Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 03, 1917, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Tägliche Omsh TriSSnß
talldjc
iler tlctili
:
Von
In diesen Tage fceS wied'ererwochten
. ZiirownotlMgtums, wo Demagogen nd
Jgnoranteu uns Deutsch-Amerikaner bt
; schimpfen nud verlästern, weil ,n der
Stunde der Not unjer Herz Km ums
xmn ringenden allen Baterlande zu
eilt, ist es an der Zeit, daran -zu er
innern, wie unsere Väter und Vorfahren
: ' in diesem Lande zu der deutschen Er
- Hebung von 1870 lies) stellten. Ich habe
an anderer Stelle daraus hingewiesen.
daß lein anderes Land der Welt von
den großen nationalen Erhebungen, die
Deut mland, besinnend mit den Xui
heitskriegen, im 19. Jahrhundert erlebte.
)o lies berührt wurde, als gerade die
Vereinigten Staaten.) Hierher, lr
ihre Stammesgenossen seit anderthalb
Jahrhunderten bereits ansässig waren,
wandten sich die Trager jener Eryeoun
gen, zuerst in den zwanziger i...d
, . , incift.yci uijLcii unu autjiiuj nun;
1848 zu Hunderttausenden. Und wie
' sie die neue Heimat bald mit hingebender
Liebe umfaßten, so lebte der Traum von
Deutschland'S Einheit und Größe, daS
letzte Ziel aller jener nationalen Er
Hebungen, doch in den Herzen der
Meisten fort, und jedes Ereignis, das
ihn der, Erfüllung näher brachte, fand
biet seinen tiefen NackKall. In brau
1 ' sendem Jubel aber machte sich die Freude
. der amerikanischen Teutschen Luft, .13
der Erbfeind des alten Vaterlandes end
lich niedergerung.n war, und mit der
Errichtung deS 'Deutschen Reiches l-aä
, iahrhundertlange Sehnen und Hoffen der
deutschen Volksseele seine Verwirklichung
gefunden hatte.
Es wäre eine lohnende Aufgabe im
ganzn Umsange darzustellen, was die
deutsche 'Erhebung von 1870 und ihre
Erfolge für das amerikanische Teutsch-
tiim bedeuteten. An dieser Stelle soll
iedvcb nur von dem Äeuanis die Rede
fein, das die deutsch amerikanisch
Dichtung von dem großen nationalen
Erlebnis ablest. Nicbt itark ae
nug aber kann ich betonen,
daß die Sänger, die ich im
Folgenden zum Worte kom
rnen lasse, ihrer politischen
Ueberzeugung nach dem
Kreise der sogenannten
Achtundvierziger angehör
t e n. Durften wir dem Zerrbild trauen,
das unwissende amerikanische Zeitungs
schieiber von diesen politischen Flücht
'Unzen sich zniccht machen, um ihr
albernes Märchen von einem Teutsch
land diesseits und jenseits von 1870 zu
:, srunen, oann souieu wir ermatten, jag
gerade diese Sänge? ihren langgehegten
,..,i', tu.rt j.-z..
LIlllULLlitl IUJL II L'JLUll UUCL U C C 11 Ui) I li . 1CI
s: 3 . c?. a' 1. 1
9 U Ukli UV lllll UUI.LII. jt
derart hat sich ereignet. Zlvar gab es
unier den 9Mfimhhiri!nirn l?!n:esn
die sich mit dem Gang der Geschichte
nicht versöhnen sncüien und absens ihre
, (raqeiostetcn Revolutionsideale weiter
Ehrten. Auf Lie große Mehrzahl der
früheren Revolutionäre, und gewiß auf
die Besten unter ihnen, wirkte die
Einigung des deutschen Volkes und die
, Errichtung des Kaiserreiches wie die
. Botschaft von der Erfüllung, goldener
' , Jugendtiäume. Und gerade heute ist es
von höchstem Interesse den Wandel zu
. beobachten, der sich damals tief in der
Seele des amerikanischen Deutschtums
vollzieht. Was dem patriotischen Stre
ben der Redolntionsjahie von fremd
ländischen Elementen anhaftete: das
französische Phrasentum und der der
schwömmen? Kosmopolitismus, sie sind
nun Plötzlich hinweogewischt. und der
ausgewanderte Deutsche fühlt sich nun
wieder eins mit den Brüdern in der
alten Heimat.
So heißt es in .einem Gedicht von
Julius Brück:
Welch grofze Zeit! Jnhrhllnderilangem
Eciinen
Ward der Erskllung reiAfleS Wah beschert.
lind dennoch rinnen Millionen Trgnen,
Denn bull'ge Wunden Ichlug BellonaZ
Schwert,
SS TeutWkmdS thut liimde Muts
gerungen
? wilden Wogendrang d BZIkersSIacht,
Eimk mit dcn Heiden, die der Tod be
zivungen.
Manch schSn Hofsnunq in bti Gmtei
2iaf,
lind wieder tönt der äjiatjnruf der Se
schiebte:
TurS Stawtf um Friede und durch
?!achl zum id)ie."
, K!r aber denken ,m!rer deutschen Vrllder.
lind sind Im Geist der fernen Heimat nuh,
lind Ieen unsre Ovsenvcnde nieder
lind tuten laut: Heil dir, eniiaina!"
tun mieden dich, eil prunleiide
Deldoien
Zit uiiS nicht dcugen iroUieit wie ein
,!OM.
Weil wir. wie einst Br,wieZ Pairislen,
!"lt 15 die Scholle liebten un'ere Rechl.
Ol schilt u,,S immer scihnsusliich'gs
Sunbet"
53 ;r find und kleide deine treuen Kinder!
Und noch brausender erschallt das neu,
erwachte deutsche Einheitsgefühl in dem
Gedichte Frei bis ans Meer" von
Alfred Schiicking, worin er den
Rheinstrom als Spiegel deutscher Ein
Vorrede zum Jahrbuch der deutsch
ame nischen historischen Gesellschaft
von Illinois. Jahrqang 1913.
heit preist. Taö Gedicht klingt zugleich
wie die Erfüllung der trotzigen Berse
von Nikolaus Becker:
Sie sollen ibn niAf haben,
Ten freun deuNu, ihhe-o,
die in den vierziger Jahren die deutsche
pztriotische Jugend zum" ersten Male,
wenn auch vergeblich, erweckt hatten:
Frei 6tä ans Meer.
