Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, June 23, 1917, Image 7

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eifc 7-Tnglicho Omaha Tribüne-Samstag, den 23. Juni 1917.
SgchöbcriwStM
Eine' Flicgersize von Kuri, SM)lcr
dcr linverZchrteil Küche eines
halb zerschossenen VaueruhauZeS.
sorglich ans eine Ofenbank gebettet,
lag ein junger Flieger. Ein Schrap
,'ellsplitter hatte ihm das Fleisch
vberm iinie zerrissen, als er hoch in
der Luft niit dem begleitenden Leut
nant die Stellungen der feindlichen
Batterien anzeigte.
Er lag wach. Die gut verbundene
Wunde jchmerzte ihn nicht, iiein
M'cnsch war sonst im !nrner. Er
schaute mit weit os jenen 'Augen : in
das Dunkel hinein. Seltsam, er hat.
k Furcht, oder was cä sonst war.
Irgend etwas . bedruckte ihn, i mav
iiTtc ifjj. Hart schlug sein Herz, er
spürte, wie daS Älut gegen die
Schläfen Pochte und den kalten
Schweitz aus der Stirn heraus
preßte. Die Schotten inLimnier
waren wie schwere Wollen, die auf
ihn eindrangen, vie schreckliche,
Zchioarze,, unheimlich geformte Unge
tiime. die , siel) erdrückend aus . seine
Brust legten. Ein Echrei drängte, sich
ihm in die Uehle, er yov.aNve!)reno
töe- Hand , und verstichte . sich aufzu
richten. Aber kraftlos, angstvoll' stöh.
end sank er zurück. . -i
Da ging die Tür. Ein Haupt
knann seiner Abteilung trat, ein, und
cm Soldat folgte mit einer flackern
hen Oeliumel. deren spärliches
Leuchtm.mit gelben Fingern in die
hatten, bineinariff und sie, zerteilte.
, Der Kauptznann laml imt seinem
leichten. um , frohen feciinu , uayer
,.Na. wie aebt's.Ilmm, Herr Leu
nant?" rief , er hell' und ' frei . zur
Osenbatik hinüber.
Der Flieger drehte , müde ,. den
Kovk. . ' .Herr Hauptrnann gut.
daß, Sie sommern Ich schäme, nuch,
es, zu sagen Q . yave., Angzi i; ,
.Angst?" - '
: .Oder was es ist"'- etwas' Unsag
bares --"Grauenhaftes schrecklich
Quälendes gut, , daß Sie !om
i".
' i.UnjmnI 'Hörten ' Sie nicht, was
Zch-sagtet Wie, gehrshnen, err
Leutnants
iT , Flieger . lächelte siüchLz
L9mihcmt'i"
l .Jatiiohl mein lieber Junge, Sie
find ' Leutnant, mit, ihren achtzehn
LYaiircn., Eben kommt die Mitteiluna
aus. dn ,' Hauptquartier y Und hier
cmStuachen Cnjen, daZ m, yncn
an t die Brust stecken soll. ' Zweiund
mera ' Batterien, babeN'Sie gestern
durch ' Ihre famose , Aufklärung zum
p&pxicen gebracht , uno yeme . rnor
geir sechzehn., Teufel auch.man könn
ieSie beneiden!" ' " . '
, : danke r Anen,' Herr . Haup5
mann." ' '
t -S8st denn ! i. Ich ' danke l Ihnen!
. Nie , .junger .. Bursch! - Mensch, .. jo
. freuen 'ie ftsi . ooa) i ;
.-.Ich freu' mich auch, Herr Haupt
mann," . " -
, .Mit' so' einem Besicht?. Tut Ih
tim dai Bein roclir
Ter.verwundele Flieger schüttelte
'icn fioi'f.
,Na alfol Sie sind doch sonst', ein
so ,'foricher , Kerl. . Himmel Herrgott!
Ächtundfünfzig Batterien zum
ckiweiaen aebrack.t !
, Der iunae Flieger fuhr jäh hoch.
i,Herr Hauptrnairn " Eö klang
sie i ein lange zurückgehaltener
ickmerzlicker Sckrci. wie ein Am
Kähnen aus unendlicher innerer
CUial; wie em letzter Zcn aus einer
zerschossenen Troinpcte. Tann sank
kr wieder zurua,
Besorgt nahm dcr HmiPtmann die
yand des FliegcrZ und winkte den
öurfchen heran. Er nahm ihm eine
chon geossnete Flaiche ,cll aus oer
Hand und eine Tafjc, eins buntde
malte Baueriüasfe mit den lustigen
Karden und Arabesken der frökli
chen Ehampagne, und füllte sie bis
r r. ? ' . . c s, . r, . jC . -lt.i V .
pal miiaiir, vüi occ ivnbe mauw
echrnim über den Rand wogte.
iNun trinken Sie mal. Ein biöäx'n
kZundsicber haben Sie, weiter
kickiZ
s Der junge Flieger trank mit dur
stigen Lippcil und streckte dem
hauptmann die Ta?se hin: Noch
tinmal, Herr Hauptmann
s .So isr's recht, mein Jungl?. Wir
ivollcn die Lebensgeister schon wieder
?,uf die Beine bringen! So! Und
iun komm ich dranl Äuf Ihr Wohl,
Herr LeutiiantI Das ist ein trinlba.
tcr-flttee waS?- , ,
l ? " ; .
i EZ war tief in der Nacht D
süegerleut:lant war nach kurzen,
Schlaf wieder aufgefahren., Furcht
bar, diese Angst, dieses Eiitfchen iin
Kerzen, Auf eiimn Stuhl neben der
il'enbauk siaud die Oelfunzel und
flackerte traurig. Das gelbe Licht
fi.hr in die Schatten und zerrisz sie
n fchwerzen, drohenden - Gestalten.
