Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 08, 1917, Image 2

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    T5gZ!5jt Lmsh Tr!iue
r
Zjonzolshlachl.
Von Karl
sl o t ft f t o n t, im November.
Ein Karstdorf, Stein nichts als Stein,
ein paar graue, fahle Baukasten, regel
los um die Kirche gewürfelt. Rührend,
diese aspetisch schmucklosen, bleichen
Karstdorslirchcn, immer die zwei schmar,
zen, schweigsamen Pinien vor dem' Tor,
riirenp düs abg?, Parte grüne Rasen,
idyll zwischen Pfarrei und "nächster Häu.
serzeile, eingesperrt hinter engem Zu.
gang, scheu versteckt und Iveltabgeschlos.
sen, ein kriegsvergessener Zufluchtswin
sei Manchmal noch eine Linde vor der
Kirche, uralt, mit breitem Blättcrdach.
den schweren Stamm friedvoll von run
der Bank umrahmt. Aber überall
durch Geäst klettern die dünnen, ewig
ruhelosen Schnüre. Und hüpfen auf die
'Mapn, die überall vor den Bauernhau
fern stehen. 'Ein Netz von Spinnweben
iiiber dem ganzen Dorf. Lautlos liegt
'La? ffiorF., Aber die Pinien, die Altva
verdank um die Linde, die Idylle lügen.
Slot dem Dorf ist der grausamste Krieg.
! Ein, unscheinbarez Hau!, schmaler
... Stiegenaufgang. allerlei Kisten, Truhen,
Schränk im Flur: dies ist das Kam.
inands. So still jst'S rundum, daß die
, Stille durchs offene Fenster hörbar ben
einzukommen scheint. Wenn ein Schuß
Ifältt,' geht er verschlafen durchs Land.
sAon halber Stunde zu halber Stunde.
-Bisweilen auch eme Stunde lang nichts.
Aber sie täuschen uns nicht, die Her
,ren Italiener.' Der Kommandant ist
I liebenswürdig, dennoch von auffallender
-Nachdenklichkeit, als horche er, indes er
jrnit uns spricht, immer nach anderer
Seite hin. .Wir stehen am Vorabend
; einer neuen Schlacht, wir wissen alles,
. vor allem, daß eS die größte der
Jfonzoschlachten wird, die wir bisher
.'auskochten.'
f Er hat nichts zu verbergen. Gehen
Sie ruhig zur Brigade hinaus, von der
mein Generalstabschcf mir erzählte!"
.Wagen und Pferde warten. Wir sah.
iXtn. In die Viertelstunden hallen, da
die Pferde traben, die Kanoncnschläge
jetzt häufiger. Merkwürdig,, wie der-
;
schlafen hier alles scheint: die Dörfer,
deren Häuscrwerke von Zeit zu Zeit
weiße, berstende, splitternde Wände in
die Höhe schleudern. die Flieger, die
im Morgen schaukeln, ruhig zwischen
hellen, flockenden Wölkchen auf b.ai
Bcrgkamm rechts, dann und wann, asch
grau eine Granatenfontäne.
, Es ist nichts heute, gar nichis . . ."
' Dtt Brigadier benutzt die Stille, um
' einen, Unteroffizier zum zwanzigsten
Male verwegen auf Patrouille vor
dem ganzen, kleinen Stäbe auszuzeich
um. Die Gesclnitze der Italiener rufen
setzt alle drei Minuten. Kurz ist die
Rede des Brigadiers? die nächste Granate
haut auf dreißig Schritt ein. Man
nimmt keine Kenntnis davon. Das Ge
ficht fc&l Unteroffiziers leuchtet wirklich
. ud strahlt. : Der Brigadier kommt
, langsam auf den Steinhaufen zu, der
; seine Operationekanzlci ist. Es ist
nichts heute, gar' nichts. . ." Wir gehen
' hinaus zum Beobachter.
Ja. hier liegt der ganze graue, arme,
furchtbar: Karst. Drüben Tobeida.
Ortschaften, halb sichtbar nur. klettern
in -den Dunst. Der Blick wandert zum
Meer. Die Adriawerke sind tot. Tort
ist Hohe 144. Leblos liegen die Aräben.
Nirgend ist ein Land nackter als hier,
nirgends das Regungslose lauernder.
Ter Rücken von Toberdo hat Narben,
' unzählige Narben Narben; kreuz und
qucr: das Grabengewirr. Unten vor
Bagni fliegt eine Mine auf. Giftgrüne
Wolken, die sich schwer am Boden bal
ki. Entlang der ganzen Front ist nichts
zu fehcn. Jetzt fpiclcn die Geschütze
nördlicher, in Halbminuten-AbsiLnden.
Ueber uns ein Flieger, die Stahlbrust
gen die Sonne. . Einer von den neuen
Zkwporis; eine silberne, schimmernde
Biene, die sich tummelt . . . Der Beob
achter telephoniert.' Das Schießen kommt
näher. Unsere! Haubitzen antworten. Es
knallt setzt, ganz kräftig. Der Newport
, überfliegt uns. Auf der Adrig wird ein
Periskop gesichtet. Nachmittags sind wir
' in Dulno. SchloH am Meer, Romantik,
die zerfchossen ist . . . Leise knirschen
die Kieswege, wenn die Schrapnellscher
' ben, die Schrapnellkugeln fallen. Und
sie fallen immerzu. Denn immerzu
schwarze Eefchwader, hoch über uns . . .
