Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, November 28, 1916, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Tägliche Craatj Tribüne
Mcrlkl
".
Aus dem Goleniurnipaß.
Von Tr. Max Oöborn.
TicbendZrgisch KriegsschaiipZatz.
Armee Oberkommando Fal.
tenhayn. 1. Oktober.
Hicz, auf diesem alten, von tausend
jüyligrk ltt'u'3 uub Bluigefchichie ge
stempelte Lergweg über die Güdfarpa
thcn Hai die große 5kampfhandlunz der
letzten Zagt, die als die .Schlacht bei
Hermannstadt' im Gedächtnis der listen
jck,e fortleben wird, ihren Hiihcpunkt
und ihren Abschluß gesunden. In dies
langedcsilten Talschlucht ward das
Schicksal der ersten rumänischen Arniee
besiegelt, . ward sie zusamengeschlagcn.
aussikiicbcn und zersprengt.
, Xtn Rotcnturmpaß zu gewinnen als
eins der wichtigsten Einfailtore in das
begehrte Siebenbürgen Land, mußke den
Rumänen sofort zu Beginn ihres Ueber
falls auf Ungarn als eine Hauptaufaabe
gelten. Si sehten gleich mehrere Tii
sionen an, stiegen iioer die Paststraße
nach Korden vor, drangen zugleich über
daZ Beraland zu beiden Seiten und
schoben sich bis dicht n Hernmnnslabt
heran, das von der Grenze A Kilometer
entfernt liegt. Tie schwachen Kräfte der
österreichisch ungarischen Schutzpokc
tonnten den Einmarsch so großen Aus
gebots naturgemäß nicht verhindern.
ZZier Wochen lang hielt der Feind
diese Stellung, die sich in Form eines
ach Norden ausladenden Bogens vor
den Paß legte. Er war gleichsam eine
LrückeniopfZtellung für den Paß. Auf
ihn kam es den Rumänen an, mehr o
Zenbar als auf Hermannstadt, vor des
ftn Mauern sie zunächst Halt machten.
Sie faßen auf der Grigorihöhe gleich
östlich der Stadt, saßen' südwestlich in
dem Torfe Oclat und hielten den gern
z"n Siidkil der vom Zibinfluffe durch?
strömte Hochebene im Besitz.
. Tics ganze Gebiet ward ihnen nun
ieser entrissm und mit ihm der Note
turmpaß selbst. In einer großartig an
gelegten Operation wurden sie von deut
schen und ungarischen Truppen unter
deutscher Führung gestellt, umklammert
uns mit gewaltiger Einbuße an Men
schen und Material aufs Haupt geschla
gen. Bon drei Seiten her fauste der
Hammer auf sie herab. Oestlich von
Hermannstadt drang unsere Kavallerie
ins breite Tal des Alislusses vor und
schnitt dein Gegner die' Verbindung mit
feinen im. Raume von Fogaras stehen
den Kontingenten ab. Im Westen stiegen
deutsche Jägerregimenter in einer weit
ausholenden Umgchungsbewegung durch
Taze und Nächte über die ragenden Hs
hen de Zibingebirgcs, fo daß sie bald,
schon am 26. September, die Nachbar
berge, des Notenwrmpasses erreichten
iznd damit, in der Flanke, ja im Rücken
des Feindes standen. Und nun ward von
Norden kr der wuchtige Frontalstoß
, Kfuhrt, d,:r die Entscheidung brachte.
Am 28.'und 29. September fielen die
zermalmenden Schläge. Gestern, am 20.,
könnte ich das Kampfgelände durchwan
d.rn. Tie frischen Spuren der Schlacht
ur.D des feindlichen ' Zusammenbruchs
waren, weiten erkennbar. Eben erst ging
ms an die Arbeit, das Feld aufzinäu
men. die Toten zu bergen, die ungeheure
Beule fd sammeln. Der Anblick, der sich
bot, wa? furchtbar. Ein Tal des Grau
kgs öffnete sich, dem Schauerlichsien vcr
gleichbar, das ich in langem Aufenthalt
auf den Schauplätzen dieses uferlosen
Krieges gesehen. Dies stumme Revier
der Vernichtung spiegelte die Größe der
NiZderlage, die der Gegner erlitten hat.
An frei flutender Bewegung war die
Schlacht Wer das Land gerast. NichtZ
mehr von dem verbissenen und verklärn
werten Grabenkrieg, den ich über Jahr
und Tag in Frankreich und Flandern
erbte, NichtI mehr von meteriiefcn, ge
, panzerten EZdrinnen, von Sappen und
Stollen und Gefilden von Stacheldraht.
Hier ist noch Krieg und Schlacht der
anen Sorte mit zusammenprallenden
HeereZmassen im offenen Gelände, mit
Gewchrsawen aus Wäldern und von
Hügeln her. Mit jagendem Angriff und
Weiterstürmen, mit frei auffahrenden
Batterien, deren Kommandeure und
ssaiinschaften fast ohne künstliche Dek
kunff ihre Dienst verrichteten.
Die Artillerie aber hat in dicscm
Kampf, ad auch das ist dem vom We
V'ii Flammenden neu, nicht die wilde
Hauptmelodie gespielt, die ihr dort zu
fällt. Ihr Amt war hier mehr, die
Ouvertüre zu donnern. Tann, als diese
Einleitung den Rumänen in die Ohren
Sedröhnt, , übernahmen Flinten. ,Ma
?chineimewehre, Bajonette den Takt. So
blieb das schöne Land, das Raserei und
: Mdertmcht nun auch noch in das Welt
gemehtl hineinrissen, wenigstens von
der! ärgsten Schrecken der Zerstörung
derschsii't. Den fruchtbaren Korn- und
Mais- und Webifeldern, den Weiden
uns Wälder hat das Getümmel nicht
gar zu schlimm mitgespielt. Und selbst
manche' Ortschaften, durch die der
Sturm wirbelte, blieben fast unversehrt.
