Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, May 24, 1919, Image 7

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    Die FnaHHaöeten im Alande.
Was geschehen soll, um den Ungefchulten zur
' lzilfe zu kommen.
t Prüfung der Militärpflichtigen
führte zu einer Untersuchung, welche die
Tatsache offenbarte, daß es 8,500,000
Vrsonen im Lande gibt, die englisch
weder lesen noch schreiben können, und
6,500,000, die überhaupt keine Sprache
schreiben oder lesen können. Um diese
Lage der Dinge zu bessern, wurde bei
der letzten Session de? Kongresses eine
Bill zur Amerikanisierung der Analpha
beten eingebracht und von den zaständi
gen Komitc -günstig einbcrichtet und
wird beim nächsten Kongreß don neuem
unterbreitet werden. Geld, daö durch
den Verkauf von Liberty Bonds erlangt
worden war, hat diese bedauerliche Tat
- fache an'ö Licht gebracht. Ein Teil deö
Gelde?, das durch die neue Victory
Liberty Loan erzielt werden wird, soll,
wenn die Bill, wie man erwartet, zum
Gesetz erhoben wird, dazu dienen, diese
Ungeheure Zahl von eingewanderten und
eingeborenen Analphabeten auf eine
höhere Stufe der Bildung zu heben und
zu amerikanisieren. v
Mehr 13 8,500,000 Personen in den
Wer. Staaten können weder englisch lesen
noch schreiben. Fünfundeinhalb Millio
nen können keine Sprache lesen oder
schreiben.
Diese erstaunliche Tatsache wurde in
. einer kürzlich stattgehabten Untersuchung
vom Departement des Innern an'S Licht
gebracht. Die Untersuchung schloh sta
tiftifche Daten in sich, die sich bei der
Prüfung von Dienstpflichtigen ergeben
hatten.
Damit Amerika imstande sei, auch
fernerhin Führer der Demokratie zu
bleiben, sind schon Schritte eingeleitet
worden, diesen erstaunlichen Zustand aus
der Welt zu schassen. Eine Bill, die
jetzt dem Kongreß vorliegt, sucht diese
große Masse von fremden und einge
borenen Analphabeten zu amerikani
Zieren.
Um einen Einblick in den Ern und
die Ausdehnung der Unbildung, die die
Bill zu überwinden sucht, zu gewinnen,
seien die nachstehenden Tatsachen aufge
führt:
Analphabeten und Fremdgeborene
überschreiten an Zahl alle Bewohner in
den Staaten Wyoming, Delawa, Ari
zona, Jdaho, Mississippi, Vermont,
Rhode Island. North Dakota. South
Dakota, Oregon, Maine, Florida, Con
necticut und Washington. Sie über
treffen die Gesamibevölkerung von Ka
nada. Als Ctinimgeber würden ihre
Stimmzettel über den Einfluß von
Groß'New York. Philadelphia und Ch!
kags in nationalen Angelegenheiten hin
ausreichen. ,
, Solche Leute sollten zum mindesten
genügend Schulbildung haben,-um die
Konstitution der Vereinigten Staaten
und amerikanische Zeitungen zu lesen
und etwas davon zu wissen, waö es
heißt, in Amerikaner zu sein.,
'DaS Problem ist national. Der Cü
den besitzt die größte Zahl der Analpha
beten. Im Norden findet man nicht
englisch sprechende Analphabeten. Sieb
zehn und dreiviertel Prozent der Bedölke
rung der südöstlichen Zentralstaaten sind
Analphabeten. Sechzehn Prozent der Be
ölkerung der südatlantischtn Staaten sind
Analphabeten nd desgleichen 13.2 Pro
zent der Bevölkerung von Lawrence und
Fall River in Massachusetts.
Diese Elemente sind ganz hülfloZ
gegenüber allen gedruckten Warnungen
in der englischen Sprache. Ihre Un
wissenheit und die Unmöglichkeit, ihnen
öffentliche Jnformatic zu übermitteln,
behindern jeden Fortschritt.
Sekretär des Innern Lane hat die
Sachlage kürzlich in einem Brief an
Präsident Wilson , in eindringlicher
Weis dargelegt:
.Was würde man von einer die Welt
führenden Demokratie sagen, in der 10
Prozent der männlichen Bevölkerung
nicht im Stande ist. die Gesetze zu lesen,
die sie kennen sollte?
Was würde man zu einer Demo
kratie sagen, die eine Armee, um Demo
Iratie zu predigen, ausschickt, in der von
den ersten 2.000,000 Männern eine Ge
samtzahl von 200,000 zu finden ist, die
ihre Befehle nicht lesen können oder sie
nicht, wenn überbracht, verstehen, der
die Bliese nicht lesen können, die. us
der Heimat geschickt worden sind?
Wa würde von einer Demokratie
gesagt werden, die von ihren Bürgern
erwartet, daß sie die Weisheit der Bil
dung einer Völkerliga in Betracht zieht,
oder zu Gericht sitzt über ein Gesetz, das
die Fr.iheit der Meere sichert, oder über
das Opfer, die tägliche Nation von Wei
zen oder Fleisch zum Besten der Ruma
nen oder JugoSlawen herzugeben.
wenn 13 Prozent der werdenden Bürger
, jener Demokratie nicht zut Schule gehen?
Was würde von einer Demokratie ge
I sagt weiden, die zugibt, daß Zeh-'
jausende ihrer eingeborenen Kinder
amerikanische Geschichte in einer frcm
den Sprache lernen die Unabhängig
KZts'Erklärung oder Lincolns Rede bei
Gettysburg in Teutsch oder anderen
Sprachen?
