Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, February 14, 1919, Image 2

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    zazltkye rmay ztmu
Fom Jetttjchen zumHleöcrdeutjchen.
'.:.-. t J. ".i!. -fl T u g die
K4 siuinia;ifc fcolbctttii.
Ü2o DJatkmcn hassen dc Teutsch?
. .'. ." schrick Hcbbcl 1SC0 in fein Tag:
.,., Jv'.i iälSj iuuri hinzuc
:.' rn ci ihnen Wirklich einmal gelingt,
1. 'l zu verdränge, wild ein Zustand
U'.:f: ljin, in dem sie ihn wieder mit den
iol aus dem Grübe heraustrat
nuten." Dreieinhalb Jahrhunderte
f-.ih'r. Hütte $laiit Luther ßefagt: El
,'t keine verachtete Nation denn die
J'aliäner heißen uns Be
pn, Frankreich und England spotten
uns, und alle crndern Länder., W:r
t(" ml Gott will und wird aus den
2, 'uchv:n machen? Wie wohl wir eine
t. Staupe vor Gott wohl verdienet
lnLn. AuS dieser Tatsache alle!
U;ui, daß der Widerwille gegen die
i,s,k ii,fav schon so lange beun
'hii',t, wie-inan überhaupt von einer,
. 'ttsä,cn Nation redet, ist ersichtlich, daß
r tiefe Gründe haben muß. als die
lud die nach Kriegsbeginn in unaut
I otlld-'ii ZeitungsartiKln herausgesucht
iiMiden, die alle nur Aeuhcrlichkciten
mantivotfliif machten, wie z. B. im
': rasche wirischastlichen Ausstieg der
' ;,5 erweckte, und häßliches Parvenu
tun. wofür Wir jetzt sagen könne
:!zZsicwmnlcrwcsen, das ältere Her
z.nvoltcr verdroß. .
Die Feinde selbst haben uns über den
YZrund ihres HasseZ vnd ihrer Berath
zunz eigentlich nur mit Schirnpsmortea
i o Berleumdungen dusgeklärt und da
rnit nur bestätigt, das; sie uns trotz des
kZPrm Veckhrs im Aeichen der D-Zuge
urö internationalen Kongresse nicht na
ht kennt- gelernt haben. Es ist auch
wie zu Lutliers Zeiten: .Man
itv.B von den Teutschen nichts in andern
'zvitn." Selbst wo , der Wille zu
Lriindlicher Erkenntnis mit Redlichkeit
uns Gerechtigkeit gepaart war. kamen
doch immer der solche Urteile heraus
wie da! berühmte stanzönsche: Es
i-wile est ä'un atitre ss-. Ein be
I ttt Aberglaube bei uns ging dahin
'x behaupten, da es den Angelsachsen.
!?:. Jktkin" leichter gelange, sich
: UnZ zu verständigen, als den rc
manische Völkern.. Wer Emerson, qc
vu-jj eto wohlwollender Mann, erklart
vbr listig, der Engländer habe keine
Fähigkeit, den deutschen Geist (mind)
zu begreifen. Dabei war selbst bei Ge
Ehrten, die sich berufsmäßig mit dem
Rutschen West befaßten, der redliche
Wille 'zu Gerechtigkeit äußerst selten.
Tü meisten Stimmen bestätigten ganz
vrteeinslujst von der politischen Welt,
bi? kn instinktiver, Widerwillen der
inlifuiten Voller gegeit jene Fremd
those aliens mong the
1 ' '.na of man. .
- Die zornige Verurteilung deutscher
'i war rrö'ist ja nun aber nicht auf
i:S ms im politischen Sinne findliche
U.ui beschränkt. Aus unserm eige,
in Bolle standen allezeit Leute auf. de
rn Urteile es an Schärfe des Ausdrucks
ti ira'nd'relchkn fremden wohl auf
r.lfrn. Darunter sind die größten und
waün'i'n Lernst des deutschen Volkes.
jn der uraelldeten Masse der wurzel
b!tn UcbcrLuer und Nachläufer alles
Fi'mte sll tuet nicht die Rede sein.
dcnln wir einmal an Goethes ver
i naniSoolleB Ausspruch (zu Eckermana
??27), ehe man von den Deutschen werde
s.zz?n 'können, es, sei lange her, daß sie
Azrbaren gewesen, konnten wohl noch
in paar Jahrhunderte hingehen: .Wir
Deutsen sird von gestern.- Und darf
v H der Lotz- und Fauftdichter selbst.
, h.tnm s'piVnSfiiifftTiino k'.Ä im vor-
n'bmsien Sinne repräsentativer Englän-
la wie John Stuart Will übrigens als
im höchst ?'rade widerlich bezeichnet.
cli ehrwürdigste Erscheinung dieses :
,U'ich:a Barbarentums angesehen wer-
wZ .Wir Deutschen sind von ge
f'tn . . . S'.lt das Wort noch, wie
t'!i-ien wir rn wundern, daß nsc
''u-"ie im !,oNzert der ssrtgeschriite
- n ZAUt a'.Z unrein und slörend em
wden wird! Nun tritt uns dies Goe-
rarl verdeutlicht und vcrschärst. bei
' .'.iii ?!ieh!Z'e entgegen, auch einem
i'ftn Repräsentanten deutschen Gei
s-'lens. Er sagt am Schluß seiner
. st sZz unerreicht glänzenden Glosse
? - V.l istersingeroorspiel: Diese Mu.
M am besten aus. was ich von den
r.'t I-n bTlte: ste find von vorgestern
ich vc übermorgen. sie haben kein
' ie'.-" Es ist wohl der Beachtung
I,.rt. daß d:S Äeistersingersorspiel seit-x-m
ein Prunkstück aus allen Festpro-
'in.g gworoen ist.
" V rare j.kch.'s Kritik kl Deutsch.
i ..i3 i'.t aus verschiedenen Gründen im
-- 'T .ri'Tt Augenblick wieder bcdeu
i -".r;! "U.irfcsche ist im Weltkrieg als
. " o' ' ' Lcuge von beiden Parteien
- r u j&rn d-.e deutsche Sache vorge
s t woj:rr. Während sein Zarathu
' 'j k"n d'n Faust die gclesenste Dich
- i.n ti-:; n Schützengraben wurde.