Das sieht das Auge mit einer neuen,
ungewohnten Freude. Mit umf große
reFreude, da es vielfach im Kern deut
schk Skädtche und Dörfer sind, denen
dicS Glück widerfuhr. Teutsche Namen
inid Sprüche grüßen von den Häusern.
Deutsche Bauart klingt aus winkligen
Gassen, aus mvlerisch-unregelmäßigen
Anlagen, aus dem beschaulichen Ge
dränge kleiner Gebäude um oltehrwllr
big? Kirchen, die nach sirbcnbürgischer
, Son'derart von Schuizmauern und
Wcbrtürmen umgeben sind. Teutsch
spreche ad, Männer und Frauen stehen
' auf den Straßen und begrüße jubeln?
die durchziehenden Truppen der Be
f., ': r.
MakMkrb Zeichen des Kampfes hat
'seil uns yk!k'N?iHl such hier ununter
drohen b'siZei'et, Nun aber, da wir wci
n südrrgitZ koannra, türmen sie sich
riai::tt drsheüdcr z nnhörtcn, phan
tab'lchk. ' kiü'ei'm'cn , und grotesken
C,zr:r!..I Tswekch. wo es zu blu
tio?m Sttz-:ti!apf km.' nd in dem
?:--.xöiet.'dsS sich an den '- Ort nj
' !,?:; fjzhjl 't:: Rumänen sich am "
längsten zu behaupten gesucht und mit
zäher Tapferkeit verteidigt. Plöjilich kam
i)mn die Kunde, die Diuckzugslinie sei
bedroht! Mit Schrecken hernähme sie
im Osten wie im Süden sii ein deut
scher Riegel vorgeschoben! Sie waren
umfaßt, von allen Seiten gepackt. Da
brach der Widerstand, und nur ein Ge
danke blieb lebendig: zu retten, was zu
reiten war. Die festen Verbände lösten
sich. Tie Straße, die drüben nun in den
Patz fuhrt, beweist die Wildheit der Pa
ik. die aufbrach. Ein höllisches Durch
einander ist in die wundervolle Land
schaft eingewühlt, die in allen glühenden
Farben des Herbstes prangt, In jagen
der Angst ließen die Rumänen stehen
und liegen, was sie auf ihrer Flucht
hemmen konnte. Nur fort! Nur zurück!
Ulber die Iperaf im Siidosten, die viel
leicht noch frei sind! Wenn irgend mög
lic. sich auch auf der Paßstraße noch
durchschlage-! Wenn man nur sein nack
tes Leben mit nach Hause bringt!
Da, wo das Fogaras- und Zibingc
birge steil gegeneinander abfallen und
in der tiefen Einscnkung der Alt sich
seinen Weg durch die Höhen nach Süden
bin gebohrt hat, erhebt sich bei dem
Dörfchen Boiczci der dicke, viereckige,
rotgetünchte Turm, der de? Straße den
Namen gegeben. AI Talsperre gegen
die einfallenden Türken ist er einst, im
13. Jahrhundert, von den Siebenbürzer
Sachsen erbaut worden, und die Sage
will, daß er damals mit Türkenblut an
gestrichen worden sei. Jetzt steigt er wie
der wie ein blutiges Wahrzeichen auf.
An ihm tollte der Hexensabbat vorüber.
Weithin, soweit das Äuge reicht, um
rahmen ihn die Zeugnisse der Schlacht
und der Flucht. Hunderte von Wagen
stehen herum, mit der Bagage, dem
Proviant, der Munition der davonge
eilten Rumänen. Oft in dichten Reihen
hintereinander, wie die Kolonnen auf
marschiert waren. Dann wieder einzeln,
verstreut, halbzerbrochcn, umgestürzt,
daß die ganze Ladung wir ein Wasser
fall herausauillt. Sie stehen und liegen
zu beiden Seiten des Flusses, auf der
Straße, auf den Wiesen, die ihn zikerst
noch begleiten, manche im Wasser, da
man versuchte, sie irgendwie über eine
seichte Stelle hinweg in Sicherheit zu
bringen. Weiter zurück ruht im Kariös
fclackcr ein Gcrrümel von Trümmern:
die Reste eines abgeschossenen kumäni
schen Flugzeuges, verbogen, zerschmet
tcrt, zerrissen, von der großeiz glohen
den rot-gclb-b'auen Kokarde überragt.
Nun aber weiter vorwärts in die
Schlucht des Passes hinein. Wie, mutz es
sich in friedlichen 'Zeikn-durch diese
Herrlichkcir wandern lassen. Heute wirkt
sie nur wie ritt Hohn der von Menschen
leid und Menschenwahn unberührten
Natur über das Grausen, das sie um
schließt. Hier wollten die Rumänen sich
den Weg erzwingen. Aber die von hohen
Wänden Zusammengepreßte ereilte das
Verhängnis. Tie Straße ist besät mit
Leichen und Pferdeladavern, mit fortge
worfenen Tornistern, Gewehren. Patro
nentaschen, Mänteln, Käppis, Seitenge
wehren, Kleidungsstücken jeder Art.
Alles funkelnagelneu, kaum gebraucht,
oft noch fauber zusammengepackt, öfter
wüst in- und durcheraandcrgewirbelt.
Ticke Wollhandschuhe. Pelzwcften. blu
tige Lappen sind herumgestreut. Tann
wieder tauchen neue Wagen und Karren
auf. Ein Automobil mit rotem Kreuz
sperrt den Weg. Ein Sanitätshund, der
dazu gehören mag, schnuppert herum.
