Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 04, 1917, Second Edition, Image 1

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Tägliche Omaha Tribüne.
Alls Nilllzcll
t
Noman von
.4. ,,....,.. V
(16. Fortsetzung.)
Und cur die große furchtbare Ka
.tastrophe folgten jetzt wirklich manche
kleine Nadelstich-deS Lebens. Fiäu
lein Hegemisch machte den Ai.fang
damit, ihre Stellung aufzukündigen.
Sie kam am Tage nach DüringerZ
Verhaftung ins Zimmer, eine aufge
faltete Zeitung in den Händen, und
erklärte, sie könne nicht in einem
Hause ble'ben, von dem solche Dinge
hier im Blatt standen. Hedwlg ver
mochte kaum oie Zeitung zu fassen,
die Worte zu lesen, die dort standen.
'Die Notiz war nur kurz, war bistret
und rückstchlsrou gehalten, aber die
Tatjache der Berhaftung war doch
mitgeteilt worden. Ein brausendes
CG'räusch von aufgeregtem Llut war
in Hedw.gs Ohren; sie hörte die
Worte des Fräuleins nur halb, das
mit beleidigender Herablassung sagte,
der Herr Negierungörat werde da
dkUeicht leine Lchulolosigkeit beweisen
können, obwohl sie selbst ihn vor dem
Hause der Schauspielerin gesehen
hätte, sie müsse, aber doch auf ihren
gUt.n Ruf Rücksicht nehmen und ge
Yen,
Endlich hatte Sedwia verstanden.
Der beleidigte Stolz gab ihr Kraft
und Haltung zurück. Sie stand auf,
trat vor das kleine, hagere Fräulein
hin, dessen blanke Mäufeaugen oerle
gen. zu zwinkern begannen. Sie wol
Icn gehen?. Es ist gut. Aber keine
Kündigungsfrist, verstehen Sie? Das
Ihnen zukommende Gehalt gebe ich
Ihnen; öuf.n aber verlassen Sie mein
Haus, noch heute, noch in dieser
Stunde, sofort."
Verschüchtert, wortlos ging Fräu
lein Hegewisch hinaus. Nach einer
lalben Stunde schon war 'sie fort.
Aber ihr Beispiel wirkte. Auch das
Hausinädchen kündigte, auch sie wurde
sofort entlassen. Die Köchin allein,
die schon bei Hedwigs Mutter gedient
hatte, blieb getreulich in ihrer Stel
lung und bezeigte durch stimmen,
verdoppelten Fleiß der Herrin ihre
Anhänglichkeit.
Nun selbst im Hause zugreifen zu
müssen, sich mit körperlicher Arbeit
betäuben zu können, war Hedmig
nur lieb. Denn schwer lastete auf
ihr neben den Zweifeln und Sorgen,
die sie quälten, auch die Wahrmh
mung, daß einzelne aus ihren Kreisen
anfingen, sich von Thr zurückzuziehen.
Und sie war so wenig allein, mußte
so vieles verbergen! Sie litt un
ter dem beinahe beständigen Zu
sammensein mit Elli wegen der vie
len Fragen, die daZ Kind an sie
richtete. Zuweilen besprach es ganz
harmlos die Reise, die der Later ma
chen müsse. Ob er weit fort sei,
warni er zurllcttomme, was er ihr
wohl mitbringen würve. Bei diesen
barmlolen, heiteren Vlaudereien litt
Hcdrvig am schwersten. Ein paarmal
mußte sie aufstehen und aus dem
Zimmer gehen, um ihre iä.uv zu
verbergen. Einmal, als Elli von
einem Spaziergang mit einer etwas
älteren Freundin zurückkam, war sie
zuerst in sich gekehrt und still; dann
sagte sie plötzlich: Du. Mutter, ich
!,., .:
myt Hini unyi um jwuiu.
.Warum nicht?"
Nein, sie hat gesagt, Later hätte
was Böses getan. Doch habe ich sie
stehen lassen und bin fortgelaufen.
Baier tut nichts Bo es!"
Diesmal verbarg Hedivig ihre
Tränen nicht. Sie nahm das Kino
' die Arme und küßte sein Gesicht
mit weinenden Augen. Ich danke dir,
CUi, sagt sie leise.
Des Kindes Worte Hatten sie imin
derbar getröstet. .Bater tut nichts
B ses war eö nicht wie eine Bot
tchaft von diesen unschuldigen Lip
pen, an die sie glauben sollte i War
es nicht eine Mahnung, ebenso fest
an ihres Mannes Unschuld zu glau
den, wie dieses Kind es tat? Sie
war nicht eigentlich wankend gewor
den in diesem Glauben, aber eine
dumpfe Stäubvng hatt sie gelähmt
und ihr die Kraft geraubt, solchen
Glauben in hilfreiche Tat umzu
setzen.
Nun erst kamen ihr die eigenen
Worte klar ins Gedächtnis zurück, die
sie beim Abschied zv ihrem Manne
gesprochen hatte: Wenn ich etwas
für dich tun könnte!" Sie vertiefte,
rergrub sich in diesen Gedanken. Er
gab ihr einen schwachen Trost in
ihrer angstvollen Abgeschlossenheit vor
der Welt. Etwas für ihn tun, ihm
beistehen, ihm helfen, seine Schulvlo
sigceit zu beweisen! In der Hoff
nung auf solche Möglichkeit allein
lag schon Stärkung und Wohltat.