' Vor, dem Burgeingang wieder solch eine
safrangelbe Wolke. Gasgranaten. EZ
ist jetzt ein Getöse in der Lust. Der
--Karst hallt. Und das Meer rauscht auf.
'Allmählich ist es lebhafter geworden.
Meinst du nicht auch?" frag ich den
Freund, da wir im Bretterverschlag bei
l-tt Brigade Nachtruhe versuchen. Aber
it versteht mich nicht. , Ich brülle:
Aeinft du nicht such?" Er versteht
'icht mehr. Wir werden schriftlich mit.
' einander sprechen müssen. .
Denn jetzt ist's nicht mehr fleißigeres
Schießen allein: Erste Phafc rtille.
ricvorbettitung.
. "
Unterirdische Donner im Karst. Wie
können Steine stöhnen! Seit Stunden,
seit Tagen, seit Nächten geht es so.
Vorne ist kein Stück Draht mehr ganz.
Die Drähte reißen wie Bindfaden. Hier
im Torf der Division stehen die Bau.
czn, Bäuerinnen und Soldaten, die für
eine Stunde der Dienst freiläßt, an der
Steinbrüstung, die das Torf umläuft.
Alles späht und späht, aber die Ein.
schlüge, die auf den Bcigkämmen sichtbar
werden, sind doch nur spärlich. Nur die
E:oe dröhnt ... So stehen sie den gan
yn Abend lang. Und horchen, horchen
. . . Nachts ,uckt es feurig über Comen
a:?f. Sie schickcn wiederum Brandzra
nait um Lrandgranadk in die zerscvos
üi Stadt, in der kein Mensch ist. sinn
los Gränzten auf Ruinen. r Und die
LenckirÄck tanzen. ' '
allsi im Kommando geht ruhige
WkP. Nur das Masse Gesicht des Ge
'er,7l?:s!'tckkfs beä noch ein paar Wii
6:5?ciif:rie mchr: U:l drer .logcit,
tunde Schlaf
Fn Nowak.
Ernst sagt die Exzellenz: .Die Schlacht
ist da . . . Und vorläufig eine neue
Art: blbfz Artillerie. Wir wollen nicht
schönfärben. Die Situation ist nicht
leicht. Aber wir werden halten. Und
wir haben jeden infanteristischen Versuch
bisher noch hinter den italienilchen Dek
hingen niedergehalten." Man muß die
Fenster schließen. Sie klirren, sie behen
auch so noch genug. Sie beben und
klirren übrigens auch im .Excelsior' in
Trieft. Wie sagte der General vormit,
tags? Und der kleine Leutnant gestern,
draußen in Duino? .Wir wissen alle,
wofür wir kämpfen . . . Hinter unS ist
Trieft'
Ordonnanz mit Meldung. Der Kam
Mandant lieft., legt da Blatt fort, drei
Sekunden Stille. Und dann ist er schon
am Apparat . . .
Am nächsten Morgen hat der Kom.
Mandant nur eine Sekunde für uns Zeit.
Wir wissen alles, wir hören es ja,, wir
sehen es an den Bergkämmen, die voll
Fontänen stehen: Die Schlacht ist in
vollem Gange .,. Der Generalstabschcf
hat abermals hat abermals die ?!acht
durchwacht. Jetzt hat das Gesicht einen
I Ausdruck starrer Ruhe., der keine Unter-
tone, keine Jwischentone mehr kennt.
Trocken sagt er: .Wir haben Verluste
die Italiener die Viersachen Verluste.
Wir halten.' Unten der Wagen wird
uns zum Hilssplak bringen. Der Gene.
ralstabschcf arbeitet schon wieder. Aus
dem Nedenraum eine Stimme am tt
pyon. iezer ziommandant hat eine
Stimme von Stahl. Die klaren Augen
hatten vorhin einen Zug von Härte. .Es
nützt nichts für den Kommandanten. Er
muß o Zahne, zu ammenbeikcn. Er
darf sich nicht von drarßen bestimmen
latftn. Auch wenn sie sterben.
Vor den zwei Pinien rattert ein Auto
an. Drei Fliegergeschwader über dem
Tors. Vorwärts, wu wollen fahren,
Im Flur, rasch über die schmale Stiege,
ein General, spricht uns xfort an.
Ein paar Worte, klar, klug, soldatisch
offen, die Form epigrammatisch. Was
er sagte, wo immer er eS sagte, war
immer so: in Przemml, in dcn Karpa
then. Mehr noch, als daß er blendet:
er trifft haarscharf Sache und geistigen
Untergrund, wein- Gesicht heute ernst,
sehr ernst, dennoch ruhig . . Die Trep
pen nimmt er gelassen und schnell zu
gleich. Sie knirschen unter ihm. Ex.
zcllenz steht vor ihm. Habt acht": Ge.
neralobcrst von Boroevic.
Achthundert Tragbahren. Aerzte in
blutigen Kitteln. Rechts wird oder ,rt,
links die Leichtverwundeten . . . nllc
abgebrauchten Worte versagen. .i(me
zusammen beißen: Märtyrer ist das
schwächste, das man sagen darf . ,
fie liegen alle still, ganz still. Im
rollenden Donner, aus dem kein Einzel.
schuß mehr sich löst, im Rauschen nnd
Brausen, das alles hier als einziger Or.
kan umhüllt, macht keiner wohl auch nur
zum Sprechen den Versuch. Sie alle fast
find bei Bewußtsein. Die mit den
Bauchschüssen ... Die mit den schwor.
zen Gesichtern, die die Minen verbrann-
ien . . . Die mit der fahlen, safrangel.
bett Gesichtshaut, die an den Gasgrana-
ten sterben werden. Alles .ist eng auf
engem Platz gedrangt. Bahre steht ne.
bcn Bahre, immer neue Bahren kommen
an. Halbnackte, die gleich tnä Opera,
tionszimmer kommen. Leute, die seit
fünfzig Stunden im Trommelfeuer la.
gen. 'Die Autokolonnen sauchen und
stampfen. Sie bringen immer mehr...
