Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, June 06, 1917, Image 2

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sie ei ste MriKschnIe kür
SnWngerer.
"Where Garments and Americans are made."
ie Fürsorge für unwissende Ein
1 anbetet und ihre Transsor
mation zu Bürgern und nutz
lichen Gemeindemitgliedern
gehört zu den vornehmsten und gewinn
dringendsten Aufgaben der staatlichen
und städtischen Behörden. Es muß uns
bewußt bleiben, dah in der kommenden
Zeit die technische Leistungsfähigkeit der
Waffen in den Lordergrund treten wird
Doch dürfen wir darüber nicht vergessen,
daß das Ziel der Erziehung die For
mung des Menschen sein muß. Gerade
die durch den Krieg ge steigerte Wert
scheitzung aller Arbeitskräfte mahnt uns,
schwachdefähigtm und unwissenden ein
gewanderten Mitbürgern die Wege zu
zeigen, auf denen ihre Kräfte om besten
zur Entfaltung kommen. Tas wird am
ersten durch Schulen erreicht, in denen
sie die LandeLsprache und die zu ihrem
Fortkommen notwendigen Kenntnisse sich
Eignen können. Es hat sich gezeigt,
daß BerufsgebUdete und erfahrene Hand
werter nicht die ihren Fähigkeiten ent
sprechende Stellungen einnehmen koim
ten, weil sie der Umgangssprache nicht
mächtig waren.
Die freien Abendschulen sind nicht
imstande, dieseZ Problem zu lösen, denn
der Arbeiter, tut Tag! 12 Stunden sei
nem Beruf nachging, ist lein aufmerk
samer Schüler und zieht nur geringen
Nutze ani dieser Institution. So
bleibt ihm die Schriftsprache des Engli
sehen lange ein Buch mit sieben Siegeln.
Turch seine mangelhafte Aussprache
fühlt er sich gehemmt in seinen eschäft
lichen Ambitionen und außerdem bleibt
er mit dem Odium des Ausländers be
haftet.
Ehe demagogische Vollsredner des
, Stichwort dom Hyphenatcd American"
als eine Sorte Kampagne-Fanfare zu
gebrauchen wußten, hat Herr Tudlcy D.
Sicher, ton D. E. Sicher & Co.. Km
Vork, eine der größten Fabriken von
feinem Tamen-Unterzeug in der Welt,
die Aufgabe unternommen mit Unter
stützung der Schulbehörde, die in seinem
Dienst stehenden unwissenden Fremdge
borenen durch Unterricht während der
Arbeitszeit in seiner Fabrik unterrichten
H lassen.
Wir, versuchen," so äußerte sich Herr
Sicher, .die Anpassung der Fremdgcbo-.
renra an unsere nationale Gemeinschaft
jn beschleunigen, durch Verminderung
der Reibung, hervorgerufen durch Man,
gcl an verständnisvoller Leitung, den in
dustriellen Fortschritt zu fördern und
Verluste, die stets mit der Anwesenheit
von unwissenden Arbeiterinnen verknüpft
sind, zu verhüten. Damit den Angcstcll
ten kein Verlust an Zeit und Geld er
wächst, haben wir die Schule hier in
unserer Fabrik eingerichtet."
Bei ibrcr Eröffnung war die Fabrik
schule nur von bescheidenem Umsang,
gerade wie die Verwirklichung der tu
zichcrischen Ideen von Pestalozji und
Frjebel anfangs bescheiden gewesen ist.
Adcr dcr Tag wird kommen, da diese
kleine Schule das Mekka, der heilige Ort
sein wird, von wo aus sich eine Äewc
gung über da! ganze Land breiten wird,
wie das Licht eines neuen Morgens ui'd
einen Umschwung in dem System dcr
Fortbildungsschule für Erwachsene her
deiführen wird. Das Unternehmen ist ge.
stützt durchHerrn Sichers Geld und Glau
den, die Unterstützung der Schulbehörde
und die tätige und enthusiastische Koopc
ration von Herrn P. P. Clarton, Vor
sitzenden des Erziehungswesens der Ver.
Staaten, und Professor John H. Finley
und feinen Mitarbeitern Arthur D.
