Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, October 20, 1914, Image 7

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.J.LLl .
Die großen Verörecher
des Wellluieges.
Vtctt tui'.b einmal tat Forum bet?..
welk d'ral,roi!ich machen für bfit flto
fern Kritrj, bet g'genwärtig durch Europa
ttiifsft? Auf wessen Haupt twben die
Elutsirsmk kcrninen, die jetzt fliisjen müs
scu? Al der iuifg von 1o70 ibct
war, bürdete man die Schuld NopoKon
II I. aus, und nicht ohne Wrunb, nUvn
alt rr eiiikn Krieg, irr, dk er eigenHich
nur wiociwillig bineingegangm w?r,
leicht halle verhiubkin können. -lamal
wr aber, und in einem weit höheren
G5rc.be oll heute, tai franzosische Volk
sein Mitschuldiger. Für die heutige Lage
ist c eigentlich charakteristisch, baß im
runde keiner der miteinander !ri -gfUl)
renden Herrscher den Krieg gewollt hat.
Weber der schwache Zar noch bei einsluß
14lb'nia 0,'eorg von England, am oller
wenigsten Kaiser 2i)ilhc!rn. Die wahren
Schuldigen n dem ölend dieses Krieges
sind eine kleine Kruppe internationaler
Politiker, die ihr Ehrgeiz nicht mehr
ruhig ließ, und die eine jahrelange Wühl
arbeit schlichlich mit dem Zusammen
schlub einer europäischen Verschwörung
g'gen Deutschland krönten. In dieser
Gruppe ist der Präsident der französischen
- Republik Voincara einer der ersten, wenn
gleich durchaus nicht geistig der bedeulend
sie. Tie geistige Physiognomie Poincareö'
weift viel mehr ZUac von börgco'shaftkr
Eitelkeit und elbstssesäLigkeit aus, al!
bon wirklickier Begabung. Er hat den
( verbissenen Hak und die Tickschädlichlcit
del französischen Lothringer! gegen
Deutschland, die an stärke jeden anbcrn
Deutschenhaß In Europa übertrifft. Das
Gebiet des duckten KrößenwahnZ streifen
wir. wen wir bie Persönlichkeit Del,
caffö'I in' Auge fassen. Es giebt Ire
nige Politiker, bie In ihrem Lande so un
heilvoll gewirkt haben wie Telcassö; vor
zehn Jahre wußten da die Franzosen
v 4) selbst, heute wissen sie ei leidcr nicht
mehr. Wer einmal DclcassS bei einer
seiner Reden im Palai Bourbon zuhörte,
empfing den Eindruck einer selten un
sympathischen PcrsöXlchkcit, eine Phh
siognomie, die, weniger in den Einzrlhci
, ten. aber Im ganzen so abstieß, weil sie
den künstlich hinaufgeschraubten Gerne
groß verrieth. Die ganze Figur Del
coffS'S, eben mitielgrrsz, scheint wie von
obendkr zusammengedrückt; sie wird von
der Glatze, über die ein paar Haarsträh
nen gezogen sind, wenig dortheilhast ge
krönt. Tot massige Kinn, die lauernde
Haltung mit dem verbissenen Gesichts
auSdruck verrathen einen Mann, der sein
Aicl nie aus den Augen verliert, und
wenn er lange Jahre darauf toarten musz.
S-'yj Ziel, Ministerpräsident zu werden,
hat zwar DclcassS immer noch nicht er
reicht, aber man weiß ja nicht, was in
' diesen Zeilen geschehen kann. Vergessen
wir außerdem nicht, dah dik Diplomatie
, der, Republik, in den letzten 10 oder 115,
il Jahren eine. Schaar jüngerer Politiker
groß gezogen hat, die anders auftreten
wie die po"nnden Nebanckehelden von
einst jnit ' .patriotischen Phrase Sie
lernten deutsche Sprache, sie bereisten deut
sch Städte,- sie traten nach außen höflich
. ind scheinbar liebenswürdig auf. Des
'halb sind sie nicht minder erbitterte Feinde
Deutschlands, und gerade sie waren am
eifrigsten bemüht, das internationale Netz
( zu knüpfen, das Teutschland über den Kopf
. ;i geworfen werden sollte. Da? ist, um einige
5cam zu nennen, zum Beispiel Maurice
Herbette, der Eohn des früheren Botschaf
ters. oder AndrS Tardieu, der Im Tempi
die auswärtige Politik macht. Ihnen
gegenüber muhte jeder Deutsche, der mit
ihnen in Beziehung trat, vorsichtig sein,
, nif tp ifir Wlttih nirrmfa liisten e?i
ljslien, besonders in kolonialen Dingen,
' jrarilretd manchen Vortheil zu erringen
gewußt; daß die russiiche-Ällionz sie
sTIakf i4 i kM WH s r 4 r i V fillTT!flm
ßliu lll vwi vun.ity .iuviti.vni.(t
würde, wußten sie wohl alle, mancher
wünschte es wohl such. Aber die Folgen
scheint sich wieder einmal keiner klar ge
macht zu haben.
Das; die Allianz ober da vorliegende
praktische Ergebnis harte, das ist beson
der daö Verdienst des russische Bot
schasterS in Paris. Alexander v. Js
wolöki. in ihm hat Deutschlciny einen sei
er schlimmsten und zugleich einen seiner
sprupelloscsten Feinde. DaS heißt, eigent
lies) fing sein Haß mit OesterreichUngarn
an. aegen das er in den Balkandingen
eine Nicherlage erlitten hatte; er pslanzte
sich danrt naturgemäß auf das Verbün
de Deutschland fort. JswolSki ist bon
jener namenlosen pcrsönlicheu Cllclkeit,
die olle russischen Diplomaten von Rang
zu charaktcrisiren scheint, und von der
schon der Fürst Gortschakoff ein so her.
vorragendes Beispiel gab. - In Paris
waren seine Abenteuer mit Frauen be
kannt; seine Pläne, die Landkarte Euro
paS umzustalten, hinderten ihn ebensowe
Nig, sein Leben, zu genießen. - wie man
chen von der jcht In Rußland herrschen
den Großfürstcnclique, den man all re
)geml
. Thea
eglc!