-,rJun TuiZlsnds Gegner, besonders
c cn'(üfsfiin Schemchristen, aus
f i i Sinnbild ein Monstrum.
se w 2 .?eise der Ungeheuerliche
! h. d!'5-n Charakter zur Schau
, ft ? 'rsuclze von deutscher
ZV.' "wS TeusschtllM und seine
'-, t f'lcgi seine Lehre vom
. ' t , t Zu verleugnen, kenn
i-gt lassen. Immerhin
. c - ' 5 irndenj Verdienst deZ
' )f,motixii Ernst
. :i - islen, daß er ein für
l ,"j Teztschtn Nietzsches
t 'icijicf.f, versuch einer
c -crg Bsndi. Berlin).
' -n" ir üb?n?uMd nach, wie
VsMixi wukzklechtem
e l'iocnschsstLche .Kritik
. -sti, kntsxrag, bess
is
, - ,n
rrnr'-smitn x.u'Q(uwm
'.r (p&nhl zu'Luthe
j j.-.;:t 5Jn!?:nEurjfTt snv
h. Auseinandersetzung
- Wien, mit dem
d-r usrin leir.er ?e:'on.
von Fr'ch Seger.
lichkcit. Nietzsche ist mehr alZ ein klass
sches Sinnbild, sagt ernst Bertram, je
lies deutschen Werdens, das er selber
deutlich gemacht hat; seine beständigen
AnZeiriandkrietzungkN mit dem Deutsch
tum bilden eme großartige, vielleicht die
großartigste Auseinandersetzung deut'
schen Wesens mit sich selber. Da nun
Nietzscbe auch in seiner ü'berdeutschcstcn
und widcideutschcsten Zeit immer noch
selbst kerndeutsch verblieb, so werden wir
ou seinen Bekenntnissen am ehesten
Klarheit schöpfen darüber, was eö ist,
daö'die Deutschen zu Fremdlingen unter
den Enkeln Adams macht, zu einem so
allgemein gehaßten Volk, und vielleicht
findet sich dann auch zugleich ein Trost
für diese nicht - wcgzupatturende Tat.
sacht, oder wenigstens ut und straft,
sie trotzig zu ertragen.
. Die Deutschen sind von vorgestern
und von übermorgen,' sie haben kein
Heute. Der Zustand, in dem sie leben.
ist ein Ucdcrgangszustand. ist ein ewiges
Wandeln und Werden, und das war es.
was Nietzsche so sehr verdroß, daß die ;
Deutschen seiner Zeit, nach 10 ohwer
standen, eine Selbstgenügsamkeit an deu ,
Tag legten, die dem wahrhaften Deutsch
tum. wie es sinnbildlich im ewig unge
nügsamcn, ewig strebsamen Faust lebt,
gänzlich widerspricht. Ein Deutscher
ohne die Sehnsucht, über, sich hinaus zu
wachsen, ist seiner Natur und Mission
abtrünnig geworden und damit in ver
öchtliches Wesen ohne Form, ohne. Auf
gäbe, ohne Zweck und ' Sinn.' ohne
Selbstachtusig und Selbstbewußrsein.
In allem Deutschen lebt, der Drang
nach Unendlichkeit. Seine höchste geistige
Schöpfung, die Musik, ist iu ihre klar,
sien Formen doch immer noch umdäm
mcrt mit etwas Jenseitigem. Unlgrenz
tem, Ueberweltlich'm. Und so ist es mit
der deutschen Sprache, die der Franzose
äSrsizormbi nennt, weil sie dem Nur
Logischen widerstrebt, und während keine
andere so schwer mit Vollkommenheit
zu meifier und so leicht zu verhunzen
und durch fremde Beimischungen zu zcr
setzen -ist. die Fähigkeit besitzt, das Jen.
seits des Logischen, das Oiphische, Mv
siischc, . in zukunftsschweren, ewigkeit.
trunkenen Weissagungen . auszutönen.
Sie ist immer im Werden, nie fertig, u
gelhaft wie die französische seit Jahr,
Hunderten. Sie ist immer auf dem
Wege zu neuer Form und Wollendung,
immer guter Hoffnung, das Wunder
ha zu erzeugen. , ,
Und rgie steht es mit der deutschen bil
denden Kunst? Wöifflin sagtr Nor-
bische Schönheit ist nicht eine Schönheit
des Jn-sich-Geschloffen:n und Begrenz
ten. sondern des Grenzlosen und Unend
liehen . . . Die fertige Form bedeutet
der germanischen Phantasie zu wenig, sie
muß immer überspielt sein von dem
Reiz der Bewegung . .
.Muß", sagt Wölsslin. aber welcher
große deutsche Künstler hätte nicht der
zweifelt gerungen nach dir sertigen
Form", welcher hätte nicht in Stunden
der Kühle das hellenische Ebenmaß ver
herrlicht und die Klassizität, die Ruhe
der vollkommenen Harmonie engebetet
in der kühlen Stunde der Theorie.
Tann vber.-in der glühenden Stunde
des Schöpfungsaktes, entstieg seiner
Natur ein gigantischer Ton'o. Keine
andere Kunst zählt so viele Fragmente
unter ihre hb'chstraqenden Wer,'e. deren
riesenhafte Ausmaße ihrer Vollendung
widerstanden. '
Wir fürchten, daß dies maßlos Stre
den ins Unendliche Frevel ist, und die
Beste unter uns leiden schwer daran
und wüteu wider sich selbst, wie Nietzsche
in feinem schmerzvolle Liebeshasz getan
fcnt. Mir baben das brünstige Ver-
U-natn. uns aus dem nebligen Geister-
land in die Realität d Südsonne
diirckizukämvien. aber wir ahnen, daß
knrtbii, ekanaeu uns ausaeben beißt.