Was würbe man von einer' Demo
kratie sagen, die zugibt, daß Männer
und Frauen in Massm arbeiten, ostnt
selten oder je ein Wort in englischer
. Sprache zu Kr-"
Bei der letzten Sitzung d?5 Kongresses
unterbreitete Senator Hole Smith im
Senat und Kongrclzmitglicd William
B. Bankhead im Hause die Smith
Bankhead Americanization Bill. Diese
Bill, die günstig einberichtet wurde nd
doa neuem unterbreitet werden soll, weist
den Sekretär des Innern an, durch daZ
ErziehungZ-Burea,, mit den einzelnen
Staaten zur EkZieyung ver Anaipiza
ttUn und in der Vorbereitung der Leh
rt für diese Arbeit zusarnmenzmoirken.
Die Geldbewilligungen werden bei An
i nahm der Vorlage beginnen und 1WZ
zu Ende gehen.
Um sich das Keld zu versichern, muß
rn Staat turf seir-'t c'cn Schul
1 ilil Vd"h'"t tr:jscn, und
der Staat soll nicht daran teilnehmen,
bis der Unierricht der Analvhabeten und
der nicht-englisch sprechenden Minder
jährigen von mehr als 16 Jahren in der
amerikanischen Sprache, wenigstens 200
Stunden per Jahr, obligatorisch gemacht
worden ist.
Die Bundcsgcldcr. werden einzig zu
Gehaltszahlungen dd. zur Ausbildung
von Lehrern verwendet, nicht aber für
Bau und Ausstattungszwecke oder für
den Unterhalt religiöser oder' privater
Schulen.
Die so im Lesen unterrichteten 8,500.
000 werden einen beträchtlichen Wert für
alle Arten von Warenglltcrn darstellen
und durch Zeitungen, Zuschriften, land
wirtschaftliche Blätter und Bücher allge
meinen Inhalts, bezw. Anzeigen erreicht
werden, die zur Zeit wegen ihrer Un
kenntnis der Landessprache an ihnen der
lorcn sind. Denn sie können nicht ein
mal die Schriftlichen eine? Wandcl
bildes oder den Sinn einer Ankündigung
von Siegesanleihen entziffern Die Aus
Vttung des Analphabetentums bedeutet
die gleichzeitige Ausmcrzung lügenhafter
Anpreisungen und die Verminderung deS
Betrugs seitens der Fabrikanten oder
Kleinhändler, deren Hauptkundfchaft sich
aus den Reihen der Analphabeten rekru
tiert.
Sekretär Lane hat gesagt: Nur ein
sehr tapferer und ehrgeiziger Mensch ist
imstande, sich aus einer derartigen Um.
gevung yerauezureiizen. r mir nur
zu leicht daS Opfer deS gerissenen Aus
beuters oder BosseK. Er gerät in Schul
den und verfällt auf Jahre in die Knecht
schaft von Unwissenheit und Verrottung.
So gerät sein Ideal von Amerika ins
Wanken: .Ist das die Freiheit?" fragt
er sich, müde über seine Arbeit gebückt,
ohne Hoffnung, daß seine Bürde in Zu
kunft geringer wird.
.Er vermag nicht die Zeichen zu lesen,
die ihn vor der Gefahr warnen. Er kann
die Gelegenheiten nicht erkennen, die
Stadt und Land dem Tüchtigen dar
bieten. Zu Hause fand er vielleicht
keine Gelegenheit, seine eigene Sprache
zu meistern. Im neuen Lande ist er
zu müde, zu verschüchtert, um diese
fremde, schwierige Sprache zu erlernen.
Ist S verwunderlich, daß für diesen
unzufriedenen Fremden die Sprache der
Heimat Autorität besitzt und Wirkung
auslöst? Und wenn die Stimme der
Heimat Unrast und Gewalt, predigt,
wenn sie diese als den inzig sicheren
Weg zu einer besseren. Zukunft preist.
1 1 es va verwunder im. van er die er
Stimme Gehör schenkt? Wer sind die
Meister dieser neuen Welt? Offensicht,
lich die Männer, die er kennt, unter deren
Willkllrherrschaft er gelitten hat. Aber
beherrschen diese Männer alles, und gibt
es keine anderen ZufluchiLmöglichkeiten?
Wie dem auch fei er findet nieman,
den, der ihm das größere Amerika zeigt
und erklärt.
.Der jung Kontinent erfcheint ihm
ein einziges, riesiges, übervölkertes
Wohnhaus, eine schmutzige Straße, eine
Werkstatt und Fabrik, in der er ausge
sogen wird. Die weiten Gefilde deS
großen Landes mit seinen Aussichten
sind ihm verschlossen. Und in seiner Un
loissenheit, Abgeschlossenheit und En!
iäuschung bieten sich fruchtbare Keim
statten für all die schädlichen Mikroben,
die unsere Gesellschaft untergraben."
'Von jedem Humanitären und Ge
schäftsstandpunkte aus ist eS fkmit von
allergrößte Wichtigkeit, Lehrmittel er
zieherischer und wirtschaftlicher Art zu
besitzen, um diesen Millionen zum min
besten soviel Kenntnis von der Landes
spräche beizubringen, daß sie in den
Stand gesetzt werden, einen Maueran
schlag oder eine Zeitung zu lesen.. Die
wirtschaftliche Bedeutung dieser SYs
Millionen würde durch Erlernung der
Schriftsprache zumindest um fünf Dol
lars pro Kopf und Woche steigern, und
die so vermehrte Kauskraft würde allein
Z2.000.000.000 pro Jahr zusätzliche
Mittel schaffen, um Verzinsung und
Amortisation unserer Kriegsschuld zu be
schleunigen.
Die Untersuchung, welche diese" Zu
stände zutage förderte, wurde mit Liberty
VondS-Mitteln bestritten, die der Regie
rung geliehen wurden, um die Schlacht
für Demokratie zu gewinnen. DaS Geld
der Siegesfreiheitsanleihe wird mit da
zu dienen, die Unkenntnis der Landes
spräche in den Ver. Staaten anszumer
zen und unsere Demokratie , zu einer
lOOprozentigen Organisation auZzuge
palten.