. .
gelmößigcn Gast in den kleinen Pariser
sah, gewöhnlich von ueivern
gleitet, deren Brillanten das russische
etaatsbudact decken mußte. Wenn der
heute nach Boideavr. gcflüchtete JswolSki
i; xoirklich daS Wort gesprochen hat, das
Jman ihm zuschreibt: Da! ist mein
k Krieg:" so vetommi er eine samt eyn
Zichkeit mit der Kaiserin kugenie. nie da.
selbe Wort 0;on iw ipracu; waar,cye,n
n wird feine Politik ebenso erfolgreich
sein. ' In einem Punkt ist Jswolski aller.
H L: r!.;e fiiWitien in Yitr Arnflnr
UHU VUjHi'
tigcn Organisation der rulliichen wp,o
y ' naae über Deutschland und Oesterreichs
I " ivt r . t p'i i. i
Ungarn. ' Denn Nußland yal tur die
Spionage in den beiden Kaiserreichen
Millionen ausgegeben, mit großem Er
folge.
Der letzte in dieser Galerie, der ,u n
en wäre, wäre wohl Sir Edward Ärey,
der Stock-Engländer, der keine fremde
Sprache spricht, kein fremdes Land kennt,
der sicher innerlich den Russen ebenso der,
achtet wie den Deutschen, der aber In dem
ftrieg des Zweibiistdcs gegen Deutsch
Knd eine Velcgsuhcit zu einem intcrna.
tnnalen Bubenstreich ersten Nan? sah,
Man kann zmeisrllaft sein, wem ron d?n
ülertretern der drei Nalionen man die
Palme reichen soll! was alr die Unser
srorenheit seiner Lügen betrisst. so schlagt
Tir Edward lLreh allen russis.skanö,
sitchen Weildewerb. Das sind die Leute,
um derentwillen sich jetzt Zausende bra
vn Uiännet in Europa hinschlachten las
scn müssen.
Die Acscstigungcn
von Jaris.
Litt vor hundert Jahren Ist Pari eine
offene Stadt gewesen. Der stolze Einst
der französischen Könige wies den CJe
danklN weit von sich, daßes je zu einer
Bedrohung der französischen Hauptstadt
durch Feinde kommen könnte, und Napo
leon schien es erst eine unmögliche Ltor
slkllung. daß er, der die Massen zum
Angriff durch die ganze- Welt getragen,
in die Lage kommen könnte, sich vor dem
Vordringen seiner Gegner nach Paris zu
rückziehen zu müssen, selbst als die
Verbündeten bereits siegreich Über den
Rhein vordrangen, konnte er sich noch
nicht zu einer stärkeren Befestigung ent
schließen, und da ohne seine Genehmigung
kein Spatenstich gethan werden durfte,
so wurden beim Herannahen der ffeinde
181S nur ganz geringe Borkehrungen ge
trossen. Die einfache niedrige Lcauer,
die im 18. Jahrhundert für die Zollkon
trolle angelegt worden war und keine Ver
theidigung darstellte, wurde nothdürftig
ailkgcbtsscrt, die Thore wurden derspcrkt.
Immerhin war die Lage von Paris auch
ohne Festungswerke für die Vertheidi
gung sehr günstig, und als Napoleon
nach der Rücklihk von Elba 1815 von
Neuem den Kampf gegen Europa auf
nahm, versäumte er nicht, seine Haupt
siadt nunmehr durch Befestigungsanlagen
zu schützen. Der Korse, der auch in die
sen Dingen ein Meister war, ließ die Um
gebung der Ctadt auf der Nordscite ver
schanzen und machte auö Et. Denis, so
wie aus den Hohen don Montmartre. La
Vilette. Belleville und Nomainville starke
Stellungen. Seit diese provisorischen
Anlagen ka der Gedanke einer Befesti
gung von Paris nicht mehr zur Ruhe.
Echo nach der Rückkehr der Lourbonen
drängte der Wiederherstcllcr des Heer
wcsenk. Marschall Gouvion Et. Eyr,
darauf; doch erst nach der Thronbeftci
gung de Bürgcrkonigs Louis Philipp
wurde die Frage immer dringender. Und
zwar sollten die Befestigungen icht so
zum Schutze gegen, äußere Bedrohungen,
als vielmehr gegen den zinnern Feind"
dienen, den mau damals besonders fürch
iete. Die Könlgstreuen und die Konser
rvtiocn verlangte eine Befestigung, um
die aufrührerischen unteren Klassen zu
iändizcn. ' Ein Streit, der fast zehn
Jahre dauerte, erhob sich über die Art
dieser Festungsanlagen. Die Einen woll
ten die Errichtung eines sortlaufenden
Zöalles mit Graben ringS um die Stadt,
die Anderen befürworteten in einem wei
tercn Umkreise die Anlegung einzelner
fester Punkte. Der berühmte Naturfor
scher Arago suchte damals den geehrten
Nachweis zu führen, daß folche Forts"
der guten Stadt Paris viel gefährlicher
fein Würden, als einem auswärtigen
Feinde, der die Stadt belagere; denn
enu der Gegner die Forts erst einge
nommen habe, dann werde er einfach aus
ihnen die Stadt beschießen. Schließlich
kam eö nach 1840 doch zu dem Bau der
Befestigungen, wobei eine einheitliche Um
Wallung und zugleich FortS angelegt
wurden.
