Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, February 11, 1915, Image 3

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Die AamevadZn.
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(13. Fortsetzung.)
Elfte, Napittk.
Vierzchn Tage später siifien !J!e
hlna, ötichurd nd Dr. Rüst an ei
nein sommerlich warmen Spät nach
initfage auf der Terrasse del Glitsch
Hotel in Luzern. Auf SieginnS
Wunsch hatte Tr. Rüst den Kranken,
der sich wieder wohler fühlte, zu der
Uederlieolung nach dein Vkrimilb
statt See zu bestimmen o.iüufjt, oh
ne den wahren Grund anzugeben.
Tie drei waren zurzeit die einzigen
Gäste einer bescheidenen Pension in
WcggiZ, die erst bor einigen Tagen
aui dem Winterschlaf erwachend, ihre
Pjcrten wieder geöffnet hatte.
Tr. Nüst, auf der Heimreise begrif
fen, nahm freudig die günstige Ge
legenheit wahr, noch kurze Zeit mit
den Freunden in der Schweiz zu ver
weilen, ' bevor er sich endgültig von
ihnen trennen munte.
Da feine Vertretung in Läusanne
erledigt war, so stand er vor der im
vbweiZbaren ?!otwendigkeit, einen
neuen Wirkungskreis zu suchen. Doch
von Woche zu Woche verschob er den
Abschied, der ihm so unendlich schwer
erschien.
Noch immer hoffte er auf eine gün
stige SchiZsalZweiidung, die ihm ein
dauerndes Zusammensein mit Regina
ermöglichen konnte. Tue war er sich
über seine Gefühle für sie so klar ge
worden wie in den letzten Wochen, da
daS Gespenst der Einsamkeit immer
deutlicher vor ihm aufstieg und dro
bend seine Arme nach ihm ausstreckte.
Mit heimlichem Grauen dachte " er
daran. Regina mit Richard allein zu
lassen, dessen Leiden, trotz der schein
baren Besserung, stetig fortschritt und
langsam an der Auflosung des ge
schwächten, Körpers arbeitete.
Heiß war der Wunsch deS ArzteS,
bei ihnen zu bleiben, die seiner nur
schwer entraien konnten. Er bot al
lei auf. um in der Nähe von Luzern
eine besoldete Stelle zu erhalten.
Tenn auf Privatprazis konnte er
nicht spekulieren, dazu waren der an
sässigen Kollegen zu viele, und die
Geldfrage heischte eine rasche Losung.
Wenn sich ihm nicht bald etwas Pas
sendes bot, mußte er' nach Berlin, der
Zentrale aller Arbeitsuchenden, zu
rückkehren, um dort seine Berbindun
gen auszunutzen. f
Diese Gedanken quälten ihn wie
der, als er auf die Leuchtstadt, die
von den letzten Strahlen der sinken
den Abendsonne in goldiges Licht ge
taucht war. hinabsah. Sie waren al
lein auf der Terrasse und genossen
in andachtsvollem Schweigen das
prächtige Lichterspiel.
In der Ferne dehnte sich nach' den
vier Himmelsrichtungen die silber
flimmernd, Wasserfläche des Sees.,
Rauschend stürzten die blitzenden
Wellen der Reuszfluten durch die
pfeilergestützten Bogen der prächtigen
Kaibrücke, unter deren Schutz sich
Fluß und See vermählten. Bon ei
nem Kranze schützender Berge umge
den, schmiegten die Gebäude Luzerns
sich on die Ufer dieses Ausgangs
Punktes des SeeZ.
Die scheidenden Sonnenstrahlen
blitzten und flimmerten.' Kosend um
schmeichelten sie die hohen, spitzen
Türme der Hofkirche, glitten allmäh
lich weiter, spiegelten sich in den
KristaUscheiben der Hotelfenster, klet
terten wieder hinauf und überhauch
ten die wuchtigen, alten Türme der
Musegg. der ehrwürdigen Stadt
mauer, mit einem Schimmer Jugend
licher Wärme, huschten über die mor
ich, holzgedeckte Speuerbrücke, über
den Massiren, sechseckigen Wasser
türm, der mitten im Flußlauf wie ein
trutziger Wächter aufragt, hinweg
gleitend, warfen die blitzenden Stralz
len malerische Nefleze über die mäch
tige Kuppel, die den stolzen Nenais
sancebau deS Bahnhofs krönt. Nun
tummelten sie sich geschäftig weiter,
erleuchteten noch einmal die Umrisse
bei Pilatus, grüßten sein breitspuri
ges Gegenüber, den Rigi, und eilten
rastlos von einer Bergspitze zur Zn
deren, über den Bürgenstock zum
Stanzerhorn, überhauchten wie mit
Nosenschimmer die schneebedeckten
Häupter des Uristock und Buchser
Horn und verschwanden endlich zuk
kend hinter dem gewaltigen Felskegel,
lit, den Urnersee begrenzend, seine
Mitbrüder, all die Berge des Vier
waldsiätter Sees, weit überragt.
