Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, April 21, 1917, Image 2

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    He Cßsa TrlZLss
IieFämpsemderßljampagne.
Sln Rückblick,
von Major a. D. E. Msraht.
Tllrch den Sturmangriff der deutsche
Truppen im Raume von Ripont in dek
Ehampaane bat sich der alte Kampfpla
wieder belebt, um den die Deutschen mit
ihren französischen Gegnern feit dem
h-rbst 1914 gerungen haben. Es war
ri Strich durch die Rechnung der fran
sischen Heeresleitung, daß der Rückzug
von. der tarne in et Champagne ot
endet wurde. Die französische Ctrateqi
und die zur Verfügung stehenden Kräfte
r Alliierten, letztere den Deutschen diel,
fach überlegen, reichten damals nicht auS.
dtt st au? franzosischem Gebiet heraus
zudrängen. Sehr ernste Kämpfe haben
sich in den Kriegsjahien zwischen ReimS
nd Vertun abgespielt, aber in der
Champagne waren sie am schwersten
Vor zwei Jahren, am 16. ffcbruat 1915,
aciben die Franzosen den Auftakt zu den
fast fünfwöchigen Schlachten, welche
unter dem Namen .Winterschlacht in der
Champagne zu ammengesakt werden,
Der Führer der Heerestruppe, welche
dem grLNten französischen Heere stand
? Hallen hatte, das je auf einem engen
Raum angesetzt Kar, um durchzustoßen
war der Generaloberst v. Einem, und
unter lhm standen die kommandierenden
Generale Riemann und Fleck. General
Joffre hat nacheinander mehr als sechs
dvllaufgcfllUte Armeekorps und gewa!
tige Massen n Artillerie eingesetzt.
Innerhalb 24 Stundeniurde egen
f.i'.e nur 8 Kilomeier breite ;3?ront, welche
von zwer schwachen rheinischen Xvav
fronen verteidigt wurde, oft mehr als
tzugdtttZauZens Eschug geworfen.
Die Bedeutung der .Winicrschlacht in
cer Champagne" ist damals in der
Heimat wohl gewürdigt worden, und ich
konnte damals hervorheben: Mit er
eiitern Tank blicken wir auf unsere un
vcrgleichlich tapferen Truppen, die sich in
vk'wSchenLichem Ringen gegen eine
sechsfache Uebermacht glänzend bewährt
haben.' Die Franzosen büßten damals,
wie sie selbst zugestanden haben, 4ö,000
Tote und Verwundete ein, also etwa 1
Arm!or?Sx aber auch die Deutschen
, hatten Opfer zu bettagen. In den
Tage des Krieges' habe ich dazu ge
schrieben: .Wir stehen vor dem Erfolg
der .Winterfchlacht in der Champagne'
geitz nicht leichten Herzens. Unsere
Opfer sind schwer gewesen: 15,000
blühende Menschen mußten auf schmalem
Naum zum Besten des Vaterlandes
bluten. He und Vaterland wissen, daß
sich große Ziele in diesem Kriege nicht
ohne große Opfer erreichen lassen und
. daß noch manches Heldengrab sich wol
den wird, ehe da? Ziel, der Friede, er
reicht ist. Wöge er Deutschland in eine
polnische und militärische vage bringen.
d.e aller Opfer wert ist.
. Ss . vor zwei Jahren. Kaum ein
. halbes Jahr verging, da raffte sich der
franzonzche Generaliisimus, dem man m
: Frankreich feine Neigung zum Zögern
vorwirft, zu einem neuen gewaltigen
Turchbruchsversuch auf. Strategisch
sollte er kombiniert werden mit dem
ei'ien großen Angriff der Englander.
den sie mit ihren neugebildetcn Armem
im ArtoiS unternahmen. Die Deutschen
waren fa glücklich, den grundlegenden
Armeebefehl in ihre Hände zu bekommen.
den Ioffre am 14. September 1913 er
ließ. Ich habe damals zu jenem Befehl
demeru: ' juy t es nichts Wunder
bares, daß der Heerführer sich an seine
kommandierenden Generale wendet mit
einem Lcfehl, der mehr den Charakter
einer Unterweisung hat. Aber der In
halt gibt uns, als Feinden Frankreichs,
, f, dichtige Aufschlüsse, daß man die
Stunde preist muh, in welcher der Er
lah in unsere Hände siel. Am Anfang
und am Schluß steht mit wenigen Wor
ien, waS dem französischen Heerführer
die größte Sorge bereitet: Der Geist der
. Truppe ...In dem Geist der Trup
pe beider Heere liegt die Erklärung für
das Mißlingen so mancher französischen
Offensive.' Es lohnt sich, einiges aus
dem Befehl in, Erinnerung zu bringen.
Jgsfre schrieb an die kommandierenden
(Generale: .Der Geist der Truppen und
ihr Opfermut bilden die wichtigste Be
dinaung des Angriffs. Der französische
Sowai schlägt sich um so topserer. je
besser er die Wichtigkeit der Angriffs.
Handlung begreift, woran er beteiligt ist,
, und je mehr er Vertrauen hat zu den
' von den Führern getroffenen Matznah
weg.' Tan kommt die Aufklärung
iht die günstigen Bedingungen, unter
denen der große Durchbruchsversuch ge
wagt werden sollte, und über die polt
t-.sckie Notwendigkeit, welche für den Ent
sä-luß vorlag. .Die Deutschen' sollen
au! Frankreich versagt werden.' Ein
glänzender Siez über die Teutschen wird
die neutralen Volker bestimmen, sich zu
unsere Gunsten zu entscheiden.'
.Der Feind wird gezwungen, sein Vor
ejeljen gegen die russische Armee zu der
kr. gsamen Die Angriffstruppen
habe die Stärke von mehreren Armee
und verfugea über neue nd dollständige
KrieaZmiiZel. Die Zahl de, Maschinen
?wehre ist mehr als verdoppelt. Der
für jedes Geschütz vorgesehene tägliche
WunitirmSerfatz iibertrifst den bisher
Z:ma!S ftstgestelliea größten Verbrauch.
