Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, December 18, 1917, Image 2

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T5gl!ihe Omahz TribZise
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Llwas nkx n$i$xe$fifi.
von Dr. rned. zans aenel.
Sfr.W und Gift! Sind da nicht
zwei W'sliifätjf, durch einen himmeZwei
im Abstand voneinander geschieden!
Arznei, schern den Namen nach von alters
her die Waffe in der Hand des Arztes,
um den Kranken gesund zu machen; und
Gift, die Waffe 'der Feinde des Wen.
scheu im Naturreich wie des Verbrechers,
die Siechtum und Tod verbreitet! Wie
kenn f zugehen, daß diese beiden gegen,
sätze sich in einem Wort zufammenfin
den? Wer hat zuerst von .Arzneigiften"
gesprochen, und was ist's mit diesem Be
grifft?
Am einfachsten scheint die Erkenntnis,
wenn wir nach dem Wesen des Giftes
fragen. Was' meinem Körper heilsam
, ist, darüber kann ich manchmal im
Zweifel sein,' was ihm aber schadet, das
ist, sollte es scheinen, jedem ohne viel
Besinnen klar. Ein Gift ist also, kön-
neu wir sagen, eine dem Korper schad
. liche Substanz. Wie weit kommen wir
mit dieser Definition? Fangen wir bei
der Luft an; niemand wird zugestehen
wollen, daß die reine Luft ein Gift sei.
Und doch enthält das Giftgemisch, das
unsere Atmosphäre darstellt, u. a. zwei
Bestandteile. Stickstosf und Kohlensäure,
die schädlich wirken, sobald sie ohne ge
niigcnde Vermischung mit Sauerstoff
auf unsere Lungen treffen, und es sind
uns schon Fälle bekannt geworden, daß
Mnfchen an Stickstoff- oder Kohlen
fäurevergiftung erkrankt und gestorben
sind. Aber ebensowenig können Tiere
der Menschen längere Zeit in einer
Atmosphäre leben, in der der Sauer
"ftosf. dieser wichtigste Lebenscrhalter.
über einen gewissen Grad hinaus kiinst
lich vermehrt ist; unter solchen Umstän.
den treten ebenfalls bald .Bergistungs"
scheinungen auf. Wir, stoßen also
schon hier zu Anfang auf die Tatsache,
die uns Luch weiterhin noch öfters be
Segnen wird, daß die gleiche Substanz
sowohl nützlich wie schädlich,, sowohl
Arznei wie Gift fein kann, je nach den
Bedingungen, unter denen sie dem Kör
per einverleibt wird.
Man könnte dies Beispiel mit der
Luft vielleicht als eine Art Silbensteche
tti verwerfen; wir atmen die Luft, nicht
ihre Bestandteile. Wie steht es mit dem
Wasser? Ja, sagt man. wenn es der
unreinigt ist, kann es giftig und schad
lich wirken, reines, klares Quellwasser
niemals! Prüfen wir das destillierte
Wasser bezüglich seiner Wirkung auf
unsern Körper, so kommen wir zu ganz
andern Erfahrungen. Am Magen tön
nen wir diefe Untersuchung schwerer
bornehmen, weil durch Speiche! und
Magensaft aus dem destillierten Wasser
sehr rasch wieder eine Lösung wird;
brinaen wir aber eine kleine Menge
destilliertes Wasser unter die Haut, ss
beobachten wir, daß es auf die Gewebe
zellen in der Umgebung direkt abtötend
wirkt; sie auellen auf, ihr Kern der
schwindet, sie sehen fast aus, wie von
einem Aehaiftc getroffen, und erholen
sich in der Regel überhaupt nicht wieder.
Das destillierte Wasser ist also ein echtes
ALM! Es hört aber sofort auf, era
solches zu sein, sobald wir ihm nur eine
anz geringe Menge, fünf bis sechs
Gramm auf den Liter. Kochfalz zu
setzen; jetzt wird es anstandslos von den
Zellen und Körpersäften aufgenommen.
: Von einer solchen Kochsalzlösung kann
man ohne Schaden, ja manchmal mit
, großem Nutzen, z. B. bei großen Blut
Verlusten, einen Liter und mehr unter
die Haut fließen lassen; eine gleiche
, Menge destilliertes Wasser würde mit
einer" schweren ollgemeinen Gesundheits
schädigung gleichbedeutend sein. , Das
Kochsalz ist also das Mittel, das das
Destillierte Wasser ungiftig macht! Ja.
und doch kann dieses gleiche Kochsalz
unter andern Bedingungen im Körper
wieder den größten Schaden anrichten:
Schluckt jemand hintereinander zwei Eß
iöffel Kochsalz, so kann er sicher sein,
Denn wirklich sein Magen sich diese Be
leidiaung gefallen läßt, daß er eine Nie
eenentzündung bekommt, die unter Um
ständen in echte Nierenentzündung über
zehen kann. Alfo ein und dieselbe Sub
stanz, unser tägliches Nahrungsmittel
Kochsalz, wirkt hier giftig, dort heilsam,
indem es die zerstörende Wirkimg des
Destillierten Wassers aufhebt. Ist es
z!Zo vielleicht schon ein Beispiel für die
fürchteten Arzncigifte? Wir sehen, der
Loden, auf dem wir uns bewegen, scheint
!in recht schwankender zu sein und die
Festlegung dieses Begriffes schwieriger,
zls es zuerst schien.
AuZ dem Kochfalz wird die Salz
säure gewonnen; wir kennen alle ihre
enorm atzenden Wirkungen, unsere Haus
sraue putzen mit ihr Messing und
ilupfer blank und wissen wohl, was es
bedeutet, wenn ein Tropfen davon auf's
Kleid fpritzt. Und manchem Lebens
überdrüssige hat sie schon qualvollen
Tod oder dauerndes Siechtum gebracht.
Zollte man es glauben, daß jemand auf
sen Gedanken kommen sollte, dieses
furchtbare Gift als Arzneimittel zu ver
irdnen? Und doch geschieht das alle
Tage und ist bei weitem nicht so sinn
irs, als es auf den ersten Blick erscheint.
