Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 08, 1917, Image 8

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    Tägliche Omaha Tribüne
Der HcruchbootKrieg.
. nc vSrucrrcchlttcho Wotrachtu
Das Tauchboot ist gleich der Seemine
die Waffe des Schwächeren im Seekriege,
Se'gewaltige bedarf ihrer nicht
so wenig" wie ein Goliath der Schleuder
des David , sie sind ihm weit eher r
erblick) als nützlich; dosier die Acchiung
, dieser Kricgsmittel und die Bekämpfung
ouf völkerrechtlichen Tagungen durch
ihn, dahcr jetzt die Entrüstung Eng
lands über diese .Pcft der Meere".
Die Tauchboote der Gegner Deutsch
lands haben ein engbegrenztes Wirkungs
fcld. zumal nachdem die deutschen Han
delsschiffe von den offenen Meeren der
schmunden und die Küsten bis auf die
OstsecZiiste jeglichem Handelsverkehr ge
sperrt findjbie deutschen Tauchboote hin
gegen üben auf allen Meeren ihre erfolg
reiche Tätigkeit aus, weit mehr noch
gegen den feindlichen Seehandel als ge
gen die Teestrcitkräfte des Gegners.
Allein diese lebhafte Vcrnichtungs
täiigkeit bat eine unliebsame Nebenwir
kung politischer !ßahir im Gefolge, ruft
.sie doch leicht ungünstige Stimmung ge
gen Deutschland bet den Sechandel trei
bendcn Neutralen hervor.. Denn nicht
nur feindliche Handelsschiffe und Waren
fallen unseren Tauchbooten zum Opfer,
sondern auch manches stolze Schiff der
Neutralen fährt samt Ladung beklagcns
wcrterweifc in die Tiefe Rechtens zwar
laut Artikel 49 der Londoner Seckriegs
rcchtscrklärung, aber doch zum unvermin
derten Schmerz und Verdruß der an
Schiff oder Ladung beteiligten. So er-
, klärt sich, daß Angehörige neutraler
Staaten vielfach das Vorgehen Teutsch
lands zur See, obschon es dem Böltcr
recht entspricht, weitaus rücksichtsloser
, lmpfindcn als die gertniamni England,
die fast beim Hungerkrieg gegen einige
neutrale Staaten angelangt ist. Denn
wie der Blick meist an der Erscheinung
haften bleibt, ohne den Dingen auf den
Grund zu sehen, so auch hur.. Ueber der
sinnfälligen, der Phantasie sich auf
' drängenden ZerstL:ui'gtt?tin!eit 'unserer
Tauchboote bleibt unbeachtet, daß die sich
mehr und mehr steigernde Häufigkeit der
Versenkung neutraler Schiffe ihren letz
ten Grund in Englands Völkerrechts
widriger Ausdehnung der Bannwaren
liste hat. , Nachdem Deutschland
zögernd zwar, aber schließlich notge
drangen Englands Beispiele gefolgt
ist und ebenfalls fast alle Artcy von
Waren, die in dieser Zeit mangndcn
ffrachtenraums überhaupt noch für die
Verschiffung in Betracht kommen, für
Banngut erklärt hat, ist es dahin gekom
men, datz fast jedes Schiff eines Neutra
len. das England oder dessen- Vcrbün
beten Warcrt zuführt, der Wegnahme
cder Zerstörung durch unsere Tauchboote
ausgesetzt ist. So richtet sich die Ent
rüktung gegen uns, statt gegen England.
Wohl aus solcher Stimmung heraus
hat man das Tauchboot, sofern es nicht
gegen Kriegsschiffe, sondern gegen feind
lichc und neutrale Handelsschiffe vcrwm
det wird, schlechthin als Völkerrechts
widriges Kriegsmittcl wegen der rcgek
mäßig notwendig werdenden Zerstörung
der beschlagnahmten Schiffe bezeichnet.
Es sti praktisch unmöglich", heißt es in
der Note der Bereinigten Staaten an
Deutschland vom 15. Mai 1915, Unter
seeboote für die Vernichtung des Handels
zu verwenden, ohne dabei die Regeln der
Billigkeit, der Vernunft, der Gerechtig'
seit und der Menschlichkeit zu mißachtn,
die von der modernen Anschauung als
gebietend angesehen werden."
Ob die amerikanische Regierung diese
Ansicht noch aufrechterhalten mag. nach
dem England in der Ostsee den Tauch
bootkrieg im Verein mit Rußland rück
sick,is!os Vkgen deutsche Handelsschiffe
führt und diese völkerrechtswidrig sogar
in den Küftengewässern Schsedcns an
gegriffen hat. bleibe dahingestellt. Jeden
falls ist die Ansicht unbegründet, nicht
nur hinsichtlich der Verwendung der
Tauchboote gegen feindliche, sondern
auch gegen neutrale Handelsschiffe.
Ueber die Zulässigkeit der Zerstörung
von öeschlagnahmbaren Kauffahrtei
schiffen und zwar nur von neutralen
Schiffen handelt die Londoner See
krkßsrechtserilärung von Sie ist
zwar von den Mächten nicht ratifiziert
worden, ihre Rcgeln entsprechen aber,
wie ks in der einleitenden Bestimmung
der Signatarmächte zutreffend heißt.,
im wefentlicben den allgemein aner
kliunten Grundsätzen des internationalen'
Rechts", fo daß sie trotz jenes Mangels
als geltendes Völkerrecht anerkannt wer
den dürfen, wie auch der Haagcr ständige
Schiedsgecichtshvf in seinen Entschci
Düngen vom 6. Mai 1913 sie für das
Sttkriegsrecht der Kulturstaaten als
maßgebend' betrachtet. Neutrale Han
oelöschiffe können danach, abgesehen von
dem Fall des Blockadcbruchs. noch in
zewiffen anderen Fällen beschlagnahmt
werden, nämlich in den in den Artikeln
15 und 46 aufgeführten Fällen der neu
t?a?itätswidnge Unterstützung eines
Kriegführenden und in dem praktisch be
sonders wichtigen Falle des Artikel 40:
wenn die von dem Schiffe beförderte
Bannware nach Wert, Gewicht. Umsang
oder bracht mehr all die Halste der
Ladung ausmackt. Das Schisf ist zu
diesem Z.ck nach altem Herkommen zu
näckft anzuhalten und zu durchsuchen,
dann ß?ab!enfz?s zu beschlagnahmen.