?rt !cn) sreie Lckok 'geboren,
L.lZ dr ew'aen iieven Toreg
Tom El Kolibaro ftgi er nieder,
ct Sieisi uui'iet tiicier
,v;n!si!tl und d,e ii'.be bindend
y-t enuifl Siuit ve7i'Scnd.
"fii'ifl'tfi! Numeri ti dorritr;
M sei Der deul'ch, Ahrl! M
ünn die dfuifii;' &imnttn ioüdf
r o c Itüf in c ' t m ll. ft'i''
liiif'jsr ts. ! r tii'ir : ': Kme. 'hen
Va de Aiiit Üi nt 3ilHf '
a-.'imtt iiirt ' Set,!- bini,:, ,xgy
U.: i U fct' KMiSeNd. j.(1rc,
ftfaiii üüii
Zß
- niiicrtfiatinclca
Professor Dr. Julius
Denn, leenn
3 et tonn
Einheit
ücben.
iinl t e.
uns noch
wider
Itr.t.nl
lenifitt (3 e t ft ist Weist
der
Deutsche Art sprach Itöeä
. Werde.
fuiet CTuct Feu'r, wr Götter.
Tenn ProiuelheuS sad den ilieller.
Ten die Herzen längst beiilgen,
xen die oreieh uns gesuu,
kr, der frei und ubemnii
irr, der uiibcfltift eiviaugen,
Er. dem di Polale ll,,,,,.
Ewig jung und ewig rein,
i5mkeil-vieel soll er sei,,!
uoiie Burgen, grüne Neben
Tome, die zum Fimmel slrebcn
Ifeetle rinn von 'be,n Leben
?t ein ü'tld die giiuen weben,
ein Greniien, uu! und nieder,
,ene fc der 3!öcinfltum wieder.
Und lein izrcmoiing dem,' ibn ein.
Teutsch soll sein dcr'ganze Rüein.
Von den Bergen in den Äuue
Lei nur t i Panier zu schauen.
Pon der Schweiz bis ,u den schleusen
Zasserwallen iapsrer euken
io ui nch zwei ?wmm' ihm siben.
Deren Sclüverler ?!reiell dliyc r
Viegl den tmiijrn .ficäcn ein!
Heid der Buluitlt ist der Sil!n,
Jiur in Teulichiand ioU t-i geben.
lolj soll sich die Bruil 11116 heben:
bin Veullrder, ant em Slinu!
Ubo im ftrcil' der fialiui'.eit
o!i lein Deutscher rertiiuä wohnen.
Dmuend ichiihc de Liuiidorie
Unser fflamberg sonder chorie
gdimieijt den iaiien, Cnin
Neigt Eu, Voller, unsrer Kiifmc!
feiOB der llensch und grob die örde,
Kro die ew'ge Äiachi deS Ände"!
Eckon umichlingt die Äalionen
Ai.er sjungen, aller Zonen
sine Keile, unrriien
Eine Seele, ein Gewiilen
E ne Slde-; du Ist im iiu
rillen ein Emsind?n zu.
Wer fühlte in diesen Worten nicht das
Prophetenhafie, Seherische, dessen Wahr
heit heute sich erfüllt? Das geeinte
Deutschtum, wie Prometheus von seinen
Fesseln befreit, beseelt von einem Geiste,
einem Gewissen und durchpulst von
einem Empfinden, umschlingt nun mit
einem Bande die Nationen und beginnt
einen neuen Echöpfungstag in der Ge
schichte! Selbst im alten Baterlande hat
sich damals die patriotische Dichtung
nicht zu höherem Schwünge erboben.
Aber die große Zeit von 1870 weate
in den Teutsch-Amerikanern und vor
allem in den Achtundvierzigern nicht nur
das schlummernde Bewuhrsrin ihm
Deutschheit, sondern auch das Gefühl
ihrer deutschen Kulturmission in Ame-
rika. Kein schönerer Beweis hierfür als
das herrliche Gedicht: Dem Vaterland",
von Friedrich Lezgw, dem edl'N,
hochbegabten, leider zu früh verstorb !;n
Begründer und Schriftleiter des ,!!:
iristischen Journals" in New Jork, xs
selben Blattes, das jahrzehntelanz die
Sammelsiäite der besten deutsch-amenla-
nischen Schriftsteller war, und durch fein
Eintreten für die Sache der Unwn wah
rend des Bürgerkrieges zu nationaler Be
deutung gelangte.
Dem Vaterland,,
Tu Za,cherland der Loreled,
Tu Loud der siurlon L,eder.
i&ii legen un'ec'n ckwur rms's neu'
Mus deinem.. üniar nieder.
tai beben nur die Lidde nenn!,
O Land du aller Lande
Wer siolz sich nicht zu dir bekenn!,
Ten trel'e Hol: u,id Echande.
Ter KcilieZlieiden se'Icr Port,
xtm wnieil ist unsre ibeur.
Der Cckönlieil und der ,rciöcit Qoi.
Dein Rubin ist unsre Cbte
Tcs Preises welcher dir gehört.
üioch wir md Waare Wuchicr,
Heil dem, der deinen ?iaicn ehrt.
Zerackiiiiig dem Leriichler!
'M iaicl ie n mr dein Panier ,
n Li und Ebren wuilen.
Tir wird dcis' h,irre freudig wir
Tie leiste Echranke fallen,
jiiir künglam bilden sich im Haz
Ter fire'iieit Iiebre yeuqen:
Toch wöidte siid der Eicke Tack,
Ta kann lein lurm sie beugen.
Was wir, o Vaterland, dan dir
Als Heiligtum erhalten.
DaZ trichicn n der Fremde nilr
Harmonisch z i g e st . l 1 1 ii.
3o sind w i r in der sernen Welt
Ter eimat n'cht g e n m ui e .
Und wer mit uns zum Höchflen
bsik.
Den heikzen wir rc-illlommenl
Die heiße Liebe zum alten Baterlande
und der Entschlufz, die idealen Güter
des deutschen Volkstums in der neuen
Heimat zu erhalten, waren nicht bloß
schöne Aufwallung, sondern setzten sich
auch in die Tat um. Es ist heute wenig
bekannt, daß das amerikanische Teutsch
tum jcner Tage sich gezwungen sah,
ganz wie heute wir. Stellung zu neh
men gegen den schamlosen amerikanischen
Waffenhandel, und datz kein Geringerer
als C a r l S ch u r z der Führer in dem
Kampfe war. Aus seinen meisterhastcn
Reden die er damals vor dem Senate
hielt, wissen .wir, welche tiefe Erregung
das amerikanische Deutschtum ergriff,
als es bekannt wurde, daß die amcrika
nische Regierung viele Schiffsladungen
von Gewehren an Frankreich liefere.
