Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, May 27, 1914, Image 2

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Die Dorschwundo-
xxcn $o5fIücüe.
. Usvells von Makduin Orotter.
Ci tut i'it UU W5itl r:!r.f3 ?:st'
mahl. Präsident Grumdach war nach
incr Abwrsnhnt von zwti Monaten
i!üZlich wieder heimgkkchrt. Er halt
sich, einer Einladung der hohen gikgikrung
jolgt leistend und auch dcm eigenen Trieb
ehorchend. einer amtlichen Kommission
iigkschwjscn. die mit dcm Studium der
giokea wirthschaftlichen Organisationen
Hn Amerika betraut war.
1 Tie glückliche Rückkehr wurde nun ge
feiert Im kugften Kni. Nur vier ß)e
Decke tvare aufgelegt worden; für die
DauSherrnleute: Herrn Ärumbach und
ei schuldlose Gattin Frau Violet, für
!WlsIi;ßTn ßislst Meister Dflaobert. der
Sa iigentlich schon a!8 zum Haufe gehörig
f... Mi. 5,?! fiir
4 liylil UUl, UliV IHWIIMJ
üllezn: geneuen, literarlschen Freuno
aggnl. d nicht müde ward und
iid. der Welt Kunde zu eben von den
SrrckihOten deZ Meister!. Nennen wir ihn
Hit, und wäre ti auch nur au dem
an Zlebensachllchen Grunde, daß er so
W .
Wal Mahl verlies sehr angeneDm. er
läsibent erzählte angeregt von seinen
Wjjih& Ouerfahrten, und Frau iiüo
l tvar'kehr stolz daraus, das, ihr perr
ernalil'-imtrila entdeckt hob. Im Ucbri'
e warste aber doch nicht ganz befrie
igL ,. Tie wuthschaftlichen Ctgonisaho
ria toteres firten sie gar nicht, und von
kde 'Hauptsachen wufzte n nicht zu er
Bä'ijlen. Dutzend? dort großartigen Din
picri, ,Ä?utS und Bällen hatte er mitge
nacht,nd glauben Sie, daß er die Toi
Aeite uch nur einer der dielen Milliardä
halle beschreiben können? eine
JSfcri..
i ilnd" Ja real sährt nach Amerika!
F Mclz' beendetem. Mahle setzte die Haus'
!frou d drei Herren im Rauchziminer zu
brecht und bedachte sie noch mit oller Sorg
! fält arnd Anmuth mit dem undermeid
iliche., aber. auch ,unleirtbehrlichen kleinen
,Tchwarzen und empfahl sich dann.
U.Dai war schon vorher ausgemacht und
tschuldigt worden. Frau Violet war
Mitglied des Kuratoriums und schätz
imeisterin des Verein! zur Erbauung von
iVilkeir in österreichischen Kurorten für
jkranke und rekonvaleszente Offiziere, und
gerade für den Tag wa? eine Kurato
riumösitzung ausgeschrieben, der sie nicht
fernbleiben durfte.
Im Abgehen aber noch schnellte sie einen
Partherpseil ab. Sie sagte:
- .Nie habe ich eö mehr bedauert, abge
halten zu sein. Denn wahrscheinlich komme
ich um eine schone TagoberiGcschichte,
ober, meine Herrschaften. Alles bringt
Dagobert doch nicht heraus!"
Tann machte sie noch einen spöttischen
Knicks und im nächsten Augenblick war
sie verschwunden.
Der Pfeil' sasz. Grumbach blickte er
staunt auf und fragte theilnahmsvoll:
Hast einmal Pech gehabt, armer
Dagobert?-
.Nicht daß ich wüßte'.' erwiderte der
Meister mit sehr harmloser Miene.
.Ach. thu' doch nicht so! Das kann Je
dem einmal passiren. Also wie war daS?"
,WaS denn?-
,Wo Du Dich blamirt hast."
. Aber ich hab mich nicht blamirt!"
Leugnen hilft nichts. Ich weiß, wie
fchr Liolet Dich bewundert, und wenn sie
doch so etwas sagt, so hat sie ihren trif
ägt Grund dazu."
.Sage lieber, sie glaubt Grund zu ha
bm!" ,
i .Na also da haben wir'S ja! Es
hat also doch etwas gegeben! Nun aber
heraus mit der Sprache!"
i.Wmn s aber ein Geheimnis ist?" ,
,,Ah, da muß ich bitten! Meine Frau
hat kein Geheimnis vor mir darf kei
zieö rZaden!" '
.Aha, jetzt beginnen die Erpressungen!"
.Meinctwegeii Erpressungen, aber
Leichten mußt Du!"
