Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, December 23, 1914, Image 2

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vsn Zlugust Spauuth.
Ccdtctt'Scnntag in der Neichsliauxtstadt. Deutsche Se
lehrte über Cnweck und Folgen des Weltkriezes.
Heute, ist lodtensoiiniaji? niemals ha
Xcit in den titturncnliiöta Berlins so viele
ZoStfufräiijf Käufer angelockt, und nie
laben sie so schnell welcke gefunden. Aber
lai ist such b-a Einzige, na die Php
siognoinit ttt engten Leben! heute von
anderen Sonntagen untcrfctif ifct. Nm
da! Drucken und Ükilaufen von Mittags
und Av'ndzeitungen. sowie tun (Jrtratlä
lern ha! die Cfcriqkeit für iifcteinb ge
Eilten mit bet Pietät gegen bie Tobten:
auch wenn die Spricht, auf bie wir olle
warten, die 'Jliittift ' Bon ' Hinbenbüras
entscheidenden Sieg über die Russen bei
Vobz' mittlerweile eingetroffen sein sollte,
müssen wir boch alle gcblllbig lii morgen
irnrttn: eher kommen wir sie nicht zu
hören. Dagegen ist den Theatern zu
spielen erlautt. ndk müssen sie sich an
rrnste Stücke halten. Ich Iffe beute .Die
Wuilliue", Fidelio", Wallenstcin's lob",
Peer Gynt", .Glaube und Hcimath'.
IöfjönnUfeiitt" und Äehnlicküs aus ben
Theaterzetteln. Nicht wahr, da ist es bei
uns doch selbst am Zobtensonntag noch
kurzweiliger, als in Paris an jedem ge
wöhnlicken Sonntag. Tort ist das Ibea
terspielen überhaupt nur noch in der Po
litil gestattet, und um zehn Ubr müssen
alle Wirthshäuscr schließen. Dabei hat
Frankreich dier Verbündete und braucht
blos an einer Front zu kämpfen, tocchrend
wir blos einen Verbündeten besitzen und
uns an drei Fronten wehren müssen.
Ander! als in Paris sieht es zur Zeit
noch in Ct. Petersburg aus. Ein hol
ländifcher Diplomat, der vor vierzehn Ta
gen noch in Ct. Petersburg war, erzählte
mir, daß dort noch Champagne! in
Strömen getrunken und dah der Eieq der
russischen Waffen als etwas Selbstver
siändliches angenommen werde. Auf meine
Frage, wie sich denn das russische Volk so
etwas trotz der Hinbcnburg'schen Siege
einrebcn lassen könne, lächelte er spitzbü
bisch und meinte, die russische Regierung
habe in ihrer bekannten väterlichen Für-
sorge eben Maßregeln getroffen, dem gu
ten Volte solche unangenehme Nachrichten
vorzuenthalten. Wer hätte die russische
Regierung für so zartfühlend gehalten!
Indessen, was wird dem Muschik,' der Ki
ncn Champagner bezahlen kann, ein vorge
flunkerter Russensicg nützen, wenn seine
Regierung ihm den Wodka vorcnthält?
In der That muß ich die Einstellung des
Wodka-VerkaufZ für eine der überflüssig
sicn Maßnahmen der russischen Regierung
halten, den-n die ollgemeine Ernüchterung
wird doch auch so kommen? die Negierung
hrauchie also nicht überflüssiger Weise
ihre reichlichste Einnahmequelle zu der
schütten, und damit zugleich den wohlha
benden Lebemännern die Haiiptwüize der
.Sakuska" zu rauben.
In Rußland Wodka-, in Frankreich
AbsqnthVerbot, während den Deutschen
das Bier noch immer mundet und gut be
kömmt. Wann ,Kird der Engländer sich
genieren, Gin zu trinken? Etwa nach der
ersten Zcppclin-Aitacke?
Uebrigms wird es Ihnen drüben wohl
kaum viel leichter sein, als uns hier, sich
ein wahrhektsgemäßcö Bild von den Zu
standen im englischen Heer zu machen. Die
prahlerischen Schilderungen in den Lon
doner Zeitungen können zwar nur von
solchen Ctockengländern geglaubt werden,
die die Wahrheit nicht kennen lernen wol
lcn, aber entgegengesetzte Nachrichten, wie
sie vereinzelt aus Italien, der Schweiz,
auch vielleicht au Dänemark hier be
kann! werden und uns glauben machen
wollen, die englischen Skreitkräfte in
, Frankreich und Belgien seien bereits voll
händig demoralisirt, verdienen auch keinen
Glauben. Da war es mir nun höchst in
teressant, Einblick in das Tagcbuch eines
OfsizlerZ zu nehmen, der auf dem Wege
von Tixrnuden nach Polen am 9. No
vember mit seinem Regiment hier durch
flog. Bei dieser Gelegenheit ließ n sei
neu Angehörigen sein 'westliches Tage
!,;ch zurück mit der Bemerkung, er w-rde
Niin ein östliches Kgir.nen. Am 12. No
vember erhielt er dann bei Wloclaw
einen tödttickcn Hopfschusj und liegt be
reits in fremdet Erde begraben. Welch'
ein Jammer um. all das frische junge
Blut!