Kleine Karren kommen, je eine Bahr:
auf dem niederen Fuhrwerk. Sie kom
men aus dem Feuer, sie fuhren durch
das Feuer, sie liegen hier im Feuer.
Sechzehn, Pferde fielen heute. allein bei,
Jamiano. Die Mannschaft zog die
Karreten weiter . . . Italienische In.
fanterie marschiert vorbei. Gefangene
. . . Ein italienischer Major kommt den
Platz heruntergelaufen. Die Jacke offen
ohne Kappe, das Haar wirr. Mehr wie
ein zerzauster Virtugse ... Der Arm
ist gebrochen. Er blieb vor dem Hinder.
nis liegen. Jetzt soll er verbunden wer
den . . . Unsern Schwelverwundeten
winkt er mit den Händen zu. Sie lä
cheln . . . Wer kann, raucht.
Vorwärts, immer weiter voran! Auko
um Auto kommt. Die ?!ewports oben
gehen mit. Granaten neben der Straße.
Vorgehende Reserven, dunkelgrau. Ge
wehr in der Hand, Morgensterne. Im
Eilmarsch ... Und Fieber rundum.
Vorn, hinter uns, auf der Straße, in
der Luft. Von den einschlagenden Gra.
traten Fetzen, Splitter, wirbelnd: Ma
sten, Saniim aus Stein . . . Auf dem
Rückmarsch ist der Hilfsplatz leer. Der
Stabsarzt atmet mühsam. Tech er
strahlt . . . Alle rcllen schon in Eisen
bahnen. , ,
Meldung aus Jamiano: Drei weitere
Pferde soeben erschossen, diesmal de
Mannschaft dazu. Einen Augenblick
fetzt das Trommelfeuer dicht vor uns
jählings aus. Kommt doch wieder In
fanterie? Die Reserven siegen: .Mir
fan d' Kaiserjaga Vom ersten Ba.
taillon . . .' Kärntner, Alpenländler.
die das Lied übernahmen. Zischende
Fliegerbomben über Comen. Schicht
zu! Jawohl, die Schlacht in vollem
Gange. .
. .
Die Jnfanieriekämpfe kennen jetzt kein:
Unterbrechung mehr. Vor Bagni füh.
ren die italienischen Offiziere ihre
Tturmstaffcl hoch zu Roß; die Sumpf
wiesen haben sie alle behalten. Roß und
Reiter. Und diese Kämpfe wiederholen
stets das gleiche Spiel. Endlich sind die
Deckungen völlig zerschossen. Sie wer.
den Fncdhöfe im Karst, schweigend
siak"'. was in der Deckung als Wache
ftard. Tann dringen die Italiener ein.
Niemand mehr hier, der 's webren
könnte... Tann 'Gegenangriff. Und
ik nedme der die lie Stellung.
.Es iit mcrkmürvig.' sagt der Genie.
. stäbier nd hncht b'nauS die Schlacht
läßt sich phonetisch gliedern. Nördlich
von 144 war vorhin schwere Troin
mein. Und gleich darauf Stille, eine
ganze Weile... Sie sind gewiß herein,
gekommen. Und hören Si: nur: Jetzt
trommeln wir... Wir werfen sie be
stimmt bis mittags wieder hinaus.'
Mittags ist auch 144 schon erledigt.
Die Höhe dampft von Glut. Gestern
Kar ich draußen: unheimlich, wie dort
die Gräben hart unter den italienischen
Deckungen hängen und kleben , nur
einen Sprung müßten die Italiener tun.
.Sollen's nur ver uchkn. Absichtlich
hab' ich die Stellung so -gebaut. Sie
können dort nicht flankieren.'' Zehn
Tage war der Geiitestäbler draußen ge
Wesen. War gerade von der Vojusa
gekommen. Fiebrig, mit hagern Wan
gen, das feine, intelligente Gesicht halb
gelb. Ti: zehn Tage draußen, zehn
Schritt von den Italienern, waren fein:
Erholung gewesen. Und ein: heiße, hek.
tische Röte flammt in sein Gesicht, da
sie eben jetzt um Höhe 144 raufen.
Kie sind dort wirklich durchgekommen.
Rechts von der Hob: und links von der
Höhe. Und ein: Sintflut strömte über
den Einbruch. WaS soll man zu den
lodern sagen? Ein Bataillon loa in
vein Grauen oes General laviers. 'ine
Verbindung mehr mit der Brigade,
Keine mit dem Regiment. Was rechts
und links vorbeiströmt, mit Johlen und
Schreien, gebt in die Tausende. Auf der
Straße nach Jamiano eine weite.
fchuppenschillernde Helmfchlange: die
A. ' , . . i . r n m 's
laiiener.. . ii: wirage in im inuaen
der 102er. Sie sind in einem Italien
sehen Viereck. Sie bleiben, sie halten,
halten Stunden schon...
,D: Kronstadter sind im Gegen
angriff'
Von Jamiano her ein wüster Lärm.