Teutsche Protcstvcrsammlungen wurden
übers oan Land bin nebalten. und in
vielen Tausenden von Beschliissen unö
Zuschriften, ward Schurz aufgefordert,
die Rcgicrung anzugreifen.
Gerade wie heute, gab es auch in
jenen Tagen feile Zeitungsschreiber und
korrupte Politiker und Demagogen, die
den ehrlose Schacher zu rechtfertigen
und itfte schmutzigen Motive durch der
steckte Angriffe auf den amerikanischen
Patriotismus der Teutschen zu bcmän
teln suchten. Noch war das ebenso
alberne wie giftige Wort vom hyphenated
citizen nicht erfunden, aber die Angriffe
waren darum nicht weniger heimtückisch
und verschmitzt. Damals war es. wo
Carl Schurz in einer seinet Reden diese
Angriffe in mannhaft stolzer Weise also
zurückwies:
"The Senator also intirnate1
yesterday that the Gennan born
American citizens could not en
tirely sorget their olcl latheriand.
Possäbly not; but, I aste him,
should they sorget it? Does he
not know that ihose who would
meanly and coldly sorget their
old mother could not be expected
to be sstjlhhil to their young
bride? Surely, sir, the Gcrman
born citizens of -this country
hase demonstrated their fidelity
1870 im Siiipiips
j o
Didjliiiin.
Goebel.
in the liour of (langer. Wlien the
President of the United States
called upon the faithful sons of
the Kepublic to step forward and
to brave death oa the field of
battlc, rnethinks the German
American citizens were not
among the last to respond to the
summons. Nay, in oiu placcs
they were arnong the tirstand
it is with pride that I point to
the täte of Missouri, the Key of
tho Mississippi valley, which, by
tho prompt action and energetic
patriotism of its Germanborn
citizens was, at the commenec-
ment of the rebellion, saved to
the Union. No, sir, their thought
of tho old Fatherland did not
stand in the way of their fidelity
to the new; and even at the time,
when by the great events which
were taking placo at the other
side of tho ocean, their syrnpa-
thies were so poweifully
aroused, when their fears and
hopes concerning those they had
lest behind were worked up to
the highett nitrh; even theil
I may say it with pride thore
was not a Gennan in this coun
try who, in all that excitement,
for a Moment forpot that he was
an American citizen, and that
hi s ftrst duty was the ohservance
of the laws of this Republic. No,
sir; let not their patriotism be
doubted, even if, in a case like
this they should desire that
friendship which is to exist be
tween the Ayierican Republic
and the great German natiou on
the other side of the ocean, a
friendship which may become so
fruitful of good, should stand
upon the firm basis of good faith,
inutual confidence, and untarn
ished honor."
Zur EH von Hamitton JifH. dem
damaligen Staatssekretär, fei es gesagt,
daß er den energischen Protesten der
Deutsch'Amerikaner Gehör schenkte und
die Waffenlieferungen an Frankreich ein
stellen ließ. Und nicht minder rllhmens
wert ist es. daß Prastlent Grant, im
leuchtenden Gegensatz zu den Wilsons
und Roosevelis von Kniie, es ver
schmähte, aus politischen' Gründen zum
Denunzianten seiner deutschen Mitdür
ger zu werden und den Patriotismus
der Männer zu verdächtigen, die in den
Schlachten es Bürgerlriegks an fehlet
Seite gesockten hatten.
Zwar gab es auch damals schon eine
gewisse Klasse von Amerikanern, die
heimlich oder offen mit Frankreich sym
pathisierten, aber noch fehlten die poli
tischen Gcruegrößeii. die stch in die Welt
Händel mischen wollten; noch hatte Eng-
land die amerikanische Politik nicht ins
imperialistische Schlrpplau genommen
und die öffentliche !L!einung systematisch
vergiftet und neidlos konnte darum das
ameriianisch: Voll die deutschen Was-
fcnerfolgc bewundern und anerkennen.
Als der Friede zwischen Frankreich
und Teutschland geschlossen war. da der
anstaltcten die Teutschen von Neto Z)ork
eine' Friednsseier zu der Äiktor
Prccht einen Prolog' dichtete, wel
eher um 11. April 1871 im deutschen
Stadüheatcr von New Z)ork als Fest
Vorspiel onsgesührt wurde. Prechts
Dichtung osfenbar eine Höhe geschicht
licher Betrachtung und gibt uns zugleich
einen so tiefen Einblick in die Art, wie
das zum Bewußtsein seines Vollslums
erwachte amrikaniscke Deutschtum jener
Tage sein Verhältnis zur neuen HeiiM
fühlte, daß es sich gerade lzeute lohnt,
sie aus d Vergessenheit hervorzuholen.
Der Dichter suhrt uns in eine Ge
gcnd am Meeresufer. wo Columbia,
eben vom Schlafe erwacht, die auf
gehende Sonne begrüßt:
'illlomnien, gold'ne Tonne, die du ein
L 2 und rieg,ch.l mi. die ,v,lde,
wi!ett,
Tie ini! dir einsam silier Zetg und ?nl
Hiiisireileno, gaiij sich in sich silüil Keiwr,
Tem iinq,iilmlkn Trunae nir gehorchend,
lind doch in dimlicin Tednen sich verzehrend.
Tu Siineleit d deines Auiungs Zore:
iiit meinen Segeln declle sich das Meer, ,
Und ans iScliude flieg ein neu Gelchicckk,
Tem du 3i!in Himmclsttitile Kinglt gerooreen
Ta dicichie mir den Grusz der ailcn Weil
Iliid meiner uknsl w,idcrb,irer LolichasI,
T,i,,i!ii beaov ei Ringen !n!ierer MScküe
jt.ial seld!ii.!!,dlcr jnoit der Kunst und
Sille
Mi! Barbarei der Sanftheit mit der
.ireilicit,
wildes! besritchieiid iibcrZ weile Üar.b
2a Strom der iiiilienoana;tuifl sich errufe
Iinl h'taii erwuchz ein enokiia Volk,
Teg Wh,, eüue leine Grenze temtt;
n eine iicue Heit sich oiiierdant
ii eigener rost nd eigenem Verdienst,
Tesz niui Sicii)9 ttine gieideil I't
Und d in seinem uncrntcn'iictt üieich
Äicht fremde, rcunde nnr und Lürger
Iciinl.