' 1870 Ware diese Bauten in ihrer inne
ren Kreislinie wie in dem äußeren Gürtel
von 1? Forts vollendet. Die nach Deutsch
land hin auf der Ostseite voa Paris gcle
gcnen Befestigungen bildete den Mittel
Punkt 1 und stärksten Theil des Ganzen.
Daß diese Befestigungen nun einen wirk
samen Schutz für Pari? bildeten, darf
man nach den Erfahrungen der Belage
rung vo 1370 nicht annehmen. Jeden
falls lag es nicht an ihnen, wenn die
Hauptstadt erst nach Kluger alS vier Mo
naten zur Uebergabe gezwungen wurde.
Der General Totleben, der. berühmte Ver
theidiger bon Sewastopol, der nach Vesich
tigung der Forts sragte: jt tat allel?",
dürste recht gehabt haben, wenn er. sagte:
4 Stunden nachdem Ihr den ersten
preußischen Helm zu Gesicht bekommen
habt, wird sich PariS ergeben müssen."
ES waren andere Momente, die die Deut
schcn an der sofortigen Erstürmung von
PariS verhinderten. Seit diesen , Ersah
rungen ist man fieberhaft thätig gewesen,
PoriS zu einer Riesenfcstung noch den
modernsten Gesichtspunkten umzugestalten.
Die ZZernumwallung hat nun an Bedeu
jung verloren, dafür sind die FortS so
Weit herausgeschoben, daß die Stadt vor
der Beschießung gesichert ist. 'Mit ihrem
eigenthümlichen Geschick für derartige
Bauten haben die Franzosen den neu?
Fcstungkanlagen die Form von drei mäch
tigen verschanzten Lagern gegebn und die
Hauptkampflinie bis zu 123 Kilometer
ausgedcht. Damit ist ein Gebiet abge
schlössen, das groß genug ist. um auch
während einer Einschließung ein? regel
mäßigen landwirthschaftlichen Betrieb zur
Verpflegung der Riesenstadt zu sichern.
JedeS Lager ist in mehrere selbständige
Gruppen und SvenfortS gegliedert, die
die' Zischenräuine beherrschen, und diese
Zwischenräume sind mit gutem Bersiänd
niS und geschickter Ausnutzung der natür
lichen Lage zum Kampffcld vorbereitet.
Eine Einschließung, wie sie 1870 durchgc
führt wurde, dürfte für diese Riesen
sestung eine halbe Million Soldaten erfor
der. Ob freilich die Anlage folcher un
geheuren Befestigungen zweckmäßig ist. ob
sie der modernen Artillerie standhalten
werden, da! ist eine bisher ungelöste
Frage, die aber wohl binnen kurzem nun
ihre Beantwortung finden wird.
Sn der französischen Waas.
Aus einem ?lriezstaz?buch. von Rittmeister von P.
21. August. Westlich Scdan.
8 Uhr Moroni.
Xer schlt Schlqchltag lilncci ein er
neu!, Grarrn in einer roth?, Morgen
sonne der stanciunbonnti kuhte nicht
seil gestern Alend. Man sisjit den Feind
H 'cnn'nnKtrrjnnj, und birn wird tai
Gebiet stundenweise mit Geschossen fce
streut. Nur wenige Beispiele kann die
Geschichte ausweisen, daß eine Armee acht
Zax rline Aufhöre i heißem Kampf
g'slanden. ,S macht sich fühltmr.
Am ärgsten hat' in den infizieren ge
nüthct. Ein' 6. Ulan ans Hanau. Ossi
zier, erlnclt einen Halsschutz unv verschied
bald. Der Vater, ein Siegiimntekomman
dem, ,og ufallig durch da Torf, wo wir
den greund beerdigen wollten mit feinen
Mannen, da mußte der arme Mann das
Fikrchtbare erfahren. Bersteinert wie die
Grabsteine stand er da. ?,ehn Minuten
dauerte alles, dann erscholl dai Kom
mando: .Regiment stillgestanden, Regt'
ment marsch." i'n eiserner Reiter war'S,
ber von neuem inl yeiier zog in Frie
den ruhte sän Sohn.
Mörderisch waren bie Gesuchte a'stcrn
ii ni Seban herum. St,,belcmaj. Artil
leriebucll. Die Franzosen schössen ganz
heivraged. Die Äerwundung.'N aber
icnten meist leichter Natur. - Aber die
Höhen wurden cenommen und Nachts war
wieder starke 'Kiicksluthm deS Feindes.
Ich kann mir nicht beuten, daß noch so
weiter gelämpft werden kann. Tie armen
Menschen müssen Nuhe bekommen. Die
anderen Armeen sind momentan wenig
oder gar nicht engagirt. Wir sind im
Winkel und müsse den Truck ausüben,
während die arideren Flllacl halten. Die
Stimiingen wechseln. Es ist zuweilen
furchtbar düster, wenn das Schlachten gar
nicht aufHort. Die ernste Miene des
Kommandircnden. der seine Sache so hoch,
so verantwortungtschwer nimmt. Für Vie
Ezistenz de großen Einheitsnedankens
kämpscn wir, und ,daj ist jedem Mann wie
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t '' , .V . v r , rrrxr u ...
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Ter russische Botschafter Jwolsky in
Paris
eingeimpft. Ich sah sie allein stehen, zehn
Leute gegen hundert, sie ließen nicht locker.
Ein Offizier, zwei Mann blieben übrig,
und der egner mußte fliehen; um die
Fahne galt's da Heiligthiim.'und daS
hielten sie. Selten, nur selten sieht man
Verzweiflung in den Reihen der Berwun
beten. Sie tragen ihr Leid, aber keiner
klagt.
