Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, August 10, 1914, Image 6

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TSkl'iche Cma ZtlUtt, Ttttitöfi, tn 10. Auqi'st 101.
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Der Schlüssel.
Roman von
(22. Fortsetzung und Schluß.)
Jnfol-e einer Jtonenenz mit
ißiiiet rrjcint blieb Marlha in Ler
!in. um für die erste Zeit dem neu
ins ilcUn gerufenen Unternehmen
mit nU Stütz zu dienen. Da kam
er Baltimore eine Trnuernachricht.
Mister Bryant war dem tückischen
Leiden, 'daS ihn schon so lange quäk
!t. erlegen, und weil die Ern von
it MetJiV Filiale Scherereien
fürchteten, so machten sie Fdor unier
günstigen B'.nzunqen unv Aorurei
tu-n d,5 nä'kn Kapital! den Vor
schlä,. das Geschäft vom nächsten 1.
Afcrii :d ous eigene uicnung ,u
i-rnelimen. Ais dabin sollte Mar
thu dem Unternehmen ihre Dienste
weiter leihen. oeiajqi iam jici
jdn den Erden und Fedor zustande
und tr-cox sau vcuo cn oern uuer
nu5 ciünfiioen Gedeiben der Schule,
daß er es nicht zu bereuen hatte, er
nar rnif dem be ten Weoe, ern tooci
klagender Mann zu werden. Auch
midüha bitte ihre ausrichte Freu
de daran. Wenn ihnen beiixn noch
etwas zur vollkommenen Zufriedenheit
fehlte, "je war oas ernens ver um
stand, das sie nicht Ilse in ihrer
Siebe haben konnten. Gleich, nachdem
die Zeilungen ihre Echuldlosigker
f'itaeiieltt hatten, war ih: von eine;
vornehmen Dame in Wiesbaden der
Antrag zugeaangen. in ihre Dienste
zu treten. Ilse war dem gütigen
iUuse gefolgt, und aus ihren Briefen
ging hervor, wie freundlich ikxe neue
Herrin war und wie glücklich sie sich
in ibrer jediaen Stellung suhlte.
WaZ ober noch tieferen Schiiten auf
den Seelenzustand der beiden warf,
war die ihnen zum Quartalswechsel
bevorstehende Trennung. Auch max
!ha empfand den Abschied diesmal
bei weitem starker als oaS erstemal,
Noch wagte sie sich daö Gefühl. daS
sie für den Aruder der Freundin, er
nun selbst ihr Freund geworoen war.
hegte, nicht zu gestehen. Ja. Zweifel
cm seinen eigenen Empfindungen fük
sie wurden in ihr wach. Damals in
New Fort, als sie seine Aoreize naq
5eimat durchsetzte damals
l-atte sie ein Keimlicher Gedankt über
schlichen, der ihr daS Blut in die
Wangen trieb der Gedanke, daß
sie ihm vielleicht mehr als nur eine
gute Freundin geworden. Wenn sie
sich damals nicht getäuscht hatte
warum Hetz er )xt von i einem nesu?,
iefet nichts mehr merken? ES war
wohl nur eine flüchtige Regung in
ihm gewesen, angefacht durch die
Dankbarkeit, die er ihr schuldig zu
sein glaubte, und die Entfernung hat
te dies Gefühl wieder in ihm ausge
lösckt. Darum war die Trennung
wohl auch das beste für sie eine
Trennung, der aber diesmal kein
Wiedersehen mehr folgen durfte.
Es war am letzten Sonntag, der
ihrem Abschied voneinander voran
ging. An den Sonntagen war die
Schule geschlossen und sie hatten diese
Tage zuletzt immer zusammen der
bracht. So sollte es auch an oie em
Sonntag sein. Trotzdem es erst
Ende März war, herrschte doch schon
ein prachtiges warmes Fruhlingswei
ter. Fedor hatte eine Partie nach
Potsdam in Vorschlag gebracht. Sie
waren schon am frühen Morgen auf
gebrochen. Nun am späten Nachmit
tage standen sie auf dem Pfingftberg.
wo sie den Turm erstiegen hatten, zu
ihrem Füßen breitete sich das herrli
ehe Panorama des wetten Havellan
des, und die leise beginnende Däm
merung mahnte sie an die Rückkehr.
Bon einer unsichtbaren Stelle im
Tal drangen die melancholischen
klänge einer Harmonika zu ihnen
herauf. Schon waren sie im Begriff,
die Plattform zu verlassen, da er
griff er, seiner Zurückhaltung nicht
mehr mächtig, ihre beiden Hände.'
Martha!" flüsterte er leise, heiß
und innig.
: Ein Schauer zuckte durch ihre (3c
statt. Ihre Stärke, ihre Klugheit,
ihre Besonnenheit wo' waren sie
l,in?
Was tun Sie?" sagte sie fast wei
nend, aber ohne ihm die Hände zu
entziehen.
Da drückte er sie an sich, und beide
allein auf der hohen Warte über dem
Menschenvol! über ihnen der der
blauende junge Frühlingshimmel, un
ter ihnen das junggrüne Tal mit
der an den Strom geschmiegten Rest
denzstadt. deren Kuppeln und Mar
morpaläste in der Abendsonne glänz
ten so tauschten sie miteinander
den ersten Kuß.