Alfa in diesem westlichen Tagebuch
fand ich gar mancke interessante Seite,
dil? einstweilen noch nicht veröffentlicht
werden darf; dagegen kann ich wohl einige
Zilemigkeiten mittheilen, ohne gegen die
Censurregeln zu verstoße. Daß z. B.
die indischen Truppen, sobald s von
Engländern und Franzosen nicht konlrol
lirt werden, starke Neigung zum Ueber
.aufen zeigen und thatsächlich schon ziem
lich zahlreich übergelaufen sind, war mir
ganz neu, denn unsere Zeitungen hatkn
daö noch nicht angedeutet. Aber am wter
essantcstm war dock, was der preußische
Oskiiii libek die Gefargennahme einer
englische JnsanKriekolonne mit vier Os
fizienn in seinem Tckgebuch vermerkt
hatte. Die Deutschen seien ganz paff" ge
wsm ob der Bereitwilligkeit der Briten,
s.ch gkfangcn nehmen zu Kissen, denn die
lchteren hätten sich keineswegs in der
z,veiftl!er Lagedefunden, und die fiU
ze hatten dann ganz offen erklärt:
dmi't wcnt to fight anymore, we
,m oiot!3! es this xig pickir-z". Nun
sa, wer im ilrieg kaum mehr als e'n'n
Sport gesehen Kaltes muß von einem Ge
mctzel, wie es seit vielen Wochen im Ivest
lichen Belgien Tag und Nacht getrieben
wird, wokl eher genug kriegen, als der
deutsche Soldat, der im Zi liege die
schwerste und höchst? vaterländisch,! Pflicht
erfüllung erblickt. Zwischen diesen beiden
Anschauungen liegt eben ein weltweiter
Unlcrstliicd.
Am letzten Jreiiag sprach Maximilian
Hardcn im überfüllten PHilHarmoniefaol
über die Psychologie des Krieges-. Er
redete in sehr maßvoller und meist sebr
kluger Art, ja, mancher feiner AuSsprüctie
barg wirllict Weisheit. Ader im Allae
meinen glaube jeb. daß es zu früh ist.
über die Psyel?c,logik diese! Krieges jetzt
sckion zu sprechen. Ist er doch so ziemlich
in jeder Beziehung beispiellos, so daß uns
die Parallelen, die Möglickkeiten zum Vcr
gleichen, und damit der Ansatz zu Schluß
solgerungen fehlen. Das hat freilich so
manchen Gelehrten nickt abgehalten zu
orakeln und uns in seiner Logik genau
zu desiniren. welche Bedeutung, welchen
Endziveck und welche Folgen dieser Welt
brand haben muß und haben wird. Zum
Theil ähneln sich die Ansichten dieser Ge
lehrten über den Krieg, zum Theil sind sie
überraschend divergirend. Wenn Karl
Lamprecht in Leipzig behandlet: Gerade
die edelsten Völker streben dem Ziel der
Herrschaft über alle anderen zu. und das
ist der letzte Inhalt des ungeheuerlichen,
gegen uns entfachten Krieges', so stimme
ich ihm mit der Einschränkung zu, daß ich
nicht alle Völker, die jetzt gegen Teutsch
land die Waffen zücken, für edel ansehen
kann; auch wenn ihnen der gleiche Wunsch
nach Weltbeherrschung im Busen wohnen
mag. Viel weniger real-politisch. viel
professorenhafter faßt von Wilamowitz
Möllendorff den Krieg auf; er will bloß
den geistigen Sieg, die geistige Weltherr
sclaft Teutschlands. Wenn mir siegen,
werden wir die Welt zur Gesittung und
zum Frieden, wenn es sein muß. zwin
gen", ruft er aus, aber er hat nichts da
gegen, daß England und Frankreichs trotz
unseres Sieges auch serner ihre Rolle wer
tcr spielen. Mit anderen Worten sagt
Rudolf Eucken in Jena dasselbe. Er sagt:
Tieser Kamps für das Bestehen unsere!
Volkes ist aber zugleich ein Kampf für
das Ganze der Menschheit, für die Tiefe
und Seele ihres Lebens. Denn uns ist
wie keinem anderen Volk, vom Geschick die
Sorge für die Innerlichkeit und den
Selbstmerth des menschlichen Doseins an
vertraut, als Volk des Gemüths haben wir
durch alle Konfessionen hindurch für eine
seelische Tiefe in der Religion, für ein Er
kennen au! den Gründen der Dingt in
unserer Wissenschaft, für ein Bilden des
ganzen Menschen zur selbständigen Per
sönlichkeit in unserer Erziehung gewirkt,
wir haben in all unserer Arbeit unsere
Seele hineingelegt, und diese Arbeit ist
groß geworden, weil sie, uns völliger
Selbstzweck war, nicht dem bloßen Nutzen
diente." Unzweifelhaft weiden Eucken und
Wilamowitz mit diesen Behauptungen
mehr und leichter Beifall gewinnen, als
Lamprecht, nur soll man Behauptungen
noch nicht für Beweist nehmen und außer
dem nicht vergessen, daß die Gelehrten
feindlicher Nationen sich ebenfalls daraus
berufen, ihre Nation sei da! Salz der
Erde, Der gegenwärtige Zustand allsei
tigen Ueberhitzung de! Naiionalgefühl! ist
aber sicherlich der am wenigsten geeignete
Moment, die Ziulturverdienste der Natio
ncn gegeneinander abzuwägen.
Ich könnte noch viele andere Gelehrte
erwähnen, die über Bedeutung und Kon
seguenzen des Krieges mit sich schon ganz
in's Klare gekommen zu fei glauben;
aber ich, will mich lieber auf das Noth
wendigste beschränken.. Ganz besonders
sympathisch erscheint mir, daßder Theo
lag: Ernst Troeltsch es offen zugesteht,
das Endziel dieses Krieges sei viel weniger
klar, als das des Krieges von 1870 7L
Das Hauptziel aber sei ein innerlich
freieres Deutschland, ein neues Deutsch
land, dessen Stämme und Stände Wer
trauen zu inander fassen, dessen Leiter
und Hcrccnstände die Unentbehrlichkcit
des freien gemeinen Mannes verstehen."
