Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, March 09, 1918, Image 7

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.ich f. l-r iiflt. !Wal Zur rit feint,
lr.itv.ej Zi.r ist ba. so cmstlsfl, trenn
j'if (ich so pfiA!iu;t!i. U'-.nn f.t
-h' und cinrtn n::t dir Bein fiteicht!
Meine sl .i t ? I'!b also k,i mit, und
w!t ftfiinVtm r an. Ich saz'. mein
.1:1, D!v!f;.ttj se mu nicht tiif.nt iUU
Hut. Ta! fiel mit denn auch in b'.fp
chen üf die C-erl. und wcil ich nicht
Wichte, iro mein Bcrgäuget hiügk.zogcn
war. fling H) einfach noch der Geltung
und tnrfte eine Anzeige ein: Katze z,ige
lausen, t-; si n Ersatz der , f. v. aä
bn nett baut ciüch keine zwei 2na,e, so
kommt meine HauZhiiilcrin ur.S rnclbct;
.Gif ist bei."
er ist Ki?"
tiaiiitüch die Tome, brr die
JTiifcf fiffjött."
. Bittr fjmituiifoir.mrti.
lind sie tarn tjercin, ein fein-:?, sniitt
kez Persönch.n, cmmtiiia. wie ihre Jtatjf,
nur noch feiner, noch nefchmeibintr, noch
gesährlicher, freilich nicht für die atmen
lüiiiufc. Gic sonnte aber eiioaS, Ivas
das Kätzchen nicht konnte, sie konnte lci
cheln, gn,i bezanktnd lächeln. Und sie
lächelte, als sie hereinkam.
.Mein Herr," sagte sie, ich laZ in der
Zeitung, bah Gie eine Nahe ach,
da ist ja meine Mie.ze!" nb ist gleich
darauf z:i lind nimmt sie auf ben Arm
und streichelt sie und bnuit sie an ihre
Brust. Bcncidensiocrt.s Kätzchen! Und
beig macht sich gar nichts daraus unb will
von ihr weg. Tninmcs Tier!
Meine litbt Mieze," sagte baZ Frau
lein, hab' ich Dich wieder!" Sie miis
sen nämlich wissen, mein Herr, als wir
umzogen, da hab' ich meine Katze naüir
lieh mitgenommen, hab' sie zuerst auch
eingesperrt gehalten, aber nach ein paar
Tagkn ist sie weg. War sie in ben Gar
ten gelaufen? Hatte ein Jäger sie ge
schössen? O, es gibt so böse Menschen!
Und nun ist's hier wieder, hergelaufen,
das liebe Tier, nb Gie haben's gefiit
tert! Was bin ich Ihnen schulbig?"
Gar nichts," hab' ich gesagt; denn
von solch einem reizenden Persönchen darf
man doch kein Geld nehmen!"
Gie sind ein ebler Mensch," rief bas
Fräulein. O, Menschen, die Tiere lieb
haben, nttisz man anch lieben. Gekoren
Gie auch z einem Tierschuhverein?"
Noch nickt, kr ich hab' bie slatjer.
ganz gern. Noch lieber wär' mir freilich
ein Hund. Ich werd' mir einen kleinen
Taekel kaufen, der ist gar zu possierlich."
Tun Gie das," sagte sie. aber wie
kriegen wir nun meine Mieze ach
Hause?"
Ja, wie war das zu machen? An der
Leine, das ging nicht: Kaken führt man
nicht an der Lcine. Auf dem Arme?
Tas ging auch nicht, da wäre sie henrn
tergesprungen. In einem Wagen? Den
hatten wir nicht. Blieb nur eine Kiste
oder ein Korb. Ich holte also einen
Korb mit einem Teekcl, unb in den
Korb, da mußte die Katze hinein. TZ
wollte sie natürlich nicht, und sie hat
mich sogar ein wenig gekräht, die böse
Mieze, und daj reizenbe Mädchen, da?
lachte dazu. Unb als bie Katze nun im
Korb ist und ber Deckel darauf, da will
daö ffiäulein ihn nach Hause tragen.
DaS hab' ich nicht gelitten. lZin so hüb
sches Mädchen, und einen Korb mit einer
Katze tragen? Nein. Wozu sind die
Männer denn da? Also gehen wir zu
sammen durch die Gtraßen. ich den Korb
in der Hand und im Korbe die Katze;
die will immer raus, kann aber nicht,
und in meinem Herzen, da sitzt auch
was und raus unb kann auch nicht.
O, bas liebe Mäbchen! Wie konnte
sic plaudern! Ihr ganzes Leben erzählte
sie mir i fünf Minuten. Gie wohnte
bei einer alten Tante und war Lehrerin.
Lehrerin? O! freilich, man muß alle
seine Nächsten liebhaben, also auch die
Lehrerinnen. Aber ich hab' eine kleine
Abneigung. Ich bin nämlich mal in
h i C 4uif rtMAn miift m 5.
t'ii vwuii. uvi ujji ii, vim in it yt iiiuu jii,
und ba hatt' ich auch eine Lehrerin, die
war freilich nicht so jung und hübsch,
wie diese hier, o nein, und die hatt' ich
gar nicht lieb. Lehrerinnen wollen immer
eimas zu sagen haben, und einmal, da
hat sie mir ganz furchtbar die Finger
geklopft, und so etwas vergißt man nicht,
wttin man ein kleiner Junge ist, und
mein hat eigentlich gar nichts getan.