Endlose Lockung.
(TOI, kinn HimmelLschliUIeÜlum,)
Bald bricht der Tag die blauen Brücken
ab.
Komm du, g komm, wir klimme in die
Helle
Der perlenden Sonnenquele,
Aus der deö LichteS weiße Ströme
fließen.
Bald bricht der Tag die blauen Brücken
ab.
Wie zögerst du! Mit dieser Blüte.
Die einem li' n Tagestraum erglüh'.
Will ich mir deinen Himmel weit er
schließen.
Hoch glänzt mein Gluck, ein junger He?d,
und lacht
Und wirft die blassen Sterne tief hinab
In Grab
Der Nacht ...
Rufet! Wkilitt Jrchr.
Notwendige Ergänzung.,
Vereinbdiener (zu einem Mitglied be
Gesangvereins): .Eine schöne Empfeh
lung vom Herrn Borstand, heute abend
ist Probe . . Sie möchten bestimmt kom
men . . heut' wird wirklich gesungen'
Rücksichtslos.
Schauspieler seines kleinen TheaterS,
zu einem andern): Unser Direktor ist
ab.r doch ein recht boshafter Mensch!
Gibt er mir eine Roll in der ich meine
Altt tfEffl mV,": ' "
Deuijllje
von
n
(ftcii. Lkrlchtt Leitung,)
Kein Land Europas sieht der Schweiz
in seiner Eigenart so nahe, wie Tirol.
An Großartigkeit und Fülle der land
wirtschaftlichen Schönheiten kommt eS
ihr am nächsten, und wenn ihm man
cheS fehlt, wie die herrlichen Schweizer
Seen, fa weist eZig den Dolomiten
wieder besondere Züge auf, die wir an
derwärtS vergeblich suchen. Wie daS
Cchweizervolk. so hat auch die Bevölke
rung Tirols ein stark entwickeltes
Selbstgefühl und hängt mit Leidenschaft
an ihrer schönen Heimat, an ihrer Frei
heit und ihren historischen Rechten.
Daran hat auch die seit 1363 währende
Verbindung mit den Ländern des Hau
ses Habsburg nichts geändert. Wer mit
österreichischer Geschichte und Verwal
tung vertraut ist. weiß, daß das Tiro
lervolk stet eifersüchtig an feinen Son
derrechten festgehalten und sich nicht
leicht dem allgemeinen Schema der Ver
waltung eingefügt hat. Und wo es
galt, einen Feind von außen obzuweh
ren, da hat es für seine Freiheit ge
kämpst, wie die Schweiz bei Sempach
und Murten; der Befreiungskrieg gegen
das napoleonische Joch zittert noch
heute in der Seele des Volkes. nach.
Mit der Schweiz teilt Tirol auch
Sie bunte nationale Zusammensetzung.
Seitdem zu Beginn deS Mittelalters
deutsche Volksstämme, hier die Alema
nen, dort die Bayern, in die Alpen
täler vorgedrungen sind, zieht sich die
große Völkerscheide zwischen Germanen
und Romanen durch beide Länder, bald
über wasserscheidende Kamme wie am
Gotthard und Ortler, bald quer über
Flußtäler, wie im Wallis und im Etsch
tal. Fehlt in Tirol auch das franzö
sische Element, so ist beiden Ländern ne
ben dem Italienischen noch ein anderes
romanisches Volkstum gemeinsam. daS
in der Schweiz als Churwelsch, in Tirol
als Ladinisch bezeichnet, eine durchaus
selbständige Stellung in der romani
schen Sprachfamilie einnimmt. AuS der
romanisterten Bevölkerung der alten
0 O
.Wen darf ich melden?"
..5iarr Maler."
Der Diener verschwand. Karr sah
sich um. Die Wände des Zimmers wa
ren vom Boden bis zur Decke mit gelb
schillernder Seide überzogen: weißglän
zende Masken grinsten; bleiche Leiber
tanzten in seltsamer Bewegtheit; dazwi
schen flogen Schmetterlinge mit ftcifgc
spannten Flügeln. Die eine,- breite
Wand war leer bis aus ein kleines,
schmalgcrahmtes Bildchen, das an lan
gen Silberschnllren hing. Dieses Bild
chen bannte den Blick, zwang zur Be
trachtung: ein satter Hund mit frechem
Gesicht, nach einem großen, kahl benag
ten Knochen blinzelnd.
Karr wandte sich angeekelt ab. Da
schlugen die Türflügel zurück und ein
wohlgerundeter Herr in Schwarz mit
weißer Brust rollte herein und hockte sich
in einen weichen Sessel fest. ES war
der Bankier Gutentach. Sein Gesicht
überzog sich mit einem Schmunzeln:
.Da wären Sie also. Freut mich,
Ihre Bekanntschaft zu machen. Sie
sind Maler ich bin. Bankier. Ja.
fo ist es. Aber sehen 'Sie. es gibt ge
wisse Berührungspunkte. Zum Beispiel
daS Geld. Doch davon fall nicht die
Rede fein. Schauen Sie, ich bin fozu
sagen auch Künstler. Ich habe Ideen!"
Eutentach verschnaufte. Karr fühlte sich
unbehaglich.
Der Bankier fuhr fort: .Hören Sie!
Mein Reichtum ' zeitigt Erscheinungen
sonderbarer Art; Erscheinungen, die
mich zum Machthaber stempeln, zum Ge
walttägigey der Welt. Diese Tatsache
verlangt nach einer künstlerischen Aus
lcgung. Ich dachte an die Dichter; doch
ihre Kunst' ist unzulänglich. Ich er
hoffe alleS von Ihnen, dem Maler."
Gutentach wifchte sich die Stirn.
