirtfiftA aTä nertrhl ft
UHIV V JJf t 1 " Vt(ti, Jjl,lU4V W"
Vfjeirtigt.
h Ei ist indessen immer noch nicht ganz
tat, ob dem deutschen Volke als Be
Zngung des Friedens wirklich ein sol
?8 Schuldbekenntnis mit der Unter
Vchnung des Vertrage! abgefordert ist.
An iit Vegrilndung des Urteils sei
,! der Pariser Konferenz, welche sich
i Weltgericht konstituiert hat. gibt es
nt Reihe von Punkten, deren Beweis
I ist bereits start in Zweisel gezogen ist.
iro die Angabe, daß Deutschland allein
ltm Kriege gerüstet gewesen ist; die Ge
lhichts vzird einmal feststellen, daß die
"(k den Krieg bestimmten Budgets an
txtt Staaten viel höher gewesen sind,
tyi das deutsche, und es liegen amtliche
Beweisstücke auch von der anderen Seite
jafile bor, daß die Kriegszurüstunz vor
zgüch und vorsätzlich betrieben worden
t . Auch die Angllbe, daß die gesamte
lt da Necht und die Gerechtigkeit
,a ijuewni, wie er in vem
tlifjeudea Dokument festgestellt wor
ttn :jr, anerkenne, eniipricyt ven zau
; m insofern nicht, als auch selbst auS
m cSiltrten und assoziierten Lager be
j.tl eine pnt Reihe von Protesten ge
die Auffassung bajj der Friedens
iiDiirf suszueuq von eazt uns e
ch:w?kit diktiert worden sei, lautbar ge
tttn. Xlt schichte wird des toei
$A einmal feststellen, daß sich in de
4 immungkn dieses FriedenSinstru
die ErSebuna der Anklage, die
eüs'ßrechung und der Ctrafvollznz
eiser ,yar,o jut!n vacen.
rie dens-Alttmat um.
Vielleicht aber ist die mit dem Doku
ment beabsichtigte Wahrung des Stand
Punkts des Rechts und der Gerechtigkeit,
vielleicht sind die schweren Anklagen,
welche gegen daS deutsche Volk erhoben
worden sind, in erster inie sür die Ein
Wirkung auf die eigenen Völker berechnet,
welche nach den schweren Opfern, die sie
gebracht, nach dem Siege, welchen sie er
fochten, und nach den zum teil uferlosen
Versprechungen, die ihnen gemacht wor
den sind, Erwartungen an den Frie
densschluß geknüpst haben, welche auch
die weitgehenden Forderungen des Ver
tiagsentmurfs nicht erfüllen. Wenn
diese Forderungen von den Prinzipien
des Rechts und von der Erwägung der
Gerechtigkeit bestimmt worden sind, so
sollen die gleichen Erwägungen, das soll
den Völkern klar gemacht werden, auch
die Konzessionen, welche dem Stand
Punkt des Gegners gemacht worden sind,
rechtfertigen. Indem Deutschland die
ganze Kriegsverschuldung auferlegt wird,
sollen vielleicht die Völker von dem Ge
danken, daß auch die, welche sie in den
Krieg hineingeführt haben, einen Teil
der Schuld tragen, und von der etwaigen
Regung, diese zur Verantwortung zu
ziehen, ferngehalten werden.
Die Verantwortung für diesen Krieg
wird endgültig nicht von Paragraphen
eines Vertrages und nicht solange noch
die Leidenschaften grassieren und eigenen
Interessen sprechen, festgelegt werden.
DaS wird einmal das ganz obseltive,
von den Parteien Haß und Gunst unbe
einflußt Verdikt der Weltgeschichte be
sorgen. Die Erkenntnis solcher Schuld
und das Verständnis für die Triebfedern
dieses großen Bölkerringens werden sich
erst ermöglichen, nachdem allen geheimen
Wegen, auf welchen die Vorbereitung zu
der Katastrophe gewandelt, nachgespürt
und das Knäuel auch der verworrensten
Fäden zu dem Gespinnst einander wider
streitender Interessen und sich aneinan
der reibender Ansprüche entwirrt wor
den ist.
Die Entwicklung der Weltgeschichte
wird -sich nicht bestimmen lassen durch
die Paragraphen eines Vertrages, noch
die Ausgestaltung der Menschheitsidee
von der Augenblickseinwirkung einer
Anklageerhebung. Urteilssprechung und
Strafbestimmung, wie sie in dem vor
liegenden Entwurf für einen Frieden
enthalten ist. Der für die Feststellung
der Kriegsverschuldung von der Pariser
Konferenz angelegte Maßstab mag ein
mal von der Geschichte mit der obiekii
den Feststellung der Tatsache korrigiert
werden. Die Geltung weltumfassender
Ideen, wie sie dem Krieg als Ziel gesetzt
worden war. ist erstickt in den Paragra
phen eines Vertrages, welche ganz auf
den Augenblickserfolg und die Bifricdi
gung von Augenblicksansprüchen einge
stellt sind. Die nächste Phase der Welt
gcschichte wird erst, ganz gleichgültig, wie
die Erfolge sich in der Wirklichkeit darstel
len werden, ganz abhängig auch von der
wichtigsten der Augenblicksfragen, näm
lich, ob Deutschland den Vertrag unter
schreibt oder verwirft, nach einer weite
ren Abrechnung zwischen Kontinenten
und erst nach dementsprechend langen
Zeitläuften anheben. Sie wird von
ganz neuen Ansprüchen bestimmt und
von einem ganz neuen Geiste erfüllt
fein.