Also sie war eine Lehrerin und wohnte
bi einer alsen Tante. Nun. die Tante,
die lernt' ich kennen in der Wohnung, als
die Miez auZ dem Gaek herausgelassen
wind. Na ja, man kann nickt verlan
rn, fc.ifj die Tanten noch so hübsch sind
wie die Nichten; dann wurde man zu
l icht die Tanten heiraten und nicht die
Richten. Aber die Tante war ganz
freundlich uns lud mich ein, mal wieder
i;i kommen, und ich kam auch, und um
die Gache kurz zu machen, ich verlobte
mich mit ihr, natürlich mit der Nichte.
Ach. waren wir gUekljch, ich ganz sicher
und sie auch. i:g wir sind doch wieder
e-ssil!ök'Z7to!m'n, und wie gesagt, das
k,!,i .ich Cin der Katze her ober vom
H.n.ee, i; ie man will; aber ich muß sa
g n. die lct hatte zuerst gckratzt.
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und trfsiT i!n d t VUt.u ,,',,. Cd
Nannt' ich sie immer, meine Braut, und
dl ferni d't K.-!-e w,rn; fit rieft an
it Mine, sie t4 An,i, !,,,. b.ii brist
Cnfi. sie trat der k.iner, wie ma
gleich ft!-en wird.
A! ich mit meinein Tackel dik Treppe
iinausfiei.. da denk' ich: ,Wu wird sich
Mieze freuen!" Ich klopf' an. und sie
tust: H5rein! Ich will sie a!vr nick!
s ii!erfa!lk,i mit dem Hunde und mach,
die Tur nur spannenweit aus. ?, sitz!
sie. m, in Engel, und hat die Miez ,,,
ihre Niisie.
Tu, Mieze," frag' ich, .Ich Kib' da
jemand draußen; darf der mit herein
knmmen .'"
Bitte sehr," sagt sie. wen Du auch
mitbringst, er ist willkommen." Ta ge.
ben wir also hinein, der Tacke! rtatür
lies) voran.
.0 je." sag! da mein ssngel und hebt
beide Hände, als wollte sie ihn abwehren,
und die 5t atze steckt den Gchwanz hoch
und macht grosse Augen.
Guten Tag! sagt Tackel. Vielleicht
denkt er sich das anch nur und sag!
nichts; aber er stellt sich der Katze gegen
Über und schnuppert mit der Nase, wie
Hunde tun, sonst tut er aber wirklich
nicht. Tas kann die Katz' nicht ber!ra
gen, daß er gar nichts tut. und da hebt
sie die Pfote so hoch wie den Schwanz,
sagt chchch! und fahrt meinem Dackel
über die Nase.
Aii mau: ,agk rer aeiel ganz er
schroeken. denn er hat nicht nur bad
weiche Pföichen gefühlt, sonbern auch bie
Krallen. Was nun aber kommt, baz
ist ein Trama, unb zwar bcr letzte Akt.
und baZ wickelt sich rascher ab, als
man es erzählen kann.
Pfui boch, das ist ein garstiger Kerl!"
rusl meine llJ.ieze, nimmt den Tocki
beim Kragen und setzt ihn vor bie Tur.
Du." sagt sie, als sie zurückkommt,
unb gnckk mich an mit Augen, Abgrünbe
waren in diesen Augen. Du." sagt
ie noch einmal, wenn wir nächstens
heiraten, der Dackel, der kommt nicht
MIl.
Ich bleib ganz ruhig und sage: Tu
hast recht. Mieze, das seh' ich ein, Hund
und Katz, die können nicht zusammen
hausen. Aber dann wollen wir ganz
reine Bahn machen, dann kommt deine
Miez auch nicht mit; die lassen wir der
Tanle. UBir sind ja schon zu zweien,
und Mäuse gibt's in unserer Wohnung
nicni.
Nein, von meiner Katze laß ich nicht,"
sagt sie ganz bestimmt, und wir reden
so noch ein bißchen hin und her. Ich
werde wann, und sie wird hitzig, und
da sagt sie noch einmal: Nimmermehr
werd' ich von meiner Katze lassen, lieber
, uns oa legt sie den Ring auf den
Tisch, den sie von mir bekommen hat,
und ich leg den anbern daneben. Noch
einmal gucl' ich ihr in die Augen, aber
bie Abgrünbe waren noch größer gewor
den, barum steck' ich meinen Ning in bie
Tasche, such' ben Dackel, bas arme, aus
gestoßene Tier, und geh' mit ihm nach
Hause. Schluß!
Schluß? Nein, so rafch boch nicht!
Am nächsten Tage schrieb sie mir einen
Brief: Liebster, komm' wieder und
bring' den Ring mit! Aber nicht wahr,
bei Dackel wird doch abgeschafft?"
Da zog es mich an allen Fasern.
Zweimal war ich auf dem Wege, zwei
mal ging ich zurück. Zuletzt nahm ich
mein Herz in Zügel und sagt ihm ganz
laut: Sei ruhig, Du! Siehst Du wohl?
Sie gehört doch zu denen, die immer
etwas zu sagen haben wollen!" und dann
schrieb ich auch einen Brief, ganz kurz
nur: Mein hochverehrtes Fräulein, lci
der kann ich den Dackel nicht abschaffen,
denn ich hab' in Abgründe gesehen, die
sich nicht schließen lassen."
Aus den Brief bin ich heute noch stolz;
er hat mir das Leben gerettet, und mein
Dackel hat mir das Leben gerettet. Sie
hat nämlich doch bald geheiratet, na ja,
ihre Aussteuer war ja fertig. Sie lxit
einen andern geheiratet, und der liegt
längst auf dem Friedhofe; die Leute sa
gen, daß er dort endlich Friebcn gefun.
ben habe.
