Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, December 05, 1916, Second Edition, Image 1

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    Tägliche Omaha Tribüne
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ine interessante Form der Be
schäftigungsspiele hat Fräu
lein Marie (SrVrt, eine ich
tige deutsche Erzieherin, er
und damit In manche Kinder,
funden
Pube, in der die Langeweile beständig
u Gast war. Sonnenschein gebracht. Es
handelt sich um daS längst bekannte Cy
stem, durch Falten von Papierbogen
allerlei Gegenstände nachzubilden, nur
daß den bisher bekannten .Kniffen' nie
Grenze gesetzt war, während Fräulein
EbertZ .Weberschisfchen', welchen Na.
riien sie seiner Form , halber ihrem
Spielzeug gegeben hat. wundervolle Ber
LndcrungSmo'gllchkeiten bietet. Da el
nicht nur unterhaltend ist, sondern auch
großen erzieherischen Wert hat. haben ti
diele pädagogische Institute in den Be
schäftigungsunterricht für die Kleinen
eingeführt. Kürzlich war ti Fräulein
Ebert vergönnt, bor dem Forum der
Kindcrgartenstudentinnen an der Co
lumbia Universität zu demonstrieren.
Das Pratt.Jnsiitut in Brooklyn bevor
zugt da Weberschifschen" als Lchrmit.
tel für die kleinen Frvbelschüler, und in
dielen Privatschulcn ist Fräulein Ebert
als Demonstrator geschäht. Eine solche
Unterrichtsstunde ist ein erquickender
Jungborn und zaubert uns die freund
lichsten Bilder auS längst vergangenen
Jugendtagen vor.
Wie sie selbst erzählt, hat ihr einst
ein Cchiffskoch im Hause eines hochge
stellten deutschen Diplomaten, bei dem
sie als Erzieherin diente, die Idee zu
Drem Weberschiffchen gegeben. Ihrem
tilgen, lebhaften Geiste gelang es, daS
kleine gefaltete Kästchen zu einem in
geniösen Spielzeug zu erweitern, das
nun berufen scheint, in KRiderstubcn
und Nckonvalcsccntcn-Hcimen der beste
Zeitvertreib zu werden.
1 So still, um eine Stecknadel fallen
zu hören", war es nicht, als ich eintrat;
um einer Schulstunde beizuwohnen,
dafür war ich aber auch in eine Werk
statte der Welt aus Nichts' gekommen,
wo das Weberschiffchen gehandhabt
wird, welchem man doch stets ein wenig
' Geräusch nachsehen sollte. Leuchtende
Augen begrüßten mich und fleißige
Hände waren bemüht, etwas Fertiges
aufzustellen. Jedoch, da ich gekommen
war, den Gang des Dinges, das man
.Wkberschisschen" nennt, zu beobachten,
so ließ Fräulein Ebert die Kinder ihre
Sachen vorläufig weglcgm, um in Ord
nung an einem Quadrat von buntem
Papier das Entstehen des Kästchens zu
sißta. Es machte den Kleinen sichtlich
cgnügen, an dem zuerst dreiteilig ge
fi'teten Stück mit den Augen zu messen,
ob die Überzuschlagende weiße Seite mil
der bunten im Ebenmaß stimmte, so
dann die Farben überhaupt z verbergen
und wieder erscheinen zu lassen, indem
sie beide sogenannte Läden zu und auf
klappten. Nun folgte die Behandlung
der Ecken, desjenigen Teils des Faltens.
welcher hernach die so beliebten Ta
schen" ergibt, und dann wurde das Käst
. chen aufgestellt.