Der Widerspruch verver Wnen, ini
. . , . ? , . i ? in
.
leine romanraze Bi.aru!ig, u
unit IwiiifAeä Leiden, und die Auflö-
sung dies mißtönenden Widerspruchs in
n?r k,i?mo!?!Ten eroenaenair. oas
wä d?r Ueberdeutsche der Deutsche
Von übermorgen, an dem die Welt gene
sensoll. Heute noch ist das deutsche das einzige
iaiiskndZäbriat Volk, das kein Bildnis
seiner selbst, das sein Wesen zielweisend
symbolisiert, in der Seele trägt. Wer
von uns wäre nicht mehr Sonderling
als Deutscher? Wie fest steht dagegen
der Engmuder, Frarizoft. Spanier ge
sialiet in seinem Geiste! Daß es es vom
Teutschen kein Wt'sensbild gibt, keine
Definition möglich ist, das ist die dau
erude Beunruhigung der Nachbarvölker,
die nie erraten können, was wir be
zwecken, wohin wir treiben; das war die
tiefe Bekümmerung unserer hellsten
Seelen, die ZA der Gestalt- und Ziel
lostgkeit ihres Voltes, dessen Weg von
Widersprüchen wimmelt, schämten. Es
ist die besondere Kraft und zugleich die
Schwäche des deutschen Geistes, das er
innerhalb des hellenistisch christliche
Bildunaskreises der Natur am nächste
steht, daß er iu sich noch Reste des Chaos
herumträgt, die all seinem Planen und
Schaffen etwas rätselhaft Fließendes
uiid Weltfremdes, Veränderliches und
Beunruhigendes geben. Immer wird
das Unerwartete getan, immer wird es
ander? getan, als die übrige Welt
ahnen konnte, immer mischt sich etwas
hinein, das nicht durch die Gegenwarts,
umstände bedingt, das vicht vo dieser
Welt ist d'nri autre epc
Gegen diese dauernde Beunruhigung
durch das deutsche WeZen. von ver e
selbst nichts weiß, an der ei sich in
schuldig weiß, habe sich die Völker in
gemeinsamem Haß verbündet. Mit
Waisengewslt gedachten sie da! deutsche
Wese zu bezmioge. zu ihreZgleichen
umzuwandeln, eS von sich selbst zu be
freun. Die Rechnung war falsch, v:e
In Admiralen und Kriegzreg.fseuren
such Der Beginn der offenen Feindselig
keükn rorsuss?fZ!zt war. ' Mit physischer
Uebermachi ist das Uebettoeltliche nickt
zu bezwipsen. Wie der englische
Verkamst 'Philip Srr? Zsit
der lebhaftesten Worbereitung (1912
in der Westminstkr Nevuw) in einer
Neihe von Aufsätzen aussührte. be
steht keine Hoffnung. Deutschland mit
Schlachtschiffen ieder.nirinnen. Der
Grunds'' two ktl to onc, ter da
mals vors der englischen Admiralität
ausgegeben worden war (und jetzt auf
den Landkrieg übertragen worden ist),
dränge nicht bis in den deutschen Geist.
Der aber sei das gefährliche Element.
Mit geistigen Waffen solle der Krieg be
gönnen werden, der deutsche Geist müsse
niedergerungen werden, denn er fei der
Friedensstörer Europas. Deutschland
muß dazu gebracht werden, seine Los
rtigkeit kinzugestehen die es zu einem
Fremdling macht unter den MensAen'.
Das Echo dieses Tons, der 1312 unbe
achtet zu vertmllen schien, ist wahrlich
mächtig und tausendfältig angewachsen.
Einzig und allein durch ein neues
Deutschtum - wird das jetzige über
wunden werden, durch ein geiiaries
nh tikkrttZ Deutschtum, durch ein
Deutschtum, das die Sehnsucht nach dem
Unerreichbaren in eine Zinnvoue aqn
drängt und vereint mit dem Willen zur
Wirklichkeit und dem Bewu! ein ver
Gegenwart. Nur durch die Not getrie
den fand von jeher das dnitsche Bolk
dkn kraden Wea. Aus der Not allein
und wann wäre sie größer gewesen
als heute? wird ei UeverSeutlcytum
K?rnra?K,n das wiederum ein Heute
hat, ohne fein Morgen und Uebermor
gen aufgegeben zu haben. 2enn ze. 0
sind wir icfet aus dem Wege, die Aufgabe
zu lösen, die ein Jahrtaufmd lang den
deutsche Geist gequail bat: Wer j
tig rnit dir. werde als Einheit, was du
als Vielspältioes bist. tverde Einheit.
wirkliche, wirkende. Wir sind's noch
nicht, wir Werden s aber, es ,it noch man
getan und schaben, es i als er im
Schwang, es ist nicht das Ende, es ist
ober der Weg . . . Denn r- um noaz
w?ttkk mit Lutber als dem grundlegend-
sien Teutsche, wie ihn Ernst Bertram
vknnt. ZU reden: .Dies Ueben xn ml
ein Fromm sein, sondern ein Fromm
werden, nicht ein Gesund sein, fon
der Gesund werden, überhaupt nicht
ein We s e n, sonder ein Werven.
nicht eine Riche. sondern eine Uebung."
Sa rcdcn sie.
Luöfprüch die man im Tier. und.
Pflggzenreiche bcllmschknIountk.
.Tea schreckt der Berg nichts der
darauf geboren," sagie die Ameise,
als sie aus den Haufen kletterte.
So'n bischen Französisch das ist
5och ganz wundeiM flötete das
Gänseblömchen. d, ms, es
.Marguerite' nannte. , . j
.Wem der große Wurf gelungen!'
zitierte die'H ünd in und schaute h
acht Jungen n.
' Immer, langsam v,ran!" murmelte
der Krebs - ta ging er rückwärts.
Er will uns damit locken," kicherte
dik'Mäuse. als sie den Speck in der
Falle witterten ..... und ginge doch
hinein. ' '
Es fiel ein Reif in der Frühsmgs
nacht seufzte das Faß. da war' ihm
wirklich einer geplatzt.
.Wem GoU will rechte Gunst erwei
stn, den schickt er in die weite Welt." i
erklärte der deutsche Hose, als er im
Kühlraum des Dampfers nach Amerika ,
suhr.