Das beschlagnahmte Stiff darf ov der
gebRkNdr KriegZmacht nicht zerstört
werden, sondern" muß in einen Hafen
ptitaM w'-rden, wo gehörig über die
K'cktmeß'gkit der Mgnahme eniickie
wn werden kann (Artikel 4). Aus,
NLbmsMise darf jedoch das Schiff, das
der' Einzkhüng unterliegen wurde. m
flMtf werd!, wenn das Verbringen in
?-"!? Hosen Ui Kriegsschiff einer Ge
jadr ausfegt ode: den Etfo.'g der Ope
rationen. worin es derzeit begrizfea ist.
V-kira-tttM könnte (Artikel 49).
X'-t rühmende KrirgöNscht wird nun
Von Professor Tr. Ludwig Trarger.
schon aus eigenem Jntersse vorziehen,
das beschlagnahmte Schiff, wo immer es
angeht, einzuziehen, statt die meist be
gehrensmerte Beute zu zerstören. Die
Fälle der Zerstörung werden sich aber
für einen Staat mit wenigen Flotten
Stützpunkten, wie es Deutschland ist,
häufen, doppelt häufen, wenn das
Nehmeschisf ein Tauchboot ist, daS oft
nicht einmal in einen nahen Hafen das
gekaperte Schiff einbringen kann, schon
weil es ihm an der nötigen Prisen
besatzung dafür- gebricht. So wird der
für sonstige Kriegsschiffe als Ausnahme
gedachte Fall der Zerstörung für das
Tauchboot zur Regel, was selbstverstand
lich das Reckt der Zerstörung nicht aus
schließt. Denn hierfür ist allein entschci
dcnd, dcch die rechtlichen Voraussetzungen
für die Zerstörung vorliegen.
Vor der Zerstörung des neutralen
Schiffes müssen nun ober, wie Artikel
59 vorschreibt, die an Bord befindlichen
Personen in Sicherheit gebracht, auch
sämtlicke Cchiffspapicre und sonstigen
Beweisstücke auf das Kriegsschiff her
übergenommen werden. Man hat be
hauptet, eine wirkliche Sicherung der
Schiffsinsassen ' sei bei der Zerstörung
durch ein Tauchboot nicht möglich, da
jene durchweg nur in Rettungsöootm
untergebracht werden könnten, deshalb
verbiete sich die Zerstörung. Allein mit
dem Ausdruck .in Sicherheit bringen"
kann nicht absolute Sicherung gemeint
sein, jede Sicherung ist nur eine bedingte,
auch die Sicherung, die den Insassen des
gekaperten Schiffes z. B. durch Herüber
nähme auf den Kreuzer zuteil wird. Sie
sind auf diesem, wenn auch nicht den
Unbilden der See. so doch den Kriegs
gefahren in erhöhtem Maße ausgesetzt,
zumal der warnungslosen Torpcdicrung
durch Tauchboote.
Aber wie man auch die Erhöhung der
Lebensgefahr für die Insassen eines
gekaperten Schiffes bei der Unter
bringung in Rettungsbooten einschätzen
m?z, .so viel ist sicher, daß die kriegs
führenden Staaten wegen der größeren
Gefährdung jener Personen nicht vcr
pflichtet sind, die durch die Kriegsnot
wendigkeit gebotene Zerstörung des be
schlagnahmten Schiffes zu unterlassen.
Bei dem Widerstreit der Interessen geht
das in der Kriegsnotwendigkeit begrün
dete Interesse des Kriegführenden dem
des Neutralen vor, wie i der Völkr
rechtswissenschaft allgemein anerkannt ist,
überdies aus vielen Regelungen des
Völk'rrccbts erhellt. Wie wäre anders
z. B. das völkerrechtlicb zulässige Legen'
von selbsttätigen Kontaktminen auf hoher
See zu rechtfertigen, das trotz aller vor
schriftsmäßig angewendeten Sichcrmlgs
maßregeln der friedlichen Schiffahrt die
furchtbarsten Gefahren bereitet! Gefah
ren, die überdies nicht nur dem Bann
wäre führenden, sondern auch dem völlig
harmlosen neutralen Cckiffe drohen,
während die durch Tauchboote hervor
gerufenen weit geringeren Gefahren doch
nur die Insassen eines Banngut beför
dernden Schiffes treffen. Wer aber in
der Zuführung von Banngut an eine der
Kricgspartcien seinen Vorteil sucht, der
bat wahrlich keinen Grund, sich über
Maßregeln zu beschweren, die die andere
Kriegspartci nur notgedrungen zur be
rechiigen Unterdrückung solcher Zufuhr
anwendet. Und gleich wenig Anlaß zur
Beschwer hat der Fahrgast, der seine
Per,on einem Schiff: aiiDenr.nit, daI
wegen der Menge oder des Wertes der
Bannware der Einziehung oder Zerstö
rung unterliegt. Nur soviel darf man
fordern, daß die Gefahren auf ein Min
destmaß beschränkt werden, daß demnach
so viel wie möglich für die Sicherung der
Schiffsinsassen gesorgt, diese z. B. bei
hohem Seegange nicht fern von der Küste
ihrem Schicksal überlassen werden' und
anderes mehr Regeln, die von den
Besatzungen unserer Tauchboote stets be
folgt werden.
Das alles gilt von den neutralen
Schiffen und nur von diesen.