Ich niß sagen, man konnte in dieser
Art kaum etwaS Niedlicheres sehen, als
die Fingerchen mit dem hübschen, far
bigen Kästchen. Wie vorsichtig Daumen
uns Zeigefinger über die Falten des Bo
denS dahin glitten, um daS Kästchen ge
nau rechtwinklig aufzustellen. Wie so
wohl vier als dreieckige Taschen In
ihren Farben mit dem weißen Dreieck
in Abwechslung wirkten. Wie daS Käst
chen sich niederfallen ließ unter dem
sanften Druck der kleinen Finger. alS
sei'S Buchbinder oder MaschinenArbeit
Die Kulinr
w
icht nur an der Sprache kann
man mit Sicherheit den
Gebildeten vom Ungebilde
ten unterscheiden, sondern
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por allen Dingen am Lachen. Und eS
1 dürfte deshalb gar nicht uninteressant
S sein, einmal diese bekannteste und häufig
j. vorkommende Ausdrucksbewegung des
il Menschen näher zu beleuchten.
- DaS Lachen ist tiicht nur allen V'öl
kern, allen Rassen gemein. Im Gegenteil.
ei ist klar erwiesen, daß viele Naturvöl
jker ein eigentliches Lachen oder gar ein
Lächeln überhaupt nicht kennen. Aber
i" ohne Zweifel kennen eS alle Kulturvölker,
und je höher die Kultur, desto vielseitiger
, 'ist diese schönste aller Ausdrucksbewe
Agunge. Aber leider macht sich diese
S I .zelseltigielt nicht nur nach der ange
i'Smcn, sondern auch nach der unange
i.nmen eiie mn oemenoar. im
(rA!
4 IUUH wlv
f ' rachsüchtiger, unedler Naturen, wer ist
i.Mi i.ff sina fnn, nnnniirn tnmrt
iX', nif)t schon durch tjas häßliche Lachen der
Schadenfreude, des Spotte in ieinem
tiefsten Gefühlen verletzt worden? Wie
:if abstoßend wirkt solch ein unharmonisches
Aachen auk jeden feinempsindenden Wen
Y wi -
Es ist merkwürdig, daß man unsere
' Kinder fo viele Dinge lehrt, ihre Köpfe
f'iniit sg manchem unnötigen WissenSbal
h last beschwert, wiihrend man Anderes.
Wichtiges darüber vollsländig vernach
!äsiigt. als ob man dächte daß s,ch diese
sdon selbst lernte. Aber leider lehrt die
i Erfahrung, daß diese durch Tradition
geheiligte Vernachlässigung scheinbarer
Alltäglichkeiten sich später, bitter rächt,
f 'benso wie die Sprache, so müßte auch
X ) is Lachen schon in der Kinderstube ge
1 slegt werden. Man denke nur einmal
daran, wie sehr die Art des Lachens den
. Eindruck beernslussen kann, den ein
Mensch n den verschiedensten Lebens
j '(igci hervorrufen kann. Ein augeneh
sympathisches Lachen nimmt sofort
'' .r die betreffende Person ein. .auch
h 'NN sie sonst vielleicht gar keinen blen
Eindruck n.ücht. Manche Fraue
.,.
und als sei da nie eine Gefahr des Ber
schieben oder gar des Zerdrücken.
Auf ein ergebenes Jcichcn sprangen
die Kinder auf. stellten die Kästchen auf
die flache Hctnd, formten Reihen und
marschierten einmal herum, an Fräulein
Cbert und mir vorbei, nicht unterlassend,
mir einige der schönsten zu schenken.
Beim Wiederhcrvorholen der ersten
Arbeiten kamen nun erst die kleinen
Wunder zutage. Die Stäbchen hatten
Bcttchcn und Wiegen, welche durch Ein
schieben von buntem Karton oder Post
karten in die schon erwähnten Taschen
hergestellt wurden. Die Knaben mußten
selbstverständlich Wagen und Schlitten
bauen. Bett und Wiegensüße. Näder
und Deichseln schnitten die Kinder ent
weder aus freier Hand oder legten Mu
ster dazu auf. Reizvoll war eS auch,
hier zu beobachten, waS alle! sich mit
Hilfe der Taschen vollführen ließ. Ich
begriff bald: daß in ihnen das Geheim
nis des Weberschiffchens besieht und in
ihnen die Krast liegt, in der Welt aus
Nichts' olme Kleister zu schassen. Ich
gab dem Gedanken Ausdruck, die größere
Einfachheit nd Reinlichkeit lobend,
worauf Fräultin Ebert erlviderte, daß
1. Friinlcin Marie Ebert.
2. Flcisiige Zchüleriniicn.
, 3. (sine kleine Baumristcri.