Dann rückte er den breiten Stuhl und
schlug Karr mit seiner kurzen, breiten,
fetten Hand auf die Achsel:
.Sie leben als Gast in meinem Hause,
bis die Erscheinungen Sie zur Deutung
zwingen. Ist das nicht ei glänzender
Gedanke?"
Gutentach legte sich ins Polster, schau
kclte behaglich die dicken Beine. Karr
zog die Augenbrauncn hoch. Er sollte
antworten und fragte:
,WaS erwarten Sie von mir?"
Der Bankier lächelte: .Alles, mein
Wertester. AlleS für mich und meine
Umwelt. Sanktion meiner Macht!"
Karr schwieg. .Ich lasse Ihnen Zeit
zur Ueberlegung. Ich weiß, daß Sie
meinen Auftrag oukfllhren werden.
UebrigenS setzen Sie die Bedingungen
fest."
Narr erhob sich, verabschiedete sich
HLjlich, vermied eS aber, des Bankiers
Hand zu drücken.
Der Maler schlenderte durch die
Straßen, kam erst gegen Abend nach
Hause. Die Post hatte Briefe gebracht.
Karr laS ohne Teilnahme. Plötzlich
aber erhellte sich sein Gesicht.
Ja. verehrter Meister, das Leben ist
voller Rätsel, und hinter allem steckt ein
tiefer Sinn . Sie lehrten' mich, ver
schlossene Türen z öffnen alleS zu
Mäuschen! alleS schauen! selbst des
Wahnsinns Pläne zu belauern."
' Da wie! fein Schüler ihm den We,g.
Unh Karr setzte sich hin. schrieb Guten
tach einen Brief, erklärend, daß er fei
nen Auftrag als den glänzendsten Ein
fall d?S Schicksals betrachten müsse.
In Gedanken an das neue Gesicht deS
Lebens verbrachte er die Nacht schlaflos.
Karr übersikdelte in die Wohnung deS
BantierSS. Sein Wille überwand die
Jckchbeit. der er vom niien Ausegblick .
md Aonlanen in Hirol.
" , t i i ii . .. .
Prof. Dr. Gugen Gberlzummer.
Gotthard bis zum Pustertale reichte, hat
das Rätoromanische ine vom Italien!
schen ganz brschiedee Entwicklung ge
nommen und kann in keiner Weise dem
letzteren untergeordnet werden. DaS
gilt für Ennebrrg und Gröden ebenso
wie für Graubllnden. Der Zahl nach
sind die Ladiner in Tirol, jetzt etwa
20.000, seit langem in Rückgang begrif
fen und politisch niemals hervorgetreten.
Der nationale Gegensatz beschränkt
sich In Tirol im wesentlichen iuf die
deutsch und italienisch sprechende Be
völkerung, die im Verhältnis von 57 zu
42 Prozent zueinander stehen. Die
Grenze folgt im allgemeinen den was
serscheidenden Höhen zwischen Vintsch
gau und Eisack im Norden, den Tälern
des Sulzberg, Nonsberg und Fleimfer
tal Im Süden. Nur im Etschtal unter
halb Bozen biegt sie weiter nach Süden
auS, bis zur Salurner Klause. Was
nördlich davon liegt, ist, abgesehen von
dem Rest der Ladiner in den Dolo
miten, urdeutscheö Gebiet, das in der
deutschen Literatur des Mittelalters
(Wolsdietrich", Walther von der Vogel
weide, Oswald von Wolkenstein) eine
große Rolle spielt,und im langobardi
schen Sagenkreis auch auf daS italieni
schen Sprachgebiet übergreift (Schloß
Gartten- Garda). Selbst in Trient,
das seit jeher zum alten deutschen Reich
und nie zu Italien gehört hat, ist das
deutsche Element am Bischofstuhl und in
der Bürgerschaft noch bis zum 14. Jahr
hundert stark vertröten gewesen und
erst langsam verdrängt Ivorderr. .Immer
aber hat Tirol geographisch und voli
tisch als eine Einheit gegolten, wie seine
Geschichte und alle älteren Karten seit
dem IS. Jahrhundert klar erkennen las
sen. Die Landesteile verschiedener
Zunge ergänzlen sich in wirtschaftlicher
und politischer Beziehung hier ebenso
wie in der -Schweiz. Wie dort ist die
Bevölkerung sich ihrer geschichtlichen und
wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit,
über die nationalen Schranken hinweg
bewußt gewesen, und erst in neuester
Provinz Rätia hervorgegangen, die vom
Das ööje Heficht. Q
Skizze von Max lvslzlwend.
an ausgesetzt war, jener grenzenlosen
Frechheit, mit dct ein Lebemann, ein
Geldprotz, ein Lüstling seine , Nichtig
keit zu überglänzen versucht. Schon am
ersten Abend überreichte ihm der Bankier
eine Art Geheimbuch, darin gar sclt
fame Dinge standen. Die Rede war
von einer gelben Katze, von einem Sil
bcrfuchs, von Hecht und Schlange; von
einem Wolf mit dunkler Vergangenheit
und unberechenbarer Zukunft, den, jedoch
sonderbare Neigungen wertvoll machten;
von einer schwarzen Hündin, die von
braven Eltern abstamme, den entzückend
stcn Körper habe und voller Tücke sei.
DaS war ein merkwürdiges Buch. Kauf
leut:, Diplomaten, Handwerker, Diettst
Mädchen, Putzfrauen, Damen der vor
nehmen Gesellschaft waren in diese Hölle
wüster Betrachtung geraten. Eine her
vorragende Rolle spielten die Künstler.
Sie waren vor allem Wegweiser zu un
geahnten Genüssen und überspannter
Lust. Sie waren die Ueberklugen, die
Verfeinerten, Außergewöhnlichen, zu
Ränkcspiclcn besonders gut zu gebrau
chen. Jeder Tag brachte neue Gesichte.