In die Kathedrale don Autrcmont an
der Maas waren gestern nach den Gcfcch
ten zahlreiche Verwundete gebracht wor
den. Auf dem Hochaltar verrichtete Pro
fessor Nchn fein fchweres Werk. 'Drei
Operationstische waren aufgestellt. Die
Aerzte arbeiteten die ganze Nacht. Die
Kronleuchter, alle Wachskerzen brannten
Miscrieonlia Domini - ein tiefes
Schweigen lag auf diesem Bild, daS
meine. 'jetzt 'sehr aufgepeitschten Nerven
zusammenriß.
Meine Thätigkeit ist sehr abwechslungS
reich. Bald bei den rückwärtigen Gefechts
staffeln, für Momente bei den Gefechts,
stäben. bei den Kolonnen. Lazaretten,
überall kommt man, als Ordonnanz und
Autooffizier. Ter denkbar interessanteste
Posten. Sehr wenig Ruhe. Die Nacht
fahrten sind da Schlimmste. Im frem
den Lande bei Nebel und Dunkelheit.
NildeS erregtes Landvolk, brennende
Dörfer, verstellte Wegweiser. ES gehört
schon vollkommene Selbstüberwindung zu
diesem Handwerk, das dabei so verant
wortunMoll; hängt doch von einem Be
fehl manchmal alles ab. Am besten geht's
jetzt G. - Er hat für seine Pferde zu sor
gen, das ist alleS. Dabei schimpft er aber
immer.
gestern Abend wie immer Strohlager
in einer Schulstube zu zehn Herren. Zu
essen gab's nichts, auch den Tag über
nichts. Unsere Aerpflegungswagen stehen
noch über ber Maas, und bie Kolonnen
versperren ben Weg. Da sucht sich eben
jeber selbst, was er bekommen kann. Ich
gehe in diesem Fall immer an die Mann
schaften heran, die haben immer zu fut
tern. Sind die Dörfer doch auf Meilen
weit verlassen, und alle!, was da kreucht
und fleucht, wird requirirt.
Hier im Felde schwinden die Werthe.
Wie das höchste, von .Gott geschaffene
Leben nichts mehr bedeutet, so schwindet
auch für alles andere der Werthbegriff.
Was liegt an Kriegsausrüstungsgegen
ständen auf den Straßen herum! Pferde
zu Hunderten.' In den Dörfern, Städten,
alles verwüstet. Der Hausraih liegt in
den Straßen zerstreut, alles zerschlzen,
zertrümmert, wenn nicht iiberhaupi alleS
bis zum letzten Stein ausgebrannt ist.
DaS haben die Franktireurs verschuldet,
die den Soldaten zur Naserei bringen.
In einem Dorfe, standen noch fünf Häuser,
dik unversehrt. Ich mußt, mich orien
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ZIgNchk CmaU Iritutir
tieren, ging !n eim der Häiiser. Da taej
eine Zunge madonnenschöne stcou im Brtt.
Sie siöljiite. streckte die Arme ach mir
aus, "vh, mn fiffieiiT, von ti'tU-n jif
Lail-nr-, nVxt "0 jin, ne mg tun pn",
bie Aermsle halle gerade ein Kind gebo
rtn. Idr Mann war im steld rsifrnffui,
WM. Tranße auf der Straße Wildes
G.shrei. Man sessclte dcn allen Bcitcr.
er hatte ans Husaren au dem ihnftcr
geschossen. Eine Salve krachte, auch er
war dahin, und drunten vor dir Haus
thiire saß daö alle MUtlerchn. wie ein
versteinerte Bild, sie sah Mk, hörte
alle, der Himmel siel für sie ein
Auch dein Heitere giebt es tt sei
Tank, sonst wär'S nicht aukzuhiilten. Ein
junger Ulanenossizier wuide gestern von
einem Schrapnell an der Tscha; ka (Helm)
gktiossen. Et schlug ihn um, ohne ihn zu
verwunden! nur lag er besminingslos eine
hall Stunde. Als er erwachte, war er
ausgezogen bis aufs H'md, umgeben von
ssranzosen. Er faßte sich, stellte sich todt
und wartete, bis sie bargen, dann
flüchtete er ein Kornsld mit eimm
Karabiner bewaffnet, blil.b dort die Nacht
und batte das Glück, am nächsten Mo, gen
eine Patrouille zik erwischen. Er s,l,w?ng
sich auf ein Pferd in glaublichstem
Kostüm und errichte den Stab so gestern
Abend. Er bleitt jtzt beim Stäbe.
SamZtag Abend.
Eine enge Dorfstraße in Autmourt an
der Maas sie ist erfüllt, von cschrei.
fahrenden Wagm, Kammandostimmcn
.rechts fahren", ..ranhalten", dai Vene
ralkommando kommt" Autosignale.
Trompete auch der Kroßhcrzog mit
fast unkenntlicher Staubmaske ist wieder
ti uns. Das Dorf ist der wenigen eines,
das den Jlammcn entronnen. Wir blei
ben hier heute Nacht. Tie Verpflegung
etwas mangelhaft in dcn letzten Tagen.
R. thut, was er kann. Jeder sucht auf
eigene Kappe ein Lager. P. und ich be
trete das erste beste Haus. Ein todtes
X
Sir Edm. Grey. britischer Minister des
Aeußern
Schwein liegt davor, im Eingang Haus
rath. Trümmer, die einstmalige Speise
siube der Besitzer eine Wüstenei. Eßsachen.