" Sekundenlang überflammte i glü
hende Lohe den Horizont, um schließ
lich einem kurzen Farbenspiel in vio
leiten Tönen zu weichen, dann senkten
sich die Abcndschattcn hernieder und
die tausend Lichter der Stadt funkel
ten.
Lautlos hatten die einsamen Gäste
dem zauberischen Schauspiel des
Sonnenunterganges zugesehn, jeder
hing seinen Träumen nach, sie zu
Wünschen formend, sie hoffnungs
freudig dem Schoße der Zukunft an
vertrauend, von den kommenden
Tagen ihre Verwirklichung erwartend.
So stark waren die drei mit Natur
und Innenleben beschäftigt, daß sie
lfrt nähere Umgebung gänzlich un:
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Julius Knopf.
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.beachtet ließen. Erst als ein hnter
tSchritt dicht neben ihnen die lautlose
C.Hllr mifcliWnN linffrhrslifl. wand.
ten sie sich wie auf Befehl und in der
gleichen Sekunde nach dein Stören
sried um.
. Ta stand, wie auS dem Boden ge
wachsen, Oberst von Linker vor ihnen
und begrüßte seine Richte mit ironi
schern Lächeln, die Herren vorerst vol
iig ignorierend.
Abend, meine Lieb:. Also
hier findet man den flüchtigen Fal
.
Regina, von jähem Schreck erblaßt,
mühte sich vergebens, unbefangen den
Gruß des Obersten zu erwidern, rn
dem sie den alten Herrn mit einer
leichten Handbewegunq zum Nieder
sitzen einlud. Ihre Stimme zitterte
leicht, als sie die Herren einander
vorstellte. i 'Als Sendenö Name' an
das Obersten Ohr schlug, kniff er die
schwimmenden Augen zusammen, und
blinzelte den Schriftsteller durch die
schmalen Liderosfnungen hochmuß
an.
.Senden, ach den Namen muß
ich doch irgendwo fchon gehört ha
ben."
Er schien nachzusinnen, während
die drei in fröstelndem Schweigen
verharrten. Gleich darauf fuhr der
Oberst in nachlässigem Tone fort:
,Hm, ja, so war 3, und sich an Re
gina wendend: Wenn ich nicht ir
re. sprach Dein Bruder Rolf gilegent
lich von einem Herrn Senden, mit
dem Tu mal zusammen so 'ne Sache
geschrieben haben sollst, stimmt dass
Er zwirbelte die gewichsten Enden
seines gesarbten Schnurrbartes durch
die kurzen Finger in sichtlicher Be
friedigung über die Berlegenhcit der
Nichte, die in zögernder Bestätigung
langsam daS Haupt neigte.
Senden suchte der geliebten Frau
mrt einer Erklärung zu Hilfe zu kom
men. um des Obersten Interesse vom
Persönlichen auf daS Sachliche ob
zulenken:
Ganz recht. Herr Oberst. Ihre
Fkau Nichte, die, wie Sie wissen, sich
schriftstellerisch betätigt, wandte sich
seinerzeit betreffs einer Novelle an
mich, um die Arbeit vorteilhaft zu
verwerten. Ich machte den Vorschlag,
einige Aenderungen an der inhaltlich
wertvollen Arbeit vornehmen zu dür
fen. Ihre Frau Nichte i wollte das
nur unter der Bedingung gestatten,
daß ich finanziell daran partizipierte.
In übergroßer Bescheidenheit nannte
die Autorin darauf mich als Mitar
beiter der erfolgreichen Erzählung.
So entstand die Mär von der ge
meinsamen Arbeitsleistung."
Senden hielt erschöpft inne, die
kurze Ausführung hatte ihn offenbar
hart angeitrengt. Dazu kam die Er
regung über das plötzliche Auftau
chen des Rivalen. Er war bleich ge
worden und schloß erschöpft die Au
gen. . .
.So. so, das hatte Teme bruder
liche Liebe etwas anders dargestellt,"
wandte sich der Oberst wieder an Re
gina. Sie fragte nur mechanisch:
Inwiefern? wahrend ihre besorg.
ten Blicke euf dem eingefallenen Ant
litz Richards hafteten.
Da strich ein kühler Lufthauch
über die bereits im Abenddämmer
schatten liegende Terrasse. Ein Frö
stein ergriff die späten Gäste. Regina
erhob sich schnell. Die anderen folg.
ten rhrem Beispiele. Man fuhr ge
meinsam mit der fast spiclzeugarti
gen kleinen Zahnradbahn den in
scharfem Winkel abfallenden Schacht
hinunter.
Wenige Minuten spater durch.
schritten die vier die belebten Straßen
der Stadt. Der Oberst hielt sich an
der Seite seiner Nichte. Er redete
eifrig auf sie ein, unbekümmert um
die beiden Herren, die rhnen folgten.
Regina hatte dem Obersten auf sei
ne Frage kurz bedeutet, daß sie in ih
rer bescheidenen Pension zu bleiben
gedenke und auf seine Bitten, doch
für die Dauer seiner Anwesenheit in
ein Luzerner Hotel überzusiedeln, mit
tu abweisenden Bemerkung geant
wortet: ' . . . . .
