Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, July 31, 1918, Image 6

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    i.W,-.-KAi
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i1i'Ärt-ai,wÄü'f:"-;
t.;.te yVteu-' ,
TJgnaje Dato? ZrlDOnr
Der Keier von Stepanograd.
Erinnerung aus der Herzegowina von Antsn Freiherrn von Zerfall.
Hier ist all' Sage. Erinnerung, sie
,'rsetzt Wald und Feld. Schatten und
Duell, sie belebt d Starrheit de Stein
und treibt üppige Bluten aus dciistrost
losen iUippen und Halden dcJ Karstes,
lie Ströme vergossenen Heldenblute
sine noch nicht vertrocknet, trotz aller
Dürre, und in stillen Nächten klingt eö
SÄ von Waffen. Die Romantik ist
liier bodenecht, sie lauert in trostlosen
Tiilern. tönt aus verfallenen Mauern
ans tagenden Höhen. au den Stein
iuii'.t'ln 'flefallcnet Helden; einmal aber
gibt sie ihre allbekannte Taktik deö sanf
ten Schmeichelns, deS hinterlistigen Be.
tciubens auf und steigt trotzig auf vor
den Beschauern, sich ihrer uniiberwind
liehen Kraft bemußt das ist Stepano
grad, die Zwingburg Stefa Kosacas,
Herzogs von Cava, Herrn von Hum,
Fürsten von Drim. deS letzten freien
.ßerrfcfierä der Herzegowina.
Alle Sehnsucht, aller Schmerz eine
ndntti teten Bolkes vetdicdiele icn vier in
Sage und Lied, und nachdem längst alle
Kampfe ruhen, die neue Jetl Die nurmi
fräsn Kricaerberien aezäbmt. ein barm
loses Volk sich mit dem kargen Boden
miikt und dankbar alle schweren Lasten
f'mn ihm ausaedkänoten Kultur tragt
weht um Stepanograd immer noch der
Geist gtoßer Borzeit. Turtt unv fetroe
blicken mit stummer Verehrung hinauf
zu seinen verfallenen Türmen und Mau
frn
Unter dem gewaltigen Felsen, auf dem
die Burg sich eingebettet. Stein von sei
nem Stein, quellen die blauen Wasser der
Buna aus dunkler M?enyoW. aja
ren von Tauben nisten in den Wölbun
nnh flattern taaein. taaaus über dem
regungslosen Wasserspiegel der Grotte.
Hoch oben über Wand und Burg, über
der zerfallenen Moschee, in einen Winkel
des Felsens gebaut, eilen Die wenoe
M,mirmt?n TOwfcfoöfaeiet.
Und in diesen ehrfürchtigen Zauber
herein tragen wir unser ichamwfts jage
' gelüst, mein Freund Heintz und ich. Den
Weißkopfgciern gilt unser sträfliches Be.
mühen. . . . .
Ungezählte Jahre lebte die Kolon
Nkeblliat in den ffelsenlöchern der 300
Meter hohen Wand, den lüsternen Jäger
äffend im kreisenden Höhenflug.
Was willst Tu machen." meinte der
Türke unten im .Han' an der Buna,
in die Wolken kannst Du doch nicht
schieszen , .
.Warum nicht, mit unseren Geweh
ten!?"
Er warf einen spöttischen Blick auf
unsere Waffen. Ich trug eine Doppel,
bücbse mit Ezpreßgeschosz. Hemtz einen
6 Millimeter, mit PcrspeZtw versehen.
Tobro (gut) " sagte der Türke lachend,
. .versuch's!
Das Gerücht von unserem ungeheuer
lieben Unternehmen hatte sich unterdes
verbreitet. Jung und Alt aus dem nahen
Dorfe Blagay hatte sich um uns der
Ammelt Sie lachten,-tisse-schlechte
Witze über die einfältigen Swabas, die
sich "vermaßen, die Geier von Stepono
gr,id zu holen. V
Plötzlich erhob sich ein lauteS Geheul
Sie Jungen hatten, schon einen ent
deckt. Als kleiner Punkt kreiste er oben
im Aether über der Wand, ein zweiter
erschien in dem zarten Blau. Sie
schraubten sich in eleganten Windungen
berab. Mit dem Glas unterschied man
bereits das im Sonnenlicht glänzende
Gefieder, die weihen Köpse mit dem
mächtigen Schnabel, die sich forschend
senkten.
Plötzlich schch der eine pfeilgerade her.
ab bis zur Höhe der Wand, breitete die
riesigen Flügel, hockte aus eine vorsprin
aende Platte auf, da wo schneeweiße
Kothstreifen im Gestein das Standquar.
tier verrieten.
Als ich das GlaS vom Auge nahm,
war es aus. ich konnte den schmutzigfar
bigen Geier nicht mehr von der grauen
Wand trennen.
Heintz visierte mit dem Perspektiv und
erklörie sich bereit, den Schuß zu wagen.
Tie 5ürkcn waren starr, als sie sahen,
daß es ernst würde. Aergcrte ich mich
einerseits über meine eigensinnige Abwei
sung des Perfpektibs als unwaidmän
nifch. die mich jetzt zwang, den Zuschauer
zu spielen, so war mir doch alles an
unserem Sieg über die spöttischen Mu
selmänner gelegen.
Nach rascher Orientierung entdeckte ich
sür Heintz die Möglichkeit, etwa fünfzig
Meter zu gewinnen. Der Steinberg
kegel dicht über uns war zu erklimmen,
und zwar von dem Vogel ungesehen,
außerdem versicherte mir der Türke, die
Geier würden sich wohl schwerlich um
uns kümmern. Na warte nur, du
Heide, du wirst deine Wunder fehen!"
Wir kletterten das steile, bröcklige Ge.
hang hinauf, gefolgt von der ganzen
Corona. Ta half, kein Abwehren, kein
Schimpfen, der Jux irxir offenbar zu
groß, uns auslachen zu können.
Recht hatte der Türke, der Geier rührte
sich nicht nur nicht aus seinem Platz, ein
zweiter strich über die Schneid herein,
sauste herab, daß man da! Pfeifen des
Gefieders hörte, und schwang sich zu dem
ersten ein. Offenbar suhlten sie sich
in ihrer Höhe völlig außer Gefahr
rückständig wie das Volk um uns her.
