Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, September 29, 1914, Image 5

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D!e Gelbe" und
d!e Grüne" Gefahr.
die Situation im fernen Osten seit dem chinesisch. japanischen
Arieg und die wiederholte Neuorientirung der dort interessirtcn
l)MUi)U. Der rujsisch.japanische Interessenausgleich mit der
9z'iize i?j?n die Per. Staaten. Deutschlands Kamps uin
den platj an der Sonne.
m 13. November 1807 landete.
( U nach der Ermordung zweier
V V drulfifxt Mistionare in
nV Gchantunej, ein beulMit PJe
schivader unter dem Kommando be
JlonlreabmiratS DicderichS bei sliout
schou in der chinesischen Provinz Schon
tung. Am sechsten Dezember kam der
Vorfall im deutschen SicichStag zur
Tprache.
Staatssekretär bei üscnfsern von Vi!
low (der spätere IZeichUanzIcr und Fürst):
.Wir empfinden durchaus nicht da Be
diirfnl, unsere Finger in jcdcn Topf zu
flecken. Aber wir sind der Ansicht, bah ei
sich nicht empsie'hlt, Deutschland in z.
kunftsreichen Ländern von vornherein
ukjuschlikfzen vom Wettbewerb anderer
Völker. Die Zeiten, wo der Teutsche dem
einen seiner Nachbarn die Erde überliefe,
dem anderen da Meer und sich selbst den
Himmel reservirte. wo die reine Doktrin
thront (Heiterkeit, Bravo!), diese Zeiten
sind vorüber. Wir betrachten es als eine
unserer vornehmsten Ausgaben, grade in
Ostasicn die Interessen unserer Schiff
sahet, unseres Handels und unserer In
dustrien zu fördern und zu pslcsien. Die
Entsendung unserer Ztreuzerdivision nach
der ttiautschou-Vucht und die Besetzung
dieser Bucht ist erfolgt einerseits, um für
die Ermordung deutscher und katholischer
Missionare volle Cühne. andrerseits für
die Zukunft größere Sicherheit als bis
her gegen die Wiederkehr solcher Vor
kommnisse zu erlangen. Wir wünschen die
Fortdauer der Freundschaft, welche
Deutschland seit lange mit China beibin
det. Aber die BctaiiSfetung für die
Fortdauer bicscr Freundschaft ist bie ge
gcnseitige Achtung bei beiderseitigen
Rechte. Wir muffen verlangen, dafj der
deutsche Missionar und der deutsche Un
lernehmer, die deutschen Waar?n, die
deutsche Flagge und das deutsche Schiff in
?hina grade so geachtet werden, wie die
jenigen anderer Wächte. Wir sind endlich
gern bereit, in Ostasien den Interessen
andrer Mächte Rechnung zu trazen. in ber
sicheren Voraussicht, dah unsere eigenen
Interessen gleichfalls die ihnen gebührende
Würdigung finden. Mit einem Worte:
wir wollen Niemand in den Schatten sicl-
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kn, aber wir verlangen auch
unsere Platz an der Sonne."
(Lebhaster Beifall).
'Da war bas Wort gefallen, welche?
niemals wieder verstummen sollte. Da
war mit dem Wort zum ersten Mal der
Lnspruch öufgestellt, welchen Deutschland
nicht wieder ausgeben wird. Deutschland
beansprucht feinen Platz an der Sonne.
Die gesammte europäische Politik ist seit
dem von diesem Anspruch beherrscht wor
den. Alle Koalitionen und alle Interessen
und alle Feindschaften haben sich seitdem
um Ui eine Wort grupvirt. diesem
Anspruch liegt, von allen Nebensächlichkei
n und llen Zufälligkeiten und allen
spätere Vbsichtlichkeiten entkleidet, der
Vrund zu dem großen europäischen Völ
Zerringen von heute. Deutschland ringt
um seinen Platz an der Sonne.
. Wir waren unS schon vorher nicht im
Zweifel darüber, daß wir in Ostasien
einen territorialen Stützpunkt brauchten.