Hab' ich ein Glück gehabt! Ich lebe
noch und halte mir bis auf diesen Tag
einen Dackel aus Dankbarkeit.
?om kleinen Korib.
Lehrer: Wieviel Ist 7 und M?
Kohn!"
Moriz: Eine Krone 301"
Lehrer: Einhundertdreißig! Aber
wieviel ist 2 und 7?"
Moriz: Zehn!"
Lehrer: Wieviel?"
Moriz (unerschütterlich): Zehn."
Lehrer: .Wenn du es jetzt nicht richtig
sagst, gehst du vor die Tür. Wieviel
ist es?"
Moriz (fest und bestimmt): Zehn!"
Lehrer: Marsch hinaus vor die Tür."
CMoriz geht gekränkt vor die Tür,
Etwas später kommt der kleine Tristan
Levi, der einen Auftrag besorgt hatte
und will in die Klasse zurück.)
Levi: Moriz. warum hat wer dich
'erausgeworfen?"
Moriz: Weil Ich dem Lehrer nicht
hob sag' kennen, wieviel 2 und 7 is."
L'vi : Nu. nenn!"
Moriz ibeschiviif ,,d): Geh ix 'erein.
Ich hab !b,n .,n geboten, bat er mich
'ettuSff fch-.niffen!"
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ÜiVitt Vrn Tr ,t ,.,. d-r fern wie f:rt
lange dunkle 2'jfll tr-t d'in V.irb In.
S'orn 'j'er, d,-,i in at.v.ien etlichen
fern unt't bet Nimmunfl lauerte, wit;
ten dur'ügk striiMuigdl-jen, betb nrch.
bivt) tettssicl) Ui'b jung wie jliigf Mo
wen.
Wtl MoÜet fühlt den feüsiimen
Wind, der so warm ,,m seine Gtirn
f. rt. und leite fühlte er fein Wut, d s
in f.i'iivrfit Gtrbrnen aufuieg und in
den Eckläsen poentk und hämmerte. Und
Thiel Miller sann und wunderte sich
übet die Möwen, die wiio und gell übet
den Watten kreisten, als könnten sie nicht
ruhen dot dein neue i.'enz und wunder,
ten sich über den Wind und seine ttu
mlie,
Ct hob den K.'pf und starrte koch in
den Himmel, als suchte er den seltsamen
Kleist, der ihn erfüllte, und müßte Ihn
sehen und greifen können; aber da fh
reu mir weiße Wollen unter grauen
Fängen. Die waren wie spielende Kin
der. und der W-st pfisf sein Tanzlied
dazu. Da warf der Mann die Pfähle
d,i der Schulter, blieb sieden und reckte
sich auf, IS wollte er dem Wind drohen.
Aber der spottete nur, warf losen Gand
und Geemoos über seine Füße und grisf
ihm durch die Haare, bis Thies Möller
nachdenklich den Kopf schüttelte ,d ge
bückt über die graue Einöde fckxnite.
(sin einsamer, versonnener Mann war
der Arbeiter. Einsam wie sein Werk
mitten in ber braunen, unendlichen Weite,
Ein paar Fischcrsranen, die mit ihren
hohen Kiepen morgens am Priel entlang
wanderten, und die Wasser, die täglich
stiegen und sielen, waren seine einzigen
Nachbarn geblieben, till und ,n sich
gekehrt und doch voll heimlichem Staunen
und lehnen lebte tr dahin, grübelte et
übet bas weite Watt, seine Brandung
uno e:ne unenvucyteik.
Thies Möller schrak auf. Vom Priel
war ein Helles Lachen zu ihm herllberqe.
'drungen. Scheu blickte er sich um und
sah Ebbe Wulfs Jung und hinter ihm
Fritz Lassen, die mutterseelenallein nach
Brunskoog jlesen.
Er drohte Ihnen: Wo wullt Tiin?'
2o Hus!" lachte Hans Wulf und
sprang wie ein Wiesel mit nackten Füßen
durch Putzen und Nmnen, daß der Gro
ßcre Mühe hatte zu folgen.
Paß op. Hans, de Tide (Flut)
kümmt!" rief der Arbeiter warnend, aber
der Junge war langst vorbei und wir
bette im Laufen mit beiden Armen durch
die Lust, als spiele er mit dem Wind.
Da packt Thies Möller sein Arbeit?
zeug und stapfte In schlveren Stiefeln
weiter durch Schlick und Sand, warf den
Kopf hoch, als wollte er etwas abschut.
teln, und fühlte doch, wie sich feine Sinne
langsam mit friedloser Unrast erfüllten,
Ebbe Wulfs Jung! Thies Möllers
Gedanken flogen zehn Jahre zurück, da
mals. als er als Bursch zu den Solda
ten sollte. Zwanzig Jahre mag er ge;
wesen sein, und Ebbe Wulf war ach!
zehn. Und Thies Möller und Ebbe Wulf
waren ausgemacht im Torf bei den Leu
ten, und jeder dachte, daß es ein schwerer
Abschied würde. Aber die Leute hatten
zu viel gesprochen und zu viel geneckt,
und keiner von beiden wollte dem anbern
bas erste ernste Wort geben und ihm zei
gen, wie lieb er ihm sei. So gingen sie
stolz aneinanber vorbei und suchten sich
unb wollten sich doch nicht finden
wochenlang.
Am letzten Abend erst, als Thies Möl
ler noch einmal allein auf dem Deich ent
lanagegangen war und weithin bei
Abend bunte Fahnen schwenkte über bem
grauen Meer, war bie Sehnsucht über
ihn gekommen wie eine alles erftickenbe
Flut, unb ihm war gewesen, als könnte
er nicht leben ba btaußen ohne Hoffnung
aus Ebbe Wulf.