Dean und Frau Anne Hcdges Talbot
dom staatlichen (trzichunqswcsen New
Forks, Herrn William H. Mazwell. Su
perintendent dcr New Yorker Schulen.
Frl. Lizzie Rcctor. Dr. Julius Sachs,
Mary Antin. Autorin von The Pro
miscd Land", Prof. Jeremiah W.
Jcnks von der New Yorker Universität.
Handelsschule und eine lange Reihe an
derer.
Das Erperiment. setzt in ftinem drit
ten Jahre, chat vor Augenschein geführt,
daß in LZ Wochen ein unwissendes Mäd
chen, frcmdgeboren und erzogen, sich zu
einer klugen, anstelligen amerikanischen
Frau entwickeln kann, mit einem Fond
von Wisse, der sie befähigt, den Kampf
mit dem Äben wohl ausgerüstet aufzu
nehmen. In dcr Schule wird das Mäd
chcn während feiner Arbeitszeit durch
eine Lehrerin der New Yorker Volks
schule unterrichtet, und zwar in dcr eng
Iischen Sprache und allen Elementar
fächern der Volksschule; gleichzeitig wird
sie durch Anschauungsunterricht in die
Mysterien ihres Erwerbszweigcs ringe
führt. Sie wird während ihres täglich
dreioiertelftündigen Unterrichts im Ge
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Eine Gruppe' Fabrik-Tchülerinncn ans den KrirgSzonrn.
brauch der städtifchen Wohlfahrtscinrich
tungeii, der Verkehrswege und mitiel
unterrichtet und erhält trotz dieser Ver
günstigungcn ihren vollen Wocheiilohn,
Die Arkitcrinnen sichen während des
ganzen Tages unter Aufsicht einer Ge
fcllschaftsdame, die die Mädchen bktrcut
und bemuttert, und kommt ein Unfall
oder Krankheitsfall vor. so ist ein kleines
Fabrikhospital da. in dem sie erste Hilfe
lciftung erhalten. Die Gesundheit fei
nes Personals ist Herrn Sichcr bcson
dirs, wichtig.
In einem kleinen, hübsch ausgestatteten
Büchlein: WKcre Karments and Amer
icans are made", publiziert von dcr
Writcrs Publishing Co.. New York, hat
Jcssie Howell McCarthy. frühere Lehre
rin am Pratt Institute und Hebrcw
Technical School for Girls, den Lehr
gang einer Arbeiterin in dcr Sichcr
schen Fabrikschule .beschrieben und dabei
mit liebevollem Eingehen auch die gcsel
liqe Seite der Organisation beleuchtet.
Wir machen die Bekanntschaft von
Marja, einem ungarischen Mädchen, das
nach New fjort kommt und, unkundig
dcr Landessprache, auf die Arbeitssuche
geht und Anstellung in der MuslinUn
tcrzeugfabrik von D. ö. Sicher & Co.
findet. Aus dem kleinen dummen Mäd
chcn wird in !lürze eine aufgeweckte
Schülerin, die begierig nach allem Wis
scn strebt und mit eisernem Fleiß sich
alles das anzueignen sucht, was ihr zu
ihrun Fortkommen nützlich ist. Sie rc
präsentiert den Typ der Einwanderin,
wie sie a dcr Ostscite zu finden ist, eine
Dutzcndcrsct,e!nung dcr niederen arbei
tenden Klasse.
Die sociale Stellung d-i Einwanderer
zu heben, ist eine andere Aufgabe, die in
dcr Sicher'schen Fabrik mit vollem Er
folg gelöst Wird. Die Mädchen haben
ihre Erholungsräume, Bibliothek, ihre
Tanzklassen und kleine gesellige Veran
staltungcn, bei denen künstlerische Vor
führungcn von Mitgliedern geboten wer
den. Ein Ferienfonds ist gegründet wor
den, dcr ihnen Gelegenheit gibt, im Som
mer sich eine kurze Erholungsreise zu
leisten. Das kleine Werk ist' mit hüb
schen Bildern ansaesiattet, die einen
Usberblick über die Eebul- und Nähklaf
sen. Hospital und Bibliothek der Fabrik
geben. Wertvolle Aussprüche und Mei
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Nach der Arbeit das Vergnügen.