. Ich habe mich daran gewöhnt, mit
meinem Budget hauszuhalten und ge
denke meinen Reisesonds in keinem
Falle zu überschreiten."
Kindskopf, 'Du mach t Dir das
Leben wirklich unnütz schwer," suchte
er sie zu begütigen. Aber er konnte
trog seines starken Berlangens, 'sie
noch für sich zu gewinnen, die Frage
nicht unterdrücken: Herzchen, sag
mal, wag hast Du Dir denn für
merkwürdige Reifegcnossen ausge
sucht? Scheinen ja beide arme
Schlucker zu sein, die nur in billigen
Schweizerpensionen vegetieren .kön
nen. Sorg' doch, daß Du die Leut
chen los wirst, bedarfst jetzt ihrer Be
gleitung wohl kaum mehr. Ich 'be
greife ja, für Scheuklappen gegen das
Gespenst der Langeweile verwendet
man auf Reisen das unglaublichste
Material. Indessen..."
.Indessen. Onkel." .unterbrach ihn
Regina hrt und in ihrem Ton strit
ten Empörung und Zorn miteinan
d. .indessen sprichst Du von zwei
Menschen, die in vollem Maße meine
Achtung und nie! Bertrauen genle
ßen, mit denen zusammen zu sein mir
eine Freude bedeutet. Ich denke, Tu
beLreilst.
,Taß Tu noch immer eine oppo
sltlonlustiqe, kleine Here bist, die ket
nen Scherz versteht." Er hatte, sein
aus steigende Wut gewaltsam verber
gend, die letzten Worte unter lüiist
lichern Lacben halblaut herausgcsto
ßen. Tenn die Bootsflation zur
Uebersahrt nach Weggiö war erreicht,
und die nachfolgenden beiden Herren
konnten ihn bereits Version.
Mit erzwungener Höflichkeit ver
abschiedet er sich, und kehrte in
übelster Laune in sein Hotel zurück.
innerlich sest entschlossen, die Gefahr
fn Reginas aus dem Felde zu fchla
gcn. Er war sich zwar Nicht klar
darüber, wie das zu geschehn habe.
hoffte aber aus eine günstige Gelegen,
heit zur Aussührung seines Plane!
Mit der ganzen Zähigkeit des veclan
genden Alters, daS weibliche Jugend
und Schönheit für den Rest des Le
öenS an sich fesseln will, klammerte
er sich an den fast zur fixen Idee ge
wordenen Entschluß, Regina zu ero
bern, sie wenn es sein mußte
zu zwingen, seine Frau zu werben.
Nachdem er einige Tage aus ein
zufälliges Zusammenlief rn mit sei
ner Nichte gewartet hatte, doch weder
ihr, noch einem rhrer Gefährten be
gegnet war, machte er kurzerhand
seiner Nichte emcn Besuch.
AIS er in der Pension seine Karte
abgegeben hatte, erschien zu seiner
peinlichen Verwunderung statt Regi
nas Dr. Rüst im Empfangszimmer,
zum Ausgehen bereit.
.Frau Malten ist bereits seit ei
ner Stunde abwesend, Herr Oberst,',
erklärte der Arzt und strebte mit
flüchtigem Gruß on dem alten Herrn
vorbei, dem Ausgang zu.
.Auf ein Wort, Herr Doktor, falls
Sie nicht sehr pressiert sind," rief ihm
der Oberst zu.
.Ich habe zwar einen Besuch vor,
stehe aber gern zu Diensten." Er
legte Hur und Handschuhe beiseite
und setzte sich dem Oberst gegenüber
auf einen Baslsessel. .Sie wün
sehen meinen ärztlichen Rat, Herr
Oberst?" fragte er arglistig und er
weidete sich insgeheim an dem of,en
baren Unbehagen des alten Herrn
Diesem zudringlichen Freier wollte er
einen deutlichen Wink gehen, von Re
gina zu lassen, denn er kannte ihre
Meinung über ihn.
Sekundenlang saßen sich die beiden
schwelgend gegenüber. Der Oberst
strich sich ein paar Mal mit der flei
schigen Rechten über das kurz grscho
rene Haupthaar, ehe er die Frage des
Arztes beantwortete, dann kam es in
abgerissenen Sätzen, stockend, über
seine Lippen:
.Es handelt sify nicht um mich,
Herr Doktor, der ich' ganz gesund bin,
sondern ich möchte Sie betreffs mei
ner Nichte sprechen, die, wie Sie be
merkt haben werden, stark zur Hü
fterie neiat. Als Oberhaupt der
Familie sehe ich mich veranlaßt, die
eigensinnige junge Dame, wenn auch
ohne ihre Zustimmung, so viel wie
irgend möglich zu schützen. Leider ist
das nicht ganz leicht, da Frau Mal
ten etwas extravagante Ansichten über
die Bewegungsfreiheit einer jungen
Frau hat. Sie übersieht dabei, daß
jedes' weibliche Wesen, solange es den
Anspruch erhebt, als Dame respe!
tiert zu werden, sich nicht zu weit von
dem Schutzgebiet der Verwandtschaft
entfernen darf, besonders nicht dann,
wenn dieser Schutz ihr nützlich, ja,
notwendig ist. Sie verstehen mich
recht. Herr Doktor, ich spreche im In
teresse unserer Familie."
