Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, July 05, 1917, Image 2

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    TMHe Omaha IxMnt
iie grope 1
ronie öe$ leltoienftmii
Vsn tZ. vsn ZNellenthZn.
Konsttin und BemzcloS, ein politischtS Charakterbild. Tie zwei Orieutierungcn der Megale
. Jdca". Tcr PanhcffcniSmnS. aklipoli und Saloniki. Tie neue Zeit.
chon- Leopold don Ranke, der
Jr gttne Historiker des 13.
smeLP Jahrhunderts, hat die trei
y benden und entscheidenden
Kräfte des Weltgeschehens in
den Gegensätzen zwischen den großen
Machten in ihrem rivalisierenden in
gen um Licht , und Raum gesehen.
Die geschichtliHe Entwictlung , so
lehrt er, cn)ftriiip,l vornehmlich dem
Antagonismus der Nationen, die um oen
. Bes!g des Bodens und den Vorrang un
- tcr einander kämpfen. In diesem Kam
Pfc, der allezeit auch die Gebiete der &ul
tur umfaßt, bilden sich die hijtoriichen
, Weltmächte, welche unaufhörlich um die
Herrschast ringen
Der jetzige große Krieg bedeutet eine
der Abwandlungen der historischen Epo
eben. Wie über den Catalaunischcn e
fildcn die legendäre Geisterschlacht in
der Luft stattfand, so kämpfen über den
sichtbaren Fronten auch heute die Ideen.
Sin Kampf ist es zwischen dem Macht.
ftaat-Gedankcn und der weltbürgerlichen
Gesinnung. Der Geschichtschreiber der
Zukunft wird diesen großen Krieg als
eine Abwandlung historischer Epochen,
von allen Tageserscheinungen befreit
tmd allen Nebensächlichkeiten gesäubert,
unter den Gesichtspunkt des Gegensatzes
zwischen den ' Ansprüchen des Macht
siaatcs und der Millionen umschlingen
den Idee der Weltverbrudeiung stellen
muffen. Er wird die großen politischen
Ereignisse dieses Krieges mit dem
Kampfe zwischen den zwei gegcnsätzli
chen Weltanschauungen in Verbindung
bringen und die dementsprechend logi
sche Entwicklung zur neuen historischen
Epoche dartun müssen.
Wenn er Geist hat, wird er auch die
: Ironien, welche die Weltgeschichte grade
zu den Zeiten der Abwandlung ihrer
Epochen sich zu leisten pflegt, nicht der
, gcffcn. Die griechische Episode in dem
Wett, und Völkerdrama bedeutet eine
derartige Ironie. Allerdings eine grau
sge Ironie, welche die Weltgeschichte sich
leistet, und doch könnte man über den
Gang der Entwicklung der Verhältnisse
im Königreich Griechenland, welche mit
der Entthronung des Königs Konstan
tins I. noch lanae nicht ihren Abschluß
erreicht hat. als Motto das von Wetter
riich in 1832. dem Geburtsjahr des hcl
lenischen Königtums, gebrauchte Wort
schreiben: Die ganze griechiscbe Bou
iique ist nichts als ein gefährlicher
Quark." Aber man muß sich auf der
anderen Seite auch davor hüten, diese
grausige Ironie der Weltgeschichte da
durch zur Travestie herabzudrücken. daß
man den Mng der Entwicklung der
" gncchischen Frage herausreißt aus dem
inneren Zusammenhang mit den Grund
fragen des großen Krieges, die Ercig
nisse als Zufälligkeiten hinstellt und die
führenden Persönlichkeiten durch Unter
fckiebung kleinlichen Alltagsgemächels
harlequiniert. ,
Die beiden führenden VcrsönNchkeiten
sii.d König Konstantin I. und Ekuthe
tic3 VeniMlos. - Man darf den Schlcs
wig Holstein Sonderburg Glücks
Xburger nicht als an dem Schürzenband,
seier Frau., der Kaiserschmester, hän
gend darstellen. Aber auch den Kreter
nicht als Spitzbuben einschätzen, welcher
sich'don den Alliierten die Taschen füllen
läßt, noch lediglich als Demagogen, wel
cbem der Verrat an seinem Lande die
L'iier Zur persönlichen Machtstellung
bedeutet. Man darf auch das griechische
Volk nicht mehr bewerten nach dem
Standpunkt der Krämerseele, welcher die
Nrt'.erung des Koiintenprcises die
, Hauptsache ist.
In Konstantmos und in Venizelos
stelle sich zwei verschiedene Orientie
rangt betreffs der geschichtlichen Auf
g.b: dcS modernen Hellenismus In kul
rureller und in politischer Hinsicht' dar:
diese beiden Orientierungen haben mit
einander gerungen, und sie stehen in eng
stem inneren Zusammenhang mit den
Problemen des großen Krieges. Daß
M diesem Kampfe der Geister in den
Lüften über den Schlachtfeldern Grie
ckcnland die .Boutique" und schließlich
nichts als ein gefährlicher Quark" ge
. blieben ist, darin gerade besteht die
grause Ironie, welche sich die Weltge
fch'chie wieder einmal bei einer feiner
ci'Sy.n Epoche-Abwandlungen leistet.
Ulber die verschiedenen Oricntierun
gen, welche in Griechenland mit, einander
aurgen haben, geben, zwei unlängst
erschienene französische Schriften eine
interessante Aufklärung. Es sind dies:
.Ainn parla Venizelos. EtnHea ie
T"1itkiia ext6ripnre grrecque" von
f:.i aJlsccaS. Doktor der Rechte an
li Universität Athen, Paris ISIS, und
La i. rlln ' rilellenJame". Von
i'osiiS Paul Alaux und RSnS Puaux.