Sie sind richtig schon ,m Torf. Ja
miano ist ein Schuttheiufen, ein Chaos
von Blut und Zusammenbruch, in drei
Stunden fegt, was die Erinnerung der
Menschbeit - von kosmumer Vernich
tung. Pestillenz und Weltuntergang
ahnen kann, über das Karstdorf Ja-
miano. Hauserreste, hochgewirbelt:
Steinblocke, aufgerissene, fortaeschleu
derte Straßenteile, Pferdekadaver. zcr
schmetterte Wagenfetzen, Waffen, blu
tige, unkenntlich: Glieder, Rümpfe
alles hochgeturmt, ineinander ver
krampst, unlösbar verbollt, ein einziger,
grausiger, riesenhafter Brei Ti:
Kronstädter darüber hinweg Ten
Italienern in die Flanke. Und die Jta
liener werden nicht geworfen. Sie wer
den gefangen. Tie Kronstädter rasen
über die zw:i Einbrüche hin Di: ganze
Linie zvrückgeommen. Tie 102er stehen
immer noch, wo sie standen. Hatten sich
mitten im Viereck nicht einen Schritt von
ihrem Platz gerührt.
Der Kommandant unnahbar. Der
Generalstabschcf verschwunden. Alles
im Kommando, wenn wir für Augen
blicke hinkommen, unaufhörlich unter,
weas. Es wird wenig gesprochen, alle
Gesichter ernst. Bei Tisch huschen die
Gespräche über gleichgültige Dinge.
Ueber allen Gesprächen Schatten: Tte
Schlacht . . . Fremd: Offiziere kommen,
von draußen von irgendeiner Nachbar-
gruppe, kaum das sie da waren, sind sie
auch schon wieder fort. Durch di: Tür
tritt ein Artillerieoderst, hoch und hager,
brennende nervös: Augen, sei Adjutant
genau so hager, genau so blaß, so über
angestrengt, die Blicke nicht minder heiß
und brennend. Sie kommen wie Ton
JuanL steinerne Gäste, mit hallenden'
Schritten, mit einem leblosen Gruß, der
eiskalt durch das Zimmer weht . . .
.Bitte: alle Herren, als hatt: ich
ihne die Hand gedrückt . . .'
Sie setikn sich zusammen. Geistes
abwesend, wie si: essen, wie si: die Kar
ten aus den Taschen holen, über die
Teller breiten, geistesabwesend,' wi: si:
leise sprechen.
Sie aeben an d: nitila Stelle,
sagt der Oberstleutnant. Es ist nur ein
Flüstern. Keiner von den Offizieren
spricht etwas. Niemand soll stören. Ja,
wir wissen: Novavas . . .
Der Adiutant hat einen Raubvogel.
kopk. Das Haar wirr in die Stirn,
kühne, wilde, adlerhaft: Nase, hünenhafte
Brust unter dem farblos grauen, fast
kahlen Rock. Wenn er sich bewegt, klirrt
schwer sein Wafsengehönge. Sein Oberst.
wie er . . . isonderbar, wie die zwei
aussehen: Ritter aus verschollener Zeit,
mit unsichtbarem Harnisch, moderne
Ritter in moderne, furchtbar: Schlacht
geholt, um den Tod zu bringen, der hier
die Rettung ist . ... Die Italiener fallen
mir ein, mit ihren Helmen, mit ihren
Schuizschildeu. Jetzt wirkt das wie Thea
termitteialter. AI di: zwei im Har-
nisch und Helm, den man nicht sieht,
sind furchtbar ...
Der Artilleneoberft diktiert noch
rmmer. Der Adiutant schreibt. Es sind
Depeschen, die an den Bestimmungsort
der beiden vorangehen. Abgerissene
Brocken werden laut: ' ..
Mit möglichster Schonung aller
Kräfte ...
Müssen die beiden Batterien schon
eingeschossen sein ...
Tann verteilt auf die letzten, zwei
Kilometer ...
Möglichste Schonung unterstreichen . . .
Ti: Suppe wird fortgenommen. Das
Fleisch wird fortgenommen. Ti: beiden
haben kaum einen Bissen berührt. Krit
zeln des Bleistifts ... Sie arbeiten den
konzentrischen Arüllerikgegenangriff. Ti:
Stühle werden geschoben. Ein Wehr.
gehenk klirrt schwer.
.Bitte: alle Herren, als halt: ich
ihnen die Hand gedrückt .. .'
Hallend: chrnte. Im Nebenzimmer
begnet ihnen der Kommandant. Stum
mer Gruß. Unten kurbelt ein Auto n.
Der Kommansant lächelt: .Am Abend
steht der Einbruch bei Novavas . . . Das
weiß ich.'
Eine halb: Stunde spater Kanonen
donner, der unerträglich ist. Tag ist
schon der Arlillerieoberst. Wan kann
dem Donner nicht mehr entrinnen, er
rnacbt unfähig zu denken, er hüllt alles
in Drohnen, Üninaanq. in Stöhnen und
Srce!unq. Alles scheint zu rollen, zu
Ivanken. Grauenhaft, graucnkast . . .
Abends steht auch der Einbruch bei No
vadas.
Hier ist die Schlacht zu Ende.
Der Krieg
Von Wilhelm
Die Menschcnmaner . . .
Köln, 2. Tzeubcr.