Ohne zinen solchen würden wir dort in
wirthschaftlicher, in maritimer und in all
pemein wolitischer Hinsicht in der Luft
schweb. Ohne einen territorialen Stütz
puntt iirdcn alle deutschen Unierneh
mungen in China im letzten Ende Ande
ren mhr zn Gute kommen als uns, ohne
einen solchen würden unsere technischen
und kommerziellen Kräfte sich zersplittern,
Mit einem Wort, würden deutsche Arbeit
und deutsche Intelligenz, wie dies früher
st genug der Fall war, für anderer Leute
Aecker den Dünger liefern, statt unseren
eigenen Garten zu befruchten." (Staats
Sekretär von Blllow in seiner Reichstags
Rede am 8. Februar 1898 zur Begrün
dung de Kiautsckou. BartragS,)
Weil der deutsche Michel nicht w'f für
derer Leute Aecker den Züvij ftscrn,
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sondern den eigenen Garten befeuchten
will, deshalb sind ihm die Feindschastcn
erstanden. Teutschland kämpft heute für
den eigenen Karten, um die Früchte der
eigenen Arbeit, und diese Arbeit ist eelie
sert zur Forderung des Nullursortschritts
der Menschheit und im Interesse des
Weltfriedens. Teutschland kämpft heute
für den Nultursortschritt und dafür, daß
der Weltfrieden wieder von Tauer sei.
.Ich möchte fragen, ob nicht in Chinu
in unserer Interessensphäre eine freie
Konkurienz oller Nationen zugelassen wer
den soll, während wir denselben An
spruch in den Interessensphären der an
deren Länder erheben.' (Abgeordneter
Barth von der Freisinnigen Veninigung
im NcichZlag. 8. Februar 1S0S.)
Tie Zulassung ber freien Konkurrenz
aller Nationen hat zu ber Prägung eine
anderen, geschichtlich bedeutsamen Wortes
geführt. Zu dem vom amerikanischen
Staatssekretär Philander Chase stnor ge
prägten Wortes von der Offenen Thür".
TieseS Wort und die in dem Begriff ent
hallcne Forderung hätte logischer Weise
die politischen Konstellationen in Ostasicn
unter der Herausstellung rein wirthschaft
licher Erwägungen bestimmen sollen. Diese
Erwägungen hätten Deutschland, Eng
land und die Vereinigten Staaten gegen
Rußland und Japan gegenüberstellen
nillsscn. England aber zog auch Ostasicn
in bcn Kreis feiner Politik ber Einkrei
sung Deutschlands, und die Vereinigten
Staaten verloren mit ihrer Jnaugurirung
einer Kirchthurmpolitik den weiten staats
männischen Blick, welcher sich früher in der
Prägung des Wortes von der Offenen
Thür" gezeigt hatte.
Teutschland kämpft heute um seinen
Platz an bei Sonne, das heißt, um die
Früchte der eigenen Arbeit, und zugleich
für die freie Bethätigung der Kräfte aller
Nationen und Länder in der wirthschaft
lichen Konkurrenz. Wenn vor dem Nich
ierstuhl der Weltgeschichte einmal die
Kricgs-Vcrschuldnng festgestellt werden
wird, dann werden olle die heute so leb
haft erörterten Fragen, wer zuerst gc
rüstet, wer zuerst angefangen, wer Ver
träge gebrochen und wer Verschwörungen
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Dcfestigung von Kiautschou.
angezettelt, als Nebensächlichkeiten vci
Seite geschoben werben. Dann wird das
Für und daö Wider in zwei Rubriken
eingetragen werden: Deutschlands An
spruch auf den Platz an der Sonne und
Deutschlands Kampf um die Offene Thür,
Und unter einer solchen Erwägung er
scheint das Hineinziehen Japans in bicscn
Kampf durchaus nicht als Zufälligkeit
oder Willkürlichkeit. Es ist kein europäi
scher Krieg, sondern ein Weltkrieg. Unter
diesem weiten Gesichtspunkt wird die
Weltgeschichte einmal die Schuldsrage
entscheiden.
