Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 04, 1918, Image 2

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KMwMaHrt!.'simtitaM
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VckgNche 9maya LrttSne.
Thlerprozesse des Mittelatterg.
Zur Komik bei Aberglaubens. Von
N. Tettiett
j .
TW komisches Pendant z? der Ira
fftt der He?endcrfolgungm dLden die
Prezeffe. die w MttelaÜk? auch noch
in der neueren Zeitepoch von kirch
lichen: und weltlichen Errichten mit
aller Uniständlichkeit juridischer For
malitätcn gegen Thiere geführt wor
den sind.
Am hLufiFsten frnb Vchweine vor
Gericht gezogen worden; in Frankreich
haken sich von Zwanzig und etlichen
solch Fälle die Originalalten erhalt
teil.
Im Jahre 1286 fällte der Magistrat
von Malaise gegen eine Sau den
Spruch, ihr solle die Schnauze und
bai linke Vorderbein abgeschnitten
und sie alsdann gehenkt werden, zur
Strafe dafür, daß sie einem Knäb
lein Theile deZ GesichicS und einen
Arm angefressen. Das Thier wurde
in Weiberkleider esteckt und in dieser
. 1.. 11 j. W
Wermummun-g effentUch auf dem
Marktplätze hingerichtet. Der Hen
kn erhielt zehn SouZ und einm neuen
HaKdschuh für feine Arbeit.
Im Jahre 1313 tödtete der einem
Vichtrr in Morst) gehörende Zucht
stier einen Mann, und CharleZ. Graf
don DaleiS. verhängte strafrechtlich
Prozedur Eber daS Thier. Gegen
daZ in der Folge erlassene Tobesur
theil legte der die hohe GcrichtZbar
kei! Eber Moffy beanspruchende Jo
anrnterorden Berufung beim Parla
ment ein, und dieses gab der Bern
frag statt, aber nur ins streit eS sich
ma die Jurisdiktionsfrage handelte.
Der gefällte Spruch tvurde bestätigt
und dessen Vollstreckung den Jöhanni,
tern Wertragen.
Entgegen unserer modernen Praxis
unterlagen die Eigenthümer fchlbar
gewordener Thiere keiner ?nischädi
gungZpflicht, man hielt sich immer mir
crt die Thiere selber.
In den Archiven der Stadt WormS
findet sich eine alte Werfügung des ho.
Sjen RatheZ. ' tvenach ein Mmmstock
mit allen seinen Insassen verbrannt
werden soll, well etliche dieser ein Kind
zu Tode gestochen.
Solche Anschauungen ilber die De
Ziehungen zwischen Menschen und
Thieren fußten in dem mosaischen
Gesetz, nach welchem der Ochse, der
nen Menschen tobtet, gesteinigt wer.
den soll, eine biblische Bestimmung,
deren verallgemeinerter Anwendung i
noch durch den im Mittelalter weit
jucuireutira vjiaui'zn avvafu.a
stet wurde, dem Menschen schweren
Schaden an Leih und Leben zufügen
de Thiere seien Werkzeuge des Teu
fels. Am liebsten trieb der Teufel sein
Unwesen in Gestalt eineZ schwarzen
ZiegenöockeS, eineI schwarzen Kater!
oder eineZ schwarzen HahneZ, und die
se Kreaturen standen daher in argem
Verruf.
In einer alten Baseler Chronik ist
zu lesen: Auf dem Kahlenberg haben
sie einen schwarzen Hahn ' verbrannt
mitsammt einem EZ. welches selbiger
Hahn gelegt (!). Daran haben 'die
Baseler sehr wohl gethan, denn schon
LicentiuS hat im Buche VI. feines
Speculnm Naturale' geschrieben, wie
. ' 1 KTf.Jt. 0s fjL.Ji.
5 sich ereigne, daß ein vom Teufel f
besessener Hiim Eier legte, denen ein
Basilisk entschlüpft, wenn solches Ei
von der Schlange Coluber " in einem
Misthaufen ausgebrütet wird. Der
Basilisk aber ist ein grausiges und -fährlicheZ
Thier, haÄ Hahn, halb
Schlange'.
- Die in Massen auftretenden klnnen
Plagegeister, wie Ratten, Mäuse. IN'
festen und sonstiges Ungeziefer, kön- j
nen . vom Knmmalgeietz und deflen
Dollstreckern schwer gefaßt werden,
ganz abgesehen davon, daß sie manch
mal als von Gott gesandte Strafm?t
ttl hingenommen werden mußtm. Bon
Zen durch solche Geschöpfe Heimgefuch
ten war daher große Vorsicht- zu U
'bachten; sie mußten sich hüten, ohne
bie Genehmigung der 5lirche gegen die
Oerdränger vorzugehen.
Ueber daZ in solchen Fällen zu
beobachtende Verfahren hat Chasse
ney. ein hervorragender französischer
Rechtsgelehrter deZ 16. Jahrhundert!,
lange Abhandlungen geschrieben. In
den ersten seiner 1531 in Lyon veröf
fentlichten .Consilia" erörtert er die
Frage, ob es Überhaupt zulässig sei,
Thiere zu ezkommunizieren. Nach p:in,
licher Abwägung des Für und Wider
kommt er zu dem Schluß, daß solche
Exkommunikationen .erbaulich urd
ersprießlich" und sehr wohl vereinbar
' r ty ' 1 ' '
sind mit wahrer Frömmigkeit; nur
sollen auch den Thieren gegenüber alle
Rechtsformen besbachtet und ihnen
Tertehidigung durch bestellte Anwälte
gemährleistet werden.
