Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, November 14, 1918, Image 2

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    Tägliche Omaha TrlbKne
1
. 4!u8.)
Die Cchwicrigkcit nun. di Kinder
standesgemäß unterzubringen, führt die
btsscren Familie dazu, die Kinderzahl
zu beschränken, und auch i'i den unteren
Schichten, wo das Standesgemäße eine
permgere oder überhaupt keine Rolle
spielt, sind gerade die tüchtigeren Ele
, mente. die sich durch Fleiß und Sparsam,
keit heraufarbeiten, eben durch ihre Ion
, servierenden Instinkte veranlaßt, eben.
MS die Kinderzahl niedrig zu halten;
ist ganz natürlich, daß sie ihr biZchcn
vermögen nicht in eüie große Nachkom.
menschaft verzetteln wollen, während
. das leichtsinnige Volk der untersten
Cchichicn ruhig ein Kind nach dem an
dein erzeugt. Die weniger tüchtigen
BevLlkcrungselemcntc vermehren sich
also viel stärker als die Tüchtigeren.
Won Pearson wurde nun ein überaus
wichtiges Gesetz nachgewiesen, daß mim
. lich die Halste der zweiten Generation
iner Bevölkerung von nur zwölf Pro
zent der gesamten Bevölkerung der er
sten Generation erzeugt wird. Tiefes
' Gesetz gilt nicht nur für die gesamte
'Bevölkerung, sondern auch wieder inner
yau, der einzelnen sozialen Schichten.
In der dritten Generation stammen
jchon 73 Prozent der Bevölkerung von
dem fruchtbareren Teil ab; in der nach.
, sten schon O6 Prozent. Die Kinderzahl
der oberen Klassen ist nun feit einigen
Jahrzehnten in ständigem Rückgang be.
' riffm. während der weniger tüchtige
. Teil der Bevölkerung durch die Verbeffe
. ung der ökonomischen Bedingungen
, -und den Rückganz der Mortalität an
' Fruchtbarkeit zunimmtund sich immer
mehr ausbreitet.. Unter diesen Umstän
den muß aber die durchschnittliche Tüch
tigkeit einer Nation rapide sinken, und
', der Mangel an großen Männern heut
zutage ist ein Zeichen, daß der Rückgang
schon eingesetzt hat. Der Untergang der
Griechen und Römer ist ein furchtbares
. Beispiel, wie in einem kurzen Zeitraum
, von etwa hundert Jahren nach der höch
sie Blüte keine grofjm Männer mehr
dem Volke erstehen, wie auf einmal die
großen Familie erlöschen und nur ein
, unfähiger und zügelloser Haufen gering.
wertiger Menschen übrig bleibt. Die
Wolkszahl vermehrte sich wohl noch, aber
. die besseren Elemente heirateten nicht
viehr und starben aus. DaS pflegt man
der moralischen ' Verwilderung zuzu
schreiben, aber diese moralische Degene
ration ist, nicht Ursache des AuLfterbens,
sor dern umgekehrt die Verminderung
der Zahl der besseren Elemente ist die
Ursache .der moralischen Entartung, in
dem sich4, die leichtsinnige Masse immer
stärker vermehrt und ihren Leichtsinn
- und ihre Mwdcrweriigkeit in ihrer Nach
ismmenschast vererbt und unaufhaltsam
ausbreitet. Der Luxus der guten Fa
" rnilien ia Rom und in Griechenland zur
Zeit der Blüte war wohl Verhältnis
mäßig stärker als heute; wie weit er die
Beschränkung der Kindeizahl bewirkte,
läßt sich an unseren heutigen Verhält
Nissen nicht ohne weiteres messen, da die
ökonomischen Verhältnisse der damaligen
guten Familien von den heutigen we
. sentlich abwichen. Diese Dinge verdie.
neu die allerernsteste Beachtung des so
ziolen Gesetzgebers.
Gibt eS nun Mittel. die degenerieren
den Einflüsse zu beseitigen und die Zahl
der Tüchtigen konstant zu halten oder
gar zu erhöhen? Der Luxus zunächst ist
- etwas viel zu Fasziniuendes, als daß
. man ihn mit Zeitungsartikeln eindäm
rnen könnte. Und es hätte wirklich lei
' jien Zweck, den jungen Leuten der oberen
' Kreise zu predigen, sie sollten früh hei
raten And in einer Vierzimmer-Wohnung
im Hinterhaus Kinder , zeugen. .Seine
- sozialen Gewohnheiten gibt niemand so
. leicht auf; und ei? zunger Mann, der es
, zu etwas bringen will, kann sich einfach
bei knappem Einkommen nicht mit Weib
und Kind belasten. Wohl aber könnte
' man das Gewissen beträchtlich inbezuz
uf die Qualität der Heirat schärfen.
Tie öffentliche Meinung ist setzt immer
hin soweit schon aufgeklärt, daß man sich
geniert, eine notorisch ungesunde Person
zu heiraten. ' Aber lieber Gott, wenn die
Familie gut ist und wenn Geld da ist,
dann meint jeder, es sei eine gute Par
'tie, und man fragt nicht lange, ob er
dumm oder gescheit sei und in eine
dumme oder begabte Fsmilie heirate.
, Es ist traurig,, wie wenig doch eigentlich
. die Intelligenz aeschätzt ist. Berbindun
. gen zwischen Dummen und Gescheiten,
AwiMn Gesunden und ungesunden soll
' 11 in Diel böhercm Grade mit dem
Stigma der Mesalliance belegt werde
als 'Verbindungen zwischen sozial nicht
Gleichgestellten. Es ist gerade so fchlimm,
als wenn man Vollblutpferde mit
Trofchkengaulen kreuzte.