Ueber die Zulässigkeit der Zerstörung
feindlicher Schiffe sogt die Londoner
SeekrikJZrechtserklärung nichts, auch
andere Völkcrrcchtsguellen enthalten
darüber keine Bestimmungen. Kaum
erwähnenswert, weil selbstverständlich,
ist, daß den Kriegführenden erst recht
gegenüber feindlichen Schiffen erlaubt
fein muß, was ihnen gegenüber neutra
len Schiffen zusteht. Fraglich kann nur
fein, ob gegen feindliche Handelsschiffe
ein weitergehendes Angriffs- und Zn
störungsrccht besteht, namentlich ob ein
Kriegsschiff auch abgesehen von den
Fällen des Widerstandes und des Flucht
Versuches des feindlichen Handelsschiffes
dieses sofort, o. h. ohne Anruf und
Warnung und ohne vorherige Sicherung
der Schiffsinsassen zerstören darf. Um
diefc Frag: richtig beantworten zu kön
nen, ist zu beachten, daß sie überhaupt
erst seit der Erfindung , des Unterfee
bootes auftauchen konnte. Für Oberste
Kriegsschiffe, die früher allein die
Nebmeschifse bildeten, ist' ein sosortigcs
Zerstören durcb die Kricgsnotii)'ndig!e:t
nicht geboten. Der Kreuzer wird in seiner
Wirksamkeit schwerlich je beeinträchtigt,
wenn er das feindliche Handelsschiff zu
näcbst anhält, durchsucht und falls es
nicht weggebracht, fondern zerstört wer
den foll zuoor die Scbiff-insassen in
Sicherheit bringt. Schußbereit in onge
mcsscnem Abstand neben dem Handels
sch'ffe liegend läuft er weder Gefahr, bei
der Anhaltunq und der durch das abge
sandte Kommando nsolgenden Durch
suckung des Schiffes von diesem ange
griffen zu werden, noch braucht er ange
sichts seiner weittragenden Geschütze oder
seiner überlegenen Sckinelligkcit einen
Flucktversuch dcS Sckifstl zu färbten.
Ein sofortiges Zerstören des Schiffes,,
ebne Warnung und Sicherung der In
fassen verbietet sich somit 'S zwecklose
Härte von selbst: es tonnte für das
Obcrfcckrikgsfchiff in aller Regel nicht in
Frage kommen.
Anders liegen die Verhältnisse bei dem
Tauchboot. Das Tauchboot besitzt mir
eine geringe Geschwindigkeit, weshalb
Flucht des Gegners keineswegs aussichts
los ist. Vor allein ist es leicht verletzbar.
Ein Rammversuch, ein Schuß aus einem
versteckten Geschütz, ja das Werfen mit
Handgranaten kann ihm zum Verhäng
,nis werden. Alle diese Gefahren ver
meidet es und zugleich sichert und ver
mehrt es seine Erfolge, wenn es die ein
zige Ueberlcgcnhcit. die ihm eignet, voll
ausnutzt, d. h. wenn es sich dem feind
lieben Schiff nicht nur unsichtbar nähert,
sondern ihm zB. unerwartet den töd
lichen Schuß aus unsichtbarer Stellung
beibringt.
So zu Verfahren erscheint vom Stand
Punkt der Kricgsräson als selbstverständ
lich. Deren erstes Gebot ist. alle Eigen
schaffen einer Waffe zur vollsten Gel
tung zu bringen, die höchstmöglichen
Wirkungen durch sie zu erreichen. Das
wird auch hinsichtlich her Verwendung
der Tauchbootswaffc gegenüber feind
lichcn Kriegsschiffen allgemein zugcstan
den; gegen feindliche Handelsschiffe soll
es jedoch unzulässig, weder rechtlich noch
billig noch mit den Geboten der Mensch
lichkeit vereinbar sein, wie auch die Note
der amerikanischen Regierung an die
deutsche Regierung bemerkt.
Die Unrichtigkeit dieser die sofortige
Torpcdicrung für alle Fälle ablehnenden
Ansicht ergibt sich aus dem Wesen des
Seekrieges. Im Seekriege richtet sich der
Angriff nicht nur gegen die feindlichen
Seestreltkräffe, fondern auch gegen den
feindlichen Seehandel. Diesen zu treffen,
dienen einerseits Llockaderccht und
Beinnwarcnrecht beide auch gegen
Neutrale gerichtet , anderseits das
heute nur noch dem Seekrieg cigentüm-
Iiche, sogenannte Bcuterecht: das Recht,
Schiff samt Ladung eines Angehörigen
des feindlichen Staats überall auf dem
Meere wegzunehmen und zu zerstören.
Den fcindlie!
-cehandel lahm zu stgen
und so die ' idliche Volkswirtschaft zu
schwächen, bildet sogar das Hauptziel
des Seekrieges. Es ließe sich ein See
krieg denken, in dem keine andere Art von
Feindseligkeit vorgenommen .würde als
die Jagd ouf die Handelsschiffe des
Feindes." (Tricpel in .Zeitschrift für
Völkerrecht" 1914 C. 400.) Um dieses
Hauptziel zu erreichen, muß, sofern und
soweit es die Kriegsnotwendigkeit er
fordert, die wirksamste Veri?:nS!nz. die
vollste Ausnutzung eines jeden Kriegs
mittels gestattet fein gegen die See
Handelsmacht so gut wie gegen die See
streitkräfie. Die Kriegsnotwendigkeit fordert zwar
nickt für das Obcrseckriegsschiff, wohl
aber für das Tauchboot die grundsätz
liche Znlässigkeit sofortiger Torpcdie
rung, sei es zur Verminderung der ihm
besonders von einem bewaffneten
Handelsschiff drohende Gefahr, sei
es zur Sicherung und Vermehrung seiner
Erfolge. Nur entgegenstehende auedrück
liche völkerrechtliche Regeln könnten
hieran etwas ändern: eine Vereinbarung
der Staatengemeinschaft hierüber gibt eö
nicht, ein Gewohnheitsrecht ebensowenig.
Ein solches etwa aus der herkömmlichen
milderen Verfahrensweise der Oberste-
kriegsfchiffe auch für das Tauchboot b-
zuleiten, verbietet sich aus den früher
erwähnten Gründen.
Oder läßt sich vielleicht gar die An-
sicht vertreten, daß über die Zulässigkeit
des Umfangs und der Art der Verwen
dung einer neuen Waffe erst das Völker
recht bestimmen müsse? Die Geschichte
der völkerrechtlichen Veriktbarungen lehrt
gerade das Gegenteil.' Ein dahin zie
Sender Vorschlag Rußlands auf der
1. Haager Friedenskonferenz, welcher
lautete, neue Feuerwaffen, Sprengstoffe,
Pulver sowie Unterseeboote und Ramm-
schisse zu verbieten, wurde abgelehnt.