Tie Menschcnmauer, die unllbcrrenn
ban. die in sich mit tausend Ankern ge
festigte, genietete, in tausend Feuern ge
schweißte, di: etwas phantastisch Gewal
tigcS in sich trägt, ist mir in ihrer be
herrschenden Größe im Lauf: des Krie
ges niemals so voll zum Bewußtsein ge
kommen wi: in der Zeit, da Brussilowl
Ricsenarmeen mit zähcftem Willen zum
Durchbruch drängten. Mit jedem Tage
hämmerten uns di: russischen Geschütze
in Wolhynien das eine Lied vor. das
in seinem Rhythmus Wildheit und Un
erbittlichkeit war, das uns von Stund:
zu Stund: von neuem di: Kraftanstren
gungen deZ Gegners klarmachte, der den
ernstesten Tanz wollte, und der sich nicht
scheute, feine eigenen Regimenter, seine
Divisionen und Korps wie Puppen In
das feuerüberwabert: Todcsspiel hinein
zujagen.
Massen! . . . Zaubert das Wort, das
nun so oft und so oft ausgesprochen
r it m
sir:
" -. t -.wv n
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TH. w " ',
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V!
j YlUiA
1jf .Wv
,
Teutsche ArtilleriksteUung in ein
Tchncelandschaft vor Warschau.
worden ist, nicht seinem Begriff ent
fprechcnd etwas Ungeheuerliches, Riesen
Haftes vor unsere Bugen? Ist rs nicht,
als ob sich Berge in Bewegung fetzen,
di, mit zermalmendem Gewicht heran
marschieren, um niederzutreten, was un
ter ihre Fuße kommt . . . O. wir
gedenken noch des scherzhaften kleinen
Bildes der russischen Dampfwalze", In
das man hineinzuzwängen glaubte, was
an Kraft und Macht auf d,r östlichen
europäischen und asiatischen Erd: Ruß
land in Marfchbewegung kam. Wie
armselig war der Begriff! Wie :ng.
wie nothclferisch! Wie unerkannt war
noch alles das. was auf dcn uns fremden
Fluren Rußlands aufgetrieben und gen
Westen geworfen worden war.
Wie hatten wohl des oftern an den
Krieg gedacht, den Japan glücklich gegen
das Zarenreich durchkämpft hotte. Ein
Opfer wr der Kamps gewesen, ein
Opfer, da zum Siege führte, der. mit
eisernem Willen erstritten, dem fernen,
östlichen Jnselvolke zu einer Leiter des
Aufstieges, zu einer Brück: in di: Welt
hinein wurde. Auch damals war Ruß
land marschiert, und in wilden Kämpfen
hatt: es den todesmutigen gelben Stur
mern feine Männer entgeqenacworfcn.
ohne die Niederlagen von Port Arthur,
von Mulden vermeiden zu können.
Grausige Bilder steige im Zurückdenken
auf. Und doch: War das damals die
große russisch: Kraft? ... Wir wissen
heut:, daß es nicht der Fall gewesen ist.
daß das Zarenreich nicht wie in diesem
Kriege gegen Deutschland bis zu den
letzten Grenzen hin zusammenfaßte, zu
ammenrasste. was es an Männern be
faß, um im Verein mit den andern gro
ßm uns feindlichen Machten sein: Fah
nen gen Westen zu tragen. Niemals zu
vor sind die Ebenen am Ton, an der
Wolga, die Steppen Sibiriens und.Tur
kesians. die Berge des Urals, die weilen
Gebiet: Kaukasiens so usgeftanden wi:
jetzt. Der ganz: Osten erhob sich und
iNarschierte. , Sibirien rückte heran.
Transkaspie, die Ebenen am Amur.
Helle und dunkle Menschen, weiß: und
gelbe, gerad- und schlitzäugige, alles kam;
denn durch das Freundschaftsband mit
dem ehemaligen Feind im Osten wurden
die Grenzen dort frei, und in den Mi
litärlagern fanden sich die Männer der
nomadischen Kosakenstamme, die Krieger
von Geburt, ebenso wie die Leute aus
Wladiwostok, aus dem heiligen Moskau
und Petersburg . Rußland stand
aus!
den großen Trupvenlaqerräumen
von Kiew und Kamien Podolski ist ti
vor der wolhrmischen, Offtnsi Brusfi-.
iows nein yeraannen. vmt nur die
Rückmstützen für Rumänien und di:
Psal'I: gegen Bulgarien sis dort in eis-
riger Arbeit zurechtgeschlagen worden.
ouoern auch die Waffen sammelten tick
dort, di: zusammen mit denen der neu
ausgestellten Petersburger Garden im
Heere Brussilows Ruhm ernten sollten.
Im Frühjahr hieß es. als di: Kämpfe
um Wilna anbefohlen worden waren:
Ti: besetzten Gebote sind vom Feind:
zu befreien.' Für den Sommer und
Herbst gab es die große Parole: Ter
Feind ist zu werfen .um jeden Preis'.
Und damit war Brussilow di: Macht
über Leben und Tod von Millionen ruf
sischer Männer zum freien Walten in die
Hand gelegt worden. Er bat di: Ge
walt schonungslos gebraucht. Er hat
Wolhynien zu einem weitaus größer
pierftive gemacht, alt ti zuvor das
Karpathenland, die galizischen Hang: im
Sturm auf Ungarn geworden sind. Er
hat die weite Erde südlich der often
SLpse bis hinunter in die Bukowina
zu eiiiem einzigen großen, blutdanipfcn
den Kessel werden lanen; er hat mit den
Menschenleben gefpiell, als cb ks Bach
"
tjsrz.
,t&vr
'
. .-.
in Hußl'an
Conrad Gomol?.
kicscl seien, di: man in die
.ttlUit
und wegwirft.