Und in die schwankenden Formen
mischten sich rotglühend die Bilder
er Schlacht, die dcr junge Flieger
inif seinen Luftfahrten erlebt hatte,
während deZ Fluges hatte er das
SlleZ mit nempZängliäzein Gehirn
pifgcnommen, wie Gesclehnisse, die
ivcit - aufzerhalb seines Wewubtfeins
sogen. Mit eiferner Energie hatte er
Kuie Ecoanken in die Äusgaue ym
...... r :.(. , t.:VT:x.
SNZMsnLt.
Batterien zu kreisen wie ein Adler
um feine-Opfer; uichiZ anderZ lebte
in seinem, Hirn slI3 die? eine. Nun
aber, in der Einsamkeit, in der
schlveigZanien Nacht, brachen d!ö d
len seine? Gehirns vor der Masse
dcr aiifgesbeichertcn schrecklichen e
sichte, entluden ihren grausamen In,
halt und traten vor seine erniattetc
Seele, die sich dcZ bluroteu Än
sturmS nicht erwehren konnte.
Früh am Morgen war er mit dem
begleitenden Leutnant ailfgesliegen.
Der U,'otor ratterte feine tampiirei
dige, fröhlich erregende idiwii,.; die
stählernen Mnkcln der Äichinc
bebten in Erwartung einer langen
Arbeit, und in den breiten, graugel
bcn Tragflächen fang der frische
Wind ein jeineS Lied, da? l!an? uic
munteres Bienensumiiieii. Schön
und. sicher, erschauernd vvr verhalle
uer-jttaft, wie ein edles 'Rennpferd
vor dem - Ablauf in drn Flanken
bebt, löste sich die Maschine voiil Äo
den,, kreisle in schönen Kurven zum
Hiinmel hinauf uiid pseilte dannwie
ein eiliger äogel. in geradem Linie
nach Westen. Tief unten Tiaren die
deutschen Schützcnketien wie loiin
nielnde Llmeiseureihen, die" deutschen
Geschähe lagen in langer, .etie wie
eine iarnur schinarer Perlen . . .
Der Apparat sauste dahin; das ei.
ferne Herz des flüggen Vogels fiuf.
to, pochte und tobte; in beu ärag.
...,5. ...f r.4.. . .'
grnujiu iiiutuiii; uiiu luiijujii; l.., iva
wenn Sturinwind in Seide wühlt.
Und über allein die strahlende blaue
Kuppel deZ Himmels. Immer hoher,
immer hoher - tauend iKact
zweitausend . wie ein Spielbrett
mit Bauklöszchcil und Hol,',jignrchcn
lag lief ; unicii dab Gelände ic5
Schlachtseldeö. Wie dünne Striche
fahen die lchukengraren nuZ, wie
schwarze Pünktchen die Batterien.
mit einem Male schrie der Leut
nant etwas. Ganz fern, ganz fern,
au? . dem Unendlichen kommend,
-klang feine Stimme: - Die feindli
chen, 'Schützengräben! Sehen Sie!"
Weiter branfte das Flizeug. -Die
Attilleriesllnnien! Hnr.
ra!"
Vom 'Sausen deZ LinoeZ und
vom tobenden Lärm des Wvtors in
Fechen gttijsen, drang . der fauch,
zende Schrei deut Flieger Ohr.
In enflen Ellipsen sank die ?a-
Der Leutnant ilreUte die
Hand auö, die eine Nancbbombe ge
packt hielt. Der Arm viörierto im
MotorS. Dle Äonive
!
IN,,1
yinmmnu ccä
sahne sank zur drüllenden zischen
den, dampfenden, schreienden, stäh-i
nenden, llirreiiden Erde hinab.
Vorn borgen bis zum Abend flogen
sie ihre Todeölurven, selber umtobt
i,d umschossen von wild sprühenden
Gefahren, bis alle Batterien schwie
gen, bis unten auf einer zerschosse
nen Kanone der Tod im roten Man
tel mit einein grinsenden Lachen sah
und lein Qpier mehr fand, fo weit
er aiiS gierig lauernden Augen über
da,Z Feld hin suchte.
Da,; er selber, der Flugzeugfüh.
rer, einen Schuß ins Äein bekom
men hatte, merkte er erst, als er
nach raschem üleitfluge den Motor
abdro sielte.