Da war er umgekehrt, als liefe er um
sein Leben, und war mit keuchendem
Atem zu später Stunde vor ihr Hauö
gekommen. Und Maren Wulf, Ebbes
Mutter, empfing ihn wie einen Brant
Werber; bochmiitia und doch freundlich.
Aber in Ler Stube hatte ein anderer ge
sessen, das war ein Seemann, der mit
Kersten Wulf von Hamburg gekommen
war. Unb er erzählte von Fahrten und
Schiffen, von fremden Ländern unb
Meeren, bis Ebbe Wulfs Augen glänzten
und sie Thies Möller anlachte: Sieh,
du. wenn du auch so einer wärest!" D
war er trotzig und still geworden und
hatte mit verkniffenem Mund zugehört,
wie der andere erzählte, bis es Mitter
nacht wurde und Thies Möller Abschied
nahm.
Ebbe Wulf hatte Ihn hinausaebracht
bis vor die Tür und hatte ihn angesehen
nd wohl auf ein Wort auZ seinem
Mund gewartet; aber der Bursche hatte
gefühlt, als sähe das ganze Torf aus
den Fremden und ihn, und als spotteten
sie und sähen ihn an wie vorhin Ebbe
Wulf: Wenn du wärest wie der!" Und
Thies Möller halte ihre Hand warm in
der seinen gefühlt und hatte doch kein
Wort gesagt und war hochmutig und
stolz auf feinen Trotz in die Welt ge
ganzen.
Der Wattenarbeiter schritt schwer über
den Schlick. AuZ Rillen und Lacken
wuchs dal Wasser heimlich unter ihm,
als strömte es aus der Eide empor. Mö
wen segelten hoch, und ihr verwünsche
ner Könis, schrie gesühnt vor Neid
und Qual. Ein warn,er R'gen trieb
' 4 (- 1 ,'. f4-.,.-4 Y-ri-i'-S W'V-
in 7'f. M ,,-5 t, ij,,,,, z.
wn "5; ,!'..! i,
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V-vM t'-t frVtt.it.t. !
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Hut , Tti' f'frt S ,1Z!',1.'N, k i (r,
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2 fitz Mt b't si'l'-! :i
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f "(! 1 an, wenn tu- sich triftn.
V.r doch K,lte 7! i '."i.n.t einmal
a.t.itl'f miisten. Datz iwt damals .'
Wesen. oU et fei,! Clcn.in.i als Fijchit
!r.(.! t in runStrri au'-.zd und jenseit
der ,1,11 SJattfNiUlviti r wue. 7t
weit rnii gemorden. tiinluh z kämpfen.
nd Kitt zaear,Nen, als r eine stunde
weitet, iehen durste, ks er Frieden twttt
vor Ebbe SUuU. Nut Iwule lief HanZ
jy.ut vor ihm ül'etl Walt.
Der Reaen tiefeltt f.icht in feinern
Stand ,zn Boden. In die' Wollen war
der TCrft gesahren nrch zerrte sie wie
'.lel im Wind. EZ war. als Körte man
ibr unruhiges Reißen nd Knattern, nd
als klangen he-Uwwehte Ruf im Wind
Da brach langsam ein gelber Wider
schein vom Meer. Die Tropfen beaan.
neu z blinken, wie splitternde G keine
zu fallen. Eine tiesiqe Lok schlug dun
keirol aus im Westen und verbrämte
Watt und Lachen mit brennenden Far
ben. Die Wollen schienen tief zu sinken,
wurden bunt im ttlanz der sterbenden
Sonne und ließen rötliche Nebel zur Erdc
kauen
Tbies Möller sah sich um nd wun
verte sich, daß der Abend der gleiche war
wie damals, als er aus seiner Heimat
sollte. Und er vergaß die Zeit, die ver.
rönnen war. und lies mit seinen Geban
ie noen. einmal bitten den dämmernden
Abend über den Teich zu Ebbe WulsS
raus, et führte durch Nebel, als die
Sonne gesunken war. durch Schwaden.
o,e von ver Bo cnnng gegen ihn krochen
n,tt weißen csichtern drohten und sich
an ,n jammerten, ais mup,te er sie alle
um ia) tragen aus seinem Weg,
Aber damals war er jung gewesen
unv nait geipollet über die Nebel,
Thies Möller reckte sich plötzlich hoch
aus, vrente ict) um und starrte mit we,
ten Augen über das Watt. Die Sonne
war gesunken, und fern vom Meer kro
chen braunbunkle Wolken auf. Eine fr'ö
ciiide Malte zog vor dem Abend her.
und wie aus unsichtbaren Kelchen zogen
ringsum in dünnen Fäden und Schleiern
Acvei uver vag Watt.
Da sah er Fritz Lassen, der unruhig
am vnei cnnang oem mnü zullreble
Einen einzigen Augenblick starrte der Ar,
beiter über die Weite. Dann bixch ein
gurgelnder Ton: ,D Jung!" aus seinem
Mund, und in wenigen Schritten war
er am Wasser.
Wanecm is Hdn8?"' schrie er den
Burschen an.
Der blickte ängstlich aus. Jk week
nich. Hc is alleen wieder lopen (ge
laufen)."