Aber waS lonntr sie un? Sie ganz
allem! Denn hatte niemand den
sie hätte fragen, der ihr hätte ra
kn kennen Ihre Mutter hajte ge
schrieben, sie wolle kommen, aber
Hedwig hatte gleich telegraphiert
und geoeten, sie einstweilen allein
zu lassen Sie scheute sich selds- vor
den, Anblick der geliebten, gütigen
fiau.
' Wenn sie' Rittners Aufenthalt hätte
herausbringen können! Wenn es
iy? mogi'.zz gewqen wäre, vieen
Mann herbeizurufen, der mit ein
paar Worten imstande sein sollte, des
Bertjafkicn Unschuld Widerspruchs
locrdm Kcitcu.
Robert Kohlrausch.
los zu beweisen! Aber sein Sonder
lingsdasein und Neiseleben hinderte
jede Verbindung mit ihm. Er hatte
in Deutschland keine feste Wohnung,
nuhm immer nur in Pensionen Auf
enthalt, und wenn er fortging, ließ er
niemals eine Adress zurück, um keine
Briefe nachgeschickt zu erhalten. Denn
Briefe galten ihm ebenso wie Zeitun
gen als höchst überflüssige Dinge. Sie
zermarhrte sich der Kopf, aber sie
fand kein Mittel, ihn zu erreichen,
das nicht ihr Mann schon vergeblich
versucht hatte. Nein, hier zeigt, sich
lein Weg, der ihr offengestanden
hätte US war all ihres Grübelns
trauriges Ergebnis.
Ein unerwarteter Zufall war ihr
hilfreich. Am dritten Tage nach
Brunos Verhaftung ließ Polizeikom
missar Brennert sich wieder bei ihr
melden. Sie wollte sich zuer,t oer
leugnen lassen, um den verhaßten
Koten des Unheils nicht wieder vor
sich zu sehen, dann überlegte sie aber
doch, daß es ihre Pflicht sei. den
Mann zu en.psungen. Er war sehr
höflich, und sein Besuch dauerte nur
kurze Zeil Er brachte die Briefe zu
rück, die bei der Haussuchung mit
Beschlag belegt worden waren, sich
aver tatsächlich als ganz harmloe
Prioatsachen erwiesen halten. Aren
nert stellte sie Hcdmig in voller An
zahl wieder zu. doch tat er eine Fra
ge dabei . Wie es gekommen sei, daß
nicht ii? leldst, an die doch die Briefe
gerichtet wären, sie verwahrt hätte,
sondern ihr Mann. Dabei sie: ihr
erst wieder ein, wie das gekvmmen
war. Bor ein paar Jahren, an ei
nem Weihnachtsabend, als ein tchö
ner, stiller Festfrieöe im Hause
herrschte, hatte ihr Mann sie gebeten,
ihm die Briefe wiedenugeben; er
wolle sie gerners einmal durchle
sen, um sich . so ganz in die
Zeit ihrer ' eitvoung zurückzuver
fetzen. Sern yntte sie seinen Biillen
getan, und seit jenem Abend hatten
oie Briefe zusammen mit ihren eige
nen aus dergleichen Zeit in seinem
Sekretär verwahrt gelegen.
Sie sagte das alles offen dem
Kommissar, der ihre Mitteilung
schweigend mit einem feinen, klugen
Lächeln begleitete. Dies Lächeln blieb
aß im Gedächtnis, auch als er fort
war; der Ausdruck seines Gesichtes
war so bedeutungsvoll gewesen. Merk
würdig gütig, aber zugleich merkwllr
dig schlau. '
Sobald am Abend Elli schlafen
gegangen war, nahm Hedwig die
Briefe tm und las alle noch einmal
durch. Langsam, Wort für Wort,
mit einer Aufmerksamkeit, an oer es
ihr in den froyen Tagen einer glück
lichen Brautzeit gefehlt hatte. Das
Leid hatte in ihr das Verständnis
für Unteistromungen in der Men
schenseele geweckt; leise, doch deutlich
klangen sie nun aus den beschriebenen
Papieren, deren vergilbte Ränder lei
se Zeichen beginnenden Alters wiesen
,.eich ersten Runzeln in einem Ge
ficht.
Jetzt gewannen Worte darin Be
deutung, über die su früher leichther
zig hinweggelesen hatte. Sie wun
derte sich selber, daß es ihr vamals
nicht aufgefallen war, wie häufig in
ijiesen Briefen Bruno davon sprach,
daß er durch sie ein anderer Mensch
werden müsse, schon in anderer
Mensch geworden sei. Du sollst mein
guter Geist sein", so hieß es in einem
der Schreiben, der alle bösen Gei
ster verscheucht." Also gab es böse
Geister in seinem Leben, die oer
scheucht werden mußten, Geister, die
l'chtrn vor vielen Jahren ihn bedrängt
hatten. Das Geständnis einer aus
seimm Leben lauenden Schuld klang
wieder in ihr Ohr und gewann erhöh
te Bedeutung, indem sie die Wzrte
der Briefe daneben hielt. Und es
mal in ihr eil versöhnendes Gefühl,
daß diese Schuld vielleicht schon weit,
weit in der Bergangenheit lag. m je
ner Zeit, als sie ihn noch nicht gekannt
hatte. Darüber war er ihr wohl
keine Necyer.schaft schuldig, uno wenn
er letzt sich doch hatte hinreißen, lassen,
die Kunewka zu besuchen nein,
daran wollte sie nicht mehr denken.