Nun faß er halb aufgerichtet auf
seiner Bank und starrte in die wo
genden Schatten und irrenden Licht
fetten, und all die fchrecklichen blut
roten Ailder tanzten vor feinen weit
aufgerisienen, fiebrig heißen Augen,
Nagend, drohend, seine arme Seele
furchtbar marternd. Seine Hände
grissen iit die Decke. Er wollte
ji)reien, aber kein Wort kam aus
jeiner stehle. '
Was tunN ':
mit einem , Mals ' stand er
ans und schritt, ein merkwürdiges
keuchten in den Augen, durchs Zim
mer, durch die Tür und über den
Hof. ' Tu im Schuppen, da stand
seine Maschine, Oh, sie war ihm
treu, fie follte ihn wegtragen aus
dem Greuel, hoch hinaiif in den rei
mn und freien Aether, über die
Wolken hinaus in das Meer der
weißen Sterne, in den schönen stil
len Himmel.
Weit hinter den hohen Pappeln
kam- das glanzlose graue Licht des
frühen Morgens herauf.
Im Schuppen fchttefen ein paar
olnken. Die wurden wach, als. der
Flieger imt unmerküch schwanken
den Schritten hereinkam.
Auhig und freundlich gab er seine
vkvhle, füllte Benzin in den Tank
und gab Oel in die Düsen, prüfte
die Propellerverschraubung und sah
cie, Lillhrleitungen nach. Dann schob
,r i.iit den Soldaten den Apparat
hinaus, ,Iieß den Motor anlaufen,
schivang siih auf den Sitz und griff
mit ruhiger 'Hand in die Hebel,
ijäjii Meter weit glitt die Maschine
bebend übe? den Erdboden, und
lauti stieg der herrliche Bogel schön
und flolz in den jlmgen Morgen, in
den von Osten her die -Sonne ihre
gewaltigen Lichtsluten hineinschjckte.
zunoete, , fiel, ein . ichwarzer :aua
streifen zog - eine dicke Linie von!
Flugzeug , bis zur Stellnnz d?r
französischen Latterie.
.'Hoch!- :
' Der Flieger riß das Hoheustcuer
'herum. Die Maschine, bäunüe sich
wie ein' Pferd, dejsen Äopf von den
Zügeln, hochgerissen wird, und klet
terte in engen Kurven hiinnieiivärts.
Es, war. die höchste Zeit. Dicht un
term ; Apparat zerplahteil Schrap
nellZ, aus weißen Nauchwöllchen
spr..'ie schwarzer Eisenhagel, In
faiüeriegefchosse pfiffen. Aber sie
hörten uicht, ob der Apparat getrof.
.fen wurde. Das Fauchen und kirnt
tetn, deS Motors überschrie alle an
dern Geräusche.
Und nun ginzS von einer Vat!e
rie zur andern. Die NauchZahneu
niit . ihren LcheimnisvoNen Zeichen:
zu kurz zu weit mehr rechts
- mehr links, sanken zur Erde wie
schwarze- Schleier des. Todes. Wo sie
die Erde trafen, donnerten lnenige
Minuten ' später die deutschen Sinno
neu ihre? mörderischen Geschosse hin
ein,, alles zerschmetternd, alles Le
ben, schrecklich zeiimilmeiiiV Lerzwei
felt wechselten die französischen Äat
terien -die Stellungen, Steilseuer
stob wütend zuin Himmel .hinauf,
aber fie entgingen den fchivarzen
Tvdesfahnen nicht. . Immer kühner
zog der Flieger, nm'spri'.'t von den
Eifaifplitlern der plnhenden
Schrapnells seine Zirkel. Sie lva
reu oft nur zweihundert oder drei
hundert Meter über den feindlichen
Stellungen und sahen mit furchtva
rer Deutlichkeit' den Tod, den sie
schickten. Sie hörten gräßliche
Schreie, , sahen' Kanoniere vornüber
stürzen, . nut aufgerissenen Leibern,
erlebtem, wie ein fchiveres Geschoß
mitten in einer Batterie erplodierle
und der ganzen Mannschaft die
Köpfe wezriß: es war, als wäre
eine - schreckliche Sense über die
Männer dahiugesegt. Sie saheil tote
Leiber über den Lafetten liegen,
Pferde, in wahnfinniger -Angst, aus
breiten Lochen: blutend, davonrasen
und einen zmigeil Offizier, der sich
in Verzweiflung die Pistole auf die
Slinr setzte una steif auf den Rücken
fiel. Und iinnier neue Opfer
Menschen wie fie beide arme,'
junge Menschen, die noch vor kur
zem .durch ein Helles. und froh:3 Le
ben gefchritten waren.
Ein bluroter Nebel legte sich vor
die Augen des Fliegers. Herrgott,
er mit seinen achtzehn Iahren!
Die Hölle, diese donnernde rote
Hölle! Aber er riß die fiebernden
Nerven zusammen und warf ferne
Maschine mit hart zusammenge
krampften Händen hin und her, auf
und nieder, von Batterie zu Bäte-
rie, von Tod zu Tod, von Blutbad
zu Blutbad. Unermüdlich griff der
Leutnant neben ihm in den Vom-
jiber . im - jeWIichMjAcn!as:en, : Nauchialme nack Llauck
' Die Erde sau! weg. ' Das Leben
iii den Schiibe'.igräben , kroch in sich
,-.!; lammen. Häuser ' wurden Schach
ulchen, Bälnne kleine dunkelgrüne
Röllchen. . Dann kcunen die feindli-
ihen Stellungen. Lcrschoyene Batte
lieii, tote Menschen, tote Pferde, Sfr
nitätssolbaten dazwischen mit Bah
reu. Wie winzig klein das alles!
