Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, November 02, 1918, Image 2

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uajiuottr" tcttftfit lasten, st i m 3Juftcu
um ein paar überflüssig: Dinge leichter
, zu mndtjrn, so tjctfjt man iha einen Dieb
und ttit ihn von GotteS und StcchiZ
wegen ins ücrananlÄ; macht ob der
N'iche lange Finger, ja. dann sieht lie
Vame anocrz aus, dann ist er Ütplo
ninne und bedarf mit seinem armen, un
zurechnungZ,fzhigcn Kopfe der Schonung
"nd ?n?schuldiz:kg. So etwa läßt sich
Mi beleidigte Rcchtsgesühl des Volkes
vernehmen, wenn wieder einmal in der
ciiung eine Viom wie: Gestern
würd: ein: Dame auf frischer Tat er.
tappt, als sie in einem Warenhaufe eine
Hutfedtt entwendete: die Tat ist um so
uiiocRKiTiiaier, aia bu! Diebin dcguter
ten Kreisen angehört und der gestohlene
Gegenstand nur geringen Wert besitzt,
Es scheint cin Fall von Kleptomanie
vorzuliegen,
Wir fragen also: Gibt es wirklich
einen unwiderstehlichen, krankhafte
neu zum stehlen, oder ist die sg be,
rühmte ttlcptvmanie nur eine Erfindung
er Irrenarzte und zugleich ein will,
kommener Vorwand sür den Lerteidi,
ger, der seinen Klienten von der 23
uilcilung wezen DiebstahlZ loseisen
mochte?
Schon bald nachdem die Psychiatrie
Wissenschaft .geworden war. also vor
etwa hundert Jahren, tauchte die Lehre
von den krankhaften Trieben, den 3Dlo
omannen auf. Monomanien nannte
man umgrenzte geistige Störungm. die
Im Seelenleben gleichsam steckten 'wie ein
nernrnarpet im mm. Solch ein
Triebkrankcr benahm sich wie ein der
rillnsilger uitzq, nur wurde er von
Zeit zu Zeit von dem unwiderktebllckiem
Dränge heimgesucht, irgendein Unheil
zu oegeyen, etwa zu stehlen, Feuer an
. zulegen., zu töten usm. Man unterschied
eine ganze Reihe solch krankhafter Triebe
der Suchten, von denen die Klepto
. manre die populärste geworden' ist. Die
namcntllch von Frankreich, verbreitete
; ehre fand , zedoch bald ihr: scharfen
wegner, oie nicht vwg auf die wissen,
' Ichastliche - Unhaltbarkcit, sondern auch
auf di: Gefährlichkeit der Theorie vom
sittlichen und rechtlichen i Standpunkt
hinwiesen. In Deutschland, hat sie auch
. niemals vennichen gug Men fön
, nen und ist heute bei jben Fachmännern
,. sa,i , ganz vergenm,. wayrend ti. in
Laienkreisen , immer . noch tU ; große
NLlle ivieli. ,
- Der krankhaft Ursprung eines Dieb,
' siahls sog sich vor allem In dem Fehlen
eines ausreichenden Motivs .kundgeben.
ES stiehlt einer, stiehlt wiederholt stiehlt
,; wertloses Zeug und hat dabei die Ta
scheu Soll Geld; er setzt seinen und der
tfamiue guten Namen aufs Spiel. ti
, , kiert seine wirtschaftliche Existenz, seine
gisellschastliche Stellung, seine Ehre und
gerät in Gefahr, mit dem Gefängnis
Bekanntschaft zu machen. Das ist. so
lag: oas Puvllium.' ein sinnloses, der
. ' tüm Beginnen: Einsatz und Gewinn
flauen ich nicht im Geringsten die Waae.
Schon recht kennt denn der Laie das
wahre Motiv überhaupt? Er nimmt
3- B. schmutzige Begehrlichkeit an. wo
in. Wahrheit ganz andere Beweggründe
ymicr oer a.ar Zitzen. Ich erinnere mich
eines Beispiels, daß ein angesehener
Mann Frauentaschentücher stahl und sich
nach und nach eine ganze Sammlung
dieser Wäschestücke angelegt hatte. Dies
- wurde als eine Unbegreiflichkeit, auf gut
Deutsch als eine Verrücktheit anaesehen.
und der Dieb hütete sich wohl, den
eigentlichen Grund preiszugeben, denn er
lag auf einem Gebiet, über daZ man
. nicht laut, spricht. Und ob ein Motiv
vernünftig ist oder undernünftig, der
hat darüber zu entscheiden? Denken wir
doch nur an die Sammlerleidenschast,
die so manche Schuld an merkwürdigen
Diebstählen trägt. Denn nicht alle Tinae
sind käuflich. Familienerbstücke z. V.
nicht, oder der Kauf ist mit Umstand
lichkciten verknüpft, oder der Sammler
geniert sich, sein Anliegen vorzubringen
es gibt ja die seltsamsten Spezialislen
in dieser Branche, solche, di ihr Augew
-merk aus Uniformknöpfe, alte Regen
schirme, zinnerne Wärmepfanneu oder
sonstiges wertloses Zeug richten. Bis
weilen sitzen die Motive noch versteckter.
So berichtet Gudde Wer einen Fall,
wo ein Mann stahl, um sich von der
, Zwangsvorstellung seiner Ungewandtheit
zu befreien (ob ihm -da jeder Richter
geglaubt hätte?)- halbwüchsige Dienst
inädchen stehlen aus Heimweh., in der
Erwartung nämlich, aus dem Dienst ge.
jagt zu weiden, und jeder erfahrene K?i
minalist wird mit einer oder der an
'deren Probe eines .venückten' Dieb
stahls bei zweifellos Nichtverrückten auf
warten können.