Nicht Sieg hoffend, sondern Sieg Ivol
send, Sieg zwingend, brach er mit sei
nem Heer: auf. Er wälzte Bergmassive
gegen kinen dünen Strich, gegen einen
Faden, der freilich, au? härtestem Stahl
geschweißt, die Wälle, die er vortrieb,
zerschnitt. Seele war In dem gespann
ten Strang! In ihm stand dem Willen
des einen, Brussilows. der Wille des ein
zelnen der stumpfen Mass: gegenüber!
der Wille, der zweckbewußt mit scharfem
Auge den Feind bewachte, belauerte, der
in sich fein Volk, di: Heimat, das zu
verteidigende Vaterland fühlte. Aus die
sem Material wuchs, so gering di: An
säug: waren, so schnell es -geschehen
mußte, die Menschcnmauer auf, di: ge
gen den neuen Sturm der Russen er
richtet werden mußte.
' Hart: Prüfungen hat sie durchmochen
müssen. Oft gelang es dem wild an
rennenden Feind, sie an dieser oder jener
Stelle in der Breit: weniger Kilometer
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Bn ton Zchiil.,knNntkrstlindkn.
einzudrücken. Und manchmal brach sein
ständiges Stürmen, Hämmern und Na
gen doch einen Brocken aus dem Ziegel
werk. Aber was tat das? Es wurde
n der Durchbruch. Für das Ganze
konnten solche .Erfolge' Brussilows
nichts bedeuten. Er erkaufte sie mit
hohen Blutopfern. Er bezahlt: sie bar
auf dcn selbstgkwählten Schlachtfeldern
mit den zerschlagenen, vernichteten Men
scheyleibern seiner Soldaten. Schwin
dclerregcnd sind di: Zahlen, die :r hin
gegeben hat; denn was ihm auch hier
oder dort von unserer Front für kurje
Zeitspannen ausgeliefert werden mußte
oft für Stunden, seltener ist es für
Tage gewesen die lieferen holten es
wieder. Und gleich i Abwehr und An
griff haben sie dem Feind stets ihre
hohen Rechnungen entgegengeworfen.
Was die Menschenmauer immer wie
der ,u ertragen gehabt hat, was sie in
ihrer Unerschüiterlichkeit hinnahm, laßt
sich wohl am besten schildern, wenn ich
ein Bild der RussensiUrm: gebe. Wie
wir sie in kleinerm Maße während der
frühern Offensiven beobachtet hoben, so
traten sie stärker in den Sommerkämpse
vor der mittlern Ostfront, und am
stärksten zuletzt vor unsern wolhynischen
Stellungen auf. WildeA Artillerieseuer,
daS sich zu Starken steigerte, die nach
den Aussagen und Beobachtungen von
Sommekänipfern den Anstrengungen der
Franzosen nicht im geringsten nachsteht,
eröffnete stets di: großen Kampftage.
Stundenlang, ja tagelang, lagen nnfere
Stellungen unter dem gewaltigen Bran
den, Hämmern und Dröhnen der nieder
gehende feindlichen Geschosse. Es roch
brandig im ganzen Angrisfsraum. Die
Lust war eisenhaltig, wie die Feldsprache
sagt, sie war dick wie Tinte!'
Und dann, wenn die Artilleriestürme
noch im stärksten Brausen waren, brach
:S aus den feindlichen Gräben hervor.
Zuerst dünnere Linien. Mamifchaftk
mit Handgranaten und dazwischen
Sturmtrupp, mit Drahtscheren, die den
Austrog haben, soweit wie möglich Bre,
schen in die zerschossenem Hindernisse vor
unsern Stellungen zu legen. Ohne wc!
tcre Waffen, häufig aber mit Kolben in
den markigen Händen, so stürzen sie vor
wärtS, sofort vom lebhaftesten Schützen
feuer, vom Geratter und Geknatter un
srer Maschinengewehr: empfangen. Dicht
hinter ihnen folgten neu: Handgranaten
werfer. ein: zweite Linie mit Gewehren,
ein: dritt: Linie ebenso. Mannschaften,
die zum Bajonettkampf bestimmt find,
und an diese schließen sich nun- schon die
dichten Wellen der Massen, oft in Kom
pagniebreiten. Sechs, acht, zehn bis
zwanzig Linien konnten gezählt werden,
die sich in einem Ansturm folgten. Häu
fig wurde beobachtet, daß nach vier bis
fünf Linien eine Mannschastswelle ohne
Waffen kam. Zuerst waren uns diese
Leute ein Rätsel. Uederkbende gaben
aber di Aufklärung: denn diesen rufst
scheu Soldaten war die Weisung gewor
den, daß si: sich während deS Vorstür
zcS mit den Waffe der. Gefallenen
auszurüsten hätten. Soweit die Stürm:
sich entwickeln konnten, wurden bereits
noch der dritten Linie Maschinengewehr,
mit vorgebracht. Und um ein Zurück
weichen der erstn: Sturmkolonnen
irundsätzlich zu untkibinden, schob Brus
ilom In die Sturmderband: Postenketten
einer Polizeitruppen ein, di: nur Ver
wukideten das Umkehren erlauben sollten.