Porzellane, Bettwäsche, Spiegel, ein zcr
setztes Harmonium, am Boden Stroh,
ein geschlachtetes Hulm darauf, Gewehre,
Säbel, auf einem Gipskopf ein Franzo
senläppi. angebrochene Gclcetöpfc, wir
steigen hinüber über dieses .Einst" und
kriechen die alte Holzstiege hinauf, da wo
sie schliefen, wo Friede war. wo auch noch
der Abglanz der getrennten Welt an allen
Gegenständen zu sehen ist. Vier Kinder
bettchen, sauber und weiß, über jedem ein ;
Kruzifix Jesus firipz pour nous", Klei
dungsstücke auf dem Boden, sie waren nur
mit dem Nöthigsten bekleidet geflohen,
ihrer Armee nach, rückwärts, rückwärts,
das große Tebacle. P. und ich theilen
uns in das große Bett, er soll darin schla
scn. Ich nehme die untere Matratze, welche
Bcrwöhnung nach acht Tagen Strohlager.
Wundervoll ist die Nacht, die Sterne
leuchten am Himmel, wo Friede
Man rust Essen! Die Herren zum
Essen! Drüben in dem Garten der Schule
ei große Flackerfeuer.. Der Komman.
dirende und der Großherzog auf einer um
gedrehten Leiter sitzend, haben ihre Suppe.
Kisten und Holzhaufcn dienen uns zur
Futtereinnahme. Suppe und Brod, das
, schon seit fünf Tagen. An Wein fehlt es
icht. es wird fest getrunken. Man ver
trägt ja olles im Felde. Auf dem nahen
Hügel vor uns Biwalfeuer. Man verlün
det dcn Soldaten soeben die Siege aus
Nußland, unsere Vormärsche auf Ant
werpen, .Hurra!" braust es da herüber.
Ich hatte mir auch ein Kochgeschirr ge
holt, Hühncrsuppe mit Speck und Bohnen
war eö, ausgezeichnet. Kaum ein Paar
Löffel warmen Essens im Magen, da
kommt der Chef: Nach Sedan fahren!"
Es ist 11 Uhr. ich sehnte mich nach Ruhe.
aber diese Nachtfahrten -. Zu
Befehl." Nebel lagen auf der Macs, über
die dumpfklingende Pionierbolzbrücke mit
dem verschmutzten Auto hinüber. Richtung
Bazailles. Wieder Kolonnen überall, es
ist furchtbar, daran vorbei zu kommen.
Posten halten einen an auf Schritt und
Tritt, Gewehr im Arm, oft auch den Fin
ger am Abzug.' Generalkommando
XVIII". ' Passiren' schreit der Posten.
Kennt man die Straßen nicht das
müde Auge ringt sich seinen Weg auf
spärlichen französischen Karten. .Sedan",
schon-zweimal war ich dort. Bor mir die
Geister derer von 70. Gestern am Tag da
lagenunsere Truppen auf dem National
platz, sie sangen und sangen unsere deut
schcn Heldenlieder. Viele Brüder todl
und verwundet, und doch: eS wird weiter
gesungen. Die Verwundeten singen auch
wenn wir nur siege - nur der Mund
der Todten schweigt, aber ihnen ist das,
II-' V V - ' -- M I b 1 --.r'r y.-. . . I
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'wftdj iiia j 'aiMliBWWMMB -:Ktty.:. .jPra jjgf-j-J&gi ltä-'Mlt,l t , . Z-i,
Halleliisa der Hinnnettchore gesenkt. Aus
dem Wege NaI,ts ron Scdan nach Hause
sprach mich ein Todter n: Ich niußte hol
t,n es war ein srischcl ß, eine
Lampe hing daran, sie war frisch ange
itlidet, ein Holzkreu auf dem Hügel,
ltal l,'on B. stand darauf geschrieben
ei's!? noch schüttelte ich seine Hand. Der
Mond schien wundervoll, kalt war e, aus
dem Kikchlhnrm von Äutrecourt die rothe
Laterne des rothen Kreuzes, sie zeigte mir
dcn ZZeg.
Sept. Eernai en TormaiS.
üm "kkstcnmal seit Luimburz zeitig
In's Quartier gknmmen, auch ein der
lältnitmäßig anständiges Bauernzimmer
mit Bett vorgesundcn. Nun soll ich die
Badewanne wieder einmal ihre Sck,u!dii
kcit thun, wclcheWonne. Tu machst Dir
knncn Begriss, wie wir alle auksehen, der
Staub in der Kolonne, daS Lagern auf
Stroh, das unregelmäßige Sichsäubern
können, macht einem zum kompletten
Sch' ' i. Die Truppen haben ellc Bärte,
manche OfZizicre sind kaum wiedcrzu
erkennen.
ES ist oft schwer, sich zn konzentriren
bei dem ohrenbetäubenden KricgSIärm.
sind' nicht Kanonen, so sind'S die nimmer
endenden. Tage und Nächte an einem vor
bimarschirenden Kolonnen, Munition,
Jourag!. Lebensmittkl. d?S großen Heere.
Wir habe jetzt wieder mehr südlichen
KurS. Ich tarire einen sehr heftigen
Borstoh. Ein letztes Alles-Einsetzen der
Franzosen, aber ich kann mir nickt denken,
daß sie irgendwo Klück haben. Disziplin
und Moral haben kolossal gelitten,
neben ihrer schlechten Krieasführung. Gebe
nur Sott, daß ein unmenschliches, surcht
bareö Blutbad erspart bleibe. Heute kam
der Kriegsminister und gratulirte dem
Kommandirenden für feine großen Er
folge und Siege. Er sagte ihm: .Sie
haben große Verluste, ober Sie hoben in
der großen Armce'Seliwenkung den Aus
schlag geacben, ohne Sie wären wir viel
leicht nicht so weit." Sch. war selig.
Visiern waren diele von 4 Uhr Nach
mittags bis 1 Uhr Nachts auf der Suche
nach dem linken Flügclkorps. Hinten
herum kommt man wegen der Kolonnen
schwer, und vorn ist's immer gefährlich.