Der häufigste Beweggrund zum Dieb
stahl' ist bekanntlich nicht die Not, fon
dern die BegehrNch.keit. Begehrlichkeit
ber liegt in jedes Menschen Natur und
fehlt den Leuten mit gespicktem Geld
beute! keineswegs. Auch der Begüterte
verschmäht es nicht, etwas gratis mit
zunehmen, wenn es sich in Anstand und
Gottesfurcht so einrichten läßt. Recht
amüsant zeigt sich z. B. der .Erwerbs
trieb' bei dem Nun. den Festteilnehmer
:if die verlockend arrangierten Büfctte
zu veranstalten pflegen: die elegante
fien" Heren sind am ejjxigflen dab'i, das
' it)U Stück zu ermien, und schlagen
ir?n. oli ob sie mehrete Taje gehungert
hätten, freilich spielt hier die demo
-alisiernde" Wirkung der Wassensug'
g.'stien mit, denn die - KoLektivmoral
sieht immer tieftr als die Einzelmoral.
Aber wie ist ii mit den Unsallentfchä
biqunflkn. den prisatkN und staatlichen?
Ai'ch dz sucht jeder, ob gut oder scklccht
si!ui:rt, herauizuholen, was zu holen
ist.
. Vcnklichklt gehört Zcdenfalls zu den
wegschlichen Eigenschaften, auf die man'
sich am ersten verlassen kann. Warum
c'.'o soll kZ unnatürlich sein, wenn eine
S. 1 1 1 .i.i. i. i , . .
Klept
omcrnxe.
von vr. mecl. L. Scholz.
wohlhabende Tame stuhlt? Sie will
etwas auf bequeme Weise on 'sich brin
gen. das ist das ganze Rätsel. Laqucr.
ver eine :udle über den Warenhau!
dicbstahl geschrieben hat, erinnert auch
daran, daß nicht wenige Frauen gerade
aus den besten Gesellschaftskreisen über
ii)re Aeiyaitm!ie leben und sich dann
scheuen, dem Gatten ihre hohen Rech,
nungen für Putz und Toilette zu Prä
leniicrenz ver Anreiz, tch etwas auf un
rechtmäßige Weise zu verschaffen, liegt
ihrem Gedankenkreise wirklich nicht so
fern. Aber ganz abgesehen davon: ist
nicht schon die Freude am Besitz Grund
genug, Gegenstände, auch wenn man sie
vleueimk nicht vrauchen kann, mitgehen
zu yeiizenk . In den Wohnungen pro.
sesstonellerLadendiebinnen befinden sich
mitunter ganze Warenlager von
und Sächelchen aufgestapelt, sett:
Sachen
lbst solche.
die noch gar nicht einmal ausacvackt
iud. tote konnte ooch damit nichts an
sangen!' Nein, das konnte sie freilich
nicht, aber kommt es denn immer auf
den Standpunkt der Platten Nützlichkeit
an? Der Reiz des Reichtums hängt
via weniger vom Bedürfnis ab als von
der Lust am Geld und Gutanhäufen,
und das bloße Bewußtsein, du hast mehr
als andre und hast etwa?, was andre
nicht haben, ist für weite Kreiie Antrieb
genug, den Willen zum ehrlichen
over unehrlichen Erwerb in Bewegung
zu setzen.
Es gibt aber noch ein andres Dieb
siahlsmotiv. das mit der Begehrlichkeit
an sich nichts zu tun hat. ober mit ihr
verbunden sein kann. Tas ist die Zedem
Menschen mehr oder minder eigene Lust
am Verbotenen, am eimlicken. die Lust
an der Gefahr. Oskar Wilde sagt ein-
mai: ,as Bervrechen ist sur die nie
veren Klassen dasselbe wie die Kunst
für die höheren, nämlich ein Mittel, sich
Sensationen zu berschasfen." Die mit
dem unerlaubten Tun verknüpfte ?pai!
nung bildet eine Lockung, die auch auf
unverdcrbte Gemüter ihren Eindruck
nicht verfehlt. Wir brauchen nur an
das Aepfelmausen unsrer Knaben in
Nachbars Garten zu denke ein we.
nig Gefahr muß dabei sein, sonst macht
es nicht den rechten Spatz. Mut und
Gcfchicklichkclt wissen wir wohl zu schät
zeit, auch wenn sie nicht den besten wek
ken dienen. Selbst ein so moralischer
Schriftsteller wie der hochwürdige Pfar
rcr und Prälat Johann Beter Sebel
lchildert in seinem SchahZastlcin' mit
unverholcner Freude die schlauen
ä)iebötrc!che des Jundelfrieder, Zundel
yeimer uns roten Tictcr. uns wer
Hauptmanns Biberpelz" kennt, wird
der edlen Mutter Wolf mitsamt ibrem
Tiebsgesindel bei allem sonstigen Borbe
halt doch so etwas wie Hochachtung zol'
len. Bei pervers angelegten Naturen
kommt zu der Lust am Düpieren noch
der Kitzel hinzu, den das BewußtseZg.
yervorruft. insgeheim auf verbrechen.
q? Pfaden zu wandeln, in der Gesell-
schaft aber eine Rolle zu spielen, beliebt
und angesehen zu sein. Der Tugend
haftigkeit ein Schnippchen zu schlagen
und der honetten Welt Sand in die
Augen zu streuen auch daS ist ein
Neiz, des Schweißes der Edlen wert!, ,
Wir sollten alio vorsichtig sein ehe
wir uns ,m gegebenen Falle zu der Be
auviung oeriieyen: ein Grund zum
Stehlen war .nicht .da. Motidlofes
stehlen gibt es nicht, sowenig wie über
. h . . u 1 i i. T . r . (. . .. ' l r
vuuui cm niuiiaiu es txrnaein, uns neu
tig ist nur. daß sich der Dieb oft über
Nch selbst tauscht und ,n gutem Glauben
Beweggründe angibt, die fraglos nicht
der Wahrheit entsprechen; denn die
eigentlichen Triebkräfte unsrer Hand
lungen sitzen in den dunklen Tiefen des
unijewußtcn. wohin der Blick nicht
vrmgk wer rann lein eigenes Herz
ergründen? Gerade, aber weil jede
Handlung nur den Ausfluß des ganzen
yarakters darstellt, kommt es zur Be
urtcilung des Taters weniger auf das
dirkliche oder angebliche Motiv an als
auf die Frage nach feinem geistigen Ee
samtzustand zur Zeit der Tat. Mit was
für einer Persönlichkeit haben wir es
zu . tun? das ist. der springende
Punkt Finden sich die Anhaltsvunkte.
die ans eine krankhafte Beschaffenheit
ginottilm,-. a : Daß Gegenmotwe nicht
oder nicht genügend wach werden kann
ten! Der Tater st uns wichtiaer als
seine Tat. .