Der Arzt verstand allerdings den
verborgenen Sinn dieser, anscheinend
so wohlwollenden Ausführungen und
verhielt sich daher zunächst ruhig und
abwartend.
Da kein Einwand erfolgte, fuhr
der Oberst lebhafter fort:
.Sehen Sie. Herr Doktor, da reist
das Kindchen " er brauchte unbe
wußt, gewohnheitsmäßig sein belieb
tes Diminutiv .da reist dieses
Kindchen," wiederholte er, .nun be
reits seit einem halben Jahr in der
Welt umher.- Niemand erfährt, wo
es steckt. ES könnte ihr ein Un
glück zustoßen, und man hört nichts
davon, i, Man ängstigt sich und
forscht dann erfährt man gar, dag
sie einem Lungenkranken ' in ihrer
überschwanglichen Art Samariter
dienste leistet. DaS geht denn doch
zu weit! Solcher Gefühlsduselei
muß ein Riegel vorgeschoben werden.
Das 'Kind setzt Ruf und Gesundheit
in geradezu frevelhafter Weise aufs
Spiel. Dagegen muß etwas' gesche
hen., Sie als Arzt werden mir das
bestätigen." - '
Der Oberst atmete erleichtert auf,
nun er feiner Meinung über die Af
färe Ausdruck gegeben. Nicht ohne
Grund hoffte er an Nüst einen Bun
desgenossen gegen den verhaßten Sen
den zu finden. 'Denn mit der Mi.
ttrung der Eifersucht hatte er wahr
genommen, daß auch der Arzt Re
gina gegenüber, nicht gleichgültig emp
and.
(Fortsetzung folgt.)
Die t r st e n d e u t s ch t n Ar
tillcristen waren die Ritter von
Krusberg und von Spilienberg. die
1331 aus einer .Basa" schössen.
mr immn.
Jiolt..t tot Paul NisciilMm.
.Herrn (fmile Laroä,e.
Sehr geehrter Herr!
Zwischen meinen, V.iterland und
dem Ihrigen ist seit gestern Krieg.
Sie werden dezreisen, daß ich in
meiner exponierten Siellunz all Ti
testet einer deutschen Sprengstoff'
sabrik oui' dieser Veränderung der
Dinge gewisse Konsequenzen ziehen
muß. ES geht nicht ciut an, Hm
Laroche, daß Sie, IS Franzose, wei
ter in meinem Hause derkchren. Ihu
über hinaus muß ich Sie bitten, alle
Beziehungen, die etwa zwischen Ih
nen und meiner Tochter bestanden ha
ten, von heute an als gebrochen
betrachten zu wollen. Ja, ich erwar.
te von Ihrer Ehrenhastigkeit, diiß
Sie jede Gelegenheit vermeiden wer
den, mit meiner Tochter zusammenzu
treffen. Meine Tochter habe ich von
diesem Brief in Kenntnis gesetzt. Ich
ledaure, daß die politischen Ereignisse
unserer Bekanntschaft in so jäh
Weise ein Ende gemacht haben, aber
ich siehe auf dem Standpunkt der
wohl auch der Ihrige ist daß das
Wohl des einzelnen zurückzutreten hat
vor den Interessen des Vaterlandes.
Ich bin
mit ausgezeichneter
Hochachtung
Hermann Mackenrodt."
Ter junge Franzose las den Brief
kopfschüttelnd und mit grimmigein
Gesicht. Dann schleuderte er ihn wü
tend auf den Fußboden und ging
nachdenklich im Zimmer auf und ab.
Er beendete seine' Toilette und woll,
te eben die Wohnung verlassen, als es
klingelte. Gleich darauf brachte ihm
die Wirtin ein Telegramm. Er riß
eS hastig auf und las:
.Erwarte Dich fünf Uhr in ge
schlossenem Auto an den Dominika
rern. Margarete."
. Während er die Depesche las, er
heiterte sich sein Gesicht immer mehr.
Schließlich faltete er sie sorgfältig zu
sammen, schob sie in die Tasche und
ging mit leichten Schritten die Trep
pe hinunter, vergnügt die Marseillaise
pfeifend.
Der junge Franzose saß noch in
seinem Stammcafö, als es vom Dom
fünf Uhr schlug. Er hörte die Uhr
schlagen und lächelte. Als erfahrener
Frauenkenner wußte er nur zu ge
nau, daß jede Minute, die er sie war
ten ließ, ihre Sehnsucht nach ihm
sieigern würde. Endlich, nach einer
Biertclstunde, erhob er sich, zahlte und
verließ das Qa6 mit langsamen
Schritten.
An einer Ecke der Straße stand ein
Automobil,. das ungeduldig ratterte.
Eine schlanke Hand zupfte nervös an
den Vorhängen, einen Augenblick sah
Laroche einen blonden Kopf dann
öffnete er den Schlag und stieg ein.
Sofort zog ias Auto an.