Ferner: die kaum erfundene selbsttätige
ontaktmine eine Seemine, die durch
bloße Berührung auffliegt , wurde
von Rußland im russisch japanischen
Kriege von 100 verwendet, noch dazu
in der Gestalt der besonders gefährlichen
unverankerten Mine, obschon Seeminen
aller Art sich nicht nur gegen den Feind
richten, sondern oucb neutrale Schiffe
bedrohen. Auf der 2. Haager Friedens-,
konserenz ist es mühsam gelungen, we-
nigstens einig: keineswegs genü
gende Ticherungsmoßregeln bei dem
Gebrauch dieser furchtbaren, 'plan? und
wahllos wirkenden Waffe zu öerein-
baren.
Und um noch ein dritte; Beispiel an
zuführen: Ueber die Verwendung der
Flugzeuge si Waffe ist zwar ouf dcr
1. Haager 'Friedenskonferenz eine Vcr
einbarung getroffen, die das Werfen von
Ge chosscn und Sprengstoffen daraus
für fünf Jahre verbot. Aber die Er
iieuerung des Verbotes ist auf der 2.
Friedenskonferenz nickt gelungen. Die
Folge ist nun nicht etwa, daß die Ver
Wendung dieses weit entsetzlicher als das
Tauchboot wirkenden KriegSmittels
unterbleiben muß, vielmehr umgekebrt:
da keine besonderen einschränkenden Be
stimmungen des Völkerrechts entgegen
stehen, kann es nun fern vom eigentlichen
Kampfplatz überall, mitten in Feindes
land und auf dem Meere verwendet
werden mit der einzigen allgemeinen Be
schräiikung, die für alle Kriegsmitte! gilt,
daß nämlich die Beschießung von offenen
unverteidigten Orten verbeten ist. Aber
selbst in diesen Orten dürfen Anlagen
und Einricktungen, die für Heer und
Flotte des Feindes nutzbar gemacht wer
den sönnen, beschossen werden.
Was der Seemine und dem Luftfahc
zeug rech! ist, ist dem Tauchboote billig.
Der völkerrechtlicki' ollgemein anerkannte
Satz, daß alle nickt grundsästlich ver
bokne Kkiegsmittel cU erlaubt gelten
müssen, muß auch für das Tauchboot a'.i
unterseeisch wirkende Wisse in dem gegen
den feindlichen Seehandel gerichletcn
Kampfe gelten, der, wie schon bemerkt
das Hauptziel des Seekriegs bildet. Der
Kriegsuhrende hat demnach nach Volker
rechtlichen Grundsätzen das Recht. Tauch
boote nicht nur gegen Kriegsschiffe, son
dein auch gegen feindliche Handelsschiffe
zu plötzlichem Angüsse zu verwenden,
falls die Kriegsnotwendigkeit es gebietet.
sei eZ zur eigenen Sicherung, sei cö zur
Vermehrung der Erfolge.
Allein Teutschland hat von dieser Be
fugnis des plötzlichen Angriffes in dem
gegenwärtigen Kriege zunächst überhaupt
keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr ist
erst in einer Bclaimtmachung vom 1,
Februar 191? angekündigt worden, daß
vom 18. Februar 19 15 jedes in den Ge
wässern rings um Großbritannien und
Irland kinschlieklich des gesamten eng
lischen Kanals angetroffene feindliche
Kauffahrteischiff zerstört werden wird,
ohne daß es immer möglich sein wird,
die dabei der Besatzung und den Passa
gieren drohenden Gefahren abzuwenden.
In der diese Bekanntmachung erläutern
den Denkschrift vom selben Tage heißt
es, daß sich Teutschland wegen der vol-
kcrrcchtswidrigen Handlungsweise Eng
lands zu militärischen Maßnahmen ge
zmungen sehe, die das englische Versah-
ren vergelten sollen. Eine Vcrgcliungs-
Maßregel (Repressalie) rin eigentlichen
Sinne war jedoch, wie sich zeigen wird,
jene angedrohte Maßregel nicht.
In merkwürdiger Verkennung deZ
Begriffes der Repressalie nimmt die Re
gieiung der Vereinigten Staaten i der
Note vom LZ. Juli 191? an. daß die
deutsche Regierung, indem sie zur Recht
fertigung ihrer Handlungsweise daS
Recht dcr Vergeltung anführe, die Ge
setzwidrigkeit dieser Handlungsweise zu
gegeben habe. Diese Annahme wäre selbst
dann verfehlt, wenn es sich um eine
wirkliche Repressalie, eine an sich rechts
widrige Maßnahme gehandelt hätte.
Denn die Repressalie ist, wie allgemein
anerkannt,,, ein Recht der Selbsthilfe,
vom Völkerrecht ausdrücklich zugelassen.
Die an sich rechtswidrige Maßregel wird,
im Wege dcr Vergeltung angedroht, zu
einer rechtmäßigen H,nolunz, sofern sie
durch das völkerrechtswidrige Verbaltcn
des Gegners ausreick'eiii? begründet ist
nicht anders wie im trafrecht zum
Beispiel die vorsätzliche Tötung eines
Menschen, die unter gewöhnlichen Um
ständen als Mord" oder Totschlag zu be
urteilen wäre, in dcr Notwehr verübt,
rechtmäßig ist. nicht etwa nur straflose
aber gesetzwidrige Handlung, vielmehr
eine erlaubte Handlung, die mit dem
Begriff Mord oder Totschlag nichts ge
mein hat. Mag man nun über den un
menschlichen Plan Englands, die Zivil
bedölierug Teutschlands dem Siechtum
und dem Hungertode auszuliefern, den
kcn wie man will, mag man ihn sogar
in seiner ganzen Entsetzlichkeit mit den
Grundsätzen des Völkerrechts für verein
bar halten, so ist doch soviel gewiß, daß
die Durchführung dieses Planes auf un
gesetzlichem Wege erstrebt wird: unter
MißachtMg dcr Grundregeln des Völker
rechts, an deren Jnnchaltung niemand
vor dem Kriege gezweifelt hat noch
zweifeln konnte. Solcher rechtswidrigen
Handlungsweise hätte Deutschland mit
einer der Sachlage entsprechenden rechts
widrigen Maßregel begegnen können, sie
wäre als Vergeltungsmaßregel dennoch
eine rechtmäßige Handlung gewesen.
