Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, August 29, 1914, Image 7

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,G4 gibt Fragen, die niemals ho
antmorttt werden können, Themen,
iiber die schon die Alten debattiert
haben Vor Jahrhunderten, über die
man noch yete debattiert und für
die man noch immer keine allgemein
befriedigende Formel gefunden hat.
Ihr streitet tZuch nun schon eine
geschlcigenk Stunde, welche Vesühl
besser, schöner und vor allem stark
sei; die Freundschaft zwischen !Mn
nern oder die Lieb zum andern QAt
schlicht. Ich hab da einmal eine Ge
schichte erlebt, eine ganz sonderbare
beschichte, die wert ist, gehört zu wer
den. Sie pabt in unser Kapitel.
Also, wenn Ihr gesonnen seid, für
line halbe Stunde lang die Streitaxt
zu begrab und einem alten Manne
zuzuhören.
Besten Dank, Feodor Marimo
witsch, aber Deine Zigaretten sind
mir nicht stark genug. An dies
Kraut hier bin ich gewöhnt, noch aus
der Zeit, als ich Gouverneur in Ti
birien war. Dortzulande war das ein
feines Kraut. Und wer an Bauern
kost gewöhnt ist, dessen Gaumen will
schließlich die beste französische Küche
der feinen Petersburger Restaurantt
nicht mehr munden. Also, Iaht mich
wein Kraut ruhig weiter rauchen. Ts
sind ja keine Damen am Tiscu, die
nur parfümierten Tabak vernagen
können.
Und nun zu meiner Geschichte.
Eine! Taget läßt sich bei mir ein
junger Mann anmelden. Ich wußte
schon aus dem Polizeirapport. daß er
gekommen war. In der Gegend von
Jrkutst ist der Verkehr nicht so leb
haft wie in Petersburg oder Moskau,
und wenn einmal ein Mensch zue
reist kommt, der nicht aussieht wie
ein Fellhändler oder ähnliches, so
wittert die Polizei gleich irgend etwas
Verdächtiges. Der Polizeikommissar
meinte auch, ich solle den Mann nicht
empfangen, eh er nicht feinen Namen
genannt hätte. Er weigerte sich näm
lich, dies zu tun.
.Schone Dein Leben, Väterchen,"
sagte der Polizeigewaltige. .Wer sei
nen ehrlichen Aatersnamen nicht ncn
nen will, ist kein guter Mensch. Viel
leicht ist er ein Revolutionär und
Anarchist, der Dir ans Leben will.'
; Seht Ihr. Jungens. Furcht ist et
was. was ich nie gekannt habe. Viel
leicht kommt das davon, daß ich ein
gutes Gewissen hatte.. In meinem
Bezirk gab es eine ganze Menge Ge
fangener, darunter sehr .viele polili
sche. Ich habe immer auf Ordnung
gesehen, aber das kann ich sagen, ich
war gerecht und habe jede Harte und
Grausamkeit vermieden. So bin ich
mit den Leuten immer gut ausaekom
inen. Es waren manche dabei, die
heute in den höchsten Stellen sitzen
und noch aus jener Zeit mit mir gut
Freund find. Also sage ich zum
Kommissar: un er Leben m m
Gottes Hand. Laß ihn ruhig eintre
ten, lieber Freund."
Ich sehe ihn noch 'heute vor mir,
groß, schlank, mit blondem Haar,
ganz glatt rasiert, beinahe wie ein
Engländer sah er aus. Ich hieß ihn
,Platz nehmen und bot ihm Zigaretten
an, dieselbe Sorte, wie ich sie jetzt
rauch, und dann begann er zu e
zählen.
Eine tolle Geschichte, Jungens, eine
Geschichte, wie man sie in Buchern
liest und im Leben für unmöglich
hält.
, Ich heiße Iwan Alezandrowitsch
Wetroff," begann er. Klingt Ihnen
er Name nicht bekannt?"