Wie- mechanische Figuren,, von ir
gendeineni , ,, spielerischen Willen
schwerfällig hin und her , geschoben.
unlösbar verbunden mit dem Bo
den, der sie trug, unfrei,'geduckt in
Mühsal und Angst, armselige Knech
te, Geschöpfe des Staubes,, Rekruten
und ('ieneräle anne , kleine
Menschleiu, die ein verblendeter
(-ößeiiivahn gegeneinandertrieb,
die sich gierig ineinander verlrallten
und blutig zerfleischten um Macht,
Gro!;e und Freiheit zu aewiimenl
Höher und höher, hinauf stieg der
Flieger. Die Sonne stürzte über ihn
hin tnie - ein 'jubelndes Lied. Herr
liche Ellipsen beschrieb der bebende
Äogel. Wie - Silber . schimmerten die
nietallcueil Muskelii. Wundervoll
sang der Wind in den rauschenden
Tragflächen. Jauchzend hämmerte
der Mowr seine dröhnende Melodie.
Die blaue Unendlichkeit, , groß und
fair, tat ihre Tore weit aur.' Auf
Iiunderttansend Han'en spielten die
Sphären ihren himmlisch ehernen
Gelang.
Höher als ., der höchste Berg der
Erde war er nun. Das-Hügelland
der Ehan'chagne lag zu seinett Fü
ßen wie ein breit aueinandergcfal
letes, buntbemaltes Tuch.
Was war Macht, Größe und
Freilicit da unten? Wo 'blieben die
Menschen? Heeressäulen -schmolzen
Zil Bataillonen zusammen, Batail
lone zu Kolonnen. Alle Unterschiede
verblaßten wo war Freund, wo
war Feind?, Die Erde trank sie alle,
scg sie auf wie Staubkörner. Was
war das striez ? Ein Nichts im
Auge des Alls, ein Tropfen Blut,
ein bazillenhaft kleines Tropften
Blut unter der Unendlichkeit des
Hiukmels, durch den die Tausende
der Weltlorpcr nach unfaiibar heroi
suchen Gesehen ihre . Bahn zogen.
Eine mächtige Wolke schob sich
zwischen Flieger und Erde. Nun sah
er nichts mehr. Nun sah er nur noch
den Himmel. Hinauf in die Rein
beit, hinauf in das Weltall voll
rellender Welten, da war Macht,
Größe,Freiheit 'und Erlösung.
Tranm - o Traum! Aus dem
furchtbaren, schmerzvollen, lciddiirch
tobten, zur graufmuen Hölle gewor
denen Sein schwebte der Flieger mit
rcuschenöen Flügeln hinauf in die
trainnerische, fromme Seligkeit des
Nichtseins... - -
Sein Blut erstarrte in den Adern.
Mit eifigkalten Händen griff die
Unendlickzkeit an sein Herz. Ei spür-
te es nicht, feine Seele glühte, , feine
ceie ci sei, .
: Mit4 einem . Wale ei Knall und
einkrachoudsS. Betöse. Noch ein
Schlag- im Motor und noch einer
wie ein. letzter furchtbarer Schrei.
Ein verzweifeltes Auspuffen der
Gase - und dann schwieg daö zuk
kende eherne Herz. Eme kurze atem
zerdrückende Stille dann ein
Brausen uiid Fauchen ein jäher,
steiler Sturz in die Tiefe. Der
Motor hatte ausgesetzt.
Der Mann am Steuer fuhr auf.
Seine Augen erwachten. Seine
Seele sprang jäh aus ihrer Ve
wußtlosigkeit. Ein kurzes Staunen
des Verstandes und dann ein blitz.
Ichnelleö, aus Gewohnheit und Er
fohruna stürzendes Ersassen der Si
tuation, ein entschlossenes Hinein
greifen in die Hebel, und die Ma
schine setzte, halb widerwillig, halb
gehorsam, zimt Meitflug 'an, ein
paar hundert Meter über der mäch-
tigen Wolkenwand.
Da schoß jäh ein Flieger auL der
Wolke. In engen - Kurven, drängte
er nach oben. Auf der Bespannung
der Tragflächen lag die weiße Son
ne wie ' Schnee auf, . hohen Alpen
firnen.
Ein feindlicher Flieger ! Glühend
zuckte cn Strom , von Leben und
Energie durch , die ! Nervm des er
warteten Träumers, Wo war die
Unendlichkeit, wo die ungeheure
Stille des Friedeiis?, - Weggesunken
vor dem ersten Feind, vor dem er
sten Gruß der in Leidenschaften und
Haß brennendm Erde. Mit einem
Hochgefühl sondergleichen griff der
Flieger in die Hebel, der Motor
sprang wieder an, und mit donnern
der Musik stob das Flugzeug an
dem feindlichen ' Flieger vorbei, der
in rasenden Kurven zur Höhe stieg.
Nun pfiffen die, Kugeln herunter.
Schlugen fie ein? Er wußte es nicht
und kümmerte sich nicht darum. Er
sank in die Wolkenwand hinein, die
ihn grau und undurchsichtig umfing.
Rasch war die Nebelmasse durch
flogen. Da lag die Erde ihm wieder
zu Füßen, die alte 'Erde, die schreck
lich erschütterte Erde, brennend von
zehntausend Feuern. Krieg! Krieg!