ThieS Möller sah den anderen besiir
nungölos an, dann fuhr eine zitternde
Angst in ihm auf. Mit einem Ruck
wandte er sich, setzte in lang?n Sprüngen
am Priel entlang über Rinnen und La
chen und rannte atemlos in das weite,
braune Watt hinaus, dahin, wo er Hans
Wulf zuletzt gesehen hatte. Das Was
fet wuchs unter ihm und schob vom Priel
aus weiße Tckpumstreifen über den e
riffelten Schlick. Der West sprang auf
und schnob über die dunkelnden Flachen,
als wollte er sie freipeitschen für seine
steigende Flut. Möwen flogen krächzend
auf und suchten Schutz vor dem sinkenden
Abend.
Thies Möller rannt, als gelte es sein
Leben, rannte wie damals, als er Hilfe
suchend zu Ebbe Wulfs Haus über den
Deich lief und die Nebel sich in seine
Kleider krallten. Ihm fiel jäh ein, daß
der Donnpriel feit drei Tagen einen
neuen Weg weiter ab von Brunsloog
wühlte, der tief und reißend war, daß
kaum jemand sich darüber wagen durfte.
Und er fühlte sich schuldig an dem Jung,
der vor ihm über das Watt gelaufen
war. als kennte er Priel und Strand
wie einer der Alten.
Sein hastenden Gedanken flogen weit
Voraus, umgaben das Kind, und ihm
war, als sei es sein eigenes, daS da
draußen irgendwo in Todesängsten durch
die wachsenden Lachen irrte.
Da teilte sich der Priel in den alten
und neuen Arm. Einen Augenblick
suchte Thies Möller am Boden. Tann
fand er kleine Fuhtapfen, die über die
Sandbarre am neuen Strom entlang
liefen.
Vom Meer kam langsam eine dichte
Nebelwand. Die kroch heran wie ein
fahles Tier ohne Augen, das tausend
fach wogende Arme ausstreckte und mit
ihnen Flut und Land grau und enbloS
umschlang. Die Möwen slohen zum
Lanb. unb der Wind lag lautloS aus
den Watten, als fürchtete er sich. Schwer
sank die Dämmerung und färbte die
Fläche dunkel, und der Nebel wurde
braun, düsterbraun im letzten Leuchten,
ThieS Möller irrte, tappte verzweifelt
durch die wachsende Flut und suchte einen
Weg durch den Taak. Tann, als er am
Priel mit keuchendem Atem entlangge
laufen war, ohne jemand zu finden, blieb
er plötzlich flehen und schrie laut auk vor
Qual und Angst um Ebb Wulfs Jung,
daß eS gellend über die Watten schallte
und den Abend zerriß. Einen Augen
blick horchte er lautlos unb beugte sich
vor, als müßte der Nebel Antwort brin
gen, und ihm war, als hinge fein Leben
an einem Zeichen. AIS alles schwieg,
reckte er sich noch einmal aus und schrie
den Namen Ebbe Wiilfz und ihres Kin
dei, als sollten seine Lungen bersten.
tif f-i i'- 1 '. ?- rt.' -
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d!k C ! rums M 'den ri.itw, und k
k", rviii-r n loti ich k,,,e
fVhrtf iHeW.
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iri im F.fler, nd w;!',cn!et Itrfj et f.t)
auf den Atm reimen.
Lcinqfsm fu!f 2 die, M.llet durch
b't Nlt feine t$ta, Aw't alte, b,,lb
'flintk Vtiel. di et .ist biitchfchtilt,
i-.ibn, itrn bis Richtung na.fi Vkunog.
Tann verlöt sich wieder lle in einet
wa.t'ieüb'N, infatbenfn ÜkViffftflüch, in
bet et sin miilchim dtchunlejte ver
suchte. Slbet bet 5,'eM wuibf feiltet.
driiin ,ell', und da Wasser m fein
Knie wurde nrukig, fing an, sck'anmig
Wellen zu wersen, spritzte und flüchtete
tinaSnm auf nn'et feinern chtilt. TkieS
Maller Brust ging fchiltr, er keuchte
ns fioknit, c! brenne bet Nebel in
feiner Brust. Mitunter stolperte et.
raffte sich wieder auf nb suchte im Grau
weithin nach Wesen und Händen, bie
ihm helfen könnten. Aber nnlutinbetzia
quell das Tammetn von allen leiten
auf ihn ein, und ihm war. als mühte er
ersticken unter den dichten Leibern, die
ihn tinaS umdrängten nd sich schwer
ans ihn und seine Last legten.
Da wuchs daS Wasser wieber unier
seinen Schritten. Ihm war, als neigte
sich ber Boden langsam, unb als griffe
bie Flnt gierig und schadenfroh nach sei
ner Kehle. Thies Möller blieb stehen
und schrie noch einmal laut auf, schrie
den einen Namen um Hilfe, als müßte
der ihn erlosen von feiner Not.
Der Junge auf seinem Arm strich mit
zitternden Hänben über seine Brust und
griff nach seinen Backen, als wollte er
die streicheln.
Muddcr, Mudder." sagte er leise und
begann zu wimmern.
Thies Möller war, als dürste er nicht
vergehen, als durste Gott cs nicht z
lassen um des Jungen und des Weibes
wegen.
Ick lot dl nich, Jung!" sagte er und
druckte seine Bürde fest an sich, und dann
schrie er noch einmal wie ein wundes
Tier, das sich gegen den Tod wehrt
Ebbe Wulf. Ebbe Wulf, to Help, to
Help!"