Hinter einem Fels brocken, der uns
i:dit, saften wir'Pofto. Jetzt galt's!
?3? kannte meinen Genossen als treff,
! KlleZschlltzen, aber das war doch
elil gewagtes Stück. Ich sah mit freiem
i.ie nur einen hellen, Punkt im Gestein,
rn ttcpf. Nur langsam. Ich drei
'e meine Joppe aus den Stein, zum
'ff Auflegen, reichte Heintz meinen
-rgstock. Jetzt klemm Dich fest. Ich
bwidite ihn jetzt um da Perspektiv. die
! Maschine, die ich stets so der.
3.M!-! um den herrlichen Schuß
Ablöse Stille. Die Junge hock. ;
; auf den Steine umher und starrten
mit offenem Mund aus den SchLtz.
"..fi riifiele atiffi für alle Fälle, fvannU
t'i
f'Lhne. Det tut lieg rne fflugel
sckntt Zweimal auf det Platte
l, .1 und her.
t .iz lt v2U tektU '
verdammt genau nahm er ei. Mir
schlug da Hetz, als ob ich selbst im
Feuer keinen Blick verlor ich vom
Geier. Lange dauerte e, dann ein
kurzer, scharscr Knall ein Aufschlag
im ersten Augenblick sah ich nichts.
Gefehlt, dachte ich schon dann kam
oben ein riesiger Flügel zum Vorschein
ein zweiter und im sausenden
Fall, den Kopf voran, zweimal aufschla
gend, die riesigen Flügel ausgebreitet,
stürzte der Geier die 200 Meter hetab,
mit lautem Platsch in die Buna.
Allgemeine Starren, kein Laut der
Bewunderung, dann stürmten die Jun
gen , hinab der Buna zu. Wir hatten
keine Zeit, lange zuzusehen ein Rau
schen und Schwingensausen über uns.
Der zweites den Stürz de Gefährten mit
ansehend, stieß, sei es, um das Unbe
greisliche sich zu betrachten, set es mit
der Absicht, zu helfen oder zu rächen.
auf ihn herab, hielt sich einen Augenblick
in horizontaler Linie mit mir, mit den
Schwingen schlagend, in der Luft. Ich
schoß, Federn stäubten auf, der Geier
schwankte, ließ den rechten Flügel sinken,
hakte mit seinem mächtigen Gewaff in
der Luft herum. Schon jubelte ich, da
gewann et wiedet das Gleichgewicht und
fttich schwerfällig, sich schräg senkend über
die Buna, in dem Braun des Bodens
verschwindend. Getroffen war er. aber
verloren wohl auch.
Unten johlten die Jungen. Wir stie
gen hinab, da kam schon so ein Knirps
heraus, den Geier (zwei Meter achtzig
Spannweite) aus dem Rücken, ganz ein
gehüllt in das Ilügelwerk. Das Geschoß
war ihm mitten durch den Räuberschädel
gegangen.
.Was sagst Du jetzt?" fragte ich den
Türken. Er schüttelte nur das graue
Haupt und berührte ganz andächtig das
Wundergewehr mit dem Perspektiv.
Jetzt wollte ich mich nach meinem
Geier umsehen, da' wiesen schon wieder
alle nach oben sechs Geier kreisten in
schlanken Windungen über der Ruine,
ihren heiseren Klageruf ausstoßend. Un
geheures war geschehen, nie Gehörtes.
Stepanograd war entweiht, die sichere
Geierfeste weit hinaus über das Ge
birge erscholl die Kunde.
Plötzlich geschah das Ueberraschendfte.
Alle sechs stießen in wirrem Flug herab
der Stelle zu. an der das Ungeheure ge
fchehen, hakten sich gegenseitig, mit den
Flegeln schlagend, zu einem förmlichen
Knäuel verbunden, schnupperten an den
Schweißspuren umher, stritten und zank
ten, überflogen sich, um dann wiedet, eng
aneinandergedrückt, die Kopfe gesenkt,
das Unbegreifliche zu betrachten.
Heintz und ich hatten einen Gedanken.
Es waren zwei Schüsse, aber ein Knall,
der sich donnernd an den Wänden
brach. Federn flogen, ein Kreischen, Flii- -gelschlagen,
Wirrdurcheinanderflattern.
Einer schien fallen zu wollen, hob sich
wieder, dann ging's im SauS hinauf in
die Lüste, w immer kleinerem Kreis, bis
sie im blauen Aether verschwanden. Für
heute war keine Aussicht mehr, zu Schuß
zu kommen.
Die Türken luden unS ein, das Grab
des Heiligen zu besuchen, der in dem k!ei
nen Haus neben der Ruine der Moschee
ruht. Wir hatten allen Grund, ihn ob
seiner gestörten Ruhe um Entschuldigung
zu bitten, und folgten ihm.
In der finsteren Gruft ruhten m zwei
teppichbedeckten Särgen der Heilige und
fern Diener. Anstatt Rosenkranz und
Kruzifix hängen Schwert und Streit
kolben an der Wand, die er für seinen
Glauben getragen. Der Wächter neben
an stellt jeden Abend einen mit Wasser
gefüllten Krug mit einem Handtuch vor
das Grab. Der Heilige verrichtet immer
noch allnächtlich die rituellen Waschun-
gen.
Ein Kahn lag bereit, uns in die
Bunahöhle zu führen, dicht hinter den
Gräbern eine domartig gewölbte Grotte,
von bläulichem Licht erfüllt; regungslos
ruhen darin die krisiallenen Wasset und
spiegeln die phantastischen Ttopfsternge-
bilde wieder, die die Höhle schmücken.
Um uns, übet unS wirbelt es von Fels-
tauben, die hier Freistatt haben unter
dem Schutz des Heiligen.
Das Gesckrer der Buben lockte unö
heraus. Sie winkten, gestikulierten mit
Augen und Händen. Der AaZgeiet. aus
den ich geschossen, sitze gleich bei den Häu
fern von Blagay auf dem Feld.