Aber noch viel sympathischer ist das vom
Leipziger Philosophen Wilh. Wundt der
kündete Endziel des Krieges: Die Einig
Kit der Völker, die Vernichtung der Mög
lichkcit. durch Gewinnsucht und diploma
tische Intriguen ganze Völker in blutige
Kriege zu Hetzen. Heukc ist in jedem das
Bewußtsein lebendig, daß der einzelne
nicht nur StemisbiirgcT, fondern zugleich
Weltbürger ist. freilich ein Weltbürger, der
vor allein in der eigenen Erde fest gegrün
det stehen muß, wenn er in der Welt und
für die Welt dauernde Werthe schaffen
will." . -
Ein solcher Optimismus ist doppelt
sympathisch bei einem greisen Wanne wie
Prosessor Wundt, aber s ist leider die
Gewohnheit der meisten sympathischen
Dinge, in der Phantasie hängen zu blei
ben und nie Wirklichkeit zu werden. Wie
könnte man erwarten, daß die Angchöri
gen all der Vöttcr, die sich jetzt so blutig
bekämpfen, sich gleich Nachdem ibnen. diel
leicht nur vor Ermüdung, die Waffen ent
funke, i einet idealen Wellbüigekschaft
belihikn werden? Daß dun (uujitcn vllei
Kriege situ lang Periode te rteMNä
fofnen werbe, ist tuat burvtau rit n
walirschemlich, Abu sich diesen Frd,n
alt drn siüli len Triumph Mensch
ftfil aiii.;;mo!fN, die sich bis bnliin ze
(InfAte. ist ilm ;il viel verlangt, Viel
näher liegt der Gebanke. daß man ans
wahttsiiliiifler Angst vor einer Wiederho
lung dieser Kliengsjiäuel und ihren dnr
lauf' not, nnwiftl nuiiuSenfeiiben tW'
gen Frieden kalken wird. Noch b';I In bis
letzten Jnlitage diese Jal;res hinein h!el
ien scbr viete. wenn nicht die meiüin ver
ständigen Menschen von den Kanone'
gußein inid ArimelicscritkN abgeshen
den sogenannten europäischen Krieg
süc eiiic Umo!ichk.it. Unil nümuue
wagen könnt, die Verantwortn,! keil für
einen soleb'i, Weltbrand auf sich zu neb
wen. Nachbem mm ein Ieber mehr ober
weniger an sich selbst verspürt, was ein
europäischer Krieg bedeutet, wie er sich
fast über alle Kontinente ausbreitet, wird
da! nächste Mal der Fanatismus und die
Unbesonnenheit wohl niebt wiebet Irium
phiren. Ader wie gesagt, njunehmen,
baß au! den Gräuel dieses Weltbund!
eine reinere. t)bchr gesinnte Menschheit
beroorgehen und ein ideale! Weltbürger,
tkuin sckassen wird: das kann nur der
sympathische Traum eine! deutschen Pro
sessors sein.
Mit einem weit nüchterneren und swär
seren Blick lugte da. vor etioa fict-i Wo
eben, Franz von Lisjt. der berühmte Ju
ri'!, in die Zutunst hinein, alt er im
Eharloüenburger Ratbbaus über die Kul
turgemeinschait der Völker sprach. Er be
trachtet alles Das, was die Nationen bis
dahin als internationale Üulturgemein'
schast zu besitzen glaubte, vom Wellpost
verbände bis zum gemeinsamen Völker
recht, als durch den Krieg verloren, und
zwar als vorläufig unwiederbringlich ver
leren. Und wenn wir beute sehen, wie
heftig sich sogar bie Männer der Kunst
und Wissens,rast in einen Haß gegen die
anderen Nationen hineinarbeiten und be
sonders hineinreden, kann man wirklich
der nächsten Zukunft nickt mit frohen
Hoffnungen entgegensehen. Bis dieser
Haß verraucht ist. werden Jahrzehnte der
gehen. Franz von Liszt warnt denn auch
davor, mit den feindlichen Nationen wie
derum in demselben Hause zu wohnen".
Er sieht aber eine Friedensgarantie in der
Begründung ' eines mitteleuropäischen
sei heranziehen möchte. Innerhalb dieses
Ttacnbundks, glaubt ex. sei eine völlige
Kulturgeme!nsäakt erreichbar. Auch das
klingt wohl noch etwas utopistisch und
am besten wird man thun, wenn man we
nigstens erst die Art, die Qualität des
Friedens abwartet, ehe man weitere
Pläne ausarbeitet.
Hier diskutircn nicht bloß die Bier
bantpolititcr, sondern auch Leute, die im
politisclen Leben stehen, eigentlich nur
zwei Friedensqualitälen als in Betracht
kommen: einen milden und einen harten
Frieden. Unter dem letzteren ist natürlich
ein Friede zu verstehen, bei dem Deutsch
land einzig und allein, da! Tiktiren be,
sorgt, wahrend sich die anderen mit dem
Ausschreiben und Auswendiglernen der
einzelnen Paragraphen zu begnügen hat
ten. 'Merkwürdig ist dabei nur, daß auch
Leute, die ' von einem überwäliigenben
Siege Deutschlands eft kiderzeugt sind,
keineswegs immer den harten Frieden"
empfehlen. Ja. es giebt Politiker in der
unmittelbaren Nahe de! ReichNanzlers.
die Fürsprecher des milden Friedens"
sind, die auch bem siegreichen Deutschland
nicht die bescheidenste territoriale Vergrö
ßerung wünschen. Angesichts dieser Thal
sache. haben schon manche den Wunsch
geäußert, daß man für Bismarck einen
mehrmonatlichen Erdenuklaub im Elysium
erwirken wollte. Seine Anwesenheit bei
den Friedensverbandlungen würde vom
deutschen Volk nicht gerade als lästig em
Pfunden werden.
Aber ich rede wahrhaftig schon vom
Frieden! Wer rcxih, wie weit wir noch
davon entfernt sind?
As freicüö-Aftikii.
Der Amsterdamer , Telegraf ' meldet
unterm 21 November:
Tos in Preto'.i, erscheinend Alat!
.Volkkstem" veröffentlicht einen zwischen
d.",n Obersten Maritz und der Rezierunz
von Dcutsch-SiZbi!ti.frlka geschlossenen
Vc, trag, welcher sieden Punktc enthält:
1. General Mu tz bat die Ilnalchän
uuv'dt von Südafrika t'tläxL De: Krieg
mit England hat besonnen.