Aber Deutschland antwortete auf das
völkerrechtswidrige Gebahren Englands
mit der Androhung e.ner Maßnabme. die
schon an sich durchaus rechtmäßig war,
die es längst und nicht nur in dcr.be
zeichneten beschränkten Zöge, sondern auf
allen Meeren englischen Hadelsschiffcn
gegenüber hätte durchführen können.
Denn schon seit Monaten war durch die
allgemeine Bewaffnung englischer Han
delsschiffe eine tatsächliche Lage für
unsere Tauchboote geschaffen, die, falls
dicfe sich nicht der Gefahr der Vernich
tung durch angeblich friedliche Handels
schiffe aussetzen wollten, sofortiges Tor
pedieren der Schiffe für den Regelfall
notwendig machte. Englische Reeder
hatten schon vor dem Kriege auf Aik
Weisung der britischen Admiralität eine
Anzahl ihrer großen Linicndampfer mit
Geschützen versehen, ohne daß diese
Dampfer als Hilfskreuzer gelten sollten.
Im Lause des Krieges wurden zahlreiche
weitere Dampfer bewaffnet, allerdings
nur zu Verteidigungsz'.vecken, wie der
britische Botschafter in Washington der
amerikanischen Regierung am Zt. August
1314 versickerte. Nach deutscher Auf
fassung verliert dadurch daS Handels
schiff den Charakter als friedliches
Schiff, nach englisch-amerikanischer Auf
fassung jedock nicht, so lane daS Schiff
die Waffen bloß zur Verteidigung führt.
Der Meinungsstreit kann auf sich be
ruhen, da jedenfalls auch gegenüber dem
nur zur Verteidigung bewaffneten
Schisse den Tauchbooten nicht zugemutet
werden kann, bei ibrer großen Verletz
barkeit auf dem Wasser sich aufgetaucht
dem Geschiitzscuer des aufzubringenden
Schisses auszusetzen. Denn schon im
Augenblick des AngehJllenwerdens würde '
sich dieses im Vcrtcidigungszustande be
finden. Aber mchr noch: jene Versicherung des
britischen Botschafters erwieS sich bald
als ganz falsch. In geheimen, auf gcka
pertcn Dampfern gefundenen Schrift
stücken dcr britisckzen Admiralität werden
die Kapitäne der Handelsschiffe ange
wieseit, gegen die deutschen Tauchboote
angriffsweisk vorzugehen, das Feuer mit
den bis zum Angriff versteckt zu halten
den Geschütze zu eröffnen und zu beste
rem Gelingen sich falscher Flaggen zu
bedienen. (Wiedergabe der Schriftstücke
in d?r Denkschrift der deutschen Regie
rung an die neutralen - Wächte vom
8. Fcbniar 1016.) Von zahlreichen
Fällen solcher heimtückischen Angriffe
verbunden mit Ilaggcnbetrug haben
Tauchbootführer, denen eZ gelungen ist,
dem Angriff zu entgehen, berichtet. Wie
viele unserer braven Bootsbesatzungen
derartigen Angriffen zum Opfer ge
fallen find, bleibt ein Geheimnis des sie
bergenden Meeres. Durch diese unwider
glichen Icstsjellungen ist selbst fc'r letzte
Scheingrund, der etwa, auf die Gebote
der Menschlichkeit gestützt, gegen die Zu
lässiskttt sosortigcr Torpedieruna dcr .
feindlichen Handelsschiffe erhoben wer
den könnte, gefallen. Keine Rücksicht aus
die friedliche Mannschaft und d,e Passa,
giere des Schisses darf den Tauchboot
führcr für den Regelfall abhalten, das
Gebot der Kriegsrnson zu erfüllen
Handelöschisfc, die zu Angrifsszwecken
bewaffnet sind, sind nicht mchr friedliche
Schisse, auch nicht Kriegsschiffe, ihre
Besatzungen sind vielmehr nach Volker
recht als Seeräuber zu behandeln,
Weitgehende Milde übend betrachtet sie
die deutsche Regierung dennoch als
Kriegführende. Aber auch das unbcwaff
ncte Schiff unserer Feinde, es sei denn
als ungefährliches sofort erkennbar, ist
nunm.hr dem gleichen Schicksal ver
fallen. Der Tauchbootsuhrer kann nicht
stet?, ohne fein Boot aufs schwerste zu
gefährden, zuvor feststellen, ob ein Schisf
bewaffnet ist oder nicht. Ucberdics sind
auch die unbcwaffneten Schiffe unter
Zusichcrung von Belohnungen angewie
sen, Tauchboote zu rammen. ,
Gj hat auch hier wiederum daS völkcr,
rechtswidrige Verhalten Englands, dem
sich seine Verbündeten wie immer ange
schloffen haben, eine Lage heraufbe
schworen, die Teutschland zu einem Vcr-
fahren zwingt, das zivar . rechtmäßig,
aber beklagenswert wegen seiner ettva,
igen Falzen ist, Folgen, die unseren
Gegnern freilich , nicht unwillkommen
sind, führen sie doch lcickt zu für uns.
ungünstigen politischen Verwicklungen,
w,e u. a. der Fall der Lusitanm lehrt
Die nächste und häufigste Folge ist die
große Gefahrdung der Mannschaft und
der Reisenden auf feindlichen Handels
schiffen. Die amerikanische Regier'üiz
hält es in ihrer Note vom 15. Mai 1913
für eine selbstverständliche Regel, die.
wie sie erwartet, auch die deutsche Regie
rung anerkennen werde, daß das Leben
von Nichtkämpferri durch die Zerstörung
eineS unbewaffneten Handelsschiffes
nicht m Gefahr gebracht werden könne;
sie glaubt, das Deutsche Reich für eine
absichtliche wie zufällige Verletzung ame
rikanischer, auf Schiffen kriegführender
Staaten reisender Bürger streng verant,
wortlich machen zu müssen. Wie unhalt
bar und ungerecht dieser Standpunkt ist
bat schon dcr amerikanische Senator
W. I. Stone durch seine Bemerkung
über das Schicksal der ,Lusita,a
Fahrgäste bcleuchtet: Einmal an Bord
eines britischen Schiffes waren sie auf
britischem Boden. War ihre Lage nicht
im wesentlichen dieselbe, wie beim Auf
enthalt innerhalb der Mauern einer be
festigten Stadt? Wenn amerikanische
Bürger innerhalb einer belagertcn-oder
bedrohten Stadt verbleiben, und der
.xciiid ezreift an, was sollte dann unsere
Regierung tun. wenn nscrem Staats-
angehörigcn ein Leid geschähe?" Und.
so können wir weiter frzgen, vernichtet
nicht auch die Seemine das unbe'wasfnetc
schiff so gut wie daS bewaffnete, ,a
sogar das neutrale wie das feindliche?
