Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 02, 1918, Image 7

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    ?gNche Aaya 'TttvSne.
Der Vormuud.
-
ßon Mezand MoßFowLN.
r CS gibt Aemter und eS gibt Heben
Smtcr. Mir hatt man im Nebenamt
bie Vormundschaft über den dreizehn
ihrigen Zebedäus ärffert oktroy.
lert und obschvn ich protestirte und
nachwies, bah ich Pflegfchaftsdiszip.
Iinen in meinem ganzen Leben nicht
studiert hatte, blieb es bei dem Ve
schluk der Behörde. DaS Vornmnd.
schaftsgericht war der Ansicht, dah sich!
W ganz Berlin niemand beiier zur
Vchütung des fuiigen ZebcdäuS aua
lifiziere als gerade ich. So erhielt ich
die Bestallung und bald darauf den
Besuch deZ Jünglings, der mir erösf
nete, er habe bereits einen Lebensbe
ruf erwählt, er wolle Barbier werden.
Vorläufig befand er sich erst in den
VnfangSsladien der Lehre: noch hatte
er nicht zur Waffe gegriffen und sein
Gewissen war noch rein don Blut,
Seine Kenntnisse im Bereich der Bar
basophie waren also gering und be
schränkten sich im wesentlickzen daraus,
daß am Sonntagnachmittag nicht ge
arbeitet wird, dafj die Abonnement?
marken sich meistens einer hellgrünen
Farbe bedienten und daß Damen sel
teuer rasiert werden als Herren.
Ich nahm den Zebedäus Scnffort
freundlich in Enrpfang. servierte ihm
eine Tasse Koffee mit Napfkuchen und
machte ihn auf die Bedeutung unserer
ersten Unterredung aufmerksam.
Setze dick) daher, mein Junge", sag
te ich, .uni höre mir aufmerksam zu.
Da ick nun einmal dein Bormund bi',i
.und über deine EnNvickelung zu wa
chn'i habe, so halte ich es für meine
Pflicht, dir deinen Beruf zu erläu
tern, deinen geistigen Horizont aus
zudehnen und dich sozusagen in die
Psychologie deines Handwerks einzu
führen. ES mag ja Meister deS Fa
ches geben, die dich praktisch besser un
terweifen könnten. Dahingegen halte
ich mich in theoretischer Hinsickt für
einen Fachmann ersten NangcS, da eS
meines Wissens mir sehr wenige Men
schen gibt, die so anhaltend und so
gründlich rasiert wurden als ich.
Ich nehme an, datz du Liebe zur
Sache hegst und somit eine Zierde des
Standes zu werden versprickst. Und
ich will dir gestehen, daß ich Person
lich einst mit dem gleichen Gcöamen
spielte und selbst ein Barbier werden
wollte: nämlich damals als ich mir
eine Gillcttemaschine anschaffte und
die Biegung cm der Klinge beachtete.
sUvcifelloS bclldt die er Apparat ge-
wists Borzüge, und wenn man die ge
eignete Haut dazu bescht. so kann man
k! tont damit hingen. Bei mir war
die? nicht der Fall. Der Versuch, mich
selbständig zu machm. mißglückte und
ich kehrte schnell genug zur alten Me
thode zurück, bei der daS Geschäft nach
den Aatkgorien Subfe?t Objekt.
Aktivum r- Passivum eingetheilt
wird. ' .,
" Seitdem bringe ich den Barbieren
kine gereifte Form jener Bewunde
rung entgegen, die ich schon als Knab?
empfand, als ich im Srimmschen
Märaien von dem Wuttdermann las,
der einen Hasen im Laufe einseifte
und glattrasierte. Denn der nervöse
Mensch von heute ist sckwerer zu ra
sinen als ein galoppuender Hase, der
zwischen den tricbaiten keinen Untere
schied macht und auf seine Behang
lung keinen Werth legt.
Ich sprach von der Psychologie des
S Berufes. Sie ist und bleibt rni
trennbar von der Psychologie des Sa
stes, der in deinen Laden eintritt wie
in Poseidons Fichtenhain, deS from
men Schauders voll. Er hat Erund
dazu, denn wisse, jeder Gast wird von
der Angst gepeinigt, er könne gleich
drankommen u. das ganze Vergniiaen
könne in zehn Mniuten vorbei sein.
Die Modernität bringt es mit sich, das?
Zeder Gast Zeit hat. enorm viel Zeit,
und somit den dem Wunsch beseelt ist.
diese Ueberfulle der Zeit angemeffen
auszufüllen. Zum Glück trifft er es
in der Rege! so. daß mehrere ernste
Herren sich bereits vor ihm im Zm
tram der Begenheiten befinden mit
umständlichsten Haar und Vartopera
tionen. welcke Tauer versprechen. 3to
se alsdann Bitte, sofort, mein He:r.
einen Moment, bitte! und empfange
ln TanZesblick des Eintretenden, der
diesen .Moment" richtig werthe!, be
sonders wenn noch etliche vor ihm d;m
nZmlichen Moment zeitungZesend -nl-gezendämmern.