2. Der Gouv'.'ttn: von Deutsch.Siid.
Westafrika erkennt die ufrikanisck Streit
kräfte, welcke geg: England t?npren, als
Kriegführende an !nd wird d:a Kricz ge
3vii England ntächii. . . ," . .
3. Falls Br!tisch-S'"dafrikz als unab.
heingig erklärt wird, soll der . kaiserliche
Gouverneur von Süd-Westafrika alle
thunlichen Maßnahmen treffen, daß der
Staat oder die Staaten bald' durch das
Deutsche Reich als solche anerkannt und in
die allgemeinen Friedensoerheindlungen
eingeschlossen wird.
4. In Anbetracht dieser Unterstützung
wird der neugebildete Staat oder die
Staaten keine Einwendungen dagegen tu
heben, daß die deutsche Regierung von
der Walfischbai und , den Deutsch-süd-wkstafrika
gegenüberliegenden Inseln Ae
sitz ergreift. .
L. Der Thalweg des OranZeflussc! wird
fortan die Grenze zwischen Deulsch-Süd-westafrika
nd der Kapprovlnz bilden.
6. Das Teutsche Reich wird keine Eitp
Wendungen erheben, daß die beiden ge
nannten Staaten von der Delagosbai Be
sitz ergreifen.
7. Wenn der Ausstand nick,! glückt, wer
den die Aufständischen, welche auf deut
fches Gebiet übergehen, als deutsche Unter
thanen anerkannt und nls solche behindelt
werden.
Oberst Maritz schickte dieses Abkommen
mit einem Begleiischniben an den Ober
sten Brits, den er als alten Afrikaner
ausforberte, mit ihm gegen England z
kämpfen. .
. Die Verantwortung für die Richtiuilit
dieser Verössentlichnng muß der V!:s
stem" in Pretoria überlassen binden.
Der Lnsang
t m i"a' cni tJiU
! ifMii.'H an ( in Hivv'tn rni
,rf.f tm .iftttilijH1'.! .u'Mitjliihn,
II 41 U HU'I 44llH u4 X'ltlll
!:! ,11.
Man mlis,!e tllrd geboren und als
Taubstummer j'it Well gekommen sein,
wollte man sich hier in Pari p'wiltlam
den Zeichen de! nabendkn Z!amme'
denhe mit dem letzten Krastaiisged!
Pariserischer Rabulist entgegensteniMkN,
Jil, will zunähst von der militärischen
Seite ganz absthen. i;ch wenn Ioffre
(oder tret cnch icim.'t an sein? Clefo
treten könnte) sich aus seinem famosen,
von Bclsort bü zur Nordfee reichenb.-n
.Damm" halten würde, meinetwegen bis
Weihnachten oder bis Ostern oder auch bi!
ffndt de! nächste Jahre!, für da! Küäie
rier ihm ein, neue Million frische Tom
Alkin! .geschworen dat. sei kann sich aber
doch da! wirlhschafüiche Frankreich ich!
einmal roch einen Monat länger ans dem
Damm hallen. Diese! wirthschsiliche
Frankreich verliert zusehend! den Boden
unter den Füßen. Und um diese furcht
bare Thatsache wissen olle Franzosen mit
Ausnahme vielleicht des Hcere oder eines
großen Theile, der Armee. Alle Franzo
sen durch die Bank! Nur sagen darf k!
keiner in der Ocsscntlichkcit. In der zu
ructlirgrnden Wocke haben die unterschied
lichcn Generalsm'kikate. Hanbelölammern
und sonstigen Vertretungen der g'werb
licken Stände 4n bewegten Sitzunexn den
Klaaen de! Volkes Worte veilichm und
die Regierung trs.ich!. alsbald Ablülse zu
schassen, wenn 2aat und Gcscllschast
nicht elend zu Gr.,i'de flehen wollen. Wir
sihren au! den Beschlüssen djeser Kör
perfchaste, daß es weite Gedielt giebt, wo
der postalilebe. der Eisenbahn und der
Schisfsverlcdk seit Krst?deainn überhaupt
nicht sunltionirt. daß ganze Städte fast in
da Mittllaltcr zurückversetzt worden sind,
auch wenn sie die Eisenlabn vor ihrer
Tkür liegen haben. Alle Betriebsmittel
und raste sind ihnen entzogen worden.
Die eiscnbahn- und postlose schreckliche Zeit
können sie nicht mehr länger ertragen, und
es ist darum an verschiedenen Orten zu
Hungernvolten gekommen. Diecitunaen
dursten zwar Einiges cu! den ?eschlüssen
der oben bezeichneten Vertretunoen der
Erwkrbsslände veröffentlichen, aber die
Begründung dieser Beschlüsse bekamen nur
Diejenigen ganz im Vertrauen zu hören,
die mit den Wissenden aus gutem Fuße
stehen. Da! CasZ Royal ist da! Haupt
quartier der Wisseuden. Hier versammelt
sich die Zeitungswelt und Klathschlazt,
was nictt in die Zeitungen kommen soll.
Die Beschlußfassung ist schon darum nicht
schwer. loeil der Inhatt der Blätter von
Tag zu Tag dürftiger und eintöniger
wird. Denn ich sie bieten in ihm äuße
re Erscheinung das Bild desselben Jam
wers. der in Frankreich die Menschn, an
gefaßt Ktt. Nichts hat hier größeren Ein
druck hervorgenifen, als da! Mühende
Aussehen deutscher und österreichischer
Zeitungen. Sik geben in unserem jour
nalistischen Hauptquartier an Hand zu
Hand. Ausrufe des Erstaunens hört man.