Lei einer Fahrt durchS Armenviertel
warf Gutentach Goldstücke auf die
Straße und ergötzte sich am Anblick der
Menschen, die wie reißende Tiere auf
die Beute stürzten, heulend, mit zittern
den Leibern und heraustretenden Augen.
Eines Abends betrat er mit Karr eine
Kneipe, warf ein paar Scheine auf den
Tisch und gröhlte: Da, versaufen!"
Und wartete, bis der letzte Mann lallend
zusammensank. Indessen. Krankenhäu
ser trugen GutentachS Namen; es wur
den Wohltätigkeitsfeste unter seiner Lei
tung veranstaltet; eine Zeitung, die dem
Bankier gehörte, trug Nachrichten über
seine Nächstenliebe in die Welt hinaus.
Zudem, der Bankier konnte plötzlich in
eine Nllhrseligkeit verfallen, die die Um
Welt in Staunen versetzte. Er schenkte
dann her ohne Hintergedanken. Schrieb
Briefe, in denen er die Empfänger vor
seinen Gemeinheiten warnte. Ging in
Kunsthandlungen, erkundigte sich nach
dem ärmsten Maler, kaufte alle seine
Werke zu übermäßigen Preisen auf.
Karr ließ sich in diesen Zeiten nie irre
leiten, fand keinen Glauben und keine
Hoffnung, dachte stets mit Entsetzen an
daS Wiedercrwachcn des scheußlichsten
TicreZ.
Eines TageZ eröffnete der Maler dem
Bankier, daß er mit dem Bilde beginnen
wolle. Gutentach bat erfreut, er möge
da'. Werk auf seinen nächsten Geburts
tag vollenden.
Karr bannte deS Bankiers Gesicht, wie
eS ihm eine letzte Erscheinung auf
zwang, auf die Leinwand. ES war eine
Tat der Befreiung.
Gutentach feierte Geburtstag. Gäste
erschienen. Eine Unzahl. Gulentach
brauchte nur den kleinen Finger zu er
heben: sie erschienen alle: Stolze und
Vornehme krochen demütig heran, Reine
verunreinigten sich, yromnie wurden
Ketzer. Ehre ward Schande! Sie alle
reichten sich die Hände zum tollen Tanz
ums goldene Kalb. Wohlgerliche fchwän
gerten die Luft, Seide rauschte, Diener
buckelten. Von zarten Hälsen liefen
weiße Linien nach halbnackten Brüsten,
blendendes Licht flutete im Saal, ltarr
stand in einer Fensternische. Sein Ge
stcht war streng und kalt. Gutentach hatte
eine feierliche Enthüllung deS BildeS.
angeordnet. Er selber wünschte daS
Werk nicht vorher zu sehen. Habe er
feine Ncugierde bei d. Ausführung deS
Werkes bezähmen müfftn, könne er sich
nun auch weiter l:hcrrscl'kn. Zudem liebe
er Ucbnraschunaen. Tcr,Ralcr versuchte
Zeit hat die von nationalistischen Kreisen
Italiens geschllrte Jrredenta zunächst,
bet den Intellektuellen der Städte einen
Widerhall gefunden, während die drei
ten Schichten der Landbevölkerung ihre
wirtschaftlichen Interessen im Anschluß
an Oesterreich besser geivahrt wußten.
ES ist ei ähnliches Verhältnis wie in
Trieft. daS nur als Stapelplatz der be
deutendsten Mitelmeerhafen gewinnen
konnte, während es als solcher für Jta
lien völlig wertlos und dem sicheren
Verfall preisgegeben ist.
Indessen hat die Hochflut der natio
nalen Bewegung im Zusammenhang mit
den letzten Nriegsereignissett dahin ge
führt, ,daß jedenfalls die italienisch
sprechende Bevölkerung Tirols mit dem
Königreich vereinigt wird. Ganz .ier
träglich und im schroffsten Widerspruch
mit dem so lqut verkündeten Selbstbe
stimmungsrecht der Völker, erscheint je
doch daS Belangen Italiens nach Ein
verleibung der rein deutschen Bevölke
rung bis zum Brenner, als der angeb
lich natürlichen Grenze. Was von sol
chen natürlichen' Grenzen zu halten ist,
haben maßgebende Schriftsteller auf dem
Gebiete der politischen Geographie wie
derholt dargelegt. Sie sind meist nur
ein Deckmantel sür Machtansprüche, die
sich auf der Karte ein augenfälliges
Merkmal zum Ziel setzen, und weder in
den nationalen noch in den geschichili
chen Verhältnissen begründet. Das gilt
für die französischen Ansprüche, auf das
linke Rheinufer ganz ebenso wie für die
italienischen auf der BreHnerlinie. Mit'
gleichem Recht und mehr historischer Be
gründung könnte die Nordgrenze Jta
liens gegen Deutschland bis an den Fuß
der Alpen zurückgeschoben werden. Wür
den die italienischen Ansprüche ver
wirklicht, so kämen 221.000 deutsche Ti
roler, das ist fast die Hälfte der deut
schen Bevölkerung Tirols (518,000). Ne,
ben 361,000 Italienern, unter eine ihnen
verhaßte Fremdenherrschaft, Und damit
würde ein Zustand geschaffen, der von
vornherein den Keim steter Beunruhi
gung in sich tragen würde.
umsonst, den Bankier zur Besichtigung
zu bestimmen. Daß Karr zum Fest er
schien, geschah aus dem stolzen Gefühl
der Verantwortung heraus. In sich ge
kehrt, nahm er Platz an der Tafel. Er
aß wenig, trank in kurzen Schlücken den
Wein. Indessen erglühten die Gesichter
um ihn, heiße Wellen schlugen durch die
Luft, Geräusche vermengten sich zu ei
nein Lärm, in dem nur herausfallende
Worte an daS Dasein von Menschen er
lnnerten. Ein Hornstoß erstickte auf einmal je
den Laut. Gutentach hatte sich aus sei
nen Fußschemel gestellt:
Verehrteste! Teuerste! Zur Feier
meines TageS stelle ich Ihnen einen aus
erlesenen Genuß" Ein ungeheurer
Sturm brach los. Karr erblaßte: das
Tier, das heulende Tier! Entsetzt sprang
er auf.