Ckn: Tas Hospitalimnicr.
nungsäußcrungen bedeutender Müuner lyn, dcr in einer Ansprache an die Lch
und Frauen sind als. Geleitworte beigegc rerschaft der öffentlichen Schulen im
bfn. Wir zitieren hier Herrn Lcwis H. September vorigen Jahres folgendes
Pounds, Borough-Präsidcnt von Brook sagte: .Anzügliche Reden und Schmä
hungcn werden den Hyphen" nicht aul
unserem nationalen Leben treiben, das
kann nur durch den Prozeß der Erzie
hung geschehen."
Sne Stunde bei
einem Aiener Zuwelier.
eeruf
der Krieg ausbrach, da
meinte jedermann, daß Edel
steine und Perlen jekt aus
gespielt hätten. Auch die,
weich berufsmäßig damit zu tun hat
ten, waren dieser Meinung. Alle Werte
erschienen niedergebrochen, und die nutz
lose Schönheit für immer abgetan. Aber
trunderbarcrweise sollte sich bald das
Gegenteil herausstellen. In dem unge
Heuren Wirbelsturm blieb nichts so fest
wie die Werkn und die Diamanten. Ein
Angehöriger der kriegführenden Staaten
wird in der Schweiz vom Kriegsaus
bruch überrascht. Er will sein Papier
aeld schnell einwechseln, aber man bietet
ihm einen so schlechten Kurs, daß in
Gefahr ist. mittellos dazustehen. Da
fällt ihm ein, den Schmuck feiner Frau
zu verkaufen, und es stellt sich heraus,
daß der zu einem hohen Preis genom
wen wird. Die wahren Werte können
eben durch nichts erschüttert werden.
Brillanten ßno heute um SO bis 40
Prozent im Wert gestiegen. . Die
Edelsteine verdanken die Unzerstörburkeit
ihres Wertes nicht ihrer Nützlichkeit, son
dcrn gerade dem Umstand, daß sie über
alle ?cützlichkcit erhaben sind. Ohne das
Überflüssige wäre das Notwendige über
flüssig. Dos Nützliche wirbt um den
Luzus. .Ist doch auch das Gold gerade
dadurch, daß es für den Alltag zu gut
ist, zum Träger aller Werte geworden
und dadurch zum Nützlichsten aller Me
talle: es wurde zum Geld. . Die Edel
steine sind im Reich dcr Materie, was
die Ideale im Reich deS Gemüts sind,
die Gedanken im Reich des Geistes.
Edle Steins waren zeitlebens mein
Entzücken. Im Beschaue eines Feuer
opals kann ich endlos verweilen, es ist
mir schwer zu. sagen, was mir lieber ist:
ein Carneol, ein , Türkis, ein Chrhso
pras, ein Beryll, ein Topas? In Lon
von sah ich vor zwanzig Jahren im
Kensinzkon Museum einen Periodot,
dqj unaussprechlich saftiges Moos
gru mir unvergeßlich geblieben ist. Er
war grün wie der Meeresgrund, wo er
am tleffic und geheimnisvollste ist.
Gerne folgte ich daher der Einladung
des mir befreundeten Juweliers, der mir
so hübsche Geschichten auS seiner Ge
schäftZersahrung zu erzählen wußte. Die
Juweliere stehen , auf einem Beobach
tunZWostca des geseUchsstlichen Lebens,
der "ihnen tiefe Einblicke gewährt. Sie
s-id die Vertrauten .der Reichen und
Mächtig?, zu ihnen eilt man bei matt
rollen Katastrophen, sie sehen das Buf
uns Abfluten des BesitzeZ und die Rück
Wirkung dieser Umwälzungen auf den
Ckförni., Kein Stein, keine Perle, m
die sich nicht ein? NodeLe, ei Romast
rankt; manches Kleinod,, das hin und
b-r gcKandert ist, könnte -Bände - tu-'zählen.-
" -
Znzm Sie mir Ihre Schatz:'" .
2;.3il .brir?t röt die Etuis in allen.
', und Großen. -
.'sei: wann min jciebrt giZsuZtZ". -
Seit einigen Monaten. Als der Krieg
ausbrach, stockte das Geschäft gänzlich.
Neun Monate lang kaufte niemand das
kleinste Stück. Jetzt hat sich das oe
ändert. daS Geschäft ist mit einem Schlag
in Fluß gekommen."