Denn auch bei dem aeistia gesunden
zervrecher. zumal dem Gewohiiheitsver'
iciiiiuan. feie ein
wickelt sich im Lauf der Zeit von selbst
auf Grund des psychologischen Gesetzes.
wonaq alle ursprünglich überlegten
Handlungen schließlich mechanisiert und
zur Gewohnheit werden. Sieht ein
solches Menschenkind einen Gegenstand
unoeaut ichttgt in bequemer vlaht lie
gen. so kribbelt es ihn förmlich in den
Finger piken, und die Begierde springt
sofort um in die Tat. Warum sprechen
wir hier den Dieb nicht frei Weil er
ein normal gearteter Mensch ist, bei
dem der Trieb nur eine gleichsam phy
siologische, aus gesundem Boden erwach
sene Erscheinung darstellt. Wohin sollte
es auch führen, wollten wir alle Ge
wohnheitsöerbrecher (denn was den Die'
den recht, das ist den andern Kriminellen
billig) laufen lassen, w'il sie nicht mehr
in dem Maße wie zu Beginn ihres frag
würdigen Lebenswandel den aufsteigen
den Lüsten Einhalt gebiet.' können!
Sicht man von dn Gesunden und
den im engeren Sinne Geisteskranken
ab, so sind diele sogenannten Klepto
manen gewöhnlich nervöse, hysterische,
psychopathische Individuen, schwache,
haltlose Naturen, leicht ermüdbar.
Augenblicksimpulsen nachgebend. Man
muß sich solch ein widerstandsloses Ge
schöpf ,. B. in einem der großen Wa
renhäuser vorstellen. T liegen oll hie
Schätze, die das Menschenherz besrt,
ausgebreitet in unübersehbarer ftall.
zum Greifen bequem.
iv i der
Niesen Magazine Bestellt Za gerade darin.
durch Masscnanhäusung zu wirken und
ourcy reizvolle Ausmalung die Besucher
zwar Nicht zum Stehle, aber zum
Kaufen zu verführen. Unwilllürlich
liegen ocim Anblick dieser Paradieses
Herrlichkeit auch in der Brust des ehr
Iichstcn Menschen unlautere Gedanken
aus: Grei.s zu, eö sieht dich niemand.
nrcci' mir die Land 'aus. und der Gc,
genstand, ist dein! Dazu das Menschen
cwvgc, rnoe uns cwirr. vas itom
mcn und Gehen und Svrecbcn und Ru.
ftn. der Glanz der tausend Lichter, der
-c-uii und nunl unv- Flitter wie
macht es müde, wie betäubt es Sinn
und Hirn! .Es kam so über mich, ich
oerwr vcn am, ich wühle Nicht mcbr.
wag ich tat, es war. als ob eine Stimme
mir zuriefe: Nimm ei, nimm es!"
so etwa lauten die Worte, mit denen sich
me aus rnicnet aai uriapplen zu rechte
seriigen suchen. Eine Kranke Tubuis
sons schildert den Zustand folgender
maßen: Ich fühlte mich in diesem 2ln
genblick wie von einem Alpdruck befal,
len. Mein Gehirn arbeitete sozusagen
ohne Stützpunkt, und die Gcdankn
drehten sich darin herum, ohne daß eS
mir möglich wurde, sie aneinanderzu
reihen. Ich. hatte das Gefühl für die
Wirklichkeit verloren, ich wußte nicht
mehr, wo ich war, ich empfand eine
außerordentliche Anest, und der Schweiß
perlte mir von der Stirn.
Der Arzt unterschudet zwe Arten
von rievliandiungen. Bc, der einen
gehen die Handlungen hervor auS der
einfachen sinnlichen Begierde. Wir sehen
sie am reinsten ausgeprägt beim Tier,
oeim Kind und beim unziviliiicrten
Wiioen. Das Kind erblickt einen EZe
genstand, der ihm gefällt, und greift da
nach ohne Besinnen: die sittlichen Hem
mungsöorstcllungen fehlen . oder sind
nicht stark genug entwickelt, um ein Pa
roll zu bieten. Ganz ahnlich handelt
der Ucbermudeie. der ervos Erschöpfte,
der Erregte, der Trunkene -7 sie lassen
den Impulsen ftcie Bahn, und hinterher
erst , kommt die Reue. Die zweite Art
des Triebes ist . meist 'der schon auf
lrankyattem Boden stehende Zwangs
trieb. - Auch hier ist ein EtwaS, das
treibt: aber die Triebdorstelluna bleibt
dem Inneren fremd und wird deshalb
auch als fremd, als unnatürlich, ja als
unheimlich empfunden. Der. Zwangs
kranke kämpft gegen die Idee, die ihn
gepackt ..hält.. an. aber vergebens, sie ist
tarier als m vernünftige Gcaeneinsicht,
Ob sie sich sreilich ist die Tat umsetzt.
das hangt wesentlich von ihrem Inhalt
und -vvn Widerstandsfähigkeit des
Betroffenen ab. denn es ist etwas an
beres, 00 ich unter dem Antrieb -leide.
Papierfetzen auf der Straße aufzuheben
oder' Diebstähle zu begehen.' Im ersten
.Falle werde ich den Gefühlen eher freien
aut apen- al 4R zweckn. Und wenn
Schweres uf dem Spiele stechtrf bleibt
das bessere Ich - bei einer, sittlich halb
Wegs gefestigten Persönlichkeit so gut
tsk immer Sieger. Der Mensch 'tut
eben nicht leicht etwas, das seinem tief
sten Empfinden widerspricht, und darum
haben Zwangsvorstellungen trotz ihrer
Häufigkeit nicht die starke kriminelle Be
deutung, die man von ihnen erwarten
müßte.