Die Physiologie zeigte nämlich scholl vor
fahren, daß der Magensaft des gesun
den Menschen und der meisten Tiere die
U4 Gift in chemisch reiner Form ent
halt, daß die Berdauungsdrusen des
Magens es absondern und seiner not
endig bedürfen, um die Speisen für
v weitere Auflösung im Darme vor
zubereiten. Eine häufige Ursache von
zllerband Verdauungsstörungen ist in
:?r Verminderung oder dem Fehlen die
'er Magensahfäure gefunden worden.
Iibt es etwas Natürlicheres als den Ge
sanken. Salzsäure in der gleichen Ver.
sunmmg, wie sie der gesunde Magen
n'balt, dem kranken Magen zuzuführen.
'i lange, bis er selbst wieder gelernt hat,
zu bilden?
Ein andere Beispiel: Phosphor. Daß
n zu den gesährl:chen Giften zählt, ist
uiauvi und war noch bekannter zu der .
Zeit, als die Schwefelhölzchen noch nicht
allgemein durch die schwedischen Ziiim
Hölzer ersetzt waren. Gerade die Gis
tigieit des gelben Phosphors Mt ja der
Hauptgrund für die e hygienische Maß
nähme deö Ersatzes. Fragen wir aber
den physiologischen Chemiker, so sagt der
uns, daß Phosphor in Form des Hau
falzcs der Phosporsäure einen wefent
lochen Bestandteil des Körpers, besonders
der Knochen, bildet. Ter Korper baut
sich also aus Giften' selbst auf! Und
schauen wir auf eine der verbreitetstcn
Kinderkrankheiten der ,Großtadt, die
Englische Kranlhcit, Nhachitiö, so weiß
von ihr schon der Laie, daß sie haust
sachlich rn einer mannelhanen Enkmia
lung der Knochen besteht. Man kann
diesen Kindern aber Kalk oder Kalkwas
scr geben, so viel man Will, es nütz
nichts, es läuft glatt durch den Magen
und den Tarn durch und reizt ihn hoch
stcns, die Zöllen haben infolge der Krank-
heit verlernt, mit dem Kalk etwas Rich
tigcs anzufangen, Sobald man ihnen
aber eine Spur Phosphor anbietet, kön
nen sie auf einmal den Kalk, der sich in
jeder Nahrung findet, ausnutzen, sie Ion
nen aus ihm die Kochsalze bilden, die
vorher fehlten, und es dauert nicht lange,
fo werden die Knochen fester, und das
ganze Heer der andern KranIIicitserschei
nungen, die die Rhachitis meist begleiten,
verliert sich gleichzeitig.
Achnlich wie mit dcnr Phosphor ist es
mit dem Jod. Taß eö ein Gift ist,
dürste weniger Mannt fein, weil es als
Substanz kaum dem Publikum in die
Hand kommt; am häufigsten kommt es
als zehnprozeiiiige alkoholische Lösung,
als Jodtinktur in Verkehr, die man bei
Gckntverstauchllngen u. a. häufig äußer
lich anwenden sieht, und die zu schlucken
niemand Lust haben wird. Dies Jod
ist aber ein wichtiger Bestandteil des
Stoffwechsels, sein 6ebc.lt in den Ge
weben wird durch die Schilddrüse aufs
genaueste reguliert, und wenn dieser Re
gulator aus irgendeinem Grunde ver
sagt,' kommt es zu schweren Ctosf'.oech
selstörungen. Zeigt sich dabei ein zu
starker Jodverlust im Körpci, so werden
die Krankheitserscheinungen durch Jod
zusuhr wieder behoben; ist dir Körper
durch Jodaufspeicheruug erkrankt, so
wirkt die gleiche Arznei, die im vorigen
Fall heilte, natürlich schädlich. Das
gleiche Jodkalirezkpt kann also in einem
Fall Arznei, im andern Gist sein, nd
nur wer die Krankheiten genau kennt
und ihre Symptome richtig zu deuten
weiß, kann das Mittel richtig anwenden.
An solch einem einzigen Beispiel kann
man sehen, wohin es führt, was man
so oft sagen hört: schaffen wir nur die
Krankheitsstosse" aus dem Körper
heraus, dann ist dem Menschen gehol
fcn! Daß mit dem Herausschaffen der
vermeintlichen Krankheitsstoffe auch
allerhand notwendige andere Stosse dem
Körper genommen werden können, sei
nur nebenbei erwähnt. Nein, wir sind,
wenn wir vernünftig und naturgemäß
vorgehen wollen, sehr oft genötigt, einen
Stoff in den Körper hineinzuschaffen,
der zwar, wenn wir das in imverstän
diger Weise und in falscher Tosis tun,
Schaden bringt, wenn wir aber seine
Anwendung beherrschen, dem Körper
gerade das gibt, was er braucht und
dessen Fehlen die Krankheit veranlaßt
hat.
Salzsäure, Phosphor, Jod gehören
also wenigstens zu den Baumaterialien
des Körpers. Aber wie kann man z. B.
so unvernünftig sein, einem blutarmen
Kranken der so schon schwach genug ist,
Arsenik einzugeben! Einen Augenblick
Halt! Daß man Blutarmen Eisen gibt,
findet kaum Widerspruch. Eisen ins
Blut", das ist eine Devise, die etwas
Einleuchtendes, Suggestives hat. Die
Aerzte suchten nun das Eisen oder seine
aufnahmefähigen Verbindungen rein
darzustellen, in der Hoffnung, dadurch
die beste Wirkung zu erzielen; da erleb
ten sie indes die Ueberraschimg, daß mit
den chemisch reinen Eifensalzen schlech
tcre Erfolge erzielt wurden ls mit den
durch allerhand Nebenstoffe verunrei
nigten" Quellenprodukten. Und bei ge
nauerer Prüfung stellte sich dann her
aus, daß von diesen Nebenprodukten das
Arsen das wichtigste war, dak um einer
Eisentinktur die volle Heilkraft zu ver
schassen, man sie oft künstlich durch eine
Spur Arfen derunreinigen" mußte!