Pu. 10F. Diese Schriften sind
ah.3 bereits vor dem Einbruch der Ka
h - p, rct'i it Entthronung de!
j Kr'-iiz-'.n darstellt, erfchienen.
e'jit je decken die Motive, die den Ent
c- ''nz-qanz best mint haben, aus und
y 1 i li ii Jijrg, welche die Entwick
i r""r d"N logischen Zwang der
5 i" Te nehA'n mußte, an. Beide
Z t i f n den militärischen Er
V der Saloniki-Erpe
i x : l rl i durchaus objektiv,
r ' , 't dsi ? idstl erfüllt, aAn
, ) t p ffrn.n sich restlos auf den
i , 'i Ha , 'a'i daß die Nieder
i ' Ht ITut :!mächie schon unter
' -i v fit Griechenland eine
- i d ":, daß deren Siez
i i" 5aT et diplomatischen und
i X- i ttuf die griechischen
3 Thu Bulgzriens und
: ' "Z ' I während des Frie
' w t auch in bet weit
-j i'i üüeihaltnisse w Süd
ost.Europa ausüben müssen. Maecas der
tritt den Standpunkt, daß der Anschluß
an die Alliierten Griechenland den Bc
sitz von Mazedonien und der Inseln
Ehios und Lcöbos sichein und bei einer
Austeilung der Türkei die Anwartschaft
auf weite, von Griechen bevölkerte Stre
cken des kleinasiatischen Festlandes ge
währleisten würde. Die zwei franzö
sifchen Schriftsteller Alauz und Puaux
richten ihre Aufmerksamkeit fast aus
schließlich auf die Ambitionen, welche
Griechenland auf dem kleinasiatischcn
Festlande heg!, und suchen darzulegen,
daß ein Sieg der Mittelmächte, damit
auch der der Türkei, jene vollständig
knicken würde.
Damit sind die zwei gegensätzlichen
Orientierungen festgestellt, deren Kampf
untereinander die Entwicklung der Ver
hältnisse im hellenischen Königreich be,
stimmt hat und welche in der Per
son des Königs Konstantin und der des
Staatsmannes Venizelos ihre hervorra
gendstcn Vertreter gefunden haben.
Beide Orientierungen gründen sich auf
die Mogale Idea", die Große Idee",
das nationale Ideal, welches den Zu
sammenschluß sämtlicher Bestandteile der
hellenischen Volkheit heischt. Dabei,
kommen die in Mazedonien und auf den
Inseln des Archipels und die auf dem
kleinastatischen Festland ansässigen Be
ftandteile in Betracht. Während nun
König Konstantin uns seine Anhänger
das Haiiptgewicht auf die Einziehung
der ersteren Gebiete in das Königreich
Griechenland legten, wandte sich die
Orientierung der Venizclos-Mannschaft
Kleinasien zu.
Man hat Konstantin wohl den Sol
daten-König" genannt, aber seine Blick:
gingen weiter als über die Spitzen der
Bajonette. Er hatte wohl die Notwen
digkeit eines Reorganisierung der grie
chischen Armee nach den schmählichen
Niederlagen von Larissa, Pharsalos und
Demakos im Türkenkrieg 1857 erkannt.
Er hatte an der Spitze der re
formierten Armee im ersten Balkan
kriege 1905 das vielbegehrte Janina mit
stürmender Hand genommen und seine
siegreichen Truppen, als deren Ahgott
und als Liebimg des Volkes, in Salo
niki hineingeführt und damit eine der
Sehnsüchte "der Großen Idee" erfüllt.
Saloniki konnte indessen nur als Stütz
punkt und Etappe für die Durchführung
der panhellcnischen Ambition, die ganz
Mazedonien umschloß, gelten. Der
Friede von Bukarest flach dem zweiten
Balkankriege, welcher die bulgarische
Konkurrenz beseitigte, brachte jenen Ehr
geiz eine weitere Strecke der Verwirk
lichung näher. Aber er schuf auch die
Feindschaften'am Balkan, die als Fak
toi in die Rechnung des großen Krieges
eingestellt sind. Daß gegen den Sieger
von Saloniki" grade Saloniki der
Ausgangs und Mittelpunkt aller Op
Position werden würde, daß die Stadt
am Golf die Basis der Expedition der
Fremden und dann der Sitz der Provi
sorischcn Regierung' werden, daß sich
grade die neuen Landcsteile, welche Kon.
stantin als Sieger gewonnen, gegen den
König wenden sollten, das schließt eines
der tragischen Momente des Geschicks
Konstantins ein und bedeutet eine Jro
nie der Weltgeschichte.
Der Mann hat Nerven bewiesen wie
Stränge und eine Ueberzeugung wie
von Eisen. Was den König und Ve
nizelos von einander schied, war der
Gegensatz der Ansicht betreffs der Stärke
der Mittelmächte und der Entente. Tie
Ueberzeugung, daß Waffen und Wehr der
Verbündeten unüberwindlich sei, schöpfte
der Konig aus der eignen Anschauung
und der persönlichen Kenntnis der Wer
Hältnisse, die ihm die Mitarbeit im deut
schen Generolstab verliehen. Der Kreter
überschaute nur, was die Schutzmöchte
für Griechenland getan, und rechnete nur
mit der Zahl nach dem alten Satz, daß
diele Hunde des Hnascn To? sein müß
ten. Konstantin wußte, welche gewaltige
Kraft die Mittelmächte aus der orza
nifchen Zusammenwirkung aller vorhan
denen Bolkskräfte schöpfen könnten, der
wilde Revolutionär, der ganz in der
Unordnung auf seiner Insel aufgewacki
en war, hatte gzr kein Verständnis für
die Organisation als Machtmittel. Kon
stantin war Realist. Venizelos ist
Optimist. Dem letzteren schwebt ein
Griechenland vor, welches die Herr
schende Macht im östlichen Mittel
meer ausübt. Das hat er als Mi
nisterpräsident osfen in der Bule,
dem griechische Parlament, erklärt.