Und dennoch ist trotz dcr Gefährdung
friedlicher Reisender das Legen von See
minen innerhalb gewisser Schranken
völkerrechtlich erlaubt, und es bleibt er-
laubt. auch wenn Menschenleben wirklich
vernicht werden. Weit eher noch muß
dies für das plötzliche Torpedieren der
feindlichen Schiffe gelten. Denn dir Ge-
ahrdung dcr Schiffsinsassen hat hier in
Wahrheit ihren Grund in der völkcr-
rechtswidrigen Cchiffsbcwaffnung. Diese
allein nötigt uns. jedes feindliche Schiff,
auch das unbcwaffnctc, das als solches
ja nicht erkennbar ist, ohne Warnung zu
zerstören. Selbst die Anwesenheit von
zahlreichen Fahrgasten, fcicn es Auge
hörige von feindlichen oder neutralen
Staaten, darf den Tauchbootfuhrer
nicht von solchem Vorgehen abhalten, es
sei denn, daß die dadurch zu erzielende
Schädigung des Feindes in gar keinem
Verhältnis zu der Große der Opfer
lande. DaS war beispielsweise bei dcr
Zerstörung des Dampfers Lusitania"
nicht der Fall, der ungeheure Menge
von Munition und furchtbaren Spreng-
offen m seinem Schiffsbauche barg.
binrcichcnd um taufende und abertau-
ende unserer Sohne und Bruder zu
töten und zu verstümmeln. Und wenn
dieser Dampfer, vor dessenBenutzung
wiederholt ernstlich gewarnt worden war,
aus falscher Rücksichtnahme auf die
Schiffsinsassen nicht torpediert worden
wäre, wäre das nicht einem Freibriefe
ür alle weiteren Fahrten von munitions-
beladenen Passagierdampfern gleichge
komm!? Oder mit welchem besseren
Rechte hätten spätere Dampfer zerstört
werden können? Der Standpunkt dcr
amerikanifchen Regierung liiuft in
Wahrheit darauf hinaus, daß durch
völkerrechtswidrige Maßnahmen des
einen Kriegführenden dem anderen der
Gebrauch der 'rechtmäßigen Waffe un
möglich gemacht werden kann, daß unZ
omii der Tauckbootkneg gegen d?e
cindlichcn Handelsschiffe vereitelt wer-
den würde.
jedoch nicht nur auf feindlichem
Schisf sind Neutrale gefährdet, sondern
unter Umständen auch auf neutralem
Schiff eine Folge des Flaggenbetrugs
unserer Feinde. Das Hissen einer sal-
chcn Flagge, uin dir Ausbringt!!, des
ckiffcs zu entgchcn. ist voucrrcchüich
unzulässig. daZ britische auswärtige Amt
bezeichnet es allerdings unter Berufung
auf inneres englisches Rcch,t als ein-
wandfra Aber, England kanu weder
über die Benutzung der Flagge eines
anderen Staates selbstherrlich entschei
den, och kann s mit Zustimmung dieses
Staates eine völkerrechtliche Regel in ihr
Gegenteil verkehren. Immerhin wiegt
diese unerlaubte Kriegslist unter gewöhn
lichen Umständen nicht allzu schwer, da
sie die neutrale Schiffahrt nicht schädigt,
vielmehr nur den Gegner zu einer mehr
oder weniger lästigen Prüfung der Na
tionelität des Sckiffes nötigt. Allein
das Hissen neutraler Flaggen, wie es
planvoll nach Anordnung der britische!,
Admiralität geschieht, wird ruchlos,
wenn dadurch neutrale Schiff: nebst
ihren Insassen gefährdet werden. Und
das ist der Fall wegen der den feindlichen
Schiffen drohenden plötzlichen Torpt
dierung. Diese drob! nun auch dem neu
tralen Schiffe, wenn es durch die Ver
keitung von unglücklichen Umstanden in
den ernstlichen Verdacht gerät, ein feind
lichig zu sein. Den Tanchbnotführrr
braucht hierbei sein Verladen zu
Die Kriegslage.
Von Major a.
Berlin. 18. Nov. In einem eng
lifchcn Geheimbericht, der vor kurzem
von feiten unserer Secstreitkräfte dem
holländischen Postdampfcr .Konigin Re
gcntcs" abgenommen wurde, ist auch die
militärische Lage besprochen, wie sie sich
in der Auffassung Deutschlands darge
stellt hat. Es wird darin behauptet, die
deutsche Presse habe im August und
September Zweifel an der siegreichen Vc
endigung des Krieges gehegt, und der
Eintritt Rumäniens in den Krieg habe
zunächst Nervosität auskommen lassen.