4. Origineller Soüfviil aus Weber
schisfchkn".
so wertvoll auf dieser Stufe das Um
gehen dieses nützlichen Faktors auch sei,
in Anbetracht gesparter Zeit und Mühe,
verbannter Keime u. f. w., ihr dies doch
bei weitem nicht als der größere Borteil
erschiene. .Ist ein Stück Papier einmal
angelleb!.' sagte sie. .so ist es vorbei
des Aachens.
verdanken ihre Erfolge In der Gesell
schaft mitunter weniger einem schönen
Aeußeren als einem süßen, bestrickenden
Lachen, das sich mit einem weichen, sil
berhellen, oder mit einem tiefen Timbre
in alle Herzen hineinschmeichelt.
Man muß vor allen Dingen die Kin
der darauf aufmerksam machen, daß ell
zu lautes Lachen unpassend ist. Darum
braucht man ihre gffunde, natürliche
Fröhlichkeit absolut nicht einzudäMiien
und sie zu Duckmäusern zu erziehen.
Nein, davor wollen wir sie ja gerade be
wahren, wir wollen versuchen, ihnen ihr
schönes, frisches Kinderlachen zu erhal
ten, aber das ins Uebermäßige ausar
tende laute Lachen sowie das bei Mäd
chcn so oft vorkommende und so albern
wirkende Kichern aus der Kinderstube
verbannen. Gewiß. eS ist nicht leicht,
hier die richtig Grenze zu finden, aber
eine kluge, taktvolle Mutter, die selbst
mit gutem Beispiel vorangeht, und fröh
lich mit den Kleinen mitlacht, wird hier
leicht den richtigen Weg einschlagen. Im
mer muß man natürlich bedenken, aß
draußen, Im Freien eher mal Über die
Stränge geschlagen werden darf, und
wenn bei einem Äusilug über Land, auf
Vergeshöhe oder im kühlen Walde. Kna
ben nd Mädchen im glücklichen Ueber
mt ihrer sinnlosen Jugendzeit in -nes
jubelnde Lachen und Jauchzen ausbrechen
das ein Vorrecht der kurzen frönen Kin
derzeit ist. so darf man ihnen nalürl'h
in einem solchen Moment nicht mit Mo
ralpredigten kommen und sie so um ihre
Freude bringen. - .
Wenn mancher Erwachsene wüßte, wie
disharmonisch, wie wenig wohltuend sein
Lachen für daS empfindliche Ohr klingt,
er wiir.e sich vielleicht doch etwas Mühe
geben, um es zu verbessern. Denn da
zu ist eS nie zu spät. Allerdings ist
Vorauzsetzunq. daß man den Mangel
einsiebt und ihn mit Willensstärke und
Energie zu heben sucht, lan braucht
sich doch dieser Einsicht ebensowenig wie
jeder anderen zu schämen, und der Er
folg ist doch wirklich ein schöner Lohn
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mit dem Versuchen. Das Machwerk ist
und bleibt fertig und steht da für den
Staub. Unser Kästchen dagegen erlaubt
mit seinen Taschen dem kleinen Fabri
kanten eine Möglichkeit nach der ande
ren. Da wirö eingefchoben und gepaßt
und wieder anders probiert, wobei die
für das bißchen Ausdauer. Es gehört
natürlich viel - Selbstbeherrschung dazu
und wohl auch etwas musitalisches Em
pfinden, da man sonst für die mehr oder
minder edle Klangwirkung des Lachens
gar nicht das sichere Gefühl haben kann,
das doch Vorbedingung ist. Wer über
solch ein mißtönendes Lachen verfügt,
daß jede Selbsterziehung scheitert, und
überhaupt keine Besserung zu erzielen ist.
der bemühe sich, das laute Aeußern fei
ner Fröhlichkeit überhaupt zu unter
drücken und begnüge sich mit einem Lä
cheln,. das ja auf jeden Fall einen ebenso
hohen Grad der Freude ausdrücken knn.