Darum war er auch bereit, aus das
Trängen der Entente ein Stück Mae
donicns an Bulgarien als Preis für
dessen Uebcrtritt auf die Seite der En
tcnte auszuliefern. Falls er nur den
von ihm geforderten Entgelt für den
Eintritt Griechenland! in den Krieg in
Gestalt umfangreicher Erwerbungen in
Anatolicn erhielt. Als Ministerpräsi
dent hat er dem König gegenüber feine
Ausfassung. daß da! Zukunfisintereste
Eriecbenlands und die Große Idee"
deS PanhellenismuZ den Anseblsß an
die Entente erfordere, mit dem Hinweis
auf die Aorteile, welche Griechenland
aus einem Zusammrnbruch der Türker
in Kleinasien erwachsen müßten, unter
stützt. Er kletterte auf einen hohen
Berg und sah vor seinem Blick ausge
breitet die weiten Strecken und den
schweren Reichtum der kleinasiatiscken
Küstenländer. Er iiieiblickte 125,000
Quadratkilometer der Landschaften
Troas, Malten, Lydien und Karten,
einen Teil PbrngienS und Lyciens mit
seinen 800,000 griechiscden Bemobnern.
Er sah vor sich aukzebrntet die Rich
Himer SmyrnzS und AivinZ rrad übe?
fckukk em GekribS! hellenisckn Volk
heit neue Industrien zu lchaZZe, d
Schätze der Erde zu heben und diel Geld
ins Mutterland zu bringen. Er sah die
blauweißc Hcllenenflaggc, die er selbst
über Kreta als Zeichen der Unabhängiq
keit der Insel gehißt, flattern als Wahr
zeichen, daß das neue Griechenland Herr
scher sei im ostlichen Mittelmccr.
Das alles sollte den Hellenen in den
Schoß fallen, falls sie nicdcrkuicten und
die Entente anbeteten. Das ist die
klcinasiatische Orientierung dcr Me
pale Idea", wie sie sich darstellt in den
Ansichten und in den Bestrebungen des
Kreters Venizelos. Darum soll man
ihn auch nicht einen Spitzbuben schim
pfen, noiti ihm nachsagen, daß seines
Wollen Richtung lediglich von demago
gisän Anwandlungen bestimmt und
sein Willens Inhalt auf den Verrat
am eigenen Lande gerichtet sei. Nur
daß sich seinen Träumen von der Macht
stclliing und der Herrlichkeit des neuen
Hellcnenreiches die unerbittliche Logik
der Tatsachen und die Lehre der We!t
geschichte entgegenstellen, daß eine
Machtstellung nur errungen wild durch
den Kampf und n!cht als Entgelt in
den Schoß fällt, nicht mit gebeugtem
Knie erbettelt, sondern mit ausgestreck
tcm Arm erkämpft werden muß.
Für Elcutberics Venizelos wird das
Erwachen aus seinem Traum eine tie
fcre Tragik beoeuten, als das Geschick,
welches dem bis zuletzt wach gebliebenen
König betroffen hat. Und dann wird,
als grausige Ironie dcr WeÜgcsckickle.
die griechische Boutique wieder der a!tc
Quark werden.
.
Hat aber Konstantin niemals ge
tiäumt? Auch hm ist dcr Versuebcr
genaht und auch sein Blick hat sich in
dämmernde Fernen verirrt. Seine
Hände schickten sich an, nach dcr byzan
tinischen 5kaisertron: zu greifen; als
Basileus hatte er sich selbst und das
griechische silberne Kreuz über der Hagia
Sophia und die Herrlichkeit des NcicZ
der Konstanline aus dem cyutt der
Jahrhunderte in das Sonnenlicht dcr
Verwirklichung dcr leile Idea"
auferstehen sehen. Als Triumphator
war Konig GeorgioZ. der Vater, in Sa
loniti eingszozcn und die Sicgcrlorbec-
ren umkränzten d:c Erfüllung langen
bellenischen Ehrgeizes. Als stillen
Mann haben sie dann das Opfer eines
Meuchelmordes aus der Stadt getragen,
und an dcr Bahre trauerte ein ganzes
Volk. Nun bestieg der Sohn den
Thron. Ter war in die Feldherrn
glrrie hineingewachsen und rief sien
mit seinem Namen Konstantin die Er
innerung wach ein glänzende Zeiten der
Bergangcnheit und beflügelte mit ihm
die Hoffnungen der Zukunft. Da nahte
sich ihm der Versucher. Der flüsterte
ibm zu, sich hinter seinem Namen als
5lönig die Zahl zwölf" zu setzen. Kon
stantin Xll., König der Hellenen. Wenn
schon der offizielle Königstitel alle An-
gehörigen der hellenischen Volkheit, nicht '
nur die innerhalb der engen Grenzen
der griechischen Halbinsel, sondern auch
die in Mazedonien, Albanien und in
den kleinasiatischen Küstenländern u:n
faßt, so sollte die Zahl zwölf hintcr
dem KLittgsnamcn den Anspruch anmct
den auf das Erbrecht von Byzanz. Tie
Reihenfolge, welche mit dem Tode des
elften Konstantin, Tragades, beim Tur
kenansturm dcs Jahres liö'i unterbro
chen wnrocn war, sollte wieder zusam
menacknüpft werben. Es blieb einer
scbwülen Nacht Traum und die visio
näre Verzückung einer Stunde. Als
Konstantin der Erste stieg dcr zweite
König der Hellenen auf den Thron und
binein in das moderne Leben auch der
Völker, deren Entwicklung sich von Vi
siomn nickt bestimmen und durch
Traume nicbt aufhalten laßt.
.