Mit unwürdiger Hast verlieben wir
die Grotte und den Heiligen und folgten
dem kleinen Loten über die Brücke, die
die Buna überspannt. Wenn der Geier
nach all dem Geschrei noch auf dem Bo
den faß. gehörte er mir. Die Gesolg-
schaft vergrößerte sich noch, als ich an
dem Dorf vorbeikam.
Auf zweihundert Meter sah ich ihn
chon, zwar nicht am flachen Boden, aber
auf einem Felßblock dicht an der Buna.
Er hatte den Kopf noch hoch und sah
sich nach allen Seiten um.
Ich mußte meine ganze Autorität auf-
bieten, um das Voll zum Schweigen zu
bringen kam er wieder auf, ging die
Jagd von Neuem los. Dann birschte
ich mich hinter den Felstrümmern längs
der Buna an. Ich wollte keinen Kunst-
chuß machen, fondern einen sicheren
Treffer. 1
Jetzt wurde er unruhig, breitete die
Hügel, reckte den Hals und wechselte den
Platz: auch hatte ich die äußerste Deckung
erreicht. Etwa hunoert Meter. Nur
nicht unset Renommee derselben. Ich
legte an, nahm mich zusammen, das Ziel
war noch immer klein genug. Auf d?n
Schuß brach er zusammen, wälzte sich
herab, erhob sich wieder aus den Fängen.
Ehe ich mich besann, sauste schon ein
kleiner Türke an mir vorbei, trotz meines
WarnungsrufS aus den Geier zu, der
heftig mit den Flügeln schlug. Ich schob
rasch eine neue Patrone in de Lauf und
verlor darüber einen Augenblick den
Geier au dem Gesicht. Als ich wieder
aufblickte, hatte sich das Bild deränv'tt.
Der Bube lief schreiend g?gen mich. hin.
ter ihm in langen Schritten, mit den tie.
fm Flüge! Mzentz, dkg 8f fctit
vorgereckt zum Angriff, der Geier. Da
bet wat mit der Junge immet im Weg,
ich konnte keinen Schuß anbringen, und
der Geier war thm jetzt dicht an den Fcr
sen. Ich sprang vor sür de äußersten
Fall der Anblick de wütenden Tiete
ließ das Schlimmste befürchten. So kam
Ich glücklich zwischen Junge und Geier.
Sei es, daß ihn der neue Feind erschteckte
oder eine Schwäche llbetmannte, plötzlich
stürzte et und klemmte sich mit einem
Flügel in eine Steinklumse, rasch sprang
ich vor und trat ihm mit einem festen
Tritt aus den Hals, den er flach am
Boden, hielt. Zum Glück, dak feine
Kräfte schwanden, ein Schwingenschlag
traf mich noch kräftig genug am Arm,
dann machte ein Stoß mit dem Gewehr
kolben auf den nackten Schädel dem Räu
verleben ein Ende. Es war ein junge
Männchen, zwei Meter fünfundvierzkg
Fliigelweite.
Der Aasgeier ist keine edle Beute und
mit dem Adler nicht zu dergleichen, ob
Wohl er ihn an Größe weit übertrifft,
aber der kühne Angriff, den er eben ge
macht, ließ ihn 'in meinet Achtung stei
gen. dazu det stimmungsvolle Reiz det
Umgebung, die Neuheit det Jagd für
mich ich hatte helle Waidmannsfreude,
Der Türke lud uns noch zu einet Tasse
Mokka in fein wohlhabend eingerichtetes
Haus? die Nacht fiel schon ein, als wir
die Rückfahrt nach Mostar antraten.
Hinter Stepanograd erschien schon der
erste Schimmer deS Mondes, klar zeich
nete sich jede Zinke det trotzigen Türme,
das verfallene Tor, von dem aus eine
Brücke ging von Fels zu Fels.
WaS da oben schon alles die Luft
durchzittert, das Gebrüll der Geschütze,
Lust und Todcsschrei,. Waffcngeklirr und
Becherklang da gab's noch reiche Ta
fel für die Brüt in der Felswand, und
kein Schuß störte sie? da gab's noch edlere
Beute für den Mann.
Die beiden Geier hängen vor unS am
Kutschbock, ihre glasigen Augen sind noch
immer auf die Heimat gerichtet. Wie
lange noch, und die letzten Trümmer sind
gefallen, der letzte Räuber von Stepano
grad verblutet untet den Händen nim
mersatter Europäer, die letzte Taube ist
verscheucht aus der blauschimmernden
Höhle, der Heilige verschwunden mit
Krug und Tuch, und ein Hotel steht an
der Buna: .Zum Hctzog von St.
Sava", und ein Wicnet Kellnet fragt:
.Haben's unsern Stcpanogradex schon
g'sehen? Tort sitzt er hintct Eisenstabcn,
den Kopf in feine Brust vergraben, und
träumt von alten Zeiten." Vor diesem
Schicksal wenigstens haben wir euch zwei
bewahrt.
Ihr fielet noch echt und teckt, wie es
so Hocbaeborenen gebührt, von det Ku
geloefällt. Wieman sich das alles zurechtzulegen
weiß in seiner Räuber? und Mörder
Phantasie. Skeptisch guckte der Mond herüber
über die Ruine. Wieder zwei Stepano
grader! Jetzt wird's bald zu Ende sein
mit dem zähen Geschlecht! Ich überlebe
doch alle olle.
Der schnellste Stern.
Bekanntlich stehen die Fixsterne nicht
völlig still am Himmel, wie ihr von
"tixum" sich ableitender Name besagen
möchte, sondern bewegen sich sämtlich mit
großen, nur durch ihre ungeheuren Ent
fernungen uns abgeschwächt ersckZeinenden
Geschwindigkeit, so daß die Sternkarte
sich wenigstens in Jahrtausenden ganz
merklich ändert. Tie drei schnellsten
Sterne sind bisher Stern 61 im Schwan,
ein kleiner Stein Groombridge" im
Großen Bären und ein kleiner Stern am
südlichen Sternhimmel. Sie beschreiben
im Jahre am Himmelsgewölbe Wege von
5j bis 81 Bogenfekunden und haben
noch gröhen tatsächliche Geschwindigkei
ten, da die Wege schräg zu unsrer Seh
richtung stehen. Zum Beispiel legt der
Groombridge" in jeder Sekunde 473
Kilometer ?utück, während es unsre
Sonne nur auf 20 Kilometer bringt.