Die weitere Forschung zeigte dann, daß
bei Blutkrantheiten das zugesührte Ar
fcn, obwohl es seihst nicht in den gesun
den Blutkörperchen steckt, doch durch seine
bloße Anwesenheit die erkrankten ke
fähigt, das in der Nahrung ihnen dar
gebotene Eisen wieder aufzunehmen und
sich so wieder auszubauen. Ist dann
einmal der Ansang gemacht, so geht nach
einiger Zeit der Prozeß der Eiscnauf
nähme von selbst wieder seinen richtigen
Gang, das Arsen ist überflüssig gewor
den und wird wieder ausgeschieden. Also
das Arsenik, dieses gefürchtete Ratten
gift, das, im U:bermaß gereicht, Mensch
und Tier verdirbt, leistet hier dem Kör
per einen unerschlichcn Dienst; man
muß bloß einmal einen Kranken mit
Wcißblütigkeit (Leukämie) gesehen ha
den, abgemagert und wachsbleich, mit
geschwollenen Lymphdrüsen und auf da!
Doppelte und Treifache vergrößerter Le
ber und Milz, die die Bauchhöhle wie
zwei Pflastersteine ausfüllen, und be
obachten, wie bei Arsendarreichung die
Schwellungen fast unter den Händen zu
rückgkhen und die Hautfarbe und die
Kräfte wiederkehren, um die Wobltat
schätzen zu lernen, die wir in dieser Arz
nei besitzen.
Und wie sieht es mit den giftigen
Pflanzen?
Die Indianer in den Sümpfen Bra,
siliens. die von der Malaria hcimge
sucht werden, haben seit langem entdeckt,
daß das Kaucn der Rinde eines dört
wildwachsenden Strauches, der CLin-
chona succirulira, die Fuberanfalle
mildert. d,e Krankheit sogar heilen kann.
Als dann Europäer dorthin kamen. In
teressierte sie natürlich die Beobachtung,
und sie stellten sich die Frage, was denn
die Rinde dieses Baumes so Besonderes
in sich habe, daß fU das Wechselnder
neuen rönne. 2iian veMitrke ie nach
den Methoden der Chemie' und fano
neben einer ilcche gleichgültiger, schwach
oder gar nicht wirksamer Alkaloide daö
Chinin, das sich als das gesuchte wirk-
lame Prinzip herausstellte: gab man
dem Fieberkranken nicht die ganze Rinde,
sondern ein paar kleine KrystäUchen des
Chinins, so war der Heilerfolg der
gleiche. Natürlich mutzte man sich jetzt
in acht nehmen, dem Kranken nicht lös'
selweise von dem Pulver zu geben, sonst
Wird daS gleiche eintreten, wie wenn er
statt eines Aestchens ein ganzes Rnsig
buiidel des Chinabaumes aufgetaut
hätte: er bekommt in beiden Fällen Ber
giftungssymptome. Aber sind im Grunde
nicht beide Darreichungsormen das
gleiche? Mehr noch: nur der Voreinge
nommen? wird leugnen können, daß die
Herstellung des Chinins einen Fortschritt
gegenüber der naturgemäßen" Rinden
kanerei darstellt; man hat den Borteil
der genauen Dosierung nach Gewicht,
der unveränderten Haltbarkeit, die Mög
lichkeit. es leicht mit andern Mitteln
kombinieren zu können, wo dies nötig
erscheint, man erspart es dem Kraulen,
eine Menge überflüssige Alkaloide. die
höchstens noch unerwünschte Ncdenwir
lungert haben, mitzuschluck?,,. der Iflci
sende in Ficbergegciidcn ist imstande, mit
einem Borrat von ein paar Hundert
Gramm sich für viele ffionaie zu M
sorgen, wo er. wenn er sich auf die ,Na
turgcmäßhcii" vcrsteiscn wollte, ebenso-
viel und mehr Kilogramm Holz miizu-
Ichleppen hatte usw. Äbcr weiter:
man machte beim Studium des Chiiiiiis
die Beobachtung, daß nicht i,r das Fie
ber, sondern mancke sehr schmerzhafte
Neuralgien und andere Nervenstörungen.
die bei und nach Malaria auftreten, sich
verloren. Man probierte vorlicktin, wie
eiwa andere Neuralgien, die nicht von
Malaria herrührten, 'sich verhielten, und
siehe da. auch von diesen wurde eine
ganze Reihe guniüg beeinslußt. Wer
kann es dem Arzt übelnehmen, wenn er
das Chinin nun auch für solche Ertran
klingen verordnet? Sollte cr sich dadurch
abhalten lassen, daß er weiß, bei jähre
langem Gebrauch in den Tropen kann es
schließlich eine chronische Nicrenreizunq
und sogar das tödliche Schwarzmasser-
sieder erzeuacn Sin soll ihn ta'S ab
schrecken, daß unter tauftnd Patienten
sich einmal einer sindct, der Chinin nicht
verträgt, d, h. sckon bei in szeringsttn
Spur einen N'sselausschlag bekommt?
Gewiß ist für diesen das Chinin Gift
gewesen; aber ebenso gibt es unter tau
s:d Mcnschm einige, die nach Erddec
ren genau den gleichen Au-schlag bekon
men. Wird es deshalb jemand einfallen.
die Erdbeere eine Giswflanze zu nen
nen?
Chinin stammt aber wenigstens noch
von einer Pflanze ab; was soll man
aber zu den zahlreichen Arzneistofsen
sagen, die aus den qroßen chemischen
Fabriken stammen und km menschliche
Körper so unnatürlich wie möglich
md, die ganzen nie, wie Antipnrin.
Phenazetin, Eajodin. A,,,!tanilid und
Nie sie alle heißen' Der Unterschied wird
uns nicht so gewaltig erscheinen, wenn
wir bedentcn, daß eine große, ja die
Mehrzahl von ihnen aus dem Stein
kohlentcer gewonnen wird; und dieser
wieder ist weiter nichts, als das konzen
trierte Sastgem'., von Hunderten von
Pflanzenarten der Vorzeit; in ihm sind
chemische und physikalische Kräfte, Son
nenkräste der Vorzeit, aufaespeichcrt, die
noch lange nicht erschöpft sind. Es be
stchi keinerlei Grund, das Gute in der
Medizin nicht da zu nchmen, wo man
es findet.