Unglaublich to. diese .Albochcs" es nur
fertig kriegen. zwei-, auch dreimal am
Tage mit zehn' oder zwanzig Seiten Text
und mit Geschästranzeigkn von unglaub
lichem Umsanze dem Publikum zu dienen,
als ob es in Berlin, München, Köln.
Dresden. Leipzig. Hcmburg. Frankfurt,
Wien und Budapest keinen Krieg, sondern
eine Gcschästehochsaison gebe. Ueberhgnpt
liest man deutsche Blätter in Frankreich
jetzt mit einem Eifer, als enthielten sie den
Stein der Weisen. Ich weis, nicht, hat
sich Jemand in Deutschland einen Scherz
erlaubt der war e! sein gar nicht übler
Plan, Frankreich auf dem nicht gewöhn
lichen Wege der Wahrheit wissen zu lassen,
kurz: mit einem Male war ganz Paris
mit großen und kleinen deutschen Zeitun
gen überschwemmt, von denen leseNswerthe
Artikel mit der Uebcrschrift: Die Wahr
hit in' Ausland!" blau, roth oder grün
unterstrichen waren. Wer diesen Zeitunas
massenimpoct eS Sandelt sich um Auf
lagen von M.wa. vielleicht auch darüber
hinaus angeregt und wer ihn bewert
stelligt hat. darüber gehen vorerst die Mei
nungen noch auseinander. Die Einen
glauben, die Tauben" hätte eines Nachts
statt der üblichen Bomben deutsche Zei
tungsgrllße herabgesandt, -die ebenfalls
viel Unheil in den Köpfen der Bewohner
schast angerichtet haben. Unter Unrstän
den ist der Schaden noch größer als bei
den Bombenwürfen. Denn er ist geisti
ger Art und pslanzt sich weiter., immer
weiter fort, während die Bombe nach voll
zoaenem AernichtungLwerk unschädlich
bleibt. Es giebt aber auch Leute, die nickt
so sehr an die Zeitungstauben als viel
mehr einen Coup gla'.ben, dessen Anstifter
naturlich Niemand ander fein kann, als
der Kaiser. Bis auf Weiteres wird man
an dieser War festhalten. Aber der Fran
lo beginnt nachdenklich und skeptisch ,u
werden.' Er sieht das Ende vor sich.
Und wenn er es auch nicht sehen tvollte.
so sagt tS ihm sein Beutel mit der furcht
baren Leere, seine Umgebung, die. ihn der
zweifelt anstarrt, seine Presse, die er ver
achten gelernt hat. Er hat seine Proteste
der Regierung aus dem Instanzenwege
vorgetragen. Sie kann nicht helfen. Wer
kann, ihm überhaupt noch helfen? ein
Gott, kein Misch'. , Wenn Josstt siegen
würde, den Feind aus dem Lande treiben
könnte. Aber Alle, die aus dem Norden
kommen, erklären sehr bestimmt: Joffre
wird nicht siegen! Es sind Soldatm. Of
fiziere. Verwundete, i ie das sagen. Sie
machen keine Hehl mehr aus der Lage,
sie ist kritisch geworden, weil die Reserven
fehlen. Iofsre fordert von der Regierung
neue Mittel. Die WKÜrung aber ant
wartet: Wir können sie Dir erst geben,
wenn Du uns den Sieg erfochten hast.
Jossrt wendet ein: Boraussetzung des
Sieges ist die Bewilligung der geforderten
Mittel. Frankreich, das so viele andere
Länder mit Geld versorgt hat, ist jetzt, wo
ti dem Nichts gchenMrstcht. nicht mehr
lin Stande, sich falber zu versorgen. Mit
der Anleihe im Ausland ist es nichts ge
worden. Und im Inland? Den Opfer
muthder Bürger in llen Ehren! Sie
wilrrn gern ihr Letztes auf den Altar des
Vaterlandes leacn. Aber die Banken, die
vom Lnde.
Banken kii'ken keinen 2eni hercwl, Ueber
ba Veitzallen der Binse schreibt j ;.t j;be
,it,,Ng zum Mindeste einen A:t,Iel em
it,t. Henittjt jiiit es ! ' t noch nicht.
7,k Kassen fclribtti schloss n. eine
Wutfabnt, keine Depot, keine Dinibenben
sind von ihnen zu erlangen. Mit einem
Jkdtrzug schreib die ezis,,, Staat,
anleil',, g, sie dekr.lirt Anleihen für
b,e iitabte. Sin pvsn'oe, Ergebnis hol
biiher weder eine Elaatanlei!,c (D.'fense
nationale) noch eint toblanl,!!, flshatI,
ft tn ganz seltsames Schicksal, daß
Frankreich, der Allelwcltil'aiikier, das be
rühmte reichste Land", setzt im kritisch.
ft,n Augenblick seine! Dasein! an der
Goldarmuth ,u Grunde geht, wenn es
nicht vorher schon seinen inililärischen Un
tergang sindet. Alle fragen sich hier mit
Staunen: Ja, warum bilst un! denn
England nicht, unser Beibiindeler. der doch'
Geld wie Hers hat? Aber Diejenigen, die
In der Nähe der Front gewesen waren,
wissen. djj England keinen Finger rührt.
Sein krasser Egoismus ist tinsnch unbe
sctireiblich. Wehe, wenn da auch nur daö
Geringste in der Verpflegung im Felde
fehlt! Tom Atkin! muß immer die feile
sicn Iissen haben, mögen seine sranzöst
sden Aafsenbrllber vor Hunger stöhnen,
Cobald es Abend wird, denkt der englische
Zoldat an nicht! mekr al! an die Be
friediaung seiner leiblichen Bedürfnisse.
Ich sage da! nickt nur au! eigener Bcob
achtiinz heraus, sonder berufe mich aus
die Berichte italienischer Korrespondenten.