Grauweiße Nauchfetzen umflatterten
ihn, Schrapnells platzten Mit helfe
run -Lachen und verspritzten eisernen
Tod,, feindliche Artillerie beschoß
ihn Krieg, Krieg!
Er spürte,, wie seine Maschine
Treffer auf Treffer, bekam. Aber es
küminerte ihn nicht. Dort unten war
der Feind, weit, weit im Osten war
das herrliche Deutschland, daö große
Vaterland, für das er in diesen
Krieg ' gezogen war - für deutsche
Freiheit deutsche Große. Was
war das Weltall, daS kalte, unge
heuerliche, nach ehernen Gesetzen ge
ordnete Weltall gegen das heiße,
stolze Leben im deutschen Vaterland,
gegen das junge rote Blut der
Hunderttaufende, die da unten für
Haus uiid Heun kämpften i l
Deutschland, Deutschland! "Krieg,
Kriegs Heran i an den Feind Dem
Feind rns Herz! .
Und nun war er Zn', Wahrheit er-
last. -; VY
Mit der linken -Hanb hielt er das
Steuer, hart,. ehern, mit der rechten
griff er. jn den Bonibenkasten. Unl?
eine i Rauchfahne' fenkte sich auf en
feiMiche Batterie herab, die gerade
unter ihm stand. Nun kam der Tod
für die da unten, ein Stücklein Sieg
für Deutschland. Und glühend
brannte, wie eine strahlende Sonne,
ein tiefstes Gefühl.
Er schraubte fich wieder hinauf,
nach - einer anderen' Batterie auslu
gend Aber Stahlftücke warfen ihm
Tod . und Verderben . entgegen. . Wü
tenÄ' beschoß ihn die Artillerie von
unten, und dcr feindliche Flieger,
der ihm durch die Wolkewvand nach
geeilt war, von oben. Mit einem
Male eine weißgclbe Feuerlohe vor
dein Apparat, eine platzende Gra
nate cin wildes Aufbäumen der
Maschine ein harter Schlag ge
gen die Schulter- eine zu Fetzen
zerrissene Tragfläche Ranch und
Dampf und Feuer und rinnendes
Blut. Der Motar brauste und don
nerte weiter, aber der Propeller war
weg, glatt abgeschnitten.
Wieder gelang es dem Flieger,
Mit letzter gewaltiger Anstrengung
die' Maschine zum Eleitflug zu
ztvingen. Wie ein wunder Vogel,
mit zersetzten Flügeln, glitt sie zur
Erde. Der Kopf des Fliegerk sank
auf die Brust, die ,Hand krainpfte
sich um das Steuer.
Krachen und Splittern der
Apparat fuhr in einen Baum, kippte
um nd fiel steil zu Boden. Der
Motor' donnerte noch eine Sekunde,
dann 'brach das prasselnde Lied jäh
ab. Am Steuer saß der Flieger, aus
der-Schlier rann das Mut es
kani aus stillem, totem Herzen. Jn
den Augen war noch ein Rest don
Glut nicht mehr die bittere, glü
hende Qual, sondern nur noch Liebe,
Liebe.
Ein- Offizier der deutschen Vor
Postenabteilung, in 'ierai Nähe er
niedergegangen war, drÄlle ihm die
Augen zu. Und strich mit der Hand
leise über das Kreuz dsn Eift, daS
der Tode auf dem gnrue Waffen
rock trug. , ,
-"""-"" f
Scherzfrage. WaZ ist
paradox?
Antwort: Wenn Zemand von seini
kmtiLL&JKOAliiMV "
M'
Mutter Maria.
Roman von E. von Änderten.
X&fr
(11. Fortsetzung,)
Wie ander hatte sich Margott die
se Nachhausefahrt vorgestellt. Fast et
w'aö wie Haß gegen die ffremde, die
nun plötzlich Dritte im Bunde war.
stieg in ihr auf. Auf der Hinfahrt
war Kaihain einsilbig gewesen, sein
Schweigen hatte sie nach ihrem Be
lieben gedeutet.
Auf der Rückfahrt würde ihm schon
etwas einfallen, dachte sie. das Wort,
nach dem sie "verlangte, daS ihm, dar
an zweifelte sie nicht, ans dem Herzen
brannte, daS keine banale Konverfa
tion mehr zwischen ihnen aufkommen
ließ. Und wie sie. so hatte die Mutter
wohl auch gedacht; darum hatte sie
seufzend ihr Jawort zu dieser Ztur
mischen Fahrt gegeben.
Ünd nun diese Maria Bergen dort
im Schlitten neben ihnen!-
Meist ließ eZ der Weg, den der
Schneefall und Frost breit und eben
gemacht hatte, zu, daß die einspännt
gen Schlitten nebeneinander herfuh
ren. Da machte sich die Uckerhaltung
leicht, doch geriet sie oftmals , ins
Stocken. ',' . ,
Kalhain schien auch nicht zum
Sprechen aufgelegt zu sein. Er, dachte
an Maria, die ihm durch einen Zu
fall plötzlich so nahe war.
Er hatte sie bewußt gemieden. Für
ihn durfte sie ja doch wohl nicht da
sein. Er war auch nicht der Mann,
der Hals über Kopf in sein Verhäng
nis hineinrennt. Immer wieder setzte
bei ihm der ernüchternde Verstand ein.