Bei älteren Menschen berührt eö doch
immer sympathischer, wenn sie auf starke
AusdruckLbewegungen verzichten und sich
mit der feineren und edleren Form des
Lächelns begnügen.
Wenn hier von einer Kultur des La
chens die Rede ist. so soll damit aber
nicht gesagt sein, daß man auS Eitel
keitsgründen, nur um andern zu gefallen,
täglich, Stunden lang Studien auf die,
fem Gebiete machen soll, das verbietet
sich ja für gebildete Menschen von selbst.
Nur zum Nachdenken sollen diese Be
trachtungen anregen, und manchem viel
leicht zum Bewußtsein bringe, daß er
besser daran täte, nicht allzu oft und
nicht allzu laut zu lachen, wenn er seinen
Mitmenschen nicht unnötigerweise auf die
Nerven fallen will. Das Lachen ist
eben eine Kunst, wie so vieles andere
auch, und jede Kuft, wenn sie nicht zu
fällig angeboren ist, muß erlernt werden,
aber es gibt auch hier solche, die dazu
berufen sind, und andere, denen ks sehr
schwer fällt. A' sie alle sollten beden
ken, daß die Kultur des Lachens auch
zur Kultur der S?ele gehört, und die
Harmonie und Schönheit, die wir hier
erreichen, sich auch unserm übrigen See
lenl:ben mitteilt.
Frnuek an der Tierarzneischule.
In Berlin sind an der Tierärztlichen
Schule zur Zeit 184 weibliche Studie
rende eingeschrieben. Außerdem besuchen
zwei Hospitantinnen die Vorlesungen.
Große Eigenschaften
kleine Eigenheiten.
entschuldigen
ssr.
Xyt
ruA ,
S7&y?4
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Erfindungsgabe nach eigenem Belieben
walten darf. Wundervoll ist das Um
bauen" (ja nicht zu verwechseln mit Zer
stören). Aus Veilchen weiden Wagen,
aus Wiegen Schlitten oder Boote, aus
der Puppenstube ein Pferdestall, aus der
Brücke ein Leuchtturm. Und wie auf-
Wandlungen unsres
Innenlebens.
Alles wahre geistige Leben ist Fluß
und Strömung, Bewegung und Wand
lung. Jedes Beharren fuhrt zum E.
siarren. Wer innerlich wachsen will und
immer vollkommener werden, der darf
nicht dem geistig n Ringen aus dem
Wege gehen; der darf sich nicht scheuen
vor dem Kämpft, durch den jeder
Menschenseele allein neue Offenbarungen
kommen können. Jedes st'.rke, bewegte
geistige Leben, mag es noch so kraftvoll
aus der Eigenart entströme, wird von
der Mitwelt beeinflußt; auch der? ur
sprünglichste Leben trägt die Prägung
seiner Zeit. Und je gewaltiger und um
gestaltender die Zeit ist, um so größer
sind auch die Wandlungen, die sich im
geistigen Leben der Zeitgenossen voll
ziehen. Darum ist in unsrer gewa!,,gen Ge
genwart, deren starke Strömung soviel
forlgerissen hat von Althergebrachtem
und Ueberliefertem, um auf der ande'N
Seite soviel wieder heranfzufllhren, s
versunken in der Tiefe lag. und soviel
Neues und Großes von fern aufleuchten
zu lassen, das noch als lockendes Ziel in
der Zukunft liegt, darum i, ... unsrer
Gegenwart der einzelnen Menschen inne
res Leben so mächtigen Wandlungen
unterworfen. Es ist heute w'iiger als
je ein Lob, wenn man von jemand sagen
kann, er sei sich gleich g' lieben, er fei
noch der alte Mensch, der er Mmer ge
d'fen. Wer sich nicht vor der großen
Zeit läutern -'tio umwandeln ließ, u:r
nicht in ihr und durch sie gewachsen ist,
der ist ihrer nicht wert. Alle Laßeren
Einflüsse .mtzen freilich dem Menschm
nichts, dessen Eigenleben nicht stark
nug sie, sie aufzunehmen und in sich zu
verarbeiten, fo daß ihm Fremdes -
Eignem wird. Auf diesem Durch
drungenwerden von allen Erkenntnissen
und Offenbarungen wie von ollen For-,
derungen unsrer großen Zeit beruht das
Wachstum des neuen Menschen in uns,
der nichts mehr wissen will von dem
Jreale deS .modernen Menschen' von
inst, sondern darüber hinausstrebt. Um
a i
fc-- m
" 'h-JÄA I
vx.r "jjzjfrTii. , , , , , ,,s
gebaut, so kann auch alle wieder weg,
gelegt werden.'