Dann hcißt'Z sich irgendwo durchschwin
Der französische Minister dcS Aeußern
VV'ki 1
dein, mit dem großen Auto ist's manchmal
furchtbar schwer. Gestern schlugen Gra
naten auf zweihundert Schritt vor mir
ein. Ich habe mich sofort dünne gemacht.
Welch ein Glück babcn wir mit dem
Wetter, nur zwei Regentage, feit wir von
Hause weg sind. Icht sind wundervolle
Herbstftimmungcn. Schon gestern Nacht
fuhren wir bei prachtvollstem Vollmond.
Alles war schauerlich erleuchtet. Dörscr
flammten blutroth. auf den Straßen end
lose Kavallcrie-Ziiqe. verstaubt, zerzaust,
verwildert. Biwakfeuer. Es ist jetzt
besser fahren in Frankreich. An Belgien
denke mit Schrecken zurück. Jetzt fange
ich an zu glauben und zu hofft, daß
wenn nicht große Belagerungen kommen
und endlose Präliminarien, wir doch, gebe
cS Gott, ich! allzu lange diesen großen
Bölkerkrieg weiterführen werden.
ßin Wort siir'das Kkjatz.
In einem Artikel in der .Franks. Ztg."
legt Dr. Ernst Hochschild auS Aolmar ein
Wort für feine elsässischen Landsleute ein.
Sein Verlangen, man solle den Essässern
jetzt Vertrauen entgegenbringen, begründet
er mit nachstehenden Ausführungen: Wie
loyal sich das Elsaß benommen hat.
bewiesen seine 90 000 Kriegsfreiwilligen,
beweisen täglich die Heldenthaten elsässi
scher Soldaten und Matrosen, die mit
Begeisterung unter der deutschen Fahne
fechten. Wie fehr sich daS Elsaß bewährt,
dafür ist auch ein Beispiel die hervorra
gende Haltung der sonst so verschrieenen
Stadt Colmar, in der die gcsammte, ins
besondere auch die altelsässische Bcvölke
rung den durchziehenden- Truppen die
glänzendste Verpflegung zu Theil werben
ließ. Lanbwehrle'ute, die wochenlang in
Kolmar lagen, sind von der Aufnahme,
die sie dort gefunden haben, geradezu
begeistert gewesen, und ihr Befehlshaber
hat der Bevölkerung auch offiziell den
Dank der Truppen iie.?esprochen. Wie
dort die Bevölkerung 'demf, zeigt sich in
der einmüthigen Verurtheilung' der
Schandpolitiker WctterlS, Blumenthal,
Helmer und Waltz, die gelyncht würden,
wenn sie sich in Kolmar wieder einmal
sehe ließe. Daß in manchen elsässischen
Dörfern auf der Heerstraße, too Wochen
lang Zehntausende von Soldaten "durch
zogen, die armen Bauern für die Solda
ten nicht mehr viel thun konnten, ist
selbstverständlich, ökuch hieraus ist, ohne
daß man darüber nachdachte, der elsässi
schen Bevölkerung mancher Borwurf
gemacht worden. Aber wer kann mehr
geben, als er hat?
Die japanische BrigadeNambu ber
lor im russisch-japanifchen Krieg in einer
Viertelstunde SO Prozent ihre? Bestände.
Fus dcn Kämpjen M Lemöerg.
Ariegserlebnisse frcs violitwirtuosen tfrlij IttCliUv
Der berühmte Wiener Geiger Fritz
Kreitler Ixfaiid sich brim Kriegeaukbruch
in Ragaz in ber Schweiz. Tort stellte
er seine diesjährige 5tonzerttournee znsam
men, in ber Paris, London und Pet'rs
bürg die Hanpletaplxn gewcse wären.
In bicsen Etavtcn nämlich hat Kreiöler
seinen Weltruf errunai'N. Kein deutscher
Geiger darf sich in diesen drei Metropolen
solch anhaltender Triumphe rühmen, wie
sie Kreiölcr beschicken waren. Nun mußte
btt Künstler, dcr ein echtes Wiener Kind
ist er ist der Sohn eines bekannten
Wiener Aerzte die Geige mit dem
Schwert vertauschen. Er eilte, als die
Mobilisirung angeordnet wurde, sosort zu
seinem Regiment, in daS er als Reserve
leutnant eintrat.
Seine Frau, eine tapfere Amerikanerin,
die durch ihre Heirath die östcrieichisck!e
Staatsbürgerschpst gewann, hat jetzt voll
auf bewiesen, daß sie ihrem neuen Vater
land auch mit ihrem ganzen Hcrzcn ongc
hört. Fron Krcieler bethätigt sich in hin
gebungiZvollstcr Weife an allen Fürsorge,
akliomn mib erwarb sich überdies ein ganz
besonderes Verdienst dadurch, daß sie Mit
tcl und Wege fand, die öffentliche Mci.
nung der Bereinigten Staaten und speziell
die Umgebung des Präsidenten Wilso in
öslerreich-sreuiidlichem Sinn zu iusormi
ren. Als nuithigcs Weib hat Frau Kreis
ler ihren Mann mit schwerem und doch
freudigem Herzen in den Krieg ziehen
lassen.
Kreislcr stand bei der Armee, die süd
westlich von Lemberg operirte. Er hat d
Gefechte bei Lemberg bis zum 6. Sep
tember mitgemacht und wurde a jenem
Tage bei einem nächtlichen, erfolgreich
zurückgeschlagenen Kosakenüberfall über
ritten. Mitte September traf er vom
Kriegsschauplätze in Wien ein und bcfin
det sich gegkniXtig dort in häuslicher
Pflege bei seiner Familie. Er erlitt eine
Sehnenzerrung des rechten Armes und
eine schwere Nervenentzündung on den
Beinen. Zur Herstellung seiner Gesund
heit ist ihm von der Militärvchörde ein
vierwöchigcr Urlaub bewilligt worden, den
er in Baden zu verbringen gcdcnlt.