Die Kl!chenerArmkkn haben ihre
Landung in Frankreich beendet.' Die
Deutsche haben ihre Kräfte nach der
. russischen Front gezogen und besitzen nur
fthr dürftige Reserven hinter der dünnen
Linie ihrer Grabenstellung.' .Der
Lnniff soll in allgemeiner sein. Die
k?q:ische Truppen werden mit bcdeu
tendea Kräften daran teilnehmen.'
,T!e k'ZH?? untätig gehaltenen Teile der
französische Front werden den erschüt
vtitn Feind reifen, um die Unord
r.iv.n zu vervollständigen und ihn zur
klnsiös i bringen.' .Es wird
rch'fiir alle Truppen nicht nur darum
handeln, die ersten feindlichen Gräben
'q,ttkm', sondern ohne Ruhe Tag
m:d?.scht dLkchLoßk über die zweite
und dritte Linie bis in das freie e,
lande. Die ganze Kavallerie wird an
diesen Angriffen teilnehmen.' .Diese
Umstände sichern den Erfolg."
Und nun kommt wieder die Sorge um
den Geist der Truppen: .Die Bekannt,
gäbe dieser Mitteilungen an die Trup
pen wird nicht verfehlen, den Geist der
Gruppe zu oer Hohe der Opfer zu er.
heben, die von ihr gefordert wird. Es
ist daher unbedingt nötig, daß die Mit
teilung mit Klugheit und Ueberzeugung
geicoieyl. Ein französischer Regiment
kommandeur befahl, den Leuten beareis,
lich zu machen, die von ihnen geforderte
Anstrengung könne derartige Folgen
haben, dah der Krieg binnen kurzem mit
einem scyiage zu Ende fei. Der Kom
mandeur der englischen Gardedidision.
welche ,m ArtoiS ihr Heil versuchen
puie, ftkunvierte dem General Josfre
.Möchte sich jedermann vor Augen hal
tcn, daß von dem Ausgang dieser
cyiacht vas Echiasal kommender eng
lisch Generationen abhängt.' Und
wie sah der Erfolg aus? Die bereit?,
stellten 93 Divisionen der Alliierten, also
uver anderthalb Millionen Mann, eine
überstarke Artillerie von 2000 schweren
und 3000 leichten Feldgeschützen haben
die vordersten deutschen Linien ein we
nig nach Norden gedrückt auf der schma.
ien ixronr von 25 Kilometern. Die
französische Verluste betrugen an To
ten. Verwundeten und Gefangenen in
bestens 130,000 Mann und die engli.
schen im Artois 0.000. Der Geist des
Aushaltens, der Unterordnung, die Auf
opferung. wie ihn die deutschen Imp,
Pen gezeigt hatten, triumphierte über
den Geist der französischen Truppen,
und die Rechnung des Generals Josfre
zeigte sich als eine völlig verfehlte.
Es sind noch mancherlei Kämpfe seit
den Herbsttagen des Jahres 1915 in
der Champagne ausgekochten. Der von
den Franzosen mit blutigen Opfern er
kaufte geringe Raum zwischen Auberive
bis westlich Massiges wurde nach und
nach verkleinert, die Teutschen kämpften
mit Erfolg bei Tahure. Und durch alle
diese Kampfe wurde der französischen
Heeresleitung klargemacht, daß auch
nicht der Schatten einer Aussicht bestand,
die Deutschen aus dem Raum, der die
kürzeste Bahnverbindung zwischen Ver
dun und Paris bedrohte, nach Norden
treiben zu können. ES war unmöglich,
sie durch Verjagen aus der Champagne
in den Argonncn. bei Reims und bei
Verdun zu gefährden und ebenso aus
sichtsloS wurde das Abschnüren der bei
Soissons und Nohon vorgeschobenen
Armeeteile, die wegen der Bedrohung
von Paris den Franzosen immer ein
Dorn im Auge waren. Die Kämpfe an
der Comme im Verlaufe des letzten
Sommers haben nur bestätigt, was die
Kampfe m der Champagne und im Ar,
iois fchon bewiesen hatten, und wenn
man an der Hand des französischen
Armeevesehls und des englischen Tlvi
fionsbefehls veraleicht, was erreicht wer
den sollte und was erreicht wurde, fo
kann man it verstehen, wie noch
immer die englischen Großen rn Zivil
vno Miuiarroacn von oem nase vcoor,
siehenden Sieg über die westliche deutsche
Front schwärmen können. Es liegt uns
gänzlich fern, die Kampffähigkeit der
besten französischen Truppen für die Zu
kunft anzweifeln zu wollen, und eS liegt
unS ebenso fern, die Masse der engli,
fchen Söldner zu unterschätzen. Aber
wir wollen sie auch nicht höher bewerten.
als sie eS verdienen. Der Geist der fran.
zöfifchen Truppen ist nur noch für kurze
Unternehmungen mit allen erlaubten und
unerlaubten Mitteln anzufeuern, und
das .Schicksal kommender Generatio
nen Ware Ichlimm gefährdet, wenn eS
lediglich in den Händen unfähiger engli
scher Führer und der notdürftig ausge,
bildeten Milizarmee liegen würde. Als
die Gegner daS deutsche Friedensange.
bot ablehnten, waren .die Teutschen
nicht auS Frankreich verjagt'. Es ha
ben zwar noch immer neutrale Völker
sich gefunden, welche von der Kraft
Deutschlands und der übrigen Mittel.
mächte wenig oder nichts wissen. Der
überkluge Bratianu ist den Phrasen
verfallen, welche mit Erfolg, fast besser
wie die gegnerischen Gefchiitze den Ver
stand der Neutrale bombardieren. Die
Kitchener Armeen' haben zwischen
Somme und Anc bis zu 13 Kilometer
vorwärts Raum gewonnen und dafür
gegen eine Million Tote und Verwundete
liegen lassen. Die .sehr dürstigen Re
ferven Teutschlands hingegen sind
tarier und stärker geworden, und wäh
revd aus dem Durchstoß der Feinde
.ohne Ruhe Tag und Nacht' nichts ge.
worden ist. sind die Deutschen Tag und
Nacht bereit, den Gegner gebührend zu
empfangen.