Sie wollte sich an diese Briese halten,
deren Worte so trostroll und oeruhi
gcnd waren, aus denen Diese Man
nes Liebe zu ihr so warm, so ehrlich,
so überzeugend hcrvorklang. Er
hatte sie lieb, vor Herzen Ueb
diese Gewißheit gaben ihr die vergil
benden Papiere. Vielleicht war es
darum gewesen, das er die Briese
von ihr zurückerbeten hatte, um sich
ja stärken in diesem Gekübl. wenn
einmal 'eine 'Versuchung an Ut. her
antrat. Sie war immer viel zu
stolz auf ihn gewesen, um ü für
unmöglich zu halten, daß auch an
oere Frauen ihm Neigung zeigten.
Aber so wie sie selbst, konnte doch
keine andere ihn lieben! Sie atmete
lies auf alö dies Gefühl jetzt in der
einsamen Stund sie packte- mit sei
ner vollen, leidenschaftlichen Gemalt,
aber zugleich fand sie sich erhoben,
erwärmt, befreit in dieser großen
Empfindung. Unerschütterlich wollte
sie nun an den Mann glauben, der
ahig gewesen wgr, ihr diese
Brief zu schreiben, der einen guten
Seist in ihr sah und verehrte, den sie
lübte wie nichts anderes auf der
'iMÜ
Mit einer lebhaften Bewegung
jtand u aus. Der Wunsch war ihr
gekommen, auch ihre eigenen Antwor
ten auf diese Briefe aus der Berlo.
bungszett noch einmal zu lesen. Sie
lagen sicher imSekretär ihres Mannes,
wo diese hier gelegen hatten. Sie
war ja dabei gewesen, als der Kom
missar sie fortgenommen hatte, und
kannte die Schublade genau, wo sie
verwahrt gewesen waren. Sir nahm
die Lampe und ging über den Kor
ridor in Brunos Arbeitszimmer. Die
leere stille des Raumes, deni sein
Bewohner fehlte, durch chauerte sie,
Doch warm ihre Gedanken zu sehr
aus das bestimmte Ziel gerichtet, um
ich für längere Zeit von ihm ablen
ken zu lassen. Sie trug die Schlüssel
bei sich, die Bruno ihr beim Scheiden
gegeben hatte, und öffnete die Klappe
des altmodischen, ihr seit frühesten
Tagen vertrauten Sekretars, der noch
von ihrem Bater stammte. Da war
in der Mitte der ofiene, mit einem
griechischen Gicbelchen aus Mahago
iholz überdachte Raum, den zwei
kleine Säulen, den Giebel tragend,
flankierten. Da waren rechts und
links davon auf jeder Seite sechs
braune Schubladen mit weißen
knöpfen aus Horn, da war ganz un
ten rechts die gesuchte Schublade,
auö der die Briefe stammten. Sie
prang wie ein verquellendes, tragen
des Architekturglied in gebogener
Linie um ein Stück weiter vor als
die anderen; der Knops an ihr war
abgesprungen, und nur .loch sein
Ätlel auS Horn gestattete das Her
ausziehen.
Raich hatte Hedwig die Schublade
vorgezogen und schaute hinein. Ja,
i war die leere Stelle, wo die Briese
gelegen hatten. Und ganz hinten
sah sie auch das Paket mit Papieren,
die sie fttbst beschrieben hatt. Da
es locker mit einem roten Bande ge
bunden war, fielen einige von den
T liefen heraus, und Hedwig mußte
die Schublade ganz weit oorziehen,
um auch diese Blätter noch fassen zu
können.
Stehend begann sie, zu lesen beim
Lichte der Lampe, die sie auf die
Klappe vom Sekretär gestellt hatte.
Doch je mehr sie las, um so mehr um
wölkte sich ihr Gesicht. Unzufrieden
schüttelte sie ein paarmal den Kopf
und murmelte dabei: Wie kalt
wie förmlich wie fremd!" Mit
anerzogen steifer Zurückhaltung hatte
sie die warmen, überquellend herzli-
chen Worte des Berlobten beantwor
tet. Wie ein Spiegel waren ihr diese
Briefe, worin sie das eigene Bild
erblickte, und fein Anschauen beschämte
sie. Die Augenblicke des Lesens wa
ren Augenblicke der Selbsterkenntnis
sur sie. Zum erstenmal suhlte sie ganz.
was ihrem Mann? die langen Jahre
der Ehe hindurch an ihr gefehlt ha
benniußte.
(Fortsetzung folgt.)
DasgcsöhrlicAllcr
Novelle von Anna Goldschmidr.