Wi: unmenschlich diese Eoldatenbüttei
den ihnen gegebenen Befehlen gerecht
wurden, haben wir vielfach feststellen
können; denn zurück kommt nur, wer
mit 'der Waffe kommt' wer sie. im
Schmerz auf dem Kampffeld: Ukgen
ließ, wird wieder vorgepeitscht. und selbst
von Schwerverwundeten verlangte man,
daß sie im deutschen Feuxr zurückgingen
und die liegen gelassenen Gewehre hol
ten. ' Leute, di: sich knapp noch fort
schleppen konnten, sind dann oft vom
Schicksal ereilt worden, das sie an di:
Seit: derer streckte, di: schon vordem als
Opfer dieser Stürm: vor unsern Linien
liegenblieben.
Doch das ist nur di: Gliederung einer
ersten Kolonne. Zweite und dritte fol
gen im Sturm, und soweit :S In der
Entwicklung durch das Gekänd: möglich
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ist, gehen die Kompagnien geschlossen
vor. In dieser Art uni) in gleichen Ab
ständen folgen die weitem zum Einsetzen
bereitgehaltenen Verbände. Schonungs
los werden die Truppen zum Angriff
getrieben. Si: flute vorwärts unter
der Einwirkung des ständigen Drucks
von hinten, der oft genug in Gang ge
halten wird, Indem die Russen eigenes
Artillerie und Mafchinengemehrfeuer
auf die Gräben richten, um die Mann
fchaften herauszubringen. Zu Dutzenden
von Malen und ich selbst habe es ge
sehen haben wir von rinsern vordern
Bcobachkungsposten wahrnehmen können,
wie die Sturmtruppen von Offizieren
mit Nagaikn und Stockhieben zum
Verlassen der Gräben, zum Vorgehen ge
zwungen wurden. Oft genug ist eS dann
auch vorgekommen, daß sich ganze Ba
tatllone weiger!:n, den Angriffsbefehlen
zu folgen, wenn in fünf, fechs und
achtfachen Vorstößen eines Tages, einer
Nacht, die Stürmer sich schließlich den
Weg zu unsern Stellungen über di: Lei
der der gefallenen Kameraden suchen
mußten.
Nach heißen Gefechten gelang et oft
noch, einen dcr Acrmsten, die mit zer
schlagenen Gliedern dicht vor unsern
Stellungen lagen, zu bergen undihn
der helfenden Hand deS Arztes zuzufüh
ren. Unglückliche Menschen! Mit leid
verzerrten Zügen logen sie da, und trotz
dem glücklich, der klagenden Weite ent
rönnen zu sein, dem Kampsfclde, auf
dem zwischen Leichen in Granattrichtem
ihre im Schmerz schreienden Brüder, ihre
in Stoßgebeten um Erlösung zum Him
rnel flehenden Kameraden lagen. Wie
oft haben wir dieses bettelnde, Inhalt
schwere, wehmütige .Gcrmanski', dobre
Germantki' nach den Masscnangrisfen
gehört! Und wie oft haben Leute von
uns noch ihr Leben gewagt, vm denen,
die durch fremde Gewalt inmitten der
Mass: IS Kämpfer gegen sie vorgetrie.
ben worden waren, zu helfen. Eine
kleine Zahl ist es nur gewesen, die im
Verhältnis zu dem, was auf all den ruf
Mischen Feldern liegen geblieben ist, geret
tet werden konnte. Eine kleine Zahl war
es auch nur im Vergleich zu denen, die
im Sturm schon dicht vor unsern Cjel.
lungen standen und, dann noch von der.
tödliche Kugel, von den krachend der,
stenden Handgranaten zerrissen in die
Stacheldrahthindcrnisse geschleudert wur
den. Tapfere Massen, blind: GeHorcher,
und viel: darunter, die sich de! Unwertes
bewußt sind, den sie in der Hand ihrer
Führer besitzen. Mir wurde einmal von
einem der Geretteten, kurz nachdem er
in unsern Graben geschleppt wurde, mit
müdem Läckln gesagt: Zei uns ist das
so: einer wird iotgeschloea ein an
derer kommt ..." Er ha! recht qespro
eben. Doch statt des .einen' hätte er
.diele' sagen müssen; dnn das Wort
trifft auf Kompagnien, Bataillone . . .
Englische "Frifengcldcr.
, Die englische Gesandtschaft in Stock.
Holm verbreitet durch das schwedische
Telkgraphenbureau folgende Erklärung:
.Anläßlich der von deutscher Seite
stammenden Behauptung, die sich hier
und da in dcr schwedischen Presse findet,
und die in den letzten Tagen wieder auf
gegriffen ist, sieht sich die englische Gc
sandlschaft in Stockholm genötigt, kate
gorisch die Behauptung zu dementieren,
daß Offizier: und Mannschaft.cn eng'
lischer Kriegsschiffe alS Belohnung eine.,
bestimmten Betrag für jeden feindlichen
Seemann erhalten, den st: im Streit ge
tötet haben. An dieser Behauptung ist
kein wahres Wort. Tatsache ist. daß
Offiziere und Mannschaflen englischer
Kriegsfahrzeuge feit vielen Generativ
nen .Prisengelder' für feindliche Schiffe,
die sie genommen oder zerstört haben,
erhalten, und daß diese .Prisengelder'
nach der Größe der Besatzung des frag
lichen Schiffes berechnet werden. Ter
Betrag dcr .Prisengelder' ist indessen
gleich groß, gleichviel, ob ein Mann dcr
feindlichen Besatzung getötet ist oder
nicht. Als Beispiel, wi: die Größ: des
Prisengeldes berechnet wird, mag der
Fall deZ deutschen Minenlegers ,Me
teor' angeführt werden. Nachdem die
se, Schiff am 9. August 1915 das eng
lische Fahrzeug .Ramsay' versenkt hatte,
wurde es. selbst von einem Gcschivader
leichter englischer Kreuzer umringt. Als
es klar war. daß die Flucht unmöglich
sei, wurde der .Meteor' durch Sprcn
gung von der eigenen Besatzung vernich
tet. die sämtlich an Bord eines in dcr
Nähe befindlichen schwedischen Fischer
fahrzcugcS ging. Das englische Prisen'
gericht erkannte am 13. November 1010
den Offizieren und Mannschaften der in
Frage kommenden cnglischcn leichten
Kreuzer ein: Belohnung im Gesamtbe
trage von 635 Pfund Sterling zu. Diese
Summ: wurde berechnet mit 5 Pfund
ro Kopf der Besatzung des .Meteor".