Eine wachsende Bedeutung gewinnen
in neuerer jeit die Bchandlungsmetho
den. die sich des Serums, Heilserums
oder Jnimunseruins bediknen, d. h. den
Blutsast künstlich krank gemachter Tiere
den Äenschen unter die Haut spritzen.
Ukberdenken dir einmal kurz, wie der
Gcdankengang bei der Entwicklung der
Serum- oder Impfbehandlung gewesen
ist! Jedermann kennt bei einer ganzen
!tieiie gefährlicher Infektionskrankheiten
die auffallende Tatsache, daß, wer sie
einmal überstanden hat, in Zukunft un-
einpfanglich sur sie geworden, immuni-
ich iu. uat yerrnaz wäre es, lagien
ch da die Aerzte, wenn wir den Men-
chen diese Immunität verschaffen könn-
ten, ohne daß sie erst die gefährliche
Krankheit selbst durchzumachen hätten!
Aber wie das anfangen? Man versuchte,
ob bei Tieren, die von der deichen
Krankheit befallen werden, die Sache
mit der Immunität sich ebenso verhielte;
und in der Tat fand man dies in vielen
Fällen bestätigt. Nun konnte man ;
suchen, das Wesen dieser sonderbaren :
Erscheinung erperimentell zu erariin- !
den , und man sand. daß der Körper !
während des Kampfes mit der Insel-
tion Stosse bildet, die spezifische Gegen- j
gifte darstellen und noch lange, unier
Umständen das ganze Leben lang, in
den Körpeisäfien verbleiben, wenn die
Krankheit längst überwunden ist. Es
gelang auch, diese Gegenstoffe ouS dem
Blute der immun gewordenen Tiere ab
zufiltrieren und rein darzustellen, und
gewann man für eine Reihe Krank- '
heitert wunderbar fein von der Natur
elbst zusammengesetzte Heilmittel, Mit
tel, die nicht irgendwie durch Zufall ent
deckt waren, sondern den Heilvoraang
des Orqanismus selbst gewissermaßen
Im Extrakt darstellten. Es sind also
nicht die Krankheitsgifte der Tieke, die
im Heilserum dem Kranken eingespritzt
werden, sondern geradezu die Gesund- ;
heitsstoffe, mit denen sie die Krankheit
überwunden haben. ;
Zusammengefaßt: Gift und Arzne!
sind nicht Gegensätze, wie wir anfangs
meinten, sie sind aber noch weniger ein
&
Äsen, Wind und Stahl.
von Dr. mi Carihans.
Als Ba-na-che", alS Himmclsgabe,
bezeichnete die Cpraa dcS alten Pha,
raonenlandcs das Eisen, und zwar, wie
viele Gelehrte meinen, deshalb, weil die
noch jundliche Menschheit wohl zuerst
das vom Himmel gesallene" Eisen der
Meteoriten kennen und erarbeiten
lernte, erst später aber dazu kam, das
nützliche Metall aus feinen Erzen zu gc
winnen, Mag diese Ansicht nun rick
tig sein oder auch nicht jedenfalls ist
das Eisen eineS der wertvollsten Gc
schenke, mit denen die Himmlischen die
höherer Kultur zustrebende Menschheit
bedacht haben. Heute ist uns daS trcff
liche. dunkle Metall fast ebenso uncnt
behrlich geworden wie das tägliche Brot,
und ohne dasselbe ist uns ülerhaupt
kein Kulturleben mehr denkbar.
Tausende von Jahren währender rast
loser Körper- und Geistesarbeit hat es
von seilen der Menschen bedurft, um
alle die wundersamen Eigenschaften, die
das unsckeinbare metallisch: Element in
sich birgt, genügend kennen zu lernen.
Denen aber, die dazu beigetragen haben,
das Eisen in der Kulturwclt zu dem zu
machen, was es heute in ihr ist. schuldet
die Menschheit ohne jede Frage mehr
Tank als denen, die sich mit ehernem,
blutbesprengtem Grissel für die Ewigkeit
eingeschrieben haben in das Buch der
menschlichen Keschichte,
Eisen hat uns Muitcr Natur in Hülle
und Fülle gegeben. Besteht doch nach
genaueren Bcrccknun?en das gewaltige
Felsengeriist dcr Erde zu mehr als einem
Fiinfuiidzwanzigstel aus diesem gar nicht
genug zu schätzenden Metall. Um dieses
aber von dem Sauerstoff. Schwefel,
Phosphor und anderen chemischen
Grundstoffen, woni! es überall in der
Natur so innig verbunden erscheint, zu
trennen, und zwar mit einem möglichst
geringen Zkottcnauf!?noe, dazu geyori
von weilgebendcr Intelligenz und Sach
kenntnis geleitete, miihcvolle Arbeit.
Das Allerioelismktall. das wir schlecht-
bin Eisen nennen, ist nickt, wie man
lang? Zeit geglaubt hat, ein cinsachcr
chemischer Körper, sondern eine Verbin
duna, eine Legierung des dunklen Mk
tallcs mit Kohlenstoff, irtid die Menge
ur;d Bindungkart des letzteren übt einen
tiefgrciscndcn Einfluß auf deren Eigen
schaften ans. Ist der Koklenstoss nur
in einer Menge von 1,6 v. H. in
dem verhütteten Eisen enthalten, dann
zeigt es sich schmiedbar, ist ober dabei
nur sehr schwer in S5mel,,ftuß zu brin-
gen. chmicoeciien, denen isct)mfi
Punkt bei 14501300 Grad liegt, und
das gewöhnlich 0. bis 1. v. H. Koh
lenstoff in sich schließt. Pflegt man alS
Stahl zu bezeichnen. Seine charakteri
siische Eigenschaft besieht darin, das er
durch plötzliche Abkühlung, etwa in Was
fer, an Härte zunimmt od:.-. technisch
gesprochen, härtbar ist. Eisen mit 2,3
H. oder mehr Kohienston wird Noy-
oder auch Gußeisen genannt, weil es bei
stärkerer Erhitzung nicht wie dak
Schmiedeeisen , zuerst in einen streng-
lüssigen. tcigartigen und dann erst lang-
ftrm bei noch erhöhter Temperatur in
einen völli flüssigen Zustand übergeht,
sondern sofort völlig flüssig wird, wes
halb es auch vielfach zur Herstellung von
Gußwaren verwendet wird.