Am Wege liegt ein todwundes Pserd,
das sterben will. Ein anderes steht still
dabei, als wollte es dem verwundeten
Kameraden beistehen. Gräßlichkeit über
Gräßlichkeit. Und die rot, braun und
gelb funkelnden Kronen der Eichbaume
an den Hängen blicken herab auf die
Straße des Jammers
Ein neues Bild unbegreiflich zu'
erst. Eine ganze Menagerie scheint her
anzuwandeln. Eine riesige, bunt zusam
mengewürselte Tiergesellschaft, Kühe
und Kälber, lanazehörnte siebenbürgische
Rinder, dazwischen schwarze Büffel und
herrenlose Pferde, die mittrabcn. Es ist
das kostbare Besitztum der ungarischen
und deutschen Dörfer, das die rumäni
schen Räuber mitschleppen wollten, und
das nun ohne Aufsicht, irgendwie zu
rückaefcheucht, planlos dahinzieht. Man
denkt an uralte Kriege zwischen Hirten
Völkern, da sich die feindlichen Stämme
die Herden wegtrieben. Immer neue
Bataillone der Vierfüßler rücken on.
Manche freilich können nicht mehr mit,
liegen tot, von einem Geschoß getroffen,
in Straßengraben, die Beine wie Hilfe
flehend ia die Höhe gestreckt, oder ruhen
erschöpft, halbverhungert zur Seite.
Andere sind in ihrer Not die Hänge
hinaufgeklettert. Ochsen und Kühe, ru
mänische Train- und ,Kavalleriepfcrde
durcheinander, und müssen nun von
deutschen Soldaten, die lachend ihre
St"e schwingen, herabgeholt werden.
Wir kommen .zu einer Wegbiegung
Seitental mündet in den Paß. Ein
Bach, der Lotrioora, schickt sein mur
melndes Gewässer in den Fluß hinab.
Eine alte gewölbte Steinbrücke führt
darüber. Jenseits drängt sich eine Grup
pe wackliger, verfallener, vock Rauch ge,
schwärzter Häuschen zusammen. Hier
hat sich alles, was ich vorher sah, noch
einmal zusammengeballt, zu einem
Kriegs- und Schreckensbilde ohne Glei
chen.An dieser Brücke tobte am 28. ein
wilder, wechsclooller Kampf. Deutsche
Jäger sperrten die Straße und - rauften
sich mit den von Norden fluchtenden Ru
mänen. Eine Gruppe von ihnen steht
noch hier, prachtsolle JungenS, blühend,
gebräunt. Um sie her ein unbeschreibli
rbes, teuflisches Geguirl von Leichen und
Tingen, und toten Tieren. Auch von
den Unsern liegen hier Gefallene,, die
von ihren Kameraden nun geborgen
werden. Arme Burschen, die so fern von
der , Heimat gegen diese Horden unseres
neuen Feindes , fechten und hinsinken
mM! Bbcr die Ueberlebendkn tarn.
rneln sich mit der gesunden Kraft des
chelchühc, die verloren gehen.
Von Tr.
AuS der Sommefront. 22. September.
Die französische Presse berauscht sich
an der Siegcgeute. Tie Verbündeten
han iu dem Eiubruchsgelände an der
Somme einige Geschütze erbeutet. Der
Pariser zählt in schwellendem Kraftge,
fühl die Kanonen. Er weiß, die Artil
leric ist immer ein erkleckliches Stück
hinter den Jnfanterielinien aufgebaut.
Die tapferen Poilus müssen also in mei
lenwcitcm Schwung vorgestoßen sein.
Eine Truppe, der das gelingt, hat das
Rezept des Sieges in der Tasche . . .
Ich will von den verlorenen Kanonen
erzählen.
Sie standen seit anderthalb Jahren
nördlich der Somme. fcbim geputzt und
gesalbt wie ein Paradestück auf einem
Schloßplatz. Ocftcrs als zu Prin zeuge
burtcn oder ähnlichen festlichen Anlassen
haben sie ja geschossen, aber selten genug
wurde die Ledcrkappe von der Ro!,r
sebnauze aenommcu. Denn hier an der
Somme war bis zum Juni d. I. einer
der ruhigsten Abschnitte dir deutsch
französischen Nachbarschaft. Im Schutze
der Feuerstille waren hier unsere Gräben
vorzüglich ausgebaut worden. Ueber
diese Wälle, die gegen, Ucbcrraschnngen
sicherten, trug der Ostwind ftöhl'ichc
Musilklänge aus den deutschen Dörfern
zu den Franzosen hinüber. Und der
feindliche Posten sah allmorgr-ndlich ohnr
Gcmütscrregung den Uebungen auf der
' . i
t '
fr j
i v
yt
t
'
j . , . .