Diese Behauptung trifft, soweit die mili
tärische Lage Deutschlands von militari
schen Sachverständigen beurteilt wird,
nicht zu. Der Ernst der Lage ist in
Deutschland während dcS Höhepunktes
der russischen Sommeroffensive und'wäh
rend der Dauer der Kämpfe im Somme
gebiet durchaus nicht verkannt. Wir
haben die Kräfte des Feindes nicht unter
schätzt. Aber die militärischen Beurteiler
haben sich keineswegs als Männer der
Negative" erwiesen. Wir haben unsere
Erziehung und Schulung im Heere ge
nossen und haben uns ferngehalten von
jenen Leuten, welche der Gencralfeld
marfchall v. Moltke mit den Worten
kennzeichnete: Es gibt in jedem Haupt
quartier eine Anzahl von Lcut'N, die mit
großem Scharfsinn alle Schwierigkeiten
bei jeder vorgeschlagenen Unternehmung
hervorzuheben wissen. Bei dcr eisten
eintretenden Verwickelung weisen sie
überzeugend nach, daß sie alles voraus
gesagt haben. Sie sind immer im Recht,
denn da sie selbst nicht leicht etwas Pofi
tiveS vorschlagen, viel weniger noch auS
führen, so kann der Erfolg sie nie wider
legen. Englische Zeitungen Mm auf
merksam die deutschen Kriegsberichte,
und wennsie wollten, könnten sie einiges
daraus lernen. Da aber dcr Engländer
im allgemeinen unbelehrbar bleibt, so be
zeichnen sie uns kurzerhand als Vcrtre
ter der Täuschung" und halten unö für
mehr oder minder schwache Echds unst
rcs Kriegspresseamtes". Auch das ist
wieder kurzsichtige Beurteilung durch
das Ausland, wie wir sie fo oft in Eng
land treffen. Es ist ganz selbstvcrständ
lich, daß sich die Beurteilung der Kriegs
Zage auf den amtlichen deutschen Heeres
Nachrichten aufbaut. Da diese im streng
sten Sinne des Wortes wahrheitsgetreu
sind, weder phantasicvoll wie die italieni-
schen, noch oft unwahr wie die der ande
ren Alliierten, können wir gar nichts
Besseres tun, als sie unserem Karten
sjudium zugrunde zulegen. Aber gleich
zettig werden in Deutschland die frem-
den Kriegsberichte beachtet. Wir unter
drücken sie nicht und entstellen sie nicht
wie unsere Feinde und lassen uns auch
nicht durch das Kricgspresscamt unsere
Meinung in die Feder diktieren. Wenn
allerdings die englische Welt vorzeitige
Kritiken in Deutschland erwartet hat, so
muß sie sich enttäuscht sehen, denn wir
besprechen die Kriegslage deshalb nicht
kritisch, das heißt, wir spüren nicht et-
waigc Fehler unserer Heeresfuhrung auf.
weil noch niemand auf der ganzen Wrtt
in der Lage ist. Ursache und Wirkung
dieses oder lcneS Borganges klar zu
übersehen. Wer sich anmaßt, jetzt schon
mit seinem Licht in die frifclen Ercig
nisse hineinleuchten zu können, beweist
damit nur seinen blutigen Tiletantis-
mus. Englische Kriegsberichterftatter
haben in allen modernen Kriegen diese
Eigentümlichkeit verraten.
Tag der Durchbruch der Engländer
im Raume ostlich Höbuterne östlich
Beaumont-Hamcl östlich Beaucourt
und südwestlich Grandcourt im strategi
schen Sinne 'gescheitert ist, wurde hier
schon hervorgehoben. Die aufgefundenen
englischen Armeebefehle und die darauf
getroffenen Maßnahmen der Truppen
lassen uns deutlich erkennen, daß mit
einem tiefen Durchstoß gerechnet wurde.
Nur an einer Stelle, im Zentrum deS
Angriffs, hat bekanntlich unsere Front
dem vernichtenden Artilleriefeuer der
Englander nachgeben müssen. Abcr das
Wichtigste bleibt, daß die Höhen von
Scrre, US Angriffsziel der Engländer,
in unserer Hand blieben. Wie jetzt be
kannt wurde, fetzten die Englander ouf
einer Front von nur 8 bis 10 Kilometer
treffen. Auch hier ist der wahre Grund
des das Schiff und seine Insassen tref
fkliden Verhängnisses daS Völkerrechts
widrige Gebähren unserer Gegner.
Nichtsdestoweniger glaubt die amerika
nische Regierung in ihrer Note vom 12.
Februar 1915, in der irrtümlich erfolg-
ten Vernichtung eines amerikanischen
SchiffeS oder de Lebens amerikanischer
Bürger schwerlich etwas ondcrts wie eine
unentschuldbare Verletzung neutraler
Rechte seitens Deutschlands erblicken zu
können. Das ist nichts anderes wie Vcr
kennung eine? obersten Rcchtsgrund
satzes. da allein der schulden Han
delnde für den Erfolg verantwortlich ist.
nicht der entschuldbar Irrende. Sache dcr
Neutralen wäre es, mit allen Mitteln den
Mißbrauch ihrer Flagge durch England
und seine Verbündeten zu verhindern.
Wie nie ein Kneg zuvor zht d:cser
Krieg die neutralen Länder, zumal die
Deutschland benachbarten, in Mitleiden
schaff. Neben reichen Gewinnen, die ein
zelnen ihrer Angehörigen zufließen, wird
den übrigen Entbehrung und Leiden
reichlich zuteil. Nie erhörte Bevormun
dung und Eingriffe in die Selbstbe
stimmung dcr Staaten und ihrer Wirt
schastsmächte sind an dir Tagesordnung:
Ueberwachung der Zufuhr und Ausfuhr,
selbst Zuweisung der Brolrationen und
tausend andere Ungerechtigkeiten mehr.
Und all dies wird geduldig ertragen.
Auch deutsche Seekriegsmaßnahmen,
obwohl sie rechtmäßig sind, haben Unbe
quemlichkeiten und Härten für die ?!eu
tralen im Gefolge, aber sie sind notwen.
big geworden durch die Völkerrechts
widrigkettkn unserer Gegner: durch die
völlerrechtZwidriae Ausdcbnung der
Bannwarenlistc, die völkerrechtswidrige
Be;rsfn,!ng der'Henbk!t,schiffk und den
LLlkkirechtZlmdriar Zläamsidiim.
D. E. Moraht.
130000 Mann ein und hielten als ia!,i.
fche Reserve etwa M000 Mann zur
Ausnutzung des Erfolges bereit.. Mit
dicfcn gcivaltigen Kräften sind die
Feinde nicht wcitcr als 2 Kilometer vor
wärts gekommen, und die Hohen vo
Cerre und die Vcrteidigungsstclle von
Grandccourt habcn ihnen ein vorzeitiges
Halt geboten. Wir dürfen allerlei wich'
tigc Schlüsse aus diesem Mißerfolg M
Feinde ableiten. Der wichtigste ist. baß
ihre Jiifanteriestöße dann wirkungslos
bleiben, wenn wir ihnen gleichwertig sind
an artilleristischer Kraft. Wir verstehen
daher, d?k leispielswcise dcr .Daili,
Telegraph" vom 9. November sich äußerst
besorgt zeigt über die Mobilmachung der
deutschen Hcimarmee im Interesse des
Krieges. Die Zeitung schreib!: hinter
den vielen deutschen Geheimnissen, die
wir gern erfahren möchten, interessiert
unS keines fo dringend, wie das, welche
Vorbereitungen man in Deutschland in
der Munitionsfrage für das nächste Jahr
trifft." Wenn weiter erörtert wird, daß
die Alliierten in der Picardie ihre Er
folge, die anfänglich größeren und die
nachfolgenden kleineren lediglich ii)ier
schweren Artillerie verdankt hatten, so
wird uns damit nichts Neues gesagt.