Leicht zu erraten, wer die Käufer
sind: Militärlieferanten! Der Krieg hat
VermLgensverschiebungen hervorgerufen,
die vom neuen, Reichtum Berauschten
haben das Bedürfnis, sich den Um
schwung ihrer Lage durch sichtbare Ge
genstände zum Bewußtsein zu bringen.
Es ist für den Markt stets von großer
Bedeutung, wer zu Besitz und Vermögen
gelangt. Mein Juwelier verrät mir:
Große Steine. Brillanten. BoutonZ
von 10 bis 12 Karat aufwärts werden
jetzt diel verlangt. Diese Ware z. B. ist
für Parvenüs; die wollen ihren Reich
tu sinnfällig vor sich haben und diese
Sensation verschaffen ihnen nur große
ticke Steine. Eine zierliche Arbeit be
deutet ihnen nichts."
Sie haben in Ihrem Geschäft ein
eigenes Fach für Parvenüs? Und die
Leute haben das auf der Visitenkarte
stehen?"
.Nicht auf der Visitenkarte, aber auf
ihrem .Gesicht."
Ich lasse die Perlenschnllre durch die
Finger gleiten und frage:
.Hat der Krieg eine besondere Mode
hervorgebracht?"
.Nein, aber er hat die Bevorzugung
der gröberen - Ware bewirkt. Erzeugt
wird jetzt wenig, unsere Arbeiter werden
wegen ihrer technischen Geschicklichkeit
auch von der Kriegsverwaltung sehr ge
fchatzt und sind daher samt und sonders
eingerückt."
.Wie wird es künftighin mit der
Mode werden? Paris, bisher tonan
gebend, soll ja dom Thron gestürzt wer
den?"
Hm, früher bin ich jedes Jahr nach
Paris gereist unv habe mir dort das
Neueste angeschaut und dem Gedächtnis
eingeprägt, auch bei den Juwelenzeich
nein einzelne Blätter für schweres Geld
gekauft." -
.Warum sollte sich dieser Geschmack
nicht ebenso gut, bei uns entwickeln las
sen? Das wäre doch ein Feld für un
fere Damen? Oder versteben diese es
nur, das Geschmeide zu wählen und an
zustecken? Sind sie nur Kenner. Kri
tiker, aber unproduktiv?"
Keiner der Juweliere, die ich bisher
über diesen Punkt befragte, konnte mir
einen befriedigenden Bescheid geben.
Alle erklären, bis jetzt wäre es nicht mög
Zich gewesen, brauchbare Modelle im In
land zu erhalten, und als Grund geben
sie an, daß der Absatz bei uns zu gering
sei. -.Weil zu wnig Fremde kommen".
In PsriS seien die Verhältnisse anders.
Tort 01 xS nickt weniger als IN Zeich
ner. Hier, bei uns (ich spreche von
Ostamtf,' leinen einzign! Mir ist
das unfaßbar. Ich kenne Damen mit
erlesenem Geschmack und mit produk
tiver Phantasie gerade in diesem Bereich.
Ich traue ihnen daZ Schönste und Feinste
zu. Sie würden es sicherlich mit Paris
ausnehmen können. Man muß sich nur
bemühen! Ich habe die Herren Juwe
liere bitte um Verzeihung im
Verdacht, daß sie ähnlich wie unsere
Herren Theaterdirektoren aus Gewöhn
heit und Vorurteil nach Paris gegangen
sind, während vielleicht das Gute, am
Ende sogar das Bessere, so nahe liegt.
Warum gehen die Herren nicht nach Ha
nau und Pforzheim, wo die berühmte
Feinindustrie für Juweliere besteht? Es
wird interessant sein, diese Frage zu
klären. Wie gesucht und wie hochbezahlt
waren noch vor wenig Jahren die Ar
deiten von Lalique.-dcr sich im Flug zu
einer Weltberühmtheit emporgeschwun
gen hatte! Er verstand es, ziemlich min
derwcrtiges Material in kühner Weise
derart zu gestalten, daß es durch seine
Neuheit und Eigenart blendete. Eine
Zeitlang waren diese Äinae höchst mo
dern. Lalique wurde Millionär, ober
seine Erzeugnisse werden heute so wenig
geschätzt, daß die Juweliere die noch vor
bandenen Stücke demolieren und de.i
Goldwert verkaufen. Den Kunden dür
sen sie nicht einmal vorgezeigt werden.