Was die Art der Verbindung bei
Kohlensieffc mit dem Eisen angeht, so
ist diese eine durchaus verschiedene. Im
Stahl findet sich ersterer als sogenannte
Härtunoslohlc zum Teile sehr innig mit
m Eisen vereinet, wahrend er im
übrigen als Graphit und Temperkchle
nur mechanisch mit ihm verbunden, also
vermengt erscheint oder auch in der che
mische:. Aerbindungssorm des Eijenlar
bids in ihm enthalten ist.
Da in den zur Verhüttung kommen
den Erzen, die man, um Schwefel, Koh-
lensäure und andere hinderliche Bestand
teile aus ihnen zu entfernen, vorher oft
röstet, daS Eisen durchweg an Sauer-
toff gebunden ist, so gilt es beim Aus-
chmelzen oder Ausbringen des Mc
tolles, dieses gaesörnug,. Element in
Kohlenoind und Kohlensäure überzu
führen, die dann als Gase zum Teil
tweiclxn, zum Teil aber, sich in Kehle
zurückveiwandelnd. die Kohlung oder
Legierung deS Eisens mit ttohlmstofs
bewirken. Außerdem muß man bei der
Verhüttung der Erze, die sast immer
Kieselsaure, Tonerde und andere erdige
Beimengungen enthalten, diese in einen
breiigen Schmelzfluß, die Schlacke, über-
fuhren, die auf der flussigen, schweren
Eifenmasie schwimmt und so leicht von
ibr zu trennen ist. Um diese Schlacken
bildung herbeizuführen, fügt man zu dem
Eisenerz und der Kohle in dem Schmelz
ofen Kalkstein hinzu, weil letzterer, durch
die Glut in Aetzkalk verwandelt, sich sehr
leicht mit den genannten Verunreinign
gen des Erzes zu einem Kieselsäurebrci
verbindet.
Tamil der ganze Berhüttungsprozeß
den richtigen Fortgang nehme, ist in er
ster Linie eine sehr hohe Temperatur ("von
1100-1200 Grad Celsius) erforderlich.
Diese muß man nun vor allem durch eine
reichliche Zufuhr von atmosphärischer
Luft zu der brennenden Kohle des
Schmelzofens hervorzurufen suchen. Ist
die Lust, in der wir atmen, doch bekannt
lich sehr reich an Sauerstoff, und beruht
und dasselbe, wie dick Agitatoren die
Leute glauben machen wollen. Nein,
alles kommt darauf an, wie die Sub
stanzen verwendet und gehandhabt wer
den. Je nach den Handen, in die es
kommt, wird Gift zur Arznei und Arz
nei zu Gift, so wie in den Bauernkrie
gen die segenbringende Sichel zur Mord
Waffe umgeschmiedet wurde und nach der
Befreiung Deutschlands vom französi
schen Joche das Eisen der Schwerter sich
wieder in die friedliche Pflugschar um
wandelte. Die Zusammenstellung .Arz
neigist" ist nichts als ein Schlagwoit,
das aus dem Streit der Meinungen am
besten ganz verschwände.
die Verbrennung dcr Heizmaterialien ja
auf nichts anderem als dcr stürmischen,
licht und wärmeerzeugenden Verbindung
dieses Elemcntargases mit den in ihnen
entdalteiien ttohleiistofiatomen. Däne
den dient dcr Sauerstojf bei dcr Eisen
Verhüttung auch dazu, die Kohle vdcr den
heute an ihre Stelle getretenen Koks in
Kohlenoxydgas überzuführen, das, wie
gesagt, der uebertragcr des itoylenitos
fes an das sich bildende metallische Eiftn
ist. Endlich erfolgt auch die Schlacken
bildung nur bei Gegenwart von genügen
dem Sauerstoff.
Sehr reichliche Zuführung von Sauer
stoff in Form von atmosphärischer Luft
ist also bei dem Ausbringen von Eisen
erzen ein unbedingtes Erfordernis. Diese
wird nun im Eiscngewerbe schon von
den ältesten Zeiten an durch di: söge
nannten Gebläse bewirkt, Apparate,
durch die die Lust von außen angesaugt,
dann zusammengepreßt und als kräftiger
Wind durch ein Ausmiindungsrohr mit
feuerfestem Mundstück (Tiisc) hindurch
in das Feucr der Eisenschmclze einge
führt wird.