?. olle nclim' Ich, Ne an v:ein Her!
Tvch beul' gehör' ick meinen deiilicheu mdcrn.
Und ihre schone ekiessreude teil' ich,
v,ieich,. wie doS Heil, das tiuen disersahren.
iPloacniüuIeii, Orgellone. dann ticinonen
doiincr in der gerne.)
tori! Cckon derlünden behre Weibeklinge
urchS junge Land bei ffelieS iibsginn.
Und trieolich mit der (Uiorfen eierlaul
Zrmjicht sich der anonen 7i'ielgruk.
S.o eil ich, mit der dcullschn arbenzier
Äu diesem Ehrentage mich w schmücken I
Die hier redet, ist nicht die Columbia,
die der hysterische AmerikanismuS von
heute sich malt: die nervöse alte Jungfer
mit den Zügen hochfahrender angelsach
sischer Herrschsucht und herzloser Un
duldsamkeit. Es ist der Gcniuö des
neuen Weltteils, der den Mühseligen und
Beladeneu, den Verfolgten und Berstoßc
nen der alten Welt einst verheißungsooll
im Traume erschien; die Göttin, die in
mütterlichem Sinn die kiinder aller. Na
tioncn ans Herj schloß und darum jeder
Volksart und jeder jtulturgabe, die sie
mitbringen, stch freuen darf. ,
2aß diese Auffassung vom Geiste der
amerikanischen Republik nickt zu hoch-L?gr-,fftn
und abstrakt idealistisch war,
sondern damall unter Deutschen wie
Anglo-Amcrikancrn noch lebte, beweist
die Teilnahm der besten amerikanischen
Kreise an den Siegesfeiern deö Jahres
1871. Bon diesem hohen Standpunkte
des wahren Amerikanismui wird uns
denn auch verständlich, wie Biktor Prccht
im Aerlaus dl FestsPIS dos gedeh
mütigte, aber noch haßerfüllte Frankreich
sich an Columbia wenden läßt, damit sie
Rache nehme an DcutWand, wie aber
diese statt dessen zur Bersohncnn wird
der beiden Länder, und wie die ganze
Dichtung in den Hymnus aus den Bol,
kerfriedcn und die wahre Menschlichkeit
schließlich ausllingt. Es lohnt stch, dem
Gang der Dichtung zu folgen.
Im Augenblick, wo Columbia sich mit
den deutschen Farben schmückt, tritt Gab
lia auf, in tiefer Trauer, mit dem Ab
zeichen des Elends , und fleht sie leiden
schaftlich an:
C (eure Schwester, lob ! deine Arine
v'iich sliichlcn die eiallcue erl,öl,t.
ie, die tu nur im Hioni sloken RuömeS,
?m heiier'ii ediimufe nur der ffreude sahst,
ituiilettl der Z,uer IioreueS g.waud
Und der gesunl'ne S',rösik HiobSeicken.
ituisrizlich ist dae Leid, M Ich erdulden
Nun berichtet sie, wie der heilige" Bo
den ihres schönen Frankreich vom Sie
geszuge der Teutonenhorden räuberisch
entweiht, die stolzen Festungen in des
Siegers Handen seien, ja wie selbst Pa
ris die Tore dem Triumphator habe öss
ncn müssen, die stolze Hauptstadt, wo
nun das rote Schreckgespenst da? Haupt
erhebe und eine Rotte Rasender der Ehre
Rest zerstöre.
DoZ do,it ich sennt, die mein Wliet ftaN
beut' in l'dtAaiilfti'iriinlpiiIirU verlkhll
TuIS' eZ nick! edele sencr Heit,
In dir mriit ("irrn im fotifi,'it Eimp hals,
lind tadle mm nit den Barbaren wich.
Tie mir den Piitdur don den L.i,,Ier,i rissen!
Csiiinidia ,iie i de slrme Ickliekendi:
In S'.efiusicuiile! Seine gern dich ond
S(it ntciiicc SHuft, denn tniili siewegl dein
' TZimerz.
Und dich nv ttüflen bin ich gern Bereit;
Toch . ..
Gallia:
Toch!
Coliimbii:
Cnb tiii' ge'lrtin, (in Mihion klingt
'Int deine NI,ige, der mich lies belümmert.
Siiiiii,,!
Wa? n ich b?ren!
Sohimina:
jliir der s?,ik,rleit ?iimine!
prilä.ill du sie, so lii'i hu schon getröstet.
Tie wnbre elrin'',? scliiiigbl den k,-gner nicht
Iliid Mai, erlieiifiid, i!:it sii selber an.
Ter flirt ielbii, tor seinen Wegner chlci,
Und liiiiü bciifiii ist, der ibn i,n!ersch,iN.
i4.,!li!:
,kn! Sioliett du nch Ie? vimlüctivannZ,
Ter mich mv Lbereillen Sngriif trieb?
(jfiiimliisi: s
st wl!,e niifit, IS rehf bh nv.l Ptn;
?eck beiler wird'S der Tckwe leldit aelwa.
Tie di, Kerlen!, weil t ff? nie flstiuirdigl:
Und dieweil mm erlebn' U ifir (irliteinen.
Von bitterem Haß erfüllt will Gallia
davoneilen, aber mit den Worten' .wenn
du mich liebst, verweile", hält Columbia
sie zurück. Nun tritt Germania aus. mit
dem Lorbeer, geschmückt. Cnlumlia eilt
ihr .entgegen und umarmt ste.
Paliirnbiir
5eil dir im Zieaerkran, Bertimnin!
j;ic wel le,:d liint' er deine Heldeiittirne!
Wcvmanin:
IIn? lifiden oH Hiim trrdren Tinedenssesl,
't.ai meine feijii.w, fite (in juiilrsimtl
In Niinaninil. dimlDnt r und Mir bereite!. '
ü'i'iuiiiiiisi (iiiif ftntlin deuiendl !
lind nH tnir'i inn neniei'en mitctrfiP!,
Slcit I e tu tuiicrm Wnni die IilUc sein!
W;iHin (bet Seite I: ,
Tie 7r,üe! 'jjiciit die erste p der chiuach!
Wennnnlo:
Tie ii ti liin-iit bettn sind wir nick! dersichnl?