Es gibt viele PeiroffS im hcili
jgen Rußland," antwortete ich, und
unter ihnen gewiß manchen, der
Iwan Alezandrowitsch gerufen wird.
DZenn ich nicht irre, befindet sich un
ter den politischen Gefangenen ein
Namensbruder von Ihnen."
! 'Ganz richtig, wegen dieses Man
ries komme ich. Er heißt nämlich
in Wirklichkeit gar nicht so. sondern
Nikolaus Nikolajewitsch Geremkyn.
Lassen Sie mich zu Ende erzählen,
Herr Gouverneur, und Sie werden
alles erfahren.
Vor einem halben Jahre wurde ich
wegen einer Dummheit, wegen eines
UniversitätskrawalleS, dem man re
bolutionären Charakter beilegte, auf
administrativem Wege nach Sibirien
verschickt. DnS ist gewiß keinem
Menschen angenehm. Für mich war
es doppelt schlimm, weil ich liebte.
Ich hätte mich längst erklärt, wenn
ich die Sicherheit gehabt hätte, wie
dergeliebt zu werden. Aber darüber
war ich ganz im Unklaren. Sophia
hatte diele Bewerber, und einer un
ter ihnen, derjenige, den sie nächst mir
m meisten auszeichnete, war Niko
laus Nikolajewitsch, mein bester
Freund, mein Bruder. Wir sprachen
oft über Sophia und waren einig
darüber, daß es unsere Freundschaft
nicht stören dürfe, wenn sie den einen
von unö schließlich vorziehen würde,
j Am letzten Abend, bevor ich nach
Sibirien abgehen soll, öffnet sich
plötzlich die Tür und Nikolaus tritt
n meine Zelle. Er ist totenbleich.
Höre zu. Bruder." flüsterte er.
,,und unierbrich mich nicht, denn die
lZeit Ist knapp. Ich habe die Wache
gestochen und den Polizeileutnant,
er Dich morgen transportieren soll.
,Er wird mich statt Deiner nach ,SiEmil ist zS ja , auch l" - !
vmn chafsen. ?! nnro ganz i'icht,
gehen. Niemand kennt Dich persön
ltch. wir haben die gleiche Haarfarbe,
die Skeicht Ctatur, die gleiche Größe)
daß Signalement stimmt. Ich gfkj
all Iwan nach Sibirien und Du
schaust, daß Tu iiber die Grenze
kommst."
Nie," ruse ich, nie werde lch ein
solches Opfer annehmen."
Du mußt." sagte er und drückt
mir die Hand. Nicht um uns beide
handelt cS sich, sondern um Svphiz.
Sie liebt Dich, sie würde eS nicht
überleben, Dich In der Verbnnnunz
zu wissen."
Wir reden noch lange hin und her
und schließlich bin ich so schwach,
nachzugeben. Und so kommt es, daß
ein anderer an meiner Stelle die
Strafe verbüßt."
Ich lasse den falschen Petroff kom
men und konfrontiere die beiden.
Aber jeder von ihnen behauptet, daß
er der richtige sei. Zwar sagt der
Fremde: Du hast Dich getäuscht.
Nikolaus. Ihr Schmerz um mich
war nur der Schmerz um dn
Freund. Sie liebt Dich, nur Dich,
sie hat eS mir gestanden." Der cndere
wird zwar totenbleich, aber er bleibt
dabei, der richtige Petroff zu sein.
Was blieb mir übrig, als die bei
den in Haft zu nehmen und nach
Petersburg zu berichten. Mochten
sich die Herren drinnen den Kopf zer.
brechen. Sie entschieden salomonisch:
eS kam die Berständigung, daß
Petroff begnadigt sei. Wahrscheinlich
hatte man erkannt, daß der Univer
sitätsskandal nicht so gefährlich gewe
sen war. So konnte ich sie beide
laufei, lassen. Wir trennten unS als
die besten ' Freunde, und wie jener
Tyrann im Altertum wünschte ich
mir, in diesem wahren Freundschafts
bündniS der dritte sein zu bürstn.