Durch E.. E. Barnard an der Hatvard
Sternwatte, so belichtet A. Stentzel in
det Astronomischen Zeitschrift, ist diese
Reihe der geschwindesten Stetne um
einen noch geschwinderen erweitert wor
den, einen rötlichen, mit bloßem Auge
unsichtbaren Stern östlich von Beta im
Schlangenträger; denn dieser Stern än
dert seinen Platz am Himmel jährlich um
mehr als 10j Bogenfekunden, wobei sich
seine Entfernung von uns allerdings nur
verhältnismäßig wenig ändert und zwar
um 91 Kilometer jährlich abnimmt. Die
fer in feinem Fortschreiten seit 1888 öf
ter photogtäphierte und jetzt als det
schnellste von allen erkannte Fixstetne ist
noch in anderer Hinsicht recht bemetknes
wett. Denn untet den etwa 50 sonnen
nahen Sternen, die mit unsrer Sonne
einen Sternhaufen- bilden, und deren
Reihe durch den unscheinbaren , Stern
Alpha Centauri eröffnet wird, woraus
Pfi im Großen Bären, dann Sirius, der
weitaus hellste allet Fixsterne, die ihm
nahestehende Prokyon, ferner untet an
dern Aldebaran, Wega und Kapella fol
gen, rückt Barnards Stern an zweite
Stelle, et ist für unS det zweitnachfte
Stern, erscheint von zwei entgegengesetz
teig , Stellen d Erdbahn aus unter
einem Winkel (,Parallaze') don 70 Bs
gensekunden und ist von uns knapp 4Z
Lichtjahre entfernt, während das Licht
don Alpha Centauri bis zu uns 4.2
Jahre braucht nd das vom Sirius in
reichlich 8z Jahren zu'uns kommt. Tie
Entd!ckung der bemerkenswerten Eigen
schaften dieses Sternes ist natürlich nur
ein Baustein in det moderne Himmels
künde, zu deren Hauptaufgaben die Er
mittlung von Gesetzmäßigkeiten oder Re
geln in der Bewegungsmeife det Fixsterne
gehört.
Das ausgedehnteste Korallenriff
der Erde ist die große Barte vor Nord
ausralien. Sie streckt sich in einet
Breite von 48 KÄmetn iibtt IM
ZZikMkz Veit fjin
Ml Mer
c
Skizze aus dem Leben. Von Zssef Erler.
So jung und schön! Selbst de 2o
des eisige Hand , hatte das edelgcformte
Antlitz nicht. zu ntstellcn vermocht; nur
um die schivcUenden Lippen lag ein star
ret Zug des Schmerzes. Det Tod mußte
beinahe momentan eingetreten sein.
Ein Schutz in Herz," halte soeben
der Gerichtsarzt, der die Leiche unter
sucht, erklärt. .Marchcsa R. ist eine,.
gewaltsamen Todes durch eine fremde
Hand gestorben." , .
Marchcsa R. die Gattin eine hoch
gestellten, pensionierten Offiziers, dessen
Name der Geschichte angehörte, eine der
gefeiertsten Schönheiten des Lande, et
mordet! Mit dieser Schreckensnachricht .
war ich beim ersten lvcorgengrauen aus
dem Schlummer geweckt morden. Ein
Polizeiagent hatte sie mit det Order des
Polizeipräsidenten an mich gebracht, n
verzüglich nach dem Tatorte, dem eine
Stunde von der Stadt entlegenen
Schlosse des Marchese, mit der Getlchts
kommission abzugehen.
Wir hatten keine Minute verlöten
mittels eines raschen Gefährtes waren
wir in kürzester Frist nach dem Schlosse
gelangt, das wir in größter Aufregung
gefunden. Im Hofe eine Gruppe von
Leuten aus der Umgebung, welche be
reits die Entsetzeykunde vernommen.
die zahlreiche Dienerschaft verstört und
fassungslos, nur auf meine wiederholte
Aufforderung imstande, uns den Weg
zum Schlafgemache der Marchcsa zu
weisen, wo der Leichnam auf einem Di
wan gebettet lag. Xit Tote wat rn
vollständige! Sttaßentoilctte, ein kleines
Hutchen, unter welchem die schwarzeir
Haarlocken hervorquollen, auf dem
Kopfe, die Hände behandschuht. Sie
mußte entweder nach Hause zuriickge
kehrt, oder zum Ausaanqe bereit oewe
sen sein, als sie der tödliche Schuß ge
troffen. Ein dunkelroter Streifen, der
sich von der linken Brustseite über die
graue Taille hinzog und aus dem ton
chcn schwellenden Fußieppiche einen uw
heimlichen Flecken gebildet hatte, verriet
sofort die Stelle der Wunde.
Ein Schuß ms Herz. Wer war der
Mörder?
.Wo ist Marchese RT fragte ich den
Diener, der uns hergeleitet.
Mein Vater ist außer stände, hier zu
erscheinen. Ich selbst habe ihn vor Jh
rer Ankunft fortgefübrt und bin bereit,
Ihnen die nötigen Auskünfte übet das
Unglück zu geben. Ein junger,
hochgewachsener Mann, det unbemerkt in
das Zimmer getreten war. hatte mir
diese Antwort gegeben. Sein aufallend
hübsches Antlitz war zwat bleich, ttug
abet im Hinblicke auf das jugendliche
Altet des Mannes, der kaum über zwan
zig Jahre zählen mochte, eine merkwüt
dige Ruhe und Fassung zur Schau.
Nut ein Unglück?" fragte ich zwei
feinden Tones.
,Füt unser Haus ein schwetcs Un
glück, Herr Komissar, das keineswegs
dadurch gemildert wird, falls Sie zur
Freude der sensativnslustigen Menge ein
Verbrechen zu konstatieren vermögen."
Herr Marckese, ich siehe hier im
Dienste der Pflicht, mein Vorgehen
wird nur durch eines geleitet das Ge
setz. Alle Umstände sprechen dafür, daß
ein Verbrechen begangen wurde, meine
Aufgabe ist es daher, den Tatet zu
suchen. Hctt Marchese. kennen Sie den
Mörder?" ,
Der junge Mann blickte starr vor sich
hin, et überlegte die Antwort, die er
mir geben sollte.