So gehört denn auch ein .Widerwil
lcnstchlen' sicher zu den recht seltenen
Vorkommnissen. Die weitaus meisten
der klcptomarnschen Handlungen erklä'
rcn sich, einfach durch Entäußerung un
beherschter Affckic. Der Nervöse hat sich.
eben nicht ,n der Gewalt. Und was
die Angst betrifft, von der die Täter
so gern reden, so muß man sich wohl
hüten, sie gleich pathologisch zu bewer
ten, denn meist entpuppt sie sich nur als
die natürliche HerziNsbeklemmuna. die
sich vor jedem nicht leichqllltiaen Be
ginnen einstellt, oder als simple Furcht
vor Entdeckung. Auch auf die .inneren
Stimmen' darf man nicht viel Gewicht
legen: nur selten handelt es sich um echte
Gehörstäuschungen, wie wir sie bei Ge!
stcskranken beobachten. Gewöhnlich sind
sie nur das Echo des bösen Gewissens:
nach gesch'hencr.Tat erscheint dem Siin
der die Niederlage seines besseren Ich
als die Einslüstuuna eines Dämons.
der ihn mit hörbaren Worten zum Ver
brechen aufgestachelt.
Freilich, es kann auch andets sein.
Bisweilen treibt wirklich eine krankhafte
Angst' zu Dicbstählen ohne Sinn und
Verstand. Die quälende Spannung der
langt nach einem Ausweg, nach Ent-
ladung. und führt die Lösung, wenn es
anders nicht geht, aus gewaltsamem Wen
herbei. Wie der seelisch Gepeinigte Ver
gesscn sucht im Taumel des Vergnügens,
im Trunk. im Spiel und andern Aus
schweifungen. so macht er unter Umstän,
den seiner Angst auch in kriminellen
Sandlungen, in Zerstörungsakten..
Brandstiftung und Gewalttaten und im
Dicbstahl Luft. Hier wird lediglich der
Wunsch, die StimmungZlage zu ändern,
den Druck vom Henen zu räumen, zum
Motiv der Tat. So beschreibt Janct
einen Fall, wo eine in den Wechseljahren
stehende melancholische Frau in Diebe
rei'n eine wobltuende Ablösung ihrer
triib'n EemütZstimmung fand. Als die
Verhaftung der eigenartigen S'lbst
behandliinlk :n ?,el sekte, v'rschlim
merte P das Leiden erheblich.
jjit etewtev wi? beim weiblichen
Gefchlkcht häufiger beobachtet als beim
männlichen. Es ist bekannt, daß sich
in den Taien d's Unirnblseins viel
5ramn und Mädchen seelisch verändern.
daß sie reizbg?er. launenhasier werden
lind an ibr'r Widerstandttrast einbüßen.
Bei nervös disvonierteg Individuen
kommt eZ nun nickt selten zu einer Stei
gerung dieser Erscheinungen, ja zu
formlichen Ass'klkrisen mit Verlust der
Selbstbeherrschung und deö sittlichen
Gleichgewichts. Legrand du Saulle hat
festgestellt, daß von Zß tarnen, die in
Pariser Magazinen wegen TicS stahls
angehalten wurden. Lll ihre Regel hat
ten. und zu ähnliche Ergebnissen sind
ocui,ci;e Auiorcn gelangt. Analog Hegen
die Verhältnisse in der Schwangerschast.
die ja da GesühIS und WillcnSlcbcn .
ocr jrau evensaus stark vecinslußt und
an unmotivierten Stimmiingschwan
kungei, und seltsamen Gelüsten Schuld
tragen kann. Zola weist schon in seinem
,Ai, vonyeur vcs damcs' aus d Tat
sache hin, daß unter den Warenhaus
dicbinnen Schwangere einen Verhältnis
mäßig hohen Prozentsatz einnehmen.
Vielleicht liegt diesen Diebstählen doch
nicht bloß eine Herabsetzung der gewöhn
ten Widerstandskraft zugrunde, sondern
. . . 1 ! .r ... )f , .r , tr - ! W
chic iicjttc, oiDicflt)ti)e Uliaaic. ES it
Lämlich intcressant. daß auch Tiere tn
der Schwangerschaft stehlen, und Man
yok diese Eigentümlichkeit mit einer dun
rci empsunvencn materiellen Sorge für
den zu erwartenden Familienzuwachs
ernaren wollen.
Fassen wir nunmehr zusammen: die
Entscheidung, vb jemand an krankhaftem
Stehltrieb leidet, kann erst mit der kör
perlich'geistigcn Untersuchung des 2a
tcrl ihre Erledigung finden. Es ibt
eine normale und eine krankhafte Stchl,
sucht, und wo die Stehlsucht krankhaft
ist, da bildet sie auch nicht ein eigenes
Leiden für sich, sondern immer nur ein
dymptom, das bei allen möglichen gci
stigcn Abweichungen vorkommen kann.
Es muß also, wollen wir von Klepto
manie reden, stet die Psychisch abnorme
Grundlage vorgezeigt werden, auf der
V. l r . tu 1 t .. c r r . .
un. nt ciiuuuncn 11. un oaoen IVII
dang festgestellt, daß es sich wirklichem
einen pathologischen Zustand handelt,
so ist unsere Aufgabe auch noch nickt
beendet, denn es bleibt die zweite Frage
zu beantworten ubrigtst der Klepto
mane unzurechnungsfähig im Sinne des
irasgesetzesl! Es geht nicht an, jeden
nervösen oder psychopathischen Dieb der
Verantwortung ledig zu erklären und
damit der Strafe zu entziehen. Es lau
cicie geling niinoermeiiige, xrv
blemotische Menschenkinder in der Welt
umher wohin sollte es führen, wollte
man sie alle als bedauernswerte Kranke
in Milde und Verzeibuna einwickeln?