Frau Suse saß noch allein an dem
geburtstäglich bekränzten Kasseetiich
und las die Briefe, soweit ste ihr
Mann schon geosznet und geleien
yatte. Dann hatte er sich gemächlich
oen Uederzieher angezogen, sich den
Hut, den toiie genau wie alle Tage
vor seinen ernst zuschauenden Augen
abgebürstet hatte, mit einem prüfen
den Blick in den Spiegel auf den
ztopf gesetzt und war ins Amt ge
gangen, so pünktlich und pflichtve
wußt wie immer; der liebe Pedant,
der doch heute der Mittelpunkt, der
Held des Tages war. In allen
riefen, auch in dem von ihrer Mut
ter, hieß es: Heute gilt mein Schrei
ben in erster Reihe Dir, mein lieber
" usw. Ja, ja. heute war nun
ihres Karls fünfzigster Geburtstag,
sie hatte ihn doch herankommen je
hen, sich lange und würdig darauf
vorbereitet. Drei Monate lang hatte
ie an der Stickerei für den Klub
jessel gearbeitet, und gestern abend
war sie halbtot gewesen, so viele Ku
chen und Torten hatte sie zur Feier
oes Tages gebackcnr Ihm schmeckte
ja nur, was sie buk, dem lieben! al
ten Karl. Ja. alten! Wie alt er
war, daö wurde ihr auf einmal
heute so recht klar durch die vie
len wohlverdienten Ehrungen, die
ihm von allen Seiten dargebracht
wurden. Alle wünschten ihm, daß
er noch lange seine große Arbeits
freudigkeit behalten" nanu, war
er denn schon im Pensionsalter?
daß r noch recht viele Jahre so
rüstig bleiben", der Dritte gar, daß
ihm ein heiterer Lebensabend beschie
den sein möge". Himmel, nein, schon
der Abend? Wenn sie denken sollte,
daß sie in fünf Jahren schon dieselben
Unsinn, das war ganz ausge
schlössen! Erstens hatte außer den
Allernächsten kein Mensch eine Ah
nung. daß sie schon na, also, daß
sie nur fünf Jahre jünger war, als
ihr lieber, alter Eheknopp. Und
zweitens, die Allernächsten, die es
wußten, die glaubten es ebensowenig,
wie sie selbst. Sie war ja noch so
jugendlich, die Frau Suse, sie war
daS belebende Element im Hause ne
ben dem ernsten, pflichtenstrengen
Mann. So ernst und pflichtenstreng
und alt, ja, alt im Gegensatz zu
ihr. war er schon vor zwanzig Iah
im gewesen, als sie sich geheiratet
hatten. Und dann war der Bub ge
kommen, und die Mutter war die la
chende Gespielin, seine Vertraute in
allen Spiel und Schulnöten, sein
wie sagte doch ihr Mann immer?
sein Kumpan geworden. Der
Papa war sür den Jungen immer
die ernste Seite des Lezens gewesen,
die lebendige Mahnung zur Pflicht,
die einem in Furcht und Gewissen
not einfällt, die sich beim Herrn
rer erkundigt und dann zu Haus ein
furchtbar Strafgericht hält.
Eben hielt Frau Suse den Brief
ihres Lkumpans" in Händen. Man
hätte es schon an ihrem Gelicht sehen
können. So strahlte sie nir, wenn
sie etwas von Karl-Heinz erzählte
oder las. Ein frecher Kerl!" fagte
sie mit entzücktem Stolz, die Freaz
heit hat er von mir." Er hatte sei
nem Bater sechs Schlipse in auffal
lend schreienden Farben geschenkt, die
der im Leben nicht tragen würde.
Vielleicht sah der Schlingel von Sohn
diesem Erbe, das todsicyer im nach-
tvi Waschepaket wieder beigelegt war.
nicht ungern entgegen. Deine
Schlipsnot schreit zum Himmel,
teuerster Erzeuger! Sträube Dich
olso nicht, endlich einn,.:. fesche, von
Deinem hochbegabten Sohn ausge
suchte zu tragen. Ich sage Dir, Du
wirst berauschend aussehen und Sus
chen von neuem den ZZopf verdrehen."
Suschen war sie. Der Frechdachs
nannte sie immer beim Bornamen.
Und kränke Dich nicht, wenn sie et
was , teuer stnö. ' zZur meinen alten
Herrn kenne ich keine Sparsamkeit."
use durchzuckte bei allem Vergnu-
gen an der Sache ein leichter Schreck.
Was würden die wieder kosten?
Selbstverständlich hatte der Tauge
nichts doch wieder anschreiben lassen.
er selbst verdiente doch noch keinen
Pfennig.
Suse ergriff den , nächsten Brief,
und jetzt lachte sie laut auf, trotzdem
sie nur den festgeschlossenen Brief in
Händen hielt und bei Professors das
Briefgeheimnis herrschte. Sie kattnte
doch seinen Inhalt. Und sie freute
sich schon, wenn sie ihn dem Kum
pan erzählen 'konnte, ihn und seine
Wirkung. Sonst hatten sie immer
gemeinsam an dn Geburtstagsulk
gearbeitet. Einmal waren sie als
zwei Clowns erschienen und hatten
so ihre witzigen Reimglückwllnsche
vorgetragen. Eine Anspielung dar
auf, daß der geplagte Mann und Va
ter wenige Tage vorher, als ihn die
beiden bei der Arbeit gar zu sehr
gestört hatten durch ihre gesprächige
Bergnugtheit, sie wutend angeschrien
hatte: Ihr seid ia die reinen
Clowns!" Ach ja. sie und ihr Jun
ge, lyr ari-Leinz. einer, wollte
übrigens glauben, daß er ihr Junge
war. ' In Geschäften hielt man sie
immer für seine altere Schwester,
Wie er lachen würde! Sie sreute sich
chon ordentlich daraus, wenn sie ihm
vormachen wurde, wie der Bater aus-
gesehen, als er diesen Brief gelesen
Wie seine kurzsichtigen Augen hinter
den Brillengläsern immer größer ge
worden seien vor lauter Staunen und
Schreck, wie er ihn so ratlos-ernst,
grubelisch-wichtig angesehen habe.