Ich durfte ihm hierzu keine Zeit las
sen. .Sprechen Sie. Herr Marchese"
drängte ich ihn nochmals.
,Ja sprechen Sie, Herr Marchese."
wiederholte hintct mir eine hohle Stimme
gleich einem Echo. Betroffen blickte ich
mich um. Ein ältlicher Mann mit grau
melierten Haaren kauerte auf dem Bo
den und blickte mit fahlem, entstelltem
Antlitze zu mir auf. LautloZ mußte et
auf den weichen Teppiche von itgend
einet Ecke des großen Gemaches auf den
Knieen hierhergerutscht sein. .
.Sprechen Sie. Herr Marchese, ver
raten Sie dem Herrn Kommissär ohne
Scheu, daß ich es gewesen bin, der die
gnädige Frau Matchese ermordet hat."
.Sie. der Mörder?"
.Ja. ich. Andr7 Cola, des Marchese
Leibdiener, ich habe sie ermordet aus
Rache, weil sie mir übel gesinnt war.
mich verleumdet hat und aus dem
Dienste des Marchese, den ich 22 Jahre
hindurch treu versehen, fortgejagt habe
wollte. Nicht wahr, junger Herr Mar
chese. so ist es?"
Der junge Mann antwortete nicht, in
seinem Antlitze aber zuckte es in heftig
fter Erregung.
So sprechen Sie doch, sagen Sie ja,
Sie müssen es wissen, da Sie der erste
am Platze waren, als ich den Unglück
seligen Schuß getan. Tort war es, auf
der Schwelle der Türe, ich stand verdeckt
hinter der Portiere - hier, hier ist die
Waffe, mit det ich den Mord begangen,
die ich zu dem Zwecke-dem jungen Herrn
Marchese entwendet."
Damit teichie er mir eigen Revolver,
den er unter seinem Rocke verborgen ge
halten.
O, Sie sind so gütig, Herr Marchese.
Sie wollten mich, einen alten Diener
Ihres Hauses, nicht den Gerichten aus
liefern. Wie sehr ich Ihnen dafür dank
bar bin! Aber es ist umsonst j.tzt. die
Beweise sind ja so klar, kein Leuanen
würde mehr helfen. Nicht wahr, Herr
iarchese. dies ist Ihr RevolRr?"
Ja, er ist's." preßte der junge Mann
hervor.
.Er ists! hören Sie, Herr Kommissär,
mein junger Hert bestätigt es, bestätigt
alles, was ich gestanden habe. Er will
nicht, daß Andrea, der ihn schon als
Kind aus seinen Kniee geschaukelt, auch
noch als Lügner erscheinen soll, wenn et
auch durch sein vildes Blut zum Mör
d'r geworden. Herr Marchese, möge mir
Gott verzeihen, wag ich getan und ihrem
guten, lieben Vater in Ihren Ersatz für
ven bütteen ?r!ift währen, &n er
heute utk cui rncrnc Mörder-
" , " '
oer Hreue.
Andrea Cola bedeckte mit den Händen
sein Antlitz, den jungen Mann erfaßte
aber eine so heftige Gemütsbewegung,
daß er aufschluchzend da Gemach der
iaen,muizle.
Die Selbstanklage Andrea ColaS fand
in den 'Erhebungen, die ich vornahm.
Ihre Bestätigung. ES waren kaum zwei
Jahre verflossen, daß der alte Marchese
!H. nach mehrjähriger Witwerschaft Leo
tine T., die bekannte Diva der Opera
Grande in an den Traualtar ge
führt hatte. Diese Mesalliance hatte in
den ersten Kreisen der Gesellschaft, in
welchen det Marchese eine hervorragende
olle ge pielt, ebenso großes als Pein
lichcS Aufsehen erregt und er hatte sich
gezwungen gesehen, auf einen nicht miß
zuverstehenden Wink von höchster Seite
seine Karriere aufzugeben und sich in
das Privatleben zurückzuziehen. Dieses
war anscheinend ein glückliches und ae
eignet gewesen, die Opfer, die et dafüt
gebracht, ihn vergessen zu lassen, selbst
die einzige Wolke, die anfangs den Him
mel seines häuslichen Glückes getrübt,
hatte sich verflüchtegt. Sein Sohn Al
fredo. das einzige Kind seiner ersten Ehe.
hatte seine begreifliche Abneigung gegen
die ihm unter so mißlichen Verhältnissen
wider Willen aufgedrängte Stiefmutter,
von deren Schönheit und Liebreiz be
strickt, überwunden und war zu ihr m
ein freundschaftliches Verhältnis getreten.
dessen sich bereits die nimmermüde Medi
sance der Welt bemächtigt hatte.
Der einzige, der sich in die neu ae,
schaffene Lage nicht finden zu können
schien, war Andrea Eola. Ein Viertel,
jahrhundert im persönlichen Dienste des
Marchese hatte et sich eine Stellung ver
schafft, die ihn mehr als Familienange
hörigen wie als Diener erscheinen ließ,
Seinen Herrn und .dessen verstorbener
Gemahlin mit Leib und Seele ergeben.
hatte er alles getan, um des Marchese
Ehe mit der .Komödiant, zu hinter
treiben und es sogar gewagt, dagegen
Vorstellungen zu machen, welche die
Drohung feinet Entlassung zut Folge
hatten. Abet Andrea blieb dennoch im
Dienst; sogar auch dann, als die neue
Maiix c, der seine Abneigung nicht ver
borgen bleiben konnte, gegen ihn offen
Stellung nahm und iede Gelegenheit be
nutzte, um ihren Gemahl gegen ihn zu
deemslussen. Ei.i persönlicher Haß w
dem Colas gegen die Marchese war so
mit wohl vorhanden. Erwies er sich aber
so groß, daß er zum blutigen Verbrechen
fuhren konnte, und welches war das Mo
tiv. das den unmittelbaren JmpulS dazu
in der verflossenen Nacht aeaeben? Die
ses Rätsel mußte vorerst gelöst werden.