Die Feststellung der Schuld am Krieg
stellt n sich eine Nebensächlichkeit dar.
Der Knecht-Rupprccht-Standpunkt, daß
die guten Kinder belohnt und die bösen
bestraft werden müssen, wird keine prak
tische Anwendung sinden können aus da!
große Getriebe der internationalen Po
litik, und für die Ausgestaltung der Be
Ziehungen zwischen den Völkern. Denn
wag ist da gut. und waS böse, solange
noch Vertragsparagraphen von Jntcres
senerwägungen zur Herbeiführung von
Augenblickserfolgen und zur Befried!
gung fco Augcnblicksansprüchcn diktiert
werden.
An dieser Stelle ist während des Ver
laufs des Krieges die Auffassung ver
treten worden, daß es nicht auf die
Feststellung der Kriegsschuld, sondern
aus die Erringung des Sieges ankäme.
Nachdem der Sieg errungen, kommt es
darauf an, der Zukunft die Entmick
lungsmöglichkeiten festzustellen. In der
Decmote zum Pariser Ultimatum wird
der Auffassung, daß der Krieg in Rin
gen um Macht und Gebiet gewesen sei,
zurückgewiesen. Er ist während der
ganzen Dauer seiner ersten Phase, bevor
ihm noch mit der Losung von Recht und
Gerechtigkeit neue Ziele geseht worden,
tatsächlich ei solches Ringen gewesen.
Aus der Pariser Konferenz haben die
Ansprüche auf Macht und Gebiet und die
Forderung der Geltung von Recht und
Gerecl)tigkeit mit einander gerungen. Die
Tendenz, um deren Durchsetzung der
Krieg ausaebrochen war, hat vom
Konferenztisch nicht ferngehalten. Wer
den können. 'Diese Tendenz und die
des Rechts und der Gerechtigkeit auö.
zugleichen, war der Pariser Konferenz
alö Aufgabe gestellt Korden. S war
unerfüllbar und ist nickt erfüllt worden.
Ueber diese Tatsache können, trotz hei,
ßen Bemühen, dal erklärlich, und bei
oller Geschicklichkeit, welche nicht ohne
Wirkung bleiben wird, die Ausführun
gen der Pariser Decknote, daß der Frie
densvertraz ausschließlich von den Er
wägungen deS Rechts und der Gerechtig
kcit diktiert sei, nicht hinHegtauschen.
Aber die als Schibol,td auZaeaebene
Losung 91 ikecht sin) Nichtigkeit wird,
auch, wenn si heul noch nicht einem
Frieden die Tiir zu seiner Dauer und
den Wcltverhältnissen noch nicht den
Weg zur Stabilisierung geöffnet hat,
doch lebendig bleiben. Dem Kriege sind
die Ziel in ganz verschiedenen Richtun
gen und von zwei grundverschiedenen
Faktoren gesteckt gewesen, von den An
fxrüchen der alten und den Fordeinis
sen einer neuen Zeit. Beide Faktoren
haben sich bei der Feststellung des Frie
denS durchgesetzt, denn die Konzessionen,
welche gemacht sind, sind von dem Be
mühen, eine Möglichkeit fllr den Gegner,
den Frieden zu unterzeichnen, der Ten
denz der Machterweiterung und der Ge
bietserwerbung an pdrsss abgerun
gen worden.
An solchem inneren Widerspruch hat
das Friedcnsbemühen gekrankt, und da
rum wird der Frieden nicht imstande
sein, der Welt die Ruhe wiederzugeben,
leichgültig ob Deutschland den Ver
trag freiwillig unterzeichnet oder ob die
Unterzeichnung ihm abgerungen wer
den kann.
Aber die Idealisten, welche dem Kriege
ganz neue Ziele gesteckt haben, und
die Optimisten, welche an die Möglich
keit der Erreichung solcher Ziele und
Durchsetzung der Prinzipien deS Rechts
und der Gerechtigkeit für die Regelung
der neuen Zcitverhaltnisse geglaubt ha
den. werden sich .von Aiigcnblicksmihcr
folgen nicht abschrecken und von Augen
blicksenttäuschungen nicht entmutigen
lassen.
Man wird den Nachweis, daß der
Fricdensveiirag in der vorliegenden
Form lediglich auf der Grundlage von
Recht und Gerechtigkeit aufgebaut sei,
als tatsächlich erbracht nicht anerkennen
können. Aber schon die Proklamicrung
solchen Prinzips als des ausschlaggeben
den Faktors für die Ausgestaltung der
Beziehungen zwischen den Völkern und
als Wegweiser siir die Entwicklung der
Weltgeschichte bedeutet, wenn es sich
auch nicht, noch nicht, hat durchsetzen
können, eine weltgeschichtliche Tat und
ein Verdienst um die Menschheit.