.Ich bin erschüttert durch den Beweis
Ihres Vertrauens ". Ein mäch
tiges Gestell wurde durch die Türe ge
schoben. Das Licht erlosch. Vorhänge
wurden zurückgeschlagen. AuS dem Dun
kcl hob sich künstlich, langsam ein Tag.
Wunderbar!" rief jemand in die
Stille hinein. Karr hörte Gutentachs
Schmunzeln. An einer Seitenwand
"hing verhüllt daS Bild. Alles wandte
den Blick. Der Ueberwurs fiel. wit
Augen Jerzerrten sich. Eine Dame schrie
auf. Gutentach rannte heran. Ein
Herr schob ihm einen Stuhl hin. .Mein
Gott!" keuchte der Bankier. Einem Ab
stürzenden gleich fuchtelt! seine Arme.
Er sank auf den Stuhl. Den Blick hielt
er unverwandt auf dgS Bild gerichtet:
Dort saß er. ein grinsender Faun, auf
einem mächtigen Goldstück, das in die
Nacken gebeugter Männer drückte. Fahl
waren ihre Gesichter. Haßerfüllt die Au
gen.
.DaS ist ja verrückt!" stammelte Gu,
tentach. Jedoch, sein Innerstes war auf
gerissen. Seine Einbildung wuchs ins
ungeheure. In wohllüstiger Zuckung ver
renkte Leiber liegen um ihn herum. Zwei
Körper fallen ab in ein Unbestimmtes,
Grauenhaftes. Dünste steigen auf i
tanzenden Wirbeln, zeichnend schwebende
Menschen. Eine scharfe Linie gebietet
irgendwo Halt. Es sieht sich an wie ein
Wasserspiegel. Mcnscheaugen schwim
men, der Sonne zugewendet, die in un
endlicher Reinheit erstrahlt. Blaue Luft
ist da, voll Sehnsucht und ErlösungZ
willen.
Ein Gedränge entstand um daS Bild.
Hände faßten sich krampfhaft. Blicke
erstarrten. Jemand flüchtete, Bahn sich
brechend, hinweg. Ein Jüngling fistelte:
.Ich lege Verwahrung ein " Er wurde
übertönt von der gröhlenden Stimme
eine Freundes schöner Damen: Ich
verlasse daS HauS!" Ein zitteriger,' alter
Herr erhäschte seine junge Freundin.
Sie stahlen sich zum Saal hinaus. Da
sprach jemand von einem Witz. DaS
Wort machte die Runde.
.Ja, ein Witz, ein glänzender Witz!
ES lebe GutentachS Geist!"
ES klang wie ein Erlösungsschrei.
Bleiche Wangen röteten sich. Einige Her
ren rieben schmunzelnd die Hände. Gu
tentach schlug ein Gelächter an, täschclte
närrisch den Bauch:
.Kinder, Kinder, ich muß lachen. Hal
tet mich, damit -ich nicht falle." Und die
Wendung ganz ausnützend rief er:
.Musil' Musik! Ich muh tanzen.'
Der Bann war gelöst. Beifall toste.
Körper schmiegten sich an Körper. Tän
zclnd dredten sich die Paare hinaus,
über den Gang, in einen arabisch gusae
machten Naim, in dem süß gedämpft,
sinnberauschend die Geigen, sangen.
Die wirijchaftlichen Goraus
jehnngen eines Wlkeröundes.
(Berner Bund,),
Der merkantilistische Zug, der diber
gangcne Epoche kennzeichnete, hat zu
einer immer tiescr greifenden Materia
lisierung des sozialen LebenS geführt.
Jedes Streben war wesentlich nach einem
quantitativen Erfolge gerichtet. Bei dem
Vorherrschen dieser nach quantitativer
Befriedigung zielenden Strömung, , die
nur als relativer Begriff, nämlich im
Vergleiche zum Besitze anderer, bewertet
werden kann, war dem Gedeihen allge
mein menschlicher Empfindungen kein
großer Raum belassen. Die den tech
Nischen Fortschritt fördernde Konkurrenz
hat zweifellos den Ertrag mancher Un
ternehmen gesteigert, sie führte aber
gleichzeitig dazu, daß die einzelnen
Staaten gezwungen waren, zum Schutze
gegen die nämliche Konkurrenz ihre
Wirtschaft wie eint Feste in steter
Kampf und Verteidigungsbereitschaft
auszubauen. Das Bedürfnis nach wirt
schaftlicher Selbsterhalwng, das bislang
kein Staat ausgegeben hat, entsprang
nur der Befürchtung, in die Botmäßig
keit des Konkurrenten zu geraten. Wie
sehr diese Befürchtungen begründet wa
reu, ersehen wir einerseits aus den zahl
reichen Symptomen des Handelskrieges,
wie er mittelst Tarispolitik, Export
maßnahmen und dgl. noch zu Friedens
zeiten geführt wurde, andererseits aber
auch aus der angeborenen Tendenz der
vergangenen Epoche, die allenthalben letz
ten EndH der Gewaltpolitik zuneigte
oder vielmehr zuneigen mußte Sollen
nun neue Wege für die Beziehungen der
Völker untereinander angebahnt werden,
dann muß vor allem die Idee der wirtt
fchaftlichen Unabhängigkeit preisgegeben
werden. Denn diese Tendenz schließt
mit der Absperrung gegen das Ausland
auch den Kampfzoll, die Dumpingpoli
iik, kurzum alle jene auf Gewalt beruhen
den wirlschaftspolitischen Maßnahmen
ein, die letzten Endes notgedrungen zu
einer Austragung des Konfliktes mit den
Waffen führen. ,
Sei es durch natürliche Veranlagung
oder durch kulturelle Eigenart, ist jedes
Land zur Herstellung besonderer Pro
dukte und Gegenstände geeignet. Wenn
nun das betreffende Land feine indu
ftrielle Entwicklung nur in der Richtung
der ihm besonders anliegenden Produk
tion weiter entfaltet, dann kann eS leicht
für die Deckung eines bestimmten Bc
darfes auf dem Weltmärkte unentbehrlich
werden. Gleichzeitig ist es aber' für die
Deckung anderer Bedürfnisse wieder von
anderen Staaten abhängig. Schon we
gen der Mannigfaltigkeit der mensch
lichen Bedürfnisse und der Beschränkt
heit der nationalen Produltionsmöglich
leiten ist kaum anzunehmen, daß irgend
ein Staat sich diesem Abhängiakeitsver
hältniS entziehen könnte.