Kann man sich doch des Eindrucks nickt
erwehren, als stunde mancher dieser
Kleptomanen auch bei klarem Kopf und
ruyigem Gemüt nicht eben auf hoher
Stufe gereifter Sittlichkeit, so daß bei
herabgesetzter Widerstandskraft der
Schritt vom Erlaubten zum Verbotenen
gar zu rasch getan ist. Wenn nervöse
und hysterische Damen um die Gefahren
wien. vie ihnen der Be uch des Waren
Hauses bringt, warum meiden sie die
Statten nicht? .
Anderseits sind die von HauS au
gut gearteten Nervösen, die im Taumel
ver Ermüdung, der Umfloruna ihrer
iinne eine Unbesonnenheit begangen
haben, wirklich übel dran. Der Arzt
jnub sie meist für noch zurechnungsfähig
eri.aren zuiechnungölayig, wenn auch
in vermtnvertem Maße. Tann werden
sie zwar milder bestraft, aber was nützt
ihnen das? Unsere Gesetze kennen als
Sühne sur Tiebstahl nur das Gesänge
nis. und ob eine Dame aus angesehenen
Kreisen zu einem Tage oder zu acht Ta
gen Gefängnis verurteilt wird, das
macht für sie nur wenig aus ihr
guter Ruf ist doch dahin! Es hält sehr
,cywcr. yier den richtigen Weg zu gehen.
Gerade bei der Kleptomanie bleibt den
Richtern der Vorwurf der bewußten oder
unbewußten Klassenjustiz nicht immer
erspart. Und in der Tat. Hit man je
geyort. daß ein Vagabund mit der Ent
fchuldigung. er sei Kleptomane, vor dem
Gericht Eindruck es sei denn, einen
komischen Eindruck gemacht hätte?
Wenn aber krankhafte verbrecherische
Triebe . überhaupt vorkommen, fo ist
nicht einzusehen, warum sie ledialicb
eine Domäne der Vornehmen sein so!
len. Geisteskrankheit und Nervosität
fordern in den unteren Gesellschaft!
schichten ihre Opfer so gut wie in den
oberen, und angestchis der Frau Justitia
i.ouie aucy ver ei e !e. Acrvgcht einer
voreingenommenen Behandlung
Rechts falles vermieden werden.
des
Vsnt Ztantpfer.
Der Kampfer kommt zum oröstien
Teil von der Insel Formosa. Als die
Japaner nach der Besitznahme die Kamp
serausdeute ' als Monopol erklärten,
glaubten sie den Weltmarkt von dort
aus beherrschen zu können.
Diese Erwariuna wurde aber dann
lurchkreuzt durch ine gesteigerte Kamp
sergewinnung in den Privatwäldern
Altjapans und in Cüdchina und durch
die Herstellung von künstlickem Kampfer.
oie von Deutschland ausging.
mix Wiioeners ccs iun t iu,en
Kampfers ist , während bei Krieges
ausgeschaltet, Wird aber ohne Zweifel
spater desto mehr in die Erscheinung
ireren.
?eoch einem Bericht km ..Tropenpflan
zer i!t nämlich wahrend der letzten
Jahre die Kampferqewinnuna auf For
mo a o ungeheuer gestiegen, da ste auf
vie 'auer unmoalick, aukreckterbalten
werden kann, vielmehr zu einer schnellen
Erichvpsung fuhren mun.
T Kampserbaume bilden alte Be
stände, die sich nur sehr langsam ergän
zen oder erneuern lassen, und sie schmin
den um so schneller und gründlicher da.
hin, als vielfach ein schonungsloser
Raubbau getrieben wird, der die ganzen
Bäume bis auf die Ctrünke und Wur,
zeln vernichtet. ES dauert ungefäbr G0
Zahre, biS ein frischgepflanzter Baum
eine nenSenswerte Menge von Kampfer
zu liefern vermag.
Menschen von d-m ersten Preise
Lernen kurze Zeit und werden weise.
Menschen von dem zweiten Range
werden weise, lernen aber lange.
Menschen von der dritten Sorte
Bleiben dumm und lernen Worte.
Der Böse.
Der Kohle gleicht ein böser Mensch?
drum fern von ibm dicht kalt'!
Die Kohle brennt dich, wenn sie heiß.
zwarz! dich, kenn sie kalt.
Das alie Auch. ,
Novelle von 21?, Usda Usda.
Die -ocht Stunden Bahnfahrt waren
ndlich fast vorüber. Herrgott, war das
eine Qual gewesen! Wie unmenschlich
Hitze, der Staub und Rauch. Auf dem
Fturgang drei oder vier Dame, die im
merzn vraußen standen, um e,nwen,g
Luft zu schnappen. Er tonnte sich ihnen
nicht zugcieuen, er hatte die Bluse zu
knöpfen und di Krawatte umnchmen
müssen. In dieser Gtuti Lieber ver
suchte er' nacheinander aus ollen sechs
aml!tzcn, viieo aus jedem eine halbe
lunve, rauchte und scufzkt vor Lang
weile, Hitze und Ungeduld.
Ta tauchten die leltiam nckormten
Berge auf, die der Stadt zu ihren
Füßen den Namen geben. Ohne Ueber'
gang steigen sie aus der Ebene mpor.
oie ciiverge, und n unacwil cn Licht
deö Abends gleichen sie wirllich großen
agerzelien.
Vor vielen Jahren, als kleiner Junge.
kam er jährlich zweimal hier vorüber
mit Papa und Mama, wenn' in die
rr)! jblijjb fr . .r3 1. . . . n . r .