,r Zitsiv-
r De Thsu SetlÄet.
den Grund zu feiner
orB U?snme?
eriihmtlit durch die Gefchickttchkett
- l?zt Hai, mit der er als Anwalt der!
f-'.-:t!en ron Autua für diese plädierte. !
,:t Mtun hatten argen lsqave m
(x Ckg?nd angerichtet und waren die-
. . i.:r x'-tii tn--.
uquia vom i:auijiutt
Ml Lnantwortung vorgeladen wor
xn. Chilene!, ttanra? zunsifl.
l:.:g Uit ttMiWSUg Hl BUCH ii.ufft'lf
?n TÄzese verl:sen werden Zollte,
r. V : . 's . - ( . ü. kkw i
i-n die we-zZin verstreuten Rallen kdch
ülich von dem egm f achwxgj
gemachten Verfahren tu Kenntniß zu
setzen. Dat Nichterscheinen der Ratten,
trotz der an sie eraangenen Auffocde
rungen, entschuldigt, der Vertheidig
per mit der Gefährlichkeit der zur Se
richtöstelle führenden Straßen, auf be.
nen zahlreich Katzen beständig auf der
Lauer lägen. Durch solche Einwen
düngen wurde der NechiZgarg verzö
gert, und att sckießlich doch ein Kon
tumazurtheil gefällt werden sollte,
wieZ der Anwalt in glänzender Reoe
darauf hin. wie ungerecht ti sei. die
Ratten insgesammt zu verdammen;
jede einzelne müsse abgehört und zeren
Verschuldung festgestellt werden, denn
eS sei ja leicht möglich, daß nicht alle
an den eingeklagten Uebelthaten bethet,
ligt gewesen. Auf diese Rede, schribt
D Thou. beriefen sich später die Wal.
denser, als Chasseney in seiner Eigen
schaft als Präsident des Parlaments
der Provence bei derMassenverfolgung
jener unglücklichen Sektierer gegen sie
Partei nahm. Was für die Na.ten
als recht und billig erkannt ser. aS
, soHie, er doch auch für die Menschen
I . ...
gelten lassen, so meinten jene wenig
stens.
Felix MarbertuZ erzählt in seinen
TractatuZ de . Egoismo", wie zu
seiner Zeit (1451) der Bischof von
Laufanne feierlichst die Blutegel ver
dämmte, die unter den Fischen im See
eine große Sterblichkeit verursacht hat
ten, .womit er Erstaunliches cuärich
tete in der Abschreckung und AuStrei
bunz dieser schädlichen Kreaturen.
Aber viele Leute, die Mysterien GottcZ
nicht refflich erwägend, oder ganz un
eingedenk derselben, verbreiteten iitle
Nachreden über besagten Bischof w"
gen dieser Sache. Doch alle gelehrten
Doktoren in Heidelberg studierten die
Angelegenheit und diskutierten dar
über und billigten daS Verfahren oeZ
Bischofs".
ELva um die gleiche Zeit richteten
weiße, fchwarzköpfige Wirmer von
bet Lange eines kleinen Finger? ar
ges Unheil in der Diözese Chur an.
.Im Winter schreibt MalbertuS,
kriechen sie in die Erde und fresse!
o:s Wurzeln der Graser und Kramer,
sdaß die Wiesen im Frühling wie
verdorrt erscheinen. Und dann werden
solche Würmer zu braunen Käfern, die
fliegen können undcruf den Bäumen
sich niederlassen und Blätter und Blü
then zerstören." Die Schädlinge torn
den vor den Magistrat geladen, aber
sie erschienen nicht und der Richter,
.in Änbetracht ihrer Jugend und
WinZigkeit", bestellte für sie einen
Kurator und einen Advokaten, die
alsbald erklärten, die Maikäfer seien
Geschöpfe GotteS. sie seien seit unvor
denklichen Zeiten im Lande ansässig.
Und sie folgten nur ihren natürlichen
Trieben. .Solchen Argumenten wur
de Gi'hör geschenkt und ein Vertrag
aufgefetzt, wodurch den Würmern ein
bestimnites GMet zum freien Aufent
halt angewiesen wurde, und selbiger
Vertrag ist alljährlich erneuert wor
den bis auf den heutigen Tag,"
Aufzeichnungen über einen ahn
lichen Fall enthalten die Archive der
Gemeinde St. Julien. - Im Jahre
15i3 verwüsteten kleine, grüne Käfer
die dortigen Weinberge, und daS Volk
wurde beim geifrlichen Gerichtshose in
St. Jean de Marienne mit dem An
suchen vorstellig, daS Ungeziefer zu
erorcieren. Nambourd, der den Ka-j
fern zugebilligte Anwalt, plädierte
indeß so wacker für seine Klienten,
daß die guten Leute von St. Julien,
an der Berechtigung ihres Ezkommu
nikationsbegehrenZ irre werdend, srch,
erboten, ein außerhalb der Rebbcrge
in der Nähe deS Dorfes Clarct gele
genes Gebiet, .unter Wahrung eines
Wegerechts, den Käsern zu überlassen.