Der Wagen nahm bald eine größere
Geschwindigkeit an und fuhc nach ei
nem Vorort hinaus. Eine Weile sa
ßen die beiden stumm nebeneinander.
Dann begann der junge Franzose:
.Ich. habe von deinem Vater einen
Brief erhalten. Weißt du, was drin
steht?" Sie nickte mit Tränen in den
Augen.
.Ja", sagte sie.
Und wie denkst du?"
Das schöne Mädchen schluckte ein
paarmal, sah ihn von der Seite an
und sagte vorwurfsvoll: .Wie kannst
du nur fragen, Emile!" ,
Er faßte ihre Hand. So soll es
zwischen uns nicht aus sein?" flü
sterte er mit heißer Stimme.
Sie schüttelte verneinend den Kopf.
Nach, einer Weile begann sie, noch
immer Tränen in den Augen: .Mein
Vater ,hat mich aufgefordert, heute
mit ihm in die Oper zu fahren. Man
gibt Tristan und Isolde". Unter
dem Vorwand, noch eine Freundin be
suchen zu müssen, bin ich vor ihm
gefahren. Um sieben Uhr muß ich
ihn vor dem Theater treffen. Bis da
hin können wir zusammenbleiben.
Liebster, es sind ganze zwei Stunden!"
Er lachte glücklich. .ES ist lieb von
dir, daß du an mich gedacht hast."
.Wollen wir' in eine Konditorei ge-
hen?" fragte er. Ich sehe dort dlü
ben etwas Derartiges."
Rein. Liebster", wehrte sie angstlich
ab, .es ist zu gefährlich. Bedenke,
wenn man Uns zusammen sähe! Zu
mal jetzt, nach meines Baters Ent
fchluß! Nein. es geht nicht!"
.Aber! Hier in diesem Borort?
Also, meinetwegen. Du weißt,
ich kann" .... Schon ösfnete er die
Tür und ließ den Chauffeur halten.
Sie ainaen Hand m Hand m die
kleine, saubere Konditorei. Er be
stellte Süßigkeiten, und bald waren sie
in eifrigem Geplauder. Wie schade,"
begann er nach einer Welle, daß dein
Bater so grausam st!"
Sie seufzte. Hoffentlich rst der
Krieg bald J Ende. Dann wird
er anderen Sinnes werden ... In
einem Jahre, Emile, bist du dann
vielleicht schon wieder unser täglicher
Gast!"
Er lächelte. Hoffen wir das Be
sie!" Und dann plaudern sie von der Zu
kunft. Was er nun zu tun gedenke,
fragte sie ihn. Nun, er sei mitten in
seinen Laboratoriumsstudien, die ihn
noch eine ziemliche Zeit im Ort fest
halten würden. Und was dann
werden würde darüber loollten sie
sich hki't nicht den Kopf zerbrechen.
Man müsse Vertrauen in die Zu
kunft haben. Eine lange, glückliche
Zeit lug vor ihnen: Sie konnten sich
treffen, sie konnten beieinander sein,
in einer Konditorei, auf der Eisbahn.
Und was die Hauptsache war sie
hatten sich lieb. Und sie würden sich
treu bleiben . , . . Tie Lice würde
diese Hindernisse überwinden. Und
eines TageS . . . Und sonnige Bil
ker von einem jungen Eheglück tauch
ten vor ihnen auf. Am tfnde wur
den sie ganz glücklich. Und Krieg
und Trennung . . . und Eliernzorn
lagen hinter ihnen wie Dinge aus ei
ner andern Welt.
Mitten in diesen Träumereien
schreckt ste auf und bliäte aus di
Uhr. .Ich muß fort", sagte sie ha
siig. iLkim ich nicht zur rechien
Zeit an Ort und Stelle bin. ist S
nicht ausgeschlossen, daß mein Vater
mich bei der Freundin sucht. Also,
adieu, Liebster . . . Schatz, waS tust
du!" Ivehrte sie errötend ab. Aber
schon halte sie ihren Kuß.
Dann sahen sie sich noch einmal in
die Augen, sie stieg in das Automooil
und fuhr ab. Langsam ging er zu
Fuß, in der Richtung nach der Stadt
zu.
Margarete Mackenrodt.saß an der
Seite ihres VaterS in der Loge und
lauschte mit glühenden Wangen den
sehnsuchtsvollen Klängen des Liebes
sangeS von Tristan und Isolde, dessen
brünstige Melodien berauschend und
beschwörend an ihr Ohr drangen. Wie
diese Musik sie ergriff! Die lodernden
Leidenschaften dort unten auf der
Bühne zitterten allmählich zu ihr her
über und nahinen ihre Sinne gefan
gen.
Als der Vorhang zum zweiten Ma
le gefallen war, blickte ihr Vater er
staunt auf ihre glühenden Wangen
und in ihre fieberglänzenden Augen.
.Kind." forschte er besorgt, .ist dir
nicht wobl?" Sie strich sich mit der
Hand über die Schläfen. .Nein. I
habe Kopfschmerzen und fühle mich
sehr angegrifsen."
.Dann wollen wir nach Hause sah.
ren."