Diese sind übrigens mit ihrem Latein
Enbe. Sie mögen sich drehen und wen
den, wie sie Ivollen, es läßt sich absolut
nichts mehr sagen, wcs den Franzosen
Freude machen könnte. So sitzen denn die
italienischen Berichterstatter dicr vers.im
melt in Pari! und warten auf andere Jei
ten, teerten aus neue Weisungen von ihre
Redaktionen, die sich infolge, ihres innigen
Verhältnisse! zu gewissen französischen
Machthaber von dem Gedanken noch nicht
losreißen wollen, daß es mit Frankreich
Abend werden will. Es ist auch ein sehr
vielgenannter italieniscrier Schlachtenschil
derer zur Unthätiakeit verdammt werden,
der mit seinem höchst kinfluszeken Vlaltt
gleichfalls In Konflikt gerathen ist. Seine
Berichte wurden verschlungen. Jetzt aber
schickt man ihm, das Manuskript zurück
mit der Bemerkung: Nicht geeignet für
Ausnahme. In Freundeskreisen droht er:
Es wird mir schließlich nichts Andere!
übrig bleiben, als mein Heil im deutschen
Quartier zu suchen!" Wir haben östcr
das Vergnügen, den braven d'Annunzio zu
sehen und zu sprechen. Auch er setzt den
italienischen Berichterstattern zu. sie soll
ten doch begreifen lernen, daß andere Zei
ten andere Mittel erfordern. Er begegnet
allgemeinem Kopfschüttcln. Man kann
doch unmöglich beute baS Blaue vom
Himmel heruntcrlügcn. wenn alle Wetter
kundigen wissen, daß eS morgen Pcch und
Schwefel cuf Frankreich herabregncn muß,
Die geologisch attelicn
Iöiere unserer Zeit.'
Man sollte es kaum sür möglich halten,
daß sich thierisches Leben durch Millionen
von Jahren hindurchrelicn konnte, in einer
Zeit, die Hunderte von Arten und Gat
tungen kommen und gehen sah. Solch
wunderbare Thiere sind die Haarsterne,
die eine der fünf Klassen des Kreises der
Stachelhäuter ausmachen. Sie erlebten
schon die Morgendämmerung der 2hr
Welt, die im paläozoischen, dem zweiten
Zeitalter der Erde, auf dem Schauplatz
erscheint. Während die Genossen j.,.er
Zeit, die dem Namen nach bekannten Tki
lobiten, dann die Schnecken, Muscheln,
Tintenfische, alle dahingehen, konnten die
Haarsterne sich zu uns berüberfinden. Ein
mal sind sie Bewohner der tiefsten
Meeresgründe. In jenen ewig dunkeln
Fluren giebt e! eben leinen Wechsel der
Verhältnisse, der ein etwaige Anpassung
nothwendig machen könnte. Weder eine
Licht- noch ine Temperaturschwankung,
weder eine Wasscrbewegung noch eine Acn
derimg des umgebenden Mittels findet
dort statt. Keine neuen Feinde erscheinen
auf dem Plane; Zaum daß dit Nahrungs
ersorgung ti merkbares Plus oder
Minus oufwicse. Ein ewiges Einerlei
verhinbert die frühzeitige Abnutzung der
geringen zum Aufbau des Organismus
nothwendigen Nervenenergie. Zum ande
rcn führen unsere Greise" ein Pflanzen
dasein. In den ersten Stadien der Enl
wiälung haben sie Wohl noch die Fähig
keit, den Ort zu wechseln. Auf einer be
stimmt? Stuft lassen sie sich auf den
Meeresgrund hernieder und wachsen mit
dem stielartigen unteren Theile fest; so
mögen sie wohl einige hundert Jahre, den
einfachsten Lebensfunklionkn obliegend,
dahinvegeiiren. Fünf regelmäßig der
zweigte Arme sitzen am Scheitel des Stiel.
Ueberhanpt ist der ganze 5iiirpcrbau fünf
iheilig. Die Arme umschließen den von
fünf Platten iimgebeuen Mund, der Ein
und A!:fuhr'sffnung zugleich ist. In fei
er Nähe liegen alle wichtigen Okgane. in
der Zahl den Platten entsprechend.
Die ganze Lebensweise des ThiereS be
steht nun darin, die gefiederten Arme
zwecks Erlangung der Nahrung zu beive
gen, die magert Kost zu verdauen und sich
zu vermehren. Aufitt höchst elementaren
Geschmacksempfindungen und Taste,esüb
len hat das Gehirn nicht! zu thun. Somit
Ist .verständlich, daß Zahrmillionen ver
gehen konnte, ohne den Organismus
irgendwie zu verändern. Einige Arten
gehören auch der Küstensauna an. An
ihnen kann man den Einsluß der äußeren
Behältnisse schon wahrnehmen. Denn
ntck den wenigen Arten giebt's mehre
frei bewegliche, also solche, die sich an die
veränderten Bewegungsumstände angepaßt
haben. Daß sie zum Urstamm gehören,
geht aus ihrer Jugendgeschichtt hervor.
Sit machen nämlich ebenfalls das S!a
dium durch, in dem sie mit einem Stiele
am Boden festsitzen. Erst später werden
sie unter Rückbildung des, Stlclcs be
wkglich. '
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Von Ferdinand Scherber.
6alij.cn in Wien. Theater und Alusiklcben wahrend der
Uriegszeiten. Die Alade. von den Rriegsgefanzcnen.
Kürzlich l)t Itinand 'un die Haupt
stadt von Galizien genannt. Wie suft je
des Wiswort 'rifst auch das nicht, da!
Ganze sondern mir einen Theil davon.