Tarauf aber wollte Nambourd nicht
eingehen, da er das betreffende Land
nicht für fruchtbar genug erachtete.
Die Frage zu entscheiden, wurden von
beiden Parteien Sachverständige ge
wählt, denen man ein Honorar von
drei Florin und Ersatz ihrer Unkosten
zusicherte. Der Schluß der Akten ist
verstümmelt: mit Besämmthcit ist
daraus nicht zu erseben, welchen
Spruch der GerickMhof gefällt bat,
es scheint ober, daß die Käfer schließ,
lich doch exkommuniziert wurden.
In d?r neueren Zeit, nur 17?
Jahre zurück, findet sich in den Pro
to sollen der (Gemeindeversammlung
von Thomon in Savoven unterm 15.
November 1731 folgende Eintra.
Fung: Es wird beschlossen, daß bil
Gemeinde sich mit denjenigen 5lira
fpielcn der Provinz ins Einvenieh
men setzt, die von Rom eine Ezkommu-
""arwnsouue gegei, ,zu
rf - - - VI- rv..r ..ri
! erycuren w!.n, unu vag man
(, 3 . Va H.rt-((Ai nwtt iiTTfrtfrt t"i'
ortZ zu den bezüglichen Unkosten pro
rata b??teuern soll.
Nachstehend märchenhaften Be
richt über einen nahezu in die gleiche
0;t ;fSK !Tn.v, st (WH-iI !w
flU a-iCULil U)ilLl
'Tf-. TvIlTT"!''
tai Maurel Bernar-
bus entnouiinen:
'cn'e deS Franzislanerklo
sterZ San Antonio in der brasiliani
jähen Provinz Piedalano Maranhao!
wu
be
suche,
erw
ner der frommen Brüder, men dürfe
nicht vergessen, daß der hochhekliae
Gründer des Orbenl olle Kreawren
als seine isoczcir.tz rnrsiyrei per,
und man solle dciber gegen .unsere
rden durch Ameisen unerträglich V", TZ'Z T
läst-gt. und alle , gewaltsamen Ber. dem W m '"--
' ll , J I 1 . ff ; V M.t,ti v . . w
. ti Pgsgei? los zu werden. I Wlnsmun oruuo uu
i73 ' -P . . t. . 1 - .3 'fi ii. !ri VH (V mhf
ieftn sich fruchtlos. Da rieth ei,vaie: e 1,. m mu .. ....
55,,. Züt'&C- Ui Jb3üjc9 iSt ia GeLK Uxik dm-Un
durch den Bischof reprüsenkierten Trf
bunal GotteS vorstellig werden. Dem
Rate wurde Folge geleistet und den
Ameisen ein Anwalt bestellt. Dieser
führte auö, Gott habe den Amcffen
daö Leben verliehen und sie dadurch
auch berechtigt, eS durch Ausübung
der ihnen angeborenen Instinkte zu
erhalten. Auch seien sie gottgefällige
Thierchen, insofern sie den Menschen
ein guteS Beispiel gäben in weltlichen
und geistlichen Dingen; Eintracht und
Friedfertigkeit unter sich und Ord
nungsliede gehörten zu ihren Tugen
den, und auch durch Pietät zeichneten
sie sich aus, indem sie, waS ja schon
Plinius beobachtet, ihre Todten beer
digten. Dazu arbeiteten sie emsiger
und härter alS die Mönche, die gewiß
nie Lasten schleppten, schwerer als sie
selber. Die Ameisen feien vor den
Menschen dageweskn und dürften also
mit gutem Recht sich gegen eine Aus
treiung wehren. Räch langen und
umständlichen Debatten fällte der Rich'
In den Cpruch. den Ameisen sei von
den Mönchen ein Platz in der Rachlar
schaft zum ewigen Eigenthum anzu
weifen, und sie. die Ameisen, seien
aufzufordern, dorthin überzusiedeln
unter Androhung der Exkommunrka
tion. wenn sie sich weigern sollten.
Dieses Urtheil wurde vor allen Amei
senlöchern verlesen, .und sieh da",
fleht in der Klosterchronik thatsäckilich
geschrieben, .ein Wunder geschah: My-
r:aden der kleinen Geschöpfe mar-
schreiten sofort in dichten Kolonnen
nach der bezeichneten Stelle, und die
frommen Bruder dankten Gott für
diese ersichtliche Kundgebung seiner
Macht. Güte und Gerechtigkeit".
In einigen Fällen, besonders in de
nen späterer Zeit, mögen diese kurio
'en Prozesse lediglich die Bruhigung
der Gemüther der erregten und unwis
senden Bolksmassen bezweckt haben.
Im Mittelalter haben übrigens Kle
rus und Laien, mit nicht sehr zahl
reichen Ausnahmen, an die Wirkunü
der von der Kirche ausgesprochenen
zciprocyrnen
Anathemas und Erkommunikationm
5, ..
ine Leobachtuna legaler Formen und
daS dadurch bedingte Verzögern des
Bannfluches finden ihre Erklärung
in den Zweifeln darüber, ob die Pla
gen kwnGott oder vom Teufel herrühr
ten. Die sprechende Fich en.
Ein russisches Volksmärchen.
Wiedergegeben v 0 n N e t a.
Ein Waidmann schritt mit seinen
Hunden in den Fichtenwald. Er hatte
keine Beute gefunden und war schon
tief in das Dickicht gerathen. Er be
schloß, da eS finster ward, im Walde
zu bleiben und erst am andern Mor
gen heimzukehren.