Wir haben gesehen, haß die wohl
' sttuierten Kreise den Bedarf der Nation
n sehr befähigten Männern nicht decken
können. Die Nation hat also das aller
' k roßte Interesse, daß die sehr begabten
Leute der unteren Schichten an die Front
, ßelckngen und daß sie zweitens in den
Ctino gesetzt werden, so frühzeitig zu
heiraten, daß sie noch Aussicht auf eine
große NachkommeNsckaft haben. Und
hierfür sind die Chancen heute in
Deutschland erheblich schlecht als . B.
in Englans. Betrachten wir die Chan
cen, die ei' erptionell begabter Sohn
eines armen Bauern oder Arbeiters in
den verschiedene Berufen hat. Be! einer
technischen Begabung erste Ranges ist
er ganz fichr. einen glänzenden Weg zu
machen; er wird zunächst wohl Schlosser,
kommt in eine große Fabrik und hat da
. Gelegenheit und .Anrezung, sich selber
fortzubilden. Bü$,tt bekommt er leicht,
Lnd M seiner Begabung hat er keine
technisch. Hochschule nötig, um sich die
mathematischen und physikalische Kennt
Nisse nzuk'gnkn undsich auf daZ Gebiet
) UuwJ itocit'rt Cf!'i'Bor!bffe I
rwne um . flHirt, täiunn m w
t 'i -Kniet Namil ft!?flitt Bti fil Nicht
hlii ,la tsmdtmi tjeJud".
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t frr ff -M' '.';? fr ? )f
fcct-i!$M&
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GngeniK) n n
von Wilhelm vetz.
Zu konzentrieren, da ihn am meisten in
teressiert, und er wird sehr bald in lei
tende Stellungen aufrücken. Da er sehr
viel früher angefangen hat als ein In.
genieur. der von der technischen Hoch,
schule kommt, wird er sehr bald den
Vorsprunz des Diplomierten einholen,
und mit dreißig Jahren wird- er wahr
fchcinlich keine schlechtere Stellung haben
als ein regulärer Ingenieur mittlerer
Begabung, und mit vierzig Jahren schon
kann er irgendwo ein leitender Mann
sein. Der Arbeiter oder Bauernsohn
mit exzeptionellen kaufmännischen Fähig
kcitea hat vielleicht etwas schlechtere
Chancen insofern. alS er sich seines Ta
kentes in der Regel wohl nicht früh be
wußt wird und deshalb nicht ,eitia in
die Stadt zieht und eine zielbewußte
Ausbildung sich verschafft. Indessen ist
wegen ver Crvlicykcit der Begabung
wahrscheinlich, daß irgend jemand in der
Familie schon kaufmännische Talente hat
und dem Jungen die ersten- Schritte
ebnen kann. Dann käme wohl die poli
lischt Begabung, und .dies ist ohne ora
torisches und journalistisches Talent nicht
möglich. Ist es da. dann sind die Cban
cen äußerst günstig, daß einer Partei
führer wird, und ein Ministersessel ist
dann nicht geradezu ein Ding der Un
Möglichkeit, auch in Deutschland nicht.
Das politische große Talent hat aber in
England ganz wesentlich günstigere Be
dingungen als in Deutschland, und zwar
bei jeder Partei. Wenn einer englischen
Parteileitung bekannt wird, daß irgend
wo ein junger Mann mit vielversprechen
den parlamentarischen Fähigkeiten und
ausreichender Bildung existiert, dann
sorgt sie dafür, daß er ins Parlament
kommt, und dann hängt es nur von ihm
ab. wie hoch er's noch bringen wird.
Die besten Chancen haben vielleicht
Künstler und Musiker. Das Talent
pflegt sich früh und eklatant zu zeigen,
und dann finden sich Stipendien und
Kunstfreunde, die dem jungen Mann
weiterhelfen. Ich habe den Eindruck, daß
von den Herdorragenden Menschen am
Häufigsieg Künstler und Musiker aus
kleinen Verhältnisse stammen, was aller
dings vielleicht nicht ganz Erfolg der
besseren Chance ist. Denn eine kleine
künstlerische Veranlagung der Eltern ver
bessert nicht die materielle Lage der Fa
milie, während es die kaufmännische An
läge tut. Sehr viel schlechter sind die
Chancen eines armen Jungen für die
jenigen Berufe, die eine Univerfitätsbil
dung voraussetzen. Einmal Zeigt sich eine
ausgezeichnete wissenschaftliche oder juri
stische Begabung nicht in früher Jugend:
Männer ersten Ranges waren nicht sei
ten schlechte Schüler. Aber auch finge
nommen, ein Junge lerne ungewöhnlich
gut in der Volksschule, so nützt ihm das
sehe wenig. Wenn sich der Lehrer oder
der Pfarrer oder Pastor für ihn inte,
ressiert. dann können sie ihm ja höchstens
magere Stipendien verschaffen, an deren
Ende die Existenz eines Lehrers oder
Pfarrers oder Pastors winkt, nicht mehr.
Und sehr oft wird in Junge, in dem
ein großer. Naturforscher schlummert,
keinerlei Neigung zu einer solchen Exi
ftenz haben und er wird-die Möglichkeit
zu studieren gar nicht ergreifen. Kommt
er ober nun glücklich zur Universität,
dann ist er gezwungen. Theologie oder
Philologie zu studieren, keil es nennens
werte Stipendien für Juristen oder Me
diziner oder für die anderen Naturwis
fenschaftcn überhaupt nicht gibt, und weil
außerdem alle Stipendien mit beendetem
Studium erlöschen. Angenommen, es
stecke ln dem .jungen Mann ein Medi
ziner ersten Ranges, dann kyrn er gar
nicht daran denken. Medizin zu ftudie
n; Theologie oder Philologie werden
ihn langweilen und er wird notgedrun
gen ein schlechter Pfarrer-oder ein sÄech
ter Pastor oder ein gelangweilter Schul
meister, und seine außerordentliche Be
gabung ist für die Menschheit verloren.