Der griechische Schriftsteller Strabo
sagt, daß die Ecsindung der Gebläse dem
Czythen Anacharsis zugeschriclvn werde,
doch hält er sie selbst für viel alter. Wie
berechtigt diese seine Ansicht ist, zeigt
eine Abbildung, die man in Theben in
dem Grabe des ägyptischen Königs
Thoihmcs Hl., eines Zeitgenossen des
biblische Moses, gefunden bat. Mau
sieht auf diesem Bilde Mctallarbei
tcr. die sich zi,m Anblasen des FeuerS
einfacher, in Holz gefaßter Lederbälge
bedienen, die paarweise abwechselnd mit
den ffiißcn niedergetreten und dann mit
den Handen durch einen Strick wieder
ausgezogen werden, A'hnliche Blase
bälge waren bei den Sckmieden in
Aegypten noch vor einigen Jahrzehnten
in Gebranch, wie ihrer auch der Prophet
Jercmias erwähnt. Bezeichnend ist es,
daß auch die afrikanischen Negcrvöllcr
schon seit undenklicher Zeit derartiae Ge
bläse i ihrer urtümlichen Mctalltechnik
kennen. So fand A. v. Harnicr 1SG0
solche bei den wandernden Schmieden
dcr Bari am Weißen Nil, Sie bcsian
den aus tönernen Gcsaßcn, ähnlich
einem Trichter mit einem sich verengen
den. seitwärts gebogenen Halse, über de
ren obere, breite Lefsnung ei Stuck
Tierbaut gespannt war. Diese war in
dcr Mitte fest zugebunden und wurde zur
Erzeugung des Gebläsewindes an einer
Handhabe schnell auf- und abwärts be
wegt. Blasebälge sehen wir bei seist allen Böl
kern in Gebrauch, die zwar schon mit der
Eisengewinnung bekannt sind, diese aber
nur in geringem Umsang und mit mehr
oder weniger primitiven Mittcln bcirci
den. Die ältesten Eiscnschmelzcn waren
allerdings Windösen, wie solche aus vor
geschichtlicher Zeit in Kärntben und Bcl
gien usgegraben worden sind ein
fache Gruben an BergabhLngen. die nach
der Talscite hin einen offenen Kanal be
saßen, der dcni Ofen die durch natiir
lickeil Zug erzeugte Berbrcnnungsluft
zuführte. Andererseits bedienen sich die
Völkerschaften der malai chen Nasse seit
alter Zeit eines sehr einfachen, obcr
höchst zweckmäßigen Jylindergcbläses.
Dieses besteht aus zwei ungefähr
Meter langen Stücken Bambus, die oben
offen, unten aber verschlossen und senk
recht in der Nähe des Schmelzofens auf
gestellt sind. Um den Gebläsewind hcr
vorMusen, werden Bündel von Federn
oder anderen weichen Körpern an langen
Stielen in dem geglätteten inneren Hohl
räume dieser beiden Bambusstücke schnell
auf- und abwärts bewegt wie die Kol
ben einer Pumpe. Wenn sie abwärts
gestoßen werden, treiben sie die zusam
mengeprcßte Luft durch ein dünnes, am
Boden eingefügtes Bambusrohr, das in
eine Ton oder Metalldiise endet, um
Ofenfeuer hin, und da sie wechselweise
auf und niedergestoßen werden, so wird
ein beständiger Luststrom unterhalten.
Gewöhnlich wird diese Arbeit von Kna
den besorgt, die aus einem erhöhten Ge
stelle sitzen. Da nun ein ähnliches
Zylinder- oder längliches Kastengcbläsc
bei den Chinesen feit undenklicher Zeit
in Gebrauch ist, und die Söhne des
himmlichcn Reiches nachweislich in ur
alten Kulturbeziehungen zu den Sunda
inseln stehen, möchte ich annehmen, daß
die Malaien 'von jenen schon sehr früh
die Kunst der Eisenverhüttung übernom
men haben.
Alle die Ocfen, denen dcr Wind nur
durch solche kleine, mit den Händen oder
Füßen bewegte Gebläse zugeführt wird,
können aus technischen Gründen nur klei
nerc Ausmessungen besitzen, und in ihnen
wird unmittelbar schmiedbares Eisen
durch einfaches Schmelzen, sogenannte
Rennarbeit, gewonnen. Hierbei bilden
sich zähflüssige, teigartige Klumpen von
metallischem Eisen, vermischt mit Eisen
schlacke, die dann, um letztere aukzutrei
be,, wiederholt erhitzt und unter den
Hammer gebracht werden, bis man
schließlich ein brauchbares Eisen und, je
nach der Arbeitsweise und der Art des
verbüiteten Erzes, auch Stahl erhält.
Auf dieser Entwicklungsstufe ist das
Eisenhüttenwescn auch in Europa bis
weit ins Mittelalter hinein stehengeblie
den, obgleich man bei der wachenden
Nachfrage nach dem wichtigen Gebrauchs
metalle die Schmelzöfen allmählich zu
vergrößern suchte. Das führte dann
während deS 13. Jahrhunderts in
Teutschland dazu, daß man auch größere
Gebläse anlegte und diese nicht mehr
durch Menschen, sondern durch Tiere,
und vor allem durch Wasserkraft in Be
wcgunz fetzte. Die verstärkten Gebläse er
laubten dann wieder, Oefen von noch
größeren Abmessungen zu bauen, und in
diesen erhielt man neben den teigartigen
Eisenklumpen ein koh?lstoffre!cherek
Eisen, das sich bei der in dem Ofen
durch die größere Feuermasse und die
vervsllkommte Luftzufuhr erhöhten Tem
peratur in völligem Schmelzfluß auf
dem Herde dc OfenS ansammelte. Diefe
Eiscnart ist das Roh oder Gußeisen,
woraus man im 13. Jahrhundert Guß
waren herzustellen begann.
Allmahlich lernte man auch das an
fangs für unrein erachtete und wieder
von neuem in den Schmclzprozrß ein
geführte Roheisen dadurch in Schmiede
eisen und Stahl iibcrzusiihrcn, daß man
eS auf einem Herd mit Holzkohlen odcr
aber auch in einem Flammcnofcn ein
schmolz und unter stetigem Hin und
Herbcwegen (Puddeln Gebläse oder
Zuglust darüber hinstreichcn ließ. Bei
diesem Irischen" verbanden sich neben
einem kleinen Teil des Roheisens der
ihm beigemengte Kohlenstoff uni die es
noch verunreinigenden Bclmischunizcn
unter Schlackcnbildung mit Sauerstoff
und bildete sich fo ein reineres, kohlen
stoffärmeres. schmiedbares Eifcn. Sehr
bald kam man dann auch z dcr Erkcnnt
nis. daß die direkte Herstellung" deS
letzteren durch die aliubliche Rcnnarbeit
lange nicht so vorteilhaft war wie die von
dcr Roheisenerzeugung ausgehende In
direkte. Obschon man später auch zum
Ersatz dcr immer teurer werdenden Holz
kohle durch die Steinkohle bczw. den
Kots kam und die Dampfkraft im 11).