Ter Waidmann schritt zur Wurzel
einer hohen Fichte und zündete ein
Feuer an, fich zu erwärmen. Und wie
er sich behaglich fühlte und zur Ltuhk
streckte, sprach ein dünneS Sümmchen
zu ihm, dem Einschlafenden. Auf
dem Baum, an dessen Wurzel daS
Feuer brannte, war eine schillernde
Lchlange zurückgeblieben, ne der
langte herunter von der Fichte und
vat den Mann um seine Hilfe, denn
lie fürchtete sich, durch das Feuer zu
kriechen. Der Jäger verwunderte fich
über die Maßen, dag die echlcm zu
ihm nach Menschenart redcte. Trotz'
dein aber sprach ec zu ihr: .Ich helft
nicht, du würdest mich fressen
Ich fresse dich nicht, Brüderchen".
redete die Schlange in fchnunchdnkm
Tone, doch wenn du mir herunter,
hilfst, will ich dich die Sprache aller
Geschöpfe lehren."
.Und wie sollte ich's denn beginnen,
dich herunterzuholen?" fragte der
Mann.
Dem Waidmann schien der Lohn
ein guter. Er that nach der Weisung
des Thieres, das sich wohlbehalten auf
den Boden hinabschlängelte.
Und nun lehrte die Schlange den
Mmschen aus Erkenntlichkeit die
Sprache der Thiere, der Vögel, der
Bäume und aller Wesen, verbot ihm
hingegen, irgend einem anderen da
von zu reden selbst seinem eigenen
Weibe nicht sonst müsse er des To
des sein.
Und als der Mann alle die Svra
chen verstand und die garstige schön?
Schlange hinweggekrochcn war, ließ
er sich wieder am Feuer nieder, die
Nacht zu verschlafen.
Nicht lange dauerte e5, und wieder
hörte er sprechen. Seine Hunde, die
er mit sich in den Wald genommen,
hatten sich zu Füßen des Herrn gela
gert und horch der eine sagt?
zum andern: Bleibe du hier und
sorg?, daß nicht Wölfe ihn fressen:
ich aber gehe nach Hause, es kommen
Räuber sonst, wenn nicht ein Gebell
gehört wird."
.Necht hast du. Kamerad", sagte
der andere, .geh du und bedache daZ
stand
und schickte den Hund fort, wie vichr
gewollt. Er selbst versuchte die Au.;en
zu schließen und er würde in erqui
ckenden Schlummer versunken sein.
r - l. ...V Vv sv.M4
Verftano. die man es v euren loare.
tnrtcht der Schlange ss scharf gewor
den. daß jeder Laut ,u ihm drang! so
hört er jetzt mit einemmale ein mun
derlich Gesumm und konnte verstehen,
waS eine Fichte der anderen zuraunte.
an deren Wurzeln er lag.
.Gevatter", sagte sie. .komm zu
mir. ich muß sterben komm zu mr
zu meiner Beerdigung."
Ich kann nicht", flüsterte die -dere,
, verzeih mir! Ein Nachtgast liegt
an meiner Wurzel."
.0 komm doch, komm!" rief jene zu
wiederholten Malen, doch der Gevat
ter rührte sich nicht von der Stelle.
Und die sterbende Fichte stürzte plötz
lich prasselnd und ächzend zur Erde,
daß von dem Schlag der Wald er
dröhnte und eS wie Grausen durch all
die vielen Fichten ging. Die lebende
aber, an deren Wurzeln der Waiv
mann lag. sprach beim Falle ihreS Se
fährten: .Du bist hingegangen, alter
Freund; auf Gutes standest du im
mer. auf GuteS bist du gefallen." Wie
hn Traum noch hörte der Jäger die
Worte . Und alS die au?ge
hende Sonne ihm die Augenlider h?b,
fiel ihm ein, was die zwei Fichten zur
Nachtzeit gesprochen.
.Hab' ich geträumt? WaS war eS
gewesen? Ich muß schauen, waS Gu
teS unter jener Fichte zu suchen ist."
Er ging nichä lange, bis er zu dem
Fichtensiamme kam. Er suchte und
fand daS nächtliche Gesprach er
gab iick als Wahrheit: siehe, an der
j Wurzel der Nichte lag. glitzernd im
ö!nrm,Tirtii! nffn VvT frfvitl'
VVIlllvi.! .t v 7 y
Ter Mann hob den Schatz auf und
reich beladen fchritt er zum Walde
hinaus, feinem Heime entgegen.
Jetzt könnte jcb mir ein Weib neh
men. dachte der Jäger in feinem Sinn.
Und er nahm sich ein Weib, fo schluck
und schön, wie ihresgleichen keine
mehr war w weiten Lande. Er lebte
glücklich in seiner Behausung und halte
im Ueberfluß. Aber auch das GluZ w
l ,, .. .v.rs . vn.rS.n hi
! n TJZC:
er munia m f""""
verbannt schien.