Sie wehrte mit einer Handbewe
gung ab. .Es ist deine Lieblings
oper, Vater. Ich werde allein fah
ren. Da unser Auto unlen ist ....
ich werde es dir zurückschicken. Unier
halte dich gut . . . und sorge dich
nicht um mich." Und während ihr
Vater ihr besorgt nachblickte, ging sie
mit müden Schritten die Treppe hin
unter.
DaS Auto sauste durch die nächtli
chen Straßen. Allmählich wurden die
Häuser spärliches And die Straßen
menschenleer. Dn schlug das Fahr
zeug ine matttÄSuchtete LandstQiz?
ein. Nach einer Zeit tauchte ine
Parkmaner auf, an da der Wagen
entlang fuhr. Licht blitzten auf,
und mit einem Ruck hielt der Wagen
vor der Villa. Der Chauffeur
sprang ab und läutete. Im nachsien
Augenblick flammte die Gartenbe
leuchtung auf, ein Diener erschien, um
das erzene Tor zu öffnen, und das
Auto fuhr an die Rampe.
Der Diener 'geleitete sie die Trep
pe hinauf bis an ihre Zimmer. .Es
war Besuch da", sagte er leichthin.
.Wer war's?" fragte sie gleichgül
tig.
.Herr Laroche."
.Herr Laroche?", wiederholte sie,
und eine Blutwelle stieg ihr zum Her
zen auf. Herr Laroche?" Sie wie
verholte es ungläubig.
Ja. Herr Laroche hat eine halbe
Stunde hier auf den gnädigen Herrn
und das gnädige Fräulein gewartet."
Es ist gut. Franz", sagte sie ton
los. Gute Nacht." ,
Gute Nacht, gnädiges Fräulein."'
Emile Laroche war dagewesen!
Immer wieder tonten ihr die Worte
des Dieners in den Ohren. Was
in aller Welt konnte er gewollt ha
ben? Bor zwei Stunden hatte sie ihn
verlassen. Er wußte genau, daß sie
und ihr Vater in der Oper waren.
Und trotzdem hatte er dem Diener ge
sagt, er habe geglaubt, die Hcrrschaf
ten zu Hause treffen. Kein
Zweifel ... das war eine bewußte
Unwahrheit gewesen . . . Was steckte
dahinter? Sie suchte nach allen nlög
lichen Erklärungen für sein seltsa
mes Verhalten. .
Allmählich wurde ihre Unruhe un
erträglich. Sie schlug ein Tuch um
den Kopf und ging in den Park hin
unter. ',
Der kühle Nachtwind strich um ihre
Schläfen und tat ihr wohl. Wieder
mußte sie an Emile Laroche ' denken.
Hier, auf diesen Wegen, war er ent
lang geschritten. Bor kaum einer
Stunde.
Das Herzklopfen wollte nicht wei
chen. Sie preßte di: Hände auf die
Brust. Ohne recht zu wissen, was sie
tat. ging sie langsam den Haupiweg
hinunter und kam in den hinteren
Teil des Gartens. Erschöpft lehnte
sie sich an die Gittertür und starrte
mit brennenden Augen in das Dunkel.
Von drüben wuchteten, dunkle,
schwere Umrisse durch die Nacht. Das
war die Fabrik. Der riesige Kom
plex lag finster und drohend gögen
den Horizont. Nur aus einem, der
Schornsteine flatterte ein gelbliches
Rauchwölkchen .zum Himmel empor.
Dort, unten, iln Barten, lagert die
Arbkitörciume iljrtj Vater!. Hier
schasste der fleißige Mann von früh
bis in d! sinkend Nacht an tt
neuen Sprengsioffmischung, die in de
nächsten Tagen ihr Feuerprobe be
stehen sollte. Tie Armlei!ung fetz!
oroße Hoffnungen auf dieses neu
iprengmittel.
Plötzlich flammte drüben ein Licht
auf. ,
Margarete fuhr empor und starrt
auf die Erscheinung. Kein Zweifel:
da Licht kam auö dem Arbeitszim
mer ihres ÄaterL. Sollte ihr Bck
ter . . . Sie blickte auf die kleine
Uhr in Ihrem Armband. Drei Viertel
lf. Nein. Er konnte es nicht sein.
Aber wenn S nicht ihr Bater
war ... wer mochte das sein, dort
drüben in seinem Laboratorium? Wo
seine wichtigsten Geheimnisse lagen!
Und plötzlich schweiften ihre Gedan
ken hinüber in' die Stadt, zu Emile
Laroche und zu seinem rätselhaften
Besuch in ihrer und ihres BaterS
Abwesenheit. Unwillkürlich, beinahe
willenlos eilte sie auf den Lichtschein
zu. Dasabriktor stand osfen. Mit ein
paar unhörbaren Sätzen hastete sie
über den Fabrikhof. Tort war das
erleuchtete Parterrefenstcr. Sie blick
te hinein und fuhr erschreckt zurück.
Am Pult, ihres Vaters stand, über
ausgebreiteten Papieren eifrig Noti'.en
machend, Emile Laroche. Vor
brennendem Schmerz fiel sie mit dem
Kopf vornüber gegen die Scheibe.