Er horchte mit allen Sinnen durch
den Nebel, als mußte fern eine Antwort
kommen. Da hörte r, wie weit rechts
hinaus der Schlepper, der vor Hölmöort
lag und beim Nebel keine Einfahrt fand,
laut und warnend schrie, und da wußte
ThieS Moller auf einmal, daß er auf
dem rechten Weg war, daß vor ihm
Brunsloog liegen mußte, und daß er
mitten im versandeten alten Priel war
Und mit neuer Kraft beugte er sich
und drängte gegen die Strömung, suchte
er Halt in dem gleitenden Sand unter
seinen Fußen und reckte den Leib aus
dem Wasser, das gegen seine Brust stieg.
Bis der Boden wieder zäher wurde und
die Flut niedriger und aus dem Nebel
in zitterndes Feuer, das Lotseiiseuer von
Bninstoog auftauchte.
Da riß ThieS Möller noch einmal das
Kind an sich. Ihm war. als müßte er
jubeln, laut aufjubeln, und lachend schrie
er in den Nebel mncin: Komm, Jung,
nu wüllt wi to Muddcr!"
D!s Sprache Zesu.
Die Antrittsrede, die der Orientalist,
Professor Dr. Friedrich Cchultheß in
Bafel über das Problem der Sprache
Xcf u gehalten, behandelt eine der fchwie
rigsten Fragen und tut es in umfassen
derer Weise, als der Titel zuerst ver.
muten läßt. Im allgemeinen weiß der
Gebildete, daß die jüdisch Gprache he
brcusch genannt wird, daß Jesus den
aramäischen Dialekt gesprochen habe,
und daß das Neue Testament mit der
Ueberlieferung von Jesus griechisch vor
liege. Schultheß sucht nun das Ber
hältnis der hebräischen zur aramäischen
Sprache aufzuhellen. Nach ihm war
das Aramäische schon 6 v. Chr. in
Palästina die Sprache des Volkes und
zum Teil der volkstümlichen Literatur.
Die hebräische Sprache wurde rasch zum
Sonderbesitz der Gebildeten. Jesaza
hat seine religios-politischen Bekennt
nisse ... in der hebräischen Schrift
spräche niedergeschrieben, dagegen aktu
elle und befristete Tenksprüche und Zeug
nisse in der aramäischen Bolkssprachc.
Die Literatur der Spätern ist eine Kir-
chenliteratur. Die Staatskirche" nimmt
von der Literatur auf, was ihr nützlich
erscheint; sie sammelt die Flugschriften,
zensuriert sie und hebt sie aus. So ent
steht eine Kirchenbibliothek" lange vor
dem Kanon,
Einen heiligen" Charakter erhält daS
hebräische Schrifttum im Eril durch den
Gegensatz zur Sprache des Unterdrü
ckers. Jesus kannte die Kirchen und
Nabbinersprachc" aus der Schule, d. h.
aus dem Neligionsunterricht. Er wußte
jedenfalls große Teile des Alten Testa
menteS hebräisch auSwenbig. Aber
wenn cr in der Snnagoge die Bibel auS
legte, tat er eS in aramäifcher Volts
spräche. Auch die erst Predigt deS
Evangeliums durch die Apostel geschah
auf aramäisch. Erst mit der Loslösung
des Christentums vom Judentum und
der ?Nissionierung der Heidcnwelt wurde
das Evangelium eine Cache der griechi
scheu Zunge, und die aramäische Bot
schast. ob nur mündlich oder auch
schriftlich vorhanden, starb mit dem Ju
denchristenlum aus.
Diese Andeutungen werden genügen,
um zu zeigen, daß di Schrift nicht nur
philologisches Interesse darbietet.
Tichkcr,',wrifrl.
Minist siel ihm bei der Lampe Schein
("Es war ihm angenehm!)
Ein treffender Gedanke ein,
Nur wußt' er nicht von wem!
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litt, tif fotnnietli.f'rn ft,l,k!wv,t'.ii. ira
ten iiiün.t so schon .e n! AIS f;e
?)it:p tjf.i-etben, H,fb doch luvfj feie
Zl'ch'et an ibiet Giit und frvgle mit
fkil !'kk Libet.Siuj' fiil Alw!chti.i!,g und
iitiieiiung.
Nun war d,,k Kii.d l'e,k,ir,,!,t. Nun
kam für Wichdiniue Ki4 Neue. baS Hu
geiroknte. und es war ihr schon, als sie
bn Koffer packte, bang (ic;wn tot der
Einsamkeit, die sie in iinen reifen Ja
ken erst kennen lernen sollte,
Aber so schlimm hatte sie ub't doch
nicht gedacht! Die Gönne wcckte sie
siiih. und sie konnte nicht mebr ein
schlafen vor Grauen vor dem langen,
lange Tag. der vor ihr lag. Was sollte
sie denn ansaugen?
In der Pension, in der sie sich ein
gemietet hatte, faß all, in Gruppen z
lammen: a,i,il,en mit Mindern; junge
Leute, die sich tonnten, vergnügte Ehe
paare. Nur sie war allein an ihrem
kleinen Tischchen. Tas Kichern und
Lachen und Plaudern klang zu ihr her
über, und sie vertiefte sich während der
Pausen in ein Buch. Aber immer
konnte sie doch nicht lesen. Sie wollte
ja so gern herumlaufen in bet hübschen
Gegenb. Wenn es ihr nur nicht so un
heimlich gewesen wäre, draußen im
Wald! So oft ein Wanderer ibr ent
gegenkam, hatte sie eine wahre Angst.
Man las ja so schreckliche Dinge in den
Zeitungen. Schäm dich doch! Eine
so alle Frau!" sagte sie sich und setzte
tapfer die Fuße weiter; aber sie ging
unwillkürlich iinmer rascher und kam
ganz erhitzt an das Am an.