In dem zweiten Teil des Ultima
tums sind die Aenderungen, welche den
deutschen Gegenvorschlägen entsprechend,
am ursprünglichen Text vorgenommen
sind, sowie eine Besprechung der Gegen
Vorschläge in ihrer Gesamtheit enthal
ten.
Das Ergebnis wird am deutlichsten,
wenn man die betresfenden Gegenvor
schlage und deren Beantwortung gegen
überstellt. .
I.
Gegenvorschläge.
, t. Gebiet lich.
a) Keine Abtretung des Saar-Ge-bictes,
dafür Lieferung von Kohle an
Frankreich, dem durch die Verwüstung
der nordfranzösischen Grubcngebiete an
gerichteten Schaden entsprechend, und
Wiederinstandsetzung der betreffenden
Gruben.
I) Keine Abtretung von Teilen
Wcstprcußcns mit Danzig und Ostpreu
ßens. Abtretung nur der reinpolnischen
Gebiete Posens an Polen. Keine Ab
tretung Oberschlesiens.
) Plebiszit in Elsah-Lothringen.
d) Kein Aufgeben der Kolonien.
Anstelle des bisherigen Besitzes Ueber
nähme eines Mandats in der Form, wie
der Völkerligapakt sie feststellt.
2. Schadloshaltung
) Fixierung einer Gesamtsumme
nicht über 100 Milliarden Mark. Erste
Teilzahlung von 20 Milliarden vor dem
1. Mai 1920 und weitere jährliche Zah
lungen vom 1. Mai 1927 an.
Mitwirkung einer deutschen Kommis
sion bei den Feststellungen der Jnter
alliierten SchadloshaltungsKommission.
b) Ersetzung der während der Ok
kupaiionSzeit in den Gebieten Frankreichs
und Belgiens angerichteten Schäden,
aber nicht sür Schäden in anderen Ge
bieten.
c) Kein Ersah Tonne siir Tonne
für die zerstörten Schiffe, sondern Er
satz auf längere Zeitdauer.
3. Handel und Verkehr.
e) Gleiche Handelsrechte wie all:
anderen Nationen.
b) Keine Kontrolle deutscher Fluß
schiffahrt und deutschen Bahnvcrkchrs
durch fremde Kommissionen.
4. Armee.
Eine siehende Armee, wie sie sür die
Aufrechterhaltung der Ruhe im Lande
unter den obwaltenden Verhältnissen
nötig ist. bevor die Armee auf 100.000
Mann reduziert wird.
5. Bestrafung.
Keine Auslieferung irgend eineS deut
schcn Bürgers, den Ez-Kaiscr einge
schlössen, behufs Prozessicrung vor einem
fremden Gerichtshof. Einberufung eines
neutralen Tribunals, welches Uebertre
jungen deS KriegSrcchis und der Krieg!
gebiäuche auf allen Seiten feststellen soll.
6. Oesterreich.
Ablehnung der Werpslichtung, einer
Bereinigung Oesterreichs mit Teutsch
land zu widerstreben.
7. Völkerliga.
Zulassung zur Miigliedschoft der Völ
kerliga sofort nach Friedensschluß.
II.
Die Zugeständnisse und Ablehnungen,
1. Gebietlich.
g) Keine Aenderung der Forderun
gen betrcfss des Saar.GebietS. Das
Kohlenbecken gcht in den temporären un
beschränkten Besitz Frankreich? tiber. die
Verwaltung wird von einer interalliier
ten, von dtk Völkerliga bestellten Kom
Mission ausgeübt. Ein interalliierter
Appellgerichtshof wird eingesetzt. Nach
fünfzehn Jahren ein Plebiözit über die
endgültige staatliche Zugehörigkeit.
d) Danzig wird mit seinem Gebiet
eine Freie Stadt unter wirtschaftlicher
Kontrolle der Polen. Gewisse Grenz
reaulierungen, in Weslpreußen. um die
historische Grenze zwischen Pommern
und Westpreubrn ausricht zu irrten.
Plebiszit in Oberschlcsien. Bon der Be
reitwilligkeit Deutschlands, die reinpcl
nischen Teile PosenS an Polen abzu
treten, wird KcnmtniZ genommen, und
der Oberste Rat wird entscheiden, welche
Gebiete unter die Bezeichnung rein pol
nisch" fallen. Die Abtretung deS Me
melgcbicts widerspricht dem Recht der
Völker aus Selbstbestimmung nicht, weil
die Stadt selbst zwar zum großen Teil
deutsch, der Landbczirk indessen überwie
gend litauisch ist.
c) Kein Plebiszit in Elsaß-Lo
thringcn. Der Wille der Bevölkerung
hat sich bereits einen ausreichenden Aus
druck geschossen in den einstimmigen
Protesten seitens deren Bertreier in
Vordcau; im Jahre 1871, welch seitdem
viele Male wiederholt worden sind.