Wie die übereinstimmenden Aussagen
der Dienerschaft bestätigten, war det alte
Marchese am Abend vor dem Morde,
nachdem eine Stunde früher eine De
pesche seine unerwartete Ankunft gemel
det, von einer längsten Reife, die et in
Familienangelegenheiten unternommen
hatte, zurückgekehrt. Er hatte mit seiner
Gemahlin soupiert und sich bereits von
der Fahrt ermüdet zur Ruhe begeben.
als der zungr Marchese von einem AuS
fluge in die Nachbarfcht spat heimkehrte.
Was weitet geschehen wat. darübet
wußte die Dienerschaft keinen Aufschluß
zu geben, da sie gleich nach der Ankunft
des jungen Herrn von Andtea Cola zur
Ruhe gescssickt worden war. Spät nach
Mitternacht hatte dann plötzlich die
Schreckenskunde das ganze Schloß aus
dem Schlafe geschreckt, daß der Marchcsa
ein Unglück zugestohcn sei. Man fand
sie, wie schon geschildert, mit durchschos
sener Brust in ihrem Schlafgemache auf;
der Mge Äcarchese und Andrea Cola
waren die ersten bei der Leiche gewe
sen.
Det traurigste Teil meinet Aufgabe
wat die Einvernahme des alten Matchese.
Ich fand ihn in feinem Arbeitszimmer,
einen gänzlich gebrochenen Mann. In
der einen Nacht wat det noch rüstige
Herr ein Greis geworden.
Was soll ich Ihnen sagen?" jam-
werte er. .Es scheint nicht möglich, daß
Andrea, das Muster eines Dieners, ein
olches Verbrechen verübt hat. Wissen
Sie, wie er in meine Dienste kam? Vor
mehr als fünfundzwanzig Jahren, alS
ich nsch in P. als iunget Offiziet sta
tioniert war. habe ich durch ein zufälli-
ges Dazwischentreten eine blutigen'
Raushandel zwischen jungen wemer
hitzten Burschen geschlichtet. Andrea lag
unter den Knieen seines Gegners, in
dessen Hand ein scharfes Messet blitzte.
Wäre ich eine Sekunde später gekommen.
hatte Andrea das Eisen zwischen den
Rippen gehabt. Dafür, daß ich ihm das
Leben gerettet, wurde et det treueste Die
ner, den ein Herr sich wünschen kann.
Wiederholt hat er mir dies in den schwie
rigsten Lagen meines Lebens bewiesen.
Und er, der stets bereit gewesen wäre,
ür mich in den Tod zu gehen, sollte mir
nun das Liebste aus Erden, mein Weib
gemordet, mir mit grausamer Hand den
letzten Sonnenstrahl meines LebenZ ge
raubt haben? Nein, Herr, dann vet
'tehe ich den Laus dieser Welt nicht
mehr!" '
Ein Polizeiagent trat ein und meldete
mir. daß man bei der Leibesvisitation
Andrea Colas einen Brief gefunden bebe,
über dessen Entdeckung der alte Diener
in die größte Aufregung geraten s:i. Er
hebe sofort zu mir geführt werden wol
len und als man ihm dies verweigert,
einige,Zeilen auf einen Zettel geschrieben
und dringend oebeten, dies? gleickzcitig
mit dem Briefe in meine Hände z legen.
Hochgespannt entfaltete ich denörirf,
der vielleicht Licht in das dunkle Ge
hcimnii werf'N konnt'. Er war ohne
Ällfschrift und enthielt weni- Zeilen,
von erregtet Jrauenhand flüchtig hin
geworfen.
.Erwarte mich um Mitternacht im
Parkes R. ist unvermutet zurückgekehrt,
wir müssen fliehen. Ihm habe ich mich
v'rkauft, dir hab' ich mein Herz ae
schenkt. Ich vermag nirfit mcfir, diese
Komödie fortzuspielkn, sonst mußte ich
wzhnsinnia werden. Ter Stritt, vor
hm du fcichrr zurückgebeM. muß jetzt ge
libt. allkj dtthueet, tönt
Antwerpen.
Don Aarl Scheffler.
Die nachstehende Sckilderuna der be
deutenden beloiscken Äand'lstadt rlilirt
aus der Zeit her, da der Weltkrieg eben
entflammt war. Vieles wird sich feit
dem aeändert baben, andkreS d,ikn
wird die Zeit überdauern.
. "
Am übettaschendsten ist der Eindruck,
den man von Antwerpen empfängt,
wenn man nach längerem Aufenthalt in
Holland die Stadt kennen lernt. Denn
es kann keinen stärkeren Unterschieb aibtn
alt den beispielsweise zwischen Antwer
pen uno oiierdam. Tie holländischen
Hafenstädte sind, so lebr sie auck, Clrofc
stadtcharakter haben, streng nationale
Mviive, sie erscheinen in all ihrer lar
menden Belebtheit, wie Stücke eines
modern gewordenen Mittelalters. sie sind
in jedem Zug spezifisch holländisch. Bei
oet Cinsaytk m Antwerpen aber spürt
man. tto det Näne det bolländisckicn
renze. gleich einen ganz anderen Zug
Man stebt aus der ftabri jur Ware tfen-.
trale durcb die Vorstädte sckon in, in
lermmonai anmutende Architektur gron
lavli cver 'roiktarierdicrtkl odn, beinr,
dere nationale Kckink!ck?n: man mitferf
gleich eine curoväiscke Grokstadt. in dfr
sich eine eigenartige Kultur nur noch in
cuancen ipicgeik. can sayrk ,n einen
gewaltigen modernen Baknbok bincin.