Wenn schon dieser Zustand der nur
bei vorbehaltlosem Freihandel eintreten
würde die Möglichkeit eines Konflik
tes. der in jedem Falle die unentbehrliche
Zufuhr ausschalten würde, erschwert, so
kann außerdem nur durch den Freihan
del den großen wie den kleinen Nationen
die gleiche Gerechtigkeit wiederfahren.
Eine Nation kann in einem Völkerbünde
Z)ie japanischen AoWilds.
In Japan schießen jetzt die Millionare
und die Millionengesellschaste wie Pilze
nach dem Rege hervor. Aelteren Ur
sprungs sind von den großen wirtschaft
lichen Unternehmungen des Landes nur
wenige, und unter ihnen nehmen die der
Familie Mitsui eine ganz eigene und
sehr hervorragende Stellung ein. Die
Geschichte dieser Familie und ihrer Wirk
samkeit ist des Interesses wohl wert. Zu
einer Zeit, wo die guten Familien Ja
pans sich der Ueberlieferung gemäß aus
schließlich dem Militärdienste zu widmen
pflegten, hat die Familie Mitsui bereits
den kaufmännischen Beruf ergriffen, und
seit etwa dem 17. Jahrhundert, seit der
Zeit, wo einer der Stammväter der Fa
milie in Feddo. dem heutigen Tokio, ein
Manufakturwarengeschäft eröffnete, sind
die Mitsuis dem Handel treu geblieben.
Damals war die alte Hauptstadt Kioto
bekannt wegen ihrer herrlichen .Nisni
jin" oder Brokate, und das veranlaßte
Mitsui Hachirobei, eines der ersten Mit
glieder des Hauses, daS sich dem Handel
widmete, in Kioto ein großes Einkaufs
geschäft zu eröffnen, während er in
Yeddo im Jahre 1673 ein HauS begrün
dete, wo die Waren zum Verkaufe ge
langten. Dabei führte er ein ganz neues
Verfahren, nämlich den Verkauf gegen
Barzahlung ein. . Bis dahin hatten die
Kunden in Japan allgemein ihre Rech
nungen nach Rat und Gelegenheit' be
zahlt, und der Kaufmann hatte sich da
her für unsichere Kunden und Ausfälle
aller Art sowie für den Zinsverlust bei
langem Kredite einen erheblichen Auf
schlag berechnen müssen. Dieser kam
jetzt in Fortfall. Dazu trat, daß früher
Gutentach und Kan blieben allein vor
dem Bilde zurück.
,WaS haben Sie geian?" keuchte der
Bankier. Karr blickte sireng: .Meinen
Auftrag ausgeführt.' Der Bankier
wand sich.
.Aber was soll da? Bild sür mich, für
meine Freunde?" Er schlug die Hände
zusammen. .Bekehren!" .Wen? Die
andern? Mich?" Alle. Mich. Sie.
die andern, die ganze Welt.' .Unsinn!
Bekehren?" .Zur Wahrheit!' Guten
tach keuchte: .Ich kann nicht. Rein, daS
geht nicht. ES wäre alleS umsonst. Die
Welt ist schlecht. Der Mensch ist schlecbt.
ES hat keinen Sinn, anders zu sein. ES
gibt keinen guten Geist. ES bleibt nur
der Körper und mit ihm seine Luft und
daS Tier. Und dann noch eine!:
.Schweigen Sie! Ich will eZ nicht
hören!"
Karr trat in die Nacht hinaus. Sterne
grüßten, frischer Wind liebkoste da! Ge
ficht. Der Maler lief in den Morgen
hinein, der anbrach mit fröhlichem Jubel
und jreudigzm Licht,
schlechthin nicht mehr verlangen, als das!
ihr die Möglichkeit geboten fei, d!e ihr
anliegenden Fähigkeiten in vollstem
Maße zu entfalten. Diese Moglichf.it
ifi jeder kleinen Nation gniommcn. sö
lange eine Großmacht bestrebt ist im
Zeichen nationaler Auta-rchie , durch
einen Schutzzoll innerhalb ihrer Gren'u
auch jene Betriebszweige aufrecht zu er
halten, die ohne diesen künstlichen Schutz
anderen Staaten überlassen wären. Ii
der Schutzzoll ist aber mit schweren ko
sten verbunden, die diel leichter von einer
ausgedehnten Wirtschaft als von einem
kleinen Staate getragen' werden können.