Endlich wagte sie sich nur mehr aus
die belebte Promenade, aber bas Ge
sühl ihrer Verlassenheit schleifte sie
immer mit sich. Unb einmal setzte sie
sich ganz verzweifelt auf eine versteckte
Bank und weinte, als wäre sie erst ge-
stern Witwe geworben, als begriffe sie
mm erst die ganze Schwere ihres Ber
lusies.
"Nachdem die erste trübselige Woche
langsam vorübergegangen war, hatte sie
einen größeren Ausflug geinacht und
befand sich schutzlos auf dem Heimweg,
als ein starkes Unwetter losbrach. Sie
erschien sich unsächlich kläglich und arm,
wie sie so allem, tropsnag unb vom
Wind serjuTin, aus Der schmutzigen
Landstraße dahinftapftc. Endlich ent
deckte sie doch ein Haus. Und vor die
sem Haus standen o.mmerln chler,
eine Familie, die mit ihr m der Pcn
sion wohnte.
, Ach Gott! Frau Geheimrat von
Hellbach!" rief die rundliche Frau, die
an der Türe lehnte, ihr schon von we!
tcm zu. Kommen Sie nur herein aus
der Sintflut m diese Arche Noah. Schon
ist sie ja nicht! Aber man nimmt gern
vorlieb, nicht wahr?
Milbelinine ba tc keine Almuna ce
habt, daß die Leute, denen sie wohl zu
weilen auf der Treppe, im Spcisezim
mer begegnete, fie kannten. Aber cs war
ihr ein rechter Trost, daß sie nicht allein
in der zweifelhaften Bude Zuflucht su
chen mußte.
Die Herren stellten sich vor. Edmund
Kunse, der Gatte der lebhaften kleinen
Frau, Otto Schmidtlein, ihr Bruder,
und ein langaufgeschossencr Zunger
Mensch, ihr Sohn. Der Bruder hatte
dasselbe frische, rosige, lachende Gesicht
wie sie, obwohl sein Haar schon ergraut
war und er wohl ein Fünfziger fein
mochte.
Wir haben unS einen Wagen be
stellt!" sagte Frau Kunse. Sie müssen
natürlich mitfahren. Das Gustävche
setzt sich gerne auf den Bock!"
Wilhelmine zögerte erst, aber es war
ganz unmöglich, der zuvorkommenden
Liebenswürdigkeit zu entgehen, mit der
man sie in das ländliche Gefährt packte.
Die Leute waren alle in einer so ver
gnügten Stimmung, und das herzhafte
Lachen der lustigen Frau Nosel, wie ihr
Mann sie zärtlich nannte, hatte etwaS
Ansteckendes. Frau von Hellbach, die
eben wie ein Häuflein Unglück dahin
gewandelt war, staunte nur so, wie man
einen Platzregen und eine Fahrt im Zot
teltrab förmlich als ein festliches Aben
teuer genießen konnte. Bon diesem
Abend an hatte sie eine heitere Gesell
schaft m der Pension. Sie war gleich
aufgefordert worden, an dem Tisch der
Familie Platz zu nehmen, und hier ging
es immer lebhaft und lustig zu. Es
hatte Wilhelmine ja befremdet und ge
kränkt, daß ihre neuen Bekannten, wie
sich im Laufe des Gesprächs heraus
stellte, gar keine Ahnung davon besaßen,
welch berühmter Dozent der Philosophie
ihr Gatte gewesen, welch bedeutende
Werke er geschrieben daß sie offenbar
feinen Namen nicht gekannt hatten. In
der Welt, der fie angehörte, wäre diese
Unwissenheit geradezu unmöglich gewe
sen. Aber Kunse war ein wohlhabender
Kaufmann, den die Butterpreise viel
mehr interessierten als Philosophie und
Literatur. Für Frau von Hellbach, die
bisher immer nur in Prosessorenkreisen
verkehrt hatte, war es ein ganz neues
Milieu, in das sie da plötzlich herein
gezogen wurde. Auck diese oberflach
liche, ein wenig getäuschvolle Fröhlichkeit
war ihr fremd. Aber sie tat ihr wohl
nach der großen traurigen Stille, die sich,
in ihrer Einsamkeit um sie gebreitet
hatte, nd sie gab sich Mühe, sich der
harmlosen Bergnügtheit anzupassen.
e trank mit, wenn abends eine Erd
beerbomle gebraut wurde, sie lernte so
gar Skatspiclen. das heißt, der lustige
Herr Schmidtlein seiß neben ihr und
ze,g!e ihr. welche Karten sie heraus
ziehen sollte. Er war seht autmerkfam
und galant gegen die neue Tischgenossin.
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lun;n! S, wehrte nm tütn. stet ab:
'Kein! Co hissen , r.i'i sprechen!
sind doch yewch nUU öltet all Ich
,,ch I.'mmt in:t och g.nij j.mg vor mit
meinen funfnndpiffzig:
Gie dachte sich inchtz dabei, wenn
Ctto Gchniiblteii, mit Sendete bei, Platz
an ihrer Geile n.ch n. nenn ,t fi.u ..,,,
ibr stehen wollte, wenn sein Schirrst er
ihr immer wieder versichere: Er sei ein
so lieber Mensch, tk wäre jammerschade,
daß et keine Häuslichkeit- mehr habe,
feit seine Frau gestorben und fei GohN
sich in England verheiratet habe.