rf
,
r '"
. W0t
i
" 7.w
,'- ' '
v -
, tlf"f
Reitbak, , unserer .Offiziere zu. .Im
nahen Peronne, im dortigen Kechelbräu,
stellten die Lina und ihre wackeren Ka
meradinnen 'schäumende Maßkriige auf
die umlagerten Tische, und sie 'obten ihre
Landsmänner, die durch ihre königliche
Ruke den Granetensegcn fern von ihren
Häuptern hielten. Wer in einem der
Lustschlößchen an der Somme wohnte,
in ienen im Frieden um diese Zeit sich
die Herren des britischen Weltreiches mit
ihrem Angelftock und ihren Freundinnen
langweilten, . wurde in die schläfrige
Stimmung' der Landschaft hincingezo
g. Unerreichbar dehnen sich an dem
mit Erlen und Weiden bestandenen
Sumpfufcr der Somme die Schilffelder
'.r.. Tie Schüsse, die hier fielen, schreck
ten nur Entenschwärme auf. Als dann
die hohen Kriegsräte in London und
Paris just an dieser Stelle der Karte
den dicken Strich zogen, der die Schluß
abrechnung bringen sollte, schreckte sie der
starke Ausbau unserer Somme-Stellun
gen nicht. Man hatte die Tampswa'ze
der schweren Geschütze bereit und schickte
die Artilleristen als Pflasterer vor, den
Sturmkolonnen den Weg zu ebnen. Die
Vernichtungsmut maß sich die Kraft
eines Erdbebens zu. Mit Millionen
feuergefüllter, giftgeladener Flüche wurde
der Landstrich ausgebrannt. Ueber die
arglos verträumte Landschaft, über die
von französischen Familien bewohnten,
wohlgepslcgten Dörfer, über die Angler
schlößchen. d?s allerliebste Landftädtchen
jungen Menschen, der nach unsäglichen
Mühen und Gefahren noch im Lichte
atmet. Machen sich an den rumänischen
Kisten und Kasten zu schassen, aus de
ven Fleischtonserven ,und Zuckcrsäcke und
aufgestapelte Zwiebackbündel nur so
herousrollen. Erzählen von ihrem oben
teuerlichen Marsch durch die Berge, über
die Kämme in den Rücken den Feindes
hinein. Von den heißen Kämpfen mit
d.en über den Paß Flüchtenden, die sich
verzweifelt wehrten. Von den Streifzii
gen. in denen sie oben im Gebirge noch,
jetzt unaufhörlich auf versprengte Ru
mänen pllrfchcn. Denn immer och Irren
da oben Einzelne und Gruppen umher,
die durch die Wildnis entkommen möch
ten. Es knattert und schollert durch daS
Tal, aus dem Dickicht, von den Höhen.
Da wir weiter vorwärts marschieren,
klatscht es ein paar Mckl hinter uns auf
die Straße. Woher kommen die SchüsseZ
Von versteckten Feinden? Oder von su
chenden deutschen Patrouillen? Aber es
ist nichts zu sehen. Die Berge bleiben
verschwiegen und glänzen weiter in der
Herbstsonne.
Nun sind wir an der Grenze. TaS
blau-gelb-rot getünchte Gatter des Zoll
Wächters steht offen. Wir schreiten hin
durch, und in der Birkenlaube de
Wächters machen wir Frllhstücksrast
auf rumänischem Boden. Ringsum knat
tert und schollert es weiter. Im Süden,
in den Bergen, wohin sich die Bayern
schon vorgeschoben haben, brummt Ar
tillcriegrollen herüber. Noch immer sucht
der Rumäne sich dort wenigstens zu
wehren, den Unlern die Freude des Sie
aeS zu stören. Es hilft ihm nichts mehr
Was verlor, bleibt ihm verloren. Die
blau-gelb-rote Fahnenstange neben un,
ferer Bir'enlaul und das Wappen am
Zollwächterhaus sagen uns genug. Der,
Feind ist geschlagen, vertrieben, zenüt,'
tes, und ans tausend Wunden blutend
über die Grenzt gejagt.
N. Tammert.
Peronne ' und ' fein feuchtfröhliches
Bayern stübchm ging aut heiterem Hirn
mcl plötzlich ein Eisen und Schmcfclre
gen llicdcr.
In den unterirdischen Gängen und
Gruben in denen die Geschähe unsichtvar
von außen, gedeckt gegen Füegeraugcn.
eingebaut sind, lehnen die Kononieu ruß
geschwärzt und übcrnächtigk an den
Wänden. Sie jagen Tag und Nacht die
Geschosse ans den Rohren. Aber es ist
ein ungleicher Kampf. Tie Engländer
setzen aus tausend Scblünden aus jeden
Quadratmeter des meilenweiten Gelän
des einen Schuß, und zur Sicherheit noch
einen zweiten und dritten darauf. Noch
ist nicht sicher, ob sie auch mit Infanterie
hier angreifen. Wenn sie) c! tun, und
unsere Schiitzenmauer dorne siillt, sind
die Geschütze verloren. E- ist unmöglich,
sie aus der Stellung hcrau.zuschasfen.
es ist undenkbar, Pferde ud Mannsälaf
ten heil durch das S Serrf,uer zu brin
gen auf ein paar Gesckmye kommt es
nicht an . es ist ihre Pflicht, bis z
ktzt auszuharren und, solange das Rohr
noch hält und ein Kanonier am Leben
ist, dem Feinde den Weg zu verwehren.
Ruhelos schießen die verräterischen Feuer
strahlen aus der Erde, und die seindlicben
Flieger melden ihrer Artillerie den
Standort unserer Geschütze. Nun wer
de sie von englischen Granaten "kinge
kesselt. Tie Einschläge kommen immer
i
f
V- '
i -
- ', . vi
'"t&ziJ ; 'W' -Rv-
x: ' : . . r v :r
. ' - .'' , j
, . 3 -iss.
isS
,
H
v - '
X ;"
,
-. 4'if
$ . "
, ' .
' Kämpft an drr Lsmme.
n!!hn.i,Sie fühöen eirZr Nmzklreihen
tanz umdic tWdia sich xchrmdcn Bat-
tcrien. Der Führer Hauptmann R.,
nimmt den Hörer, um Zu fragen, wie cs
vorne steht. Die Leitung ist "taub. Er
ruft beim Artillerielommandeur an.