Sie bietet Gallia die Hand, doch diese
wendet sich ab, nd wie Germania ihr
zuruft: Wolle nur. so wird bald friscke
Jugend deine Wangen rö!,m. erwidert sie
propketisch, im französischen Rachezeist
von heute :
Ich trill dsch nati um (uriillut mich ju
rächen!
Tenn !Öe SllleS hast du mir genommen.
Germania: ,
?ch iiiiiiui dir iiichlZ, hrnd du mir nickt enirilsen.
Und nadm ci mir. weil du dcn Kamps gewoUl.
ulüa?
Und werd' idn fmedcr wollen, mich zu räche.
ieiinania:
Tie a,O, jengt krin tckiick eldniliim.
Und sciiili ihr Zics gM liidii des RllhlncZ
würdig.
clsio:
Und lill't du selber ZlgKe nichl geüd!?
i'icrmiiiiia'
Tes Un rechte iiilrne nur hat über dich
Ter Wuit btrti'iiiat. der r,!r den Ticg crüch,
('ollin idoliiiücki:
Und im Tiiii'iivde schreitest du daherl
eni'ania!
Wär' ick io ciicl. würd' Ich ikn verdienen?
allia:
Wozu denn all da eitle Sckaugeprange?
Geriiiania iiröiirend man dcn i!k?aral:
Nun danlel alle Sott in der Seme bort,
ieieriicki :
Reiiii't du es so, derkcnsi du die ?edeuwng
Tcs ireiide TankK. de ein aanvs Pol!,
TaS den bcrlorueii, lang enlbcknen Hart
Ter rof,' und K'inlie,! lick iiuriicsnewonnen,
ÄiiS Serien! Ziille beut dem Himmel zolll.
Auch diese Worte wecken in der eitlen
Französin nur dcn Gedanken an ihre
Niederlage und erinnern sie an die
Tage ihres höchsten Ruhmes, da
Deutschland wimmernd mir zu Füßen
lag". Die Antwort, die mit vernichten
der Wahrheit hierauf aus der Seele der
Germania blickt, zeigt wie unser Dichter
die deutschen Erhebungen von 1813 und
187 als eine, innerlich verwandte
Macht empfand: als Aufstehen des unbe
siegbaren deutschen Volkes gegen welsche
Cäsarentum. Daß Viktor Precht. wie
viele feiner Zeitgenossen damals zwischen
diesem Cäsarentum und dem französ
fchen Volke scdicd und an eine dauernde
I Acrsöhuung zivischen Deutschland und
Frankreich glaubte, macht stinem och
sinn Ehre, wenn ihm auch die Geschichte
unserer Tage Unrecht gezeben hat.
crumnia:
elchuwrit du die Elinitcruiig heraus,
Sa iit nr luolil ein usicit ifeert vergönnt.
Tie Hu beilegten, luaieil nicht mein ialu
SliS dikks Island, siiictzi' ii deu ülofc.
Hat dieser lamoii, Ut. dir um erderbNl,
Tu lang ueriilcisi. vras,ut je arluiin;'
Miitt und der lange Seide von Zuraunen,
2 ie deinen Samen, deinen Thron nitebrlen,
TaM du deS eignen Sclt's isiilwürdigun,
lind ttiliilte Ziolimwchl scin-n Uaoeilaiid
Tie Greuel ll der Reboluiwn,.
l,,id ieme letzle wangjadrigeit tinechischaftl
Eie baden dich sum Lunderraub deiliucl
Ter Politik der Lüi-e, deS BerrgiS.
't)am Eingriff i des ZiackSarZ heil'ge ZIechie.
E,e sind es, die des Landes iNart derzejirlen.
Tie in dem Heren tiuiks edlen tWiet
Ten einn für ilie, Wiid' uns Kechl erilickend,
Tie Ucbere,lun,i uns die i?hrenordktid.
iion zirieg in lieg, iikrheerung und Ber
heerung
EZ hetzend, uid det b'uch der Nochwell
irobend,
Tic ir;ie!trbt ruchlo H ten lief.
l.iaio idiweaii:
Ct ich auch m inches schmerzt, fnai ich der
riabm.
S tröliet auch . . . ich sSbl'S. du meinst ti
flUl:
Tu Bffnefi mir die Sugen, Kabe Tank!
o dürli' ich an der Klügst nicht verjwtiskl?
iermmiia:
Sewis, nicht, wenn du dir nur selbst derlraus!!
Columbia:
Und willst du aus den Rat der echirestcr Hörens
m,s (veminia deulend)
Lirb um der Eslcn, der !ersann!e greund
iai.
lind trage die ?abkl)und,rl alle Lchuid
!',',t des Zzerlrai,ens dollileni lae ab.
ch kenne deuiickie Zreue. Halikt du nur
den iiedcriinii es bni'schkn i'euen brechen,
reil s.'ine Ucb?''m.icht dir selb't isziiel
t?iiii iiiif Afiom fifH mir ;ic Leite):
j u im li$ua SeleullsvZ
Lugo Münjlerßerg
ii
3'
ium Tr. Friedrich SchSncmann.
Ganz plötzlich ist Hugo Münstcrberg
dahingezange, mitten, in feinem Beruf
bat ihn feine legte Stunde erreicht
Allen, die ihn kannten, wird eö fein, als
ob auch ihn eine Kugel getroffen habe
mitten im großen Kampfe, ihn, der zeit
lebcns ein tapferer Streiter für seine
Ideale und viele Jahre lang einer der
bedeutendsten Vorkampscr sür Deutsch
land und Deutschlands Sache in Ame
rika war.
Sein äußeres Leben ist kurz erzählt.
Er gehört einer angesehenen Danziger
Familie an, In der wissenschaftliche und
Iitcrarlsche Gaben Zuhause sind. Sehr
jung ist er in die akademische Laufbahn
gekommen. Leipzig, Heidelberg und
Freibura sind seine Universitäten aeiw
sen. und schon nach kurzem Wirken 13
außerordentlicher Professor zu Frciburg
ist er von Deutschland fartgcrufen und
nach den Vereinigten Staaten eingeladen
worden. Als er 1832 nach der Harvard
Universität kam, da fand er herzliche
Ausnahme, besonders durch Wm. James
und seinen Kreis. Und viel wurde sr
ihn und seine neue Arbeit in der expen
mcntclleu Psychologie möglich gemacht.
Stolz und dankbar hat er das auch im
mer anerkannt und seinerjeits zu Har
vards Ehre und Ansehen im In- und
Auslande beigetragen. In etwa sechs
Monaten hatte er sein 23. Jahr an der
ersten Universität dieses Landes feiern
können. Nun bat er seinen Wirkungs
kreis schön vorher und in einem Alter
von nur 53 Jahren verlassen müssen.