.Niemals.' fuhr Fräulein Eberi fort,
.kam Ich in eine Klasse zum zweiten
Mal, da nicht mehrere der Kinder mir
voll Freuden eigene kleine Erfindungen
mitgebracht hätten; manchmal so nicd
licher Art, daß sie mir zu neuen Mu
pern Anlaß gaben.'
Da einige der Kinder weiter fortge
schritten waren alS die meisten der Klasse
und Fräulein Ebert von dem Grundsatz
ausgeht daß da! Weberschiffchen nicht
Alle auf gleicher Stufe zu hallen
.braucht', fondern deir-fähigeren Kin
dein erlaubt, nach eigenem Gefallen wei
ter zu arbeiten; so konnte ich noch Ber
schiedenes in Augenschein nehmen. Da
waren Zelte. Boote, eine Windmühle,
ein Bahnhof, ein allerliebster kleiner
Zug, Omnibus und Automobil, welche
letztere auf Garnspulen liefen, um mit
der Elektrizität zu wetteifern. Einige
Kinder, welche in Fräulein EbnIS klei
nem Schauspiel: Das Weberschiffchen,
eine Welt aus Nichts' mitgewirkt hatten,
setzten ganz originelle Hüte auf. alle aus
der Form des Weberschiffchens gemacht,
die jeder in seiner Art schön und färben
prächtig waren. Zuletzt durfte ein lie
ewig alten und ewig jungen Leitbil.e
reinen, starken und schlichten Menschen
tums zu. Das ist die größte und durch
greifendste Wcndlung unsres inneren
Lebens in diesen Tagen!
Und mancher wird dabei gewahren,
wie wunderbar eS ist, daß diese Wand
lung, die ihn innerlich vorwärts bringt,
ihn zugleich zurückführt in ein besseres,
schlichteres Leben von einst, daS er längst
als abgetan belächelt hat, und dessen
Edelgehalt ihm doch die aus der Zeit
neu gewonnene Erkenntnis erst recht
offenbart. Altes Gold leuchtet auf in
neuem Glänze. Wir brauchen nur daran
zu denken, wie unendlich viele Menschen
jetzt in Stürmen und Wettern den Weg
zurückgefunden haben in das Paradies
ihres Kindelglaubens, aus dem sie lange
zuvor ein zu starke Jchbewußtsein oder
zu roße Weltliebe vertrieben hatten.
Wer diese großen inneren Wandlungen
durchlebt, für den verstehen sich die
kleinen Wandlungen des äußeren Lebens
ganz von selbst. . Das neue Menschen
tum muß sich neue Daseinsformen
schaffen, und öffentliches wie häusliches
Leben werden sie zum Segen für unser
Volk zu finden wissen.
Bildungsstreben bei
den Zigeunern.
Die Zeit dtr Romantik ist unwider
leglich dahin, ein Stück nach oem andern
fällt dem Moloch Civilisation zum
Opfer, waL übrig bleibt ist Dampf,
Elektrizität, Benzin Reinlichkeit.