Am 6. März 1808 wurde zwischen
Deutschland und China ein Vertrag ab
geschlossen, welcher dem Deutschen Reich
daö gesammte innere Wasserbecken der
Kiaut'schou-Bucht, ferner die südlich und
nördlich vom Eingang der Bucht bis zu
den größeren Landzungen sowie die inner
halb der Bucht gelegenen Inseln mit allen
Hohcitsrechten aus 99 Jahre verpachtet
wurden.
Am 1. August dieses Jahres (1914)
übermittelte der japanische Geschäftsträger
in Berlin im Auftrag feiner Regierung
dem Auswärtigen Amt eine Note, i wel
cher unter Berufung auf das englischja
panische Bündnis die sofortige Zurück
ziehung der deutschen Kriegsschiffe aus
den japanischen und chinesischen Gewässern
oder die Abrüstung dieser Schiffe, sodann
bis zum 15. September die bedingungs
lose Uebergabe des Pachigcbietes ' von
Kiautschou an die japanischen Behörden
zwecks eventueller Zurückgabe an China
und die unbedingte Annahme dieser For
derungcn bis zum 23. August vcrlungt
wurde.
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Am R. September gab im japanischen
Parlament der Minister der auswärtigen
Angelegenheiten folgend? Erklärung ab:
Anfangs August ersuchte die britische
Regierung die kaiserliche Regierung um
Beihilfe aus Grund der Bestimmungen
des englisch japanischen Beitrages. Deut
sche Kriegsschiffe und andere armirte
Schiffe streifen durch die Meere Ostasiens
und bedrohen unseren Handel und den un
seres Bundesgenossen, während Kiautschou
augenscheinlich als Basis kriegerischer
Operationen in Ostasicn in Stand gesetzt
wird. Große Besorgnis herrscht im scr
ncn Osten bezüglich der Aufrechterhaltung
des Friedens.
.Wie Jedermann weif,, bczivectt das
Vcrtragsablommen zwischen Japan und
Großbritannien die Aufrechterhaltung
des allgcm inen Friedens in Ostasicn, zur
Sicherung sowohl der Unabhängigkeit
und Integrität Chinas als auch des
Prinzips gl'icher Möglichkeiten für Han
del und Industrie aller Nationen in
jenem Lande, und für die Vertheidigung
der territorialen Rechte und besonderen
Interessen der beiden vertragschließenden
Parteien. Deshalb konnte Japan, zu-
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mal eS von seinem Verbündeten um Bei
Hilfe angegangen worden war, zu einer
Zeit, da der Handel Ostasiens, welchen
Japan und Großbritannien gleich ein
schätzen, und eine der besonderen Jntcr
essen beständig bedroht werden, unter die
sen Umständen konnte Japan, welches
jencS Bündnis als das leitende Prinzip
für feine auswärtige Politik betrachtet,
nichts anderes thu, als dem Ersuchen
Großbritanniens gemäß zu handeln.
Die Geschichte hat kaum eiire amtliche
Erklärung auszuweisen, welche sich an
schamloser Verlogenheit der des japani
schen Ministers gleich unwürdig an die
Seite stellt. Man hat nicht einmal eine
Bcrklausulirung und eine Verschleierung
des Entschlusses, was doch sonst der Ver
schlagenheit der Orientalen so leicht wird,
für nothwendig gehalten, sondern sich an
der brutalen Verdrehung der Thatsachen
genügen lassen. Aber das Urtheil der
Weltgeschichte wird auch diese Brutalität
als nebensächlich bei Seite schieben und
ganz allein die Thatsache rcgistriren und
wägen, daß England die Japaner auf
Grund eines Vertrages gegen Deutsch
land zu Hilse gerufen hat. England wird
sich vor der Geschichte dasür zu vcrant
Worten haben, daß es bei dem Orient um
Hilke gebettelt hat gegen eine europäische
Kultlirmacht. Durch die Vertragspolitik,
welche England in Ostasicn betrieben, hat
es Geister geweckt und hcrbeigeruI,
welche eS schließlich selbst nicht los wer-
den wird.
Daß die Gewehre nach einer ganz an
deren Richtung losgehen, als beim Laden
beabsichtigt, ist des öfteren vorgekommen;
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ftnrtc von funutfiijott.