Der Draht ist gleichfalls zerrissen. Er
von dem einen Gedanken beherrscht, bis
zuletzt zu schießen, und noch rechtzeitig
seine treuen eisernen KriegNameraden
durch Zerstörung vor Ultrene Zu bewab
ren. Wer am Geschii entbehrlich ist.
gräbt sich draußen ein. um den anstür
menden Feind so lange .aufzuhalten, bis
die Sprengpatrone ihxe Arbeit getan
haben. i-' r
.. Es bedarf keines Befchletj mehr. Mit
den letzten Kräften erfüllt jeder sein
Amt. Hunger und Durst sind unbe
kannte Begriffe. Wenn die Sinne zu
schwinden beginnen, hilft die Flasche des
Hauptmanns wieder in die Höhe. Es
sind durchweg schlesische Bergleute, siam
mige Bären, mit einem Kindergesicht,
in dem die Seele offen ausgebreitet ist.
Der Oberlcutnan' W. holt sein Gram
mophon herbei. Es spielt das Berg
mannslied Gluck aus' und die Kanonen
schießen Salut dazu. Taö Lied ihres
Lebens rauschte auf den Fittichen dcZ
Todes durch ihre von schlagenden Wet
tern umtobte Grube. Es ist das Hohe,
lied der Gefahr, und es wird den Stolz
und Todcstrotz des Bergmanns in ihnen
lebendig. Sie singen mit leuchtenden
Augen, und im Vollakkord des beruft
frohen Gefühls entschwindet der Lärm
der umtosenden Schlacht., ,
Ein Einschlag in einem Gasgranaten
depot setzt eine Batterie unter Gas. Bald
darauf fliegt bei einer Nachbarbatterie
die Munitionskammer m die Luft. In
einem Geschützstand rattern die Patro
nen: die Handmunition hat eineit Tref
f bekommen. Nebenan gerät der un
terirdifche Holzbau in Brand. Das da
rin aufgestellte Geschütz wird aus den
Flammen gezogen und im Freien weiter
benützt. Die feiMiche Flieger leiten
durch Leuchtkugeln das Feuer darauf.
Sie schießen aus der Höht mit ihren
Maschinengewehren auf die zum Teil mit
Brandmunden bedeckte Bedienungs
mannschaften. Noch immer fetze sich
die deutschen Batterien zur Wehr. Der
Feind versucht e! daher .mit dem Aus
steht allein in dieser grausigen Welt, nur
räuchern. Auf eine einzige Batterie wer
den in der Minute 80 Gasgeschosse der,
feuert, zur Vervollständigung der Wir.
kung werden in der gleichen Zeit auf
dasselbe Ziel 8 Feldgeschosse gelegt.
Die Masken werden überstülpt, aber die
Augengläser sind binnen kurzem von den
blauen Wolken beschlagen. Keiner sieht
den andern, und der Lärm der Erplosio
nen erstickt die Stimme. Durch die eige
neu Ab chiisse wird der Geschützraum
allmählich frei. Der Feuerregen dauert
fort. Gegenüber einer Batterie stehen
elf feindliche Fesselballons, dit den Gra
naten ihre zielsichere Richtung geben. In
einer Ecke liegt ein Vizeseldwebel ein
junger, heiterer, lieber Mensch. Seine
Blicke sind im' Erlöschen und umfangen
in scheidender Zärtlichkeit das mitfühlend
treue Kameradengcsich' bei Hauptmanns,
der vor Ihm kniet. Heute feiern meine
Eltern ihre Hochzeitstag . . . Jetzt sitzen
,.e zu Hause bei Kasfee und Kuchen . . .
und denken vielleicht an mich . . . Grüßen
Sie sie von mir . .
. Ein Posten meldet, daß die Engländer
in Schwarmlin anlsmme. Sie sind
bereits beim ersten Geschütz, to die Ka.
noniere tot oder verwundet sind. Ein
Leutnant eilt in, bclviift die Eindrlng
linge mit Handgranaten und nimmt den
Verschluß und die Richtmittel weg. In
einem nahen Gehölz haben sich zwei eng
lisckie Maschinengewehre eingenistet. Tg
ihnen andkkZ nicht beizukommen ist, wird
ein Geschütz au der Deckung geigen
und im offenen Felde gegen sie in Tätig
seit gesetzt. Es kann nicht ausbleiben,
dcß ein vcschiitz nach dem anderen vcr
stummt. Ist es durch feindliches Feuer
nicht völlig unbrauchbar, so wird ihm
durch Sprengung der Gnadenschuß gege
ten. Sckiließ'ich ist Im ganzen Tioi
sionsabschnitt nur noch eine Fckdka
none vcrnekmbar. Ihre schwache, pro,
testierende Stimme kann den anbranden,
den Massensturm nicht mehr aufhalten.
Nachdem das letzte Geschütz durch eigene
Zerstörung zertrümmert ist, bringt der
Hauptmaun die heil gebliebenen Kano.
nicre in langsamem Zurückweichen von
Triller zu Trichter in die zweite Linie
in Sicherheit.
Die verlorenen Geschütze haben ihre
Pfliebt voll erfüllt, mehr als man je von
ibnen erwarten konnte. Sie haben ge
gen eine fast hundertfache Uebermachi
den Find, der öen vordersten Graben
überrannt hatte, tagelang aufgehalten
und damit ein Hauptnerdienst daran,
daß der Turchlruch mißlang. Obwohl
dem Feinde nur angekohlte Lafetten und
Eisenkkumren übrig blieben, macht der
Batiericführer mit Freiwilligen zwct
Nackte hindurch Vorstöße, um dem
Feinde auch diele Ucberr,ste wegznneh
men, damit er sich nicht dieser Beute zu
rühmen mag. Er hängt in seinem Pflicht
getreuen Ge'ühl an jedem Stück Eien,
; .
, V i-"
-1 ' ',.,,,, "
' ' ...., . ,,,
- 1.,, ' v ,
"
, r.r.y V -
btä ihm anvertraut wurde, und bettelt
bei der Infanterie um Unterstützung für
feine Rückerokrungszüge. Er muß sich
zufrieden geben, da man für das wert
lose Metall nicht unnütz Blut opfern
will. In wenigen Tagen sind nagelneue
Batterien zur Stelle.