Mich triift der Schlag!" stöhnte i
die Paule.
Der Kerl ist ein wahres , Brechmit. .
'Ml sagte der Schsihund zum
Papagei, ls der Hausfreund in daS
Zimmer der gnädige Frau trat.
Zugleich ein ,nger und ein Held'."
rief der, Frosch, der sich im Msser
spiegel lxsah.
Man 'mutz auf Alles gesaßt sein!
flüsterte der D i a m a n t, der c ' dem
Busen einer Schöne blitzte, als sich die
Kette löste und er in dem Ausschnitt
-Herschlvand.
Das. Hemd ist mir näher ols,der
Rock.', kicherte der Floh.
Raum, ihr Herren, dem, Flügel
schlage einer freien Seele." gackerte daS
H u h n, nachdem es ein Ei gelegt halte
und auf den Mist flatterte.
Da sieh ich. ein entlaubter Stamm!"
jammerte der Tannin iaum, als
er, feiner We'chnachtspracht entkleidet,
iu eine Ecke des Hosts gestellt wurde.
Das sind des Himmels furchtbare
Gerichte." spöttelte der Ekiamplg
non mit einem Seitenblick auf'Boh
nen, Erbsen uns Linsen.
Der Tod nd das Vtädckcn."
Leutnant:, , gnädiges Fräulein,
'fingen Sie das Lied noch einmal, das
Sie gestern vorgetragen! ... Wie hieß
es doch gleich? ... Der Tod und .. .
daS Dienstmädchen von Schubert!"
377I
Tourist (zum Führer, der . ihn zu
rinem berühmte Wassersall geführt):
WaS verlangen Sie?'
Führer: .Fünf Mark!"
Tourist: .Wie kommt das? Mein
Freund war vor einigen Tagen hier
und von dem verlangten Sie doch Uo$
drei Mark." ' '.
Führer: ' .Heut' ist tkn Alpen
gliih'n dabei!" .
Freusdkckakt bleibt schönen Frauen in
d K-gel versagt, derin sie haben bloß
Lerehrer ?d Feindinnen -'
o
O
V
Novelle von
A einem Nachinittag hätte ich zwei
Sargen folgen sollen, aus verschiede?
Kirchhöfen, weit voneinander entfernt.
Beide Fcicrlichkcitcu wäre fast zur scl
den Stunde kinzesetzt,
Ich hatte die Wahl, lind ich iibcr
legte, wo sollte ich hingehen?
Zu dem einen hätte ich nicht zu kom
mcn brauche. ES war ein ehemaliger
Osfizicr, ein Kamerad zwar, aber durch
allerlei Umstände tas Lebens aus der
Bahn geworfen: einer, mit dem man
nicht mehr verkehrte, den man nicht sah.
von hm- man kaum mehr etwas wußte.
ES wäre nicht aufqesallcn. wenn, ich
nicht ersch'cn. eine Vcrpslichtung lag
ickt vor.
Der andere dagegen war .4 hoher
Stellung gekommen. Ich wußte, alles
würde ihm die letzte Ehre geben, alles,
was Namen, Stand und Slang in der
Stadt besaß: daö Osfizierkorps. die Be
amtenschaft. die städtische Behörden,
Abordnungen einer Menge von Wohl
tätigkcitsvcreinen und Einrichtunge.
denen der Tote jahrelang Vorgestanden.
Ich wußte, an dem Grabe würde man
alles trefscn. was man in der Stadt rr
Bekannte besaß. Es wurde ein ganz
grokes Begräbnis.
Ein großes Begräbnis eine Lern
jenen Handlungen, die ich hasse, die mir
immer vorgekommen f,nd wie ein Riese
ball, wie tine Rcdoute. wie ei Rout.
eine Reunio. wie etwas, bei dem man
den Grund der Anwesenheit völlia der
gilit. nur die Häupter seiner Lieben
zählt, nur feststellt, ob der dagewesen
und jener nicht geMlt. eine Herden
Unternehmung, ein Triumph der Mas
seninftinUk. ein Gepränge, ein Site
spiel mit Mustk und Fahnen und Reden,
etwas für Ohr und Auge, wie eine ae
waltiae Theaierdekomtion. eiwaZ. bei
dem Kummer und Teilnabme. Schmerz
und Mitaekübl. Sichdersenken. stille An
dacht und Sammlung gänzlich ousge
schlössen iind,
Ich sab sck?n vor mir. wie nicht ein
mal die Angebörigkn. die Kinder, in die
sem ernstesten Augenblick ihres Lebens.
Wo man den Vater hinaiirua. wirklich
zur Erhebung, zur nnersickkit kommen
konnten. Denn all die AkukerliÄeite
de MmschmdaseinS herzten hier vr.
ertoieien ttf-tl andere, erstickten jede stille,
h'imliche Regung. : ,
Eine Träne wurde unmöglich, es war
fast dazu keine Aeit. All die Abord
nuiigen und Menschen mußten begrüßt
werden, daß keiner es übelnahm, wen
man seine Anwesenheit übersah. Es
bm Hände reichen und Hände reichen,
nicht zum Abschied biminter'i Vif
Gruft, sonder Zum Willkommen: es
dich mit kummervollem Gesicht Brilcids
Worte entgegennehmen, die sich tausend
mal wiederholten, eine Formel bei der
Hand haben, um jedem zu danken, eine
Verbeugung machen je nach der Sie!
lung dessen, der sein Mitgefühl' aus
sprach, mit kummervollstem Gesicht,
nachdem er eben noch einen Scherz ge
macht und ein paar Augenblicke darauf
freundlich lächelnd einen Bekannten be
grüste würde.
Wie ich mir das überlegte, kam mir
die Frage: Wozu? Einer unter den die
len. ki? mehr unter den Hunderten,
dielleicht Tausenden wozu? Man
würde meine Abwesenheit vielleicht rächt
bemerken, ja gewiß nicht bemerken. Ich
tat den Ueberlebenden keinen Gefallen
und dem, der die Auge geschlossert, ge
wi5, noch weniger.