wie ein wissenschaftliches Prblem, um
dann zu sagen: Frauchen, was sagst
du zu diesem Brief? Sollte man
diese Schamlosigkeit für möglich hal
ten bei einem weiblichen Wesen?
Denn so, genttil so würde es kommen,
sie kannte ihn ja so genau, ihren gu-
en, altmodischen Mann, er war ja
moralisch. Was wurde er saaen
zu dem Schreiben Einer, die er einst
geliebt und die ihn immer noch lieb
te?" Ein inniger Liebesbrief war es,
und drei 'Vergißmeinnicht hatte sie
hineingelegt. Kein Wort stand darin.
was nicht wahr war. Sie schätzte
und liebte ihren Karl wirklich so.
Nur daß sie, seine, ihm ehelich ange
traute Frau, feine Suse, die Schrei
berin, und' daß der Brief mit seiner
eigenen ischrewmajchtne geschrieben
war, stand nicht darin. Sie hatte
ich dazu extra im Tippen geübt. Der
Brief trug den Poststempel Berlin.
Sie hatte ihn, an ihren Mann adres
ert und frankiert, :n einem Schrei
ben an ihren Berliner Bruder mit
beigelegt und ihn gebeten, ihn einen
Tag vor Karls Geburtstag dort in
den Briefkasten zu stecken. Robert
hatte das rnjch pünktlich besorgt. Zu
ulkig war die Sache.
Es llingelie. Depeschen flogen ins
Haus, Blumenkörbe wurden abgege
ben und Torten, Torten Torten
Suses Hausfrauenherz erbebte unter
dem süßen Segen. Wo sollten sie
die alle hinessen? Sie wählte in Ge
danken die Opfer in der Neffenschaft
aus, denen sie außer Karl-Heinz noch
Freßpakete schicken wurde. Die er
ten Gratulanten kamen. Jetzt war
Frau Suse auf der Höhe. Alle be
wunderten sie, sie sich selbst auch.
Wie sie dem Ansturm gerecht wurde
und all die Gratulanten ,die sich oft
untereinander gar nicht kannten, un
ter einen Hut zu bringen wußte!
Ihre unbefangene Herzlichkeit benahm
der Stunde alles Steife und Pein
liche, schaffte eine allgemeine Unter
haltunguiid bewirkte, daß jeder sich
wohlfühlte. Man machte Witze, daß
man hier alles ebenso glücklich uno
gesund zu finden hoffe, wenn man
zum hundertsten Geburtstage des
Hausherrn gratulieren würde. Da
lachte Frau Suse herzlich. Ein an
derer meinte: oder wenn der fünf
zigfte Geburtstag der Dame des Han
ses gefeiert werden würde. Da lachte
sie noch mehr. Der Zeitpunkt schien
noch weiter hinauszunegen.
Der Jubilar kam. Verlegen, ge
quält, alltagsmäßig, ja, wirtlich alt
sah er aus neben dieser Frau, ganz
zerdrückt von der Bürde der Ehrun
,en, die seine Frau so leicht und an
mutig trug. Schon in ihrer Haltung
lag liebenswürdige Sicherheit und
freundlicher Dank gegen jeden, selbst
den bescheidensten Gratulanten. Kei
ner, weder die Gäste noch das Ge
burtstagskind, noch sie selbst, hatte
noch das Gefühl, daß er der Jubilar
war. Alle Ehrungen, Blumen und
guten Worte schienen nur ihr zu gel
ten. Endlich," seufzte Karl, als der
Gästesturm vorüber war, und warf
sich in den neuen Sessel. DaS war
eine Strapaze."
Sie lachte hell auf und umarmt?
ihn zärtlich. , .
Armes Aelterchen, das war viel
für dich. Für mich hätte es noch
stundenlang fo fortgehen können,"
Er fah von den Briefen, die er
in die Hand genommen, topfschüt
telnd hoch: Ein merkwürdiges Ge
schlecht seid ihr doch, ihr Weiber. In
allen Dingen sonst so schwach und
ohne Widerstandskraft, und wieder
in solchen Nichtigkeiten habt ihr Nie
senkräfte." Nichtig!. ;..? Aber nein, kein Di
sput! Sie schwieg und dachte schon
anderes. Sie dachte, daß er nun
bald den bewußten Brief in die Hand
bekommen, ihn lesen und damit auf
sie zukommen ach Gott, je, da
hatte er ihn. Ganz tief in den Schat
ten der Ofenecke stellte sie sich, um ihn
in belustigter Atemlosigkeit beobachten
zu können. Ach, wenn er, wenn er
doch erst fertig wäre! Er las ja so
langsam, der liebe Tor! Na ja, ehe
er das begriff! Richtig, die Augen
traten ganz heraus vor verblüfftem
Staunen wie sie es sich gedacht
und ihrem Jungen im Geiste schon
vorgemacht hatte , ach, sie kannte
ihren Alten m so genau. Jetzt las
er ihn noch einmal. Natürlich! auch
das hatte sie gewußt. Und dann?
nanu? er steckte ihn in
die Tasche? Er zeigte ihn ihr
nicht? Er verheiml....?