In diesen einsacken äußeren Umrissen
welch reiches inneres Leben und Schaf
fcn: als Universitätslehrer und Forscher,
als fachlicher und öffentlicher Schrift
peller. als Publizist großen Stils
und immer als Deutscher, der er
bis zum lekten Hauch seines Lebcnö oe-
blieben ist. Als Gast der Harvarder
Universität und Amerikas hat er sich
stets gefühlt. Daß ihm seine Treue zum
Deutschtum, zu Reichsdeutschland oft.
besonders aber seit dem Krieg vorgewor
fen worden ist. das kann ihn nur ehren
und feinen Charakter um so eindrucks
Voller macben. 5ium Verständnis Zwi-
fchen Deutschland und Amerika kann es
nur beitragen, ist es sogar durclusiiö
tia, daß gerade ..GäsU" von hüben und
drüben . durch langjährige Arbeit mit
dem sremden Volke zu einsichtsvollen
Vermittlern werden, was jene nie ganz
sein können, die sich vom eigenen Volks-
tum völlig loslösen, um sich einer neuen
Heimat Zli eigen zu geben. Es ist eigen
tümlich. wie selten noch diese gnindver
schicdene Stellung von dem Deutschen in
Amerikaner und dem Amerikaner deut
scher Geburt sckzarf ersaßt und gleich
mäßig gewürdigt wird.
Hugo Münstcrbergs Verhältnis zur
deutschen Heimat sollten alle Amerikaner
ohne Unterschied verstanden und hoch ge
ehrt haben, die ihr eigenes Vaterland
hochhalten. An solchem allgemeinen Ver
ständnis und an solcher Ächtung aber
hat es dem Abberufenen mit vielen an
dern Deutschen in diesem Lande gefehlt,
und das ist für ihn nicht ohne tiefen see
lischen Einfluß geblieben. Er hat sich in
den letzten Jahren daS Ende feiner 2,'age
niehr denn je im Vaterland ersehnt. Nun
ist er doch fern der Heimat gefallen, einer
unter zahlreichen Kämpfern der deut
fchen Schutztruppe im Ausland.
In den letzten Monaten hat er sich des
öfteren mit dem Gedanken getragen,
feine Erinnerungen aus- den 25 Jahren
i Harvard und in den Vereinigten
Staaten zu schreiben. Das wird nun
ein anderer als er selbst tun müssen.
Eine große und dankbare Aufgabe! In
diesem kurzen Geda.Htniswort ist eZ nicht
möglick, seinem vielseitigen und überall
bedeutsamen Lebenswerk gerecht zu wer
dcn. Es handelt sich daher hier nicht um
Zcr deutschen Bürger Heerbann i ei
Mann,
Und manchen durft' ich mit dem Lorbeer
schmücken,
?. daß ich'S sag': in meiner Icdwerlien Stunde
kmpsand ich einzig Teulschiands Handedlucl.
ierwaiiia iju Aailia aewendei):
Jiun, meine echmcsicr, dar! ich dick umarmen?
Columbia will sie Germanien uwhien!
WaOia zugert dann wirft sie sich Germa
nia in Ist rme. ichwchridt:
6o nimm mich hir, die ganz du überwunden
Und hiis du mir, ein neues iUanlte,
, schulen !
Columbia:
D Jiie !,riedenZverk. da wir dollbrach!!
Ii),tSnm0tI'a tist bit lireieno, Ie ei
ker nkang sei ti einer großen geil,
?n der di Z,aiincn, eng nbrüderi,
Ten Tempel der HumaniiZl erbau',
Tas, sich die oft dericheuchie. ehre i
ii ilircs ,vmimci.jlheö seiner gusluchl
7n iliicr Milie dieibend riieoellnl!, '
Uns ibr Gebot die hochlte ziichiichaur sei!
Und s bedeute diescö bvhc ,Zrt
itm deulschen Reich deö EiiibeilHwer Zilb
cndung,
Tem aller der ,rl,ab'n Sendung Ziel,
ki oik seiner orkibeii vollen Nnc-da
t un Tenische hier des Bilkgerliimes Inte
Und aller txelt den kiiiift'ge Loilerlriednil
Nichts Vermag den Abstand jener Zeit
von der heutigen schärfer zu kennzeichnen
als die rückhaltlose, herzliche Anerken
nuug des amerikanischen Deutschtums
aus dem Munde der Columbia und die
hohen Schlußworte ihrer Schwester Ger
mania. Aber sie wird, sie muß wieder
kommen die Zeit innigen Einverständ
nisses und gegenseitiger, gerechter Wür
digung zwischen Deutschtum und Amerl.
kanertum. Ich wiederhole hier, was ich
vor zwölf Jahren in meinem Buche
.Da! Deutschtum in den Vereinigten
Staaten von Nordamerika' schrieb:
Nicht England, sondern dem durch
Blutsbande, wie durch gemeinschaftliches
höchste GeiftcSstieben eng verbundenen
deutschen und amerikanischen Volke ist
der Kulturfortschritt der Menschkeit an
vertraut.' Erst dann, wenn Amerika
wieder zu seinem besseren Selbst und
zum Bewußtsein seines wahren geschicht
jjchen Berufes erwacht ist, wird es da,
taugen, den Völkerfrieden herbeiführffi
z'4. helfcfi. Wer aber als Vertreter deS
amerikanischen Volkes diesen Frieden
bringen will, an dessen Handen darf kein
deutsches Blut, und on feiner Zunge keine
Lästerung deS deutsche NamcnS'tteben.
-lim Hediicijilns.
eine irgendwie erschöpjn'.e: kritische
Darstellung deS Gelehrten und Schrift
stellers, sondern um persönliche Ein
drücke davon, wie Hugo Münsterberg 'n
seinem Schassen erschien.
.Der Lehrstuhl der Psychologie genügte
ihm lange nicht. Sein ganze! Wesen
drängte ihn in die Öffentlichkeit, ES
kam ihm dabei zugute, daß ihm da!
fremde Land, in dem er wirkt, eine
Fülle von neuen Gesichtspunkten und
weiteren Ausblicken brachte. Wen er in
Amerika mit Erfolg arbeiten wollte, so
mußte er Amerika und die Amerikaner
zu verstehen suchen. Und getreulich bat
er sich um diese! Verständnis mit echt
deutscher Gründlichkeit und Hingebung
gemuht. Daß ihn die letzten Iahn noch
in vielem enttäuschen sollten, da! hat "k
schmerzlich genug empfunden. Jedoch
bitter und hoffnungslos ist er deshalb
nicht geworden. Dazu war sein ganzer
Charakter zu sehr auf freundlichen Au!
gleich gestimmt.