DaS hat jetzt die Heeresgruppe be
deutsche Kronprinzen bei Ripont be
wiesen. Es ist derselbe Raum, de ich
im Juni deS Jahres 1913 besuchte und
über den ich berichtete: .Ich beobachtete
aus eigenen Tivisions-Gefechtsständen
heraus die brachliegenden Felder, die
zerstampften Fluren, die starren Ruinen
der einst blühenden Dörfer. AuS dem
saftige Eru der Halme leuchteten im
Sonnenstrahl die bunte Uniformrefte
gleichsam abmahnend hervor. Den sie
verhüllten nur durstig die benagten
Skelette der einft so tapfere Angreifer.
Die französische Heeresleitung will diese
Mahnung nicht verstehen. Furchtbare
Opfer bringt dieses Volk aufs neue seiner
Idee vom Siege, an den wahrscheinlich
die gewissenlose Opftrxriefter der ftan
zösifchen Jugend selbst nicht einmal
glauben.'
Die deutschen Truppe haben am 13.
Februar diese! Jahres vier feindliche
Linie in einer Breite von 2g Kilometer
in unaufhaltsamem Ansturm genommen,
und wir freuen uns, daß unsere Ver,
lüfte nur gerina waren. Das verdanken
Msachheit.
von lZm Müller (Wcnf.
Jüngst bin ich nah von Dresden
durch de Ort Hellerau gegangen. Es
war ziemlich spat , der Nacht, die klet,
nen Häuser lagen ruhig im Mondlicht,
ein starker und doch duftvoller erbst
otem kam übet die Aecker her. die gc
buckelten Hügel entlang, auS den prunk
losen Vorgärten. Hcllerau ist ein Torf.
sonst nichis. Aber es untercheidct sich
ven anderen Dörfern dadurch, daß nicht
Bauern darin wohnen, sondern Städter
und zwar Stadter des zwanzigsten.
vielleicht sogar des einundzwanzigsten
Jahrhunderts. Ueberdrussig aller bun
ten Pein, haben sie sich aus dem Ge
wirr der Großstadt hier hinausgesiedelt
zum Gcsundwerden, und in der ruhigen
Weite einer fast hieratisch strengen
Laiibschast stehen ihre Häuser nun be,
scheiden da wie Holzstühle in einem ob
tcn Tom. Die Häuser derer von Hel
lerau verschmähen das Uebcrflüssige:
Stein, kein Stuck, Mauern, nicht Fas
saden. Die einzige Zier wächst aus der
Erde herauf, Baume und wilder Wein.
Aus eine tiefe Weife ist alles einfach:
die Diele im Erdgeschoß, der Landweg
zwischen den Aeckern, der Postkasten an
der Tür, sogar die grauen, zartrindigen
Föhren am Teich, der gerade noch Raum
zum Rudern bietet, ohne damit einen
Alpensee vortäuschen zu wollen. Man
kann nicht selbstverständlicher sein als
die spröde Erde dieses Dorfes; und nicht
weiter entfernt vom Mummenschanz als
die Menschen, die hier geistig ackern
Inmitten eines offenen Gevierts sieht
auch der berühmte Palast, worin junge
Menschen aus Musik und Bewegung
einen neuen Rhythmus knüpfen lernen,
einen Rhythmus gebändigter, ruhiger
Lebensbezahung. Jetzt sind die Fenster
des Tanzsaales-dunkcl, aber morgen
wird es m seiner Halle wieder von jun
gen Stimmen blühen. . . . JndeS man
atmend weiter hügelan geht und den
frischen Nachthauch aus den Lippen
kostet, fragt man sich, was so stark, so
betörend gluckhaft wirkt an dieser land
lichen Szene. Und ein letzter neidvoller
Blick auf die Wohnstatten, die Felder,
die Menschen gibt Antwort: es ist das
Paradies der Einfachen.
Einfachheit lockt nicht das Wort
allein schon wie ein zunger, geheimnis
doller Zauber? Als ob man, staubig
und verdurstend, mit der Hand kristall
klares Wasser ans einem Brunnen
schöpfte, so erquickt trinkt man sich m
den Begriff ein. Wir haben olle zu
laut gelebt in den letzten Jahren; zu
laut, zu verworren, zu bizarr. In
einem Wett und Widerstreit hilcglci
chen, der die sozialen Klassen gegenein
anderpeiischte, in einer Jagd von Ehr
geiz, Wollen und Erraffen überbot ein
Bürger den andern. Wo Lärm ist, muß
man ja fchreien. um verrvmn,e zu
werden: und m subtropischen Palmen
Haus kommt der Klee wohl zu kurz. So
herrschte denn das Raffinierte auf al
len Wegen und kein Schnörkel war
schnörkelig genug. Die Mode machte
Jahr um Jahr ihren Bocksprung: heute
banden die Frauen sich ihre lltoae so
eng zu, daß sie nicht auf da Trittbrett
eines Wagens steigen konnten, morgen
bauschte sich ihnen die Krinoline wie ein
Großmutterkleid um die Glieder. Wer
Gäste rief, mußte ein Tischleindeckdich
haben; mit Schaudern gedenke ich der
endlosen Speisenfolgen, in deren Ma,
genpein alle feinere, geistige Geselligkeit
versank wie ein Geigenstrich im Trom
pctengeschmettcr. Geschenke, Blumen
konnte es einer noch nach Goethe! Mn
ster wagen, .mit einem bunten Bande'
Eindruck zu machen? Imitationen von
Edelsteinen und Perlen füllten unzählige
Schauläden; es gibt ja Wohlhabende,
die einen falsche Saphir dem echten
Amethyst vorziehen. DaS Reisen, das
Wohnungeinnchtkn, das Urteilen aller
Arten des Verkehr! von Mensch zu
Mensch waren so vom Ursprünglichen
weggerückt in! Bengalische, daß einen
manchmal die unbändige, leidenschaft
liche Luft überfiel, fortzurennen, irgend
wohin, gleichviel wo, nach einem Dorf
oder Weiler ohne Markt, in dessen
Bergstille die Stimmen wieder reiner
töntcn und dessen Luft einen für
Schwarzbrot und Ouellwasser' dankbar
machte. Und die Kunst ist es ihr
am Ende anders ergangen? Den Aeier
Ismus, Futurismus und alle anderen
Bizarrerie eineZ ubernervten Groß
stadtwahnS l Ehren: gewiß zuckt man
cher Krampf unserer Zeit in diesen Ge
sichtern, gewiß auch flimmert es zuwei
len magisch drüber hin von neuen Aus
drucksformen, die erst der morgige Tag
mit sozialem Inhalt füllen wird. Aber
Hand aufS Herz wer wird denn ganz
satt dabei? Führt nicht eine einfache,
schöne Melodie immer och tiefer zu den
Müttern hin als die brandende Orche
erwöge? Welches Staylbad von Er
quickung, welches Untertauchen in Selig
keit, welches Vergessen, wenn man jetzt
wieder einmal dem Figaro zxlauscht
oder Schubertlieder aus dem Munde
einer Frau wie Lili Lehman hört! Im
Lest eines Buche! von Stifter fanftigt
sich alle Zerrissenheit der Stunde; e!