Uwe Birnj. aniais oamie iicn leine
Knabenphanlasie ein großes Heer In
rn:,r... . .- . -
Kiiciiijiiie. ajo9 5!,iampl.cn oes
Zuges klang ihm wie Schlachtenlürm,
Schauernd vor Grauen und Lust batte
er sich aukgemail, wie sich im iorgen
uevct vie cltwande o inen wurden,
Trompeter voran und hinterdrein, fun
umo im roien, gruylicht. die Panzer
reiter. Der glitzernden Ricscnschlange
streckt von Zeltstadt her eine andere idr
züngelndes Haupt entgegen Schmer
ter sprühen, tausend Wunden brennen
und am Abend zieht der Held, der
als er ter Mitter den Tromve ern in den
jungen Morgen ritt, als Sieger ein in
JLtlliavt.
eorg inti lacoelnd nack, den der
schwindenden Bergen zurück. Die Sonne
schien heute hell und verscheucht alle
Phantasicgebilde. Die Schlacht war nie
,eschiagen worden, die Zeltstadt lag.
riedllch wie vor zwanzig Jahren, da
und erfreute sich, dank der Fürsorge des
Bürgermeisters, eines gedeihlichen Fort
schritts.
Endlich, endlich die kleine 'Haltestelle.
Georgs miu aveira eind. vom Be
amten ehrfurchtsvoll begrüßt, durcb
schritt er die Pforte des Bahnsteigs,
trat auf die Straße und blickte sich
iucno um.
Im selben Augenblick hielt Maibes.
sein alter Kutscher, die Pferde an.
Verzeihen Euer Gnaden, der Zug ist
yeur xunttlich lammen . . Mit solchen
0Uiut iinr ninutä nimi gcrecynci,
Grüß Gott wie ackt's?' wollte
Georg fragen 'und verschluckte es.
Wozu Klagen provozieren, auf die er
reine Antwort weiß?
Er warf nur einen kurzen Blick auk
uicatyes. Es macht nichts. Ich bin
eben erst ausgestiegcn.' Ein kurzes
Nicken. Mathcs verlief, seinen Vlan
auf dem Kutschbock und setzte sich auf
den Dicnersttz. Der junge Herr über.
naiim o,c Jugci. ,
Sonst, in alten Zeiten, batte Matbcs
neocn oem lungen Herrn sitzen dürfen;
der schenkte ihm dann eine von den ftäd
tischen Zigarren und lief, sich was er
zählen. Nun saß er hinten abgetan.
einsam, zum Schweigen verdammt
Und MatheS Herz ward noch trauriger.
Sie fuhren über Land ,wisck!en ft?I
oern uns Wie cn. u?le Felder waren
abgeräumt, dunkle Knauel von Schafen
genugien ncn an oem arm engen Un
kraut. Ein besonders guter Wirt hatte
seine Stoppeln schon gestürzt. Der
Streifen Neuriß zog sich wie eine Ver
hcißung durch das traurig ermüdete.
eintönig gelbe. bokfnunaSkse Stoppel
land.
Nun das erste Torf. Gänse. Hühner
uns inver, vie miteinander im Staub
gespielt hatten, flüchteten in das sichere
Gehege des Hofes. Die Hunde spran
gm kläffend an die Räder, begleiteten
den Wagen ein Stück weit und blieben
dann im ' Bewußtsein der erfüllten
Pflicht zurück.
Die Bauern grüßten mit tief abge
zogencn Huten. Sie grüßten nicht
Georg. Sie zogen den Hut vor dem
gelben Wagen, vor Mathes blauem Rock
wie es vor vierzig, fünfzig Jahren
ihre Väter vor einem anderen gelben
Wagen, einem anderen blauen Rock ge
tan hatten ohne auf Gegengrutz und
Tank zu warten. Damals hielt ein an
derer Baron Neudorff die Zügel in den
Fäusten. Ihnen gilt das gleich, ihr
Gruß gilt dem Geschechi..
In der Mitte m vierten Torfes
wendete Georg scharf'nach rechts in sei
nen Park und hielt vor der Rampe.
vhne sich nach Mathes umzusehen,
schritt er die zehn 'Stufen der Treppe
empor in's Haus.
Mathes Ehefrau eine ehemalige
Kochin feiner Eltern kam ihm ent
gegen. Auch ihren Gruß erwiderte er
flüchtig, einschüchternd. Man muß
die Sache möglichst kurz, möglichst ncr
venschonend abtun. '
Es gibt da nämlich ein langweiliges
Riesendokumenl, daS zwei spitzfindige
Advokaten aufgesetzt haben eifrig be
müht, einander irgendwie besonders
listig uber'S Ohr zu hauen. Morgen
fetzt er seinen Namen darunter und
krt!g ...
Alles, was da war. ist dann verlun.
ken: Elternhaus Jugenderinnerunaen
jg. auch Sorgen und Schulden. Ver
funken, als k8re e5 nie gewesen. Wie
der Reiter im Moor unter dem Zeltberg,
von dem die Sage schaurig in seine
Kinderstube klang. Hier die Eckstub,
rechts von der Halle war seine Kinder
stube.
Gerade noch Zni zu einem Gang
durch den Park. Georg trat aus dem
Salon auf die Terasse die dem Garten
zugewandt war.
Hier hatten sse immer Kaffee aetrun
ken.
l!on beiden Seiten streckten aroße
Jichtenbäume einander die Aeste ent
gegen wie ewig getrennte Verliebte. ?llZ
Wäre sie dem Nadelwald entlausen, der
den großen Rasenplatz deö Parkes ab
schloß. Arabeslen von rosenfarbenen
Astern flössen den Hang herab. Bor
den schlvarzen. strengen Fichten aber
stand weit oben In Ahornbaum
In kokettem, Hellem Seidenkleid Wie
eine kleine, blutarme, ' nervöse Herzogin
tin Kreis ihrer Kavaliere.
Ziellos strich Georg umher. Er hatt
die KastanieNalleen durchmessen und den
Rosenweg, vor dem der Blütenstrom der
Astern respektvoll-Hatt macht.
Da rief eine heiserZ Glocke zum
Abendessen.
MatheS' Frau hatte eö bereitet. EI
wollte ihm nicht recht schmecken. ,Hen
kerSm,hl' fiel ihm ein, u der Bissen
blieb ihm in der Kehle stecken.
Er faß allein zu Häupten der
Teufel, die in feinen Kiuderjahren s
oft eine heitere Runde gesehen.