Auch er wird sich a.'s
teile in eine Zeitung versenken, in na
gender Sorge, vorzeitig auZ der an
regenden Lektüre gerissen zu werden.
bat er seine Zeit im vsrbereitenden
Stadium abieleffen. so erhebt sich bi3
erste wirklich Preclern: irre steckt ma.i
dem Ißanne die Qtto'mt ver? til
handelt sich um ein weiZ Cuabr;ir,
tffftn vier :i:tn d'e Eirthümlich
f5it bes den. daß eeir.e v.'r der
üt Vorzug verdient. l'i'.:e mu'i rotz
dem bU ZUtt ;nie werden. KäUiM
andern in t:t besideneren NoUe?
d'r Seiten' und llnUrf-.inie t,mM,Vu
6tn. Ergreife demnach ein Erperi
menilverihren. indem du suk-,ess',ze
r"i vier anten dur5prsv:e:i:.
lich tesinn'? du dick, dnjj dir auch noch
eine schwarze Serviette zur Verfügung
steht die in erlind-..? mit iner
Kult Fzrksntkiste liefert. 21. 'fr. un
ten schwarz. 'n toeifj, in fämrmlb
jm sschzeu Lnmutatioum der l-
wl. M du dasjenige Arrangement
heraukgesunden hast, daö deinen
Schönheitssinn am meisten befriedigt.
Al Krönung des Ganzen einen Wulst
am Halse, der zwar daö Athmen er
schivert, aber daS Borbeiträufeln der
nunmebr bervortretcnden Chemikalien
nach menschlicher Berechnung vollkom-
mcn auSscyttevt. ,
Wäbrend der Herr, einer BenuS
Anadyomene ähnlich, in schaumgebore
ncr E,chonynt erglänzt, rusieik m o,q
zum 5Vöbevunkt desDramas. Der Gast
wird, um einen Hcbbelschen Ausdruck
zu gebrauchen, unter dos Schwert ge.
stellt. Die natürliche sozialeBczichönz
kehrt sich um: mit dem Messer in ver
Hand bist du sein Herr, souverän tn
jeder Hinsicht, unbedingt der Stärker;,
während er zur Bedeutungslosigkelt
einer Nachgeordneten Stelle" herab
sinkt. Der eigentliche dramatische Kon
flikt aber besteht darin, dafz aller 33
drohlichkeit zum Trotz das Aeußerfte
vermieden wird. Der moderne Bar
bier schwelgt nicht mehr im Blut wie
ehedem der vagierende Bader des Mit'
telalters. Das Werläht er heute dem
Chirurgen und den Komitatschis. Er
bekennt sich vielmehr voll und ganz
zu den schonungsvollen Borschrifim
der Genfer Konvention. Nichtsdesuwe
niger wirst du dem Gast verdeutlichen.
kok er iicd nickt ium Svak in dicse
schwierige Situation begeben hat. Zie
he daher Falten, schasse künstliche Set
rainwellen und solo vor allem nicht
dem natürlichen Wuchs der Stopplen.
denn das wäre feige Nachgievigreil.
Arbeite vielmehr gegen den Strich,
das einzige Miitc!, um jene entzücken
de Antitbesis von Scknweis?ckn UNS
Rosenroth zu schaffen, die der Kultur
mensch alS phystognomrsche Nuance
bevorzugt.
?kn rmnantilcken Ländern besteht
die Sitte, daß der Gast sich selbst ad,
wäicbt. Das bot den Nacktkeil, dak die
Seifenreste nutzlos im Wasser ver-
schwinden, wahrend eine sortgescynr
tene Kunst dahin drängt, diese Reste
in die Poren zu verreiben und sie dort
als sicheres Depositum aufzubcwah,
ren. Dazu dient wiederum Ja main".
die Pranke des FachmanS, die sich
nur fluchtig mit einigen Tropfen an
feuchtet und alsdann die letzten Flo
cken mit der Wange zu einem einheit
lichen Ganzen amalgamiert. Sollten
sieb einiae Boren kieraeaen sträuben.
so werden' sie durch die Aetzwirküng
des sogenannten Stemes zu mun
delstcherem Berschlufz genöthigt.
Hat sich öieier Akt ,.m pleno av
gespielt, so fällt der nächste einer stil
len Kommissionsthätigkeit aicheim.
Wie die Götter vor die Tugend den
Schweiß gestellt haben, so fetzen sie
vor die Tapferkeit mit der blanken
Waffe den Schaum. Mit andern Wor
ten: du wirst die Seife in jenen merk
würdigen llggregatzustand überfüh
ren, der gleichzeitig durch seine Bild
samkeit erfreut und durch seine Masse
imvoniert. und du wirit dabei dem
Gast genügend Zeit lassen, um in an
genehme Träumerei zu versinlen.
Rein dynamisch genommen, wäre
nun der Pinsel das geeignetste In
srrument für die weitere .ffontraktmir.
kung. Allein jetzt regt sich bei deinem
aste ein sehr seltsamer Trieb: er will
von Mensch zu Mensch gestreichelt
sein. Unter der Schwelle seines (Se
sühlslebens erhebt sich eine leichte
y'prtiM-iiföt. bip ihm im Bilde deiner
Eztremität die Hand derGeliebtcn vor.
gaukelt. Dem trägst ou Nennung,
i,in J den Pinsel ander Kurs
setzest und ihm beim Einseifen seiner
Front ausschlu'kllcy zum BemuM.
sein bringst: la main", die Pforte.
daS Grciforgan. Die große An
nehmlichkeit dieses Verfahrens mag
zum Theil auf Reibungselektrizität
beruhen. Achte besonders auch dar
aus, dab deine Finger in säjarfe Nä
gel ausmünden, denn der Nagel wirkt
antiseptisch. Bei einiger Uebung wird
es dir bald gelingen, nicht nur die
Obersläclze, sondern auch den Mund
mit säuerlichem Schaum zu versor
gen, worüber der Gast durch behag
licheS Sämalzen quittierte Ja, cS gibt
sogar Virtuosen, die es fertig bckom.
men, die Seite unter die doppelte Ser
viette auf den Rock und noch t',e;er b.s
ans die Weste zu klecksen.