Ungarn geplant gewesen, gegen die Türkei
gerichtet. Was aber das japanische Ulti
inaium, das auf britisches Hülsesuchen
und unter Berufung auf bestehende Ver
trage erlassen ist, anbetrifft, so ist da
mit ein ganz einziges Beispiel dasür ge
liefert worden, daß sich auch Bertrage
nach einer ganz anderen Seite bethätigen
können, als mit deren Abschluß be,',wcclt
worden war. In den verschiedenen Ver
trägen, wehche Japan, theils mit Eng
land, theils mit Rußland abgeschlossen
bat, findtt sich auch nicht der geringste
Hinweis, daß sie einmal ein Vorgehe
Japans gegen Teutschland begründen
könnten. Die drei eriglisch-japanischen
Verträge richten sich gegen Rußland, der
russisch -japanische Vertrag gegen die Ber
einigten Staaten von Amcrila.
Es kommen da in Betracht:
1. Der englisch-japanische Vertrag vom
30. Januar IM.
2. Der englisch-japanische Vertrag vom
12. August im.
3. Der russisch-japanische Vertrag vom
4. Juli 1910.
4. Der englisch-japanische Vertrag vom
13. Juli 1911.
Das erste. Mal waren England und
Japan durch das Vorgehen Rußlands
veranlaßt worden. Nach dem Abschluß
des Krieges zwischen Japan und China
wurden die Absichten Rußlands auf die
Mandschure! und damit auf die Erlan
gung eines eisfreien Zugangs zum Meer
immer deutlicher. Die Erweiterung des
russischen Besitzstandes und Einflusses
nach Süden bedeutet für England eine
Bedrohung Indiens. England trat zu
nächst an Deutschland heran mit dem Vor
schlag, ben am 1. Oktober 190 abge
schlossenen Nangtse-Vertrag auf die ruf
sischen Bestrebungen auszudehnen. Dieses
vielgenannte und lange mit dem Schleier
des Geheimnisses umgebenen Abkommen
legte den Grundsatz des freien Wirthschaft-
lichen Wcttb:werbs für den Handel mit
China fest und trat für die Integrität
Chinas ein.
Der Reichskanzler Gras Bülow wies
das englische Ansuchen mit der Erklärung
im Reichstag zurück, daß Deutschland an
der Mandschurei nicht intercssirt sei, und
damals bereits zeigte sich auf Seiten Eng
lands die erste Verstimmung gegen
Deutschland. England wandte sich an
Japan und fand in Tokio ein offenes Ohr
und volles Verständnis für die Situation.
Rußland war die Seele der Konstellation
gewesen, welche die japanischen Ansprüche
nach dem Siege über China eingeschränkt
hatte. Durch das Vordringen Rußlands
sah Japan sich um die Möglichkeit einer
Erpanfion nach Norden, nach Korea, die
angesichts der Zunahme der Bevölkerung
zu einer Lebensfrage geworden, gebracht.
England und Japan wurden durch die
gleiche Feindschaft gegeii Nußland, welche
allerdings ganz verschiedenen Triebfedern
entsprang, zusammengeführt. Beioe
Mächte schlössen am 30. Januar 1902
den Vertrag zum .Schutze der Integrität
ChinaS und der eigenen Interessen ln
China und Korea. Sie sagten sich gegen-
fertig militärische Hilfe zu, wenn eine von
ihnen mit einer fremden Macht in Ver-
Wicklung gerietb und eine dritte Macht den
Gegner unterstütze. Damals bildete noch
das Eingreifen einer dritten Macht die
Voraussetzung der militärischen Unter
stützung. Der Vermag richtete sich gegen
das russisch-französiscl Einverständnis,
welches immer deutlicher zu Tage trat.
Das rufsisch-französischc Bündnis wurde
damals auch auf Ostasien ausgedehnt,
denn der Vorsatz wurde offen ausgespro
chen, jede Schädigung ihrer Interessen
gemeinsam abweisen und bei neuen inne
ren Wirren Chinas gemeinsam handeln
zu wollen.