Manchmal, wenn es gerade nuelaf
fen zuging, wenn Kimses iln Schnada.
hüpfel sangen ober Gchmibtlein flink
boten rzah'tc unb alle Tränen lachten,
dann dachte Wilhelmine plöklich 'mit
heimlichem Erschrecken: Weis würde
mein Mann sagen, wenn er mich in die.
ser Gesellschaft sähe! Gcin Heiterkeit
hatte immer etwas würdevoll Gedämpf
te, vornehm Nnhiges gehabt. Am
nächsten Tag blieb sie dann wohl auf
ihrem Zimmer: Sie müsse Briefe schrei
ben. Aber das war bald geschehen.
Und dann kam eben miedet daS drückende
Unbehagen übet sie. daS Gefühl der
Leere, der Verlassenheit. Und Kunses
kamen begeistert von ihrem Ausflug
heim, und Schmidtlein bat so dringend,
sie mochte boch morgen wiebcr mitgehen,
unb aus feinem Gesicht sprach so viel
Gutmütigkeit und Herzlichkeit, wenn
auch ein leiser schlauer Zug in den
Augenwinkeln lauerte.
So tat Frau von Hellbach denn mik
be! den kleinen Bergtouren, bei den Wa
genfahrtcn. bei den Picknicken im Wald
und wurde braungebräunt von der
Sonne und sah jung und hübsch aus.
Mehrere Wochen gingen hin. Als
man eines Mittags eben fröhlich die ge
bratenen Hühner verzehrte, kam ein Te
legramm an Schmidtlein. das ihn in ge.
fchäftlichen Angelegenheiten nach Haufe
rief. Er war ganz verstört. Sein ro
siges Gesicht wurde zum erstenmal blgß
und ernst beim Abschied von Wilhelmine.
Nicht einmal feinen Urlaub soll man
ausgenießen dürfen!" murrte er. Aber
ich schenk ihnen keinen Taa! ?ich komme
wieder! Und hoffe, Sie sicher noch zu
treffen. Frau von Hellbach! Diese schöne
Zeit darf kcin so jähes Ende haben!"
ttffa L . v i . .
US oer ruoer fort war. ließ es sich
Frau Rosel ganz besonders naelea-n
sein, die einsame Frau zu zerstreuen und
zu oermoynen. und einmal an t nern
regnerischen Nachmittag, als die Damen
mit der Handarbeit beisammen saken.
da packte sie plötzlich Wilhelmmens Arm
uno raunte rlir zu: Saaen Sie. liebe
Frau von Hellbach! ' Darf mein Bruder
lich denn ein bißchen Honnuna machen?
Ich muß Sie fragen. Es drückt mir das
Herz ab. Sie haben ja gesehen, wie
schwer er fortgegangen ist! Ach er hat's
ta immer auf der Zunge gehabt r
raten haben Sie es ja wohl, daß cr Sie
zur Frau möcht'."
Wilhelmine rückte ab, erschrocken, der
legen, verstört: Ich, Frau Kunse! O
Gott! Ich hab' doch nie an so etwaS a:
dacht! Ich! Wieder heiraten!" stam
melte sie ratlos mit heißem Gesicht.
.Aber warum denn nicht? Warum
wollen Sie denn Ihr Leben vertrauern?
Ihre Tochter ist versorgt! Wem ae
schieht denn ein Unrecht? Und der Otta
hat ein so gutes Herz. Er verdient
wirklich ein rechte! Glück. Er hat sein.
Stellung bei de: Versicherungsgesell
schaft und Sie " ein lauernder Sei
tenblick Sie haben ja gewiß auch
Ihr Auskommen, auch wenn die Pension
weglietc? isie paßten so schon zusam
men. Nein, war' das hübsch! So eine
liebe Schwägerin! Und wie wir lustig
sind! Ach, unsere Familienabende! So
eine Fidelität haben Sie noch gar nicht
mitgemacht. Ucberhaupt das Leben am
Rhein! Denken Sie, wenn man älter
wird und ist immer allein! Keinen
Menschen, der sich mehr um einen kllm
wert. Gott, die Kinder, wenn sie mal
verheiratet sind! Die sind froh, wenn
man fie allein läßt. Aber ein Mann,
der Sie gern hat !"
Sie redete immer zu. und Wilbelmine
fand, wie im Bann dieser praktischen
Vernunft und alltäglichen Klugbeit, kein
Wort des Widerspruchs: Ihr schauderte
nur vor dem Grau draußen, vor bem
Grau über der eigenen Zukunft, und sie
nickte, lächelte, halb Überzug!, halb mit,
fortgerissen von dem Glauben, daß wirk
I,ch ein neues Leben für sie tnogilich
Ware.
Frau Roscl triumphierte im stillen
und tuschelte ihrem Gatten zu, daß sie
die Sache viel besser in die Hand ge
nommen hätte als der ungeschickte Otto.
Die Männer feien immer viel zu schüch
tern in solchen Dingen. Wenn r käme.
könnten sie ine luftige Verlobung feiern!
Ader Wilbelmine war dock sg wenia
im klaren über sich selbst, daß sie einer
Aussprache auS dem Wege gehen wollte.
uno trotz der dringenden Bitten des
Ehepaares Kunse abreiste, ehe ihr Ver
ehrer und Freier zurückgekehrt war.
An einem Septemberabend betrat sie
wieder ihr Heim. Ueber dem Tisch
brannte die Lampe; da stand der Stuhl,
auf dem ihr Gatte ihr g-geniibergesefsen
hatte. An der Wand hing sein Bild.
Sein vornehmes, geistreiches Gesicht
blickte sie wieder an. Aber es war ihr.
als glitten die Augen weit über si hin
aus. weit über sie hinweg; als wär sie
so klein geworden vor diesen a da !?!'
liefen Zügen, als bätte sie sich verirrt
nd verloren und fände den Wz nicht
mehr zu ihm.
-vV- i