Ihm parallel geht das Spritzfläfch.
chen das einen zart pariimirtcn Essig
eriXä'.t und in seinem Effekt auf der
Fiktion eines Gummiballs beruht.
Seine Wirksamkeit erschöpft sich in der
lmt haun, eine TunMotte ttw
uno links vom Gast zu verstauven. vei
len theures Haupt indes; niemals zu
treffen. Noch häufiger wirst du bemer.
ken'lsif es gänzlich versagt. Nimm
l-darn d,'.s 2pritzsläschäen getrost
in d:n Mund und s,iug: kräfiig an der
2pi'.' um die gestörte pneumatische
untVcn :e:ec C-ng zu setzen
i:nb btn Gast einen Haiich deines
r.deic.1 verspüre zu lnsien.
Nur ncch einize Pudertupfe. ein
tiUreies Niichsächeln. und die Gerüste
lönrei, özkbzut werd?:'.. Tankbar ve
arükst es der Sust. wenn du hierbei
ca-ch feiner Augen ged.' ikfl und ihnen
mit' schalkhilft hineingewischter Tr
vieike einige 2hräne,iper!en entlockst.
,st seine Lippe mit einem Schnurrbart
leschwtrt. so befreie sie von der Last,
indem du unier der L-rsPiegelung des
Kämmens und Mrfte? möglichst diele
Haare auö reißest. Denn die sMmetri
sche Theile de SchnnrrbartS bilden
eine Gleichung und jede Bleichung
filhrt den Kundige dahin, daß er
Wurzeln auSzirht.
Damit bist du fertig und kannst dich
dem nächsten Safte zuwenden, der be
reitS feit einer halben Stunde mit in
nigrr Antheilnahme dem Wirken der
folgt hat; dikfeö Wirken, daS der mo
deinen Zivilisation die feinste Blüthe
verleiht und den Menschen recht eigent
lich zum Menschen macht. Roh, strup
pig und ungehobelt wie ein Troglodyte
der Diluvialzeit betritt er deinen La
den, um ihn in romantischer Verkla
rung alS ein AdoniS zu verlassen.
Nach dem Prinzip der ewigen Wieder
kunft wird er unter deinen Hän
den dreihundertfllnfundfechzigmal im
Jahre neugeboren. Der Menschheit
Wurde ist in deine Hand gegeben, oe
wahre sie! Dieser Mahnruf deines
Vormundes, mein lieber ZebedäuS,
wird gestutzt durch Schiller, der unser
aller Vormund ist und in diesem Amt
die Sentenz gefunden hat:
Im Fleiß kann dich die Biene meistern,
In der Gefchicklichkeit ein Wurm dein
Lehrer sein,
Doch ein Gesicht mit Seifenschaum be
kleistern,
Rasieren, Mensch, kannst du allein!
Feters Augen.
Skizze v. Käthe Schirmacher.
Der Arbeiterzug aus der Stadt
hielt an,- aus den Wagen sprangen
junge Mädcken, junge Burschen und
Männer. Alte und Frauen waren
nicht mit dabei, die blieben ja hier auf
dem Dorf und bestellten das Feld.
Rasch zerschlug sich der Trupp
durch die Dorfgasse, in die Felder,
jeder strebte nach Hause, denn diese
ländlichen Fabrikler hingen an ihrer
Scholle. Bauern" nannte man sie
zum Spott, nun ja, Bauen:. Es
wohlte sie, des Abends aus dem Rauch
der Stadt zu fliehen, es wohlte sie,
ein Stückchen Land zu eignen, wohlte
sie, ihr Kraut, ihre Kartoffeln selbst
zu bauen. Bauern, nun ja, das kam
eben von bauen
Peter Arndt schritt seinem Häus
chen zu. Den steilen, grünen Abhang
kamen ihm die drei Kinder entgegen'
gelaufen, mit rothen Backen und blö
ken Füßen: Vater, Vater die
Aehni ist da. . . heut zu Vesper ist die
Aelrni gekommen, die Aebni ist gut..."
Er strich ihnen väterlich rauh über
die blonden Köpse: So, die Aehni ist
da..."
Es war die verwittwete Mitter sei
ner Frau, eine noch rüstige Alte, die
hatte er aus dem Schwäbischen kom
men lassen, die Frau konnte bei Land
und Hauswirthschaft nicht mehr ge
rathen. Seht ja gar sauber aus!" rief er
den Kiirdern zu, daS Lisettle an den
braunen, wohlgeflochtenen Zöpfen zie
hend. Die Aehni hat's gemacht," sagte
das Mädel.