E war an demselben Sonntag
und ungefähr um dieselbe Nachmit
tagsstunde, als in Wiesbaden in ei
ner reizenden Villa des Nerotals auf
der an dem Hause liegenden Terrasse
eine alte, aber noch recht munter aus
sehende weißhaarige Dame und ein
junges Mädchen von großem Liebreiz,
dem nur die etwas blassen Wangen
Eintrag taten, an einem Tisch beim
Schach zusammensaßen. Es herrschte
prachtvolles Frühlingswetter, mit
fist 'sommnNchn Wärme schien die
fchen über dem Rheingau sich hinab,
ij".Ur.H Sonne cuf den Tisch, im
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Heinrich 2e
Garten blühten Tulpen und Hya
zinthen und von einer prächtigen
Rotbuche, die allein auf dein grünen
NaZenslecke vor der Terrasse ftand
und ,yre zottigen, glänzenden Älü
tenhüllen schon entfaltet hatt, ließ
ein toy!chwarzes, gelbschnablige
Amselmännchen feinen melodischen
schlag ertvnen. fast so schon w ein
leibhaftige Nachtigall, während au
itr an der Villa vorüberfübrenden
-traße der Strom der Spazierqän
ar, der vom ltteroberg kam, beim
warls pilgerte.
Schach!" sagte die alte Dame,
indem sie jetzt ihren letzten Springer
zog. mit großem Elfer und Vergnu
gen
Vergeblich suchte da junge Mäd,
chen noch einen Zug, der sie vielleich
nocy retten tonnte
.Au?!' lachte mit Siegermiene ihr
Gegenüber. Das kommt daher, mein
leinchen, wenn man wer weig wo
seine Gedanken hat, nur nicht dort,
wo sie hingehören. Wird man nun
beichten, waS eigentlich heute mit unS
vorgeht?'
Gutmutig faßte die alte Dame
daS junge Mädchen unter daS zier
iiich jttnn.
Eine lebhafte Röte färbt die liebli,
chen Wangen.
Nun?"
Aber nicht, gar nichts. Frau
Geheimrat !" stotterte Ilse denn sie
war ei in rührender Verlegen
eit.
.Also Geheimnisse hat da Fräu
lein! Na, da darf eine alte Frau
natürlich nicht neugierig sein. Aber
die Sonne geht schon unter. eS fängt
an kühl zu werden, da wollen wir
,nS Haus. Lieber Gott und wak
fällt mir denn da ein? Ich habe ja
der Frau Oberst vor dem Nachtmahl
noch einen Besuch versprochen. Sie
brauchen mich nicht zu begleiten, lie
beS Herz, die paar Schritte nachher in
der Dunkelheit smöe ich wohl noch
allein zurück. Und ich soll wirklich
nicht erfahren, was meiner Kleinen
über die Leber gelaufen ist? Es wird
doch rein Liebeskummer fern?
Veioe Damen waren aufaestanden.
Ilse hatte daS Schachbrett genommen.
uns sie standen jetzt vor der Haus
Zur,
DaZ Zunge Mädchen senkte hastig
den Kopf, denn sie fühlte, wie ihr
von neuem dieses dumme Rot in die
Wangen stieg. Glücklicherweise wurde
ihr diesmal die Antwort " erspart.
Aus öem Hause trat Marie, du Ko
chin, der Frau Geheimrat entaeaen
und fragte, was sie zum Abendessen
maqen sollte. Ilse entschlüpfte ihrer
gutmütigen, immer zu Scherzen auf
gelegten Herrin und atmete erst tow
der auf. als sie dieselbe mit Hut und
'Ufanttl Las Haus verlassen sah.
&ie hatte sich in den Gartensalon
begeben und stand dort sinnenverloren
am Fenster.
Nicht mit Unrecht hatte sie die
Frau Geheimrat, die ihr ja mehr eine
mütterliche Freundin als eine Dienst
geberin war, gefragt, wo sie ihre Ge
danken heute hätte. DaS kam daher,
daß sie gestern abend in der Liste der
neu angekommenen Fremden einen ae
wissen Namen gelesen hatte den
Namen Graf Gert von Prockau.
Darum hatte sie auch schlecht geschla
en, uns öarum sah sie auch so blaß
aus.
Von ihrem Verteidiger hatte sie
erfahren, welche Anstregunaen und
auch welche Kosten Gert ausgeboten
hatte, um ihre Unschuld an den Tag
zu bringen. Wenn diese auch ver
geblich gewesen waren welchen
Dank schuldete sie ihm trotzdem dafür.
Warum tat er das für sie? Auch
damals jene Begegnung auf der
Treppe, wo er sie nach dem Grunde
yrer Tranen fragtet Wie wenig
konnte sie sich das alles mit seinem
rUheren Benehmen gegen sie zusam
menreimen. Welches Natsel bedeu
tete er doch für sie! Seit jener Be
gegnung auf der Treppe hatte sie ihn
mcht wieder gesehen. Welche fürcht
Iichen Zeiten hatte sie inzwischen
durchgemacht! Aber wie oft hatte sie
doch an ihn denken müssen.-Und nun
war er - hier in dieser Stadt.