. Wo waren sie alle, die liier gesessen
hatten? WaS werden sie zu der Kund,
'sagen, daß rr sein Elternhaus verfcha
I . . r . ' ' 1 '
i merk oaif
Sein Blick, glitt über die Borde, die
rund um die Wände deS Cpcisezim
mcrS liefen. Die Meißner Teller, der
Stolz des Großvaters sollten die
auch . . .?
Gott, waS sollte er mit ihnen auch be
ginnen?
T,e Uhr? DaS müde ssiaucnpok
trät. das auf ihn herübcrlacht? Wer ist
sie? und wer war sie?.
Georg lieft plötzlich daS Essen, stehen
und zog sich in die Bibliothek zurück.
.Du mußt schlafen aeben. MatbeS.
Morgen früh holst bis zwei Herren von
der Bahn, die deine neuen Herren.'
,v, Euer Gnaden Herr Georg...'
Georg winkte so herrisch ab. daß der
Kutscher wortlos. verschwand.
Dann fast in der stillen, stillen
Nacht hinein. Und faß auf jenem
Platz, wo vor ihm Vater, Großvater
und Urgroßvater gesessen und gesorgt
un gerechnet, erwogen und beschlossen
hatten. '
Eigentlich gerechnet, erwogen und
beschlossen hatte nur der Großvater.
Bater und er die hatten nicht mehr
erwogen. Die hatten allen Launen die
Zügel gelassen.
Georg starrte auf die altbekannten
Dingt vor sich: die Mappe, das Papier
messer den Briefbeschwerer, der ein
natürlicher Pferdehuf war und den
anderen, eine Glaskugel, die bunte Ge
bilde einschloß, erstickten Blüten der
gieichdar. , Ein unbegusfencS Wunder
seiner Kinderzeit. '
Ja. dort in der Stadt, in der
staubigen Kanzlei, wo es nach Tinte
und Siegellack roch und gleichgültige
Gasflammen surrten das war eS so
leicht, sich von all dem zu trennen . . .
Ba dachte er nur daran. Wechsel ein
zulöfen, die Sorge deS TsgeS zu ban.
ncn. Leichten Herzens lMtte er die
Champagnerkiste bestellt, die nundrau.
ßen in der Halle stand. Morgen wird
der Wein in den Kelchen schäumen
zum Glückauf der fremden Leute.
EL schien so leicht in der aevilasterten
Stadt...
Aber hier? Kann man da! mitneh.
men? Erinnerungen Familienfiol,
die Meißner Teller den Vierde.
Huf die Glaslugel? Und kann man's
fremden Menschen lassen? Die Glas
kugel und den Pferdehuf?
Ays das hatte man früher bedenke
müssen. Viel früher. Schon der Va
ter
Er richtete sich stramm aus. Ist'S
nicht mehr zu ändern, so muß man es
tragen. Ein Hund winselt. Ein Mann
verbeißt'S.
Und er zog die Schubladen auf. um
den Schreibtisch auszuräumen. UraUe
Rechnungen fielen ihm in die Handi,
uralte Briefe. Familiendaviere. Der
Trauschein seiner Eltern. Ter Taus
icycin oe, Brüderchens, das vor Georgs
Geburt gestorben war. Nesser. dieser.
Johann war am Leben geblieben. Viel
leicht wär er geworden, 'wieder Groß
vatcr war: arbtifam. sireng. berechnend
und langbartig. Er hatte eine knar
rende Summe gehabt. Weib und Kind.
Hätte nicht bei den Elfcrdragonern ge
dient und verhauen, was Papa noch
stehen gelassen.
In einer Schublade, alle n für sicki.
lag ein alte! Luch. ES war in festes
Swcinsledk! gebunden.
Georg nahm eS in die Land. Er
kannte es dem Aussehen nach gar wohl.
Es war ein Wegweiser für Landwirte.
In dieses Buch hatte Großpapa, der
fleißige Alle, die Erkabrunaen seines
Lebens verzeichnet In seinem letzten
Jahr, als ihn die Gicht an's Zimmer
fesselte. Und batte den Sobn und den
Enkel erwähnt. Die Reden aller Leute
muß man wert halten. Wenn 5!br Eucb
einmal nicht zu helfen wißt, lest dieses
Buch!' 1
Keiner hat eS elcsen.
Weder Sohn
rloch Enkel.
Jetzt, da eS zu spät war. ab
Georg die guten Lehren bei alten Herrn
vor. Las. wie der Landwirt von friiS
bis spät arbeiten müsse, und eine Er
la.ulerung deS Sprichwortes: .Des
Henn Auge macht die Kühe fett.' Rat
schlüge für Frühjahr, Herbst und Win
ter, für Krankheit bei Rindvieh. Scbmein
und Pferd.
Las elf Rezepte gegen Kälberiubr
und siebzehn gegen SchWcimfeuchkn.
Es war drei Uhr früh.
Mitten im rithvhnltn 3?ih fir
der Text ab. Der Grokoat k,r
schrieb mitten drin, ganz unauHällia
weiter: Lieber Sohn oder Enkel oder
Gott gebe es! Urenkel! Ich kenne
Euch. Ihr leichtfertiges, modernes Volk.
Wenn Ihr die Lehren Eures Groß,
vaterk bis hierher 'ceduldic odthn f.a.
Veit follt. Kann müßt Ihr schon im Treck
sitzen bis über beide Ohren. Tann wißt
Ihr Nicht mehr au! noch ein. Wenn ich
noch auf der Welt wär. Ihr iciint z,
wir. Ich bin nicht mehr. Aber ich
strecke Such au dem Grab noch meine
Hand nlgegen. Vielleicht haben . die
Sorgen Euch gebessert. Wenn nickt,
dann geht unter. Lieber Enkel oder
.Urenkel ich hoff doch, daß t nicht
schon der Sohn ist zieh die Schieb
lade des TifcheS auf. drücke auf den
kleinen Knopf, den d tastend on der
linken Seitenfläche findest dann off
ne sich Dir ein Geheimfach mit einem
Depotschein der Englischen Bank. Dort
habe ich am 6. August 1375 zu Deinen
Händen 30,000 Gulden hinterlegt. Be
zahle Deine Schulden, Übe fleißig und
arbeitsam und denk in Liete Deines
Großvater. Wenn die Sehnen ge
zerrt sind ..." --
Ein Rezept gegen Sehnenzerrung
folgte.