.Was erzeugt London?"
-.Nichts, was in Betracht kommt.
Tort ist aber der Einkaussmarkt für
Farbsteine: Rubine und Saphire."
In diesem Laden hier ist von meinen
geliebten Halbedelsteinen wenig zu sehen.
Mein Freund befaßt sich nur mit Dia
manten, Perlen, Smaragden, Rubinen
und Saphiren. Andere Steine verwen
det er prinzipiell nicht, weil die Arbeit
an einem solchen Stück mehr kostet wie
das Material. Der Kauscr solcher Ware
zahlt viel, ohne einen sicheren Wert zu
besitzen.
Diese Bandeaux dagegen, Diademe,
die ganz und gar aus Brillanten be
stehen, sind reiner, unvergänglicher Wert.
Sie. sind auf Platinreifcn befestigt,
d jemr gefaßt, d. h. ohne Unterlage,
und können durch einfaches Abschrauben
vom Reif und Umdrehen in Kolliers
verwandelt werden. Man achtet bei den
Riviören (Kolliers) auf möglichst flache,
fast unsichtbare Fassung, damit sie mög
lichst zart und weich auf dem Halsaus
schnitt liegen. Tie Diamanten sollen
möglichst weiß sein, am besten bläulich
weiß, nicht zu dick im Körper, der
Schliff ezakt. 12,000 Kronen kostet das
-Karat im Einkauf, ein einziger Stein,
wie ich solcher mehrere in der Hand
halte, hoi 10 Karat. Eine Perlenschnur,
die fedeikicht wiegt, repräsentiert 100,
000 Kronen. Mein Freund macht mich
auf die schönste in der Reihe aufmerk
sam.' die Perle unter den Perlen. Sie
ist vollkommen rund und hat einen rosi
gen Schimmer. Diese eine Perle kostet
10,000 Kronen. Wäre die ganze Reihe
der einen gleick, so hätte die Schnur den
Wert einer . Vicrtelmillion. Ich habe
die schönste wstinkiiv herausgefunden,
ohne ein .Kenner" zu sein. Um diese
Schnur zu erstehen, inaebte der Juwe
lier vor zwei 3?nrn eine Reise nach
Warschau. Jetzt liegt sie seit zwei Jak
reg . in der Vitrine und frißt Zinsen."
Eine seltlame Vsrftellur. dak ein
Schmuckstück bloß durch seine Existenz
Werte verzehrt! Es liegt also im Volks
wirtschaftlichen Interesse, daß die schone
Schnur ehestens an einen warmen, run
den Fraucnhals gelangt. Tann hört sie
auf. Zinsen zu fressen. Oder frißt' sie
auch dann noch weiter . . . ? Am Ende
frißt die Perlenschnur zuletzt ihren eige
nen Wert auf.
Auch von den Smaragden fallen mir
die schönsten sogleich in die ?lugen. Tie
samtgrünen, tiefgrüncn werden bevor
zugt; die kommen aus Indien. Sibi
rische sind weniger kostbar und weniger
schön. Ganz reine Smaragd: sind se!
ten. Ein achtkaraiiczcr Stein hat einen
Wert von rund 18,000 Kronen. Es ist
aber wunderlich, daß der Smaragd, so
herrlich er ist. stcis die Nachbarschaft
eines Diamanten braucht, entweder eines
großen oder die Fassung vieler kleiner,
die ihn umsäumen. Dann wirkt er
nobel. Wenn er sich in schlechte Gesell
schaft begibt oder ollein auftritt, macht
er keinen besonderen ßindriic, er gleicht
dann einem gewöhnlichen grünen Glas!
Immer braucht er den Diamanten, dann
schlägt er ihn aber durch seine Farben
Pracht.