Er war wieder frei. Die schreck
liche Frau, von der ihr soviel Un
heil widerfahren, war tot. Auch er
aite unter dieser Frau ja zu leiden
gehabt. Wie seltsam doch sein Schick
al mit oem ibrigen verknüpft war.
Welchen Anteil er an ihr aenom
men hatte! Und sie wünschte jetzt, wo
der Gedanke an ihn wieder so lebhaft
in ihr geworden, daß eS ihm die Zu
kunft vergelten möge daß er noch
das' 'Glück ' fand,' daS ihm in seiner
ersten Ehe versagt geblieben. Ja, das
wünschte -sie von ganzem Herzen.
er wußte, daß auch sie ,n die
ftr. Stadt, weilte? . Ob er sich .ihrer
überhaupt noch erinnerte? Wie sie
sich so etwas nur einbilden konnte.
New', 'sie Kar 'kdoyl' längst von' ihm
vergessen und sie würde ihn niemals
wiedersehen.
Ein leises Trauern zog in ihre
Seele. Wie einsam sie doch auf oer
Welt stand. Der Lruder. die Freun
d wa! konnten sie ihr sein, wenn
sie doch immer in der Ferne von ihr
weilten? Weich !;rtr,ej Sehnen über
siel sie da Sehnen imch einem
Herzen, an da sie da ihre pressen
durste, an dem sie Schutz, an dem si:
eine eima, szno.
Die Stirn gegen die Scheiben ge
drückt, starrte sie In den Garten hin
au, iber den sich schon di Täm
merung breite! Schatten, wie sie
uq ,yr eigene junges Leben so dro
hend umzogen hatten und die wohl
auch in Zukunft niemals ganz mehr
oavon weichen wurden!
Ein Geräusch hinter ihr veranlaß
te sie. den Kopf zu wenden.
ISin leiser SchreckenSIau! tnt
schlüpfte ihren Lippen.
Sot ihr stand derjenige, mit dem
eben ihre Gedanken beschäftigt gewc
sen Gert.
.Verzeihung. Fräulein von Lyck,'
sagte er. .Ich wünsche Sie zu spre.
chen. Ein Diener, den ich draußen
im Garten traf, sollte Ihnen meine
Karte bringen. Aber er meinte. daZ
sei nicht notig. und wie mir hierher
zu Ihnen den Weg.' Er sah. welche
Verwirrung auf ihren Wangen
flammte, und fuhr noch einer kleinen
Weile fort: .Ich komme. Sie um
Verzeihung zu bitten wegen eine Un
rechts, das ich Ihnen zugefügt habt.
Darf ich Sie bitten, mich anzuhö
rn?" Und er begann. Wie er sie in
Montreux kennen gelernt, welchen
Eindruck sie auf fein Herz gemacht,
wo für ein unbeschreibliches Glück
eS für ihn gewesen wäre, wenn sie
die Seine hätte werden sollen, wel
cheö furchtbare Mißverständnis dann
zwischen sie getreten und ihn von ihr
gejagt, wie er sich voll Verzweiflung
einer onoern in oie Arme geworfen,
wie elend er dadurch geworden
seine Empfindung, wie er sich ihr
und zwar in seinen eigenen vier
Wänden von neuem gegenüber sah,
seine abermalige Flucht von ihr.
seine Begegnung mit Herrn Telan
court in Paris, der ihm den Schleier
von den Augen riß und ihn jetzt erst
erkennen ließ, um welche Seligkeit er
sich gebracht, seine Rückkehr und dann
die daraus folgenden schrecklichen Er
eignisse, die er ihr ja nicht erst zu
ichlioern brauchte. Dann ver
stummte er.
Wirtlos, mit gesenkter Stirn, von
unbeschreiblichen Empfindungen er
griffen und durchstürmt, hörte sie ihm
zu.
.Fraulern von Lyck, können Sie
mir nun vergeben?' sragte er sie mit
bebender stimme.
Ihre Antwort bestand nur in ki
nem stummen Nicken.
Ich war früher gekommen." fing
er wieder an, .aber ich habe Ihnen
noch mehr zu sagen, und daS konnt
und wollt ich erst, wenn sich der
Efeu über ein gewisses Grab gebrei
tet hatte. Werde ich von diesem
Grab einen neuen Wea rnS Leben
inden? Wollen Sie diesen Weg mit
mir geyenk
Er schwieg.
Die Sinne wollten ihr vergehen.
.Ilse!' klang eö flehend, zagend.
hoffend, in ilberquellender Liebe an
ihr Ohr.
Tann fühlte sie. wie sich zwei Ar
me um sie legten, wie sich ein Mund
heiß zu dem ihren beugt und w
hr Herz an einem andern ruht:
o wie es ihr Sehnen, ihr Traum ge
Wesen war. Ein Tränenstrom brach
aus ihren Augen. .Ilse, meine Ilse!
agte immerfort die sanfte, zärtliche
Stimme. Da war es gekommen
das Glück. daS Glück!