hat die süß überzeugende Kraft der
Dämmerung. Und ein einfache! Hau!
anschauen, das, nur der Zmeckschönheit
dienstbar, vom Schnickschnack der Faffa
de ebensoweit entfernt ist wie von pu.
ritamscher Witzelei .solcher Anblick
wkr den arokaitiaen Worbereiiunaen.
Die deutsche Artillerie und Fluggefchwa,
der beherrich? me ampsiiiuanon unv
ssaren daS Blut der Infanterie. Die
Arbeit der Heimat wirkt. Truppe und
Heimatheer danken einander wechselsei
tig. und zufamm weiden wir, wenn
die Zeit der Entscheidung gchtommen ist,
die Gegner ikber den .Geist de! deutschen
Heeres' und de .Geist de! deutsche
Volks' zu einem NaHsenken bringen.
weiche kpmnttiG eine lange snevtnz
zeit einleite wird.
macht müde Augen gesund, nicht anders
all in grüner Rasen der ein Baum.
Ja. bekennen wir es nur: es ist wie
ver tne Zeit des Einfachwerden. un.
glück namenloser Art hat über die ganze
bewohnte Erde h! die Menschen ,u sich
selbst zurückgerufen. Uebermorge ver,
gessen sie das vielleicht wieder; sie ver
genen ja seit dem Beginn der Schöpf.
ung alles, alles sie tun eigentlich
nichts anderes al! vergessen, und wer sie
dauernd zu andern unternähme, der bisse
auf Gewohnheit, da! heißt also, auf
Härtere al! auf Granit. Aber heute
dürfen sie, müssen sie noch einfach fein;
diesen Gewinn wollen wir fassen und
mit beiden Händen inbrünstig festhalten!
Sozialer Zusammenschluß hat Immer
das ueoertriebene vernichtet und da!
Schlichte gedeihen lassen; man denke nur
a die Zeit der Reformation. Wie erst
die körperliche und seelische Not dieses
riegek! Nirgends habe ich dies so
stark gespürt wie zuletzt in Deutschland,
wo sie ja auch die seelische Verwaltung
icyneller zu ordnen wissen, und wo der
Geist von Potsdam und Sanssouci seit
je ein unverlierbare! Vermächtnis der
Pflichttreue aufgerichtet hat. Zumal in
der deutschen Provinz Ist jener Talmi,
omenkanismiis, den da! rasche Wirt,
fchaftliche Wachstum mit sich brachte.
einer schlichten, sozusagen materialechten
Lebensführung gewichen: die Friedrich,
siraße ist einstweilen fort aus ihrem
Leben. Einer traut dem andern tiefer
als anderwart!, und alle zusammen ver,
zichten sie williger auf Außcnornomente.
Ueberall in Deutschland fand ich den
Willen zur Schlichtheit, überall Gefühl,
Dankbarkeit und Talent dafür. In
Gesprächen um den Tisch und auf der
Eisenbahn, mit Offizieren, Kaufleuten,
Frauen, Arbeitern, bestätigte sich immer
auss neue der gesteigerte Sinn dieses
Volke! für da! Wesentliche. Die Sache.
der Kern, das Wesentliche das ist es,
was sie unverrückt vor Augen haben.
Das macht sie stolz und so bescheiden
zuglekch: bescheiden im Selbstbegnügen,
Sie kommen abend! nach Tisch zusam
men. Manner und Frauen, jeder be,
kommt eine Tasse Tee und bringt selbst
noch etwas zum Zubeißen mit und
un, unbeschwert von Gasterei und Toi,
letteängsten, tauschen sie ihre Meinum
gen über das aus, was ihnen einzig das
Herz erfüllt: über die Leistung und die
Zukunft ihres Volkes. Auch im Geist,,
gen, in der Art der Kritik, im gegen
fettigen Annähern und Begreisenwollen
fand 'ich .den Ruckweg zu einer Einfach,
heit, die sich nicht mehr vom äußeren
Sschellenttang betören lassen will, son,
der die das Verbindende, ollen Natür,
liche erspurt. So hörte ich alte Uni
versitätslehrer voll Verständnis von der
revolutionärsten literarischen Jugend
sprechen, und wiederum die Brauseköpfe
mit einer nachsichtiger gewordenen Fa,
milienzartheit von den gestürzten Göt
lern. Wenn erst die Lust am Paradoxen
schwindet, wenn der Wille auf das We,
sentliche sich richtet; dann sind die tnn
enden Ströme nicht mehr so reißend.
die Brücken nicht mehr fo ungangbar.