Z) Keine Zurückgabe der Kolonien
an Teutschland, auch nicht in der Form
eines Mandats. ,
2. Schadloshaltung.,
Keine Fixierung einer bestimmten
Summe. Mitwirkung einer deutschen
Kommission, welche sich betreffs ejncr be
stimmten Summe nach Ablauf von fünf
Monaten mit den einzelnen Gcschädiq
ten ins Einvernehmen setzen kann. Ist
nach weiteren zwei Monaten ein Einver
ständnis nicht erzielt, so bleiben die ur
sprllnglichen Bestimmungen in Krast.
b) und c) Abgelehnt.
3. Handel und Verkehr.
a) Betreffs der ' Wiederaufnahme
der deutschen Industrie heißt es, daß
diese im Interesse nicht nur Deutsch
lands, sondern auch der Alliierten liege.
Darum sollten Deutschland außer Nah
rungsmittel auch Rohmaterialien zu
gänglich gemacht und der überseeische
Transport geöffnet werden, indessen nur
unter gewissen vorher festgelegten Be
dingungen". Fllr die wirtschaftlichen
Beziehungen unter den Völkern würden,
sobald die Welt zu normalen Zuständen
zurückgekehrt fei, die gleiche Behandlung
platzgreifen, den von Präsident Wilson
verkündeten Prinzipien und den für die
Völkcrliga bestimmten Regeln entspre
chend. Inzwischen aber müßten gewisse
Länder der Alliierten, welche im Kriege
wirtschaftlich schwer geschädigt, dagegen
genutzt werden, van Deutschland aus
dieser ökonomischen Jnferiorität Vorteil
zöge. Daher könnte von einer gleichen
Behandlung vorläufig nicht die Rede
sein.
b) Die ursprünglichen Bcstimmun
gen werden im Interesse der Inland
Staaten aufrecht erhalten, jedoch gewisse
Zugeständnisse betreffs der Wahrung der
Souveränität Deutschlands über seine
Wasserstraßen gemacht. Die Kielkanal
Kommission fällt fort.
4. Arme e.
Dke Stärke der deutschen Armee wird
vorläufig auf 200,000 Mann festgesetzt.
5. Bestrafung.
" Der Anspruch auf Prozcssierung der
am Kriege Schuldigen bleibt bestehen.
Die Alliierten verpflichten sich indessen,
Deutschland binnen 1 Monatsfrist nach
Unterzeichnung des Friedensvcrtragcs
eine Liste derjenigen Personen zu unter
breiten, welche beschuldigt sind, den Krieg
herbeigeführt und im Verlauf des Krie
gcs dessen Gesetze und Gebräuche verletzt
zu haben
0. O e st e r r e i ch.
Der Einspruch gegen die Uebernahme
der Verpflichtung, der Vereinigung
Oesterreichs mit Beutlchland-zu oppo
nieren, wird zur Kenntnis genommen.
7. Völkerliga.
Der Anspruch auf sofortige Aufnahme
in die Völkcrliga wird abgelehnt. Da
gegen wird die Aufnahme in naher Zu
iunft. falls Deutschland die aus dem
Vertrag resultierenden Verpflichtungen
erfülle, zugesichert.
In den der Decknote beigefügten Er
läuterungcn" wird der deutschen Aus
fassung, als ob es die Alliierten und
Assoziierten Mächte auf eine Vernich
tung Deutschlands oder auch nur auf
eine Schwächung der deutschen Souve
ränität abgesehen hätten, entgegengetre
ten. Die Kommissionen, welche von der
Liga mit der Verwaltung der vcrschic
denen deutschen Gebiete im Clku
pationsgebiet des Rheinlands wird die
militärische durch eine zivile Berwal
tung ersetzt betraut werden solien,
feien keine Maschine der Unter
drückung", noch bestände die Absicht, sich
in die souveränen Rechte Deutschlands
einzumischen.
Die Interalliierte Schadloshaltung
Kommission sei nicht mit der Vollmacht
ausgestattet, die Erhebung von Steuern
vorzuschreiben oder zu erzwingen, oder
den Charakter des deutschen Budgets zu
diktieren, aber sie möge das letztere prü
fen, um auszusinden, ob irgend eine
Aenderung empfehlenswert sei, mög
licherweise im eigenen Interesse Teutsch,
lands, und um sich dessen zu vergewis
sein, daß die für Deutschland bestimmte
Steuerlast eine mindestens gleich schwere
sei, wie für die am höchsten besteuerten
alliierten Länder.
"
Bier Männer haben getagt als Schick
salsbestimmer und Weltgericht. Wie
der Zornesruf MoseS als er zum ersten
Mal vom Sinai herabgestiegen war, und
vor dem Volk, welches anderen GLt
tern" opferte, die zwei Tafeln deS Ge
fctzes zerbrach, so klingt eS aus dem Ur
teilsspruch über Deutschland. Die
Strafe ist dem Auge um Auge, Zahn
um Zahn" entsprechend festgesetzt. Das
gesamte deutsche Volk ist eingeschlossen
m die Vervehmung, daß es nicht wert
sei. an dem Tisch, an welchem die Ge
rechten der Liga der Nationen sitzen,
Platz zu nehmen. Das Recht gründet
sich auf dat Schwert, durch welches je,
der umkommen soll, der es zieht. Und
die Gerechtigkeit liegt in der Vergeltung,
die die Rücksicht ans die Lebenden und
die Betreuung deS Andenkens an die To
ten heischten.