Das bildete die Griindlase der qcsamm
tcn ostasiatischeri Vertragspolitik. Auch
nicht eine Andeutung, dah Deutschland
in Frage kommen könnte, ist in diesem
Vertrag enthalten. Hätte sich damals
Frankreich auf bie Seite Rußlands ge
stellt, so wäre England gezwungen ge
Wesen, den Japanern Hülfe zu leisten,
Damals schon hat England die Japaner
gegen Europa mobil gemacht, um die eige
neu Interessen in Indien zu schützen,
Bom Jahre 1!2 an datirt die Vcrschul
düng der britischen Politik. Es hat Japan
hineingetrieben in den Krieg gegen Ruß
land. DaS Zusammenbrechen der russischen
Expansionsbestrebungen im fernen Osten
auf den mandschurischen Ebenen und im
japanischen Meer hatten Rußland wieder
nach Europa zurückgeführt, zur Wieder
Abnahme seiner auf Konstantinopel ge
richteten Pläne veranlaßt. England ist
damals die Gefahr für Indien los ge
worden, aber es lxit die Gelbe Gefahr"
für die westliche Kultur und die Grüne
Gefahr", die bei Mostowiterthums.
welches sich zum Panslawismus heraus
gewachsen hat, heraufbeschworen. Heute
steht England mit den Gelben" und den
Grünen" im Bunde. Es wird dafür sich
vor dem Richterstuhle der Geschichte zu
verantworten haben, und es wird die gcl
ben und die grünen Geister, die es geru
sen, nicht wieder los werden.
Ich,
Die Beziehungen zwischen England
und Japan wurden noch intimere durh
den zweiten Vertrag vom 12. Aug. 1905.
Der allgemeine Zweck, den dieser Vertrag
verfolgte, wird in der Einleitung festge
legt: a) den allgemeinen Frieden in Ost
asicn und Indien zu befestigen und zu
erhalten; h) die gemeinschaftlichen In
teressen aller Mächte in China zu wahren
durch die Sicherung der Unabhängigkeit
und Integrität deS chinesischen Reiches, so
wie des Prinzips gleicher Gelegenheiten
für den Handel aller Nationen in China;
c) die territorialen Rechte der beiden ver
tragschließenden Parteien in den Gebieten
Osiastens und Indiens zu sichern und ihre
speziellen Interessen dort zu vertheidigen.
Der Vertrag selbst besteht aus acht Ar
tikeln. Artikel I stellt fest. daß. falls
ereS ber in der Einleitung erwähnten
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Tapatau,
Rechte und Interessen nach der Ansicht
Englands oder Japan! bedroht erscheinen,
die beiden Regierungen sich über die zum
Schutz dieser Rechte und Interessen ,u er
greifenden Maßregeln verständigen sollen.
A"kel II bestimmt, daß für den Fall
eines provokatorischen Angriffs oder ag
gresiven Vorgehens, wo immer dieser vor
kommen möge, von seilen einer oder mch
rercr Mächte, durch die eine der vertrag
schließenden Parteien in einen Krieg zur
Vertheidigung ihrer in der Einleitung
festgestellten territorialen Rechte oder be
sonderen Interessen verwickelt werden
sollte, die andere ihm zu Hülfe Zommen
und der Krieg gemeinsam geführt und
der Frieden nach gegenseitigem Abkom
men geschlossen werden sollte. Arti
kcl III lautet: Da England ein besonderes
Interesse an allem hat. waS die Sicherheit
seiner indischen Grenze anbetrifft, so er
kennt Japan dessen Reclste an. solche Maß
regeln in der Nähe dieser Grenze zu er
greifen, alü es zum Schutz feiner indischen
Besitzungen für nothwendig erachten sollte.
Die übrigen Artikel betreffen die näheren
Festsetzungen der militärischen und mari
timcn Beihülfe, und der Schluß-Artikel
setzt die Dauer des Vertrages auf zehn
Jahre fest.