Tann stellt es sich schließlich heraus.
daß hüben und drüben alle daS gleiche
jun und leiden, weil alle da! gleiche
und: srme.erdgebunsent Menschen.
Ware es möglich, daß au! der Scha
delstatte des Krieges uns die gute Blume
der Einfachheit wüchse? Wir in Oester
reich sind wohl feit oltersher mehr dem
Farng!anz zugewendet, und wo Heb
bei grimmig den .immer gedeckten Tisch'
sah, dort ist Behagen eher zu Hause als
Begnügen. Dafür aber wie weist
unsere Umwelt, der Atem unserer Berge,
die Urwüchsigkeit unseres Landvolkes
uns zum rechten Leben hin! Wenn der
Oesterreich seine Erde berührt, sieht
er gesünder wieder auf, denn diese Erde
gehört zu den besten Bezirken im Krön
gut der Schöpfung. Alle spricht da
einen echten, unverstellten Dialekt: Melk
an der Donau, die blauen Augen des
Salzkammergutes, die mährische Hanna.
die grünen Wälder der Steiermark,
Böhmens Weizenfeld und Fischteiche,
das steinerne erhabene Gezack der Tolo
miten. Ueberall quillt Musik, die die
Zugabe von Lärm und Geschrei entbehr
lich macht, nirgends auch fehlt jene tie
fere .varialio', an der man es sich ohne
Darben genug sein lassen kann. Wein
an den Stöcken, Salz in den Schächten!
Dazu kommt die innere Eigenart deö
Oesterreichers, der mit einem angebore
nen Jmprovisationstalent sich leicht und
unpathetisch in alle Lagen schickt. Wir
lassen es un! wohl gerne gut gehen, und
fe spezifisch wienerische Nationalökono
mie. wonach man da! Geld, wenn man
es nicht sressen kann, desto leichter an
brmgt, hat schon Finanzmanner vom
Schlage Grillparzers arg erbost: dafür
fehle aber zum gute Glück aus der an
dere Seite fast ganz jene Eigenschaften,
die dem Einfachwerden am stärksten im
Wege stehen: Dünkel und Snobismus.
Laßt uns nur mit mehr Andacht das
Beispiel unserer Altvordern wieder her
vorhole, dene aus einem Glase Grin
zinger Weines echte! Vergesse quoll
und wir werden falschen Luxus nicht
entbehren. Enger ngeschmiegt an un
sen Heimaind, dere Frühling oller
Zauber hat, vertraut mit den Tälern
nd Bachen, in denen es von selbst
Schubertisch zu smae scheint, geläutert
durch de Opsnmut unzahliger junger
Weuschc, die one Gebärde zu sterben
gingen, werde wer die tiefere Besche!
denheit wieder gewinnen. Tann brau
che wir gar nicht erst weit zu wandern,
um un! der bvnte Lappen zu entschla
gen; a jedem Herd, unter jedem Obst
mch wartet eine kleine Freude. Die
Art de! einfache Volke! zu erlauschen,
mit ihm irgendwie l der letzte Leoen!
geniigsamkeit eins zu wden ist das
nicht auch eine Politik für die, de ge
fund au! dem Kriege hervorgehen?
Zan wnd, wie jetzt im Echirdenaraben
tie Gefahr, so nachher die innere Sich
Sei KMttz Halaat-Aei.
'Von Thea vsn S)utika,ncr.
Es liegt keineswegs bersteckt, da! tlir,
kische Iinanzminisieriiim, vielmehr an
der Hauptverkehrsader StambulS, in
einer Ecke de! BajasidplatzeS, der seinen
von Gartenanlagen geschmückte Halb,
kreis recht anmutig zu schwingen weiß,
Ader als Gebäude findet es wenig Be
achtung alle Blicke werden absiezoqen
von dem stolz in maurischer Architektur
aufragenden Seraskcrtor '. da! iibcidtc:
von zwei wichtigluenden Torhöusern und
einer langen Mauer flankiert wird und
fortwährend zu sprechen scheint: Mich
seht an. ich bilde den Eingang zum
KriegSministerium, und ist es nicht
Mai, ver die Esiunve regiert?
Unbestreitbar. Aber wenn Gott Mam,
mon heutzutage nicht mit War! verbun,
den daher schreitet, dann nutzt kein Feld,
hcrrnplan und keines Schwertes Tapfer,
tut.
Den verantwortungSreichen und durch
die Mißwirtschaft früherer Jahrzehnte
auch besonder! schwierigen Posten des
türkischen Finanzministers hat Talaat
Bei. der Minister des Innern, stellver,
tretend inne. Da! bedeutet sichere Ge,
währ' für seine ausgezeichnete' Verwal
,ung.
Seit einiger Zeit beherbergt das Fi
nanzministerium auch die Bureaus des
neugeschaffenen KriegsernährungZamtes
Vier ,t gew, ermaken die Ansauaunas,
zentrale für das in Anatolienö Wilajetz
so reichlich vorhandene Brotgetreide. Ich
läge: Aniaugungs und nicht etwa Aus
augungszentrale. Im Gegenteil: Bon
hier aus wandert ein Strom baren Gel
deö zu dem Bauern Anatolicns. anspor,
end zur Herausaabe und zu raschem
Abtransport des Körnersegens einerseits
unv andererseits zur besseren Ausnud
ung der vorhandenen Anbauflächen
Durch unermüdliches Umherreiscn, selbst
in eiitlezenen Gegenden, durch mund
liche Abspracht mit der Landbevölkerung
und den in Frage kommenden Behörden
hat Erzellenz Talaat in kürzester Z'it
ungeheure Erfolge ernelt und für die
land, und volkswirtschaftliche Zukunft
vcr .uriei angeoaynk.