Rubine sind weniger geschätzt, seitdem
es ein Verfahren gibt, sie künstlich zu er
zeugen. Tie schönsten und edelsten, die
der Kenner mit Sicherheit von den künst
lichen unterscheidet, heißen .Tauben
blut" und stammen aus Birma, während
die aus Siam dunkler und nicht den
vierten Teil wert sind. Auch von den
Saphiren sind die aus Birma die kost
lichsikn und in letzter Zeit enorm im
Preise gestiegen. Tie schönsten sind
kaschmirblau. Den herrlichsten, in Pla
tin gefaßt, stecke ich an den Finger. Ich
würde den Stein nach zwanzig Jahren
wiedererkennen. Er glüht in einem my
stischen Blau, in dem das Auge ertrin
kcn möchte. Sein Feuer ist wie ein
Strahl aus einer anderen Wtlt.
Inst in dieser Minute tritt ein öster
reichischer Aristokrat, ein Fürst mit histo
rischem Namen, in den Laden und ver
langt Ringe zu sehen. Da er gerade
Saphire bevorzugt, muß ich den Ring
dom Finger ziehen, mit dem Stein, der
es mir angetan hat. Der Fürst kauft
ihn gelassen vor meinen Augen. Ich
sehe es mit Wehmut . . .
Noch diele Herrlichkeit wird vor mir
ausgebreitet: umlegbare Haarnadeln.
Haarreifen, die man in Armbänder ver
wandeln kann, Gürtelspangen. Ohrringe
mit mühsam zusammengesuchten Per
kn, die ss schwer zu finden sind, wie
zwei geschwifterte Rappen' oder Schim
mtl; einzelne davon im Wert von 60,
000 bis 70,000 Kronen. ES ließe sich
diel darüber sagen und auch Mehrere;
träumen. Wünsch: wachen. daS Blut
pulsiert. . .
Eben habe ich mich überzeugt, wie
schnell manchmal ein Kauf zustande
kommt. Ich frage, ob das immer so ist?
.0. das ist sehr verschieden." lautet
die Antwort. .Wenn der Schmuck für
die Geliebte ist. geht es rasch; wenn er
für die leäitime Frau bestimmt ist, dann
überlegt d?r Kaufr febr lange. Gewöhn
lich wird für beide zugleich gslanst. Die
Frau bekommt ein eoldenks Täschchen,
die Freundin ein Kolli?. Viele Herren
izabea poti Äonti ,,,
Schwestern.
Won Johannes Buschmann.
Drei Monats waren wir durch Nord
polen und Litauen marschiert. Immer
hinter den weichenden Russen her. San
dige Kieferwälder und in endlosen Fei
nen verdämmernde Hügelwellen. Tage
um Tage ergingen, ohne daß wir eine
Wohnstätte fanden. Aber dann kam ein
Tag, da atmeten wir auf. Unsre Auf
aade war erfüllt, und wir bekamen den
Befehl zum Rückmarsch. In Wilna soll
ten wir verladen werden. Nach Frank
reich. Wir sangen, und die Musik spielte,
und wir hatten die Sonne der Heimat
vor uns. So zogen wir ein in die von
oldenen Kirckzenkuppeln überragte Stadt
Wilnä.
Und dort grüßten wir euch zum ersten
Male, wie ein sreundliches Wunder der
entgegenkommenden Heimat, euch deut
sche Schwestern! Wißt ihr noch von dem
jauchzenden Helmeschwenken überall, wo
ihr auf den Straßen ns begegnet? Von
dem Tücherwinken und dem Lachen, wo
mit ihr uns den Willkomm botet? Und
wenn ihr es auch vergessen habt, wir,
trogen's noch in uns wie den verlorenen
Sonnenstrahl eines vorzeitigen Früh
lingStages.
Es kam ein Jahr neuer Kampfe.
Nichts von der Unaufhaltsamkeit des
Vordringens im Osten. Wir lagen im
Schnee und Regen der Vogesen. wir ran
gen vier Wochen lang um Verdun; käst
liche, heiße Sommermonate, über die nur
ab und zu die Schauer des Kriegs flo
gen, sahen wir hinüber zu den Reben
hängen von Reims. Wir haben Flan
dein gegrüßt mit feinen geraden Alleen
himmelhoher Pappeln und den weiten
Soldatenfriedhöfen voll langer, langer
Reihen weißer Gräberkreuze. Und dann
kamen wir an die Somme. Einmal.