Ein dumpfes Klirren entstand. Der
Schreibende blickte hastig auf, streckte
die Hand nach dem Schalter aus, und
im nächsten Augenblick lag 'Zas
Bureau in nnchtschwarzem Dunkel.
Margarete hörte das Schlagen von
Türen, eilige Fußtritte entfernten sich,
und bevor sie sich recht von ihrer Be
täubung erholen konnte, sah sie ine
menschliche Gestalt den Kiesweg ent
lang laufen, der auf die Landstraße
führte.
Ein Spion! Emile Laroche, ihr Ge
liebter, ein Spion! Jetzt ahnte sie,
warum er in ihrer Abwesenheit dage
Wesen war. Er hatte eine Gelegen
heit erspähen wollen, sich des Fabrik
schlüsseis zu bemächtigen! Er war nur
zu erfolgreich gewesen! . . . Halb be
wußtlos wankte sie nach Hause und
schlich auf ihr Zimmer, wo sie sich an
gekleidet aufs Bett warf.
Aber sie konnte, sie wollte auch nicht
schlafen. Die bösesten Gedanken ra
sten durch ihr Herz. Sie fühlte sich
tief beschämt, gedemütigt, nufs schwer
sie beleidigt, durch diesen Mann, der
ihre Person und ihre Liebe nur als
Werkzeug für seine Spionenzwecke
mißbrauchte, sicherlich nur um Geld
dafür zu erhalten. Seine Liebesbe
teuerungen waren also nur Lüge und
Betrug; denn würde er sie wirklich lie
ben, hätte er nicht diesen schmählichen
Verrat an ihrem Vater begehen kön
nen. In ihrem Herzen wurde es plötz
lich kalt, in ihrem Kopf ward es
klar. Nein, er sollte, er durfte nicht
dazu kommen, das Geheimnis des Va
ters, das Produkt langjähriger, sorg
genvoller Arbeit für iai Vaterland,
dem Feinde verraten. Und plötzlich
schoß ihr auch ein Plan durch den
Kopf. Sie wußte, jetzt, was sie zu
tun hatte .... Sie stand auf, ging
zu ihrem Schreibtisch und schrieb:
Liebster!
Mein Vater beabsichtigt, mich weit
fortzuschicken. Zum letzten Male
möchte ich Dich sehen, bevor ich abrei
se. Damit wir ganz ungestört sind,
bitte ich Dich um dieses: Komm auf
die Ruine Brandeck. Sie gehört mei
nem Vater. Laß Dich über den
Fluß setzen, dann wirstDu nach einer
Viertelstunde die Ruine auf einem Hü
gel liegen sehen. Sie ist durch ein
hohes Gitter abgesperrt. Ich habe den
Schlüssel und erwarte Dich am Ein
gang. Sei heute um 12 mittags
pünktlich dort.
Deine Margarete."
Schon zeitig am Morgen des nach-
sten Tages schickte sie den Diener mit
diesem Briefe fort. -
Emile Laroche war ausnahmsweise
pünktlich erschienen. Er trat auf die
Gittertür zu, die er nach einigem Su
chen gefunden hatte. Aus dem Ge
ranke des Buschwerks löste sich eine
menschliche Gestalt. Margarete trat
auf ihn zu.
Er schüttelte ihr die Hand und
wollte sie küssen. Aber sie wehrte
ab. .Nicht hier", sagte sie mit einem
halben Lächeln. Dann zog sie einen
Schlüssel, schloß das Gittertor auf
und ließ ihn eintreten.
Zu seiner Verwunderung schloß sie
von innen wieder ab. Nur, um
Unberufene abzuhalten", erwiderte sie
aus feinen fragenden Blick, aus dem
ein unbestimmtes Mißtrauen hervor
leuchtete.
Um dieselbe Zeit hielt Direktor
Mackenrodt in seinem Arbeitszimmer
vor den versammelten Vertretern der
Militärbehörden einen Vortrag über
seinen neuen Sprengstoff Rionit".
Also, meine 'Herren," so schloß er
seine Ausführungen, .ich denke, Sie
haben die Sache verstanden. Das
Rionit erfüllt die Erwartungen in
überreichem Maße. In zehn Minu
ten werde ich Ihnen den Beweis lie
fern. Die Minen sind gelegt. Darf
ich Sie bitten, mir auf den Balkon
zu folgen."
Dieser Kontakt", so erläuterte Di
rcktor Mackenrodt auf der TreM
.löst die Eplvsion aus."
Auf der Ruine Arandeck siar.d
Laroche neben Margarete und fli!
sterte heiße Liebesworte. Mit einem
sonderbaren Lächeln lauschte sie sei
nem Geflüster, während ihr Blicke
sich träumerisch in die Ferne verio
ren. AIS er ine Frac an sie rich
tete, bemerkte er auf einmal, daß sie
ihn gar nicht verstanden hatte.
.Tu bist heute so seltsam", begann
er zögernd. .Nur deinetwegen bin
ich heute überhaupt noch in der
Stadt", fuhr er im Tone de leich
ten VorwurfS fort. Eigentlich
wollte ich heute mit dem Mittagszu
ge abreisen!"