Daß ich einsäe Worte mit ihm über
oicie vorzuaiict, funktionierende Neuoi
ganisation und über seine Reisen weck.
lein Durste, verdanke tch dem deutschen
eneraldireltor des Ernahrungsamtes,
der ehrenamtlich hier täiia den
cin,icr ans allen seinen Fahrten beglcj,
tct hat.
Kein Wunder, daß ich zweimal den
Weg vergeblich machte denn Talaat
Bei liegt auch noch die Sorge für eine
dritte Verwaltung, für das Gcsundheits
Wesen, ob. Aber als er durch den ge
nannten Generaldirektor. Herrn Konsul
Meyer, davon hörte, versprach er liebens
würdig, sich am nächsten Vormittag be,
stimmt sprechen zu lassen. Und ich
möchte mir nicht versagen, an dieser
stelle einen kleinen rAia zu erwähnen.
der so manchem meiner Leser daheim den
Minister menschlich naher bringen wird.
Ohne daran erinnert worden zu sein,
fügte Talaat'Bei. dessen Fciertaa doch
auf den Freitag fällt, besorgt hinzu:
,Aver es ist ja Konntaa. Wird das der
Dame auch passen?' Es hätte also nicht
der begeisterten Schilderung des .Ale
mann', nach dessen behaglichem Bureau
ich mich durch ebenso dunkellivrierte wie
dunlelhautige Diener durchfragte, be
durft, um mir Vertrauen zu der Person
lichkcit deö Minister! einzuflößen, über
die ich natürlich seit langem orientiert
bin, natürlich in erster Linie durch die
Wucht seiner Taten und den Klang sei
ner rsolgc, dann aber auch durch so
manche enthusiastische Bemerkung von sei
ten hiesiger deutscher. Diplomaten.
Der Sonntagmorgen Ist da. Ich bin
pünktlich zur Stelle, der Minister noch
pünktlicher ich brauche nicht zu war
ten.
.Busurun,' saaen die Diener. .Bitte'.
sagt Exzellenz Talaat. (Denn er lernt
auch Deutsch und trug lange ein kleines
Wörterbuch mit sich in der Brusttasche,
um nachzuschlagen, falls er Zeit fände,)
heit ein Band um die sozialen Klassen
schlingen; und was der Verwöhntere
nicht mehr erstrebt, soll dem Aermere
zugutekommen. Ja, vielleicht gibt eS so
gar darüber hinaus noch für den öfter
reichischen Partnularismus eine Gene
sung durch Einsachiverden, eine Gcsiind
heit durch Beschränkung auf das We
sentliche und durch Verzicht auf die enge,
selbstische Parteiwarte. Vielleicht, viel,
leicht . . . doch da! sind einstweilen noch
Traume. Und auch in diesem holdesten
Luxus, den Träumen, sei eine weise
Oekonomie un! Gebot.
Vor mehr als anderthalb Jahrhun
derte haben die Enzyklopädisten Aehn
liche! verkündet. .Zurück zur Natur,
rief der feiner Abenteuer müde Rouf
stau aber dem Wasserpredigcr ant
worieie silbern da! Lachen von tausend
schönen Frauen, die den gefüllten Wein
kelch mit kecker Gebärde fpötiisch an die
Lippen hoben. Die Einfachheit wurde
damals verlangt, weil es- der Menschheit
zu gut ging und da! ist vielleicht
kein richtiger Punkt zur Umkehr. Wir
aber sehen eine Menschheit leiden wie
reine je vor ihr darum wird unser
Verzicht tiefer halten. Die Not der
Stunde, sie selbst führt un! an die be
lazetdenen Brunnen Zurück, aus denen
der Arme sich tränkt und speist. Beu
ge wir uns nur ruhig hinab zum
Spiegel dieser Brunnen und reiche wir
uns dort brüderlich die Hand zum ge
nüsamen, pflichittare, runkloscn Le
ben. Fürchtet ein, daß er damit der
Freude entsage könnte? Keine Angst.
Aus einer Dachstube sehen die Sterne
sich am nächsten an; und wer schlicht
lebt, der lebt nähet bei det Seligkit der
rotzen, als er weiß. Denn das wahr
haft Groß war in seinem letzten
Grunde immer einfach; das wahrhast
Einfache aber ist groß und hunderttau
senssttlria.
Ein paar Worte spricht et poch mit
dem Unterstaalssckretar Hassan Tachstn
Bei, dem ich schon im Senat vorgestellt
wurde. Zeit also, ihn z betrachten. Bon
weitem, auf Bildern, ay tch ihn wer
weiß wie oft und fühle doch die Wert
losigkeit solchen Erblicken gegenüber dem
persönlich' Kontakt, Niemals natte ich
mir das Auge des Minister! so hell und
warm, nie sein ganze! Antlitz von sol,
cher Gcistigkelt gleichsam durchleuchtet
vorgestellt. Seine Entschlußfreudigkeit,
die, obwohl frei von unbeugfamkeit. ein
mal für gut erkannte Pfade rasch betritt
und beibchält, die schon so manchen, der
unter ihm und mit ihm zu arbeiten hatte,
froh stimmte, prägt sich deutlich m der
Art, wie er sich Notizen macht, au!. Da!
geht schnell vor sich, aber ohne alle Ner
dosität.
Nun ist er fertig und sieht mich er
wartungsvoll an.
.Wann haben Exzellenz den Ent
schluß, ein Kriegscrnährung'amt z
gründen, zuerst gefaßt?
Oh, etwa vor zehn Monaten. Da
mals. als sich gewisse Schwierigkeiten in
der Brotversorgungsfrage herausstellten.
Aber eS galt für uns, erst die Einrich
tungen der Verbündeten zu studieren.
Wir sandten Herren nach Wien und Bei
lin, die sich eingehend mit dieser Frage
befaßten. Tann hat un! Deutschland
einen Spezialistin hierhergrsandt: Herrn
Meyer sein verbindliches Lächeln fliegt
zu dem Konsul, der ebenfalls zugegen ist,
hinüber), er hat hier alles vorzüglich, zu
unserer größten Zufriedenheit eingerich
tet. Um alles nach Wunsch verwirklichen
zu können, haben wir mehrere Reisen
ins Innere gemacht.'