Zweimal. Ist das der Krieg? so fragen
wir. Und das von Granaten tief durch
pflügte Land, diese Schlammgräben und
mit Wasser gefüllten Trichter, in denen
wir tagelang lagen, daS unaufhörliche,
kaum an und abschwellende Dröhnen in
der Luft, die Brutalität dieses wehr
losen Sterben! so vieler, das brüllende
Ringen Wann an Mann, daS Zusam
menkrampfen aller Willenskraft, um
aushalten zu können, und dabei doch das
heimliche: Wie lange noch? das alles
antwortete immer wieder: Ja, das ist
der Krieg!
Hier kam die Stunde. Etwas wie ein
starker elektrischer Schlag, der den Kör
per durchzittert und ihn hinwirst. Ein
Schmerz, als wenn die Knochen ausein
ander gesprengt würden, nd da fließt
auch Blut. Verwundet.
Das Nächste bleibt etwas im Däm
mer: Zurücktranspoit. Ein etwas dum
pfer Raum, in dem ein Talglicht fwckert
und fchmutziggelbe Reflkie streut. Auf
Strohsäcken unkenntliche Gestalten.
Stöhnen in allen Ecken. Man legt auch
mich dahin. Noch ein paar andre wer
den aebracht. Tann kommt d?r Arzt.
Ich höre Murmeln, Worte, versteh aber
nichts. Man verbindet mich und spritzt
mir etwas unter die jsuit gj fein i
falle ich in einen liefen troumlosen
Schlaf . . .
Etwas lichter ist es um die nächsten
Tage. Auf einer Bahre im Auto. Im
Feldlazarett. Wieder eine lange, lange
Fahrt. Ueber allem liegt Rastlosigkeit,
Hast. Kommen und wieder gehen. In
einer großen Halle sammeln sich schlich
lich die Eindrücke. Kahle Wände, zer
brochene Fenster, die man mit Holz ver
fetzt hat. Bett an Bett. Hundert, zwei
hundert? Ich kann sie nicht zählen, aber
es sind ihrer sehr viele. Auf eines legt
man mich. Und nun ist ein fortwäh
rendcs Zu und Abtragen. Wo sie her
kommen, wohin sie geschafft werden,
weiß ich nicht. Der ganze Jammer des
Kriegs strömt hier durch diese Sammcl
und Verteilungöftelle.
Aber es weht hier auch der erste Hauch
heilender Güte. Wir sahen euch, Schwe
stcrn, seit jenem Wilnaer Einzugstag
noch oft draußen in den Etappenstädtcn
des Westens, rnd es war immer Fröh
lichkeit zwischen uns. ' Hier nun zum er
stcn Male kommt ihr im Ernst des
Krieg als Hclserinnen zu uns. Ihr geht
von Bett zu Bett, bringt eine Erquick
ung. rückt ein Kissen zurecht, erneuert
einen Verband, füttert dort den Käme
rgden, dem beide Hände zerschossen sind,
ihr habt für jeden ein Wort, eine Frage,
ein Lachen, und wenn ihr weitcrschrcitet.
dann wenden sich die Köpfe, und müde,
fiebernde Augen fchauen euch nach, und
es zuckt ein leichter Glanz in ihnen aus.
Sieben Stunden lag ich hier. Ohne
Unterbrechung wurden Verwundete hin
ausgetragen, und noch blieb der Saal
voll, denn ohne Unterbrechung wurde
auch immer wieder Neuangekommene
hereingebracht. Am Abend endlich kam
auch ich an die Reihe. Man fuhr mich
ins Lazarett, und da lieg ich nun seit
ein Paar Monaten.
Ich habe von den ersten Tagen dort
nur ine Erinnerung: Ruhe, wohltuende,
lang, lang entwöhnte Ruhe. Was an
Schmerzen mit dabei war und an heißen
Ficbernächtcn, verblaßt mit jeder neuen
Ißoch. mehr.