Sie erwachte wie auS inem
Traum und sagte: .Ich weiß . Nach
Paris!" , '
.Tu weißt?" wiederholte er be
troffen.
.Nun ja", sagte ste, anscheinend
leichthin. Tenn was wäre näher
liegend als dies! Wahrscheinlich
wolltest du deinen Austraggebern die
Abschriften aushändigen, die du im
Bureau meines Vaters ausspioniert
hast!"
Er taumelte zurück, als hätte sie
ihm einen Schlag versetzt. .Du
weißt" . . . stammelte er.
Daß du ein Spion bist? Ja.
Emile ... Ich habe dich gesehen,
als du gestern abend ins Bureau
meines Vaters eingebrochen warst."
Und wozu hast du mich hierher
bestellt? forschte er argwöhnisch.
" DaS wirst du gleich sehen ....
Sieh, dort, drüben, in der Richtung
nach Westen, dort liegt das Haus
meines Vaters. Dort jagt in dieser
Minute eine Versammlung, der meiu
Vater einen Lortrag hält über seinen
neuen Sprengstoff Rionit". Du
kennst ihn ja, Emile! ... Du hast
dich so sehr für diesen Sprengstoff
interessiert . . . nun. du wirst Gele
genheit haben, seine Wirkung in ei
nigen Minuten kennen zu lernen!"
Was bedeutet das?" fragte er er
bleichend.
Das heißt, Emile, daß hier auf
dem Grund und Boden, auf dem wir
stehen. Rionitpatronen gelegt sind,
die durch eine elektrische Leitung mit
dem Arbeitszimmer meines Äaters
verbunden find. Punkt halb eins
wird mein Vater in seinem Labora
torium auf den Knopf drücken, und
in dem gleichen Augenblick fliegen
wir beide in die Luft!" i
, Bist du irrsinnig?" fragte er mit
zitternder Stimme. .Wie konntest
du" . . .
.Nein. Ich bin ganz normal und
ganz ruhig ... Ich habe dich geliebt,
Emile . . . Und du hast mich belo
gen. Uns alle. Ich schäme mich,
ihnen unter die Augen zu treten....
Ich fühle mich mitschuldig . . .
mitschuldig mit einem Spion ....
Darum will ich sterben. Und du
. . . ,du sollst mit mir sterben."
Er zog nervös die Uhr. Sie zeig
te auf halb eins. -
Gib dir keine Mühe", wehrte sie
ab, als er Miene machte, über die
Brüstung zu springen. Die Patro
nen sind hier überall verteilt. In
einer Sekunde wird eine einzige un
geheure Explosion sein." .
Er heulte auf wie ein Tier. In
Todesangst verzerrte sich sein Gesicht.
Schaum trat ihm auf die Lippen.
Du, du" . . . stöhnte er.
Mir blieb keine Wahl. Du hast
das Geheimnis gestohlen . . . hin
terlistig, erbärmlich, feige gestohkn.
Hast es wohl fchon deinen Auftrag
gebcrn ausgeliefert" ...
Er tat einen hastigen Griff in die
Brusttafche, holte ein Notizbuch her
aus und schleuderte es mit einer ver
zweifelten Bewegung auf die Erde.
Hier ist das Geheimnis , sagte er
heiser. Und ich bitte dich . . . um
Gottes willen" ...
Einen Augenblick sah sie ihn kalt
an, dann sagte sie mit harter Stim
me: Komm! Sie schritt voran, die
Stufen hinunter, er folgte ihr auf
dem Fuße. Unten angelangt, entrie
gelte sie die Tür und schlug eilends
einen Pfad ein, der zum Fluß hin
abführte. 5leuchend, mit schlottern
den Gliedern folgte er ihr, dicht an
ihre Fersen geheftet.
Dann rannte er in atemlosem,
wahnsinnigem Lauf bis zum User.
Plötzlich ertönte hinter ihnen ein
furchtbarer Donner. Dort, wo die
Ruine gestanden hatte, lohte eine ,
dunkelrote Feuersäule zum Himmel.
Steine und Erdschollen wurden nach
allen Seiten geschleudert und fielen
fast vor rirten Fußen nieder. Ter
junge Franzose bebte an allen Glie
dern; seine Hände hatten sich rn er
M(u rnum ijLiiuui.
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Da stand Margarete wieder neben .
ihm und musterte den Fassungslosen
mit einem verächtlichen Lächeln.
Sie sind außer Gefahr, Herr Laro
che , sagte sie schneidend. .Berühr
gen Sie sich."
Er trat auf sie zu und versuchte,
nach ihren Händen zu haschen. Hoch
aufgerichtet trat sie zurück.
Damit ist es vorbei, Herr La
röche. Und noch eines möchte ich
Ihnen zum Abschied raten: Nehmen
Sie den allernächsten Zug nach Pa
ris, wenn Sie nicht wünschen, als
Spion verhaftet zu werden. Ich
glaube, die Polizei wartet bereits auf
Sie . . . Gehen Sie!" -
Und mit gesenktem Kopf ging er
langsam von dannen ' - -