Ich, der Herr, dein Gott, bin ein
eifriger, starker Gott, welcher die Sun
d:n der Väter heimsucht an den Kin
K
US der
Reisceindrücke eines Schweizers.
(flcu Jurchkk Leitung.)
Durch d Kriegsverhältnisse ist die
Aufmerksamkeit in besonderem Maße
rmf die Ukraine gelenkt worden, die
einerseits als Bezugsland sehr wich
tiger Rohmaterialien und anderseits als
vorzügliches Absatzgebiet in Betracht
kommen könnte. In der Tat ist dieses
Land, das sich aus der alten russischen
Ukraine und dem altösterreichischen Ga
lizien zusammensetzt, von jehn eine der
üppigsten Lebensmittelkammern Ruß
lands und Europas gewesen, besonders
für Weizen, Roggen. Hafer, Zucker und
Eier. Ferner ist es daS Mutterland
unermeßlichen Naturreichtums, vor
allem von Rohöl und dessen Produk
tion. nämlich Benzin. Petrol, Jndu
sirieöl, Baselin, Paraffin und Kerzen,
einer rn den Ostbezuken von erttliai.
igen Eisenerzen und Stahlqualiläten,
einer von Salzen (Kali) und Holz.
Als Absatzgebiet verdient die Ukraine
ganz besondere Aufmerksamkeit und der
Bedarf an allen Kulturerzeugnissen ist
wirklich in kolossalem Umfange Vorhan
den, wie ich noch zeigen werde. Irrig
dagegen ist die Ansicht, daß schon heute
einigermaßen normale Handelsab
schlüsse betätigt werden könnten. Eine
persvnliche Reise durch das Land bis
a:r die Kriegsfronten führte zu folgen
den Aufklärungen r
Die Ukraine .kämpft ; als eine der
jüngsten Kriegsrepubliken noch um ihre.
Selbständigkeit und um ihre Anerken
nung bei den Auslandstaaten. Die
Waffen der Regierungstruppen richten
sich nach außen gegen zwei Feinde, die
russischen Soviettruppen um Kiew und
Vinniza und gegen die Polen vor Lem
berg. Nach innen kämpft die Regierung
gegen die verschiedensten Elemente. Es
bestehen Agitationen der russischen Bol
fchewisten, ferner lose Gruppen von
eigenen, ukrainischen Bolschewisten. die
mit den russischen nicht Hand in Hand
gehen, und anders sozialistisch-revolu
tionäre Strömungen.
Außer diesem Kamps um die Existenz
krankt die Ukraine an dem Umstände,
daß die galizischen Ebenen und die
Karpathen viel unter dem langjährigen
Kriege gelitten haben. Waren doch ge
radz hier die Schlachtfelder der wütend
sten Kampfe bei den wiederholten In
vasionen der Russen. Offene Lauf
gräben bis in unabsehbare Fernen
durchqueren noch heute die schwarze,
schlammige Erde. Da und dort sind
noch die Standorte der Geschütze und
die Krater der "Großgeschosse sichtbar.
Viele Dörfer und große Ortsebaften
sind entweder ganz hinweggefegt und
menschenleer, oder zurückgekehrte Bauern
haben die Ruinen zu dürftigen Wohn
stätten und Ställen geflickt. Die Be
arbeitung der Felder ist im Rückstand,
weil es an Arbeitskräften und an Ge
räten fehlt, und weil der Landwirt
durch die fortgesetzten Requisitionen der
Armeen und Regierungen in den letz
ten Jahren von freudiger, sicherer Ar
beit abgeschreckt wurde. Selbst an die
Besorgung der Aecker, die den früheren
Gutsbesitzern gehörten und nun dem
Bauer von der Regierung zugewiesen
wurden, auch an diese Arbeit mag der
Landwirt nicht recht heran, eben wegen
der Unsicherheit der Verhältnisse. Land
wirtschaftliche . Maschinen wurden schon
vor dem Weltkrieg in bedeutenden Men
gen eingeführt und in der Hauptsache
von den reichen polnischen Gutsbesitzern
verwendet, die das Land fachmännisch
auszubeuten verstanden. Diesen gegen
über hatten die ukrainischen Bauern
schweren Stand, weil ihnen vielfach die
elementarste Schulbildung und ferner
das Kapital und der Mut fehlten. Nun
sind die Gutsbesitzer meist entweder ver
schwunden oder nach einer Haupt- oder
Bezirksstadt entflohen und selbst be
droht. Die großen Meierhöse sind mit
Vorliebe von den Soldateil aufs Korn
dern bis ins dritte und vierte Glied!"
Und die Missetaten der Herrschenden an
den Völkern; denn noch habe das deut
schi Volk keinen wahren Beweis dafür,
daß es bereue und fortan auf den We
gen der Guten wandeln wolle, erbracht.