In diesem Falle wurde die wirkliche
Größe der Besatzung de .Meteor' mit
131 Mann durch eine Gruppen.Photo
graphic festgestellt, die von der Befatzunq
des .Älccteor" ach ihrer Rückkehr nach
Deutschland aufgenommen war. Es ist
unter diesen Verhältnissen klar, daß keine '
Rede davon sein kann, ob ein Mann dcr
feindlichen Besatzung .getötet' worden
ist.'
Soweit der englische Gesandte In
Stockholm, der mit seiner Erklärung
offene Türen einrennt. In Deutschland
ist niemals die Behauptung aufgestellt
worden, daß die englischen Prifcngeldcr '
nach der Anzahl der im Kampf gefalle
nen Deutschcn berechnet würden; viel!
mehr ist auch in Deutschland allgemein
b'kunnt, daß für die Höhe der Prisen
gelder die Befatzungsstärke des Schiffes. '
maßgebend ist. Ob die Besatzung eines
Schiffes von den englischen Priscnge
richten aus den in jeder Flottenliste zu
findenden Angaben über di: Höh: der
Bemannung oder auf audere Weise fest,
gestellt wird, ist für di: Beurteilung
völlig belanglos, di: man in T:utfchkand
dem System der Prisengelder angcdeihen
läßt. Wogegen sich das deutsche Em
pfindcn auflehnt, ist die Tatsache, daß
auch heute noch in England das aus den
Zeiten des Mittelalteis und der Kaperei
überkommene Snstem der Prisengelder
besteht, daß eS also dem Engländer nicht
genügt, ein feindliches Schiff unschädlich
gemacht, also seinem Vaierlande genutzt
zu haben, sondern daß er hierfür noch
einen klingenden Lohn fordert. Wenn
nun überhaupt eine Tat, für die nach
deutschem Empfinden das Gefühl dcr
getanen Pflicht Lohnes genug fein sollte,
mit barer Münz: bezahlt werden muß.
ss würde eS immer nach deutschem '
Empfinden näher liegen, diese Veloh
nung nicht nach dem ein siir ollemal
feststehenden Satz von f Pfund Sterling
pro Kopf der Besatzung deS vernichteten
deutschen Schisses auszumessen, sondern
nach dem Gesechtswert des versenkten,
gegnerischen Schisses und hauptsächlich
nach dem Maß der hierbei bewiesenen
Tapferkeit und Geschicklichkeit.
Daß letztere überhaupt keine Rolle
spielt, daß die Prämie vielmehr die
gleiche bleibt ohne Rücksicht auf das Maß
der geleisteten Arbeit, beweist gerade der
In der Erklärung der englischen Ge
sandtschaft selbst angeführte Fall des
Hilfskreuzers .Meteor". Nachdem die
fcs Schiff in erfolgreicher Weise Minen
gelegt und Handelskrieg geführt, auch
den iikerlegencn englischen Hilfskreuzer
,Th: Ramsah' im Kampf vernichtet
hatte, wurde ihm von mehreren eng '
lischen kleinen Kreuzern, von denen je
der dem deutschen Schiff überlegen war,
der Rückweg verlegt. Dcr .Metcor'
brachte die eigene Besatzung und die Ge
fangenen des .Ramsay' in Sicherheit
und wurde dann von der eigenen Be
fatzung gesprengt, bevor das englische
Geschwader einen Schuß auf den Me
teor' abgegeben hatte. Das englifche"
Prisengericht billigte trotzdem dem eng
Iisch:n Geschwader das Prisengeld zu
und stellte somit die Selbstvernichtung
des Schiffes der Vernichtung im Kampf
gleich. Im übrigen ist es vom englischen
Standpunkt aus durchaus erklärlich, daß
das .Prisengeld' nach der gesamten, Bc
satzung und nicht etwa nur nach der Zahl
der geloteten oder gefangenen Mann
schaften berechnet wird, den im letzte.
ren Falle würde sich da? Prifengeld um
einen erheblichen Betrag vermindern.
wodurch der englisch Geschäftssinn nicht
auf seine Kosten kommen würde.
- Wer eine Glatze hat. braucht für
den Kamm nicht zu sorgen.
Mit dem Hute in der Hand der
dirbt man leicht den Rand.
auf Regimenter, auf Divisionen zu. Gc
ncral Brussilow spielt mit dcn 5üenschen.
Er liebt den Totentanz der Massen, tt
weiß, daß die Menschenmauer, gegen die
er seine Truppen mit allen ihm z Ge
böte siehenden Mitteln rücksichtÄoZ vor
treiben laßt, nicht wankt, und trotzdem
hofft er, trotzdem sucht er den Sieg im
iiichvruch !mnr wieder zu gewinnen.
Die- Menschenmauer . . . Nur wer in
Ihr stand, weiß, was sie bedeutet!
!