Da schmunzelte Peter Arndt. So
hatte er's gewollt
Oben an der rebenumwachsenen
Hcmsthür empfing ihn die Aehni. Sie
trug, trotzdem sie jetzt seit Jahren in
der Stadt gelebt, doch ihre Bauern
ttacht und war wie aus Eichenholz
geschnitzt.
Der lmige Holztisch in der Kiich
war zum Nachtmahl gerichtet, es roch
nach geschmortem Kraut, und man
wartete nur auf die Mutter.
Die Kathrin ist noch aufs Feld
gefahren, sie könnt' noch ein Heu her
einbringen, hat sie gemeint.
Peter Arndt, der sich die Hände an
dem Hosbnmnen wusch, brummte et
was Gutmüthiges vor sich hin, als
auch schon die Heufuhre in das Hos
thor bog und die Kathrin, die stetig
daneben ging, die Peitsche knallen
ließ.
rm, nher miS Essen!" rief Veter.
als" er der Kathrin das Pferd mis
spannen geholfen.
Mit ihrer wetterharten, somienge
bräunten Hand legte die Kathrin vor.
Da war wenig aus dem Tisch, das
sie nicht gebaut, auch die Milch kam
von der inh, die sie wartete. Die
K'athrin war wirklich eine unentbehr
liche Person im ländlichen Haushalt,
ommer auf den Beinen, früh und
spät, bald mit Fahren und Pflügen,
bald mit Düngen und Säen, bald
niit Mähen und Heuen besänftigt
Der Peter sckzaffte derweilen in der
Patronenfabrik, das warf vier Mark
täglich ab. So viel hätte die Kathrin
nicht bekommen, wenn sie in der Stadt
auf Arbeit gegangen wäre und der
Peter statt ihrer das Feld bewirth
schaftet häite. Da machte die .Kathrin
tald mit. bald olme fremde Hilfe all
cIdarbeit. die früher nur von
Männern gethan wurde. Und wie die
Katbrin. trieben es alle andern
grauen im Torf: Galt eS, das kleine
Giitchm zwei bis drei Hektar, zu be.
stellen, sie waren nicht nur Bäuerin.
sondern Bauer. Und die Aehni
hatte daö noch nie erlebt, sie redeten
bei allen Dingen selbstverständlich
mit.
Gleich am ersten Abend Troste die
Aehni sich nickt wenig verwundert,
das? der Peter di' flailn'm wegen An
kaufs einer neuen Hose zu Rath gezo
gru Später waren andere Fräsen
beim Nachtmahl derharrdelt: der Ban
eine CchwernehockS, die Ausnahme
einer Hypothek, der Beitritt deö Pe
ter zum Gewerkvcrein der Metallar
beiter, die Anlage neuer Gartenbeete
und ähnliches.
Immer hatte die Kthrin nicht nur
mitgeredet, sondern auch mUgchimmt,
Am Samstag sah die Aehni gar, daß
Peter seinen Lohn der Frau abgab.
Die Kathrin regierte mindest so wie
Peter.
Sie schaffte sich freilich auch ebenso
ab. So früh wie der Peter zur Stadt
fuhr, so früh, ja noch früher, war die
Kathrin auf dem Felde. Solange sie
allein, ohne die Aehni, gewesen, da
hatte im Haushalt dann manchmal
fünf gerade sein müssen. Wenn die
Sä- oder Erntearbeit auf den Fin
gern brannte, wenn es wild herging,
so mockite der Staub daheim auf den
Möbeln liegen bleiben, die Betten erst
kurz vor Schlafengehen gemacht wer
den, die Röckchen und Söckchen der
Kinder auch mal den liebenTag durch
scheinen Wen.
Ich kqnn's nicht schaffen." hatte
die Kathrin gesagt. .
Du kannst's nicht schaffen," hatte
Peter wiederholt.
Und so war die Aehni ins Hans
gekommen.
Die Aehni war eine tüchtige Haus
frau; nicht lang und unter ihrem
Zepter waren Haus und Kinder bild
sauber, die Mahlzeiten regelmäßig
und die überarbeitete Kathrin, die
sonst vom Felde kommend, erst noch
zu brotzeln und zu sieden hatte, liest
sich mit einem Seufzer des Behagens
vor der dampfenden Schüssel auf den
Holzsttilil fallen. So war es gut.
Die Aehni mit ihren alten Glie
dern wie auö Eichenholz schaffte sich
mich ganz tüchtig ab. Sie hatte es nie
anders gekannt, stets war sie der
nimmermüde Hausgeist gewesen, aber
ein Hausgeist, der den Mund hielt,
ein Hausgeist, der die zweite Rolle,
und zwar oft mit Furcht und Zittern
gespielt hatte. Ihres Eheherrn Hand
war schwer gewesen, um fo schwerer,
als er allein das Geld ins Haus ge
bracht hatte. Wirklich ganz allein?
Kn der alten Aehni bohrte jetzt et
was, wenn sie Abends vor der Haus
thür den Peter und die Kathrin wie
zwei Kameraden alle Dinge gemein
schaftlich bereden hörte. Sie hatte
doch auch gearbeitet, ehrlich geschafft,
ihr ganzes Leben lang, sie schaffte
auch jetzt unentwegt, sie machte das
Behagen, die',Ordnung dieses Hau
ses, sie aß hier kein Gnadenbrot, ja,
und doch nie hätte sie mitzusprechen
gewagt wie die Kathrin. . .
Wahrlich, es bohrte etwas in der
alten Aehni.