Da wendeten nch meine Gcdaimn vem
stillen, kleinen Begräbnis zu. das zur
selbe Stunde am andern Ende der
Stadt stattfinden sollte.
.Ich wußte nicht, ob es Angehörige
gab, wieviel, wer. Ich wußte nichts, als
daß des Tote Leb?" eine üble Wendung
genommen, das er ausgeschieden war
aus der Gesellschaft der sich anständig
nennende Leute, daß er gemischt war
den auS der Reib: seiner Bekannten.
Und wie ich es mir überlegte, wurde
mir die Tat von damals wied klar,
die ihm sei Schicksal beniiet.
Ich sah ihn wikder vor mir. den
schlanken. Zunqen Offizier; ein hübscher
Kerl, ein iüch!ia'k Soldat. Und wie es
mir oft gebt, daß ich von Menschen, de
ren Gedächtnis jahrzehntelang zurück
liegt, nur noch eine einzige Vorstellung
habe, so stand er mir ia der Erinnerung
seltsamerweise nicht als Offizier, nicht
in Uniform, sondern in Zivil, mit einem
kleinen Hiiichen auf einem Ohr, einem
kurzen, hellen Ueberzieher. aufgekremel
ten Hosen, die Hände in den Seiten
Aschen, rechts der Stock, 'er Mit der
Zwinge cu der Schulter angelegt war,
fast wie der gezogene Säbel, im Mund,
Winkel, schief nach Unls gedrückt, eine
Zigareite. aus der leise der Rauch auk
stieq. wobei er das linke Auge zukniff,
weil ihn der Qualm beute.
So war er verunglückt. So in dieser
Haltung, in diesem' Anzuae. Er ailt
in einem Tanzlokal, das er .vielleicht cie,
rsu so iesilchi, wie ich ihn im Gedacht
nis halte. Streit bekommen, der ia eine
Prügelei ausartete. Er hatte Zräktig
und geschickt wie er war. zwei ftincr
Gner zu IRod' qestr'ckt.
Und das Unolück wollte rs: einer da
von and nicht wieder aus.
Er wurde v'riirt'ilt. Er so iah
lan w'fl'n ?vtschs"Z: die Notwebr
knn!k festn'gM wrdm,' denn "lle
'wn l'H'M'Un, er iabe Wne Eeg
ttx berauZgefordert, er der. Streit an
g?knae Viele, vvle Jahre warm darüber ver.
oanen. Er war freiakksmm. daike
im ?s iislaud zielebj. ward vergessen. Alle
B'üehungen brachen ab, die Zeit
räumte unter s-inen- Fesannken, seine
früber: Kameraden auf, seine Ver
wandten .irden. Und heute wurde er
in aller Stille eingescharrt.
Da kam mir das Gedachte il 0
manche frohe Stunde, die ich mit ihm
oenossen. tn manches Glas, das wir zu,
sammen geleert. Das Gühl beherrschte
mich: dort tm:f.!t H bin. Vielleicht
war ich der einjise der ihm die letz
Ehre gab, und Wen niemand dem
Zwei Gräber.
Gesrg Fre'cherr vsn gtatpieNt.
Sarge folgte, so Würde die Anwesenheit
eiue Vulschcn vielleicht dem Toten
Nuhe '.m Ärabe bringen. .
iö'lku Augenblick ward ich wieder an
de.er Meinunst, mir kam die Idee son.
rerbar vor llxr endlich ent'chloß ich
i,iich doch und ging hinaus.
?)cr Kirchhof lag außerhalb der
Stadt schlecht zu erreichen. Bon der
letzten' elektrisch! Bah aus mußte ich
weit, wit dre staubige Straße in. die
Ebene hinausgehen, ganz allein. ' .
Kein Wagen rollte an mir vorbei, kein
Mensch teilte den Weg. Ich gewann
immer mehr die Ueberzeugung, ich würde
dort Zraußcn niemanden finden als de
(Äcisilichen. der am Grabe sprach.
Endlich sah ich die graue Kirchhofss
mauer leuchten, ein ricjigcö Geviert, von
Feldern umschlossen, denen durch Tau,
sende von Kanälen, von Riden, die stil
len Schläfer Dung. Nahrung und
Wachstum zuführten. ' .,
Ich trat ei. Niemand war zu sehen.
Nur a der Parentationshalle stand ein
Diener der Beerdigung Gcscllsckiajt,
fchivarz. mit einem Dreimaster.
Es war ganz pill, uirgcnds ein Laut
zu hören, nur in weiter Feme einmal der
heisere Schrei einer Tampspscise, aus
einer Fgdrik. Dana wieder unendliche
Stille.
Der schwarze Mann blickte mich er
staunt an, fast als sei er ey'chrocien. daß
überhaupt jemand kam. Tun machte
er von weitem, als ich eine Augenblick
zögerte, um mir den Schweiß abzuwi
schenk denn es war, ei brütend warmer
Vorfrühlingstag, eine einladende 5k
feardc mit der Hand, zeigte auf die
Tür zur Halle, als wollte er sager"
Bitte, treten Sie nur näher. Hier ist
es!"
Ich blickte mich noch einmal um, sah
zum blauen Himmel auf, an dem ia r, '
siger Höhe ganz kleine Wolken standen,
geflockt, in einer langen Reihe, wie ein '
aufmarschiertes Regiment Kavallerie.
Und richtig, in der Mitte, ein Stück vor
der Front, eine einzelne weiße Wolke im
Himmclsraume verloren: der Stab.
Ich sah nach der Uhr. Es warcn noch
einige Minuten Zeit. Und ich ging
langsam mn Kirchhofsweg rechts hinein,
den ewige Ruhestätten in langer, trau
mcnder Reihe umstanden: alte Gräber
mit verwitterten Inschriften, teils von
hohen, kahlen Bäumen überragt, teils
halb eingesunken, schlecht gepslcgt. zer,
fallen.