Kommt da vor einiger Zeit eine Zigeu
nerbande in Salina an nicht auf dem
bekannten, von klappernden Pferdchen
gezogenen Wagen, nicht mit halbnackten,
in Lumpen gehüllten Kindern, von denen
fast jedes einzelne ein malerisches Auge
entzückte, nicht mit den dito bekleideten
Weibern, die sich auf jeden Fremden
stürzten, um ihm aus der Hand fein
Schicksal zu künden, da? ja nach der
Menge der Silberlinge mehr oder weni,
ger günstig war alles nicht, was
früher zum Zigeuner gehörte, wie daS
Amen zur Predigt: Nein: im Auto ka
ter Junge micht .lehren", wie man da
Kästchen herunterfallet, damit ich meine
Schätze ohne Schaden in meinem Buche
nach Hause tragen könne.
Auf meine Bitte um .etwa! Musik'
führten die Mädchen ein Spielchen aus
nach der Melodie von Graf Pocci zu
Goethe'ö: Wir singen und sagen vom
Grafen so gern. Singend zeigten sie
jedes Ding, das sie nannten, wobei
natürlich daS Weberschiffchen alS .Bett
chen' Parade machte. Das Verschen
lautete:
Hier da' ich ein Veit und et Indchen darin,
Ich hade an zwei Zeckm,
Nun deck' ich e ju.
Nun deck' ich ti zu.
Und morg?n will ich' wecken.
Don wasch 'ich' und kkimm' ich'? und Neid'
Wi so schön.
Dann darf sich tai Pllppchen Im Spiegel auch
seh'n.
Da Frübsilick ist seriia. da Weiler M schon!
Nun ivoll'n wir da Ciwvchen probieren,
Tann ach'n wir im Garten spazieren.
Beim Begegnen der Püppchen im
Garten" unter heiterem Guten Mor
gen!" dauerhaft Rufen, fingen plötzlich
die Knaben zu pfeifen und zwitschern
an wie echte Vögelein. So niedlich mach
ten sie's, daß ich überrascht aufhorchte;
mir aber riefen alle die Kinderchen herz
men sie an, die. Kinder der Landstraße,
wohlgekleidet und blank gewaschen, und
eine richtiggehende Prinzessin hatten sie
mitgebracht, die direkt von ihrem König
abstammt: Prinzessin Mary Matrine
war in Begleitung von Eltern, und Ge,
schwistern auf dem Wege nach N. F. und
nichts Geringeres hat sie im Sinn, als
sich nach Paris einzuschiffen und trotz
des Krieges .Bildung" zu studieren.
Jetzt schon beherrscht sie dank der Er
ziehung ihrer Eltern drei Sprachen, bald
wird sie alles das gelernt haben, waö
eine amerikanische Lady' zur vollende
ten Dame macht, Singen und Piano
spielen, konversieren und flirten, wobei
Natur sie durch feurige Augen, Pracht
volle Zähne und einen samtweichen,
olivfarbenen Teint liebevoll unterstützt.
Auf ungesatteltem Pferde zu retten
braucht sie nicht erst zu reiten lernen und
Hindernisse nimmt eine Zigeunerprin
zessin spielend, wie sie auch die Klippen
der Civilisation spielend zu überwinden
gedenkt. Als Kind ist sie Wohl mit dem
alten Zigeunerwagen gefahren, hat viel,
leicht auch ihr braunes Händchen schnell
nach einer Kupfermünze begehrlich auS
gestreckt, doch das sind längst vergessene
Dinge, deren sich eine Prinzessin später
nicht 5U erinnern braucht. Wir wün
schen ihr alles Gute, wer kann sagen, an
welcher exponierten Stelle wir später die
fertige Dame noch zu bewundern Gele
gmheit haben werden!
Tie Frauen an den
deutschen Universitäten
zur Kriegszeit.
Im verflossenen vierten Krieg!
semester waren die Universitäten deS
Deutschen Reichs von 546 Studentin
nen besucht, WaS gegenüber der Frie
denszeit eine Vermehrung um 1300 oder
um fast ein Dritte! bedeutet. Davon
sind etwa 200 als im Sanitätsdienst
tätig beurlaubt, und 200 Ausländerin
nen, die fast- ausschließlich au! der
Schweiz. Oesterreich-Ungarn und Ame
rika stammen. , Der starke 2ä'Jsi Ku
lich nach: Komm bald wieder?