Nun kann man allerdings annehmen,
daß ein Mann von fuperiorer Jntclli
genz und fuperiorer Energie Mittel und
Wege finden wird, seine besondere Be
gabung und seine besonderen Interesse
zu betätigen. Aber Intelligenz und
Energie sind von einander unabhängig;
es ist alfs ein ganz besonder! glücklicher
Zufall, wenn eine Intelligenz ersten
Ranges mit einer Energie ersten Ranges
im selben Individuum vereinigt ist. Und
man kann wohl sagen, daß eine große
Zahl' ganz hervorragender Männer der
Wissenschaft nicht imstande gewesen
Ware, sich einen reichliche Leoensunter
halt zu verdienen, wenn sie ganz auf sich
selbst gestellt gewesen wären, wenn die
Allgemeinheit nicht dadurch für sie ge
sorgt hätte, daß sie eine Stellung an der
Universität bekamen, eine Stellung, die
häufig fast die ganze Zeit dem Professor
zu eigenen Arbeiten zur Verfügung läßt. '
Nun hat ein ordentlicher Professor im
allgemeinen ein ausreichendes Einkorn
men, teilweise sogar ein recht großes
Einkommen; und auch ei ordentlicher
Professor kann, wenigstens auf den wich
tigeren Professuren der größere Univer
siiäten, von 'seinem Einkomme leben,
aber nur bei sehr bescheidenen Ansprii
che heiraten. Nua dauert es aber im
Durchschnitt mindestens zirka sieben
Jahr: vom beendeten Studium an bis
zur Professur, in denen das Einkommen
praktisch Null ist, eS fei denn, daß für die
betreffende Wissenschaft ein- Institut be
steht, wo dann ein Afssftentengehalt von
meist nur 1200 Mk. zur Verfügung steht.
Ei wohlwollender Ordinarius kann
außerdem noch ein paar hundert Merk
aus den Piaktikumszelder in die Tasche
der Prioatdozente fließe lassen, aber
uf jede Fall kann ein junger Man !
nur bei größter Bedürfnislosigkeit von !
dieser Summe existieren, und von Hei !
raten kann keine Red. sein. Da! heißt
also schScht wohne und schlechte Ernäh
runz ia ein LebenZperiode. wo die me!
pen grofen Gelehrten, wie Oftwald so
oft betont hat, ihre beste Ideen, ihre
n?'Hf ' ,ft3j,n 'f f'1 "i? sit?!rf 'f ?f ? s'"i tff'trf!i'ff
große Konzeption haben. Vermögenslose
junge Leute auö den ob,ren Schichten
werden sich auf eine solche Misere nicht
einlassen, können also an die akademische
Laufbahn gar nicht denken, am wenig
sten die originellen Köpfe, denen eine
Kidlich schnelle akademische Karriere
nichts weniger alS sicher ist. wenn sie die
gewohnten Bahnen verlassen. Und die
Leute auS den unteren Schichten, die ja
die nötige Bedürfnislosigkeit mitbringen,
sind wieder von den Professoren nicht
gern gesehen, weil sie äußerlich wenig
präscntabcl sind.
Nua kann man allerdings hoffen, daß
die Intelligenzen allerersten Ranges sich
schon als Studenten so auszeichnen, daß
man sie zu halten sucht, oder, wenn sie
Schullkhrcr geworden sind. das,, sie Seit
genug finden, sich so auszuzeichnen., daß
sie on die Universität berufen werden,
wie Ranke und Mommsen z. B. Abcr
diese Hoffnung ist noch lange keine Si
chcrheit. Männer wie Leibniz werden
nicht zugrunde gehen, aber wen ein
Man wie Kant vor dreißig Jahre als
Sohn eines Fabrikarbeiters geboren wor
de wär, dann ist es sehr zweifelhaft,
ob er zum Studium und zu einer Pri
vatdozentur gekommen wäre, und ob er
ohne daZ dann noch Zeit und Kraft und
Gesundheit und Anregung gefunden
hätte, die .Kritik der reinen Vernunft'
zu schreiben, ist höchst ungewiß. Es ließe
sich ine ganze Reihe von Männern nen
nen. die als Studenten keine eklatanten
Fähigkeiten zeigten, namentlich solche,
die später ihre eigenen Wege gingen und
neue Zweige der Wissenschaft inaugurier
ten. Diese finden von der Universität
aus keine Ermutigung, und wenn sie
nicht zufällig in leidlichen Vermögens
umständen sind, sodaß sie eine Zeit lang
zusehe können, dann müssen sie sich, so
frühzeitig nach einem gut nährenden Be
ruf umsehen, daß ihnen keine Zeit bleibt,
ihre Ideen ausreifen zu lassen. Diese
Inkubationszeit darf man nicht unter
'schätzen. Wenn sich nicht zufällig die
Interessen eines bedeutenden jungen
Mannes genau mit denjenigen Feldern
der Wissenschaft decken, die ia einem be,
stimmten Zeitpunkt gerade von den
Maßgebenden angebaut werden. dnn
"dauert es einige Jahre nach beendetem
Viuoium, v'.s ver junge "Mann Dasjenige
Arbeitsgebiet taftend herausfindet. daS
ihm nun wirklich und aan, eiaentlick in
teressiert und alle feine Gedanke ia An
fpruch nimmt. Diese Entwicklung wird
aber in weitaus den meisten Fällen durch
die Geldfrage abgeschnitten. Ein jun
ger Mann ist in der Regel, bevor er
überhaupt sein Studium beairint. schor.
auf seine künftigen Beruf festgenagelt. ,
eqe er uveryaupk eine Ahnung hat, was
etwa Medizin ist und wag sie von ihm
verlangt. Bis man merkt, daß die Be
rufswahl ein Mißgriff war. ist es fast
immer zu spät, noch einmal umzusatteln.
Mit achtzehn Jahkea ist der junge Man
noch ganz unreif und kennt sich selber
noch nicht, er ist erst gegen daS 25. Lc
.benejahr ausgewachsen, auch körperlich.
Für die Nation ist es ja ziemlich gleich
gültig, ob sich irgend ein Durchschnitts
verstand als mäßiger Mediziner oder als.
mäßiger Jurist oder Chemiker durchs
Leben bringt, aber es ist von höchster
Wichtigkeit für die Nation, daß die ori
ginalen Köpfe den Weg zum richtigen
Platz finden, und nicht nur die Stud'en.
ten. sondern alles waS von oute Ködien
auch in den untersten Schichten Lorhan
den ist. Das ist eine Ausgabe von der
größte Wichiiakeit und durchaus nicht
ein dilettantischer Conntagswunsch. Man
muß also einmal die outen Kövse Ker
ausfinden, und dann muß man auf
Jahre hinaus für ihren Lebensunterhalt
sorgen. In Deutschland wird für Schu
len und Universitäten mehr getan als in
irgend einem anderen Lande, aber kur
die Auslefe der guten Köpfe und ihre
Unterhalt geschieht so gut wie nichts.