So stand er eineö Morgens am
Fenster und blickte hinaus m den Son
nenfibein Er sah die großen Felder
sich dehnen und unter dem Fenster lag
daS Flachsland, auf dem die Vögel
bermnhüpften. Ein Spatz kam mit
seinen Jungen geflogen, am Flachse
zu picken: die Zungen Spatzen waren
drinnen und ließen sich auf der Erde
nieder. Da belehrte sie ihre Mutter
und sagte:
.Fresset nicht auS der Erde, freßt
an den Achren; waS in der Erde steckt,
ist uns siä)ereS Brot, die Aehren aber
werden gemäht."
Als der reiche Mann so die Spatzen
mutier sprechen hörte, mußte er lachen.
Seine mit den MLgben beim Backen
beschäftigte Frau hörte ihn auflachen
und fuhr ihn an: .Warum lachst du?
Bin ich dir lächerlich?"
.Ich lache, weil ich muß, und kann
nickst sagen, warum."
Nun kennt man der Wekber Art.
daß sie neugierig sind. Erst legte sich
das Weib darauf, den Mann zu bit
ten, dann kam sie ihm schon an den
Halö, verfolgte ihn überallhin und
endlis flehte sie darum, zu offenbaren,
warum er am Fenster gelacht hab.
Ihr Mann wurde auf die Länge
der Qual und des Lebens satt uns
endlich segle er zu ihr: .Bringe mir
reine Kleider, und du sollst es ersah
rm."
Da Weib brannte vor Neugierde,
ließ sich'e nicht zweimal sagen und
bracht,, die Kleider herbei. Der Mann
zog sie an und legte sich der Länge
nach aus die Bank, wie man den Leich
nam auf das Brett legt.
Auf dem iZZute waren fünfzig Hüh
ner und ein Hahir. Nun sprach der
Mann den der Bank her. auf der er
ausgestreckt lag. zu dem Weibe:
.Laß die Hühner alle herein, damit ,
Ich sie noch einmal sehen kann, bevor
ich sterben muß."
Die Frau glaubtk. der Mann wollte
sich einen Scherz machen, weil er ein
mal so heitern Gemüthes gewesen; sie
that, wie er geheißen, und trieb die
Hühner herein. Wie der Hahn mit
seinem Troß in das Zimmer gekom
men war, blähte er sich hochmüthig auf
und sagte mit vieler Salbung:
Ko!-ko!o-ko, kook-kokok; schau, ich
habe fünfzig Weiber und herrsche
über sie alle; der Wirth hat nur eine
und kann sie nicht in Zucht holten;
darum wird er iäh deS TodeS sein."
Ta der Mann das LZegacker der
stand, sprang er nach kurzem Besinnen
l ästig in die Höhe und fuhr seine Frau
zornig an: .Weib, was siehst du so
müßig, packe dich, back deine Kuchen
oder ich zause dich."
Dabei that er grimmig, alS wolle er
sie beim Schöpfe fassen. Das Weib
aber floh auf den Hof, von da in den
Viehstall. DaS unheilvolle Wort blieb
unaus gesprochen, der Mann blieb dar
vm am Leben.
Sein Weib stellte hinfort keinerlei
Fragen an ihn und blieb ihm gehör
sam. So waren sie beide zufrieden
und niemals gab es einen
streit un
ter itm Paare.
Erste Einkäufe
.Ach. Edward, du kaufst ein sehr
starke? Bett, nicht wahr?"
.Warum denn?"
Ich ab' -i8 j ileinnejCckiaj;
Schnee nti Reifkristalle.
- -4
DaS Zahlengesetz bet der EiSkrtstall
Bildung. Daö Wunder der Kri.
stallbildung. Taselsormig und
säulenförmige Schneekristalle,
Photographien von Schneekristal
len. Die Umwandlungen der
Kristalle. DaS Sechseck als
Grundform. Die geheimnißvol
len Ursachen der Kristallbildung.
Die Reifkristalle.
ES ist eine bekannte Thatsache, daß
wenn Wunder alltäglich werden, sie
aufhören, Wunder zu sein. Und doch
rst daS Alltäglichste 0 t das groß
Wunder, und waS unsere Füße treten,
geheimmßoolkr, als was in unnahda
ren Fernen für kurze Zeit auf,Vmunt.
Wenn der Winter seine ersten chnee
flocken schüttelt und die leichten, zier
lichen Fittichen und Sternchen in der
Luft taien, wer dächte da, daß in
diesen zarien Gebilden ein Geheimniß
ruht, das der Naturforscher mit allen
einen Instrumenten noch nicht voll
ständig zu ergründen vermocht hat.
Die Maffenhaftigkeit des Schnee!
mag wohl zu großartigen Naturbildern
Anlaß gchen, wenn er als Festgewand
des Winters unsere Fluren 'mit
schützender Hülle überzieht, oder in der
Steppe, vom Sturme erfaßt, in wil
den Wirbeln dahinbraust, oder wenn
er im Hochgebirge drohend von den
elögeyangen niederschaut, um lm
Frühjahr als donnernde Lawine herab
zustürzen aber Wunderbares liegt
in alledem nicht; in der einzelnen klei
nen Schneeflocke liegt es, in dem Wie
ihres Entstehens.
Der Formtrieb der Natur ruht
nicht, wenn auch sonst das organische
Leben rstorben zu fein scheint. DaS
zeigen uns die zarten Flittern, die an
j einem kalten Nebeltage herniederfallen.
oder der beduftete Halm, den wir am
Wrntermorgen pflücken. Da unterschei
den wir deutlich gezackte Eisplatten,
befiederte Sternchen und dreiseitige
Fäden, und alle diese Platten und Fie
dern und Zacken und Fäden sind nach
einem festen Zahlengesetz, stets zu 3, 6.