Das offzielle Trauerjahr. daS
Gert einhalten wollte, brachte S mit
ich, daß die Hochzeit der beiden glück
ichen Paare erst im Herbst begangen
wurde. Sie fand an dem gleichen
Tage in aller Stille in einem hüb
chen, von dem Fremdenverkehr noch
nicht überfluteten Schwarzwaldorte
statt, von dem s auch gleich auf die
gemeinsame Hochzeitsreise ging. Von
Hartlepool und Sword hörte mag
nichts mehr, ebensowenig von jenem
Gegenstande, der eine so Verhängnis
voll Roll in dem Leben der vier nun
glücklichen Menschen gespielt,. ja
der eigentlich ihr Glück erst begründet
hatte ,r- dem grünen Schlüssel.
Ende. z.,
m m m msl
t '.
Nur grünen Menschen kann man
blauen Dunst vormachen.
Sage mir, worüber Du lachst und
ch will Dir sagen, wer Du bist.
.
Altkluge Kinder werden gern dum
me Jungen.
Unverhofft kommt oft? Das ist
nicht wahr, denn ein Erfolg kommt
unverhofft, aber nicht oft!
Ungehalten. Heiratsver
mittler: .Die Dame ist schön, geist
reich, musikalisch, vermögend."
Herr: Weshalb nannten Sie denn
das Vermögen erst in vierter Rei,?"
Bet der Schmiere, Z)i
rektor(vor die Rampe tretend): ,Ent
chuloigen Sie, . verehrtes Publikum,
wenn es in dem Akt, eben nicht ge
blitzt hat, aber der Apotheker schickte (
unj statt Tlitzpulver, Jnseltenpul
ver.'
l plkl 2n,
Vn Klara Tlatia Frey.
Tag mit ein ZN-nsch. wo '!jt das stille
Lai'd.
Ta ich i tnkk'tn Kii'dkrlagk shn
,rtraumt.
ö schlangelt sich in Bach, in schilltti'd
blaue Band,
Bon simmerslil!cn Fluren rings um
säumt.
chwermüt'ge Falter flattern in den
l.'uuc:
C9 silbert hell ihr CX'melz bei jedem
,'iustci,chia ,-.
In balsam!rMen. la'.ineniailen Duste
X'uQt mud sich (in der func, junge
xag.
IH Vluten
neigen honigschwek
da
l'aul't
Und warten scheu, lau 111 Tiiu sie
lai'f,
ifuf hifj die Bienen eiiMifC mubgeraiifil
(ich on let fußen, flttwtafiuien maft
lec Hm,r.el ivS,l fi'ii. ein juiml
fit.
ffm Horizont von nritm Tunkt ßfBafeit
3.al)t Ici die Nacht, dann f.tjiurbt au
iuur unv ,cio
Cin golteSahnend, tv,inl??c'et Walten,
Dss Corpiii dclIctK
Cine Wilderer'Wesch'cht von
B
Man hatte e fite nötig erachtet,
den ödcindricher ffilcol aus der Äb
geschiedcnhm seines hcimatlichcn
Torses in die dcZ Untcrsu
chilngsgcsängnissi'S der Ureioftadt zu
versi'tzcn. Alles sträuben seinerseits
nuhte nichts. Die mit der ehrenden
iljsion vertrauten Genddarmen
fürchteten nicht einmal die berühin
ten Fäuste dcS Bladl, und ehe dieser
jich's versah, spannten sich um dessen
Gelenke zwei feine Stahlbander
Während des ganzen Transportes
unterließ er nicht, fürchterlich und
aottöiämiiierlich zu fluchen. Ein
unternommener LcstcchiingSversuch,
einen Begleitern einige Mc?ß zu
zahlen, schlug fehl. Ja und das
chicn dem Blaöl daS Unglaublichste
man drohte ihm Mit Berjchar
fung seiner zu gcwänigenden Stra
fe. Tarauf spuckte er resigniert und
verächtlich vor sich hin und sprach
die letzten Minuten vor Einlangen
an seinem Bestimmungsort kein
Wort mehr.
Es war auch seine Kleinigkeit,
was man dem Heindrichcr Blabl al
lcö aufdiSputierte. Abgesehen vom
gelegentlichen Wildern, habe er aus
den ihm nachstellenden Jager ge
schössen, ihik aber glücklicherweise ge
fehlt. Damals war eS ihm gelun
gen. freizukommen, mit Hilfe eines
Spießgesellen ein Alibi nachzuwet
sen, und alle Beteuerungen des ge
gen ihn aussagenden Jägers konn
ten nicht das Urteil für VIasl im
ungünstigen Sinne beeinflussen.
Zwar gab es keine, weder eine
Christen, noch cine Heidenseele, die
nicht von der Schuld desselben und
der Wahrhaftigkeit der Aussage des
Jägers überzeugt gewesen wäre;
doch waS nützen Ueberzeugungen vor
Gericht, wenn der Tatbestand fehlt
Das letzte Delikt, daö dem Blaöl
zur unentgeltlichen Reise nach der
Stadt verholten, war nicht minder
ernster Art als das vorher erzählte.
hatte aber den zuwider Vorzug, er
nen schwerwiegenden Indizienbeweis
zuzulassen.