Anders i Frankreich und anders in
England. Im Prinzip hat bekanntlich
jeder, auch der ganz unbemittelte Fran
zo,e. die loglichieit. sich die höchste Aus
bilduna Vl erschasseii mnä für ich
Stufe von der Qualität der Examens
leistung abhängt. Die Ecole Polytech
Niaue etwa ist ein Internat, dessen Alb
solventen sofort eine Anstellung, als In
genieur ooer Ar:merie-vfsiz:er' erhalten.
Und ähnlich be! anderen hohen Schulen.
Diese habe ober nur eine beschränkte
Anzahl von offenen Stellen, die Kon
lurrenz iil ans ganz enorm, vie Era
mina sind sehr schwer, und aualikinert
das Eramrn einen iunae Man Mit
zur Aufnahme, dann bedeutet die Era
menvoroereilung einen ganz erheblichen
Zeit und Kraftverlust. Durch eine
Reihe ausaezeichncter Eramea wird der
Sohn armer Eltern also zum gemachten
Mann, da auch die spätere Karriere noch
auf eine große Strecke durch ein gutes
Ezame günstig beeinskußt wird; und die
Motive, sich für die Ezamina anzustren
gen, und für die rungea Leute recht stark.
Das französische System war im Prin
zip also ideal, wenn die Güte des Era
mens wirklich ein scharfer MakttaS Mi
die Intelligenz wäre. Aber gerade die
originale Kopfe, deren Begabungen
nicht auf dem Gebiet der Eraminatio'nS
facyer liegen, wervcn keine hochwertigen
Eramina ablesen und das Leben mit
schlecht'S Chancen beainnen. Kan, an
derS liegen die Dinge, in England, wo
ja : arom a.e;l des Erziehungswe
senk auf privaten Unternebmunaea be
rubt. Eine Menae lokaler Schulen wer
de von de reichen Leute der Ümge
vung unreryauen, oser man stiftet Bei
trage oder reichliche Stipendien zum
Besuch einer besseren Schule oder der
Universität. Solche Stipendien eristie
re in großer Menzr. und jede große
Schule verfügt über einige. Tritt irgend
wo ein fähiger Junae aus. dann lallt tt
dem Lehrer der dem Pastor nicht schwer.
eine reiche Man für ih zu interes
ftaflV bet ih zunächst eint gute Schule
"(n r rrfTTff f s f'i Hl f"f itfff? rmrfift'' 'Mnfti
besuche ' laßt, wo er Gelegenheit hat.
eines der vielen guten Stipendien von
dreitausend bis sechstausend Mark pro
Jahr zu' gewinnen zum Besuch einer
Universität, und da kann er wieder ine
gut .Fellowship" erreichen, die ihrem
Inhaber dielleicht auf sechs Jahre in
Einkommen von sechstausend Mark ver
schasst, wofür nicht daS Geringste von
ihm verlangt wird. Die verschiedenen
.Fkllowships- sind in ihrem Wert na
türlich recht verschieden, abcr eine gute
,Fellowship- hat diesen für deutsch
Verhältnisse ganz unerhörte Betrag,
und es ist durchaus nicht seht schwer,
eine solche zu erreichen. Und waS weiter
gar nicht zu unterschätzen ist, der Soh
kleiner Leute lernt in Oxford und Cam
tridze gute Manieren, und durch eine
gute Fellowship" kann er in London
salonfähig werden, wenn seine Neigung,
vay,ngcyi. xtx Gewinner nun der
höchsten akademischen Auszeichnung in
England, der .Senior Wranalcr". da!
ist der Mann, der daS beste Examen in
Mathematik macht, hat die denkbar be
sten' Chance für irgendeine Karriere,
er findet offene Türen, wo er sich auch
melden mag. Tie Namen de! Senior,
Second und Third Wranglcr Pflegen in
den großen Zeitungen des Landes publi
ziert zu werden. -
WaS blüht dagegen einem Zungen
Mann In Deutschland von ausgezeichne
ter mathematischer Befähigung? Wenn
es hoch kommt, wird ihm zur Habilita
tion geraten, und wenn er kein Geld hat.
werden wohl die paar Hundert Mark für
ihn flüssig gemacht, von denen er kllm
merlich fein .Leben fristen kann; oder es
bleibt ihm nichts übrig, als Schulmeister
zu werven. wo feine möglicherweise für
ganz andere Aufgaben geeignete Jntclli
genz für die Allgemeinheit verloren
bleibt. ES war aufs dringendste zu
Wünschen, daß reiche Leute, die an sich
gewillt sind, größere Summen für die
Wissenschaft bereit zu stellen. Stipendien
stiften, die so reichlich zu bemessen wären,
daß unvermögende Privatdozenten an
ständig davon leben könnten, Stipendien,
die die Stifter, wie das in England
üblich ist. ja mit ihrem Namen verknüp
fen könnten. Teutsche Verhältnisse sind
auf Stipendien nicht zugeschnitten, und
es wär wohl nicht leicht, die Dinge wirk
sam zu organisieren, aber man bedenke,
daß das Geld wohl angewandt wäre,
wenn unter hundert Stipendien nur eines
einem großen Mann zugute käme. ES
ist eben ein schwierig Ding, einem jun
gen Manne anzusehen, was noch aus ihm
werden mag.