Denn diese Wochen, obwohl es All
tagswochen sind, ohne Höhepunkte und
ohne Tiefen und von sast odem
Gleichmaß, bekamen Farbe und heim
lichen Rhythmus durch die lichte Heiter
seit eures Tuns, ihr Schwestern. Viel
leicht tut ihr nicht mehr, als euch selbst
gewählte Pflicht ist. Vielleicht würde ein
von außen Hereinschauender nur den
geregelten Gang eines strengen Dienstes
sehen. Er würde auch eure Müdigkeit
und die Schatten vm eure Lider gewah
ren nach Tagen, die da! Maß eurer
Kraft überstiegen. Und wir wissen, sie
kamen oft. Aber wir fehen das olles
nicht. Wir sehen euch und das Werk
eurer gütigen Hände mit den Bugen der
Sehnsucht, mit Auezen, die in den Nacht
wachen draußen, dreißig Meter vom
Feind, und i dem großen Sterben heiß
und hungrig geworden sind nach einem
Schimmer von Freude und Schönheit,
nach leiser, ferner Zärtlichkeit. Wir füh
lcn nur, daß eure Sorge für uns denkt
und handelt, daß ihr jeden Wunsch und
jede Unbequemlichkeit und jede mögliche
Erleickitsruna voisuslibt. kr streitet
ourco unire Zimmer uno .aie mir u
lern inncrm Leuchten. Ihr kennt keine f
Ungeduld und ihr habt Zeit und Worte
für uns. Auch wenn drängende Arbeit
auf euch wartet.
Ich weiß, ihr habt für euern Pflege
rinncnberuf viel lernen müssen, und der
Staat hat euch, ehe er euch zu uns in
die Lazarette schickte, ein umständliches
Examen auferlegt, das ihr pochenden
Herzens wie nur je eine Prüfung be
standet. Und ich weiß auch, daß unsre
Wunden nicht so gut heilen würden,
wenn ihr sie nicht mit wissender, ge
übtcr Hand pflegtet. Aber daS Beste,
was ihr uns gebt, den Hauch der Frische
für unsre ein wenig hart und spröde ge
wordene Seele, das hat euch niemand
lehren können, und danach hat euch auch
kein prüfender Geheimrat gefragt. Denn
dos schenkt ihr mit der gebefrohen Kraft
euers Gemüts, Es sind nicht Worte,
wie wir für dieses letzte keine Worte zu
euch finden. Es ist ein Klang, der um
euer Tun schwingt, aber nun unsre Oh
ren hören ihn, und wollten wir mit dür
ren Sätzen davon zu euch reden., er
würde zerfließen.
Erinnern Sie sich noch jenes Kamera
den, Schwester Annemarie, dem ein Ge .
schoß den Sehnerv zerstört hatte? Er
lag immer stumm und regungslos in
seinem Bctt. Ganz feiten, daß ich ihn
sprechen hörte. Alle Teilnahmefähigkeit
und aller Lebenswille schien in der Nacht
seiner erloschenen Augen ertrunken 'zu
sein. Aber manchmal sah ich ihn lä
chcln, und es war dann, als ob ein newJ
Licht unter der Binde um seine Augen
hervorbrechen wollte. Das geschah, wenn
er Ihre Stimme hörte, diese Stimme in
der strahlenden Klangfärbung eines ganz
rein schwingenden Keigentones, gleichbiel
ob Sie nun hier bei uns oder draußen
auf dem Gang sprachen, oder ob Sie.
wie Sie es so ost taten, ein Lied fan
gen . . . Und irgendwie ist so in unZ
allen das Freuen und Lachen wieder er,
wacht und das drängende Leben.
Irgendwann kommt ober ja dann auch
einmal die Stunde, in der wir. ein we
nig unsicher noch und stützbedürftig, oder
vielleicht auch i voller, alter Kraft die
Arme ausbreitend nach der geliebten
rm l L. . r- t .. -
zum na teuauen uno iuns, uver
eure Schwelle hinausschniten werden.
Wir werden euch nie wiedersehen. Wir
weiden euch die. Hand zum Abschied rei .
chea und weiden euch danlen. Aber wir
werden diesen Tank niemals zu Ende '
fvrechen können, denn einen leuchtenden
Funken eurer schenkenden Liebe trage
wir mit hinaus. Nnverlüschbar.
Suchst du das Wissen der Menschheit
zu mehren.
Ewige mit irdischem Wort zu erklären.
Strebst du begeistert zum Urquell deö
Schönen, ,
Sei es im Bilde, sei eö in Tönen, "
Lösest die Seele du in Gesänge
Fürchte den Lobspruch der Menge!
Wenn ihr Klatschen dir Beifall kündigk,
Hast du an deinem Altare gefündizt," ,
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