12 unter bestimmten Winkeln von 60
Grad oder 120 Grad verbunden.
Schon vor beinahe 300 Jahren hatte
kein Geringerer als Keppler auf die
Regelmäßigkeit in den mannigfaltigen
Formen der Schneeflocken aufmerksam
gemacht, aber wie so vieles aus seiner
Zeit, vergaß man auch dies, bis in un
serer Zeit ein englischer Walfischjäger,
Seoresby, von feinen Polarreisen
Zeichnungen von den allermannigkal
tigsten Formen der Schneeflocken heim
brachte. Seitdem sind viele Hunoerte
anderer Formen bekannt geworden.
Dennoch hat die Wissenschaft ein Ge
setz entdeckt, welche, wie beim Bau der
Kristalle überhaupt, so auch hier einen
innigen Zusammenhang zwischen den
verschiedenen Gestalten beurkundet.
DaS größte Wunder des Schnee
kristalls ist aber auch noch nicht die
Gesetzmäßigkeit seiner Form, sondern
daS Wie seines Entstehens. Wenn
das Mikroskop auch manches Räthsel
in der organischen Natur gelöst hat,
hier diermochte es daS Dunkel nicht
völlig zu erhellen. Der Kristall wird
nicht vor unseren Augen, er ist da.
cberraschend ist der Anblick, welchen
die Kristallbildung unter dem Mikro
skop gewährt. Noch sieht man nichts
als ein wasserhelleS, vollkommen ruhi-
ge fWW. Plötzlich belebt sich
dieses Feld, von allen Seiten schießen
vimtu maiicroeue norpera?en naco schjedenheit der Sckm?ekristalle zu ent
btsrimmten Punkten zusammen, um ; Men, ober feine Untersuchungen ha
sich zu kleinen Kristallen zu verein,- bm doch mannigfache Aufschlüsse über
gen. die sich fort und fort vergrößern ; fcic Bedingungen gegeben, unter wel-
ua unuumüiua, u)ic ujejiau, rcrc oie
Bilder eines
KaleidoskovS. ändern. ,
blS der gesetzmäßige Kristall vollen-
. 1
det ist. Ein annäherndes Bild ge
währt schon die Beobachtung der ge
frierenden Fensterscheiben. Noch ist
eS ein Hauch, der die Scherbe über
zieht, und plötzlich sind jene zierlichen
Tanr.enbäumchen da. und eine 5i3
nadel nach der anderen ist angeschos
sen, von deren Ursprung nur noch
ringsum der schmale leere Raum
zeugt, aus dem sich der Dunst zu ihrer
Bildung verdichtete.
Die ersten systematischen Unter
suchungen über die Schneekristalle ruh
ren von dem bekannten Meteorologen
(3. Hellmann au! dem Jahre 1833
her. Er unterschied zwei Hauptgrup
pen. nämlich tafelförmige und fäu
lenlörmigi Schneekristalle. Die ta
felförmigen Kristalle theilte er ein in
strahlige Sterne, in Plättchen und in
Kombinationen von beiden, die säu
lenförmigkN Kristalle in PriZmen,
Pyramiden und in' Kombinationen
von tasel- und säulenförmigen Kri
stallen. AIS besonders merkwürdig
sei hier ernf die kzpillaren Hohlräume
iwgsviesen, welche H:llmann nicht
allein in den sternsörmicen Schnee-
krrstallen, sondern auch in den platt
chenartiaen vorfand, und die eine!
der wichtigsten UnterscheivungSmerk'
male der Schneekristalle von anderen
Eisbilduraen zu sein scheinen. Mit
Wasser oe'füllte Hshlräume kn den
Schneekristallen sind gleichzeitig mit
Hllmann auch von Oustav Norden
skjclö besbachiet worden.
Verschieden nämlich von den Ee
stalten der Schneeflocken. welck,e man
in der Nähe von 0 Erad beobachtet
jfr.$ die bet tiefkiek Tlmxttature ti
fchen 10 rat erst 20 tat fol
genden. Statt der verästelten Sterne
findet man heragonale (sechseckige)
Scheiden oder Sterne mit Strahlen.
die zwei bis dreimal so lang sind als
oit miniere i&ajttoe. unter dem uit
krofkov bet 25- dll ecfacher VergrS.
ßerung fand Nordnskjöld einen v'k
wickelten Bau; im Innern zeigten sich
Boren. Kanäle und durch gekrümmte
Flächen begrenzte Höhlen, die der ge
nannte Forscher alS .organoide Gebil
de' bezeichnet. In Photographien hat
Nordenfkjöld diese auffallend regel
mäßigen und mannigfachen organoi
den Kanäle fizirt. Am 6. Februar
1893 fielen in Pari förmliche Eis
fiolen, welche Wasser enthielten. Die
eute wunderten sich damals. alS sie
von den Dächern Wasser reichlich her
abtropfen sahen, obwohl die Tempe
ratur 8 Grad bis 10 Grad be.
trug. Die von Nordenfkjöld dorgenom
mene mikroskopisch Untersuchung er
klärte die Erscheinung sehr einfach in
der angegebenen Weise.