Kathrin,". fragte sie eines Tageö
ihre Tochter, ist der Peter immer so
zu dir gewesen?"
Wie denn?" entgegncte Kathrin.
Na, so brav, so dich immer mitre
den lassen, so gar nicht übermän
nisch." Was meinst du. Mitter?"
Na, das; er dir auftrumpft: dum
me Gans, sei still..."
Die Kathrin lachte: Ei. da käm'
er eklig an, wer baut ihm denn sein
Brot, wer maht ihm sein Gras. cee.
der Peter ist nicht ans den Kopf ge
fallen." Es bohrte aber weiter bei der
Aehni. Ja freilich, was die Ka
thrin that, das ließ sich mit Händen
greifen, das lief; sich auf Heller und
Pfennig berechnen, das konnte die
Kathrin mit Fingern weisen: so viel
Stroh, so viel Heu, so viel Brot, so'
viel Kohl, ja. daran konnte niemand
mäkeln Wenn die Kathrin nun
aber, statt den Pflug zu führen, den
Besen geschwungen, wenn sie die
Hausarbeit der Aehnr gemacht hätte?
Wie dann? Hätte der Peter sie dann
auch als seinesgleichen behandelt?
Hätte der Peter sie daim auch bei al
lem befragt? Bittere Erinnerungen
stiegen in der Aehni auf. Nein, die
Hausarbeit der Frau verschlug dem
Manne nichts, bei der HmisarlM
ließ sich nicht bei Heller und Pfennig
berechnen, was man im Iabreslauf
erhalten und erworben. Hausarbeit
war ein ewig wiederkiolter Zirkeltanz,
war der immer gleiche Kampf gegen
Staub und Schmutz, die immer
gleiche Befriedigung der stets gleichen
Bedürfnisse. Was man in drei
Stunden gekocht, in zehn Minuten
war's verschlungen: wo eben Staub
gewischt, nach einer halben Stunde
lag er wieder. Hausarbeit ließ sich
nickt in Garben binden, nicht in
Schober stellen, Hausarbeit war dem
Uneingeweihten nicht fichtbar, Haus,
arbeit war ein Faß ohne Boden
Die Männer hatten nie Hausar
beit gemacht auf die Mühsal
der Feldarbeit entsannen sie sich nocki.
Es bobrte ganz fürck-terlich in der
Aelmi altem Kopf, die Wabrh"t
wollte heraus und an? Licht geboren
werden.
Ein Zufall brachte ihr die Erleuch
tung. Eines Abends hatten sich Ka
thrin und die Aehni gleichzeitig, die
eine mit einem Pack Heu, die andre
um ein schweres Gurkenfaß gemüht.
DerPeter, der gerade dazugekommen,
hatte sich schnursrracks helfend zur
Kathrin gewendet.
Da war der Aehni klar geworden:
nickt die Arbeit macht den Unterschied
zwischen de? kkathnn und ihr. Der
liezt eirisig in den Lugen deö Peter.
Für da, va die Kathrin thut, hat
er Blick, daö liegt gleich wie auf ei
nem Brett vor ihn hingezahlt. Für
die Arbeit der lehnt ist er blind.
Ihr Eheherr war auch so blind gewe
sen Der Werth der Frauenarbeit liegt
in der Schätzung; des Mannes.
, -mmm i ,
Die Macht lt9 Spiegels.
-
DaS Spiegelbild der primitiven Men
schen. Die LuruSfpiegel deS M-
terthumS. Der SiegeSzug deS
modernen Spiegels. Der Spie
gelkultuS. Der Hochlfpiegel des
ArchimedeS. Bühneneffekte.
Weitere Möglichkeiten.
Bon Dr. A. Guthmann.
Der Berliner Pchysiologe Ed. Du
dois - Reymond machte sich bis an sein
Lebensende ein ganz besonderes Ver
g trügen daraus, seinen Hörern den von
Edison Ende der siebziger Jahre vo
rigen Säkulums erfundenen Phono
graphen" vorzuführen. Die kleine
Sprcchmaschine wurde mittels einer
Handkurbel angeregt und schnarrte
dabei ein paar halbverschluckte, kaum
verständliche Worte. Du Bois-Rey-mond
Balte dem Apparat daS Wort
Abra Kadabra. die arMsche Zauber
forme!, eingeprägt gewißlich ein
sprechender Beweis dafür, wie über
aus wunderbar dem Gelehrten die klei
ne, stammelnde Maschine erschien.
Die heutige Generation wundert
sich kaum noch über die glänzenden
Leistungen deS modernen Gram
mophon". So lange eS Menschen
gibt, sparen sie sich diese Art von Ge
füylserregung vorzugsweise für das
nie Erlebte, nie Erschaute, kaum
Erwartete auf. Mz der Wind zum
erstenmal in ein aufgeknüpftes Segel
blies, um einen winzigen Rachen in
Fahrt zu bringen, mußte sich der
Mensch kaum vor Erstaunen zu fas
fen. Das gleiche geschah viele Jahr
taufende später, als sich die erste Lo
komotive, das erste Dampfschiff, der
erste Celbsjfährer in Bewegung, setzte.
Ter erste simple Luftballon Mongol
fiers erregte nicht geringere Bewun
dernng, als die glückliche Lösung der
viel bestrittenen Frage vom lenkbaren
Lustschiff und von der Flugmaschine.