Die Bedeutung dieses Vertrages und
die Richtung, in welcher er Geltung erlan
ge sollte, geht auS folgendem Leitartikel
der Londoner Times" vom 27. Septem
ber 1905, hervor: Durch verwickelte Wirth
schaflliche und politische Fragen bewogen,
sind die anderen Großmächte der Welt
innerhalb der dreißig Jahren in Gegenden
vorgedrungen, wo bisher wenig oder keine
europäischen Einflüsse außer unseren ei
genen verspürt wurden. Lord Curzon
h.t in einer seiner aufklärenden Bcspre
tagen der weiteren Seiten unserer in
dischen Angelegenheiten, die sein Vize
köiiigthilm ausgezeichnet haben, in seiner
Budgctrede vor zwei Jahren, einige dcr
i ?tfifrti ktuCitä WrtrmrtrfitfiÄ ins Vii firnfp.
gVIWI VltJV IVV.IflU.U UMj Mk
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:.Tw JSj UV-M3tffFrhlrlr
gischen Probleme unserer großen Tepen
denz angegeben. Ti Aufsaugung ver
schwächeren asiatischen Staate, die vor
nicht langer Z?it die einzigen Nachbarn
aus weite Entfernungen von unseren
Grenzen waren, die systematische Unter
minirung anderer durch eine schlaue Ver
bindung sivlalischer Korruption, Ein
schüchlerung und Intriguen; der an
dauernde Bau strategischer Eisenbahnen
nach Punkten, wo sie kcincm ai.deren
Zweck dienen können, als uns zu bedrohen;
die Konzentrirung von Truppen und die
Vorbereitungen von allen Mitteln zum
Angriff innerhalb kurzer Entfernung von
unseren Grenzen haben die eine Gruppe
dieser Folgen gebildet. Die andere
Gruppe hat in den ebenso systematischen
Versuchen bestanden, unö von Märkten
ganzer Regionen im fernen Osten auszu
schließen, entweder durch die thatsächliche
Einverleibung dieser Mächte selbst oder
durch die Erpressung von Privilegien und
exklusiven Konzessionen von ihren einge
boienen Fürsten. Zusammen bedrohen
sie unsere wichtigsten Interessen die
Ruhe, wenn nicht die Sicherheit Indien?
und unseren Handel mit den reichsten un
entwickelten Märkien der alten Welt. Ihr
Zusammenhang ist klar, denn sie entsprin
gen aus der selben Wurzel, der wachsen
den Einmischung gewisser europäischer
Staaten in bie asiatische Politik."
Zu bicscn .gewissen" Mächten gehörte
Teutschlanb der nicht. Auch bicser Ver
trag richtete sich 'gegen Rußlanb. baS seine
Macht unb Einflußsphäre in Mittelasien
ag?dehn! und solche Ausdehnung in Ost
asien versucht hatte, und gegen Frank
reich, das ein großes hinterindischeS Reich
gegründet und nach Ciam vorstieß und
nach Nllnnan hinüberschielte.
Damals stellte der Londoner ..Stan
dard" ausdrücklich fest, daß der Vertrag
nicht auf da! deutsche Pachtverhältnis von
Kiautschou oder die Stellung Deutsch
lands in Schantung Bezug habe. Heute
hat England mit seiner gcsammten frü
deren Politik im nahen und im fernen
Osten gebrochen. Es hat die geschichtlichen
Gegnerschaften unberücksichtigt gelassen.
Es hat Persien an Rußland verkuppelt
und einen Theil der Mandschurei an den
Nimmersatten Bären ausgeliefert. Es
setzt seine wichtigsten Interessen, die sich
mit Indien verknüpfen, aufs Spiel und
beschwört über Europa die grüne Ge
fahr" des Moskowiterthums herauf. Nur
weil es Deutschland den von diesem bcan
spruchten Platz an der Sonne nicht
gönnt. Um Deutschland auch im fernen
Osten in den Schatten zu stoßen, ruft eS
die Beihülfe der Gelben an.
.
Im Jahr 1910 fand eine bedeutsame
Neuorientirnng auf dem Gebiet der ost
asiatischen Politik statt. Als neuer Fak
tor, welcher in die politische Rechnung ein
gestellt werden mußte, traten die Vereinig
ten Staaten von Amerika auf. Von Sei
ten des amerikanischen Staatssekretärs
Nnox war bereits am 31. Juli 1903 bie
neue Handelspolitik, die systematische
Förderung des amerikanischen Handels
mit China", proklamirt worden. Dieses
Hervortreten richtete sich gegen die Best
" '-''.