In der Antwort auf die deutschen Ge
genvorschläge, welche der französische
Premier Elemenceau, als Präsident der
Pariser Friedenskonferenz an den Gra
fen Brockdorff-Nantzau, den Führer der
deutschen Friedensabordming nach Ver
saillcs, gerichtet hat, heißt es: ,Llic AI
liierten und Assoziierten Mächte haben
die Bemerkungen der deutschen Delega
tion zum Entwurf des Friedensvertra
ges ernstlich in Erwägung gezogen. Die
Bemerkungen protestieren gegen die Be
dingungen für den Frieden, wie sie in
dem Entwurf festgelegt sind, und zwar
mit der Begründung, daß er den Be,
stimmungen des Waffenstillstandes vom
11. November 1918 zuwiderlaufe, und
daß es ein Frieden der Gewalt und nicht
der Gerechtigkeit sei. Der Protest der
deutschen Delegaten zeigt, daß ihnen
das Verständnis für die Lage, in wcl
cher Deutschland sich befindet .abgeht.
Sie scheinen zu denken, Deutschland
habe lediglich Opfer zu bringen," um
sich den Frieden zu sichern. Als ob es
sich um den Abschluß eineS Ringens le
diglich um Gebiet und Macht handele.
Die Alliierten und Assoziierten Mächte
erachten es daher für notwendig, ihre
Beantwortung der obigen Bemerkungen
mit einer klaren Feststellung deS Welt
urteilS zu beginnen, wie ei von tatsach
lich der gesamten zivilisierten Menschheit
gefällt worden ist. In den Augen der
Alliierten und Assoziierten Mächte stellt
der Krieg, welcher am ersten August deS
ZahreS 1S14 begonnen, daS schwerste
Verbrechen gegen die Menschheit und ge
gen die Völkersreiheit dar, welches je
malS eine Nation, die sich selbst zivili
siert nennt, begangen hat."
Mit solch' schwerstem, je vorsätzlich
begangenen Verbrechen wird Deutschland
belastet und die Vergkliiing legt dem
deutschen Volke die Sühne der Schuld
auf. Aber die Weltgeschichte bleibt d'ch
dal einzig.!: zuständige Weltgericht, i
'-ti 'k 7
Mmil,
W
genommen worden, während die Stroh
und Lehmhütten der Bauern wenig be
trofscn wurden. So sind vorläufig die
wirklichen Aussichten nur für ganz ein
fache Geräte und Maschinen günstig.
In Pflugscharen wurden kürzlich
30,000 Stück von der deutschen Firma
Sack geliefert. Ferner besteht eine neue,
großzügig angelegte Pflugfabrik rm
Lande selbst; sie liegt aber in dem von
den Soviettruppen besetzten Gebiete.
Leider bestehen nur schwache Möglich
keiten. den Bedarf der ukrainischen
Landwirtschaft zu decken, vor allem
wegen der Finanzicrungs und Trans
portschwierigkeiten. Ich werde diese
Punkte eingehend beleuchten.
Der Mandel, soweit er noch bestehen
kann, liegt so ziemlich vollständig in
den Händen der Juden. Sie sind na
jürlich auch in der Negierung. den Ge
richten und den Banken stark vertreten.
Ucbcrwiegcnd jüdische ' Namen tragen
die Firmenschilder, und die Hcbräerge
fichtcr sind es, die man zumei,r m .a
fös. Straßen und Eisenbahnwagen
sieht. Wie schlimm aber stünde es um
die kricgskranke Ukraine ohne diese Ju
den. die ost unter Lebensgefahr daS
Nötiaste beschaffen und mit der ihnen
im Blute liegenden Zähigkeit die Ge
schäfte zu Ende führen! An den
Grenzorten, besonders in Lawocne, foll
ein lukrativer Schmugglerbetrieb blühen.
Daß auch der Schleichhandel gedeiht, ist
in diesem halb vogclfreien Lande be ,
grcislich. Wie das Land der notwen
digsten Dinge, die wenigstens für die
europäische Erziehung und Mode un
'entbehrlich sind, entblößt ist. mögen fol
gcnde Beispiele zeigen: Eine Schachtel
Zündholz kostet 2-B Kronen, eine
ägyptische Zigarette ebensoviel. Die
Preise für Schuhe, Wäsche, Kleider sind
mehr als sechsmal höher als zu Frie
denszeiten. Eine gute Uhr wird mit
einigen tausend Kronen aufgewogen.
Die Schwcizeruhren sind gut eingeführt
und hochgeschätzt, besonders einige be
kannte Marken. Interessant ist, daß
die Offiziere leichthin Golduhren kau
ftn.
Weizen und Roggenbrot, Milch.