In Deutschland hat in guter Kopf
höchstens in den Landschulen die Chance,
bemerkt zu weMn und vielleicht einen
Gönner zu finden. ab:r nicht in der
Stadtschule. Ungefähr ein Drittel' der
deu:chen Bevölkerung lebt aber in
Städten über zwanziglaufend Einwoh.
ner. und gerade ffd. intelligentere, unter
nehmungslustiger Bevölkerung zieht sich .
nach den Städten. Abcr selbst wenn
dort der gute Kopf durch irgend einen
Zufall entdeckt würde, dann behält cr
immer ine relativ geringere Gesellschaft
liche Stellung, während er in England
ein Peer werden kann. Dcr englische
Adel ist bekanntlich weit weniger erklu
si als der deutsche, er ergänzt sich be'
ständig aus den tüchtigsten Leuten der
Nation: nicht nur Politiker, 'Admini.
straioren. Militärs, fordern auch emi
nMe Geschäftsleute, die höchste Richter.
Liieraten, Künstler und Männer der
Wissenschaft werden mehr oder weniger
regelmäßig zu PeerS gemacht, wenn sie
reich genug sind. Sa kommt es, daß der
englische Adel in der Tat vielseitiger ist
und einen, weiteren Horizont hat als die
deutsche Aristokratie.
ES bleibt mir noch übrig, in Wort
über die Geschichte der Eugenik als Wis
senschaft zu sagen..' An der Londoner
Universität besteht ein ,Eugenics-Labg
ratory". daS exakte Untersuchungen über
die . hier erörterten Fragen vornimmt.
Sir Francis Galton hat im Jahre 1863
ein Buch Heredikary Genius" erscheinen
lasse, in dem er nachwies, daß die Be
gabung erblich ist. daß die Mehrzahl der
bedeutenden Männer Blutsverwandte
hatten, die weit über daS Mittelmaß
hinausragten. Das war damals etwas
ganz Neues, da man in den Fußtapfen
BucklcS alles durch da! Milieu erklärte.
Galton. ei Vetter Darwins und ein
Mann von ganz ungewöhnlicher Viel
feitigkcit, bat dann die Probleme der
Erblichkeit i einem zweiten Buche .Na
tural Jnheriiance' 1889 ganz bedeutend
vertieft und auf eine mathematifch-stati
stische Basis gestellt. Bald darauf hat
dann der Mathematiker Karl Kearson
(Verfasser der auch inS Deutsche über,
setzten Gramm es Science) neue stati
stische Methoden zur Untersuchung der
Eoolution überhaupt zu entwickeln be
gönnen. Seit 3301 gebe Galton und
Pearson die Zeitschrift .Biometriku"
heraus, wodurch eine neue Epoche der
Evolutionstheorie inauguriert wurde,
indem damit der Anfang ineS mathe
matifch exakten Studiums der Lebens
erfcheinungen gemacht wurde. Durch
die .Pearsonschen Methoden ist , eS jetzt
tatsächlich ermöglicht, die Veränderungen
zahlenmäßig zu erfassen, die eine Art In
sukzessiven Generationen erleiden maz.
wenn auch infolge experimenteller
Schwierigkeiten dieser Teil der Unter
suchungen noch nicht sehr weit gediehen
ist. Denn um zu zuverlässigen Schlüssen
zu kommen, müssen die Beobachtungen
an Hunderten von Exemplaren unt.'r
einheitlichen Bedingungen angestellt wer
den. Die vitale Wichtigkeit dieser Dinge
für die nationale Wohlfahrt hat dann
Galton veranlaßt. auS eigenen Mittel
ein besonderes Institut für das Stu
dium der menschlichen Verhältnisse ,
gründen. Es wäre interessant zu wissen.
auS welchen Schichte die hervorragenden
Teutsche hervorgegangen sind;'' trotz
??ler Perorationen ber die Superiori
tät der Germanen existiert nicht einma,
eine Statistik darüber , ob die Sllddeut,
sehen ode? die Norddeutsche mehr groü'
Männer produziert haben.
Gott ist allmächtig, doch lang cr der
Mitwirkung deS Glaubens nicht entbeh
ren, um de Mensche zu retten.
wmm rm
itaiiM
miML
Lünstlerdmmll.
.', f '
2us den? Schwarzbllchs eines polizeibeattlten.
Von Zssef Erler.
Andrem Sikvestri."
.Silvestri? Vielleicht eine Verwandle
Fei, Silvestri,. de, ersten Tenor, un
seiet italienischen Oper?"
.SkZNk Frau."
Ueberrascht blickte ich aus die kleine,
schmächtige Gestalt, die In der bescheide
nen Kleidung einer einfachen Bürgers,
frau vor mir stand. War eS möglich?
Dieses unscheinbare Wesen sollte di
Gattin SilvestriS sein, des .göttlichen
Fclice', der. wo er auftrat, die für
Buiznenyciden allerdings leicht empfang
lichc Herzen der Damenwelt im Sturme
eroberte, ein Erfolg, den er jedenfalls
mehr feiner männlichen Schönheit, als
der Kunst seines Gesanges verdankte.
ueoer seine clangskunst waren über
yaupt mcnwurdige Gerüchte im Um
laufe. Man erzählte sich, daß er nie
inen regelmäßigen Gesangunlerricht g
rossen habe, ja daß er nicht einmal die
Noten kenne. Dagegen sei seine Frau
hochmusikalisch gebildet, sie sei es gewe
sen. die feine Stimme entdeckt und Ihm
lese .Partie einstudiert habe. Aber nich
genug cm dem. Bci jdem, Auftrete
halte sie sich hinter den Kulissen in sei
ner unmittelbaren Nähe auf. gebe ihm
nicht nur stets im knt,che,denden Mo
mente den Ton an, sondern singe ihm
jede größere Arie vor. Felice Silvestri
sei ein wunderbarer lebender. Automat,
Andrem Silvestri aber dessen Besitze
rin. die ihn mit Meistersft beherrsche,
Sie erriet wohl, welche Gedanken sich mir
bei ihrem Anblicke aufgedrängt haben
mochien, denn ei bitteres dasein um
spielte ihre schmalen blassen Lippen. .
.Ich bin Ihnen nun wobl keine Un
bekannte mehr, Hcrr'Polizkidirektor?
.In der Tat nein. Frau Silvestri."
erwiderte ich und wies ihr einen Fauteui
an. .Ich bade bereits von Ihnen r
zählen gebort."