' .. "W vi.''-"' v .;-
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das Chinesenvicrtel von
bungen Rußlands und Japans, den chine I
fischen Markt zu Monopolisten. Als Bor
stoß gegen ein rufsifch-japanifcheS Ueber
gewicht mußte der Vorschlag eingeschätzt
werden, welchen Staatssekretär Knoz am
6. Januar 1910 allen Mächten, welche
mit China in einem Vertragsverhältnis
standen, unterbreitete. Der Vorschlag be
traf die Neutralisirung der mandschuri
schen Bahnen", womit der Versuch gemacht
wurde, die angekündigte Handelspolitik zu
einer gemeinsamen Sache aller Industrie
slaaten zu machen. Noch niemals war daS
Prinzip der Offenen Thür" in einer der
artigen Erweiterung erschienen als in die
sem amerikanischen Vorschlag. Zugleich
bemühten sich amerikanische Unternehmer
in Peking um die Erlangung einer Kon
zession für den Bau einer Bahn durch die
Mandschurei, welche die gesammte bishe
rige russische und japanische Lohnpolitik
über den Haufen geworfen hätte.
Die Folge war ein näherer Zusammen
schluß zwischen Rußland und Japan.
Durch den Vertrag vom 10. Juli 1910
nahmen Rußland und Japan gemein
schaftlich einen durchgreifenden Ausgleich
ihrer Interessensphären nicht nur in der
Mandschurei, sondern auch in ganz Nord
china vor. In diesem Vertrage verpflich
teten sich die beiden früheren Erzfeinde,
den s,tati,8 iuo in der Mandschurei,, Wie
er sich aus allen Verträgen, Konventionen
und anderen Abkommen zwischen Ruß
land und Japan oder zwischen diesen bei
den Mächten und China ergäbe,' aufrecht
zu erhalten und zu achten. Artikel IU
deS Vertrages lautete: Im Fall, daß ein
Ereignis eintreten sollte, das 'geeignet
wäre, den statns qno zu gefährden, Wer
den die beiden vertragschließenden Mächte
jedesmal mit einander , in .Verbindung
treten, um sich über Maßnahmen zu ver
ständigen, die sie für richtig und nothwen
dig erachten, um den Status quo aufrecht
zu erhalten." Zugleich wurde ein Abkom
'men getroffen, welches Korea an Japan
-ÄüSfjrG: ..-; vr --- ,v. A"v. --- . . . ,.'.vvT"y- -rv.- . '?WTO,swvKv1wi t..w...v.. .. 5 .
(
da! russische Vorgehen in gewissen Thei
Nordchinai nicht zu stören.
Dieser russisch japanische Interessen
Ausgleich richtete sich gegen Amcrikz.
Zwischen Japan und Amerika spitzen sich
die Beziehungen derart zu, daS man i
England betreffs der, durch den Vcrtra.
vom Jahre ISO,", auferlegten Vcrpflich
tung Befürchtungen iu hegen begann. Um
aut dieser deutlichen Lage herauSzukom
wen, veranlaßte England eine abermalige
Revision del Vertrages. Dieser neue Ver
trag zwischen England und Japan ist am
13. Juli 1911 abgeschlossen worden. Der
Inhalt deckt sich fast vollständig mit dem
vom Jahre 19!?, aber eS ist folge.rder
neuer Bestimmung eingeschaltet worden:
Artikel IV: Wenn eine der verbündeten
Mächte mit einer dritten Macht eine
Schiedsgerichtsvertrag schließt, so ist sie
nicht verpflichtet, im Fall eineS Krieges
einer dritten Macht mit dem anderen
Verbündeten diesem, wie S sonst dai
Bündnis verlangen würde, Bundcshlllfe
zu leisten. Geblieben aber ,st der Artikel,
nach welchem im Fall eiiuS Krieges zwi
schen Japan und Rußland England ei
übernimmt, strenge Neutralität zu Wah
ren und Japan, fall! eS von einer anderen
Macht angegriffen werden sollte, zu Hülfe
zu kommen.