Nun war er ihr heute ganz unerwar
tet begegnet, und sie erschien ihm an
ziehender als sonst, groß in ihrer
Enge, und er hatte das Gefühl, daß
sie alle zu sich emporziehen müsse, und
daß jede Enge, jede Beschränktheit
zum Königtum würde, in dem sie
herrschte, als Herrin, als Königin.
Er fühlte, wie er übertrieb. War er
Hals über Kopf in sie verliebt?
Er war der Erfahrene, sie die Un
erfahrene. Er fühlte, daß er sich zu
sammenreißen. daß er auf der Hut
sein müsse.
In herber Reine saß sie in ihrem
kleinen Strohschlitten, in der unschö
nen Vermumung, die Zügel in den
Händen, und er wußte nicht, daß sie
ähnliches wie er auf eben diesem Wege
vor über einer Stunde auch gedacht
hatte.
Aber daß ein stark sensitives Leben
in ihr pulse, das glaubte er und das
wollte er von ihr glauben.
Er dachte ehrlich in diesem Augen
blick, ehrlich über sich selbst nach.
Ueber diejenigen Eigenschaften, die ihm
als Unterpfand einer guten Ehe not
wendig dünkten, dachte er nach. Und
er fand sie nicht. Ausdauer, die
Hauptbedigung, fand er nicht. Es war
eine Gebrochenheit, eine Halbheit der
Weltanschauung in ihm, die lahmte,
das war er sich selbst bewußt, feine
Tatkraft, seinen Willen. Und er fühl
te es. daß zu allem Gedeihen eine ge
fünde, echt männliche Bejahung ge
höre.
So war Schweigen eingetreten, ein
drückendes, gedankenvolles Schweigen.
Er. Kalhain. der Erfahrene, hatte
es einreißen lassen, und seine schmol
lende Kusine unterstützte, es. Maria
fühlte unbewußt eine versteckte Gefahr,
die dies Schweigen in sich trug und
brach es. Sie sprach vom nächstliegen
den, vom Sturm, dem Winterbilöe.
Sie deutete auf eine Baumgruppe,
hfllb aus Nadel, halb aus Laubholz
bestehend. Lauter mächtige Stämme,
in denen sich der Wind fing.
.Sehen Sie doch. Ist es nicht, als
vb Riefen miteinander kämpften. AIS
ob sie eine Schlacht schlügen. Sie Pak
ken sich, sie ringen miteinander, als
gelte es um Leben oder Tod
Bald legte sich der Wind etwaö.
Ein Brausen ging durch das Gezweig
wie don Stimmen.
Ich glaube, nun ist der Kampf
vorbei", fuhr Maria fort. .Wer blieb
nun aber Sieger? Beide vielleicht. ES
unterlag wohl keiner. Sie waren
gleich stark. Nun neigen die Kämpfer
einander die Häupter zu und sprechen
fich gegenseitig ihre Achtung aus
Er blickte hin, worauf sie deutele,
aber seine Gedanken waren in ganz
anderen Bahnen, nicht aufgelegt zum
Spiel der Phantasie. Er sah die kah
len Aeste und dachte, daß S nicht lan
ge mehr währe, und alles würde blan
ke Knospen tragen. Und diese Knospen
würden schwellen und springen. Wenn
man auch jetzt nicht eine Spur sah
von all dem Schönen, das in einer
nahen Zukunft schon sei, so ging doch
ein rauher Hauch herben, lebenerwe!
kenden Vorfrühlings durch die Luft.
Und nun sprach zu Kalhain der
Wald .Nimm dir ein Beispiel an mir.
Ich warte immer, ich tue nie einen
Sprung."
Nie war Maria, die sonst so gleich
bleibende, in so wechselvoller Stim
mur.g gewesen wie zu dieser Zeit. Sie
glaubte, daß die Wirtschaftssorgen
nie so schwer auf ihr gelastet hätten
wie jetzt; kleine Schwierigkeiten tra
fen fie ratlos, geringe Widerwärtig
leiten konnten sie suS der Fassung
brmzeg.
planlos, und neben ihr ging die Sor
ge und hemmte die frische Tat.
Und wie von ungefähr fchlug ihre
Gemütsstimmung ins Gegenteil um.
Als ob nach grauen, kalten Tagen
plötzlich die Sonne lacht zu Glück und
Gedeihen.
Die Natur wartete deS nahen fchö
nen Frühlingswunders, und Maria
wartete auch. Wie die, Welt draußen,
so stand auch sie voller Lebenskraft
und Lebensfreudigkeit, bereit, alles
Verheißene zu erfüllen.
Nur, Sonne, u. deö BlühenS würde
kein Ende fein.
Den Eodfchillener Nachbar sah sie
ab und zu nach jener Schlittenfahrt.
Aber diese Begegnungen waren be
langlos. Was oa zwischen ihnen ge
jprochen wurde, erschien Maria gtüch
gültig. Aber was verschwiegen wurde,
das ruhte in der Tiefe ihres Wesens.
Seinen Potsdamer Besuch hatte, er
abreisen lassen. .
Es war an einem besonders schönen
Maitag.- Die Obstbäume standen in
Blüte, Bienen summten, und dieDros
sei sang.