.Wann i s a war , hatte der Be
schuldigte gesagt, .beweisen müßt's
m'rs erst kinna. DaS wär' Eng
halt recht, 'n BlaSl einz'nahn. Aber
Schnecken! Daß das luftige Glum
perl z' brinna ang'fangt hat, das
kann der Förster mit seiner Pfeif n
a tan hab'n." .
Es handelte sich nämlich um das
Verbrechen vorsätzlicher Brandstif.
tung. - Vor zwei Tagen war im
Försterhause Feuer aufgebrochen.
daZ aber dank glucklicher Umstaiide
nur geringen Schaden verursachte,
und am Tatorte fand sich das, allen
Dorfbewohnern nur zu wohlbekannte
Feuerzeug des Blasl. Ein .corpus
delicti" von schwerwiegender Bedeu
tung war damit in den Händen der
Gerichtsbarkeit und diesmal, mein
ten alle, würde er ihnen nicht ohne
paar Jahrln auskommen.
Wahrend der ganzen Untcrsu
chungshaft blieb der Blasl beim
starren Ableugnen. Ja, er fand so
gar Töne gekränkten Ehrgefühls. Es
war nichts auö ihm herauZzubrin
gen, man mußte es den Geschwore
nen überlassen, sich 'ihre Meinurg
von der Schuld deö Blasl zu bilden.
Der Tag der Verhandlung wuvoe
von allen Beteiligten, und diese wa
ren alle Ortsbewohner, mit Span
nung erwartet. Die Aussagen aller
Zeugen lauteten äußerst ungünstig,
mit Ausnahme zener deö Anfangs
erwähnten Spießgesellen, des Pech
Martl. Der war aber vorsichtig ge
nug, .in seinen Aeuszeningen nicht
weitschweifig zu werden oder seinem
Freunde aus der Anklagebank gar
zu viele Vorzüge nachzurühmen. Er
sagte unter anderem: A Heiliger iö
der Blasl nöt, aber a ka so a Ab
scheu. Daß er nöt a wengerl wil
dern tat, möcht i nöt behaupten, aber
a nöt abstreiten. Dos kann i' aber
ag'n, 'n roten Sahn auf's Dach set
zen, bringt er nöt z'famma, das not.
Wie er a koan Menschen überhaupt
'was antuan konnt: da leg i mei
Hand in's Feuer für eahm". Aber
diese gute Meinung , nutzte dem
iSIail öeMch wcnij, Ter Staats
. ,
anwirft war gar ein Loinrr. und f
von km ten fcmmi fnia r. waö
beim mit dem ierzeuz wäre. M
oer Angeklagte on dcm Tatorte vu
iorcn o5rt vergossen hatte.
5a I.ichelte der BllaLl höhnisch
.Set g Hort schon wem, aber '
Nun. was ober?" frrschte einer
oer Geschworenen.
Zeh drei Tag hon i'S nöt niclj
be, mir g habt. I hon g'moant,
hatt verlurn. Da :i rein dir
Inrl in G'spiel.-
Plötzlich flintf ein Leuchten über
lein Grsicht, als heilte or seine E
miicnmg aufgefrischt; I bitt. Her
Nat. idtn von in " rief er. .Da
Feuerzeug nnios; der Marti a'bab
hlid'ii. tu km hab i mir da neulich
a 'seis n anzünden und hab der
gessen. Jtztn fallt m'rö ein, alS
war 3 gestern a chea n.'
Der Martl wurde nochmals vor
gerufen. Man sah seinem Mienen
spiele an. das; er krampshast ach
Sachte. Plötzlich halte auch er eS.
co is uns noi anoers. ,o
wahr i da steh'. Der Förster muafz
wissen. Jn'S G'ficht kann i eahm'S
belilipten. er hat sich an den Abend
wo daS G'Iump zu brinna ang'fangt
hat. das Feuerz'uich von mir
ausg iichn.
Der Förster ward vorgerufen. Der
Martl redete ihm dringlichst zu. sich
zu vennnen.
Du hast nii' damals bciiegnet,
Förster, g'rad beim Hölgveg. nächst
dmi Riderwcger sein Häubl. I will
D'r ja nix Schlechts nachrcd'n, aber
aus der WirtSstub'n bi,t kämrna,
und daß r' bei der Wahrheit bleib
niat allani. Sei nöt harb. aber
z weg n an Rauich w,r,t niat eing'
spirrt. aber der BIa?l wegen den
dummen Feuerzeug. Du hast wöll'n
Tei Pfeifa anzünd'n, weiss D' aber
koan Zündholz nöt g'habt, und
g'rad 'n Vlael sei von ihm veraes
sen'e Vüchserl bei mir g'habt bab
han' i' D'rS autraa'n. das; i' Tir's
Icich. Na. und Tu hast eS g'nnm
ma. Z'?rst hast 'as Pfeiferl an
zünd't. da-iii bast' daS Feuerzeug
emg iieckt b sinn Ti. For,ter, um
HiminelSw, cn, b sinn Ti' do!"
und der Förster musitg sich be
sinnen, so sehr er sich sträubte und
so sehr er verlegen war, dem, der
Martl hatte eine kleine sörsierliche
caiiroae mir rauycr ans veru irt.
i.as Corpus ocuci, war. wie
man sagt. in'S Wasser gefallen. Der
iLerlchtshof fällte denn auch wegen
mangelnder Beweise em frei spre
chendeS Urteil, und der BlaSl ward
ofort auf freien Fuß gefetzt.