Lange schaute Georg versonnen das
vergilbte Schriftstück an. das ihn zum
Herrn eine? ungeahnten Schatze! machte.
Heiße Dankbarkeit erfüllte sein Herz.
O. er wird den beiden Heren morgen
mit kaltem Lächeln seinen Entschluß ver
künden, ihr spitzfindiges Dokument zer
reißen. Alles bleibt sein: daS Haus, der
Karten, der Schreibtisch mit Großvaters
Vademecum. die Meißner Teller, der
Pferdchuf. die Gsaskugel mit den wun
dervollen Blumen . . . '
Er stand auf und Holle eine Flasche
auS der Schriumweinküstc. Holte ein
altes Spitzglas. füllte es und trank ein
stilles Gedenken ganz allein.
Dann saß er wieder still und wartete
deS Morgens. ' .
Und dachte an vergangene und kom
mend: Tage.
AIS der erste Sonnenstrahl durch'S
Fenster fiel, ging er in sein Zimmer.
Tort zog er den bunten Rock aus
und nahm eine derbe Leincnbluse auS
dem Schrank.
Er tat es sreilich wie eine symbo
lische Handlung. ,
Der Morgenwind strich frisch und
frei. Oben in der alten Reisigwiege
klapperte der Storch den Jungen Mut
,u zum ersten Flug.
Aerztliche Ratschläge.
Hal frei!
Fast kein Körperteil ist so häufig einer
Erkältung unterworfen wie der Hals.
Namentlich in der kühlen und kalten
Jahreszeit ist die Halsangst allgemein.
Und doch ist der Hals, der Kopf und
Rumpf verbindet und den Hauptquellcn
unsres Lebens, nämlich der Atmung und
der Ernährung, dient, von der Natux
vortrefflich eingerichtet und gut veran
lagt. , ,
Die Atmung vermitteln die Luftröhre
und die Lungen. Der Wächter ii'b:x
Kehlkopf. Außerdem existiert noch ein
Sicherheitsvorhof: . , die Nasenrachen
kanäle. deren Schleimhaut seine Härchen
trägt, die durch ihre ständig nach außen
federnden Vewegnngen eindringende
Staubteilchen. Bakterien und so weiter
wieder ausftohen.
Hinter der Luftröhre, die beim
Schlingakt durch den Kehldeckel ge
schlössen wird, liegt die Speiseröhre.
Wie durch die Schleimhäute, so sieben
die Pforten der Atmungs und Er
nährungsorgane auch durch ein starkes
und weitverzwxigtes Gefäßsystem in
inniger Gemeinschaft. An jeder Seite,
parallel der Luftröhre, steigt die große
Halsschlagader (Karotis) in die Höbe
und durchblutet mit ihren Aefien und
Zweigen den Hals, während nebenher
laufende Venen das kohlensäurerciche
verbrauchte Blut in die mehr außen und
seitlich,, ziehenden Halsblutadern ab
führen. In Begleitung der Blutgefäße
ziehen zahlreiche Nervenstrang:. Die
Skelettcile des Halses, die Wirbel, ver
binden durch das ..verlängerte Mark"
(medulla oblonia) das Rückenmark mit
dem Llleinhirn? dem Quell der Be
w'gni.qskrast. Ein starker Muttclmall
umhüllt und bedeckt die Atmungs und
Ernährungsorgane und die Halswirbel.?
AuS dieser anatomischen Betrachtung
wird es uns klar, daß der Hals keiner
Schonung noch einer künstlichen Wärme
zusubr bedarf. Ja. eS oibt kein", Hesse
ren Schutz gegen Halserkältiingen, als
den Hals stets frei und blök ,u traae,,.
wie es die Seeleute ballen, die dadnrcb . r
bor ollen Halsleiden aeraden, gefeit
w
vvworzi i,c v?n grotzteg Witterung?
uVf
viioen auegesetzl jmd.
trotzdem die heutige Damcnmode
diese gesunde Tracht unterstützt, wollen
nft?;.,. flD.'Ui- ,-ir.-
jjiunti iiiuii cacon lauen, in
der kühlen, kalten Jahreszeit den Hals
ihrer Lieblinge mit Schals und wollenen
Tüchern Zu vermummen. Auch viele Er
wachsene pflegen den Hals dick bekleidet
.zu tragen. Durch dieses chirurgische
Verfahren wird die Tätigkeit der öuße
rcn Haut unterbunden, fo daß ihre Ner
ven und Blutgefäße erschlaffen. Die
Schleimhäute müssen jetzt einen Teil der
Funktionen der äußeren Haut liber
nehmen. Ihr Gewebe schwillt an. nd
die Zellen sondern stark ab. Man
rauspcrt sich, un der Katarrh ist im
Anzug. ,
Suchen und finden.
Salomon Raupach. der fruchtbarste
Bühnenschriftsteller seiner Zeit, hotte
in seinen fchreibfeligsten Jahren von
18A biS 1840 nicht , weniger als 27
Trauerspiele, 13 Schauspiele und 20
Lustspiele, zusammen 72 Stücke, der
saßt, unter denen i auch da. seicht:
Drama Suchen und Finden befand.
Obwohl damals der Generaldirektor
de! kon!glic!.en Hoftheaters, Wilhelm
Gras von Redern. fast unbeseh, jedes
Werk. deS beliebten Vielschreiber, an.
nahm, konnte er eS doch, nicht übers
Herz bringen, sein Suchen und Fühlen
ausführen zu lassen. Er sandte Raupach
da! Manuskript mit der Aandglosse zu
rück: Wem die Gedanken verloren ge
hen, der sucht und findet Phrasen.'
Wende die Zeit an nicht, wozu du
maß vom kge lauten darfst.
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