Die Hände auf dem Rücken, schritt ich
die Gräbcrreihe hinab, las ab und 5
einen der Namen; Namen, die mir, ver
ich in der Stadt groß geworden, bekannt
klangen. Hier und da Jellte ich nach
den Zahlen on Geburt und Tov fest,
daß es wohl der Vater oder Gwßv?ter
oder irgend ein Verwandter eines Freun
des oder Bekannten gewesen. v
All diese Menschen hatten ehrlich vver
unehrlich gegen das Leben gckämpst, rnit
Glück oder Unglück, genau wie der. der,
da dr'uvrn der Halle lag und wartete.
zwischen sie gebettet z wechen.
und Mich udenam eiroas wie rin w
fühl, das mich emportrug. Wcr wußte
jetzt vo diese müden Schläfern allen?
Waren sie gute oder böse Menschen gewe
sen. hatte sie ei glückliches Leben ge
fuhrt und waren begraben worden i
Ehr? und Ansehe wie der. dem man
zu dieser Stunde auf dem Kirchhof m
andern Ende der Stadt die letzte Eh
Lab?
Oder mochten sie heimgegangen ftm
wie der. dem ich. wie es schien, fast al
!ci ia einer Viertelstunde solgen wurde?
Wer fragte danach? Kleinliche, al
deine Gedanken. Sie waren olle wcgge
löscht aus dem Gedächtnis der Allge
meircheit. . Nur wenige ihrer nächste
Angehörigen wußten noch, b sie gut ge,
tan auf dieser Erde oder ihnen eine
Schandfleck hinterlassen. Und wenn die
wenigen ihnen hier hinaus eines Tages
solatcg, dann verehrten die Enkel viel
leicht als großen Mann"den. der bei
Nacht und Nebel in Unehre hier ringe,
scharrt war, und Wußte nichts, gar
nichts mehr von dem, dem ma hohe Or
den auf dem Kissen vachgctragen. den
ma mit Gepränge unter Begleitung
der halbe Stadt beigesetzt.
Das Gefühl hatte sich mir noch nie
f? zwingend Lufgedränqt: der Tod macht
all?? gleich, der Tod löscht alles auS, der
Tod ist der größte, mildeste Vergeb
der Tod läßt uns daS Leben ertragen.
Alte Weisheit! Banale Weisheit, die
Milliarden von Menschen genau so vor
mir vielleicht empuuden. und die Milli
arden nach mir aufgehen würde wie et
was m, etwa, das erst sie entdeckt
haben.
Ja, etwaS, das wirklich erst sie eni
deckt, wie ich es entdeckte, indeln jder
die Ersahrukigen der gesamten Mensch
hat im kleinen sür sich wiederholt.
Aber es brachte mich in die rechte
Stimmung, und ich schritt der Parenta
tioiishalle zu. Der einsame schwarze
,Mann öffnete d Tür. ich trat in den
leeren Raum, i dem rechts und links
leere Stühle standen, den eS war nie
mand da.
'Nur in der Mitte stand der Sarg.
ernst, schlicht, ihm zu Häupten der Al
tat mt einem steinerne Bild ia der
Wand, einem Christus, der da zu spre,
chea schien: Kommet her ,u mir!"
Ich blieb am Eingang stehen Mir
war ernster zu Mute els je i solcher
Stunde.
Auf dem Sarge lag nur ein Kranz,
dürftig, mao'r. klein, und zu Füßen ein
b' scheid'ner Palmen zweig.
Bei dem kargen Schmuck kam mir der
Gedanke: wenn ich mn Kranz hätte,
mir ei paar Blumen, sie dem früheren
Kameraden mit ins Grab zu geben.
.Da trat der Geistliche bor. aus einer
Wand immergrüner Gewächse, in
schwarzem Talar. ein junger Mann. Er
warf einen Vlick auf mich. Ihm folgte
ein lies Miitterch's?. ar,, in Schwarz,
nur ein, srau? Schal trug sie. halb
tn den Sck,l,,rn.g'si!Nkn. den sie vrn
?k beid'g Hände zszmnienku't. Sie
schie sich liütl in der lang' Tippel,
reihe von Stühle auf den zweiten von
der Ecke, ganz allein. Dann begann hin
tcr der Tazuswand ein dünn Chor von
alten Kirchcnsängern mit etwa lüden,
durch die vielen Heimgänge in Wind und
Wetter erkälteten Stimmen zu singen,
sehr leise, als hätte er Angst, er könne
in dem leeren Raum ein Echo wecken.
AIS der Geistliche sich herumdrehte
und das Gebet gesprochen, sah er mich
an, machte mit der liicken Hand eine
kurze Gebärde wie: Kommen. Sie doch
näher.
, Ich setzte mich zwei Stühle entfernt
von der alten Frau. Da begann der
junge Pastor seine Rede eine Red:,
die mir anders zu sein schien, als ich je
eine Hchvrt. '
Er mochte noch nicht lange im Amte
sein, mochte noch nicht viele seiner Mit
menschen zur letzt' Ruhe begleitet ha
den. Es warm warme, ungewöhnliche
Worte, als wäre es ihm eine Freude,
einmal seinen Gedanken freie Lauf zu.
lassen. Es warcn die Trostworte der
Kirche. Bibclstcllcn, der Stil unserer
Geistlichen, aber es war auchlngcwöhn
lich viel Persönliche? und Menschliches
darin.
D Leere des Raumes, die zwei Mcn
schen nur, die anwesend loarcn, lochten
seiner Art etwas andres aufdrücken, als
man sonst gewöhnt war. Er sprach nicht
wie zu einer Traucrvcrsammlung. Er.
wendete sich schließlich ganz persönlich an
uns beide, er schien feine Worte zu tci
len zwischen uns und dem, der dort ia
dem Kasten lag. '
Er sprach vom Frühling, der jctzt wie
der ia die Lande kam, der heute zum
erstenmal seine jungen Schwingen rege.
Denn es war kalt und unfreundlich bis
her gewesen und heute fast ei Sommer'
jag. Er sprach ,vom Scheiden des Men
fchen dann, wenn die Natur erwacht.