Hellmann konnte auch nachweifen,
daß die Schneekristalle sich durch direk
te Umwandlung deS dampfförmigen
in festes Wasser bilden, also durch ei
nen Sublimationsprozeß. wie man be
kanntlich inen Vorgang nennt, bei
welchem ein Dampf mit Uebergehung
des flüssigen Zustande? sich in fester
Form niederschlägt. Die Schneeflocken
sind also nicht gefroren Regentropfen,
ondern haben sich direkt aus hm Was
serkünsten gebildet, die zu Wolken der
dichtet am Himmel schweben.
Hingegen konnt Hellmann über die
Bedingungen, welche für die Entsie
hung der fo mannigfach verschiedenen
Kristallformen manaebend sind, nlsfia
sicheres ermitteln.
20 Jahre lang, seit 1884, hat W.
A. Bcntley in Jericho. Vermont, in
jedem Winter Schneekristalle photo
graphirt und mehr alS 80 verschiede
ne Bilder dieser Kristallifationen ge
nommen, die er einer interessanten
Untersuchung über die Beziehung ih
rer Formen zu den Witterungsver
hältnissen, unter denen sie gefallen,
unterzogen hat. Es gibt keine schönere
und vollständigere Sammlung von
Mitrophotogrammen der Sckneakri.
stalle als die ist, welche Bentley durch
seine Geduld und AuZdauer herge
stellt hat. Fast jeder große Winter
stürm hat 4 bis 20, einmal sogar 34
neue Formen dieser Sammlung zuge
fügt. Gleichzeitig wurden Beobachtungen
über die Temperatur, Beschaffenheit
und annähernde Höhe der Wolken.
uder die Richtung und Schnelligkeit
ihrer Belvegung. über die Richtung
und Geschwindigkeit deS Windes an
der ördoberfläck) angestellt.
Es ergab fich zunächst, daß die
Temperatur und die Feuchtigkeit der
Luft an der Erdolrfmche für die
Form und Größe der Kristalle weni
ger maßgebend find, als gewöhnlich
angenommen wird.
ES erklärt sich dies fehr einfach
daraus, daß in den Höhen, in welchen
die Schnee bildenden Wolken schwe
ben wesentlich andere Temperatur
und FcuckKigkeitsverhältnisse der Lust
herrsche können als an der Erdober
fläche. Dazu kommt, daß eine Schnee
wolle durch Aufftcigen oder Nieder
sinken in verschieden temperierte Luft
schickten gelangen kann, während die
Temperatur an der Erdoberfläche un
verändert bleibt. 5jwar ist eZ auch
Bcntley noch nicht gelungen, das Ge!
kimm in Ursachen für die Vor-
chm hi ur vrünal cken Körver ire
nersck'iedenartias Gto'tnlt nntiriWii
... '. : -
Unter diesen mancherlei Bedingung
gen sind an erster Stelle zu nennen
die Höhe, Zahl und vertikale Lewe
gung der Wolkenschichten, die daraus
entspringende Veränderung in der
Temperatur, dem Luftdruck und ver
Lusjseuchtigkeit, ferner der Charakter
der Schneestürme, ob sie nämlich loka?
ler oder allgemeiner Natur sind, dann
der Theil der Sturmregion, auö wel
chem die Kristalle stammen, endlich
auch die Bewegung der Kristalle im
Innern der Wolken. Wenn, nämlich
EUkörnckn, die sich in niedrig schwe
Senden Wolken gebildet, durch einen
aufsteigenden Luftstrom in größere,
Höhen emporgetragen werden, bis sie
schwer genug geworden sind, um wie
der herabzufallen, so werden dicie
Kristalle beim Passirm dn Luftfchich
ten von sehr verschiedener Dichte. Tem.
peratur und Feuchtigkeit jedenfalls
beträchtlich verändert werden. Man er,
kennt diefe Umwandlungen infolge
de! FlugeS in ten Wolken bei zahl
reichen Kristallen an ihrn inneren
Lau. der nicht felten einige der Ueber
qangszuftände verräth. Auf diefe
Weife erhalten ,. S. Kristalle, die ur
fprünglich einen vollkommen hexagona
len Kern besaßen einen dreieckigen
Umriß.
Die wichtigsten Ergebnisse der 20'
jährigen Studien Wentleq'S lassen sich
kur, folgendermaßen zusammenfassen:
Schön ausgebildete tafelförmige Qt
stalten, kommen sehr häufig, ja fast
ausschließlich in den westlichen rnd
nordöstlichen Theilen der großen
Wildelsrürme und Blizzards (Schnee.
lr2jKt Mi, ßilifini fawttn je
fktzmökw BertheNung der verschi'd?-
nen Formen zu bestehen, indem f c
säulenförmigen Kristalle aus den ci-
! nen, die tafelförmigen und lörn,gcn
!auS anderen und viele Varietäten
samemn auS noch anderen Abschiiilcn
der großen Stürme stammen. Diese
Bertheilung ist dieselbe bei fast alldN
Stürmen, wenn auch noch nicht gen::
gend Th,itsackn vorliegen, um die $
setzmcisigkeit über allen Zwcel zu er
heben.