Aber, dieser Theil ist gut getrossen. That
sächlich haben sich viele Einwoher un
seres Polens, um vor allen strategischen
Plänen und noch so kulanter" russischer
Behandlung sicher zu sein, nach Wien be
geben. Damit wird allerding! bemiesen,
daß dieses Wien eben doch die richtige
Hauptstadt des Reiche! ist. allen separa
tisuschen Neigungen zum Trotz, und daß
es diese auch in den angenehmeren Fric
denszeiten viel mehr heilte sei können,
als sie e war. Daß man sie in diesen
viel unang'nehmeren Zeiten aussucht, ist
nur ein Beweis für ichr: Bonität. In der
Trambahn, den Naffechäufcrn. aus der
Straße dringt hausiger al! jemals die
T Pracht Koezinlo! zu un! und man be
gegnct 'in diesen h.rlbwinterkichcn Tagen
ost Gestalten in den tigentdümlichen pol
nischen verbrämten LcderpcZzen. Aller
dings. wer. wie der Schreiber dieses Brie
fcs. noch nie dort oben war. wo sozusagen
das Französische in Eis frappiert erscheint
und sich die Polen an Lenau'fchen Gebich
lcn und Chopin scher Musst in Phantasie
vollen Stunden tonfiruurtt. wird einiger
maßen eine Enttäuschung seiner Phantasie
erleben. Die Gesichter, in die man hier
blickt, haben alle etwas merkwürdig Harte!
in ihren Zügen, etwa! Nordisches, fast
möchte man sagen Pommersches, m1) wird
vergebens das Weiche, Sentimentale. Poe
tischt darin finden, da! einen die Dichter
und Künstler suchen lehrten. Vielleicht
hat die moderne Zeit auch dort das Poe
tische langsam und sicher zerstört? Immer
hin. wer stch' für einen ganz kleinen Theil
der polnischen Kunst intcresstrt. ka,rn hier
sogar schon . in ein polnisches Kabarett
gehen.
Es hat doch etwas Versöhnendes, wenn
in grausamsten Kriegszeitm die Künste
nicht ganz verstummen und uns an die
Tage erinnern, die einmal waren und
wieder einmal fein werden. Die großen
hiesigen Konzertvereinigungen haben alle
fast ihren normalen Saisonbetrieb wieder
ausgenommen. Das gilt von den Orche
sler und Ehorvoträgen. wie von den
KammermusikvercinigunaeN. Die meisten
von ihnen, die ganze Cyklen von Aussüh
rungen geranstalien, sind sogar ausoer
kauft. Viele widmen ihn Einnahmen
wohlthätigen Zwecken. Auch die Hof
thealer haben bei stark ermäßigten Prei
sen eröffnet und haben einen Andrang,
den sie sich in Fricdenszciten oft gewünscht
hätten. Unter' gleichen Bedingnngen spie
len die Privattheaier. Natürlich ist der
Novitätcnbetrieb stark rtduzirt. Eine
Reihe von fixen Auloren sind der Kriegs,
krllarung mit flinken Schritten gefolgt
und haben höchst aktuelle Stocke auf den
Markt gebracht. Eilfertiger Patriotis
mug machte sich manchmal abendfüllend
breit. Aber man merkte Absicht, wurde
nicht gut gestimmt und die meisten dieser
Stücke verschwanden fast ebenso schnell,
als die Autoren sie fertig gebracht hatten.
In diesen Abenden zcigen sich wieder ein
mal die Klassiker als die verläßlichsten
nd zugkräftigsten Versasser. So hat
dieser Krieg auch das Gute, daß der Ge
schmack des Publikums sich besinnt und
besser wird. Nur die OpTnttenbühnen
wissen natürlich mit dem Krieg nicht vixl
anzufangen und bestanden auf dem
Schein ihrer Novitätenprogramme, den
das Publikum einzulösen hatte. Und so
wird auf diesen Bühnen gehopst, getanzt
und gesungen, als ob wir im schönsten
Frieden kbten. Das geschieht nun aller
dings zum Theile auch im Interesse der
sonst brotlosen Darsteller. Zuerst begann
das Bürgeriheatcr mit der Uraufführung
der neuen Ehsler'fchen Operette Früh
ling am Rhein". Der Titel ist schön,
man denkt an Lenz, Wein. Weib und
Gesang. Da aber dieser Frühling nicht
der holde Knabe aus dem deutschen Dich
terwalde ist, sondern im Gegentheil ein
jüdischer 'Geschäftsmann gleichen Namens,
der im Jargon spricht, so bemerkt man
sofort, daß der Titel schon ein Spaß ist
Leider ein so schlechter, daß die darauf
folgende Operette gar nickt genug fein
könnte. Doppelt bedauerlich, daß sie es
auch wirklich nicht ist. Die neue Ope
rette des Johann Strauß-Zheaters heißt
Rund um die Liebe" und ist von Oscar
Strauß, dem erfolgreichen Komponisten
des Walzertraum" und dein geistreichen
Komponisten vieler Uebcrbrettllicder. Das
Libretto, sozusagen der Fahrplan dieser
Fahrt, ist nicht prätentiös und darum
nicht ärgerlich. Wir halten natürlich us
dieser Fahrt auf manchen fchon gut be
kannten Stationen und begegnen Citua
tionen und Personen, die schon 'alte Ope
ketleiisrcunde such. Schließlich trüumte
auch jzatat Strauß hier gelegentlich den
Walzektraum des in'S Schattenreich der
Desizite hinabgesunkenen Ueberbreitls.
Und darum gehört die neue Operette zu
Strauß' besseren und wirkungsvollen Ar
beiten, die ja immer in Momenten auch
den gebildeten Nleusiker verrathen. Aller
dings wenn man bedenkt, daß weit drau
ßen um unsere Existenz gekampft wird,
tritt einem dS Stillose der neueren Ope
retten allzu kraß vor die Augen und das
Ganze kommt einem wie getanzter und
gesungener Irrsinn bor. Ich habe aber
bei einer Aussührunz einen dlessirte
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Soldaten (die in den Theatern Graii!
karten erhalten) im Parterre sitzen sehen.
Sein Gesicht war bleich und sarblo! und
sprach deutlich von den Greueln de! Krie
ge!.' Eine Tapserkeitsmedaille schmückte
seine Brust. Das versteckte jauchzende
Vergnügen, mit dem tk alle diese Melo
dien und Ulkt begrüßte, hcttlt etwa! Er
greifendes und man konnte sich feinet
willen mit dem Stil der heutigen Operette
versöhnen.