Jahrhundert allgemein in den Hütten
beirieb einführte, blieben das Schmiede
eisen und besonders der Stahl bis in die
zweite Hälfte des vcrgangcncn Jahrhun
dcrts hinein doch recht tcucr, wcil dcr
Frischprozcß bei einem großen Aufwand
von Handarbeit keineswegs billig zu be
wcrtstelligcn war. T kam nun ein gc
nialcr Engländer, namens Henry Bcfsc
mcr, auf den Gcdankcn, die Entkohlung
und Läuterung des Roheisens dadurch
sozusagen mit Gewalt zu bcschlcunigcn,
daß er die sancrstosfhaltige Luft nicht
wie bei dem gewöhnlichen Frischvcrfah
rcn über die glühende Eisenmasse hin
überstreichen ließ, sondern mit Hilfe eines
starken Gebläfcs mitten durch diese hin
durch preßte. Er brachte dieses in söge
nannten Konvertern zur Ausführung.
Es sind das birncnsörmige, schmiede
eiserne Behälter, die im Innern mit
einem fencrfcstcn Ctcinfutter ausgc
kleidet und um zwei kräftige Zapfen
drehbar find. Einer von ihnen ist hohl
nd wird durch ihn in die Gebläseluft
nach dem unten ai, die Birne fest an
schließenden Windkasten geleitet, von wo
sie durch zahlreiche Oesfnunaen oder
Düsen in das Innere des Konverters
eintritt un hier durch die aluisliisiiae
Roheiseninassc hindurchfährt. Durch das
dabei erfolgende Verbrennen des in ihr
enthaltenen Kiefcl und Kohlenstoffs ge
rat diese in noch stärkere Glut, dabei
flüssig bleibend, und binnen 20 M.nu
tcn ist sie nun durch und durch in Stahl
verwandelt. Während in einem Frisch
sPuddeÜ) Ofen in 24 Stunden höchstens
4000 Kilo Eisen verarleitct werden kön
nen, liefert ein Bessemerl.pparat in die
scr Zeit mehr als das Zwcihundcrtfache
an Stahl, da die großen modernen Kon
verter 1,',000 20,000 Kilo Roheisen
fassen. Bon den ihm anfänglich anhaf
tcnden Mängeln befreit, bahnte sich daS
Bessemerverfahren im Sicgcszug bald
feinen Weg durch die ganze Industries
Welt und führte im Eisengewerbk tine
ganz neue Epoche herbei. Die Krou
ausgesetzt wurde der großartigen Erfini
dung Bcssemers olvr erst durch seine bei!
den Laiidsleute ThomaS und Gilchrist
mit der Einführung des sogenannten
basischen Verfahrens. Hierbei wird der
Konvertcr anstatt mit kieselsäur.'rcichen
Futter mit einem solchen, da der Haupt
fache nach aus gebranntem Dolonn'i J
einem Gemenge von kohlensaurer Magä
nesta- und Kalkcrde bc steht, veriehen
Dadurch wird es ermöglicht, neben den,
reinen Eisenerzen auch Erze zu gcbrau
chen, die durch fremde Bestandteile,, do
allem durch Phosphorsäure, verunreinig
sind. Ein einigermaßen blträcbtl' t.
Gehali an letzterer gestaltet bci dem tast
schen Verfahren die Eifengewinnung fo
gar besonders vorteilhaft, da bei ihr di
bekannte, vbosvborreichc bomasscklack!
gebildet wird, die als wirksames Dünget
Mittel überaus geschätzt ist. i
Gerade für die deutsche EifenindustriA
war die Einführung des ThomaZ-Gil
christ-Proiesses von außerordentlich weit
gehender Bedeutung, da er ihr ein Mittel
an die Hand gab, um die riesenhaften,
auf fast 2 Milliarden Tonnen eingeschötz
ten Eisenerzrescrvcn, die der Boden
von DeutschLothringen in sich birgt,
zu höchst vorteilhafter Verwendung zu
bringen.
Man kann wohl sagen, daß die Kul
turwelt mit dcr Erfindung des Bessemer
Verfahrens aus dem eisernen Äritaltcr
in die Acra des Stahls eingetreten ist
des Universalmelalls von heute. Wäh
rcnd die Gewinnung dieses Edcleiscns um
die Mitle des vorigen Jahrhunderts in
den Kulturländern kaum 2 Millionen
Tonnen umfaßte, erstreckte sie sich vor
dem Kriege auf C0 Millionen Tonnen
oder M.000.000,000 Kilo. Diesen Nie,
senfortschritt, der so tief in die ganze
Weltwirtschaft cingegrisfcn lat, verdau
ken wir vor allein dem erfinderischen Ge
nius des Briten Henry Bessemer, der d
atmosphärische Luft, gezwängt in die
Stahlrohre gigantischer Gebläse. ' der
Eisenindustrie in einer Weise dienstbar
gemacht hat, wie es sich vor seiner Zeit
niemand auch nur cntscrnt hätte trau
men lassen.
Ein marokkanisches Pomprji.
dcr letzten Sitzung der Pariser Akademie
der Inschriften wurden Mitteilungen ge
macht iiber die Entdeckung eines ,Pom-
peji", das unter den Sandflächen Ma-Z
rokkos gefunden worden ist. Der Ent
decke? der vergrabenen Stadt ist Picrr-',
Paris, dcr in Madrid das Institut füll
französisch-spanischc Studien und For
schungen leitet. Er fand am Meeres
strande sder Ort wird in dem Bericht
nicht näher angegeben) zuerst ein großes
antikes Gebäude, in dem wahrscheinlich
die in diesen Breiten sehr häufig vor
kommenden Thunfische eingesalzen wur
den, und legte es zum größten Teil frci.
Das Gebäude stammt, wie Säulenrcste
mit recht merkwürdigen Kapitalern er
kennen lassen, aus der Nömerzcit. Auf
einer das Meer beherrschenden Terrasse
fand Pierre Paris dann Teile eines
Hauses, dessen Atrium bereits vollstän
big freigelegt ist; es , ist umgekn von
genau abgegrenzten größeren Raume'.