.uns kc,i,ames. nicht wahr? Be.
fondcrS über mein Verbältnis zu mei
nem Manne? Ja. es Ist wahr. WaS er
ist, ward er durch mich, durch mich allein,
Und nun. o, es ist empörend!" Ihre
Auaen füllten sich mit Tranen.
Ohne ein Wort der Teilnabme wartete
ich diesen Ausbruch des Schmerzes ab.
Aus me'Ner Praxis wußte ich ja, daß
dies das einzige Mittel war. welches auf
das zarte Geschlecht beruhigend zu wir
ken vermag. Auch in diesem Falle be
währte es sich wieder.
Verzeihen Sie mir. Herr Polizeidi
rektor, ich bin nicht mcbr Herrin meiner
Gefühle. . Es ist auch nicht zu verwun
dern, wenn man das aanze Glucksae
bäude. das man sich mübsam mit dem
eigenen Herzblute errichtet hat., plötzlich
zusammenstürzen ficht.
Es bandilt sich um Ihren Gatten?'
fragte ich, um endlich einen Grund dcö
Bcniches der Dame ?u..rsahren.
- Um ihn und sie, die mir Fclice
entreißen will.
.Jbr Gatte hat Sie hintergangen ?"
.Hinteraanaen? O. wenn es nur die?
Ware: Daran bin ich bei Fel,ce ae.
wöhnt.-' Aber diesmal handelt eL sich
um mebr. Die Albank
.Unsere Primadonna?"
.Ja sie. diese Elende it Ihn so in
ihre Nctze verstrickt, da tl die Besinnung
verlöre hat und mich verlassen, will
ihretwegen verlasse für immer! Des
halb bin ich zu Ihnen gekommen, Herr
PoiiZkidlickior.
.Und WaS soll ich dagegen tun?'
.Sie müssen dies abscheuliche Unrecht
verhindern. . Heute abend ist der Schluß
der Cpernsaison. Morgen frug schon
will er mit ibr die Stadt verlassen -ohne
mich, sein rechtlich angetrautes
Weib! Dagegen muß es auch In Ihrem
Lande ein Gesetz aeben, lieber als an
ihrer Seite will Ich Fclice im Gefängnis
wissen.'
.Ich bedaure. Frau Silvestri. aber
die Angelegenheit ist vollkommen priva
ter Natur und entzieht sich daher meiner
Jngerenz."
.Und die gerühmte Macht der Po.
lizei?'
.Ist. wie Sie sehen, viel geringer als
ihr Ruf. Sie müsse eS selbst ver
suchen. Ihren Gatte vom äu'rsten
Schritte zurückzuhalten. Ihr Einfluß
auf ihn Ist dzch groß.'
.Er war es sie aber hat ihn ver,
nichtct. Fclice Ist ihrem Banne verfal
len. wie er einst dem meinen war. Aber
ich lasse ihn mir nicht rauben und
sollte eS mein Leben kosten? Wa Ist
mir auch daS Lebe ohne ihn? Nicht
einen Tag. nicht eine (Stunde könnte ich
Ihn missen. Ich habe ihm alles, selbst
meine Seele gegeben wenn mein Necht
die menschlichen Gesetze nicht zu schützen
vermögen, werde ich allein den Kampf
um ihn bis zum letzte Atemzuge fllh
ren!' '
Sie ha tie sich erhoben und diese Worte
. ! i r . c c. m t i 1
in .ji iinci Illz!mrcnor?l miui yervorge V
n7t.n sjttttVxrri. n.:t i . A
(IVBIII. HAIB UIIIUUUU.C ÜS'.lD, P09 jj'j
mir. gekommen, war. hatte sich In ine
leidenschastliche Heldin verwandelt. auS
deren dunkle Augen eine dämonische
Macht blitzte. -
Jetzt begriff ich 8, daß die Zauber
gewalt.'di sie über den Sänger ausüben
sollte, keia Märchen war. '
Als sie mit kurzem Gruße mein Bu
au verließ, fühlte ich tatsächliches Be
dauern, daß Ich diesem Weibe nicht die
erbetene V:I?e hatte gewähren können.
Dieses Gefühl konnte ich mich auch
nicht bis zum späten Abende tntschlagen.
Ich hatte nickt die Absicht gehabt, die
Schlußvorstellllnz der italienischen
Oprnsaison zu besuchen. Man gab
.Tosca'. Die Oper hat! Dank Ihrer
musikalische Schönheiten trotz bei ab
stoßende mord und bluttriefenden
Sardoufcben Sujet! einen große Er
folg erzielt. Mir aber hatte sie zu hohe
Anfsrderun, an meine ohnehin durch
meine dienstlichen Obliegenheiten park i
Anspruch genommene Nerven gestellt
und hatte ich mir daher nur abwechselnd
-mm mm !, tu
einzelne Teile derselben angehört. Heute
zog eS mich jedoch wie mit unsichtbarer
Geivalt in das Theater. Als ich das
tm betrat, hatte eben die Pause vor
dem letzte Akt begonnen. DieS war
mir willkommen. Ich konnte dieselbe be,
kiuskn, um nach ffrau Cilverstri zu
sehen, die ich jedenfalls auf der Bühne
treffen mußte, wo sie sich während jeden
AUsireiens ihres Gatten unfehlbar aus
hielt. Ich brauchte auch nicht lange nach
ihr ,u suchen. Sie stand Im Vorraume
oinicr vcr zweiten jtiiline vor tnern
Ständer, an welchen eine Anzahl Ge
wehre gelehnt waren. Einel derselben
hielt sie In der Hand. Ich grüßte. Sie
erivioerie nur mit einem luchligc Kops
nicken. ES schien mir. als ob sie von
meinem Erscheinen nicht angenehm be,
rührt wäre.
WaS machen Sie hier, Frau Silde
stri?"
, .Ich habe die Gewehre geladen, mit
denen Mario erschossen wird. Ich tue
ocg ver zever Borpellung. seit mein
Mann in Palermo durch ein zufällig
icyars geladenes Gewehr bald um da!