Sein erstes amerikanisches Buch, da
in Boston IM unter dem Titel
Fsycholoizy and Life" erschien, zeigt
gleich die besondere Richtung seines For
schens. Nicht Fachwissenschaft allein,
sondern die Wissenschaft, die den vollen
Anschluß ans Leben sucht, die war stets
nach seinem Sinn. Wenn die ezperi,
mentelle Psychologie (und da! war sein
eigentliches Fach) wichtig und wertvoll
sein soll, dann muß sie dem praktischen
Leben dienen", hat er oft schriftlich und
mündlich vertreten. Und immer wieder
hat er auf die Notwendigheit der Psy
chologie siir das öffentliche Leben hin
gewiesen, zum Beispiel für allgemeine
Leistungssähigkeit (Is5-Klezl and
Indus-rial Efficiency, 1913) oder für
das Recht (Oa the Witness Stand,
1908) und für die Erziehung, z. B. in
der Schule (Psj'cnotogj end the
Teachcr, 1910). Ohne Zögern ist er
dabei oft .vovulär-wissensckaitlick," ae
worden und hat 'ich der Zeitschriften und
Zeitungen. alS rechtmäßiger Organe der
Äolksmeinung bedient. Alles Neue
lockte feinen regen Geist, und er warnte
immer wieder davor, etmaS Neues nur
deshalb abzulehnen, weil es neu fei.
Persönlich ist er darin mit dem besten
Beispiel vorangegangen, was auch sein
interessantes vorletzte, Werk: Tli Pho
toplay, a Psychological Study 1916)
beweist.
Daß er dieses Neue nun toi feiner
Art gleich in große Zufamenbänae
stellte, zeigt, wie seh-,' er stets nach wah
ren Werten im Leben ausschaute, was er
eiber gern betonte. So beschäftigte er
ich, wie aus einem Gespräch kurz vor '
einem Iom lxrvoraina, sehr mit dem
Gedanken, wie der furchtbare Krieg eine
ganz neue Auffassung voin Sinn der
Geschichte und der Geschichtswissenschaft
hervorgerufen hätte, und daS nach deni
Krieg eine neue Philosophie der Ge-
schichte zu schreiben wäre. Das ist nur
ein Beispiel unter vielen, die zeigen, ein
wie seines Ohr er für die GeisteSbewe
gungen seiner Zeit hatte.
Aber mit dem, waS er au! seiner
Fachwissenschaft für die verschiedenen
Bewegungen deS öffentlichen Lebens ge
sböpft hat. ist nur ein Teil seiner.um-
fassenden Tätigkeit gekennzeichnet. Er
fotte sich die Vermittlung zwiscken
L)euiichland und Amerika zur Ausaabe
gemacht. Amerika hat er lles Beste der
deutschen Kultur nahe zu dringen ge
oji, und ben Deutschen bat er immer
wieder die guten Seiten des amerikani
fchen Lebens vor Augen gehalten. Nach
beiden Seiten hat er gelobt und getadelt,
beide Länder sollten von einander ler
nen, war seine Botschaft in Rede und
Schrift; und in beiden Ländern, beson
ders aber in Amerika, hat ihm eben da?
Feinde gemacht. Gerade weil er den
allerschwierigsten Zeiten und Umständen
hartnäckig an feiner Idee der Verständi
gung zwischen Deutschland und den bei
den großen, englischsprechenden Völ
kern, Amerika und England, festhielt,
sind viele an ihm irre geworden. Bei
ruhigem Ueberschauen seiner siesamten
Tätigkeit jedoch tritt sein eigentliche!
Ziel klar und eindeutig hervor. Man
mag dann mit ihm übereinstimmen oder
nicht; daß er seinem Ideal immer treu
geblieben ist, bleibt ohne Zweifel.
Jedenfalls schulden ihm sowohl
Deutschland als auch die Bereinigten
Staaten genug des Dankes.
Sein Buch: Die Amerikaner',
das 1004 zuerst erschien, hat gemeinsam
mit Wilhelm von Potenz' Buch: Das
.Land der Zukunft" (1913) dazu beige,
tragen, daß sich die Teutschen ernstlich
mit amerikanischen Charakierzügen,
?Zroblemen und Errungenschaften ;ii be
chäftigen anfingen. Hugo Münsterberg
selber wollte mit diesem Werk und mit
manchem ozidein, das er poch über Ame
rika geschrieben hat, nur den Anfar.g
machen und die erste Anregung geben
zu dem interessanten und notwendigen
Studium Amerikas. Er wußte, daß
hauptsächlich die deutschen Lehrer Ame
rika gründlicher kennen müßten, um der
deutschen Jugend und damit zukünftigen
Geschlechtern von Deutschen bessere
Kenntnisse zu übermitteln. Und waS
für Deutschland gilt, gilt ebenso für
Amerika. So gelangte er, der ja selber
ein bedeutender Lehrer war, dazu, den
Lehreraustausch zwischen Amerika und
Deutschland mit ins Leben zu rufen.
Und zwar sollten eS ebenso sehr Lehrer
der öffentliche Schulen sein wie Univer
sitätslehrer und Gelehrte. Aber auch der
lebendige Austausch von Personen de!
Lehrberufs genügte ihm noch nicht. In
Deutschland selbst sollte eine Stelle, ei
Institut bestehen, in dem man alle
Hilfsmittel für ein gründliche! Studium
amerikanischer Verhältnisse und Zu
stände praktisch beisammen fände. Da!
führte zur Errichtung deS Amerika-Jn
stitutj an der Universität' Berlin mit
einer Musterbitcherei tibcr Amcrika und
Amerikaner.
In Amerika andererseits interessierte
sich Huzo Münsterberg immer sehr für
da! Germanische Museum der Harvard
Universität und da! Deutsche HauS der
Columbia Universität. DaS erschienen
ihm verheißungsvolle Anfänge zu einem
wirklichen ernsten Studium der beiden
Länder.