Sie natürlich hatten mich beide ver'
gessen und ich hörte nichts mehr von
ihnen.
Ein Jahr später wurde ich nach
dem Westen versetzt, als Direktor in
daS große Gefangenenhaus zu K. Ei
neS Morgens, wie ich den Rapport
durchlese, fällt mir unter den Einge
lieferten ein Name auf: Iwan
Alezandrowitsch Petroff. verurteilt,
wegen Mordes zu zwölf Jahren.
Sollte das derselbe sein, fährt
mir durch den Kopf, der damals nach'
Sibirien kam, den Freund zu be
freien? Und aufs neue stachelt mich'
die Neugier, die mich schon die ganzen
Jahre geplagt hat. zu erfahren, wer
von den Heiden der echte Petroff war.'
Ich lasse den Gefangenen vorführend
Ich erkannte ihn sofort, trotzdem er
in Gefängniskleidung ganz anders
aussah. Es war der Schlanke,
Blonde, der wie ein Engländer aus.
igy. Aucy er erianmemuo aus oen
ersten Blick. j
Und jetzt, Jungens. , kommt die
Nutzanwendung, um deretwillen ich
Euch die ganze Geschichte ' erzählt
habe. Petroff war der Mörder. Und
wer. glaubt Ihr. war das Opfer?'
Kein anderer als Nikolaus Nikolaje
witsch Geremkyn. sein Pylades von
ehedem, sein Bruder, sein Herzens
freund. Ich ließ mir die Prozeßak
ten kommen und habe sie durchstu
diert. ,Eine ganz alltägliche Ge
schichte, liebe Kinder, von der un
glücklichen Ehe. von dem Freund des
Gatten, der auch der Freund der
Frau wird, und so weiter und so
weiter. Eine ganz alltägliche Ge
schichte, wie gesagt, und wenn ich
nicht Zeuge jener aufopferndes
Freundschaft zwischen den beiden ge'
Wesen wäre, hätte mich die Sache ge
Miß nicht interessiert.
Aha, Feodor Mazimowitsch. Du
setzt Dich schon wieder in Kämpfer
pose. Du willst mich wohl fragen
was ich damit beweisen will? Ob
ich die Geschichte erzählt habe, um
ein Exempel dafür anzuführen, daß
di: Liebe stärker sei als die stärkste
Freundschaft? Und Du willst mir
natürlich sofort mit Deinen Gegenar
gumcnten auf den Leib rücken. Aber
spare Deine Worte. Freundchen. Ich
will gar nichts beweisen, gar nichts
behaupten. ES ist ein Fall, ein ein
zelncr Fall, den ich erzählt habe, und
ich werde mich hüten, ihn zu verallge
meiner. ES gibt Fragen, die nie
malS beantwortet werden können.
Villa weiß sich , helfe. .
AIS General" Villa vor einiger
Zeit ein wohlhabendes Dorf im In
nern Btt?lkoS einnahm, horte er, daß
in der Kirche wertvolle Schätze in
Gold. Monstranzen, Kelche usw. sich
befänden.' Er ließ den Ortsgeistlichen
kommen und befahl ihm. die Kirchen
fchlüssel herauszugeben. Exzellenz,
daS wage ich nicht!" wandte der der
schüchterte Priester ern. Ohne bi
schöfliche Erlaubnis darf ich das
nicht!" So? Dann will ich Ihnen
mal was sagen. Von heute ab sind
Sie der Bischof, der alte Bischof ist
abgefetzt! Und nun machen Sie ge
fälligst keme Umstände und geben Sie
die Schlüssel heraus!"
Fatales Mißverstand
nis. Frau (zu einer Verwandten):
Wir würden Ihren Emil gerne z
uns nehmen, aber wir sind eben seb
o e s ch r a n l t.'
Verwandte: Ach. daS macht nicht?
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