Bei 'einer Schutzzollpolitik fühlt sich des
halb der Kleinstaat gegenüber dem Groß
staat immer zurückgestellt. ' Denn' daS
Streben nach Unabhängigkeit der Gro
ßen schließt notgedrungen die Unterwcr
fung der Kleinen in sich. Dem kleinen
Staat wird dadurch der natürliche Ab
satz geschmälert und dementsprechend
seine Stellung auf dem Weltmärkte her
abgesetzt. Nicht absolute Leistungsfähig
keit in einer bestimmten Branche, son
dern die Summe einer gesammelten,
wirtschaftlichen Macht weiden das Aus
schlaggcbende. Im Sinne dieser Grund
sätze. die für die Handelspolitik der lci!
ten Jahre maßgebend waren, entwickelt!
sich die gesamte Wirtschaftspolitik zu
einem Kampfe, in dem die Eroßstaatcn
da? Schwergewicht ihrer .quantitativen.
Wacht geltend machen konnten, den Kid
nen aber die Rolle der Parias zugcwte
sen war. Von einer wirtschaftlichen Un
abhängigkeit, die angeblich als das End
ziel dieser Politik angegeben wurde,
konnte niemals die Rede sein und sie
wird niemals verwirklicht werden kön
nen, solange eben nicht vom betreffenden
Staate die Vorteile der Weltwirtschaft
preisgegeben würden. Würde aber nach
den Grundsätzen einer freihändlerischen
Handelspolitik jeder Staat in 'die Lage
versetzt, nur das herzustellen, wozu er
sich am. fähigsten erweist, so würde die
Abhängigkeit vom Weltmarkt von keinem
als eine Last empfunden, da sie eben von
allen geteilt und jedem die Freiheit ge
gönnt wäre, auf die er einen berechtigten
Anspruch erheben kann. Damit käme
auch das qualitative Moment eher zur
Geltung. Nur in diesem Falle könnte
sich aber unter den Nationen jenes Ge
fühl der Zuversicht und des Wohlwollens
einstellen, das die unbedingte Voraus
setzung zu einem Völkerbunde ist.
Heute sind in allen Staaten Wirt
schaftliche Interessen vorhanden, die sich
gegen diese neue Richtung wehren. Die
frühere Handelspolitik hat sie großge
zogen und durch die Kriegswirtschaft
haben sie glcichsalls eine Kräftigung er
fahren. Diese Kreise, die sich , zu einet
Preisgabe ihrer Machtstellung nicht be
quemen können, bilden heute das größte
Hindernis zu einem Völkerbunde., Nur
wenn in der Allgemeinheit eine flarere
Erkenntnis der wirtschaftlichen und poli
tischen Zusammenhänge heranreist, wird
die Schalheit all jener Einwände und
die UnHaltbarkeit ihrer Forderungen
offen erscheinen, und nur wenn diese
überwunden werden, können neue Wege
zu edleren Beziehungen der Böller an
gebahnt werden.
die Waren immer in großen Partien un
geteilt zum Verkaufe gelangt waren,
während der genannte Mitsui in feinem
Geschäft den richtigen Einzelverkauf ein
führte. So konnte et billiger liefern
und weite Kreise sich als Kunden er
obern, und das Geschäft erwarb sich da
cher eine verständliche Beliebtheit. EZ
wuchs denn auch kräftig, und bald wur
den zwei Zweigniederlassungen in Seddo,
drei in Kioto und eine in Osaka cröff
net. Gleichzeitig wurde aber in Berbin
dung mit dem Hauptgeschäft, , ein zu
nächst noch kleines Bank und Wechsel
geschäft beg', ndet, das sich gleichfalls
schnell zu großen Matzstäben entwickelte.
Nach und nach wurden die Mitsuis die
alleinigen Bankiers der Negierung. Als
sie im Jahre 1691 den Auftrag erhielten,
aus Osaka Zahlungsmittel an die Rc
gicrung zu überführen, so verwandten
si? dazu mit beste ,. Erfolge ein Scheck
system. Die Ausführung eines derarti
gen Rcgierungsgesch'iftcs war bisher in
Japan noch nie einer Privatfirma über
tragen worden und bildete in der Wir!
fchäftsgefchichte des Landes ein Ereig
nis. , t
Der Allslandshandel hakte damals
seinen Sitz in Nagasaki, doch dursten d!e
japanische Kaufleute auch dort nicht
unmittelbar mit dem Auslande verkehr
ren, sondern die Geschäfte wurden ver
mittelt durch einen Ring, der über das
Alleinrecht auf die Einfuhr und Au!
fuhrwaren verfügte. Japanische Hänse,
hatten daher in Nagasaki ihre Agenten,
die durch den Ring den Wareneinkauj
besorgten. Bereits im 17. Jahrhundert
betrieb das HauS Mitsui einen ausge
dehnten Ausfuhrhandel. Im 16. Jahr
bundert begründete eS dann ein eigencS
Kontor in Nagasaki, daS die verschicke
nen Nicderlassvnger' mit ausländischen
Wcdwer? und anderen Artikeln zu ver
sorgen hatte. AuS diesen Ansängen h.t
sich nach und nach die Riesenaesellschaft
Mitsui Bussan Kaischa entwickelt.
Der erwähnte Hachirobei hatte nicht
weniger als fünfzehn Kinder, die sich zu
einer Familiengefellschoft vereinigten.
DaS war ein in Japan noch c,nz v be
kai.nter Vorgang. Diese Familiengi-s.l?'
schaft besteht noch heute und bildct ein
gewisses Seitenstück zu r Nolfchüs
Familie und ihrer Organisation Ta?
egenwcirtig am'.l'enoberhaupt ist ter
Baron Mitsui Hochirocmon, der vier
zehnte seines Namens. TcS Bakik'
schuft wird cuch h?ute noch , be'rkb,,,.
Die Handelsfirma wurde z;iaft in Sin
gafaki selbständig betrieben, jedoch ir,
Jahre 1876 mit den andern Abteilung-n
bei HouseS vereinigt. Im Jahre V 'i
kaufte die Familie von der Rez:tt"i
das umfassend: KohIenftZd b,-i T
und begann dessen Ausbaut!,,,? t-:-r',
eine Gesellschaft, die 'tn 21 e :i Ä.:s .
Izan Kaischa sührt.