(Sälen) und kleineren Zimmern. Paris?"
ist überzeugt, daß hier eine ganze S'.clVK,
zu finden, und daß sie allem Anschein' '
nach sehr gut erhalten ist.
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Hejierreich Ungarns Zukunft.
Ucucs 2?uch eines Amerikaners über bi? pro
bleme der Dsppelmsnarchie.
Alle Kriege sind letzten Endes Wirt-
schaftskrieae. Auch die rein dynastischen
früherer Zeiten waren es. was immer
auch die äußeren Beweggründe ihres
Aufflammens gewesen sein mögen. Im
Hintergrund aller Rache und Ruhmge
lüste. alles Glaubenscisers lag doch
gleichzeitig auch immer der Gedanke an
eine materielle Bereicherung. Und das
gegenwärtige Völlerringen bildet, soweit
Europa in Frage kommt, m dlgx
fer Beziehung keine Ausnahme, fondern
im -Gegenteil ein Schulbeispiel. Was
auch über die Freiheit der kleinen Völker-
schaften geredet wird, im Grunde han-
ocii es iveniger um eine pvuiiiaze
Freiheit, um all das billige Flittergold
eines eigenen LtönigthroneS, als um die
Moglichlcit freier wirtschaftlicher und
natürlich kultureller Entwickelung.
Die Hauptaufgabe dcr kommenden
Friedenskonserenz wird daher sein, hier
eine Lösung zu finden, künftige Berge-
waltigungen zu verhindern, jedem Land
ein Auesallstor in die crne zu ois
nen und ihm auch im Innern das nötige
Maß wirtschaftlicher und geistiger Frei
heit zu geben, wie es Präsident Wilson
zuletzt in seiner kürzlichen Botschaft an
den Kongreß als Notwendigkeit gcfor
bett hat.
In Bezug aus clterreich - unaarn
lehnt er in dieser Botschaft das Verlan
gcn nach einer AUsienung oo uns
sucht eine wirkliche Lösung des kompli-
zierten auanprooiems ieyr ricyiig
hauptsachlich auf wirtlchastlichem Gc-
biete.
Daß es mit dem alten Schlendrian
und den vielen Ungerechtigkeiten der Vor
kriegszeit nicht weiter gehen konnte, hat
man a auch m ver oppeimonarchie er-
kannt und seit Jahren sind dort bereits
Kräfte am Werk, einen inneren Aus-
gleich zu schaffen. Der ermordete Thron
folger war in diejer Beziehung die Hoss
nung hauptsächlich der Böhmen, da er
an Stelle des Dualismus einen Trialis
mus setzen wollte. Sein Nachfolger geht
nach ollen Nachrichten noch einen Schritt
darüber hinaus und erstrebt eint Vier-
heit gleichberechtigt neben einander sie
hender Staatsgruppen, wobei er die
Südslaven als eine konzpakte Masse her
anzieht und ihnen autonome Verwaltung
im größeren Nahmen des Reiches zu
sichert. Die Tendenz geht in Oesterreich
Ungarn auf eine Staatcnfödcrakion ahn
s
n
lich dcr in dcr Schweiz, nur auf monar
chifcher Grundlage. Wahrscheinlich wird
das die Lösung sein, die der Krieg für
all die Probleme bringt, an denen die
Toppelmonarchie so lange krankte.
Auch dcr Versasser eines vor Kurzen
im Verlage von Frcdcrick A. Stokcs, hier
erschienenen Werkes Austlia-Hungary,
the polyglot empire Dr. Wolf von
Cchierbrand, der lange Jahre, darunter
die der Kriegszeit, als Vertreter dcr
Assoziierten Presse in Wien gelebt und
das politische Leben Ocsterreich-Ungarns
aus der Nähe studiert hat, kommt z:s"
demselben Schluß, daß hier allein, in
diesem föderativen Ausbau der Doppel
Monarchie, die einzige Rettung liegt, und
wenn er hinter die Wahrscheinlichkeit die
In Entwickelung noch ein Fragezeichen
setzt, fo geschieht es anscheinend in einer
Ueberschätzung der diesen Plänen sich in
den Weg stellenden Kräfte.
Das dreieinhalbhundert Seiten um
fassende Werk ist ein echtes Journalisten
buch, weit in seinem Jntcressenkreis, flüs
sig in seiner Schilderung und auch mit
jenen leichten Unaenauigkeiten, wie sie
iv. .r A-icif.lrr f.:-. si,f.
in .tn(i,e j;nriKu vci itiiitni ujnct i
ken Urteilsfällen unterlaufen, auch wenn ,-Ci?t
r. j. f. . .. .t,rx. k.j s5 w. .
zi wie ijici eizilill) niutyi, uuf vcu .
sicherten Grundlage der geschichtlichen, H
Entwickelung vorurteilslos und tiefer
eindringend, das Bild eines Staatcch 'j
nachzuzeichnen.
Der Verfasser ist überzeugter Ncpubli ,v
keiner und macht aus dieser Neigung in. '".
seiner scharfen Kritik des habsburgischen
Herrscherhauses kein Hehl, ebensowenig
indes aus seiner Sympathie für das
östeneichischungarisckie Volk, dessen Le
den und Treiben uns das Buch in zahl
reichen intimen kleinen Skizzen schildert.
DaS Buch ist kein Kriegsbuch in dem
üblichen üblen Sinne, schnell zusammen
gerafftes Material, schnell unter Hoch
druck verarbeitet mit all den widerlichen
Anmaßungen vorschnellen, vorcivgenom .
inmen Urtcilens. Es ist indes auch nicht
das Buch eines Historikers, sondern sieht
in der Mitte zwischen beiden. Man
spürt überall das Streben nach Wahrheit
und das versöhnt, falls diese Wahrheit
nicht immer erreicht wird. Schließlich
gibt eS keine allgemein gültigen Urteile,
sondern Immer nur relative, und wer ein
so immenses Thema behandeln will, kann
kein in allen Strichen absolut wirklich
ZeitZtreucs Bild aebcn.
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