Mit Dankgefühl bin ich gegangen unc
mit der befriedigenden Ueberzeugung,
daß hier etwas Gutes geschaffen ist
etwa! das die Freude am harmlosen
Spiel bewahrt bei wirklicher
A r b e i t , daS Begriffe von Form unl
Maße in sich trägt. Fingcrkraft et
wickelt und den Sinn für da! Schönc
pflegt. Was Ich sonst noch zu sagen
wünsche, ist wohl am besten ausgedrllct!
in den Worten, welche Fräulein Ebert
als Motto ihrer Arbeit beigefügt hat:
.Kindchen's Leid war bald gestillt,
Da sein Händchen du gefüllt.
Sieh, es lacht wieder!
Doch gar bald ist Zuckerbrot verzehrt
und Augenblickstrost weggeworfen. Lege
denn in kleine Hände, was ihnen
bleibt, ein Ding, daran sie bauen
in unschuldiger Schaffensfreude und
steigendem Vergnügen.
Dann schau von fern, wie volle und
leere Händchen einander begegnen, Glied
um Glied fügend zu der wunderbaren
Kette,, die aus Geben und Neh
men geschlungen, nimmer endend, weil
von Engeln gehalten und:
Freue dich deines Glücks.'
Frau zu den höheren Studien ist dem
nach durch den Krieg nicht gehemmt
worden. Von 100 eingeschriebenen Uni
versitätsstudenten aren vor Kriegs
ausbruch 6,7 Weibliften Geschlechts, die
sen Sommer warn es bereits 10,5
Prozent. Berechnet man den derzeitigen
Frauenanteil auS der Zahl der in den
Universitätsstädten anwesenden Stu
dierenden, fo ergibt sich, daß auf 100
männliche Universitätsstudenten 42,3
Frauen treffen. Darnach ist die Stu
dentin im Wissenschaftsbetriebe der
deutschen Universitäten in wenige Iah
ren eine ganz bedeutende Größe gewor
den.
Im einzelnen studieren derzeit: PHIlo
logie und Geschichte "684 Frauen gegen
2000 im Vorjahr, Mathematik und
Naturwissenschaften 1011 gegen 691,
Medizin 1394 gegen 944, Zahnheilkunde
58 gegen 66, Staatswissenschaften und
Landwirtschaft 213 gegen 123. Rechts
Wissenschaft 93 gegen 62, Pharmazie 22
gegen 16 und evangelische Theologie 14
gegen 12. Der Zufluß zum Lehramt
und zur Medizin geht demnach unver
mind't weiter. Der verhältnismäßige
Anteil der in der philosophischen Fakul
tät kiereinigten Studienfächer ist zwar
seit Herbst 1912 von 76.81 auf 72,6
Prozent gesunken, der der medizinischen
Fakultät aber von 21.85 auf 25, ge
stiegen, und die übrigen Studienfächer
umfassen heute 2 gegen 1.80 Prozent.
An hl. fc.(Cir&.n ' 1Tn!tiAC-
l)ui vii uii uiu v umBmWW' umuiiji?
täten eingeschriebenen 3508 Studentin
nen ergeben sich für Philosophie 78 und
für Medizin 20 Prozent, woraus deut
lich der Einfluß der Oberlyzeen auf die
Berufswahl ersichtlich ist.
Die Untersuchung des StudienoitZ
der Frauen ergibt gegenüber dem Vor.
jähr eine starke Zunahme des BduaV
der preußischen und bayrischen Universt
täten. Die einzelnen Universitäten wai
von Frauen folgendermaßen t&;-:
Berlin 1133, München 694, Bonn
Heidelberg 358, Marburg 352, MMn
gen 283, Münster 272, Leipzig !&
Bnslau 247, Frankfurt 214, Kiel 17t .
Jena, 163, Königsberg. 157. Freibur.,
144, Halle 139. Tübingen 93. MwU
Wald 77. Etraßburg 67, Würzburg 5'
, l&tegjUt Erlange N. Gießen 5ö.