An demselben Abend feierten die
beiden Freunde das Ereignis bei
einigen Litern Wen,. Wie sie so
saßen, meinte auf einmal Martl,
nachöern er sich vergewissert, daß ihn
rem mensch hören konnte: An an
dermal laß bei aner Ziindlerei nöt's
Feuerzeug liegen, denn not allemal
chickts sich, daß der. bei dem's
brennt, an Rausch hat. im Rausch
icy aus n selbigen Feuerzeug
Feuer geben läßt und dann ver
gißt, daß er dös Töserl zwar in d'
Hand g'numiiia, aber cinz'stecka
vergessen tjatr ,
- ...
ftedtt M 5wdgcH.
Ein altes Sprichwort kaat:
Schweigen ist Gold. Reden ist Sil
ber." Es enthält dies sehr viel Wah
res, und so manche? Unglück wäre
verhütet worden, hatt man danach
gehandelt. Doch nicht immer darf
man nch nacy oem ldprichwort rich
ten, denn manchmal ist es umgekehrt:
da ist Reden Gold. Schweigen Sil
w. Wie ost Ware ein Minder
tändnis durch ein zu rechter Zeit ge
procyenes Wort aufgeklärt. Men
chen, die zu einander gehörten, nicht
osgerissen, durch ine Warnung so
manches Unglück verhütet worden.
Doch man zog es vor. auS nichtigen
Gründen, aus falscher Scham. Stolz
und Trotz zu schweigen und dann
war es zu spät, oft ein Erisienz zu
Grunde gerichtet und ewige Reue die
notwendige Folge.
Loch ,st sehr häufig Sckweioen
rnehr'am Platze als Reden. Ein un
bedachtes Wort ist leicht gesprochen,
aber die Wirkung manchmal eine sebr
inst. ES sind schon dadurch Her
zen gebrochen und Leben vernichtet
worden. Irgend eine schlechte Nach
rede wird weiter erzählt, ohne daß
man sich von der Richtigkeit über-
zeugt hat, und treibt einen Unschuld!
gen zur Verzweiflung, ja oft zum
ewstmoro. Äcanchmal ist es nur
ein boshafter Witz, der von Mund zu
Mund geht und den Betroffenen der
Lächerlichkeit preisgibt und seinen
guten Ruf oft untergräbt. Wie oft
werden Versprechungen . gegeben, die
man gar nicht die Absicht hat zu r
füllen, Schmeicheleien gesagt, die ei
nem nicht von Herzen kommen. . In
allen diesen Fällen, wäre wohl
Schweigen Gold gewesen. Die Kunst
ist s ben, sich unter keinen Umstän
den davon abhalten zu lassen, zu
rechter Zeit zu schweigen und zu rech
ix Jen zu reoen.
Herausgeredet. Sie
versprachen mir doch vor einigen Ta
gen,-mir 100 Dollars zu borgen,
wenn ich nötig Geld braucht, warum
tun Sie es nun nicht?"
Bei mir müssen Sie nickt alle!
urbare Münze nehmen." ' '
$loi
Mit Recht verachtet man die Nrie
ch:r. die ÄllzudemllliM.
Man sagt - wohl. Dummheit und
Ctolz wüchsen aus demselben Holz
Aber was in diesem Sprichwort
Ltolz genannt wird, ist im Grunde
,'icht Stolz, sondern Dünkel und
Ueberhebung. Pharisäertum und
Prahl ucht. In diesem Sin wird
Stolz z. B. in dem Ausdruck Ail
enngöstolz gebraucht. .Aildungs
stolze' suhlen sich im Besitz aller
Weisheit. Aber der wirklich Wissende
weih, daß die Menschheit entsetzlich
wenig weiß, daß sie heute und wohl
für immer von Geheimnissen umhüllt
ist. Darum hat Julius Hammer
ucht, wenn er sagt: .Wer sich der
Weisheit rühmt, der prahlt mit einem
Licht, das er nicht hat, denn Weis
hcit, die wahre, rühmt sich nicht.
'.','irgendS ist Bescheidenheit mehr am
Platze als o dem Gebiet der Bil
dung. und so wird man denn auch
immer finden, Saß die unermüdlich
fU Wahlheilssucher, die Gebildetsten
zugleich auch die am wenigsten Einge
bildeten sind.
Aber echter Stolz ist nicht Bil
dungsstolz, noch auch Kstenstolz oder
elitzsVIz. 'Er ist nichts anderes alS
der Ausdruck einer gefestigten Person
lichkeit, und .Persönlichkeiten brau
c;en wir.