.Dürfte ich etwas über die Reifeein
drücke erfahren?'
Nun, sehen Sie: jeder tut seine
Pflicht. und tut sie mit Enthusiasmus.
Alle Zurückgebliebenen, die Frauen, die
Kinder, sind bereit, für das Wohl des
Landes die verlangten Opfer zu brin
gen. Sie arbeiten alle mit Eifer und
Hingabe. Herr Meyer hat es gesehen
und kann es Ihnen bezeugen. Gehen Sie
selbst einmal ins Innere AnatolienS. Sie
werden dort sehr interessante Eindrücke
haben.'
.Ja, wie gern, Exzellenz. Aber da
ich eine Frau bin. ist alles viel fchwie
riger für mich. Als Mann wäre ich mit
Ihrer Erlaubnis schon längst gereist.'
Jetzt macht sich Talaat-Beis hiimori
sjjsche Veranlagung, von der mir schon
manch Stücklcin bekannt ist. Luft:
.Gehen Sie nur ruhig, Mademoiselle.
In ganz Anotolien finden Sie jetzt mehr
als genug Weiblichkeit. Viel zahlreicher
als die Männer.'
Es interessiert den Minister, zu HL
ren, daß ich im Wilajet Aidin schon klei
nere Ortschaften etc. besucht habe; ober
er füat lebhaft hinzu: Bei Siwas, wo
loir jetzt waren, werden Sie ebensolche
Bodenschatze finden: Minen aller Art.
.Es war wohl das erste Mal. daß ein
Minister in diese Gegend kam?'
.Natürlich!' lächelt Talaat.Bei. .Zu
Abdul Hamids Zeiten durste vicht ein
mal ein Minister den andern besuchen,
geschweige denn auf die asiatische Seite
herüberfahren. Manche hatten Besitzun
gen hier in Skutari und konnten sie gar
nicht . . . E! war hübsch unterwegs:
überall die Jugendwehr, überall die bra
ven Leute, die ganz genau wissen, wofür
und an wessen Seite sie kämpfen Herr
Meyet kann Ihnen mehr davon erzäh
len.'
Tiefer überreichte dem Minister inzwi
schen eine kleine Sammlung interessanter
photographifcher Aufnahmen von den
Reifen. Während Talaat sichtlich anoe
regt das Album durchblättert, frage ich
anan 2achiiei nach einem Kloster,
in dem der Minister gemeinsam mit den
Derwischen photographiert wurde. Nicht
wahr, dieser BektaschiOrden nimmt eine
ganz betondere Stellung ein?'
Es ist eine Sorte von Freidenkern.
Sie begegnen sich in ihren Gebräuchen
mit denen der Mevlewi nur daß sie
nicht fo viele .Uebungen' machen.'
Man erzahlt viele Anekdoten von
ihnen?'
.DaS heißt, man schiebt ihnen auch
manche! Witzwort unter, das nicht in
ihrem Kreist gefallen ist. Ueber ganz
Anatolie. sind sie nicht verbreitet.
Hauptsachlich im Wila et Siwa! und in
der Nähe von Mamurei-el'Asis.'
Exzellenz Talaat ist mit feiner Durch
sicht der Bilder fertig und leider auch
mit seiner Zeit für mich. Ein kräfti
get Handdruck und ich bin wieder
draußen. Mit der Erinnerung an einen
schonen, heugetaselten Raum, an mo
dernste Telephone, an die goldenen Lei
tern de! Koranspruche!, der samt der
Tughra (dem Namenszug r! Sultan!)
an der Stelle hängt, wo bei uns
ein Kaiserbild zu finden fein würde.
und mit bereichertem und dankbarem
Empfinden dafür, von einem der Män
ner, die heute die Regierung der Türkei
mit starker Hand und in unverbrüchli
cher Einigkeit mit Deutschland führen.
o iiivenswurvig und zwane'os empfan
gen worden zu sein. Ueber seine Ver
dienste etwa! Neues sagen zu wollen,
da! darf ich mir nicht anmaßen. Sie
sind dem urteilsfähigen deutschen Lefer
langn t ihrem vollen umfange bekannt.
Die moderne Otot bttK&Xi fiA tut
Gluck'schen etwa wie ein farbengltihen
des Bild z einer griechische Marmor
awe.
Die Nationalökonomea suche l&on
lanae danach, wie die Tätiakeil de!
Menschengeschlechte! am besten anzu
wende fei; wenn ich aber nur den be
sten Gebrauch seiner Musie entdecken
könnte! Leiden werden sich schon fin
den, und Arbeit muß da! tägliche Brot
liefern; Freude aber würzt dasselbe.
Philosophen! zeigt unS Ergötzungen
ohne Roheit. Genüsse ohne Selbftsucht.
Iiitt' tniixäi einen Krn?kl hfr 4hr
Siar.n geMt und ieaaiid UÜshtil
EZns beutschs Schul
stunde !n Lrankrekch.
Ort dek Handluna: Schulüau! der
Etappe E. in französisch Lothringen.
Personin: Der Ortskommandant; der
kalholische Feldgeistliche vom KricgSla.
zarett L.; die ftanzösische Lehrerin; einige
verdächtig aussehende Zivilisten, wahr
schciiilich deutsche Spione, denn sie irrn
chen Notizen.
Die Szene spielt sich in einem Mi
migen Schulzimmcr ab. Fenster von
zwei Selten. An der Wand neben der
Tafel eine große Landkarte von Europa.
In den Bauten etwa dreißig kleine
Französinnen im Alter von 7 bi! 13
Jahren. Zur Hälfte blond, zur Hälfte
braun und schwarz. Sie hoben ihre
Hefte vor sich liegen und tuscheln isrig.