Es Wird seine zahlreichen Verehrer
freuen, zu hören, daß ker Künstler trotz
der ausgestandenen Strapazen und trotz
seines Leidens srisch und wohlgemuth ist.
Und frisch und wohlgemuth schilderte er
auch einem Mitarbeiter eines Blattes,
der ihn unlängst besuchte, in nachstehender
Weise seine Eindrücke und Erlebnisse aus
dem galizischen Kriegsschauplätze:
Man lebt bekanntlich als Künstler Zn
einer eigenen Welt und hat seine eiaen
artigen Erlebnis und Emotionen. Aber
ich darf wohl sagen, daß es, als ich zur
Fahne meines Regiments eilte, wie ein
Sturm über mich kam, der den Künstler
hinwegfegte. Kaum hatte ich des Kaisers
Rock an, als ich mich völlig als Soldat
fühlte, von dem gleichen kriegerischen Geist
beseelt, der meine Mannschaft durch
glühte. ,
Diesen Geist aufopfernden Helden
muthcs offenbarten unsere Leute gleich bei
ihrer ersten Aufgabe, als sie mitten im
feindlichen Artillerie feuer mit vollster
Ruhe Schützengräben aushoben. Wir
hatten vor uns einen weit ausgedehnten
Sumpf, über den an einer einzigen Stelle
eine Brücke führte, die durch unser Jnfan
tericfeuer bcstrichen werden konnte. Wir
hatten uns also in den Schützengraben
unthätig zu verhalten, um hierdurch die
Russen über jene Brücke herübcrzulocken.
Hinter unserem Rücken befand sich unsere
Artillerie, welche die feindliche Artillerie
beschoß, die ihrerseits unsere Stellungen
ausfindig zu machen suchte. Die Russen
nahmen also das ganze Feld in'Z Feuer,
um uns zu dcmaskiren.
Die Schrapnells heulten, zischten und
sangen in der Luft. Diese Musik macht
Anfangs einen unheimlichen Eindruck, aber
man gewöhnt sich rasch daran. So lag ich
also in dem Schützengraben, ab und zu
aufhorchend, mit der. Mannschaft plau
dernd und bie Nacht sehnsüchtig erwar
tend. Jede Nacht es waren Mond
nächte kamen nämlich die Tragthicre
mit der Menage an die Schützengräben
heran, und wir bekamen ausgezeichnete
warme Küche. Kein opulentes Souper
hat mir jemals so gemundet wie diese ein
fache, gesunde Kost! Die Stimmung war
stets so glänzend, daß-die Soldaten meines
ZugeZ i dem Schützengraben beim Mond
schein sogar Karten spielten. Tagsüber
hatte ich reichlich Gelegenheit, durch mei
nen Feldstecher sowohl die russische In
sanierte als auch die feindliche Artiller-ie
zu beobachten. Wir machten dabei auch
die Wahrnehmung, daß die russische Ar
tillerie zwar sehr gut schoß, daß aber circa
23 Prozent ihrer Geschosse nicht krcpirtcn.
Dieser Umstand wirkte dazu mit. daß die
Truppen in ihrem Kampfcsdrange die
Offiziere unablässig bestürmten, sie bor
wärtS zu führen. Sie wollten stürmen.
ES machte uns Mühe, sie davon zu über
zeugen, daß unsere Unthäiigkcit absolut
nothwendig wäre.
Wir konstatirten auch, daß die meisten
Verwundungen durch russische Gewehr
kugeln leichter Natur sind. Die Erklä
rung hierfür liegt in der relativen Klein
heit' und der kolossalen Durchschlagskrast
der russischen Spihgeschosse, die nur sehr
kleine Ein und Ausschußwunden verur
fachen, bei denen in den seltensten Fällen
Brand eintritt.
Ich hatte indes auch einmal Gelegen
heit, den . Anblick eines grandiosen
Schlachtbildes vollauf zu empfinden. .Un
ser Regiment stand auf einer Anhöhe als
Reserve. Ich war also sozusagen objekti
ver Zuschauer. Es war ein unheimlich
schönes Bild diese weite Ebene, über
die es war 11 Uhr Vormittags
die Himmelsglocke rein und klar sich
wölbte. Die beiden Armeen standen sich
auf kilometerweit ausgebreiteten Fronten
gegenüber. Auf fernen Waldabhangenl
tonnte ich aus der einen Seite unsere Ka
vallerie, auf der andern Kosakcnabtheilun
gen schcn. Ich sah auch, wie unsre und
die russischen Batterien jn ihren Skllun
gm auffuhren. Eine Cplsode hlerbe! fcf.
sclte im besonders, lfl einem Oald
saum hatte sich eben eine russische Batterie
postirt. Kaum war diel geschehen, al
auch schon eine österreichische Batterie, die
jedoch unsichtbar blieb, da Feuer gegea
sie erojfnkle. Eine halbe Stunde unge
sähe dauert diese donnernde Duell. Die
Russen schössen ansang mit der vollen
Batterie, dann mit vier und schließlich
nur mit zwei Geschützen, die auch bald
verstummten. Wie wir später höitcr',
wurden diese zwei letzten russischen Ge
schütze durch eine österreichische Kavallerie
eökadro irrt Sturm erbeutet.
Wunderbar war hierbei da Vorgehen
unserer eigenen Schmarmlinien, deren
Mannschaft au Soldaten unserer Alpen
länder bestand. Es- war ein herrlicher
Anblick! Und die Bravour, mit der sie
die todten Geschoßräume der scindlichcn
Artillerie ausnützten, um näher an den
Feind z komme! Eine söönere.erbe
bendere Musik habe ich nie gehört al die
Hurrarufe dieser Truppen in dem Mo
mcnt, da sie in die feindlich? Positionen
eindrangen. Diese brausenden Hurrahruse,
die der Wind zu uns herübertrug!