Etwas Interessantes unter der
Post?" fragte sie laut und möglichst
nüchtern. -
Ach nein, nur ein paar harmlose
Glückwünsche von Leuten, die du nicht
kennst, nichts, was der - Rede wert
wäre." Das Letzte murmelte er schon
im Gehen.
Suse war allein: Und das war
vielleicht gut. Denn so kurzsichtig
der Herr Professor auch war, die
maßlose Verwunderung, nein, Ver
dutztheit im Angesicht seiner Frau
hätte ihm auffallen müssen.
Es klingelte wieder, und der fest
liche Tag forderte weiter feine Rechte
und Frau Suses ganze Hauswirt
schaftliche und gesellschaftliche Kunst.
Und es. wurde ihr auf einmal doch
recht sauer. Sie bereute, daß sie sich
zum Abendessen Gäste eingeladen hat
ten, daß hinterher noch immer einige
für später Aufgeforderte kommen
wollten. Ter Trubel nahm ja gar
kein Ende.
" Als sich das Ehepaar zu Bett be
gab, war Suse lvie zerschlagen. Er
fragte sie, ob sie mit dem Tag zu
frieden gewesen sei, immer noch so,
als sei es ihr und nicht sein Ehren
tag gewesen. Er war ja immer so
gut zu ihr. Und sie antwortete mit
einer Gegenfrage. Ob denn unter
all den Geschenken, Besuchen, Briefen
irgend etwas ihn weniger gleichgültig
gelassen, ihn mehr erfreut und in
terefsiert hätte.
Offen gestanden, nein," sagte er
und gähnte so recht herzhaft. Ich
bin herzlich froh, daß alles vorbei
ist." Und dann schlief er schon.
Aber sie schlief noch nicht. So to-
desabgcspannt sie war, sie dachte im
mer an den Liebesbrief, den er be-
kommen und den er ihr nicht gezeigt
hatte. Sie dachte den ganzen näch
sten Tag daran und den nächstnäch
stcn und konnte nicht damit fertig
werden. Sie machte ihrem Jungen
ein großes Paket zurecht, legte die
sechs Schlipse und viel Torte mit
hinein und schrieb ihm einm lanaen
Brief. Er bedankte sich höchst ver
gniigt, aber zuletzt schrieb er: Sus.
chen. Dein Brief war ja,fo, so na,
wie soll ich sagen so mieserig. so
gar nicht wie meine alte Dame?
Unseren alten Herrn gar nicht ein
bißchen angeulkt? Suschen, Dir
fehlt mein heilsamer Einfluß." Auf
einmal war es ihr, als sei der Ton,
in dem ihr Sohn an sie schrieb, nicht
der richtige. Sie war verstimmt und
wenig zu Scherzen aufgelegt.
Hat dich der Trubel an meinem
fünfzigsten Geburtstag angestrengt.
Kind?" fragte ihr Mann besorgt in
seiner etwas schulmeisterlich altväter
lichen Art, als sie eines Morgens
nicht, wie er gewöhnt war. mit ihm
zusstand und Kaffee trank.
Möglich," sagte sie kurz. -
Suse sah blaß auS. ES macht
blaß, wenn man so anhaltend und
so erfolglos über ein und dieselbe
Frage nachgrübelt, und sie tat das
immerzu, immerzu. Warum hatte
ihr ihr Mann den Liebesbrief nicht
gezeigt? Schließlich konnte sie eS
nicht mehr aushalten. Sie, die lu
stige Suse, sollte dasitzen und Trüb
sal blasen? Das wär' gerade etwas
für sie gewesen. Unsinn! sie mußte
etwas tun! Die Sache fortführen!
Entweder gab es einen Riesenkrach
o.der einen Hauptspaß, eins von bei
den. Aber dieses Herumsitzen und
Sichwundern und Aergern hatte sie
satt. Jetzt war sie ganz wieder die
Alte. In scherzhaften sowie in ver
dricßlichen Dingen sie wußte noch
nicht recht, zu welcher von diesen bei
den Arten die Sache gehören würde
tatkräftig und gerade auf ihr
Ziel gerichtet.