Zucker. Eier. Obst und Fleisch sind noch
erhältlich, aber zu hohen Preisen. Diese
Landcsprodukte waren früher im Ueber
fluß und zu Spottpreisen vorhanden;
jetzt sollen in Borislau. der Rohölquelle,
80 Kronen für ein Kilo Zucker bezahlt"
werben. Und ist es nicht Ironie, wenn
in diesem Zucker-Kanaan jetzt stellen
weise iiber 10 Kr. für ein Schächtelchen
Sacharin geboten werden? Bon Ex
Port oder Kompensation in diesen Er
Zeugnissen der Ukraine kann daher, zur
zeit kaum die Rede sein, da das Bor
handene für das Inland beansprucht
wird, die ukrainischen Bauern nichts
mehr abgeben oder ahgeben können, und
da die Ländereien, die die Hauptliefe
ranten waren, von den Bolschewisten
besetzt sind. Auch für den Herbst wer
den die Aussichten nicht vielberspre
chend, da die Sämereien beschränkt sind
und die Bauern, wie bereits erwähnt,
durch die frühern Requisitionen ntmu
tigt wurden. Industrieanlagen und
Werkstätten bestanden schon vor dem
Kriege in geringer Anzahl und waren
voll beschäftigt. Heute sind die meisten
Bohrwerke, Raffinerien, Zuckerfabri
kcn, Mühlen und Reparaturwerkstätten
fast oder ganz außer Betrieb oder gar
zerschossen. Zur Wiederherstellung fehlt
es meist an allem: an Geld, Maschinen,
Organisatoren, Direktoren, Arbeitern
und Bcrkchrsmöglichkeiten für die Roh
Materialien und für die fertigen Fabri
kate. Wenn ruhigere Zeiten eingetreten
sein werden, liegt hier Ingenieuren,
Arbeitern und Kaufleuten ein enormes,
chancenreichcs Feld offen. Geld rollt
viel und leicht, in den Banken, Han
delsgcschäften, Cafes und Kinos. Auch
ist es allgemeine Ueberzeugung, daß der
Bauer seinen Strumpf voll hat. An
Metallgeld zirkulieren' nur sehr kleine
Sorten; Gold kommt fast nie ans
Sonnenlicht. Vom Papiergeld gknießt
in Galizien die österreichische Krone und
in Podolien der Nikolai-Rubel noch das
Vertrauen der Bauern. Eigentllm
licherweise weigerten sich bis vor kurzem
die Landwirte, ukrainische Noten, Car
pobanzen und Griven anzunehmen. Es
sollen aber indessen Verordnungen er
lass? worden smi, um diesen Mißstad
zu beheben. Auch sollen Unterhand
lungen mit der Entente zur Konsolidi
rung der ukrainischen Währung gepflo
gen werden. Vorläufig sind die Carpo
Mnzen in keinem ausländischen Staate
notiert und beim jetzigen Tiefstand
dieser Noten, sowie des Rubels und der
Krone, und im Hinblick auf die Aus
und Einfuhrverbote dieser Papiere er
gibt sich, dafz größere Transaktionen
kaum denkbar sind. Eine einfache Ma
schine, für die ein Bauer z. B. 000 Fr.
bezahlt, müßte der Ukrainer mit 4
6000 Kronen einlösen. Wenn trotzdem
vereinzelte Geschäfte erfolgen, so - ge
schchen sie eben unter dem Drucke abso
tuter Notwendigkeit zur Lcbensezistenz
und nur fllr Waren, die bis ins Land
hineingebracht werden. Auch die Regie
rungen handeln dementsprechend, bei al
ler Höflichkeit, die sie sonst an den Tag
legen; sie beschafsen sich daS Nötigste in
Oesterreich und in Deutschland, wo die
Kursdifferenzen nicht die Verluste auf
den Franken im Gefolge haben.
Daß auch Kompensationsgeschäfte
nur schwer zum Abschluß kommen kön
nen, mögen folgende Erörterungen über
die Transporiverhältnisse darlegen.
Vorerst ist die Post in lockerem Betrieb
und die Korrespondenzen unterstehen der
Zensur; ebenso die Telegramme, die nur
für einen beschränkten Rarion llbernom
men werden. Sämtliche Maschinen und
das gesamte Nollmaterial der Eisenbah
nen find in einem arg mitgenommenen
Zustand infolge der jahrelangen über
mäßigen Beanspruchung und man
gelS Gelegenheit und Möglichkeit zu
grundlicben Neoisionen. Besonder! in
den Erst und A-llasscnwn'''
- , . ' -v .
Weltruf genossen, habe Horde i wil
der. räuberischer Weise gewütet; in
Ausnahme bilden nur jene Wagen, die
von den Ministern und den Komman
danten sllr Reisen und als Wohnungen
benutzt werden. Aa den vielfach zer
schlagen? Tür und Fensterscheiben,
die oft durch Blindglas, Bretter 'oder
Pappe ersetzt sind, oder auch nicht, sei
ner am Mangel an Beleuchtung und
Heizung merkt man am augenscheinlich
sten. daß die Ukraine noch im Kriegszu
stände steckt. Bon einem pünktlich ein
gehaltenen Fahrplan kann natürlich nicht
gesprochen werden und Verzögerungen
von einigen, Stunden sind die Regel.
Der Hauptgrund liegt in folgendem: di
Holzbeschaffung sllr die Lokomotiven
war im Winter auf den gefrorenen
Waldwegen noch ziemlich leicht. Wer
aber di russischen Schlammwege im
Frühling und Herbst kennt, und zwar
in Stadt und Land, kann sich vom
Holztransport in dieser Zeit eine Vor
stellung J machen. DaS Bahnpcrsonal,
vom kleinen Beamten bis zum Vorstand,
rekrutiert sich auffallenderwcise aus ju
gen Männern, die noch in den ersten
Zwanzigerjahren stehen. Dies klärt
sich dadurch, daß früher die ganze Bahn
leitung von den Polen okkupiert war,
und als diese Ende Oktober 1918 ab
zogen, wurden sie eben durch die bisher
untergeordneten einheimischen Kräfte er
setzt so gut es ging. Hinsichtlich Wa
ren' und Reisesicherheit muß daran r
innert werden, daß die , Militärtrans,
porte der Beförderung der Reisenden
und dem privaten Warenverkehr voran
gehen. Ferner darf man totog auf
die Mitreifenklen und die Masun iinbe
friedigter Kriegsgefangener vM sorg,
los sein. Trotz aller Borsicht mn man
außerdem in bolschewistische odei'. andere
Umtriebe hineingeroten und t,mnge
nehme Folgen an Leib und Gutl leben.