Während Musik und Theater eine
recht guten Betrieb erhalten, ist dit bil
dendt Kiinst ganz in die Ecke gestellt.
Nichts beredter als die Thatsache, daß auf
dcm Palaste der Vereinigung bildender
Künstler Oesterreichs, das sog. Künstler
Haus, ebenso wie auf dem Gebäude der
Sezession die weiße Flagge mit dem
rothen Genfer Kreuz weht - beide Hau
ser sind zu Lazarcthcn geworden. Um
den Künstlern doch ttivas zu helfen, ver
anstalten einige Besichtigungen ihrer
Ateliers, bei denen ost die Gattinnen der
Künstler die Honneurs machen; denn der
Mann hat den Pinsel mit dem Säbel
vertauschen müssen. Ob der rege Besuch
mit der Kauffreudigkeit gleichen Schritt
halten wird, ist leider allerdings zu bc
zweifeln.
Die vielleicht erwartete Revolution der
M.de, Infolge der Ausschaltung von Pa
ris. ist natürlich nicht eingetrofsen. Noch
nicht. Nach einer stillschweigenden Wer
einbarung der sonst putzfreudigen Wiener
Frauen, wird in diesen schweren Tagen
der LuruS der Toilette eingeschränkt und
aller Glanz verdunkelt. Auch bei seiet
lichtn Anlässen wird nur das, Besuchs
und nicht da! Coireekleid getragen. Im
übrigen herrscht entweder die Mode de!
Vorjahres oder wenn schon etwa! Neues
kreirt wird, ist es vom Vorjahre beein
flußt. also i.rch von der Großmacht fran
zösischer Mode. Und nur die schon bis
her bekannten und berühmten Wien
Spezialitäten, die einfache, schicke Sport
bluse, da einfache glatte sogenannte eng
lische Kostüm, we'' es in Wien erfunden
nach England ausgeführt wurde und doa
dort die Weit trodene, haben ihre ant
.(., s)ntd IN s ßnmny.i
Ul'Cl CtiJUtt JlUll. Ulfr tifcuiiuwi
betrifft, dit ja feit einem Jahrhundert
aus England bezogen wird und ange
nehmerweise seit Jahrzehnten ganz stabil
ist, so haben alle größeren Schneider fchon
vor der Herbstsaison, also zufällig nor
Ausbruch des Krieges, ihre englischen
Stosse bezogen, so daß bis Frühjahr
1015 da Alles beim Alten bleibt. Die
österreichische Tuchindusirit wird fedm
falls, im nächsten Jahre vor zahlreicheren
ln't'tägcn stehen. Denn Englang txpor
tirt vorläufig, bis auf weiteres nur mehr
indische Soldaten auf den Kontingent,
aber keine Stoffe mehr. Es will angeb
lich nur den deutschen Militarismus be
kämpfen und wird dabei unversehens
selbst ganz militaristisch. Ach, diese!
England vergah diesmal, daß der Handel
mit Stoffen viel ruhiger, nützlicher, für
die Bürger auch besser und erwünschter
ist, als der Handel mit Soldaten, und
daß der Neutrale Staat in diesen Zeiten,
in dessen der berühmte Dritte ist, der sich
freut. Englands Hauptmasse ist die
Klugheit, nicht der Soldat. Hätte es nur
mit der ersten aekämvft. hätte ti sicher
s "on jetzt die größten Ersolge nrungti. i
So muh es warten, was die , unsicher
Zukunft bringt.
Noch eines, wenn ich so sagen darf,
Importes des Krieges will ich erwähnen.
Es sind die Kriegsgefangenen, die wir
gemacht -haben. Dit Serben sind fast
ausschließlich in Ungarn in eigenen La
gern dislozirt. Sie haben keinen guten
Ruf und werden als ungeberdig und bis
ziplinlos geschildert. Dagegen zeigt der
,,fNk,. flni'nt.l ..4. ! V... '..W. 4.:.
ltli;u!l WIIUU4 UUU IU VCl fiuituc, ült
ihm allerdings so gar nicht feindlich tut,
gegentritt, feine Ruhe und fast Gut
müthigkeit. Wir haben die Russen auch
in unseren schönen Alpenländern untev
gebracht, die Offiziere sogar in Schlösser,
und Hotels, die nun auf einmal Gäste
anderer Art erhalten. Sie werde dort,
wl. ich selbst sah. vorzüglich verpflegt und
wenn sie nicht dort auf ihren Spaziergän
gen bewacht würden, könnten sie glauben,
sie wären auf Sommerfrische. Die Vn
mundeten, ob Mann oder Offizier, liegen
mit unseren Leuten in denselben Spitä
lern, sie haben die gleichen Aerzte, die
gleiche Kost, die gleichen Pflegerinnen.
Alle unsere Kräfte stellen wir ihnen eben
so zur Verfügung wie unseren Brüdern,
Das soll uicht überall so sein ..... .
Schmerzen in den Ohren werden,
wenn kein Ausfluß besteht, vielfach al!
belanglos angesehen, und doch sind sie e!
nicht. Ohrenschmerzen sind gewöhnlich
Anzeichen einer Entzündung des Mittel
vhres, das gegen den äußeren Gehörgang
durch das Trommelfell abgeschlossen wird.
Kommt Eiter , nach außen, so ist das
Trommelfell durchbrochen oder ganz zer
stört, es darf also nie biö zum Auftreten
des Ohrausflusses gezögert werden, son
dern es muß sofort der Arzt zu Rathe
gezogen werden,
Der Tambour bei Jüsilierbatail
liml dom 1. Garde.Negiment zu Fuß
fuhrt seit 1870 auf königlichen Befehl de
Tambourstock des 31. fraiiösischeg I.
santerie-Regimeniz - . ' w