Sie. die jedes Jahr mit vttjnügicr Kraft
wiederkehrt, jcoes Jahr Gottes Schö
psui,z schöner erscheinen läßt für das
Auge das vielleicht fühlt, daß eö immer
weniger st den cnz wird erblühen
sehen. &t gewann EwigkeitSgedankcil
dadurch, ungekünstelt, an von selbst
auS dem 'Laus der Natur hergeleitet. Er
sprach sa,r riichi5'Lber den Toten selbst,
er möcht vo de Verwandten nicht un
terrichtet sein, er sagte kein Wort des,
TrosteS an eine bestimmte Person. '
Ich war ganz gefangen, sah ihm in
die Auge und überließ mich dem Zau
der seiner Stichme, einem weichen, wun
dcrbarcn Baß. i Und als er nldigte und
de Segen sprach mit erhodencr Hand
über- de Toten, 'der vor m't lag, als er
ihm Friede verkiüidete im Namen Got
tes, ks Vaters un d des Sohi.es urd des
Geistes, als er M wieder zum Mar
herumwendete und! hinter drr Tarus
wand der dünne arm,e Chor lxiann,noch
leiser sast als vorher, da kam mir ein
Gefühl, als hätte ich, eine solche
Stimmung und Weihte' empfunden. .
Die Türe öffnete rk sich, die Träger
erschienen. . Sie nahMe 1 einen
Kranz und die Palme sie höbe den
Körper auf. gingen langsam hinaus, der
Geistliche folgte, dann d' alte Mütter
chen, und ich schloß Mich Jen.
Als wir hinaustraten blendete des
Licht von allen Seiten, Ämslutete uns,
von der blauen Klarheit deZ Firman,ents
niederzcftrahlt. Nachdem ', sich meine
Augen an die Helligkeit gewohnt, blickte
ich auf und sah wieder das weiße Flok
kenregiment drobe am Himmel ieuch
ten, jetzt verzogen, seltsam umgebildet,
eine Wolle voraus und die; andern in
der Kolonne hinterdrei. Und wie ich
den Chor hinter dem Sarge sivgea hörte,
wahrend wir langsam den Kiesweg zwi
schea den- Gräbern hinunttrschritten,
klang er mir fast wie Paradeirzusik dort
obea am Himmel, als defilierte unser
altes Regiment, vor dessea Zikgen der
Tote einst geritten wie ich. z
Es ging durch die Gräherreihi!,. Wir
bogen links ab, ei paar Stelle 'wareu
leer, ein paar Gräber waren ftisch'i, Ich
fah Blumenschmuck von dm Tageul Vor
her; die braune, lehmige Erde, we sie
aus dc Feldern draußen um dc Kirch
hof vom Pfluge umgebrochen lag, trat
zu Tage, eine weite, öder Fläche erschau,
gleich einen, noch ichj bestellte Felde,
dos zu karten schien aus die Totenssst,
die, langsam dea Raum füllend, einmal
Wucher würde bis hinein i den letzten
Winkel, bis n die grauen Mauern, die
das Totenfeld abtrennieavon den Nah
rungsfelder draußen.
Ein frischer Hügel. Der Sarg ward
niedergesetzt, über die Bretter auf die
Gruft geschoben, und der Geistliche
sprach.
Ich hatte den Hut vom Kopse genom
mcn. Jch'dar nicht bei der Handlung,
war nicht ergriffen, war nicht traurig
und war doch dabei. Ich war bis i
die tiefste Seele, bis in die letzten Fasern
Ut Nerven gepackt, denn eS schwieg so
wunderbar am uns, ols wäre die Stadt,
die doch nicht weit entfernt lag, nicht
mehr da, als stünde dieser Kirchhof ganz
elltia auf der Erde, als läge der andre
nicht drübt, wo daS große Trauerge
prange vor sich ging.
Mich beglückte diese unendliche Ruhe.
dieser gewaltige, hoch, riesen-riesenhoch
sich über unk wölbende Himmel mit de
kleine, weiße, ziehende Wolken, dem
einen Zuge zu Pferde, der dem Sarge
des ehemalige Leutnants folgte, dem
symbolischen Zuge, der in die Ewigkeit
führte, der ihm das Geleit jetzt oben i
den Wolke gab. In dea Himmel hinein.
Ich hob den Kopf nd blickte Immer
hinauf. Ich hörte nur dumpf, wie in
den Finger der Leute die Seile litten.
wie leise nten der Sarg aufstieß. Me
chanisch warf ich dem tote Kameraden
drei Hände voll Erde nach. Ich drückte
eine Hand, der Geistliche ging. Die
Leute waren emsig bei der Arbeit, leg
ten die Breiter sock, schaufelten die Erde
zu, es polterte, der. Lärm wurde gcrin
g'i . . , Lehm und Erde fielen aufein
ander
ab . .
. . d Tiefe des Sturze nahm
der Hü! bcgan sich zu wölben.
Xti r.w Kranz und
d?r Palrr.e tuirf t
würd? dZ!sufz?lcgZ.
Und ich sal, ini!
. .. vcrfe ich allein am Gm'e
,.,!?. fcnjj hfii alte Äciblcin wfchwun. ,
dc war. 1 .
Es war nickt die Mutter aelvescn.
Eine Mutter Ware geblieben. Eine Mut ,
tcr hätte sich on da Grad gelieur. iicrnc
sich auf den Hügel niedergelassen, halle;
Blumen angepflanzt, den Kranz und bei
Zweig anders gelegt, wie sie dem Sohn
das letzt Kissen gerückt und die Sterbe
decke gclattet. Nein, es war die Mutter
nicht. "'"''
m, r Innr ril P.i;i Ncrwalidle? Bin
Reicht die Zimmcrdcrmictcri mir, VW
klcht die 'iofcnleau w"v
Nun ginge die Leute; ich nicht. M'i
war es. als dürfe ich nicht gehen. Koimle
er allein bleiben, ganz, ganz allem ;
Hatte er denn nicmd auf der Welt?