Tie politische Oberflächlichkeit konnte
die einzig mögliche Stellung Gruchen
lands den durch den Krieg heröorgcru
frnen internationalen Verhältnissen schon
durch handgreisiiche Tatsachen für be
stimmt ansehen. Auf der einen Seite
die Sctutzmächte England, Frankreich
und Rußland, ohne deren diplomatische
Beihilfe Griechenland aus der frühe
ren Enge seiner Grenzen nicht die Aus
dehnuiig nach Saloniki und in Maze
donien hinein hätte nehmen können. Auf
der anderen Deutschland und Oesterreich
Ungarn, die zwei Mittelmächte, welche
auf die Türkei Rücksicht zu nehmen hat
ren. Durch den Londoner Vertrag vom
Jahre 1830 war das Königreich Grie
chenland geschaffen, sehr gegen den Willen
dcr Türkei und ohne freudige Zustim.
mung dcs Teutschen Bundes; aus jener
Zeit stammt das Wort Metternicks vom
gefährlichen Quart". , Unter Beihilfe
der Schlitzmächte hat Griechenland die
Ionischen Inseln IM, Thessalien und
ein Stück' Epiru 1881, den Rest von
Epirus, Mazedonien und die Aegäischen
Inseln 1913 erhalten. Auf der ande
ren Seite hatte der Teutsche Kaiser trotz
aller Schmiegervatersckiaft, all IM
Oberst Wassos mit drei Eriechenbatail
lonen af Kreta gelandet war. um die
Insel im Namen seines Königs im Be
sitz zir nehmen, und zugleich dreihundert,
tausend Griechen sich für bereit erklärten,
die Stadt Konstantins von dem Tür
kschmach zu säubern, die Großmächte
ausgesordert. gegen solchen Wahnwitz
einzuschreiten; der Piraus und die ge
samte Gricchenküste müßten blockiert, ein
Volk, welchcs' den europäischen Frieden
frivol gefährde, müsse aus dem Größen
Wahn in di: Sebranken seiner tatsächli
chen Mack,t oder Ohnmacht zurückzewic
sen werden. England hatte damals an
den Dinge in Asien und Afrika zu tun,
als sich um Krcti ur,d Plethi zu küm
mern. und Salibury kam auf den
verschmigk des ammia. IZxtla
kummcl Frankreich zu überlassen, als
anerkanntem Christenhort im Osten und
im Gesamtauftrag Europas. Noch aber
betrachteten die Franzosen die Engländer
als die Tanaer, auch wenn sie Geschenke
herbeischleppen, und der alte Quark
bleibt auch auf Kreta. Bis der als tiir
kischcr Untertan geborener Kreter Eula
therios Venizelos, welchcr aus dem Amt
eines Gouverneurs der Insel, als Nach
folgers des Griechenprinzen Georg, nach
Griechenland hinüber gestiegen und in die
Premierschoft der Regierung des König
reichs geklettert ist, mit dem Quark auf
räumt. Am Tage, an welchem die
Truppen des von Venizelos ausgcson
nenen BalkanbundeS gegen den Sultan
und in Mazedonien hinein rücken, wird
Kreta frei. Ohne sich viel um den Wil
len dcr Großmächte zu kümmern, nimmt
König Georg die Insel als organisches
und untrennbares Glied in den hellen!
sehen Reichsvcrband auf.
Sollte ein Staatsmann wie Vcni
zelos mit dcr Richtung feines Wil.
lens hinsichtlich der Ctellung Grie
chenlads aueb dem Großen Kriege
gcgenüber nicht seiner inneren Ue
berzeugung gemäß gehandelt haben?
Ter war kein Spitzbub gewesen, als er
die Nichtsnutzigkeit des Osfizieröputschcs
im Jahre 1003, vor welchem der König
Georgics sich auf sein Cchlößchcn in
den Bergen zurückgezogen hatte, nieder
geschlagen und den Kronprinzen Kon
stantin wieder in die Leitung dcr Armee
zurückgeführt hatte. Er war auch kein
Temaaog, als er das unvorsichtige Wort
d.s Königs Konstantin, daß das Grie
chcnheer seine Erfolge dcs Balkantrie
ges den Lehren dcs deutschen Generalsta,
be verdanke, korrigierte, denn auch
Frankreich hatte für das Heer und Eng
land für die Marine Lehrmeister gestellt.
Venizelos hatte an der Cpitzc dcr
Verwaltung dcs Königsreichs viele
Sümpfe aiisgeirocknet, auch den dcr po
liiischcn Korruption, und dn. Betrug
auf vielen Gebieten des össentlichen Le-
bcns, welcher noch aus dcr Zeit der io
rinthen-Tchachcrmachei stammte, aus
grjäict. Auch der Gegner muß dcr
Persönlichkeit dieses Mannes Gcrechtig
Icit widerfahren lassen, dcff.n Willcns
nergie selbst die Volksgmisl riskiert hal
durch feine Bereitwilligkeit, den Bulga
ren Drama, Scrcs, Kawala, selbst Ca
lonili aubzuliefern, nur um als Entgelt
dafür von der Entente die Erfüllung
dcs seiner Orientierung entsprechenden
Lieblingswunsches und die seiner Le
beneaufgabe, die Angliederung dcr weit
asiatischen Bestandteile hellenischer
Volkhcit, zu erlangen.
Man muß auch die Pcrsönlichlcit
eines Venizelos in den Gesichtswinkel
der Tragik der Mogala Mca" und der
Ironie dcs gesamten Hellenismus ein
stellen. Tie Tragik besieht darin, daß
sich der Verwirklichung dr Idee von an
beginn an die Realitätcn a!z unüber
windliche Hindernisse entgegengestellt
haben, und dr Hclleismus hat sich selbst
dadurch ironisiert, daß sein Träger, das
Griechentum, noch in jeder Schicksals
stunde, auch in der heutigen, vollständig
versagt hat. Daß die, welche sich immer
so laut als die echten Nachkommen dcr
atthellenischen Helden und der Xcrrcs
Ucbcrwinder ausgeschrien und sich auf
Marathon und Salamis, auf den Ma
zedonier Philipp und dn großen Alcran
dcr berufen haben, nichts als große Ro
sinen im Sinn und in dcr Tasche ge
habt haben.