Es gab einmal ein Zeit, wo der
Mensch die Eigenschaft gewisser Kör
per, Lichtstrahlen in vollkommenster
Weise in das Auge des Beschauers
zurückzuwerfen, für ein wahrhaftes
Wunder" hielt. Die primitiven
Völker wissen nichts von einem künst
lichen Spiegel. Die Erscheinung der
Reflexion, die beispielsweise hei der
Beobachtung einer klaren Wasser
fläche oder eines thierischen AugeZ
zur Geltung kommt, ,vird wie so vie
les anderes als etwaS Unerklärliches
geduldig hingenommen. Man be
diente sich gewiß dieser Rawrerschei
nung" gelegentlich auch zu prMifchen
Zwecken. Die Gelehrten behaupten,
daß der erste Toilettespiegel der mil
den" Schönen ein von keinem Wind
hauch gekräuselter Wasserspiegel ge-
Wesen Ware. In der griechischen ö?a
ge ist es seltsamerweise ein Jüngling,
der zu seinem Unglück diesen natür
lichen Spiegel zuerst entdeckte. Der
schöne Narziß, der dem Liebesflehen
reizender Nymphen gegenüber kalt
geblieben ist, verliebte sich bis über
die Ohren in sein Spiegelbild. Er
glau'bie anfangs, ein wirklich lebendes
Wesen vor sich zu sehen, wird aber
bald über seinen Irrthum aufgeklärt.
Wir sehen in ihm das unübertrof
fene Beispiel jener Eigenliebe, die bis
auf den heutigen Tag der übertriebene
Spimelkultus zu erzeugen vermag.
Narziß wird durch seine Erkenntniß
in höchste Verzweiflung gestützt und
beschliefst zu sterben. Aber die Götter
haben Mitleid mit dem armen Jüng
lmg und verwandeln ihn in jene wun
derschöne, duftende Blume, die uns
allen bekannt ist.
Der künstliche Spiegel tritt erst mit
der Kultur ins Dasein. Die Men
fchen der verschiedenen Zonen dürf
ten ganz unabhängig voneinander aus;
die Erfindung verfallen fein, da der
Trieb, sich zu spiegeln, dem Wesen
ihrer Nattir eingeprägt zu sein
scheint. Das Spiegelmctall der Chine
fen (81 Theile Kupfer, 2 Theile Zink,
9 Theile Blei) zeigt eine andere Zu
sammensetzung als daS Spiegelmctall
der Alten (63 Thelle Kupfer, 32
Theile Zink). Im kl?ssifchen Alter
thum spielten neben den Metallspic
geln die Spiegel auS poliertem Obsi
dian, schwarzem Lavaglas eine her
vorragende Rolle. Sicherlich kannten
auch die Aegypter und Inder seit äl
testen Zeiten den Metallspiegel. Die
jüdischen Damen der biblische Zeit
scheinen stets einen Spiegel bei sich ge
ragen zu haben, wie sich aus dem
Buche Exodus ergibt. Es wird dort
erzälilt. daß Moses ein kupfernes Be
cken formte aus den Spiegeln der
Frauen, die vor dem Offenbarungs
zelt Dienste thaten . . . Die großen
und Reiften der Erde haben nicht
lange gesäumt, einen möglich, hohen
ästhetischen Genuß aus der schönen
Erfindung zu ziehen. Antike .Hand
spiegel auS Bronze, mit vollendetem
künstlerischen Schmuck, sind unS erhal
ten geblieben. Aber man begnügte sich
nicht immer mit einfachen Metallen.
sendern schnf Spiegel au SOer und
Gold, ia auch auö Edelsteinen. In letz
teren Fällen kann eS sich natürlich
nur um kleine Instrumente, gehandelt
haben. Dre Sviegel Mymrn mu sott
schreitender Zeit immer größere Dt
mensionen an. So klagt Seneca, daß
die luxuriösen Damen Spiegel be
säßen, so groß wie ihr ganzer Körper
und gewaltig hoch im Preise ... Die
Tochter des alten GneMS Scipio hatte
sich für ihre Mitgift keinen Spiegel
kaufen können, den zu seiner Zeit die
Töchter reicher Freigelassener für ein
selbstverständliches EinrichtU7k?sstück
hielten . . . Doch wie kostbar die alten
Spiegel gewesen sein mögen, so fehlte
ihnen doch gerade die Eigenschaft, die
wir bei ihnen am höchsten bewerthen
müßten: sie waren nicht imstande, ein
Objekt in seiner natürlichen Farbe
wiederzugeben.
Einen sehr großen Fortschritt in die
ser Beziehung bedeutete der erst im
14 .Jahrhundert erfundene Glasspie
gel, der mit Hilfe von Zinnamalgan,
das heißt 'Quecksilberzinn, wahr
scheinlich zuerst in Deutschland herge
stellt wurde. Auch diese Instrumente
müssen noch sehr unvollkommen gewe
sen fein. Sie wurden indeß im Jahre
1507 von Dal Gallo in Venedig in fo
ausgezeichneter Weise verbessert, daß
von dieser Zeit an der Siegcszug des
modernen Spiegels durch die ganze
Welt datiert. Jahrhundertelang er
freute sich Venedig des höchsten Rufes
in diesem Zweige der Industrie, und
noch heute läßt sich der Tourist ein
mal über die Lagunen nach Murano
rudern, um in den dort gelegenen ur
alten Werkstätten die Spiegelfabrika
tion zu besichtigen. Freilich ist der ehe
malige Zinnamalganspiegel durch
eine französische Erfindung vorigen
Jahrhunderts weit überflügelt. Die
Rückwand des Glases trägt jetzt bei
feinen Spiegeln eine dünne Silber
fchicht. Ter Silberfpiegel ist ein
Schmeichler. Er wirft weißes Licht
mit sanft röhtlichem Schimmer zurück,
während die böse Quecksilberschicht
eine frische Haut mit einem leicht
grünlichen Hauch übergießt.