Maria mit der großen Wirtschafts,
schürze setzte Blumen in die Beete.
Der Strohhut warf einen tiefen
Schatten auf ihr Gesicht. Die Life
mußte die Steine frisch kalken, die die
Beete umrandeten. Aber sie verrich
tzte ihr Amt unsauber. Maria nußte
jadeln. DaS Mädchen wurde täglich
zerstreuter, flüchtiger.
Auf den Wegen war frischer Kies
gestreut, ein paar alte Frauen harkten
ihn auseinander. ES klang, als arbei
teten sie wie im Talt, eintönig, ein
schläfernd.
Maria blickte zum Vater hin, der
sich an den Hecken zu schaffen machte.
Er war den Winter über noch mage
rer geworden, das hatte sie in der
Zimmerenge gar nicht mal so bemertt.
Jetzt tat er entschieden etwas Verkehr
tes. Und wie. er in das junge Grün
hineinschnitt. so schnitt es der Tochter
ins Herz. Die Krankheit schritt stetig
vor, bald würde man ihn gar nicht
mehr sich selbst überlassen können.
Nun schien er der Arbeit auch schon
müde zu sein, wandte sich den spielen
den Katzen zu.
Kurz zuvor hatte Maria eine ar
gerliche Auseinandersetzung mit
Brandskat gehabt. Der Kämmerer
jammerte über Leutemangel bei einer
Ueberlast von Arbeit. Sie hatte ihm
Vorwürfe gemacht, daß er sich jede
Gelegenheit. Hilfe zu erlangen, eigen
sinnig entgehen lasse. Davon hatte er
nichts hören wollen. Da war guter
Rat teuer.
Es drückte ste heute alleö wieder so
tief danieder. Die Adomeit. die Bo
tenfrau, sollte sich Uebergriffe erlaubt
haben. Es kam immer so vieles zu
fammen. Nicht einmal Kunzes An
blick konnte ste froh stimmen. Der
tollte mit Cäsar herum, stand einen
Moment bei den Bienenstöcken, mach
te den beiden Weibern den schönge
harkten Weg uneben und stürzte auf
Maria zu, als er sie erblickte.
.Mutter Maria." er deutete
auf das Scheunendach .wir haben
junge Störche."
Die Sonne umfloß ihn, seine Au
gen leuchteten wie verklärt. Jn dieser
jungen Menschengestalt war scheinbar
alles das verkörpert, was an Blühen
und Werden jetzt aus der Natur
sprach.
Aber Maria sah ihn an und seufz
te.
Man ging zum Kaffee hinein, und
als die drei um den Tisch faßen, fuhr
StangeS Wagen vor.
Sein Erscheinen verwirrte Maria,
eine neue Last, eine ganz große wälz
te sich ihr aufs Herz. Sie fühlte, daß
er heute außer dem geschäftlichen
noch aus einem besonderen Grunde
komme. Sein Blick Hatte ihr das ge
sagt, sein Blick, in dem Gewißheit
und lange gezügelteS Verlangen auf
leuchtete .
Dann setzte er sich mit an den
Tisch, trank mit ihnen Kasfee, und
sie sprachen vom Wetter und derglei
chen. Bis Herr von Bergen und
Kunz wieder hinausgingen. Da blie
ben Stange und Maria allein. .Wir
machen's kurz heute", sagte er. .Wir
besprechen schnell das Nötigste, u. Sie
lassen , mich die Bücher durchsehen; 's
ist schwül heut, sicher ballt sich da ir
gendwas am Himmel zusammen Ein
Regen tut uns auch groß not."
Sie saßen nicht weit voneinander
an dem eschenen Schreibtisch, die
Köpfe über daö Hauptbuch geneigt.
Er war jetzt ganz bei der Sache, fchien
wenigstens für den Augenblick nichts
anderes zu denken. Und ihr war es,
al ob Leben oder Sterben von dem
abhinge, was er nun sagen würde.
Er harte die Fäuste auf die dicken
Knie gestemmt, die in ledernen Reit
Hosen steckten, und je mehr er sich in
die vorliegenden Blätter vertiefte, je
mehr traten Falten in fein volles,
rotes, gut erhaltenes Gesicht.
Maria verträgt das Schweigen
nicht mehr. Gleich wird er irgendein
vernichtendes Wort sogen, dem muß
sie zuvorkommen. So erzählt sie von
der Leutenot, von BrandNatZ
i ff?t !'!?!. ft?rlht-,tn Srri!f!f Un V.rn ,n-,,-
szjtrm' i ssk?c -'fjjii - atsii. x : r?ry'.iuj;ts.ll
IKunkia, der kick meKr und mebr ZUM
Öuartalssäufer Herausbilde, der abe
im nüchternen Zustande mehr Intel
lekt habe als olle übrigen auf dem
Hofe zusammengenommen, und von
der Untreue der Botenfrau, durch di
sie an ihrer Stadtkundschaft Einbu
ß, erleide.
Stange nickte dazu, ohne aufzuse
hen.
Sie sprachen noch über alles mög
liche. waö in der Wirtschaft nicht in
Ordnung war, aber immer hatteStan
ge das Auge in den Büchern. Und je
de Seite sagte es ihm mehr, toi C;3
und Haben weit und weiter vonei,
nander abwichen. Dann lehnte er sich
in den Stuhl zurück und verschränktt
die Arme. Sogen Sie mal, warum
wollen Sie denn daS Ding eigentlich
so krampfhaft erhalten?"