Nicht das Wohlwollen, sondern das
eigene Interesse hat die Haltung der
Schutzmächte Griechenland gegenüber be
stimmt. Sie ist lang: Zeit durch den
Gegensatz unter den Schutzmächtcn
selbst, zwischen den Wcftmächte und
Rußtanö, bestimmt worden. Als die
Griechen die Gelegenheit dcS Krimkric
ges ausnutzen und der Türkei in ca
Rücken fallen wollten, landeten die West
mächte Truppen in Griechenland, um
dieses bei dcr britiscki.sranzösischen Po
litik festzuhalten, solange die Erhal
tung der Türkei im Gegenspiel Eng
lands gegen Rußland, um die grüne
'Kosakengefahr" von den Grenze., In
diene fernzuhalten, eine Trrnnpskarte der
britischen Hohcn Politik bildete, war der
griechische Ezpansivnsdrang und der
PanHellenismus den Männern der
Downingstreet H.kuba. Als die Grie
chen im Jahre IM zum Wahnwitz dcs
Krieges g'gcn die Türkei schritten,' da
überkgte sich Tir Ekward Grey in al
ler Stille, ob es nicht für England an
der Zeit sei, sich dcr kretischen Sunda
bai zu bemächtigen; der Besitz dieser Ba!
hätte nicht nur die Ticherung einer wei
leren Etappe auf dem Wege vom AI
lantischen in den Indischen Ozean durch
das Mittelmeer gedeutet, sondern auch
einen neuen Siützounkt für die auf den
nahen Osten, die wcstasiatischen Länder
der Türkei, gericktric Briten-Politik ge
schaffen. Der Vöücrsturm am Balkan
hat dann diese Idee aus dem Hirn dcs
Mannes, welcher die brtischcn Weltinter
essen so schlau betreut hat. geblasen. Als
England sich in das Dardanellen-Unter
nehmen einließ, tm aber das erste, was
es tat, daß es sich dr, der Meereestraße
vorgelagerten griechischen Inseln be
mächtigte; als Stützpunkte für die
Flotte, wie es damals hieß. Der letzte
britische Kahn und der letzte französische
Mann haben die Gestade GallipolS
längst verlassen, die griechischen Inseln
befinden sich ober heute noch im briti
schen Besitz. An deren Räumung war
auch dann nicbt gedacht worden, als dai
neue Saloniki-Unternehmen und die
Haltung des Königs Konstantin den
Alliierten die Kontrolle über griechische!
Gebiet noch nicht wertvoll gemacht hatte.
Heute ist fast das gesamte Königreich
in den Handen der alliierten Truppen.
Auch in dieser Sck,icksa'.Zstunde haben die
Erben bei hellenischen Heldentums und
die Nachfahre der Freiheitskämpfer von
Mesolongsn versagt.
Mit dem Besitz dcr griechischen Inseln,
welcke die Einfahrt usd die Ausfahrt
der Dardanellen behertchen. konnte Eng
land auch in aller Snlcnruhe dem An
spruch Rußlands auf Konstantinipel zu
stimmen, llrd wieset bracht die Tra.sk
über Griechenland herein und fesslet sich
die kraust Ironie an fccJ Hellentum
und dessen Große Idee' Aul der ein
gang! ermähnten Schrift del Athener
Uniocisitälsdozenten Lon Macca er
fahren wir. daß VcnizelvS olS Minister
Präsident im Frühjahr 1915 durch eine
Beteiligung griechischer Land und See
ftreitkräfte an dem kriegerischen Tarda
nellen-Unternehmen in den Krieg hat
eintreten wollen, daß Rußland indessen
damals entschieden abgewinkt hat. Ruß
land verbat sich die Teilnahme griechi
scber Regimenter an den Kämpfen gegen
Gallipoli und die türkische Hauptstadt
und an dem mit Sicherheit erwarteten
Einzug der Sieger in Konstantinopek.
Das ist erklärlich, denn mit einer solchen
Teilnahme wäre der Anspruch Griechen
lands auf daS Erbe deS byzantinischen
Kaisertums angemeldet worden. In
Griechenland selbst erregte der Gedanke,
daß Konstantinopek in die Hände der
Russen fallen solle, wodurch der Großen
Idee" ein für allemal das Lebenslicht
auSgepustet worden wäre, lcidenscbafl
licbcs Unbehagen, und VcnizcloS fcilsckite
wieder einmal. Griechenland wollc sich
an der Entsendung nur einer Division
nach den Dardanellen begnügen, um die
Frage nach dcr Zukunft der Stadt Kon
stantins wenigsten essen zu lassen.
Daß diese Frage offen geblieben ist,
dafür hat ja die Aufgabe des gesamten
Tardanellen-UnternehmenZ seitens dcr
Alliierten gesorgt, welchen trügerischen
Irrlichtern die Venizelisien damals nach
gelallsen sind, geht indessen uß einer
'Ctelle der Schrift von Löon Macca her
vor. in welcher es heißt: DaS offenbare
Interesse Englands diktierte dieser
Macht die Verpflichtung, koste waS eS
wolle, Griechenland in das Dardanellen
Unternehmen hineinzuziehen, um in der
Anwesenheit der griechisechn Armee und
Flotte vor Konstantinopek ein entschei
dendcs Argument zu haben gegen die
Russisizierung der Stadt und dcr Meer
engen und zugunsten der Errichtung eines
internationalen Regiments in diesen Ge
gcndcn, welches durch eine Kommission
mit einem hellcnischen Delegierten darin
ausgeübt werden würde."