Zur Persönlichkeit hat sich der
Mensch entwickelt, wenn, er alleö ihm
fremde abgestoßen oder sich ossimi
i'ert, in sich aufgenommen hat. so
daß er rund und voll dasteht wie auS
e?nem Guß. Eine Persönlichkeit tut
nichts, weil sie muß. sondern weil sie
will, sie spricht nicht ungeprüft fremde
Meinungen nach, sie kennt keine Vlötz
lichkeit. Sie hat in Ziel gefaßt und
schreitet ihm entgegen, ohne abzu
chweifen.
Dies ,st wahrer und guter Stolz:
ein hohes Ziel zu haben und ihm
kraftvoll zuzustreben. Ein hohes Ziel
gibt hohen Mut. und mancher, der
hn Stolzen unbekümmert um das
Gebell der Hunde seines Weges gehen
sieht, schilt ihn hochmütig. Möge der
scheltende dein Beispiel des Stolzen
folgen, sich selbst ein Ziel setzen, dann
wird er erfahren, wie falsch er den
anderen beurteilt.
Es wäre weit besser um die Welt
bestellt, wenn die Menschen insge
samt stolzer wären. Zieles Nieder
ziehende würde dann seine Kraft ver
lnren, manche Spekulation aus daS
Hündische im Menschen würde als
bussichislos erst gar nicht versucht
werden. Was würden z. B. Klatsch
und Verleumdung beginnen, wenn sie
sicher wären, daß weder der Verlernn
oete noch ' die lieben Nächsten den
vagen Andeutungen, den Pfeilschüssen
vus dem Hinterhalt irgendwelche Be
öeutunq beilegten!
Freilich: Stolz verpflichtet! Wie
viele Menschen sind denn Persönlich
keilen, wie viele haben 'ein würdiges
Ziel? Aber auch n den Unselbstan
digsten lebt noch eine Ahnung und
eine Sehnsucht nach Charakter, und
mdem sie schmähen, bewundern sie
doch den, der sichum ihre Läsierzun
gen nicht kümmert. Und über kurz
oder lang machen sie wohl gar aus
dem Verfemten ihren Helden, und
dann kann es wohl kommen, daß sich
Strahlen aus seiner Wesensart in
ihre Ärust senken. Dies ist die
edelste Freude des wahren Stolzes;
denn, wenn man ihm ganz auf den
Grund sieht, so findet man ihn der
Selbstliebe völlig bar. der Liebe zur
Allgemeinheit gänzlich geweiht. Das
eben ist der eigentliche Unterschied
zwischen Stolz und Dunkel: .Ich bin
groß, ihr seid winzig und kläglich,"
agt der Dunkel: warum seid ihr so
eige, so faul, so stumpf? Sehet mich
nid nehmt euch . in Beispiel! Ihr
tonnt es , mahnt und lockt der Stolz.
Ti Farben der sNschnrss.
Weshalb sind wir weiß? Warum
st der Neger schwarz, der Chinese
gelb? Früher schrieb man dies in
erster Linie der Wirkung des Son
nenlichts zu. Neuere Forschungen
haben ergeben, daß die Farbe der
einzelnen Rassen vorwiegend durch
die Nahrung beeinflußt wurde. Der
Mensch der Urzeit war schwarz. Er
lebte vorzüglich von Pflanzenstoffen
und Früchten, die Eisen und Man
ganate enthielten, die die Haut dun
kel färbten. Noch heute kann man
beobachten, daß die milchtrinkenden
Negerstämme nie -so dunkel sind wie
die nur von üiegetabilien lebenden.
Die Indianer Amerikas waren rot,
weil sie mit dem Blut der Tiere,
die sie oft roh oder halbroh zu ver
zehren pflegen, ihrem Blut Hämo
globm in reichlicher Menge zuführ
ten. Dje ' Mongolen hinwiederum
haben ihr gelb Hautfarbe, werl ihl
re Borsahren Jahrtausende - lang
teils von Früchten, teils von der
Milch ihrer Herden, die sie auf den
weiten Steppen Asiens weideten, leb
ten. Milch enthält einen gewissen
Prozentsatz Chlor, daS seine blei
chende Wirkung im Laufe der Zeit
auch auf die menschliche Haut auS
übte. DaS dies bei der kaukasischen
Rosse in noch stärkerem Maße der
Fall war, ist darauf ,'zurückzufüh
ren, daß diese Rasse die erste war.
die ihren Speisen Salz zusetzte. Der
Ehlorgeyalt des nochfalzes vor allem
erzeugt die weiße Haut des Kauka
Sebklsilcht.
Nur wer die Sehnsucht kennt,
weiß waS ich leide," sogt da! bekarm
te Lied der Mignon. Aber gibt ei
denn überhaupt Menschen, die die
Gefühl nicht in irgendeiner, wenn
auch noch so dumpfen, verworrenen
Weise ckekannt hätten?! Ist Sehn
sucht nicht innig verwachsen mit dem
Empfindungsleben menschlicher We
sen? Ja, villleicht ist e nicht nur
beschränkt auf diese, vielleicht läßt el
sich verfolgen bis in das Instinkt
leben der scheinbar unvernünftigen"
Tierwelt. Hört und liest man nicht
immer wieder von Tieren, namentlich
Hausieren, Hrniden, daß sie di,
Trennung von dem geliebten Herrn
oder der geliebten Herrin nicht ertra
f., nicht überleben können?