dessen Architektur mit einer gewissen
gronartiaen Kubnneit ausaetutnit wor
den ist und an dessen Bausotmen mot
derne Jngenieurgesinnung Anteil hat;
aoet es wito vann aucy wieset o poly
lecvnl co. mit vi lor, eben Normen at
prahlt, die Pracht ubcrnommenct tepra
sentatwet SKlmotwe ist derartig gehäuft
worden, daß der Eindruck eigentlich nut
in det Dämmerung ctmas mkr,snikS
hat, daß im hellen Tageslicht aber die
runnieriiciie llnterneymergesinnung einm
Peinlichen Eindruck macht. .Vom'Babn
hos führt die übliche großstädtische
Prachtstrahe in die Innere Stadt hinein
Sucht man In diesem neueren Babnboks,
viertel nach spezifischen Zügen, so findet
man. wwett ver europaische Großstadt
ftil eine Feststellung überbauvt aiiln&t
daß das Holländische fast verschwunden
i,r, uno vag vaö Französische an seine
Stelle zu treten bemükt ist. n ivr
breiten öotelstrake am Bobnkos rrihi
sich Cafö an Eafö. es herrscht dort eine
llnoe,cvrewl,che Lebendigkeit, die Stühle
und Tische sind bis weit auks Trottoir
hmausgestellt, die Lichtreklamen det
inos gleißen und die Zeitungsvetkäufet
schreie wie in Baris. ?Ie weiter man
dann in die innere Stadt kommt, desto
veuiiicher witd ts, daß man sich in einet
det belebtesten und stattlichsten Städte
des Kontinents befindet, dak der ur.
fprüngliche Stadtcharakter aber mehr
und mehr verwischt worden ist. Hol
ländisch sind in Antwerven eiaentlick nur
.die hier und dort nock, auktr-t-nd'n
schmalen, dreifensterige Stadthäuser.
Selbst die Altstadt ist von der fiottHnhi,
schi; Städte seht verschieden. In ganz
uans gibt es nicht ein Ensemble, wie
das der Gebäude am Markt: das im
16. Jahrhundert in strengem Renais
sancestil erbaute Rathaus und ringsum
her die aus derselben Zeit etwa stam
wenden Zunfthauser. die aber in neuerer
Zeit stark restauriert oder gar imitiert
ivoroen uno. In Holland ist das alles
weniger ansvrucbsvoll. es ist nniner nk
kleinbürgerlicher. Der Markt von Ant
werpen weift deutlich schon hinüber zu
dem prächtigeren Schaustück, dem Markt
in Brüssel. Um so mehr, als die in
mitten des Platzes dem nackten Pflaster
unvermittelt aufliegende moderne Brun
nengruppe in ibrer unarck!tektnnis,,n
Virtuosität ganz im Stil der Brüssel
ouievarvpiastll ist. Nördlich von Ant
werpen läuft von oltersber eine niMf,
bare Grenzlinie, die zwei Lebensgesin
nungen rrennr. Es ist nicht nur die
Grenze von Protestantismus und Katb.
lizismus, sondern es ist eine Rassen
grenze. Aber nickit die Grenne reintt
Rassen, sondern die zwischen einet sehr
reinen, det bollLndisckcn Rass- imk
einem ziemlich physiognomielos! Misch-
von, in vem vie einzelnen Elemente heute
weniget denn Ze verslbmolzen sind und
das darum zu tendcnzvollen Uebetstcige-
wedet du folgst mit heute in die Frei
heit. zu einem Leben der Liebe, oder ick,
gche morgen bin und aestebe ibm alles.
Er wird an mir zum Verbrecher werden,
aver ,ch ziehe den raschen Tod dieser
Sklaverei, die mich langsam mordet ar
Wenn deine Schwüre nickt Lüae waren.
s rette deine L.
Und auf dem Zettel Eolas stand:
Um des Himmels willen. Herr Kom,
missät. vernichten Eie das unselige
Schreiben, dos ich unterschlagen habe.
Ich habe dieses Weib ermordet, m k,iü
graue Haupt des Marchese. sein erlauch.
ies yaus vor oer ischande zu bewahren.
In meiner Einfalt fand ich kein anderes
Mittel. Glauben Sie den letzten Wor
ten eines Toten."
Mo ist Andrea Cola?" fragte ick er
regt.
Sicher vcrwabrt in e'mmi ?ri?:!m-
wer im dritten Stockwerke tt'i GAlof.
sei."
So führen Sie mich sosrt zu ibm."
Wir hatten inds wi) nickt vis yirn
nicr verlassen, als in fichilid.sr tfc.
stürMng ein Gendarm eintrat.
.9?ir Jlcrmnitsar, meldete ivmr,
.der Häftling Cola ist bei einem 7l,iä,t-
versuch' aus dem Fensler seines sfwahr
sams in den Sckiloßbf aus da Stein
Pflaster hinabgestürzt!"
.Tot?"
.Tot!"
.Also dich schuldig!" fiofmie der War.
ckkse. .So bat er die Treue ccbltkn.
die er mir geschworen?"
;a: o hatte et die Treue gehalten!!
Ich zerknitterte den Vri?s. ter d!,
Tckiande des Hauses der Marhefr
barg. Andrea Cola mochte ruhi$ in sei
nem Grabe ruhen. Er sollte nicht um
sonst d,is größte Opfer der Treue, ta
mir je in wkin'M viklbeweakcn ib,n
ttoxgtisamtnt bckaA Kabuü
riingen greift, um ich selbst einen elge
nen Stil vorzutäuschen. . Der Belgier
ist von je als Stadtbaumeistcr viel küh
ncr. vitl nicht auf äußeren Effekt be
dacht gewesen als der Holländer; et hat
daher auch laute Wirkungen die Fülle
erzielt, aber nicht eigentlich das ganz
Cyaraktervolle. ' . '
Ei dafür repräsentierendes Bauwerk
ist die große, schöne Kathedrale, die fest
eingebaut daliegt und mit ihrem Turm
das ganze HafciiPcrtei' beherrscht. Die
Gotik dieser Hauptkirchc ist zweifellos
- der zweite Turm Ist unvollendet
kühn und schwungvoll; aber eS ist keine
reinrassige Gotik, möchte man sagen. An
Reims oder EhartreS darf man nicht
denken. Es ist in dieser Gotik, vor ollem
m der des Turmes, ein spanisches (Sie
rnent, das fremdartig berührt; etwas
Unlonstruklives, Filigranartige und
Spielerisches mackt sich bemetkbat. das
mit der leidnscbak?l!ck!en Lnaif h&
schen Geiste kaum noch zi, tun hat. Daö
Innere der siebenschiffigm Kathedrale
ist imposant. Es wild zu einem Erleb
n,s einziger Art durch die darin aufqe.
Wgten Bilder deS P. P. RubenS. die
besten vielleicht, die et je gemalt hat.