Welches Interesse sollte England ober
eine derartige Verpflichtung auferlegt
haben? Die Armee des Konics Kon
stantin mochte, so hatte Rußland seiner
Ablehnung der griechischen Mitwirkung
an den Dardanellen binzugefügt, gegen
die Türken, in Kleinasien und gegen die
Bulgaren opcricren, sich indes.' n von
dcm Ansturm gcgen den Sitz der türki
schcn Zcntral-Rcgierung in Europa fern
halten. Aber weder England noch
Frankreich, welchen Athen immer als
Warte ihrer Orientpolitik gedient hatte
und welcbe diefe Politik grade in diesem
Kriene scharf weiter vcrfolcit baben,
konnten eine Herrschast dcs Hellenismus
über das östliche Mittelmeer ebensowenig
wünschen, wie die Entstehung eines neuen
griechischen Staates vor den Toren
Aegyptcns, des britiscn Brückenkopfs
für Indien, und vor denen Syriens,
auf dessen Besitz Frankreich aus ist. Wo
hin immer die roße Jvee' vcs Heue
nismus sich wendet, stößt es auf den Wi
dastand aller Wirklichkeiten und den der
Interessen auch der Sckutzmächte. Die
Tragik Griechenlands besteht darin, daß
es zerrieben wird zwischen Mühlsteinen,
und die Sclbstironic, welche sich die
Weltgeschichte leistet, äußert sich darin,
daß sie dem hellenischen Volke die natio
nale Sehnsuch! ins Hcrz gelegt hat. ob-
wohl sie wußte, daß zcner niemals r
süllung werden konnte. Die Mühlsteine
zerreiben auch die Persönlichkeiten, welche
sich zu Trägern der nationalen Sehn
sucht und der Ambitionen der Megala
Idea" ausgeworfen haben.
.
Beide Orientierungen, die des Kö
nigs Konstantin und die deS Staats
mannes Venizelos. fuhren ins Uferlose.
Ob Griechenland ein Königreich bleibt
oder eine Republik wird, ob der Kreter
in die Präsidentschaft aufsteigt oder der
Däne auf den Thron zurückkehrt. Grie
chenland wird wieder dcr alte Quark
werden. Taö Neue Nußland hat sei
nen Anspruch auf Konstantinopek aus
drücklich aufgegeben, aber das wird den
gleichen Ehrgeiz dcs Hellenentums nicht
der Erfüllung näher bringen. Britische
und französische und auch italienische
Truppen haben fast daS gesamte Gebiet
des griechischen Königreichs besetzt. Man
weiß noch nicht, ob dies geschieht, um ch
damit den Abzug oder eine Basis für
eine energische Osscnsive zu sichern.
Aber auch Venizelos als Präsident
einer Republik würde die zerschlagene
griechische Armee nicht wieder zu einem
militärischen Faktor gestalten können.
Tie Teilnahme auch italienischer 2rup
pen an der Gesetzung Griechenlands ist
für die obwaltenden Verhältnisse und
die Lage, in welcher sich Griechenland
heute befindet, kennzeichnend. Schon
der Widerstand Italiens hätte Venize
lo! aus seinem Traum von der griechi
schen Vorherrschaft über das Mittel
meer reißen müssen. Ueberall stemmt
sich Italien der Verwirklichung der
Großen Idee" deS PanhellenismuS
entgegen. ES fordert nicht nur Alba
nien, sondern auch EpiruS für sich, und
die Peripherie feineS Ehrgeizes schlißt
den Besitz von Smyrna ein. Als Sir
Edward Grey die Griechen mit der Ab
tretung dec Insel Cypern zu ködern
versuchte, U erhob sich in der italieni
schen Presse ein Proteststurm. Durch
die Insel soll daS neue italienische
Levante-Reich am Golf von Adalia ab
gerundet werden, welches daS lüsterne
Auge Italiens auf den Trümmern der
Osmanenherrschast aufgerichtet sieht.
Der italienische Ministerpräsident Bo
felli hat unlängst öffentlich erklärt, daß
daS NeItlilien auch die wirtschaft
kiche Vorherrschaft auf der südlichen
Balkanhalbinfel beansprücht." Ueberall
stößt der griechische Ehrgeiz auf den
italienischen Neid.
Trotz de! Krachen! der sHwersten
Geschütze und d'k tollen KriegSlärmS,
welcher heute die ganze Welt erfüllt,
und bei allen den Wirklichkeiten, welche
in blutiger Fehde untereinander liegen,
wird immlr noch so diel geträumt. Dem
panbellenischen Traum von der Wieder
sufrichtunz der Hrnsichkeit tti Tnzan
finernichl gesellt s, der der Italiener
den der Äurückkübtuna det Leite in. i
Jas Lcho der russischen
Aevoluiion in FltUliinien.
Die vor einigen Tagen In allen Zei
tungen veröffentlichten Aeußerungen deS
General Jliescu übet die Ursachen des
rumänischen Zusammcnbruches und die
soeben erfolgte plötzliche Auflösung der
rumänischen Kammer mit ihren noch
nicht völlig übersehbaren Beglciterschci
nungen lassen auf die sonderbare Etim
mung der verantwortlichen Kreise in
Rumänien schließen. In der Tat scheint
der gegenwärtige Moment, in dem Ruß
land an einem Wendepunkt von höchster
Tragweite angelangt ist, auch in Ru
mänien eine eigentümliche Situation ge
schaffen zu haben. Man erinnert sich,
daß die rumänische Kriegserklärung
wohl nicht unerwartet, aber doch zu
einem Zeitpunkt ersolgte, wo gar kein
materieller Grund oder auch die unbe
dingt passende Gelegenheit dazu vorlag.