Ich überlegte. Er hatte keine Bcr
wandten mehr gehabt; ich glaubte zu
wissen, daß seine Eltern schon danialL
nicht mehr gelebt, und jctzt waren so
viele Jahre seitdem vergangen. Was
bleibt von uns Menschen nichts. Eine
Erinnerung nicht einmal. Wir habe
unter ander gestanden, wir habe an,,
der wohlgetan, wir haben andern Glück
gebracht, wir haben andern Liebe gf
boten, sie mit Zärtlichkeit übcrhaufi.
Wir sind unter den andern Menschen ge
schoten, vollwertig wie sie. Eine
Dummheit, ein Unglück, ein Zufall warf
uns aus ihrer Mitte. ' Wir sind fort,
und e bleibt nichts.
Das Gedächtnis an uns ist gcschwuii'
den. Kein Mensch weiß mehr, daß wif
einst die ganze Welt begehrten, daß w'l
einst unser Leben uns bauen wollten Wie
olle andern, daß wir Ehrgeiz besessemha.
den, hinauf strebten. Wenn unser Fliig
einmal gebrochen ward, dann bleiben wir
zurück, und. nach unabänderlichen Gc
setzen fliegen die andern ihre Bahn we
tcr. Mann über Bord! Es ist keine
Zeit, sich weiter darum zu kümmern.
iln hnrf, rnnrh dicscZ Menschenkind
auch einmal von einem Vater mit Jubel
begrüßt. An seiner Wiege hatte auch
einmal träunund die Mutter gesessen
und gedacht: er wird Groß:?, mein
Sohnl" Für ihn war nichts gut genug
gewesen, sür ihn hätte sie alles getan.
Und alle die andern, die mit ihm auf
der Schule gewesen und gespielt, denen
er etwas bedeutet hatte wo waren sie
Waren sie fortgeblasen wie Spreu vor
dem Winde? Lagen sie auch schon hier
draußen, oder wußten sie nur nichts von
ihm?
Und die. mit denen er seine Jüirg-linae--
und ersten Mannesjahre vcr
bracht, war er ganz ausgelöscht für sie,
konnte der Tod nicht versöhnen?
, Aber ich? Vielleicht wäre ich auch zum
großen Begräbnis gegangen da drüben,
vielleicht hätte Notwendigkeit gesiegt oder
die Eitelkeit, gesehen zu werden von den
andern. Daß ich es nicht getan, war
Zufall. Stimmung. Eine Stimmung,
die wie die Magnetnadel gerade in die
sem Moment durch Irgend einen törich
tfh Umstand nach links, nach t;m stillen
Begräbnis aufgeschlagen.
Ich ging weil, ich machte einen Bo
gen. Ich nahm dc Weg zwischen den
neuen Gräbern hin. laS die Name,
sie sagten mir nichts. Dann schriü ich
über die kahle Fttiche, die noch keine
Morgengabe vom Tod empsanac, noch
junasräulich dalag. Und mir lau, der
Gedanke: War es wirklich so? War nichl
dieser Teil auch gedüngt von Menschen
gebetn? Vielleicht in vorweltliche Zei
ten, daß jemand hier begraben, daß eine
große Schleicht hier stattgefunden, daß
die Menschen ihre letzte Stätte auchhiek
gebabt.
War richt der ganze Boden, aus dem
wir genommen, von unserm Gebeins
Ein ewiger Wechsel, ein Kommen und
Gehen.
Immer kleiner und gleichgültiger u
schien mir das einzelne Wenschendaskin.
Und wir sollten richten! Und wir
sollten einem andern die Ehre absp
chen oder geben! Wir sollten uns vn
messen, mit unsern blöden, kurzsichtigen
Augen den Wert eines Menschen jfstzu
stellen!
Ich wurde irre an ollem. Tie Wal.',
vo Achtung, von Ehre, von Ansehen,
von Leistung, von gut und schlecht vcr
blaßten ia meinen Gedanken. Ich sah
nur noch eines, ein Gleiches, ein Allge
meines, dem wir nicht entgehen, das alle
Massen aus den Händen windet, daZ
de erhobenen Arm niederzwingt: den
Tod.
Aber ich, sah ihn nicht als Grausen
und Schrecken, sonder als Vrrsöhnung.
als Trost, olle Tissonanzen lösend. , .
Als ich den Riindgang um die jungen
und alte Gräber und die ungedügten
Reihen vclleiidet und wieder zurück
kehrte zu dem frischen Hügel, auf dem
die beide letzten Zeichen d:s Gedenkens
lagen, setzte ich mich auf eines er Bret
tcr an der Seite, lehnte den, Rücken gk
gen die Wauer nahm de Hut wieder
vom Kopse und blickte in der großen
feierliche Stille, in dir sonnigen Wärme
de ersten Frühlingstages zum Himmel
lwhen blauen Firmamente ans. an, in
Triiume dcrunkcn.
Oben hat!c sich die kkimn Wölkchen
verwischt; k ine einzelnen mehr, seine
Reihen, kein Zuz. seine Schwadron, sein
Rcgir icnt. 0! es aufgelöst zu einem wci
chen, hellen WolkenbaNcn. Und mir
schien, als vare der Blick durch nichiz
mehr nehkM!,t. ls könnte ich hoch nd
tief hivkinskhcn in die unendliche Bläue,
weiter, weiter, immer weiter, den ganien
Weg entlang, dm die S'kle meines Ka
meraden gcsloqcn. den Weg. den sie zog
rein, körperlos, bkfreit von Mensch'!,.
V"F'chen und Zrd'nschrvere. Und eine
unendlicie bf,,ch,, verzehrte mir da'
ttn, d ersuch! nach etwas llnw
stimmten, Uüg'wisik'n: Simmun" '-.
Traum P?ks,. ' J
Hausrkgc!.
f!1' den du beerbst.
Sich rb ',, zu Bette legen,
S. hol nicht gleich drei Aerzte her
TS mir leicht Verdacht erregen.
Im Gefängnis.
ZuHm (i, b!t Zelle): Hkll'e nach,
nuüaz besucht der Hr Minister V,
Anstalt! Rich'et Such darnach! "
Saun.t (zu e-nem Mitg'fgpz..,.,..
ineJ, D machst die gonueutS!" ."