Leben gekommen, wäre."
.Zufällig?'
.Man sagte eS. Eine gerichtliche Un
terfuchunq wurde über Bitten des Im,
prefario nicht eingeleitet. Ich habe un
ter der Bedingung zugestimmt, daß in
Zukiinftmiir von mir selbst geladene Ge,
wehre In der Exekutionsszene verwendet
wurden. Sehe Sie hier meine Muni
tion.'
Sie nahm aus einem Täschchen eine,
wie ich sofort erkannte, ursprünglich
scharf geladene Patrone, aul welcher die
Kugel entfernt war.
.Haben Sie keine eiamen Theakerpa
tronen in Verwendung?
Nein, Ich breche die Kugeln selbst aus
den Patronen und fühle mich dadurch
sicherer.
Und wie steht die Angelegenheit mit
Ihrem Manne?"
.Sehen Sie selbst." Sie w!eS nach
einir Ecke der Bühne, In welcher Silve
stri mit der Primadonna im angelegen!,
liehen Gespräche stand.
Es war em prächtiges Paar. Der
gottliche Felice' von großer und doch
evel geformter Gestalt, mit einem klas
sisch geschnittenen Gesicht, dessen Schön,
heit nicht durch die künstlichen Folter
wunden Marios entstellt, sondern eher
gehoben wurde und die junonisch aebaute
Albani, die In der ebenso reichen als ver
fuhrcnschen Soireetoilette der .Tosca'
d:r armen kleinen Frau deS Sängers
allerdings vollen Grund zur Eifersucht
geben könnte. Der schrille Ton einer
Klingel unterbrach meine Betrachtung.
Mit raschen Schritten näherte sich uns
ver Inspizient mit einem Trupp Sol
Daten.
Ist lleS in Ordnung?' fragte er
vrau isiivenrl.
.In voller Ordnung,' erwiderte sie
wnios. ihre Blicke wie geistesabwesend
starr auf daS verräterische Paar geheftet.
.Dann schultert die Gewehre. Zwei
Wachen auf Vit Bastion, die übrige
warten hier, vis sie abgeholt werden,
Wbne frei, alles auf die Bläke!'
Das elektrische Layiewerk verkündete
den Beginn des dritten Aktes, daZ Or
chester intonierte das Vorspiel.
Frau Silvestri. deren Antlid marmor
bleich geworden war, hielt den Gewehr
ständer krampfhaft umfaßt, sie schien
einer Ohnmacht nahe.
.Fassung.' flüsterte ich ihr rasch zu.
.auch diese für Sie so schwere Prüfung
wird ihr Ende finden.'
Jawohl, ihr Ende.' Sie reichte mir
die Hand. Eisig kalt lag dieselbe einen
Moment in der meinen. Dann war
Frau Silvestri hinter der Szenerie der
Kasematt' verschwunden, in welcher Ma
rio seine große Abschiedsarie zu singen
hatte. . . .
Ich wollte daS Theater verlassen,
konnte es aber nicht. Unbewußt betrat
Ich meine Loge, di Teilnahme an den
Personen, denen ich heute vor und hinter
den Kulissen die Rollen In einem Drama
auS dem Leben zugefallen waren, über
wand mein Abneigung gegen die letzten
Sckuerfzenea der Oper.
Fell Silvestri hatte eben jene erarei
sende Arie gesungen, mit welcher der
zum Tode deS Erschießen! verurteilte
Mario Cadaradossi Abschied vom Lebe
nimmt. Dieselbe hatte sonst immer
einen Triumph deS Sänger! gebildet,
heute hatte r aber damit kein Glück ge
babk. Seiner Stimme hatte der Klanq,
seinem Vortrage der Ausdruck gefehlt.
War Frau Silvestri nicht an-ihrem ge
wohnten Platze, oder fühlte sie sich in
folge ihrer GemiitSaufregung außer
stände, ihrem Gatten die richtigen Tön
zu soufflieren? Da! Publikum fragte
nichs danach, fand sich enttäuscht und
verlangte heut z'un erstemal gegen die
bisherige Gepflogenheit die Arie nicht
zur Wiederholung. Auch daS Duett
Mario! und ToSca. In welchem sie ihm
die Kunde bringt, daß sie den Polizei
Präsidenten Scarvii getötet habe, nach
dem sie ihm die Begünstigung abgerun
gen, daß on Maris nur ine Scheinere
kution vollzöge tvürdt und sie mit ihm
dann flikben könne, erzielte nicht die ge
wohnte Wirkung. Nasch llle die Hand
lun, ihrem Abschluss ,u.
T,e ErekutionStrudde erschien auf der
Bühne. Mario hatt der Mahnung
TcZcaö. ja viöglichst nalurgetreu feine
Tod zu markieren. Folge leistend, mit
entbsößter Brust Ausstellung nommen.
der Exekutionskommandant hob seinen
Säbel, die Schüsse krachten und Mario
turzte ckcp über zu Boden. Ter Poli
zeibeamte Spoletta warf höhnisch den
Mantel über den Körper de! Gerichte
ten und marschierte dann mit der Truppe
ab. Nun war der aufregendste Mif
ment der grausigen Handlung gekom
men. ZoZea ruft dem Geliebten tu. daß
der Weg frei sei und ihm in ihren Ar ,
ktiwi.M mMiiimt fäiüj.ituij Mtmititjkitt .i.jJjJLtUluUl
me In neue, Leb winke. Mario!
Mario! Keine Antwort. Sie nt
scrnt de Mantel. Wie gut er den
Tote markiert! Me hebt sein Haupt
schwer fällt dasselbe zurück sie sieht
Blut 'ein 'entsetzlicher Schrei man
hat betrogen ihren Mario nicht
zum .Scheine, sondern wirklich r
schuft-, .