Der Spiegel kam für die Mensch
heit ursprünglich nur als Werkzeug
der Toilette in Betracht. Dabei ve
schäftigen sich die Philsoophen und
Dichter aller Zeit mit jener strahlen
den Platte, in der wir uns, scheinbar
gegen den Willen der Weltordnung,
selbst betrachten können. Man sucht
das Räthsel zu lösen, wie die Augen
aller Dinge, doch sich selber anders
nicht als im Spiegel sehen können".
Nachdem wir eine Fülle von großar
tigen Naturkräften in der Neuzeit auf
gedeckt haben, sind unsere Interessen
von so mannigfaltigen Betrachtungen
in Anspruch genommen, daß unlere
philosophischen und poetischen Gedan
kr nur noch selten am Spiegel das
len. Auch ist das Thema in psychiol?
gischem Sinn von den Altvordern in
so erschöpfender Weise ausgebeutet,
daß wir keine neuen Ideen mehr sin
den. Da die menschliche Natur zu allen
Zeiten im Kern die gleiche bleibt, so
muthen die alten Seelenergüsse uns
noch immer modern an; nur will uns
die Tonart zuweilen etwas' derb tu
scheinen. Stehen sie vom Schlaf
so ist das allererste, daß sie sich im
Spiegel beschauen; vielleicht zu sehen,
ob das alte Ledder über Nacht nicht
jünger geworden. Eben diese stynd
mir wie eine Pest, die in allen Orten
Spiegel hängend haben, in der Stu
ben, in der Kammer, in der Bettstatt,
in allen Winkeln." Und warum dieser
Spiegelkultus? .... .ES sei ein
Spiegel noch so gut, er macht nicht
jung ein altes Blut."
Auch zu andern praktischen Zwecken
findet der Spiegel im Alterthum Ver
Wendung. Archimedes foll vor Syra
kus mittels Hohlspiegel, durch die er
die Strahlen der Sonne in einem
Punkt sammeln, die römische Flotte
aus weiter Entfernung her verbrannt
haben. Im Jahre 1514 ist angeblich
von Proclus vor Konstantinopel eM
ähnliche That geleistet. Da man in der
Neuzeit die Möglichkeit solcher Hand
lung in Zweifel zog. so suchten einige
Gelehrte die Frage auf ezperimenrel
lem Weg zu lösen. In der That ge
lang es dem Pariser Buffon, mit Hil
fe von 400 Spiegeln noch in einer
Entfernung von 140 Fuß Kohl; zu
entzünden und Blei zu schmelzen. ES
wurden in der Folgezeit noch deS öfte
ren wirksame Hohlspiegel konstrurrr,
ohne besondere praktische Lortherle
dadurch zu rringen.
Als Zaub.rspiezel. ein System re
flekttrender Scheiben, die zu seltsamen
Sinnestäuschungen führen, wird der
Spiegcl auf der Bühne zu einem be
liebten Unterhaltungsimttel und in
der Hand von Geistersehern, wie Ca
gliostro, ein schreckliches Instrument
des Betruges. In eigenartiger Weise
wird die Macht deS Spiegels in den
Dienst der Jagd gestellt. Man läßt
kleine Spiegel blitzen und lockt damit
die Lerchen an. An Jägerlatein, daZ
frühere Jahrhunderte freudig entge
gennahmen, hat eS dabei nicht gefehlt.
. . ES giebt einen gräßlichen Fisch,
der aus keine andere Weise einzubrin
gcn ist, alS daß man ihm einen Spie
gel vorhält. So mutz er denn ferne
Eräulichkeit ansehen und von Stunde
an todt liegen . . .
Auf dem Gebiete der Wissenschaft
sollte sich der Spiegel all ein wahrn
WoZte? der Mensch und eiln
iKnktrrrrrciger bewähren. Viele de,
Messung dienende praktische Instru
mente beruhen aus m uuein ver
Spiegelmirkung. so auch der Sextant,
mittels dessen der Kurs unsererOzean
riefen bestimmt wird. Dabei ist der
etnfacd Spiegel oft durch ein spiegeln
deS PriSma ersetzt.