Damals waren die Schiedsgerichts
Handlungen zwischen England und den
Ver. Staaten eingeleitet worden. Durch
die Einfügung des Artikels IV in den
neuen Vertrag wurde England von der
Verpflichtung entbunden, i'gndwelche
Stellung bei einem etwaigen Konflikt zwi
schen Japan und Amerika zu nehmen.
DaS ist die Entwicklung der ostasiati
schen Vertragspolitik. Daß auch nur eine
Bestimmung oder Verpflichtung aller die
ser Verträge einmal gegen Deutschland
Anwendung finden könnte, hat bei deren
Abschließung Niemand auch nur geahnt.
Daß solche nunmehr geschehen ist, beweist
die große Willkür. Auf die Bündnisver
träge hat sich England bei seinem Er
suchen um Beihilfe und Japan bei seinem
Vorgehen gegen Deutschland berufen.
Aber diese Berufung ist nur ein Deck
mantcl für Bestrebungen und Absichten,
welche mit der bisherigen ostasiatischen
Vertragspolitik nichts zu thun haben. Die
Forderung des japanischen Ultimatum?,
daß die Deutschen Kiautschou an Japan
ausliefern sollten, damit dieses daS Ge
biet .eventuell" an China zurückgäbe,
zeigt an, daß eS sich um nichts andere
als um einen Gewaltstreich handelt.
Kiautschou ist, seitdem eS in deutschem
Besitz gewesen, aufgeblüht. Dort hat sich
deutsche Tüchtigkeit, Gewissenhaftigkeit
und deutscher Fleiß in musterhafter Weise
bethätigt. Erst seit der Zeit, da die
Deutschen das Gebiet übernommen, scheint
über ihm die Sonne, und die Deutschen
sollen nun auch von diesem Platz, ben sie
erst geschaffen, vertrieben werden. Es ist
eine Kulturarbeit ersten Ranges, welche
Deutschland im fernen Osten durchgeführt
hat, die deutsche Verwaltung, der deutsche
Handelsmann und der deutsche Schul
meistek. Tstngtau.
Prof. Hans Delbrück ' bespricht im
Eeptcmberheft seiner Preußischen Jahr,
büchcr" die Ursachen des Krieges. Ei
sagt: England hat den Krieg nicht nü
nicht, WaS es gekonnt hätte, verhindert,
sondern eS hat ihn gewollt. Mit der
Möglichkeit eines russtsch-fra,izösisch-eng
lischen Bündnisses gegen uns haben wir
alle seit langem rechnen müssen. Die
Einen sahen mehr bei England, die An
deren bei Rußland Möglichkeiten, das
Aeußerste zu verhindern. Getäuscht hoben
wir wir uns in dieser Hoffnung alle, hier
wie dort. Es ist nicht anders: Jingois
mus und PanslawismuS haben die Ober
Hand behalten, und der schmachvolle Bund
zwischen der westeuropäischen Kultur und
der moSkowitischcn Barbarei grgei? das
Vaterland Schiller's und Goethe's ist
vollzogen. Die obsiegende Partei in Eng
land hat den Krieg gewollt, weil wir es
gewagt haben, es in der absoluten Be
schränkung der Meere beschränken zu
wollen und eine Betheiligung bei der Auf
theilung der Welt auch für Deutschland
zu fordern."
Solchem schmachvollem Bund hat sich
nun auch Japan zugesellt. Von England
herbeigerufen. Um auch in Ostasicn
Deutschland von dem Platz an der Sonne
abzudrängen. Aber die Zeiten sind vor
Über, wo der Deutsche sich mit dem Him
mel begnügte, in dem die reine Doktria
thront, und alles ander den Anderen
übcrlieu. Das Schwert entscheidet. Auf
den europäischen Schlachtfeldern kämpft
Deutschland auch um seine Stellung und
seine Ansprüche im fernen Osten. Und
mit dem Siege wird die Sonne wieder
ausgehen, an welcher Deutschland dann
seinen Platz erkämpft haben wird. Abe,
die gelben" und die grünen" Geister
der Unkultur, welche England gerufen,
die werden sich an England'S Fersen yes
ten und es wird sie nicht wieder loS wer
den.
H. H. Von Mtllenihiv.
auslieferte, wogegen daS letztere derspr
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