Die offiziellen rumänischen Stimmen
wußten zwar den Eindruck hervorzu
rusen, als ob das Datum der Kriegscr
klärung tcislich erwogen und von langer
Hand vorbereitet gewesen wäre. Rät
sclhaft blieb immerhin eine Reihe von
Erscheinungen, die von Kennern dcr Lage
als nicht ganz in der Ordnung empfun
den wurden. Schon die Motivierung
der Kriegserklärung war etwas unklar,
noch mehr aber die in letzter Stunde
noch gemachten Versuche einer Verstän
digung mit Bulgarien, die eine große
Rolle gespielt zu haben scheinen. Als
dann der Rückschlag in Siebenbürgen
und darauf die ganze Reihe rumänischer
Niederlagen erfolgte, stand die Welt vor
einem, Rätsel: Wie war eine solche Si
tuation möglich und überhaupt denkbar,
da doch die rumänische Regierung den
Krieg zu einem von ihr gewählten Zeit
Punkt erklärt hatte und also auf alle
Eventualitäten gefaßt sein sollte wie es
denn auch ursprünglich in den Commu
niquSZ der rumänischen Regierung hieß?
Man erinnert sich, daß die Kriegserklä
rung Rumäniens selbst seine westlichen
Verbündeten überraschte und daß diese
sich gegenüber Rumänien einer sehr vor
sichtigen, ja kühlen Haltung beflissen,
die ebensosehr in der Art und Weise der
Beurteilung Rumäniens in der Entente
presse, a!S namentlich in dcr geringen
und erst spät erfolgten Unterstützung
zum Auedruck kam.
Alle diese dunklen Punkte in dcr ru
manischen Jntcrvention werden jetzt auf
einmal aufgehellt: Die Vorgänge in
Rußland haben nicht nur den Russen,
selbst, sondern auch den Rumänen die
Zunge gelöst, und wir erfahren, was
schon längst ermutet worden war: dciß
ktwaS faul war im ganzen Handel und
namentlich in der unüberlegten Rasch
bcit dcs Entschlusses dcr rumänischen
Regierung. Die Enthüllungen des ge
wesenen rumänischen Generalstabschefs
und persönlichen Freundes Bratianus
und deS Königs, General Jliescus stim
men merkwürdig mit den ebenfalls durch
die gesamte Presse gegangenen Erklä
rungen des gewesenen rumänischen Ge
sandten in Berlin, Alexander Beldiman,
überein. Wir erfahren nun, daß Ru
mänien in der Tat den Zeitpunkt seines
Eintrittes in den Krieg gegen besseres
da die vcnetianischen. Proveditoren die
ionischen Inseln besetzt hülfen und die
Rhomäer in Morea. Athen, Kanea und
auf den Zykladcn die Herrschast
ausübten.
. . . !
Daß sich um die Brutalität der rea
len Interessen, welche diesen Krieg mit
hervorgerufen hat und welche dessen
Verlauf bis zum Abschluß bestimmen
wird, soviel Träume ranken dürfen; daß
die Wirklichkeiten, deren Gegensätze auf
den Schlachtfeldern mehrerer Erdteile
zum Ausgleich geb"acht werden sollen,
verschleiert werden können von einem
Wust von Phrasen; daß tn den Kampf
der Ideen über den Fronten soviel Un
Wahrheiten Icinareiscn können; das
ist die grausige Ironie, welche die Welt
geschichte sich heute erlaubt. Griechen
land? Eine Episode. Konstantin
und Venizelos? Namen. Die Zu
fälligkeiten einer Episode und der Hauch
von Namen bedeuten nichts in der Ab
Wandlung geschichtlicher Entwicklung?
Phasen, welchen der große Krieg den
Markstein setzt. Konig Konstantin I.
von Griechenland, der sich bereits, mit
dem Kreuzszepter in der Rechten und
mit der Akakia. dem Symbol dcs Ba
stleuk in der Linken, durch die Weih
rauchwolke in Byzanz hat einziehen
sehen der Krehr Eulatherioö Ve
nizelos, dem der Versucher vom hohen
Berge auS die Verwirklichung der
Ii ssglT Ilea" gezeigt und der ange
betet hat bcide werden zwischen
Mühlsteinen zermalmt. Sie, und
manche andere Große Idee". Denn
die kommende Zeit, welcher der Große
Krieg der Wegweiser ist, wird keine
Kleinen, sondern nur ganz Große ken
nen. Die neue Phase der Weltgeschichte,
welcher der Große Krieg den Zeiger an
der Weltuhr stellt, wird die Menschheit
ouö Traumen und ihr die Binde von
den Bugen reißen. Weil sie wirklich
und wahr sein wird. Ob König, ob
Republik. Ob Konstantin oder Veni
zeloS. Eine gesund Jnteressenpolitik
und die Notwendigkeit deS Ausgleichs
der Interessen wird mit allem Gefühls
spuk und auch den stärksten Schlagwor
ten aufräumen.
Wer heute Ohren hat, zu hören, der
vernimmt, neben dem Gerinfel der letz
ten Sandkörner der Weltuhr, welches
einer verflossenen Periode der Weltge
schichte den Abschluß kündet, ein leises
Kichern. DaS lst daS Kichern der
Weltgeschichte, welche sich, wieder ein
mal und gerade in einem seiner groß
ten Augenblicke, eine ' Ironie geleistet
hat.
Jn dem großen Augenblick, im wel
chem oller Quark, auch der gefährliche,
stritten wird.