Auch sie stieß die Albani diesen
furchtbar., v auS. aber er klang
mir noch -g und markerfchllttern
der als so,.,.. 'te die Haare, ge.
därdete sich v?.' "iußte erst den
Spoletta. der w:. -r Szene er
schienen war, gewa..' der Leiche
gerissen und daran r. 'den, daß
sie den Todcssprung von 'tion in
die T'ber auszuführen ha., sie
dann auch wankend, die letzten ,sv'ortc
vergessend, mit welchen sie Scarpia vor
EottcS Nichtcrstuhl zu reifen hat, unter
nahm.
Der Vorhang fiel -und da! Publi
kum, übcrwültißt von der Nealistik die,
fer Darstellung, brach in frenetischen
Beifall aus. . -
.Albani! Sisvestr!! Fuori! Fuori!'
donnerte eS auS vielen hundert Kehlen
durch die Räume des Hauses, abcr um
sonst der Vorhang hob sich nicht.
Weshalb? Ich eilte auf die Bühne.
Tort kxrrschte eine heillose Verwir
rung. Mario lag noch am Boden
mitten in seinem Blute. ' Seine Frau
hatte sich über ihn gestürzt und bedeckte
sein blcicks Antlitz mit Küssen.
Der Theaterarzt war bereit! zur
Stelle. Er hatte Silvestri rasch unter
sucht. . .. .. ,
..Tot ein Kugel hat sein Herz
durchbohrt.'
Tie Aermste hatte eS gehört. Sie
lachte dem Arzt hell InS Gesicht. Ein
entsetzliches Lachen. daS ich nie dergcssen
werde.
Mit gerungenen Hände kam der Im
presario auf mich zugestürzt.
.Herr Polizcidirektor, welch Unglück
licker Zufall!'
Wieder ein Zufall?
'Andreina Silvestri mußt am nach
sten Morgen in der Zwangsjacke nach
der Jrrenanstatt zu R. abgeführt wer
den. . "
. Die kurz darauf eingelangte Nachricht
ihres Todes bildete den Abschluß un
stier Erhebungen über den traurigen
Fall. Die Akten wanderten in die Re
gistratur und weiden dort vergilben.
Unter ArchivstauS und einem schlich
ten Erdhügel des Ortsfriedhofe! In R.
liegt das Gkbkimni! deS unglückliche
Endes deS .Göttlichen Felice' und fei
ner armen kleinen Frau für immer be
graben.
StrychnmvergZfitmg.
Das Ctrynin, das aus ' ;r Rinde und
den Früchten des Krähenaugen, oder
Brechnußbrnims abgesondert wird, ist
eines dcr stärksten Gifte, d! überhaupt
bekannt sind. Es wäre daher das beste,
wenn sich der Mensch gar nicht mit fei
ner Zubereitung abgäbe, aber die Natur
hat eS nun einmal so eingerichtet, daß
die gefährlichsten. Gifte gleichzeitig hei
lende Eigenschaften besitzen. So lange
sich nun aber solche Stoffe überhaupt in
der Hand dcr Menschen zu irgendwelchen
Zwecken befinden, werden noch immer
gelegentlich teils auS Fahrlässigkeit, teils
aus Absicht Fälle von 'Vergiftung vor.
kommen. Ein im Journal der Ameri
kanischen Medizinischen Vereinigung
mitgeteilter Fall zeigt, daß aber auch
eine Strychninvergistung nicht un!
allen Umständen tötlich zu verlasen
braucht. Ein junger Student de, Phar
mazie hatte aus Versehen 16 Strychnin
Pillen in weniger als drei Stunden zui
sich genommen. Er konnte sich noch eben
ins Krankenhaus begeben und dort die
nötigen Angaben machen, aus denen der
Arzt sah. waS geschehen wor. Sofort
erhielt er zwei Tassen heißen schwarzen
Kaffee, verfiel aber in schwere Krämpfe
und in ine fast völlige Lähmung der
Atmungsmuskcln. so daß sei Leben in
unmittelbarer Gefahr stand. Unter Ver,
abreichung von Chloroform wurde eine
gründliche Auswaschung deS Magen!
mit starkem Kaffee vorgenommen, aber
eS blieb lang Zeit fraglich, ob der Ver.
giftete, dessen Gesicht in der Bewußt -losigkeit
ein eigentümliches Grinsen an
genommen hatte, noch einmal zum Le
ben erwachen würde. Nach drei Sinn
den ober wen er bereits bei vollem Be
wußtsein, nahm große Mengen heißes
Wasser zu sich und konnte nach vier Ta
gen, vollkommen hergestellt, entlassen
werden.
Die Zeit der Viola.
DaZ vornebme Ünfln!m,nt 1si .
und 17. Jahrhunderts war die Viola, die
häufig so groß wie eine Baßgeige gemacht
wurde. Sehr, wenig galt damals die
Violine .von ihr lebe nur gemeine
Musiker', schrieb ein Schriftsteller aus
der Zeit LudwiaS'dcS Vierbnten von
ihr. Die vornehmen französische Ta
men jener' Zeit spielten nicht wie im 18.
Jahrhundert fe der im 'nz,Knn
Klavier sie fpielten die Viola. Mit ,
einem niedlichen Baßaeigenscherz über,
raschte Übrigen? der Tenorist datnln
der Hofmusikul Heinrichs dtt Vierten
aw, tmrnai vie onigi ZAgrgarete. Er
trug eine neue Tenor!. bor unh M.
tcte sie selbst aus einer ner,m Baßgeige,
deren TLnk. wie er bcbauvtete. d
menschlichen Stimme nabe kämen.
Wirkung diese! Duett! war geradezu ver. f '
f':rf...v ri . t . '.i - - SA
lijuiieno, garnier veeme zicy der, sosort , .
die Erklärung dafür ja 5,n 5n
Waf.gk!ge saß ein Knabe, der mit ge.
oampsicr umme me aus die Wirkung
klug berechnete Komvositio mUneUmntn
hatte.
Verloren l6mü6. Ma.
turn ruhe MaieM su tieksinn! ,,
fein?' ' '
.Ich sinne Immer und immer nach und
kann mir nicht! denken, da! ich hätte
werde solle, wenn ich um SZis!,,
nicht König oworden wäre.' .
itiitiHM T iji I tuid i U t ikkitii UMtitnn ,
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