Tie Feinde mögen sich daran berau
schen. Geschütze erbeutet zu haben. Man
wird sich aber hüten, die Trümmer die
ser Trophäen durch dit Straßen von
Paris oder London zu führen. Sie er
zählen mehr von dem Heldentum der Be.
siegten als dem der Eroberer.
NusVr. KarkJ'eters'clk0en
Dr. Karl Peters vollendete am 27.
September in Harzburg, wohin er sich
seit seiner Rückkehr aus England zurück
gezogen, in guter Gesundheit sein k.
Lebensjahr. An seinem Lebensabend
schweigt der Haß, der ihn, wie wenig
andere deutsche Politiker, durch Jahr
zehnte umtobt, und seine großen Ver
dicnste um das Reich wie feine geistige
Bedeutung werden allgemeiner anerkannt,
als es vor zehn Jahren noch möglich
schien. Der Name Karl Prtcrs ist mit
der Erwerbung der besten, zukunftreich'
sie Kolonie Ostafrika unlösbar und
ruhmvoll verknüpft, er ist aber auch ver
bunden mit einem der trübsten Kapitel
deutschen Parteihasscs und wüster, be
schämender Prehhetze. an der teilgenom
men zu haben sich jetzt viele der damals
führenden Blätter schämen werden.
Nachdem Peters 1884 bis 188? die Er
Werbung Deutsch-Ostafkikas für das
Reich eingeleitet. '1885 die Teutsch.Ost
afrikanische Gesellschaft begründet. 1887
die Abtretung der ostafrikanischen Küste
vom Sultan von Sansibar durch Ver
trog erreicht und 1S&') 1890 die Emin
Pascha. Expedition geführt hatte, wurde
er 18S1 zum Reichskommissar für
Deutsch-Ostafrika ernannt, mußte aber
März 1806 seine Entlassung aus dem
Kolonialdienft in folge deö von der
Sozialdemokratie geführten Sturmes
im Reichstag nehmen. Erst 9 Jahre nach
dem Urteile des Disziplinarhoses, der
gegen den Reichskommissar auf Verlust
dieses Titels erkannt hatte, hat der
Kaiser die Rechtsfolgen de Erkenntnisses
In bezug auf den Verlust des Titels auf
gehoben, so daß Tr. PetreS sich heute
wieder als Reichskommissar a. D. be
zeichnen darf. Eine Pension konnte ihm
dagegen nicht bewilligt werden, wohl
aber gewährte der Kaiser dem verdienten
Kolonialpolitiker ein Ruhegehalt auS
dem Allerhöchsten Dispositionsfonds.
Erst kurz nach Ausbruch bei Kriege?
wurde ihm, dank der Bemühungen seiner
Freunde und deS Staatssekretärs Doktor
Solf, auch die Pension auS Reizmitteln
wieder zuerkannt und so das frühere
Unrecht wenigstens teilweise wieder gut
gemacht. .
Schwer hat Karl Peterk seinerzeit in
den Jahren seines ExilS gelitten, und
feine Feinde und ihre gedankenkosen
Mitläufer haben den Triumph gehabt,
eine der stärksten Energie Deutschland,
die der nationale Politik außerordent
lich wertvolle Dienste hätte Kisten kön
nen, jahrelang ausgeschaltet und geknickt
zu habe. Die von ihnen ausgestreuten
Lügen, daß PeterS Engländer geworden
fei, sind bald alz haltlos erkannt worden.
Wohl hat PeterS gezwungenerweise in
England und sein; Kolonien gewirkt;
tußland erschöpfte Reserven.
Verschickung der Petersburger Bevölkerung. Die 5orgs
um's tägliche Lrot.
In der .Njctsch" vom 0. Oktober sin,
det sich in einem Aussatz rS in de rs
fischen ländliche VerkMnisscn uss ge
naueste bcwandcrten MitrbkiterS K?n.
duruschkm eine hochinteressante Angabe,
die merkwürdigerweise dem Auge de
Zensor entgangen ist. Kon,duruschki
teilt mit. daß in dem Torf Jwancwla
de Busuluksche Kreises (Gouvcrne
ment Samara), da eine ttsamtlxvö!kc
rung von Seelen hat. bis zum
Juli diese JahreS 1 Mann a!S Eol
baten ausgelMn worden sind. Da de
deutet die t r st a u l i ch e H ö h e v o N
I? Prozent der Gesamtbe
völlkrung. Tie Fachleute haben
bisher allgemein 10 Prozent für daS
Mafimum der RekruticrungSmöglichklit
gehalten. Ta es sich in dem erwäbnten
Fall osfenbar um eine durchaus normale
Erscheinung handelt, so liefert diese An
gäbe einen weiteren wertvollen Beweis
dafür, in wie hohem Grade die Men
fchenreservcn Rußland schon jetzt er
schöpft sind.
Die gewaltsame Entfernung sine
Teile der Bcrölkerung PcterLbnrgS be
fchaftigt nach wie bor die russische Regie
rung und Öffentlichkeit aufs lebhafteste.
Diese Maßregel muß bekanntlich ergris
fcn werben, eil der Mangel an Lebens
Mitteln und Heizmaterial die Haupt
siädte unmittelbar mit einer fchweren
Katastrophe bedroht. Ursprünglich hatte
die Regierung im Auge, die Flüchtlinge
auö den besetzten Gebieten, die sich in
Petersburg niedergelassen haben, u ent
fernen. Die fortgesetzten Proteste der
sozialen Organisation haben die Regie
rung zwar noch nicht veranlassen können,
diesen Plan auszugeben, haben sie aber
davon überzeugt, daß diese harte Maß
regel, ihren Zweck nicht ersüilen werde.