Es war ein gigantisches Ringen. daS
jeden von unk i seinen Bann zwang.
Obgleich ein Atom in dieser Masse, batte
man doch da! fast unbczwingliche Gefühl,
in diesen gewaltigen Ringkampf einzu
greifen. Dicscö Gefühl hat jeden bis zum
letzten Man durchglüht. ES war für
mich geradezu beseligend, unsere Leute zu
sehen, wie sie mit kindlichem Vertrauen
zu ihren Offizieren und einer erstaun
lichen Tollkühnheit vorwärtsstürmten. Wie
schwer wurde es mir selbst, in dem
Schützengraben meine Leute zu bewegen,
liegen zu bleiben. Sie wollten die Feinde
sehen, um so viele Ziele als möglich zu
haben. Ich könnte stundenlang erzählen,
wenn ich die anonymen Heldenthaten schil
dcrn wollte, die jeden Tag und jede
Stunde ohne Aussicht und ohne Wunsch
auf Belohnung vollbracht wurden. Wie
viele Osfiziersdicner marschirten verwun
det mit, weil sie ihren Herrn nicht ver
lassen wollten! Ein Koch wollte das ver
wundere Tragthicr. da! die Kochkessel
trug, nicht im Stich lassen. Er blieb bei
seinem Pferd mitten im Artilleriefeuer,
bis eine Sanitätkabtheilung nachkam und
es regelrecht verband. Wie rührend ist die
geradezu zärtliche Sorgfalt, die man auch
dcn Pferden angedeihcn läßt, die bei Ber
Mündungen verbunden und gepflegt wer
den! Es giebt sogar Spitäler für Thiere'.
Wenn man mitten unter solchen Trup
pen kämpft, die Seele don der gleiche
Begeisterung wie sie geschwellt, wenn man
täglich, stündlich solche Beispiele von hin
gcbungsvollem Heroismus vor Augen hat,
dann spürt man keine Strapazen. Man
fühlt sich verjüngt und neu gekräftigt. Ich,
bin volle zwölf Tage nicht auS den Klei
dem gekommen. Ich empfand dieS durch
auS nicht als Unannehmlichkeit. Ich fchlief
jede Nacht im nassen Gras ohne jeden wei
teren Schutz als meinen Mantel. In mei
nem Zivilverhältnis hätte ich mir hierbei
sicherlich eine Lungenentzündung zugezo
gen. Im Feld hatte ich kaum unter einem
Schnupfen zu leiden. Alle Sinne schärfe
sich. Man sieht und hört schärfer. Ich
habe im Feld nicht einmal eine Magen '
Verstimmung gespürt. Alle nervösen und
neurotischen Symptome verschwinden wie
unter einem Zauberschlag. Der ganze Or
ganismus funktionirt normal und ist mit
Energie geladen. Und wenn man dann,
wie es mir widerfahren ist, zeitweilig aus
der Gefechtslinie zurückgezogen wird, so
hat man. doch daS erhebende und stärkende
Gefühl, daß njan im Verein mit feinen
Kameraden -. denn auch der Mann ist
im Feld der Kamerad deS Offizier?,
an dem gewaltigen Werk unserer Helden
müthigcn Armee mitgewirkt hat. Sie
werden eS daher begreiflich finden, wenn
ich Ihnen erkläre, daß ich den Moment
mein. Genesung auS tiefster Seele herbei
sthne, um mich meinem Regiment wieder
zur Verfügung zu stellen und um meine
mi.; in so kurzer Zeit anS Herz gcwach
scnen Kameraden wieder zu sehen. '
Im $cm der Deutschen.
Die Londoner Zeitung Daily Tele
graph" hat einen der Verwundeten, die be
reitS wieder nach London zurückgebracht
sind, ausgefragt. Dieser sagte: .Glaube
Sie mir, eö war die Hölle. Ich habe den
Bonrfcldzug und auch den Burcnfcldzua
von Anfang bis zu Ende mitgemacht, aber
ich habe niemals etwas so Schreckliches ge
sehen wie das, was dort passirle. ES ge
schah so unerwartet. Wir glaubten die
Deutschen einige fünfzehn Meilen ent
fcrnt, und mit einem Male eröffneten sie
ein Feuer mit ihren großen Geschützen.
Lassen Sie mich Ihnen sagen, was dem
Regiment vaikirte: Als nach btt
Schlacht die Leute ausgerufen wurden,
antworteten von meiner . Kompagnie nur
drei Mann, ich und zwei andere! DaS Un
erwartete und so Schreckliche war die At
tacke deS VclndeZ, und so ubcrwältigcud
war ihre Zahl, daß eö keinen Widerstand
aab. Ebk dns kkeiier tr'Atfnri w,!?, sinn
ein deutsches Flugzeug über die englischen
Gruppen, uno vie Aermunvcien zogen aus
seinem Erscheinen die S&lnfifnWnin
daß es als eine Art von Jndez für die ge
naue . tfeittterntng der Stellung, die wir
innehatten, dienen sollte, und ferner, daß
die Deutschen so genau ar ih: Fc?.'
dieses Schlachtfeld vorher genau stu
dirt hatten und eine genaue Kenntnis deS
Landes ausweisen. Schützengräben, die,
unsere Leute gegraben hatten, bildeten gar
keinen , Schutz." Derselbe Verwundete
sagte dem Ausfragen .Kein Mensch hätte
einer solchen mörderischen Attacke wider
stehen können. ES war ein Regen vo
Blei, eine Überschwemmung vo Blei,
und ich kann eS immer noch nicht glau
ben, was geschehen isk'EZ waren geradezu
Teufel."
f
Ü