Wenige Augenblicke später saß sie
am Schreibtisch, und die Feder flog
nur so über das Papier. All ihr
Staunen und ihren Zorn goß sie in
eine heiße, leidenschaftliche Liebes
spräche. Dieser Brief sah anders
als, als der vorige. Der war wahr
und echt gewesen von Anfang bis
Ende, und nur die Unterschrift hatte
gefehlt. Hier redete sie sich in eine
schwüle, überspannte Glut hinein,
fiel den Mann zu ulkig, ihr Gatte
war der Adressat mit brünstigen,
verführerischen Redensarten an. Sie
schrieb Wahres, was unwahr wurde
in dieser Form und ihm andere Den
tung gab. So sehr liebe ich Dich,
daß ich Dich neben mir gesehen
habe all die Jahre, die ich Dich liebe,
daß ich Deine Stimme hörte, ja,
nachts Deine Nähe, Deine Umar
mungen fühlte." Zwischendurch lachte
sie, aber es war kein harmlos necki
sches Lachen; schadenfroh, in gieri
ger, angstvoller Neugier lachte sie
über ihren Streich. Doch von mir
und meinen Qualen soll nicht die
Rede sein, sondern von Dir und nur
von Dir. Ob wir uns noch einmal
begegnen im Lebern, ob Du je mei
nen Namen erfährst, hängt von vie-
lem ab. auch von Deinem Wunsch
und dem Vertrauen, was Du mir
entgegenbringst. Ich will nur eins
wissen: bist Du glücklich? hat die
Frau, die Du geheiratet hast, Dich
glücklich gemacht? versteht sie Dich,
kann sie Dich würdigen und hat sie
Dir nie eine Enttäuschung bereitet?
Wenn Du diesen Bnef nicht be
antwortest, ist es mein letzter.
Schreibst Du mir aber unter Chiffre
M. O. 50, Postamt 6, postlagernd
Berlin, so "
Suse verging die nächsten Tage
bald vor Ungeduld und Aufregung.
Robert hatte auf ihren Wunsch auch
diesen Brief ebenso punktlich besorgt,
'wie den ersten, aber er schrieb an
sie: Ihr feiert wohl jede Woche
Geburtstag, daß bei euch die Fest
scherze gar nicht aufhören?"
Suse behauptete plötzlich ihrem
Mann gegenüber, erholungsbedürftig
zu fein und zu ihrer Mutter reisen
zu müssen. Sie sand, daß ihr
Mann überraschend schnell einwil
ligte. Er war doch sonst nicht da
für, daß sie ihn allein ließ. In
Berlin, durch das ihre Reife führte,
meldete sie sich nicht an. Sie wollte
Robert überraschen."
So konnte sie von der Bahn aus
gleich nach dem Postamt fahren. Sie
mußte Gewißheit haben, sie mußte.
Sie mußte sehen, ob ihr Mann im
stände war, auf einen Brief wie den
letzten einzugehen.. Und wie er 'es
tat! Ob sittlich entrüstet, lehrhaft
mahnend und mit der edlen Absicht,
ein strauchelndes Wesen wieder auf
den Pfad der Tugend zurückzuwei
sen, oder aber Herr Gott, sie hatte
doch immer gefunden, daß die Autos
so schnell gingen, aber heute dauerte
es doch eme Ewigkeit, bis sie am
Ziel war. Endlich war sie dort,
endlich, endlich . kam sie dran am
chalter, eine ganze Reihe Warten-
der hatte vor ihr gestanden. Sie
wurde rot und zog den Schleier über
das Gesicht., Was wohl der Post
beamte dachte, wenn eine 'Frau in
ihrem Alter nach einem postlagernden
Brief fragte. Zum erstenmal in
ihrem Leben, in ihrer Scham suchte
sie, daß sie eine alte Frau war.
Ja, es war ein Brief unter der
angegebenen Chiffre da. Jetzt schämte
sie sich nicht mehr, sie sah nicht mehr
den Beamten, nicht das Publikum,
fühlte nicht den unsanften Stoß un
geduldiger Hintermänner. denen sie
im Wege stand. Es flimmerte ihr
vor den Augen, als sie den Brief,
der ihres Mannes Schriftzüge trug,
öffnete. Verehrte, unbekannte Freun
bin!" stand darüber. Der Ton war
kühl gehalten im Vergleich zu der
glutvollen Ueberschwänglichkeit ihres
Briefes, aber nichts von lehrhafter
Entrüstung enthielt er. sondern ein
vorsichtig gütiges Draufeingehen, eine
geschmeichelte Dankbarkeit, ein arti
ges Anbahnen späterer Möglichkeiten.
Herzklopfend überflog Suse das Ge
schrieben?, in dem sie doch so sehr
ihres Mannes Art und Ausdruck er
kannte. Sie haschte mit den Augen
nach weiterem, nach dem, was die
Hauptsache war, was er der teil
nahmsvoll Fragenden, der Trostbe
reiten über seine Frau und sein
häuslich Leben sagen würde. Halt,
hier endlich kam es. Es war nicht
allzuviel. Mit wenigen Strichen I
wurde die Sache abgetan. Glücke
lich? Beste, wer ist glücklich vor sei
nem Tode? Abstriche hat jeder zu
mach'li, Enttäuschungen haben wir
alle, aber " Suse dankte für die
flaue Verteidigung, für die matte
Anereknnung einiger" immerhin
höchst schätzenswerter Eigenschaften",
die sie besaß. So! Sie knüllte daS
Papier zusammen und steckte es in
den Muff. Gottlob, daß sie sich nicht
bei Robert angemeldet hatte sie
fuhr sofort zur Bahn zurück und
reiste weiter. Drei Stunden später
war sie bei ihrer Mutter. Wie sie
dahingekommen, sie wußte es selber
nachher nicht. Die Fahrt hatte sie
wie im Traume gemacht.