Die besondere Negierungskommission, die
diese Frage bearbeitet, ist daher, wie die
neuesten russischen Blätter melden, zu
dem Schluß gekommen, .daß es unver
mcidlich sei, einen Teil der industriellen
Unternehmungen zu evakuieren". Ein
Teil der Kommission, namentlich die
Vertreter de! Handelsministeriums, wie,
sen freilich darauf hin, daß eine solche
Verpflanzung für diele Fairilcn gleich
bedeutend mit Liquidation fei. Lowja
gin. der Direktor des Jndustricdeparle
mentZ im Handelsministerium, lpt er,
klärt, daß das Ministerium nicht die
Initiative in dieser Angelegenheit crZrei
fen konnte, weil sie für die junge In
dustrie Rußlands äußerst traurige Fol
gen haben werde. Das Handelsministe
rium könne die Industrie, die zu psl-gen
es berufen sei, nicht würgen", sei aki
gezwungen, der realen Sachlage Rech
nung zu tragen, da cs unmöglich sei, die
Fabriken mit Heizmaterial unv allen
notwendigen Erzeugnissen zu vcrf?rgcn.
Doch auch diese vcrhangniövollc !v!aß
regcl verspricht offenbar noch nicht den
gewünschten Erfolg. Die erwähnte Kom
Mission berät gegenwärtig iilir denPlan,
die Sckiulen und Hocksckulen Peters
bürg für die Zeit des Krieges zu schlie
ßkN, um Schüler und Studenten von der
Residenz fernzuhalten! In der Presse
wird dieses Projekt als schädlich und
nutzlos leidenschaftlich bekämpft. Tie
Fijetsch" schreibt, daß diese .Ersparnis
on der Bevölkerung" nur jämmerliche
Resultate" ergeben könne. Die Hochschu
lcn seien im Laufe des letzten JahreS
verödet (durch die Einberufungen der
Studenten). Von den Zchniauscnden
von Hocksckülern sei nur noch ein ge
ringer Bruchteil übrig. Was aber die
Mittelschulen betreffe, so seien fast alle
ibre Schüler Kinder von Petersburger
Einwohnern, und wenn man auch die
Schulen schließe, so würden sie deshalb
nicht aufboren, in Petersburg zu
essen. Durch die Schließung der Lehr
onstalten könnte die Petersburger Bevöl
kcrung. die fast drei Millionen beträgt,
höchsten von wenigen Tausend Essern
befreit werden. Dennoch plane man
statt verstärkter Zufuhr von LebenSmit
teln die Ausfuhr der Jugend'.
Auf Grund eine Beschlusse deS Mi
nisteriums hat der Unterrichisminister
die Vorschrift erlassen, daß der Unter
richt w deutscher Sprach für alle Schi,
len deS Reiches verboten fei. Auch die
Privatschulen und die Anstalten der
evangelisch-lutherischen Gemeinden un
terliegen dieser Verordnung. Ausgc
nommin ist davon nur der Religirnsun
terricht für die Kinder, deren Mutter
spräche Teutsch ist. und der Unterricht
in der deutschen Sprach: als Lchrgegen
stand.
Tie Getreidevcrsorgunz de Lande!
und die Regulierung der Gctreidepreise
jedoch fletZ sein Deutschtum mannhaft
vertreten und bekannt. Wenn heute dem
verdienten Kolonialpolitiker, ungestört
von dem verklungenen Hasse seiner
Feinde, der nicht nur ihm, sondern jeder
Bctätigung nationalen Willens gegolten
hat, die Sympathien und der Tank aller
kolonialfreundliche Kreise zufließen, so
fei dieser Dank auch dem politischen
Schriftsteller Karl PeterS. einem der
weitblickendsten, erfahrenste und poli
tisch veranlagtesten Kopfe, die Deutsch
land besitzt, dargebracht. Wenn man auf
sein, Erläuterungen und Abschätzungen
englischer Politik, die er ohne Worein
genommenbcit, aber mit tiefem Verstand
nisse englischen Wesens gab, hätte recht
zeitig höre wollen, wären weite Kreise
deS deutschen Volke? heute weniger
.überrascht".
Wie man auS Hannover berichtet, ist
zu .Ehren Dr. Karl Peter! an feinem
Geburtstage am Pfarrhause in NcuhauS
(Elbe) eine Tafel angebracht worden.
Die Tafel hat die Inschrift: .In diesem
Hause wurde am 27. September 182
Dr. Karl PeterS, der Begründer von
Teutsch.Ostafrika, geboren als Sohn de!
Pastor! Karl Peters und seiner Ehefrau
Elise PeterS. geb. Engel.' Tie Tasel
ist gestiftet von seinen kolsnialpolitischen
Vreur.dk?
erregen die russische öffentliche Meinung
aufs heftigste. Tie .Rjetsch' schrieb
kürzlich: .Alle laufenden politischen
Themata traten i diesen Tagen zurück
kiuter der Frage nach dem täglichen
Brot, hinter der Frage tiach den festen
Preisen für die Erzeugnisse der neuen
Ernte.' Die mächtigen Kreise der rus.
fischen Großgrundbesitzer setzen alleS da
ran. um eine deutende Erhöhung der
festen Getreidepreisc durchzusetzen und zu
verKindern, daß diese festen -Preise, die
bisher nur sür die Einkäuse der Regie
rung bestanden, auch auf den privaten
Handel ausgedehnt werden, in dem sie
och höhere Satze zu erziele hoffen.