Besonders Privatreisende ohne Velannt
und Vertrauenspersonen und oPU gute
Pässe. Dokuments und. Empfchlzngen
laufen direkte Gefahren. Die Kwtrol.
len an den Grenzorten und auch ir ner
halb des Landes sind streng.
Aus den gemachten Angaben über die
tatsächlichen gegenwärtigen Verhältnisse
in diesem Lande geht hervor, daß Ga
rantien für einen sichern Transport bis
auf weiteres nicht geboten werden tön
nen. Dies schließt nicht aus, daß ,uch
.n..ftI& rnpriKii OWiirrt...
zur Willilv B-yDw .j,.,
von Zündhölzern, Zwirn, Seide. 2c;W,i
waren usw. nach uno rnneroaio r
Ukraine rollen. Die Unternehmer,stie
zugleich Einkäufer. Spediteure und Br
käufer sind, gehen folgendermaßen vr:
Es werden zum voraus oer oen, we
bahndirektionen in Wien, Budapest un ,
Stqnislau besondere Begünstigung
und Zusicherungen nachgesucht und fest
gelegt, abgesehen von den . normalen
Aus-, Durch- und , Einfuhrbewilligun
aen. Dabei wird auch die Beschaffung
des Rollmaterials, der Lokomotiven und
deren Brennstoffzufuhr erörtert. Dann
geht die Ware mit eigenen, also priva
ten Wachmannschaften ab. An . den '
Hauptstationen erwarten schon andere
eigene Beamte die Ankunft der Ware
und sorgen dafür, daß sie nicht zufällig
auf ein Nebengeleise geschoben wird oder,
sonst stecken bleibt, besonders an den
Grenzorten. Auf diese Weise lassen sich
gewiß gute Umsätze erzielen, doch ist die
1. k... - iitfl inFnrft
tflCBClUJl UCl u& tuifuv.
So ist das schöne Land .Ukraine noch
durchschüttert von Fieberkrämpfen. Die
kommenden Zeiten werden erweisen, ob
die führenden Männer die soziale Frage,
den wichtigen Knotenpunkt, in der für
das ukrainisch Volk charakteristischen
Weise zu lösen und die staatliche Selb
ständigkeit zu festigen verstehen, oder ob
das Land in mehr oder weniger auto
nomer Stellung sich wieder einem an
dern Staate eingliedert. Ein Blick auf
die Karte legt dar, daß Rußland und
Ungarn wohl darnach streben werden.
Wer die Ukraine sich di Hände zu
reichen.
Er braucht Gesellschaft.
Eines Nachts, es hatte gerade drei
Uhr geschlagen, wurde Doktor Tüchtig
vier Meilen weit ausz Land gerufen. ES
war .ein scheußliches Wetter draußen.
Aber . . . Pflicht ist Pflicht. Und der
Arzt machte sich auf die Beine. .
Doktor", sagte der Patient, ich habe
nicht gerade besondere Schmerzen, aber
ich fühle, daß der Tod nahe ist.
Der Arzt fühlte ihm den Puls, unter
suchte den Kranken und meinte dann
ernst:
.Haben Sie Ihr Testament gemacht?''
Der Patient wurde blaß.'
.Weshalb? . . . nein, Herr Doktor,
..nein... in meinen Jahren -!!"
Aber der Arzt blieb fest: : '
.Wer ist Ihr Anwalt?"
.Schlnidt!" stotterte der Krankt.
Dann wurde ich ihn sofort holen
lassen."
Bleich und zitternd klingelte der
Aermste nach seinem Diener.
.Wer ist Ihr Pfarrer?" forschte der
Arzt weiter.
.Pfarrer Braun . . . Aber glauben Sie
denn, Doktor, wirklich "
.Senden Sie sofort zu ihm! Ihr La
ter sollte auch gerufen werden, eben
so--"
.Lieber Herr Doktor, als? meinen Sie
wirklich, ich muß sterben?"
Der Kranke fing an, bitterlich zu
weinen.
Der Doktor sah ihn löse an.
.Nein, das glaube ich nicht," antwor
tete r wütend, .Ihnen fehlt gar nichts!
Aber ich will nicht der inzige fein, den
man in einer folchen Nacht zum Narre
hält."
Im Schmerz.
.Aber, Freund, wie kommt ei denn,
daß Du betrunken bist?! Tu lebst doch
sonst.,o .mäßig'."
"intzFrau krank geworden ist.
Doktor fc
H
- .
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V
p-rr"-
r.-m
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