Sie zuckte zusammen, eine heiß
Blutwelle färbte ihre Wangen.
.Na ja. ich weiß )a, wie Sie an
dem Stück Erde hängen. Aber si
schinden sich so und oft mehr als nö
tig und nehmen Sie mir's nicht
übelSkr oft am ganz verkehrten En
de. Das darf ich Ihnen sagen, ti
weiß ja keiner so genau wie ich, wie
treu Sie'S meinen. Aber Sie sind
ein junges Mädchens und bann
springt auch keines über seinen eige
nen. Schatten hinweg. Sehen Sie,
Ihr Vater wird alle Tage hinfällige,
und wenn er tot ist, dann sind Sie
ganz allein mit dem Kleinen, dann
muß er in die Schule, und dann, ja
und dann wird ja doch einmal der
Tag kommen, wo sie fort müssen -- -ja,
liebes Fräulein Maria, - lassen
Sie mich mal offen sein. Und dann
ist eS vielleicht zu spät, während jetzt
der Zeitpunkt zum Verkauf"...
Er wußte, daß er sie jetzt da hat
te, wo er sie haben wollte, daß ihr
umherirrender Blick jetzt nur nach
Hilfe ausschaute.
Er hielt ihr seine Hand hin, an
deren Goldfinger zwei Ringe, fein
Trauring und der feiner verstobenen
Frau, wie im Fleische eingewachsen
saßen. Dann "nehmen Sie diese Hand
da an."
Sie starrte zum Fenster hinaus. '
das nach dem Garten führte. Eine
Schär Tauben schwirrte vom Berlau
ker Gehöft nach dem Godschillener
hinüber. Im Fluge immer dieselben
Kreise beschreibend, glänzte ihr Ge
fieder sekundenlang blitzartig auf, sie
hoben, senkten sich - in regelmäßigen
Abständen. Jn dem Schwirren war
eine wilde Lust, als berausche sie ihr
eigenes Spiel.
Auf den Gartenwegen harkten die
Weiber noch, und dazwischen krähte
Kunz. und Cäsar bellte ihm zu.
Und über allem, waS sie sehen
tonnte, schwebte der wundervolle Hei
matsodem...
Kunz... Einstmals würde sie viel
leicht denken, daß sie es ihm hätte er
halten können...
Sie schüttelt fich wie im Unwil
len.
Und dann hatte sein Kuß auf ih
ren Lippen gebrannt...
Der Vater war hereingekommen,
um irgend etwas Vergessenes zu ho
len. Er sah von einem zum andern,
er war in dem Augenblick merkwür
big hellsehend. Da kam Bewegung m
den alten Mann, seine mageren,
Schultern zuckten, nud er schluchzte
auf wie ein Kind. Aber sein Antlitz,
strahlte vor Freude. Und Stange
nahm Maria bei der Hand, sie mit
ich emporziehend. .Ich sehe, was Sie
agen wollen, Herr von Bergen, aber
lassen Sie's nur, ich weiß ja. es wird
alles zum besten. Wenn ich nur erst
wirkli., helfen darf. Aber sie erlaubt
mir'S
Der Alte war wieder hinaus, und ,
Stanges Lippen hatten ' von neuem
Marias Mund geküßt.
Sie zitterte plötzlich wie im Frost,
hatte die Augen geschlossen. Sie hat
te seinen Blick nicht ertragen können,
aber sie ließ ihm ihre Hand.
.Ich liebe Sie ja nicht"... '
Er lachte wie zu einem kindlichen
Schcrf.
.Vor Jahren haben Sie mir daS
auch gesagt. Maria, und damals ge
schah mir's recht. Ich alter PraktikuS
hatte doch das Worten noch nicht ge
nügend gelernt." Er sah sie durch
dringend an, ein ganz leichter Spott
kräuselte seine Lippen. Heute kennen
Sie mehr vom Leben, wissen, daß
nicht alles nach Willen geht. Und
was die Liebe anbelangt, die komm,
in der Ehe. Sehen Sie. ich bin ja
noch kein alter Kerl, habe das erste
mal als halber Junge geheiratet.
Meine Emmi ist nun auch verlobt,
Sie raten wohl mit wem. Wir fan
gen also sozusagen ein ganz neueZ
even an. Machen Die doch kein so
bedenkliches Gesicht und saqen Sie
gar nichts; gerade so. wie Sie sind.
o int) sie mtt iied. Nicht um ein
Deut möchte ich Sie anders haben.
erneyen i wohl! Was etwa an
ders fein könnte, das lassen Sie mtl
ne Sorge fein. Vorläufig fehlt m!
nichts." Er öffnete die Arme, um si,
ZI JL ... .
im iu) zu jicyeu. . . t
Aber sie trat von' ihm zurück.
.Sie meinen's gewiß gut mit mir.
und ich danle Ihnen... Sie haben
mein Wort. Kommen Sie wie,
der." ...
Mehr krauchte eS heute nicht füz
ihn, er war voll befriedigt und zu.
versichtlicb. TaZ Weitere würde d'i
Zukunft bringen. So verließ ti
sie.
.mmmb.