Fromentin hat vor den nach der Rück
kehr aus Italien mit frischet Jugend
kraft und lebendiges Malerehrgeiz ac
malten Krcuzaufrichtung und Kreuzab
nähme schon geschmärmt. Er hat sich
dem Zauber dieses großen Dekorateurs,
der auch ein Psychologe von vielen Gra.
den sein kann, ganz hingegeben, wogegen
er Weitet im Norden mit Nembrandis
ttunstletmysterium kämpfte und sich nrc
dcrw!llig ctgab. Dem Teutschen gebt
es umgekehrt: et gibt sich dem E galli.
sehen Temperament, des Rubens, diesem
grow Talent im Milieu det Jesuiten
Innung nut mit Ueberwindung hin.
Auch Rubens, den man in Antwerpen
wie nirgends sonst kennen lernt in
den Kirnen und im Museum ist eine
Rasscnmifchung. Bei ihm ist sie ins Gc
male ins Schöpferische gesteigert. Er
kann tief fein und oberflächlich, zugleich
ein Stammvater der Modernen und ein
Routinier seiner Zeit, et verrät oft eine
unsterbliche Malersecle. aber zuweilen
den Muskel des Handwetks. Et impo
niert mächtig in den weiten Räumen des
Königlichen Museums, um so mehr, als
neben ihm sein Schüler van Dhk mit
einem übermütig kcinkn (SWm .
glänzen weiß und als der Glcichklan
v.iu cuavungen okr,cöcn Zeit in die
kühne Gefälligkeit d?r mnhrf
, . " ' - - ...... VW
dttungen den Zug historischer Notwen-
vwiigi; aoer wenn man dann in
dem Saal der Holländer gewesen ist. vor
den Musterbildern frrmiä 5s?
macht man unwillkürlich, doch einen'ffio
. . i ucr laimciicrnden Juvclmalerci
um diesem ocnifllifiprfpt mnm J.
,, . ' . liiuyt gil
oft IN den Weg zu laufen und sich vor
der klassischen Einfachheit der Primiti
den zu erbauen. Unh w.m s;r,
' ii l'Ll 13
Änliche nut durch eine lange Reihe
vpun mir Serien schlechter moder
Ner belglscker Malrr! fMn;n:..i.
etn r ' . ".,,v,illitlli6
Museum reicfi. DljmÜM h rc-
& ' .v....,iÖ. vu(1 v,i;u.
Hugo van der Gocs. Rogcr van der Web
den, Quinten Matsys. Dirick Bouts
rard David und viele andere frühe Mci
ster offenbaren mit ausgewählten, alten
Kwstern und Kirchen entnommenen Wer
ken einen Ernst und ein, (z.nrMiitU v,:.
dorn Augenblick der spanischen Hcrrsck'ast
ab verschwunden, um äußerlichem Glanz
Platz zu machen. Dieser Glanz fand
emen um so besseren Boden, als der Zua
zum Ueppigen von je durch die flandri
schen Lande gegangen war, gesördert
durch den Rcicktum her nt,.se;cu.
cm w-"vvn?!iuyu
ffiBenn man nachliest, was die alten
risincuer über das Leben in Gent
riigge. Antwerwn nnh in
r-i"Zi . f , . iiunci
Städten dieser Handelszone schreiben
Vnnn m n.i u,:. . ' '
"c cmoig von lötüaae
ubcrstrablt wurde nnh wi. w
' '"v vit 1CIU?C
Ebschaft Brügges an Antwerpen iifi
,n (n nimnl .1 :xi . i .
0 ?'. " """" i rna;i miinoct. dslft
auch rn die Kunst ein venetianischcr Zug
em Drana ,um tvfntvfih sm.ir
" " .w.uiiti Ulttl
gekommen ist. Die Gegenwart hat dies
auf Repräsentation zielenden Traditio
nen wieder ausgenommen ...
es getan, wie überall in Europa Trabi-
un. Peruanern worden sind: ohne
Schöpferkraft. Sa fMIf fi i
Großstadtstil in Antwerpen dar als eine
mvocrne vatapürasc des alten Jesuiten
Pomps, dessen Zeugnisse reich übet die
ladt ausgebreitet sind. Antw,rk?n
in mächtigem Ausstieg unter den Folgen
I .U,!. .if 5s : - W1-''
ive,iioirl,a,asiiiMk!i Atklcyrs zum
Zweitenmal einen bedeutend sßm,
unter den Handelsstädten Europas ein
yniuinnirn uno oer,ulyt. seinem Selbst
gesuhl windet mit prunkvöllet Form
Ausdruck zu eben.
Was Antwerven nlä Sanh-ssn,
beutet, wurde vor dem Kriege anschau
lvrnii man vie, cusgedehnttn
Scheldckais und die erbebten 3riYifTi
am. Fiufaifer entlang sckilend-rl, ,,h
dem Leben auf den löschenden Sckisf.
zusah. Es wurden dort, die Waren ud
Gütct ans den Kolonien verladen, und
man war mikt'n im Getriebe eines gro
fijn, modernen Hafens. Objektives und
Slibjktlives gcht einem mcrkwürdiz
dürcheinander. Es interessiert die Stadt
in ihrer Eiengr, als ein Gebilde, va
historisch sc v:rhn ninstc. wie es unter
d'in Einstuft einer wlillonisÄ-slämis:
Mchblvölket!!l.a, gewstden ist. ''
0'ittf ,j.'!'i!slllIofjie des st'.eschmgckZ ?
dcr wilden Titrc" ist erschienen und
flid! giigi.e Aiisluiist iibcr den Wert der
B,s!i?n j! k.:li,!!jchki Hinsicht. Wi,
fahren dort, daß das 'SchwanzstiiZ j
des Löwen seht schmackhaft ist. daß d,
'cfieiiW bei Tigers ,u sehnig und lanq
nicht sz z?rt ist, wse Lammbraten, deß
flltr fcal Naslwkn such den verwöhn
tasten Wantn befriedigen dürste. AlZ
Telikatrssen galten ferner Kiinguruh.
siippe und Rsbüenflcisch, das schr der
d,i,!lich sei,, soll. Ob sich wobl gcnnz
Instanzen finden, um diese Geschmacks
urteile z revidinen?
Freudigkeit izt dlk Mutter aller 2
g'ndciiz