Höchstens entnehmen wir daraus eine
weiteren Ansporn, die Organisation des
Sieges bis in ihre kleinsten Ursprünge
hinein zu verfolgen. Die genannte Zei
tung gibt zu, daß ie amerikanische Mu
nitionsliefcrung den englischen Kampf
erleichtert, versichert aber fosort. baß .
Großbritannien selbst die hervorragendste
Munitionsfabrik des Vierverbandes
wäre. Und dann wird unS mitgeteilt,
daß fast eine Million Männer militär
pflichtigen Alters zu Zwecken der Muni
tionsherstellung als unabkömmlich" zu
rückgkstcllt wurden. Das wirft ein Helles
Schlaglicht auf die unsinnige Behaup
tung. daß die englische Wehrpflicht, vcr
bunden mit dem Frciwilligcnsnstem. ein
Heer von 6 Millionen Mann ' auf die
Beine gebracht hätte.
An unserer östlichen Front haben sich
keine nennenswerten russisch? Vorstöße
mehr ereignet. Ter Zahl nach allerdings
nahmen die Versuche dcr russischen
Heeresleitung zu. die ihr von uns ent
risscncn Stellungen nach und nach wie
derzugcwinncn. Abcr eS fehlten die
Kräfte und dcr Schwung, und so schei,
tertcn jedesmal unter blutigen Verlusten
für die Feinde alle diese Unternehmungen
zwischen dem Mcer und den Karpathen.
Rußlands Hauptkraf! sich in den
Kampf verwickelt, den wir gegen Rumä-
nien sunren. ueber die Umgruppierung
des russischen Heeres sicht man noch nicht
klar. Abcr es ist interessant, daß ein
Artikel des Observcr" an Rumänien die
ernste Mahnung richtet, nicht langer auf
seiner Würde zu bestehen, sondern seine
Blicke auf daö große Ziel zu richten.
Dieses Ziel besteht darin, den Russen
die allgemeine Führung an der rumäni
schen Front zu übergeben, welche nur
eine eViIängeruiig der russischen Front
wäre. Was will dir Zeitung damit
sagen? Längst ist der eigene Entschluß
der . rumänischen Heeresleitung bedeu
tungslos geworden. Längst ist die An
sicht der russischen Heeresleitung bestim
mcnd. Soll den Rumänen geraten wer-
oen, v,e zaize Verteidigung südlich dcr
siebenbürgischen Grenze aufzugeben, und
, iu 3 (uiiiuiii wc !tt' nm urail IN
vem russischen verschmelzen, daß es
über den Sereth oder gar den $tu
nach Bcssarabicn zuriichckbt? &S wär 5 !
ein ähnlicher Rat, wie ihn sie ErtenteX
inst Km IsAInn. tj ,.T(..,, X
einst dem geschlagenen belgischen öecr er
teilte. Rückzug um jeden Preis und n-
!. bedingten Anschluß an die englisch.fran-
zvsllcyen raste, weiche damals noch den
nördlichsten Teil Belgiens olkupicrt
hatten.
Die Lage an der rumänischen Front
gestaltet sich mit jedem Tage für uns
günsiiger; die Times", welche doch
jedenfalls nicht zu unseren Gunsten ur
teilen, stellten vor einigen Tagen mit
Besorgnis fest, daß die Rumänen überall
in dcr Rllckwärtsbewegung sich befänden.
Nach Kilometern wurde ausgerechnet, wie
weit die Truppen dcr Armeen Falkcnbsyn
und Arz Boden gewonnen hätten. Unsere
Truppen haben in dem winterlichen
Hochgebirge die schwierigsten Anstren
ungen zum größten Teil überwunden
und drücken die rumänischer, Kräfte im
Süden Siebenbürgens, auf dem Gebiete
der Walachei, in strategischem Sinne auf
die Hauptstadt zurück. Unterdessen hat
der nördliche Flügel unserer angreifen
den Heere die russischen Gegenstöße ange
halten und hat in dem gebirgigen
Grcnzgclände Raum nach Osten geivoii
nen. so daß auch dicfts Heer schon rumä
Nischen Boden betrat.
Während von den Kämpfen in der
Tobrudscha nichts Neues vcrlautct und
während über die Donau herüber und
hinüber die Artillerien tätig sind, habcn
die Versuche d't mazedonischen Vicrver
bandsarmee. sich in den Besitz von W?
nastir zu setzen, sich erneuert. Nach dem
Urteil des bulgarischen Generalissimus
ist aber die Front der Verteidiger stark
genug, den Weg für das Bordringen den
Feinden zu sperren. Wie aus Budapest
berichtet wird, soll die Armee Sarrails
die Stärke von -300 000 Mann kaum
überschreiten. Zwar sind Verstärkungen
unterwegs, aber sie werden in voller Zahl
infolge der Wirkung unseres U-Boot-Krieges
nicht eintreffen, und andererseits
wachsen die Verluste nicht unbedeutend.
Seit die Sanail-Armee über die gricki
sehen Bahnen verfügt, wurde es ihr
icicpict, von einer Front zur giidcreii
Truppen zu werfen. Sie operiert auf der
inneren Linie, während wir an der ma-
zedonifchen front mit bedeutenden
Schwierigkeiten zu kämpfen haben, weil
das Bahn- und Wegenetz nur eiu be
schränktes ist. Aber auch auf diesem
Gebiete ist schon diel crbcsscrt worden.
Bahnen sind ausgebaut, Feldbabucn
neu g?lcgt und Wcgcverbindungcn ge
schössen, die den Munitions- und Vr
vtteaunainachschub erleichtern. .