Wissen wählen muhte, daß die Pläne
des rumänischen GeneralstabcS von den
russischen Machthabern einfach nicht be
achtet wurden, daß der Einsatz der ruf
si schen Kräfte in der ersten Zeit und biß
nach dem Fall Bukarests ein lächerlich
geringer war, daß Stürmer die Ruma
nen als eine Art Versuchskaninchen füx
die deutsche Schlagkraft gebraucht hatte,
um zu sehen, ob ein weiteres Kämpfen
möglich und nützlich sci. Wir hören,
daß die Regierung Stürmers die Ru
mäncn in bezug auf Bulgarien vollstän
big irregeführt und sie auf diese Weise
diesen ihren grimmigen Feinden einfach
preisgegeben hat, daß die rumänischen
Niederlagen den Negierenden in Peters
bürg sogar als Friedenssühler oder gar
als Friedenspreis gegolten haben sollen,
daß aber vor ollem dir rumänische Ar
mee bei Kriegsausbruch eben erst richtig
sich vorzubereiten begonnen hatte und da
her noch gänzlich unfähig war, einen
modernen .Krieg gegen einen geschulten
un technisch um so viele! überlegenen
Gegner zu führen. Tie Munition man
gelte bereits in den ersten Kriegswochcn
und die bekannten Verhältnisse auf den
russischen Eisenbahnen fchnsen für Ru
mänicn eine in ihren Folgen dcr der
türkischen Truppen im Balkankricg Lhn
liche Lage. Rechnet man noch die zu
nehmende Entmutigung der dem ret
tungsloscn Verderben ausgelieferten ru
mänischen Truppen hinzu, so ist die
Lage in Rumänien restlos aufgeklärt.
Allerdings etwas zu spät. Denn
und hierin haben,, die Pessimisten unter
dcn Rumänen und auch der etwas über
eifrige Ankläger Beldiman recht olle
die Opfer, die Rumänien gebracht hat
und die es auf ein halbes Jahrhundert
in seiner Entwickelung zurückgedrängt
haben, scheinen, bei dem gegenwärtigen
Ciand dcr Tinge in Rußland, nicht so
schnell vergolten werden zu sollen. Tie
in dcn Wehen der Umgestaltung ihrer
innerpolitischcn Verhältnisse begriffene
und vollauf mit sich selbst beschäftigte
russische Nation kau sich augenblicklich
nur sehr bedingt um die Interessen der
Rumänen kümmern, soscrn es sich um
andere als rein militärische Erwägungen
uns Notwendigkeiten handelt. Und wenn
das moderne Rußland nun durch eine
öffentlich kundgegebene Proklamation
an das eigene Volk feierlich erklärt, daß
es auf Annexionen jeder Art verzichtet
und nur für die Wiederherstellung sei
ncr und seiner Verbündeten Jnicgrität
kämpft, so schwindet doch auch die im
mer noch in weiter Ferne schwach keuch
lonbe Hoffnung auf eine Vergrößerung
Rumäniens im Falle des endgültigen
Sieges dcr Alliierten.
Man begreift, daß diese Zustände die
Stellung der bisherigen rumänischen
Regierenden ungcmcin erschweren nüs
sen. Die 'rumänischen Politiker haben
nun vor ihrem Lande die unglückliche
Tatsache zu verantworten, daß sie Ru
mänien unzeitgemäß und ohne Ueber
legung in einen Krieg gestürzt haben,
der es bisher ungeheure Opfer und Ent
täuschungen gekostet hat und in Zukunft
wer weiß was für Anstrengungen noch
auferlegen wird, um wenigstens die ler
ritoriale Integrität des Landes stcherzu
stellen. Aus diesem Grunde sind in der
Jassycr Kammer einige nicht sehr ange
nehme Szenen vorgefallen, über die wir
zwar nur sehr spärlich und einseitig
unterrichtet sind, die ober mit der Auf
läsung der Kammer und einer großen
Erregung gegen die leitenden Minister
geendet haben. Vielleicht bleibt eS noch
nicht dabei, sondern Vratianu, der wohl
in bewundernswcrtcr Ausdauer sein
Amt durch diese schwierigen Zeiten der
sehen, aber sich die oben erwähnten Feh
ler hat zuschulden kommen lassen, muß
seinen Platz räumen, trotzdem er gerne
auf demselben verweilt hätte, bis zur
Erringung der Siege, die er den Rumä
nen in Aussicht gestellt hat. Freilich
werden die Verbündeten Rumäniens da!
Schicksal deS Landes in ihre Hand neh
men, doch kann die Wut des Volkes
nicht anders, als sich gegen den entladen,
dem es die unangenehmen Ereignisse der
dankt. DaS erste Opfer der russischen
Revolution in Rumänien ist der bedeu
tende liberale Staatsmann diese! Lan
des. Ob e! noch weiter so gehen und
noch ganz andere Uebcrraschungen bim
gen wird?
Eine weitere, allerdings positive Folge
der Revolution für die Zustände in Ru
mänien ist in der durch die englische
Presse verbreiteten Meldung über die
politischen und sozialen Reformen zu
sehen. Die Leser wissen, wie es in dieser
Hinsicht in Rumänien bestellt ist, daß eS
noch Nassen-, Klassen- und Religion!
unterschiede krassester Art vor dem Gesetz
gibt,- trotzdem das Land als konstitu
tioncllc" Monarchie bekannt ist. Nun,
heißt es, bereitet die rumänische Regie
rung verschiedene Gesetzentwürfe vor, die
so schnell als möglich in die Tat umge
setzt werden sollten und die die Gleich
berechtigung der Juden und die Regelung
der Wckhlrechi und Bauernsrage betref
sen. Der Umschwung in der rumani
schen öffentlichen Meinung sei ein ganz
gewaltiger und die gesamte Intelligenz
siehe auf dem Standpunkt, daß eine Bci
behaltnng der bisherigen Zustände zu
einer Zeit, wo in Rußland Freiheit und
Brüderlichkeit einziehen, schlechterdings
unmöglich sei. Jedenfalls wird die
durch diese indirekte Einwirkung don
außen her erfolgte Umgestaltung der ru
mäniscken Politik diesem Staate bet der
Wiederherstellung normaler Verhältnisse
sehr zugute kommen.
Mancher hält sich für feinfühlig
und ist doch nur empfindlich.
Mit Sponiini ist eine große, hoch
achiungswktie und edle Kunstperiode z
Grabe gegangen. Verneigen wir un! tf
und ehrfurchtsvoll vor 'dem Grabe des
Schöpfers der Bestalin", bei .derlei"
und der .Olympia"! ,