Während der Ucberwinterung ver
belgischen Südpolarexpedition in der
Antarktis, der südlichen Polarzone,
189399 hat A. Dobrowolsk mehr als
7m ckneekiauren unterer Lupe oder
dem Mikroskop studirt.Als Grundform
ltrachtet der genannte Forscher da!
einfache Sechseck; durck Ankristallisie
ren. bkFichungswcise Umbildung ent
stehen hieraus als bekannteste, relativ
wenig reine Form die Sterne mit lan
gen. schmalen Federn und vielfach so
gar ohne sechÄckig-'s Centralfcld. Mit
dem Bestreun der Schneekristalle. sich
zu komplettieren", hänzt es offenbar
zusammen, daß sie kapillare Hohlräu
me. Lustblasen. Vcrdickungen oder
Rippen enthalten.
Die Form und Gruppierung dieser
Hohlräume und Rippen scheint jedoch
nicht willkürlich zu sein, sondern
auch in daS heragonale System einzu
ordnen.
Dieselben gcheimnißvollcn Ursachen,
welche die Schneekristalle formen, lassen
auch die zierlichen Gebilde des Reifes
entstehen. Daß auch in diesem Falle
ein Uebergang von Wasserdampf un
mittelbar in den festen Zustand statt
findet, wußte man schon seit längerer
Zeit, aber erst in der Gcgcnwart haben
die Ergebni,e elfjahcigcr mühsamer
Forschungen, über die Tr. Karl Groß
mann und I. Lomas berichteten, tie
fe Einblicke in das Werden und den
Bau der Reiflristalle gewährt.
Zunächst muß jedoch an eine eigen
tühmlich: Wachslhumerscheinung bet
gewissen Kristallen erinnert wndcn. die
bereits im Jahre 18L7 von Knoß in
seinem Werk Molekularkonstitution
und Wachsthum der Kristalle" auS
führlich bofchlieben worden ist. Die
Kristalle, welche sich z. B. aus einer
Lösung absetzen, vergrößern sick je nach
den äußeren Umständen in sehr ver
schieden?? Weise; nur wcnn diese so
beschaffen sind, daß eine sehr allmähii
che und ungestörte Bolumvermehrunz
stattfindet, wachsen die Kristalle gleich
artig auf allen lachm und zeigen voll.
kommene Erfüllung desjenigen TiW
mcs. welcher durch ihre Äanten un'
Ecken gegeben ist. Lei schneller Aus
schkidung dagegen, z, B, bei der Ab
kühlunq einer heiß gesättigten Lösung.
vergrößern sich die zuerst entstandenen
kleinen und meist sehr einfache Kri
siällchm häufig in der Weise, daß sich
nach gewissen Richtungen reihensörmig
kleine Kristalle derselben Form in pa
ralleler Stellung anlagen, wodurch
sternförmige Aggregate, sogenannte
Kristall Gerippe, entstehen, welche
die Form eines größeren Kristalls
nachahmen, von dem jedcch nur Ecken
und 5tanten angedeutet, statt der Fla
chen treppenformisie Tertiesungen vor
Handen sind. Sebr schon zeizen daS
Kochsalz und Chlorkalium die Bildung
solcher Kristallgerippe. Bei beiden
Salzn bildet ein Würfel die Mitte
uno ven AuLgangspuntl ves eigen
thümlichen BaulrerkeZ. Beim Kochsalz
setzt sich an diesen mittleren Würfel
eine dünne rechtwintliae Platte mit
einem Würfel an jeder Ecke an, an die
s lagert sich eine zweite an und indem
jede folgende Platte über die borange
hende etwas vorspringt, entsteht
schließlich ein pyramidenähnliches Ge
bilde. Leim EHIorkalium dagegen baut
sich das Krisiallgeripp aus lauter
Würfeln auf.
Die Reislristalle sind nun, ebenfalls
derartige Kristallgerippe, und zwar in
Form hezagonaler hohler Pyramiden.
Tr. Großmann wurde zu seinen
Untersuchungen über die Entstehung
der Reiflristalle durch einen Besuch der
merkwürdigen Eishöhle auf Island
angeregt, die sich im Inneren einer
alten Lavamass befindet. Eigebilde
der mannigfaltigsten Art, prachtvolle
durchsichtige Eiszapfen von lichtblauer
Farbe oder zierlicke Reifkristalle von
sonst nie gesehener Schönheit, klciden
überall die Wandungen dieser Höhle
ouö. Da im Innern der Höhle kein
sichtbarer Wasserzusluß vorhanden ist,
so muß daS Wasser von außen her all
mählich durch die Felswand durchge
sickert sein. Dr. Großmanns Interesse
wurde besonders von den Rciskristallen
gefesselt, denn Größe und wunderool
le Regelmäßigkeit er mit R'ckt der
Abwesenheit jeder Störung leim Tau
der hohlen h-ragonalen Pyramiden,
namentlich dem Fehlen von Lufiströ
mungcn zuschrieb. Als ?.uns;hs!e Ve.
dinzunge für die Entslehlvz und
Entwicklung großer Neifliiställ ?.
kannte demgemäß Tr. Grvßmn
feuchte Luft bei niedrilier Tempera
tur und ungestörter Ruhe. Da aber in
der Natur diese drei Tedinzunzen
nur selten vereint vorhanden sind, so
dehnle Dr. Großmann seine Forchun
gen auf den künstlichen Reif auö. wie
er in den Kühlräumen von Tchifien
und in Eishäusern entsteht. Im Ler
ein mit LomoS gelang S Dr. Groß,
mann in solch Weise, die N iiur bei,:,
Aufbau dn Reiskriltalle tu belausche.
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