Im Mensche paart sich jene mäch
tige Sehnsucht, die einen andern als
lebensnotwendig empfindet und deS
halb auch im Tode nicht von ihm
lassen kann, mit bewußter Energie,
mit zielbewußtem Wollen. AuS je
per LiebeSgewalt, die ,n TodeSfehn
sucht umschlägt, hat die Poesie aller
Zeiten ihre köstlichste Nahrung ge
holt. All die berühmten Liebespaare,
die von Hero und Leander an bis
auf WagnerS Tristan und Isolde di
Völker und Zeiten durchwandern,
sind auf den großen Zug erddernei
nender. lebenSenlrückter Sehnsucht
gestimmt.
Aber die Sehnsucht gehört nicht
nur dem Bereich der Liebesgefühle on,
sie kennt auch noch andere Ziele. In
idealen Naturen lebt stets In mäch
tiger Drang, sich loszuringen auS
den Fesseln der Alltäglichkeit, in in
bessere, reinere Welt einzutreten. Im
Werkiagsgewühle schweigt dieser
Trieb. Der tätige Mensch, der in
rastloser Arbeit einen bestimmten
Pflichtenkreis auszufüllen hat. kann
sich solchen Gefühlen nicht nusschließ.
iich hingeben, aber nichtsdestoweniger
sind sie da und machen sich in stillen
Stunden bemerkbar. Was ist daS
für ein Sehnen am Sonntagnach
mittag, das oft mich zwang zu Trä
nen, solang' ich denken inog?' Heißt'S
m einem Gerokschen Gedicht. Ost
weiß man selbst nicht den Grund,
vermag wenigstens nicht, ihn in
Worten auszudrücken, und eS gibt
wohl auch Leute, die diese Gefühle
als lästig empfinden, di sich ihrer
zu entfchlagen suchen. .
Gewiß, Sehnsucht kann die Kraft
unterbinden, kann unsere Lebensar
beit hemmen.' Von solchen entnerven
den Sehnsuchten sind die Menschen
heimgesucht worden, vor und nach
der Wertherperiode. , Die Flucht aus
beengenden heimischen Verhältnissen
ist oft, die Folge dieser Sehnsucht.
die unablässig gespornt wird durch
das Mißvergnügen an dem Gegen
wältigen, und die schließlich zu dem
resignierten Ergebnis führt: Da,
wo du nicht bist, da ,st das Glück!"
Der tiefe Sinn des durch Schuberts
Tonsprache unsterblich gewordenen
Liedes Der Wanderer" ist eben der,
daß die Sehnsucht kein Verweilen
kennt, daß sie uns daö Hier schal,
das Dort begehrenswert erscheinen
7äßt. Da wir aber überall unser Ich
mitnehmen, findet unsere Sehnsucht
niemals Erfüllung, bleibt das Glück,
dem sie uns entgegenpilgern heißt,'
stets illusorisch. ,N
Existenzen, die sich also von der
Sehnsucht belasten, um den eigent
lichen Daseinsgenuß bringen lassen,
tragen schwer am Leben und wissen'.
nicht, wie sie mit ihm fertig werden '
wollen. Und doch liegt in echter
Sehnsucht etwas Hinaufziehendes,
das neue Kräfte verleiht. Diese
Sehnsucht, die sich am Hoben und
Trefflichen hinaufrankt, die unS
über uns selbst hinausführen will ,u
höheren Stufen, muß man sich zu
erhalten suchen, denn sie ist nichts'
anderes als das Streben nach dem
Ideal, das in unserer Brust, in un
erem Geist Gestalt gewonnen hat.
Neben dieser großen, himmelftür
wenden Sehnsucht gibt es dann noch
eine ganze Menge mehr oder minder
großer Wünsche und Begehren, die'
wir mit dem Namen Sehnsucht"
belegen. Oft wird mit dem heiligen
Klang des Wortes schnöder Miß
brauch getrieben. Ins Kleinliche '
verzerrt der Begriff sich entschieden.
wenn s z. B. von einem neuen Kleid
oder Hut heißt: Das war schon i
längst ein Gegenstand meiner Sehn'
sucht. .
' Anders lautet es schon, wenn ein '
Reise, der Aufenthalt in einer schä
nen Gegend als Sehnsuchtsziel be
zeichnet wird, denn solche Erlebnifs
können uns mit einer Fülle von
Elllcksmöglichkeiten bereichern. Wir ;
wissen, was für Goethe von der ita "
lienifchen Reife obhing. Wir moder
nen Menschen sind durch , die Ver
kehrserleichterungen bedauerlicher
weise hinsichtlich der Orisveränderun .
xen, des raschen Wechsels von Land
schafiseindrücken blasierter, gleichgül'
tiger geworden. ' ; -
So nimmt uns das heutige Leben,
was eS unS auf der anderen Seite
in reichem Maße bietet. Denn da
steht fest: Nur das schwer Erreich
bare, daS zu Erobernde lockt die
Sehnsucht hervor. Mit der Möglich,
keit der leichten Erfüllung nimmt $4
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Sök