Trotz der modernen Errungenschaft
der Röntgenstrahlen, die unsere Augii
in die Tiefe des Organismus vordri:.
gen lassen, können wir auf dem med -zrnffchen
Gebiet die Macht des simpu n
Spiegeln nicht entbehren. Nur dies,'c
setzt uns in den Stand, die Ober
fläche" verborgener Körperhöhlen, nie
Kehlkopf. Nase. Auge. Ohr. Speise
röhre, Magen in den Bereich unseres
Gesichtssinnes zu bringen. Der Kehl
!cpfspiek.el ist ein an langem Stil be
festigte rundes Spiegelchen, das, bei
herausgezogener Zunge gegen den Zap
fen gedrückt, das Bild des Kehlkopf
innern mit den Stimmbändern in sich
amfnimmt. Der Kehlkopf wurde bei
einem lebenden Menschen mittels
Spiegels zum ersten Mal im Jahre
1840 gifthen. Der Musiklehrer Ma
nuel Gorcia und der Physiolog Türck
waren bei ihren darauf , bezüglichen
Bestrebungen einige Jahre später noch
weiter erfolgreich. Aber erst 1855 ge
lang es Czermak, durch das geeignete
Instrumentarium, durch die richtige
Methode und nicht zum wenigsten
durch Anwendung eirer künstlichen
Lichtquelle den Kehlkopfspiegel zu er
finden, wie er noch heute im Gebrauch
ist.
Durch bessere, vorzüglich elektrische
Beleuchtung wurde in der Folgezeit die
Spiegelumersuchung und die damit
verbundene operative Thätigkeit weit
bequemer gestaltet. Beim Ohrenspiegel
bezeichnet man alS Trichter- oder auch
als Spekulumspiegel das kleine Röhr
chen, das der Arzt in den äußeren Ge
horgang zwecks seiner Erweiterung
schiebt. Man macht sich heutzutage
dadurch das Trommelfell so sichtbar
wie die äußere Haut. Eine eigentliche
Ohrenheilkunde besteht erst, seit Erfin
dung des Ohrenspiegels. Das gleich
rühmliche Urtheil gilt von dem Augen
spiegel, der durch von Helmholtz 1851
zuerst konstruirt 'wurde. Wenngleich
die alten Aegypter bereits Augenärzte
hatten, besteht doch eine eigentliche
Augenheilkunde erst seit Erfindung des
Augenspiegels, der den Beschauer auss
Genaueste über das Aussehen der Netz
haut unterrichtet. Eine besondere 13
vollkommnung haben unter andern in
neuester Zeit die Spiegelmethoden er
fahren, durch die über, die Oberfläche
der Speiseröhre und des Magens Auf.
klärung erhalten wird. Starre Roy
ren werden durch den Mund :n tyc
Speiseröhre und nöthigenfalls bis zu.a
Magm hinuntergeschoben. Das oiu
die Röhren hinemgeworfene Licht arnb
durch entsprechende Spiegel in , ta
Auge des Beschauers reflektiert un.
bringt auf diese Art ein Bild der
Oberfläche, die man zu betrachier,
wünscht, zu unserer Wahrnehmung
Die letztgenannten Untersuchungen ha
den erst weitere Verbreitung gefunden,
seitdem sie sich ohne besondere Belüsti
gung des Patienten ausführen lassen.
Dieses schöne Ziel war erreicht, als
man jene rasch populär gewordenen
Stoffe, Kokain usw., entdeckt hatte,
die den damit bepinselten Schleimhäu
ten eine vollkommene Unempfindlich
seit zu verleihen vermögen.
Wie schlecht die Spiegel heutzu
tage sind," läßt ein französischer Poet
vor vielen Jahren eine Dame ausru
fen, als sie ihre gealterten Züge im
Spiegel betrachtet.. Die Spiegel sind
in unserer Zeit ganz vorzüglich, aber
ich bin nicht sicher, ob sich nicht eine
Enkelm dieser Dame in ähnlicher Lage
ungefähr fai gleicher Art ausdrücken
würde. Der Kummer macht ungerecht.
Unsere moderne Industrie vermag nach
Belieben mittelst des Silberspiegels
etwas rosig schmeicheln und mittelst des
lPlatinumspicgels ein Objekt in mög
'lichst natürlicher Färbung dazustellen.
yilirmilfcW hin nifimr-irfi Cmifftrtfm
.-.fc. n,""'"?" ,
des Spiegels beinahe als abgeschlossen
betrachten, wenn wir seine Macht nur
von der Qualität seines Stoffes in
Abhängigkeit setzten. Es kommt aber
bei einem Werkzeug nicht nur auf den
Bau an. sondern auch auf die Art der
Anwendung. Und im Licht dieser Ve-
trachtung ist die Mactzt des Sp.egels
noch einer schönen Entwicklung fähig.
Man wird auf wissenschaftlichem Ge
biet darauf bedacht sein, die alten Me
thoden der Spiegelbenutzung weiter zu
bilden und neue Regionen seiner hckl
samen Thätigkeit" 'erschließen.
Sein Latein.
Dr. Robert Collyer wurde von einer
Universität im Osten zum Ehrendotior
ernannt; daS Diplom war künstle
rifch ausgesübrt und in laieinrser
Sprache abgefaßt. Collyer betrat't
kS nachdenklich, dann sagte er zu s''
nem Fieunde:
.Hoffentlich steht da nichts lh
teS ütet mich drin . . wein
Latein besieht ans den Wort,"
cetera". '
Nicht ohne Weiter'
Frl. Msud: Bridget. das i
Manier, so ohne Weiteres Abei i
den Varlsr zu treten, wenn He
Schnäbln mn einen Besuch macht!"
.Ohne Weiteres. Miß?! Well.
Maud, ich hab' vorher erst mindestens
're ha2e Stund' dnrckt Schlüse,
t'jacV