Tie ernsteste Gelegenheit In Amerika
für Deutschland einzutreten, ergab sich
ihm. cl! 1914 der Krieg ausbrach. der
ja auch in Amerika gezeigt hat. wa!
rechte Männer und was keine Männer
sind. Hugo MünsterbcrgS Aussah Fair
Play' war die erste Stimme der Wahr
heit in dem englischen LUgcnfcldzug
hierzulande gegen Deutschland und wird
als solcher ftetS feine einzigartige Be
deutung behalten. Au! welchem Geist er
alles aufgefaßt haben will, waS er dazu
geschrieben hat. zeigt sein Wort auS sei
ncm ersten Kriegsbuch: .Was ich zwan
zig Jahre so beständig Im Interesse
Amerika getan habe, darf ich eS nicht
wenigstens zwanzig Wochen lang im
Interesse meines Vaterlandes tun? Ich
habe wie so viele Deutsche in Amerika
gelernt, beide Länder mit Augen der
Liebe anzusehen und zu begreifen, daß
das gegenseitige Verständnis der beiden
Länder und ihre gegenseitige anständige
Behandlung in Zeiten des Friedens täg
lich nötig sind, wie viel mehr gerade
jetzt?"
So groß und wichtig aber auch sein
ganzes Wirken als Kämpfer für seine
Ideale, als psychologischer Forscher und
Schriftsteller dasteht, er selbst, hat als
daS Wichtigste in seinem Leben feine
Philosophie bezeichnet. Sein Lieb
lingsbuch war seine Philosophie der
Werte. Grundzüge einer Weltanschau
ung" (Leipzig 1098). Und man versteht
jetzt erst in diesem Zusammenhang den
Schlußsatz des Vorworts zum ersten
Kricgsbuch: Diese Seiten reden nicht
von Soldaten und Strategie und- vom
Schlachtenglllck und -Unglück; sie reden
von Recht und Unrecht, von ewigen
Werten". Hugo Münsterberg knüpft
in seinem größten Philosophie! an
Fich'es Wort auö seinen Reden an die
deutsche Nation" an: Ewig Dauernde?
zu vcrslößen in fein irdisches Tagewerk.,
das Unvergängliche im zeitlichen Selbst
zu pflanzen", und nimmt von Fichte,
dem vielleicht deutschesten Philosophen. '
vcn reinen iauven an oie ewigen Werte.
Und Fichtescher Geist: frohe Bejahung
und Wettfreiidigkcit geht durch den gan
zen Versuch einer neuen Weltanschau
ung. Unser Lkben hat Sinn und Ziel,
so heißt es immer wieder, und die Welt
ist eine lebendige Tat. Und die Arbeit
dieser Tat will getan sein; von hier aus
bestimmt sich die Aufgabe und der Ge
halt unseres Einzeldasciiis." Und zwar
bedeutet sein eigenes Wollen in Selbst
treue entfalte. ... für jeden, an der
gleichen gemeii.men Welt mitzubaucn".
Es ist zuletzt eine philosophische Um
fchreibung dessen,, was das deutsche Volk
jetzt der Welt vorlebt: ,Einer für alle '
und alle für einen oder besser: für ein
ander!
So deutsch wie in seinem ganzen
Denken, in seiner gesamten Arbeit und
öffcntlichcn Wirksamkeit, so deutsch war
Hugo Münsterberg auch in seinem HauS
und seiner Familie, verständnisvoll un.
terftützt von seiner Gattin und in den
letzten Jahren auch von seinen beiden
Töchtern, bot er in seinem Heim eine
Pflegestätte geistiger Interessen. ie eine
Wohltat und Anregung für jeden Gast
brdeute!cn5sür Amerikaner wie für alle
Teutschen, die der 'Weg nach den Ver
einigte ' Staaten und nach Boston
führte. Und welch' eine nie endende'
Schar berühmter und einfacher Gäste
ging ein und aus im alten gemütlichen,
feinsinnio ausgestatteten Haus. 7 Ware
Street. Cambridge. Der berühmte Pro ;
stssor war zugängig für jeden, immer
mit der gleichen Güte, stets mit einem
offenen lcbendigen Interesse für die An .
gelegenheiten dessen, der zu ihm kam.,
Jeder b?!te das Gefühl, daß ihm keine
oberflächliche gesellschastliche Höflichkeit,
sondern wahrhafte menschliche Teilnahme
entgegenkam.
Seine Freunde begreifen, daß ihn'n
ein unersetzlicher Verlust erwachsen ist,
so unersetzlich, wie er auf dieser Erde
denn überhaupt sein kann.
DaS Getriebe der Welt geht weiter in
Hast und Rast. Aber es ist dennoch so,
daß der wahre Mensch, der gestrebt und
gelitten und geschaffen hat, weiterlebt.
Denn Hugo Münsterberg war daS. was
er selber als Maß für Emigkeitswerke
erkcmnt hatte: .Sich selber treu sein In
Ewigkeit alle Werte der Welt sind
in solcher Tat sicher geborgen".
Ein unveröffentlichtes Tagebuch
Lavaters. Ein bichcr unveröffent
lichtes Tagebuch von Johann Caspar
Lavatrr. dessen 17?. Geburtstag am 1!?.
November wiederkehrte, wird in den nur
den Mitgliedern der Litcraturarchiv
gesellschast zugehenden neuesten .Mit
tcilungen aus dcn Literaturarchiven in'
Berlin" on dem Archivar der deutschen
Kommission der Berliner Akademie der
Wissenschaften Dr. Fritz Lehrend nebst
drei philosophischen Gesprächen und
einer phhsiognomischen Studie nach den
Handschriften unter dem Titel 1a va
terikma' zum ersten Male in Druck
vorgelegt. DaS Tagebuch, da! von La
Vater für seinen Sohn Heinrich in der
ersten Hälfte bei Jahres 1798 nieder
geschrieben wurde, ist ganz von der idea
listischen Gesinnung erfüllt, die Lavatcr
mit de Besten seiner Zeitgenossen der
einte, von dem enthusiastischen Glauben
daß GuteS und Schönes im letzten zu
sammenfielen. eines ohne das andere
nicht gedacht werden könne und von
dem grenzenlosen Vertrauen auf die Er
ziehbarkit und Bildbarkeit der Wen
schm zum Besseren.
Englische Tyrannei.
Die russische Staatsangehörigen tn
Aegypten. die im dienstpflichtigen Alter
stehen, wurden von ihren Konsulaten in
Kairo und Alcrandrien angewiesen, ins
knziizaze cer emzutttteu.
. Den,
I