Darum geht der Kampf. Die Verab
fchiedung de! angesehenen Landwirt
jckiaftsmiiiiflciS Naumow wird allgemein
darauf zurückgisührt. daß er sich den
Wünschen der Agrarier nicht gcfüziz
zeiate, während sein Nachfolger, Gras A.
A. Bobrinsti. der selbst einer der größten
Grundbesitzii Rußlands ist, mit ihnen
deutlich sympathisiert. Eben hat eine
Kommission der Bevollmächtigien de
Landmiilschaslsmiiiisteriums für den
Getreidecinkaus in Petersburg getagt und
sich für eine weitere Erhöhung der Ge
trcidcpreise ausgesprochen, die zwischen
40 und ti0 Prozent schwankt. Tie be
sondere 2erpslegnngk!ommission der Rc
giernng hat sich diesem Votum im we
scntlichen angeschlossen. Auch scharf
äußert sich hierzu ein Scparatvotum,
das von de Vertretern deS städtischen
und landschastlichen Verbandes in der
bcfondcnn VlipflegungsKommission"
der Regierung otgegeln worden ist.
Tort lißt eS wörtlich, daß die gcptante
Erhöhung der Getreidepreisc unmotiviert
sei, d.'.ß sie C0 Millioncn Konsumenten
mit uinniitelbarer Notlage bedrohe, daß
sie eine allgemeine Preissteigerung und
damit eine neue ungeheuerliche Erhöhung
der staatlichen Aufgaben, neue kolossale
Emissionen von Papiergeld und eine Zcr
rüttung des GeldvekkcbreS nach sich zie
hen würde. Sie müsse daber zur TcS
organisation des LandrS führen und ei
nen schweren Einfluß auf die Landesver
teidigung ausüben.
Inzwischen ist in einer Reihe russischer
Städte ein? Brolknapphcit eingetreten,
die der Bevölkerung Grund zu lebhafter
Beunruhigung und zu mehr oder wcni
aer beftigen Tumulten gegeben hat. ES
fehlt an' Mehl und die Bäcker müssen
ibre Arbeit einschränkn oder einstellen.
Die russischen Blätter erklären diese Er
sckciniing dadurch, daß die Gctreidcvor
räte in Erroartung der Preiserhöhung
au& spekulativen Zwecken zurückgehalten
werden. Der Siadthauptman von
Molkau hat sich gezwungen gesehen, ei
nen Erlaß an daS Volk zu richten, in
dem es heißt: .In letzter Zeit macht sich
eine Periingerung der Brctvcrforgung
bemerkbar. Die Bivölkerung äußert bis
wcilcn offen und scharf ihre Unzufrie
denhcit.' Weiter werden eine Reihe von
Ursack-en des Mangels ongesiihrt unv
das Volk damit vertröstet, daß er. der
Stadthauptmaim. die Mchllicferungcn
fördern und die normale Produktion
bald wiederhergestellt sein werde. Da
her können keinerlei Austritte, die die
öffentliche Ruhe und Ordnung stören,
geduldet werden." Ferner wird das Volk
unter dem Hinweis auf die patriotischen
Pflichten dieser schweren Zeit und die
Erfolge der russischen Heere zur Geduld
und zum Ausharren ermähnt.'
Französijcher Katzgejang
Im Pariser .Figaro' vom 18. Sep
tember setzt Emil Bergerac auseinander,
daß der ewige Haß der VerbandsvöUer
niemals nachlassen werde, die Thcore
tiker der Brüderlichkeit sollten daS be
greifen und sich kein neues Europa nach
ihrem Evangelium träumen,
Tie Tage des Hasses seien gekommen,
seine Herrschaft beginne jetzt. WaS auch
komme. Deutschland werde nie wieder
in den Verein der zivilisierten Volker
aufgenommen werden. Und wenn selbst
Lateiner und Slaven in atavistischer
Großmut, des Hasses müde, in dem
Teutschen wieder eine Menschen sehen
sollten, so bleibe England unversöhn
lich. Tie albernen Tröpfe in Berlin
wüßten ja gar nicht, was sie mit ihrem
Luftkrieg gegen England angerichtet
hätten, sie .verständen weder seine Ge
schichte noch Shakespeare. England be
sitze nicht da Schwert, dek Brennen,
aber es könne das Meer, also dreiviertel
der Welt, in die Wagschalc werfen.
Sich mit einer solchen Macht einzu
lassen, daS fei. als wenn man den At
la mit einer Nadel durchbohren wollte,
aber wen man gar englisch: Frauen
und Kinder töte, fo sei jedes Mitleid
ausgeschlossen. Sollten die Söhne
Eromwclls zuerst über den Rhein kom
men, so feien die deutschen Mütter zu
bedauern. Der Engländer verstehe ,u
hassen und könne es im Notsall ein
Jahrhundert lang. Er besitze die Mit
tel dazu. Wenn also heute noch Vater
'landslose Doktrinäre von Versöhnung
nach dem Kriege träumte.' so sollte ih
nen der tote Jaurös die Augen öffnen
und daS .Laßt die Hoffnung hinter
euch' von der Höllenpforte zurufen,
denn jetzt fei die Aera bei Hasse ge
köMikikN,
Hierzu schreibt die Tägliche Rund. .
schau': Daß ein Franzose uS vor,
wirst, daß wir Deutschen den englischen
Shakespeare nicht verstehen, ist eine
Icherzhaftigkeit für sich. Shakespeare.','
zu dem die Gallier nie ei Verhältnis
hatten noch haben werden können:
Shakespeare, der den Engländern nicht
halb so vertraut ist all uns; Shake
fpeare. der sozusagen ein naturalisierter
Teutscher geworden ist. Nun. Scherz
muh fein.
Höflichkeit ist der Wunfch nach hi?f
ltcher Begegnung und dem Namen eineS
gebildeten Manne. -