Die Tür öffnet sich und herein tritt
der Ortskommandant, der Geistliche, die
Spione und die Lehrerin. Die Kinder
erheben sich und ruft im Chor:
Grüß Gott, meine Errcnt'
Die Erren' schmunzeln und sagen:
Grüß Gott, Kind'r" Dann setzen sie
sich und der Herr Psarrcr in Feldgrau
beginnt das Examen. Auf deutsch fragt
er, und ein Mädchen nach dem andern
tritt an die Landkarte und nennt: die
Zuflüsse des Rheins, die Städte Bay
ernS. die Grenzländcr Deutschland! und
seine Ströme. Eine harte Sache, aber
sie gelingt. Belgien?. Luzembourg;
Wcichsclle, Od?re . . Nun gar die Uni
dersitätsstädte: Berlin. Münchenne, Er
langen, Würzburg. Freibourg die
Kleine stockt.
.Wer weiß noch eine?'
Kühn streckt sich ein Finger in die
Luft. .Na?'
.Eidelbcrg.'
.Eidclberg.'
Sehr gut. Namentlich wenn man
bedenkt, daß sie bisher stets nur Frank
reich gelernt haben. Und ElsaßLoi
ringen dazu, allerdings.
.Wie heißt du?' Ich eiß Martha.
Sie spricht, ohne zu stocken, das Vater
unser auf deutsch. Margarete MS
nand versichert, daß sie .kein Bruder'
habe, jedoch einen Vater, der ist in Ver
dun. Soldat.' Sie setzt sich befriedigt.
Es wird gerechnet, immer deutsch.
Sivei mal fünf iste sehn. Swci mal
sehn iste swansik.' Nicht vorsagen ;
mahnt der Geistliche. Sie unterscheiden
eine Petroleum und eine elektrische
Lampe, nennen weitere Gegenstände des
Zimmers, beschreiben die äußeren Teile'
des Hauses.
Tann wird im Chöre gesungen. Ein
Kirchenlied: "sgi-ciinn au cmnbat
il la pluire . . ." Es klingt äußerst
kriegerisch, dies Kirchenlied, aber es
klingt rein, und fest im Takt. Die
Zöpfe machen ihn mit. Ich ergreife ein
paar Heste: Rechnen, Französisch,
Deutsch, in bunter Folge. Eine "Die
tV fällt mir auf: "öils" von Jean
Nichepin, eine kleine poetische , Schwär
mein. Währenddessen sagen sie im
Chor die zwölf Monate des Jahres auf.
Dann wollen sie noch eins singen, etwaZ
besonders Schönes und NeueL vsfenbar.
denn sie können den Text noch nicht und
lesen ihn ab. . . .
Tie blauen und braunen Augen glan
zen. Ja, das ist aber auch eine feine
Sache, so im Handumdrehen deutsch
und französisch zu sprechen nd zu sin
gen. Nun noch ein deutsches Vaterunser
im Chor. Dann werden sie gelobt, und
wir qehen ab.
.Grüß Gott, me'n Erren . . . Fast
singen sie auch diesen Gruß.
.
Als die deutschen Barbaren in! Dorf
kamen, war die Schule verwaist. Die
Kinder zigeunerten herum und wann
den Müttern eine stete Sorge. Tie
beiden Lehrerinnen hatten zwar borge
zogen, nicht davonzulaufen wie der Herr
EurS, aber sie wußten doch auch nicht,
was nun werden sollte. DaS aber wukte
der Herr Ortskommandant. Der berich
tete nach Metz, und von Metz aus wurde
den beiden Lehrerinnen ihr Gehalt zu
zwei Dritteln weiter bewilligt. Der
Herr Psarnr übernahm die Aufsicht nd
außerdem den deutschen Unterricht in ein
paar Fächern. Da er sehr viel zu tun
hat, mit der Seelsorge sür die Truppe
und für die Einwohner, kann er die
Schule eigentlich nur im halben Neben
amt mit versorgen. Aber da! tat er
mit einer Ausdauer und einem taktvollen
Geschick, die ihm die Herzen der kleinen
Schar gewonnen haben. Sie gehorchen
nicht nur, sondern sie gehorchen, weil sie
füblen, daß man'z gut mit ihnen meint.
Und dann oibt es a auch bübsche Be
lohnunaen für den Eifer. Da ist zum
Beispiel hinter der Kommandantur der
große schöne Garten. Da spielt im
Sommer jede Woche zweimal die Musik.
Wo Musik ist, kann man fröhlich sein,
ia,en, wringen unv meigentanze uf
führen. Das versteht Mademoiselle gut
zu keilen, denn sie ist selber jung und
frisch und gesund. Die Buben aber
spielen Krieg. Da mag nun seltsam ge ,
nug, keiner gern Franzose, alle woll,
Deutsche und Bayern sein. Ja, und
wenn sie dann recht müde und hungrig
sind, da müßte es doch seltsam zugehen,
wenn nicht der gestrenge Herr Komman
dant, der so freundlich dreinschauen
kann, oder 1 bon comte", seine rechte
Hand sozusagen, oder der Herr Kriegs
gerichtsrät. der ein NhWizskänftlkr
ist wenn diese duetschen Herren nicht
auch für allchand Dinge gesorgt haben
sollten, die gut zu essen odet ,zu trin.
ten sind.
Ich beendige meine Spionage mit der
stillen Meinung, dah die kkinea Fran
zosta der Etappe E. dm grimmigen
Krieg dereinst nicht verfluchen werden.
&de, fühlt, daß er etwas andere!
ist, al! ein von einem andern eirst be, ,
lebte, Nichts. DarauZ entsteht ihm di,
Zuversicht, daß der Tod wohl seinen
Lebe, jedoch nicht seinem Tastin tir.
Ende mach kann.
DaS Leben muß wie ein kostbarer
JtWin mit gehörige Unterbrechungen
Schluck für Schluck gsnossen werden.
Auch der beste Wein verliert für uns
Um Reiz, wir wissen ihn nicht mehr zu
schätzen, wenn dir ihn wie Wasser hin
unterschütten.
.
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