In geschlossener Droschke war sie
darin zum Hause ihrer Mutter ge
fahren, und dort heulte sie nch nun
aus. Bor dem Berliner Postbeamten
war sie eine alte Frau gewesen; hier,
bei ihrer Mutter, zu der allein es sie
in ihrer Not gezogen hatte, war sie
wieder ein ganz junges Weib, hilf
los und außer sich in seinem ersten
herben Enttauschungsschmerz. Nach
wenigen Minuten, nachdem sie auf
der alten Dame fortwährendes Da
genieß doch wenigstens erst eine Klei
nigkeit, du wirst ja ohnmächtig vor
Hunger" etwas Kaffee und Kuchen
hinabgewürgt hatte, wußte die Mut
ter alles. Du bist schuld", fagte sie.
und nur ihrer aufgeregten Haltung
und ihrem kalt abweisenden Gesicht
konnte man es ansehen, wie wütend
sie innerlich auf den leichtsinnigen
Schwiegersohn war. Aber sie war
keine von denen, die ihre Kinder be
dauerten, wenn sie es - selbst schon
gar so sehr taten. Der Vorwurf
war ihre Art der Tröstung, und sie
mußte nicht schlecht verfangen, denn
in allen Lebensnötcn suchten sie die
alte Mutter als letzte Hilfe und Ret
tung auf.
Wieso, Mutter?" fragte Suse
hilflos, unter Tränen.
Was machst du so dumme Scher
ze?" räsanicrte die Alte fest und
selbstsicher. Das Resolute, das Frau
Suse sonst hatte, das hatte sie von
der Mutter geerbt. Nur bei der
Tochter war es ins Weichere, Lusti
gere übertragen.
Zu solchen Albernheiten bist du
zu alt, und überhaupt, solche Ver
suche macht man nicht bei einem
Mann, die sind immer gefährlich."
Aber Mutter, bei Karl! Er ist
doch schon so alt, Muttchen, so alt
gegen mich. Neulich hat ein Herr zu
ihm gesagt, wieso er sich eine so junge
Frau geheiratet habe. Alle finden
mich fo jung gegen ihn."
So? Findet er es auch? Frag
ihn doch mal. Nein, du durftest den
Unsinn nicht mit ihm anstellen, mit
einem Mann, der im gefährlichen
Alter ist.",
Frau Suse, die bei den harten
Worten ihrer Mutter wieder in ihr
Taschentuch hineingeweint hatte, hob
ihr rotgeweintes Näschen daraus her
vor.
Mit fünfzig Jahren ist er im ge
fährlichen Alter, Mutter?" sagte sie
vorwurssvoll. Als wir voriges
Jahr unseren achtzehnjährigen Karl
Heinz in die Großstadt geben woll
ten, sagtest du: Ja nicht! gebt ihn
in ein streng solides Haus in einer
kleinen Stadt, er ist jetzt im gefähr
lichen Alter." Als wir jung ver
heiratet , waren und ich Sehnsucht
hatte, da schriebst du: Du bleibst
hübsch auf deinem Stuhl sitzen und
läßt deinen Mann nicht so viel al
lein, er ist jetzt gerade im gefährlichen
Alter." Da war er dreißig. Als ich
vor zehn Jahren Cousine Emma ein
laden wollte, rietest du dringend ab.
Man lädt sich kein junges, hübsches
Mädchen ein, wenn der Mann im
gefährlichen Alter ist." Da war er
vierzig. Und neulich erzähltest du
mir, die alte Frau Becker fei doch
recht dumm, daß sie ihren Mann je
des Jahr vier Wochen allein ins Bad
reisen lasse. Man reise hübsch mit,
wenn der Mann im gefährlichen Al
ter sei. Herr Becker ist zweiundsieb
zig. Immer, immer muß der Mann
gehütet und mit Vorsicht behandelt
werden? Ja. wann ist denn der
Mann eigentlich nicht im gefährlichen
Alter?"
Nie!" sagte die Alte in dumpf
prophetischem Ton. Nie! Er ist
immer im gefährlichen Alter, immer.
Das fängt an, wenn er noch nicht
trocken hinter den Ohren ist, und
hört erst auf, wenn er stirbt." Und
sie saß so zornig aufgereckt da, und.
ihre Stricknadeln klapperten so be
drohlich schnell, als sei sie die stra
sende Gerichtsbarkeit selbst über die
Dummheiten und Sünden der gan
zen Welt.
Der liebe Neffe. Erbon
sei (auf dem Sterbebett): Ja, mein
lieber Neffe, mit mir steht es sehr
fi4,f mnr1 fctrfi ,,k itfsi.i to-
, vlVUJ4j utui VlUf UU uut ut
faßt."
Nette: -Aus wie viel denn, lieber
Onkel?"
Vosbafte??raak. Ael'k-
res Fräulein: ..Klauben Sie mir. ick
habe auch mal verstanden, die Män-
ner zu nehmen.
Und warum haben Sie keinen ve
halten?"
Die Witwe, -..br veriior
bener Gatte hatle ein Bierherz
.Aber ein treues, öcrr Sanitats,
rat!" ,
i