..Wenn es nun auch das Geheimnis
eines Anderen wäre? !"
.Eines Anderen? V
.Jawohl, beispielsweise meines?"
.DaZ sind Ausreden. Heraus mit
Eurem Flederwisch!"
.Nein wie man in diesem Hause be
handelt wird! Also gut;, da man mich
auf die Folter spannt, gebe ich das Ge,
heimniö preis, aber im Vertrauen!"
Nun mengte sich auch noch der litera
riscke Freund ein. Er sagte:
.Weil wir g'rad von Geheimnissen
reden, Sie wissen doch, Meister, daß
C! mir jedes Geheimnis 'anvertrauen
Annen!"
.Natürlich weiß ich das!" . "
Ebenso wissen Sie, daß Sie mit un
träglicher Sicherheit darauf rechnen dür-
Im. das füße Geheimnis schön gedruckt zu
inden."
.Ich beklage mich nicht. Sie haben
mich ja mit Ihren Berichten ordentlich
berühmt gemacht." , ,
.Ihre Thaten haben Sie berühmt ge-
macht, Dagobert. Sie sehen also, , daß
Ich für vertnuliche, Mittheilungen nicht
der rechte Mann mn.
Weil Sie sie doch veröffentlichen wür
den?" -
. .Allerdings! Womit ich also die Ehre
habe, mich hoflichst zu
' ..So bleikn, Sie doch sitzen, Sie Un
slückSmcilsch! Sie sind doch sonst nicht so
)uiwtx von Leqriffen! Was habe ich ge
sagt? Daß ich im Vertrauen zu Ihnen
reden will. . B-rstehen Sie noch immer
nicht? Eben im Vertrauen darauf, daß
Sie wie auÄ sonst immer usw."
.Ach s?o!" '
Und . Dg:crt erzählte. Hier der
TZakbestand: ' ' .
AlS Prälise! Grumbach zu feiner gro
f,in !,'ii niüeie. wurden gleichzeitig auch
t n?it)ieir Borkb.runa.en getroffen, da
n.:t 'seine uSgkich.iete Gattin Frau Vio
1:1 in der Zeit seiner AbiLesenheit sich
sehr verlall? fühl: und sich nicht
i-v:i.. . '
S-fr-ofti-'XMa trugt alsg der all--'k
T,tv-? d? Hittsc.
: ti,.
u.-.7 l'.
'fpZNük wcrdcn.
DaZ war untrr den ggebenen Umständen
ganz seldsloerständlich. Nach altem all
seits liebaewordknen Brauch war er bis
dahin wochentlich einmal regelmäßiger
MitlaaZgast im Haufe Grumbach gkwc
sen. Nun sollte er wahrend der Tau
der Abwesenheit bei Hausherrn täglicher
l'last werden, damit er immer gleich zur
Hand sei, wenn Frau Violet irgend welche
Wünsche oder Auftrage kür ihn auf dem
Herzen haben sollte. Für solche Falle
würd ihm unbeschrankter Kredit und un
beschränkte Vollmacht ertheilt. Er sollte
sich der verlassenen Frau soweit alS es
nur anging, zur Verfügung halten und
ihr in Allem und Jedem mit Rath und
That beiskehen.
Nun hatte Dagobert, ss freudig er sich
auch in den Dienst der verehrten Freun
bin stellte, doch immer so mancherlei wich
tige Geschäfte zu erledigen, welchen er sich
nicht ganz entziehen konnte. Frau Violet
ober mußie auch über die Mittagszeit hin
au versorgt werden. Da traf e sich nun
besonder glücklich, daß gerade um diese
Zeit Frau Violet von einer Freundin und
Kollegin auS früherer Zeit wider einmal
um eine kleine Aushilfe in schmieriger
Lage angegangen wurde. Da war M.
Annie Raymond, die bis dahin all erste
Soubrette am Linz Theater engagirt
war und deren Kontrakt in Folge der
mißlichen Umstände, mit welchen ihr Di
rektor zu kämpfen hatte, nun nicht wieder
erneuert werden konnte. Ein anderes
Engagement war angesichts der nahenden
Sommerfcso.n auch nicht zu finden, und
so waren'cs'nun rcchs'Mihliche VcrhäN
risse, in welche dir Künstlerin gerathen
war.
Frau Violet hatte ein gute! Herz und
war immer gerne zur Hiife bereit. Sie
dachte oft an jene nunmehr doch schon
etwa fünfzehn Jabre zurückliegende Zeit,
da sie selbst als Bühnenkünstlerin wirkte.
Schon damals hatte sie mit der Raymond
Freundschaft geschlossen, und nun be
grüßte sie mit Freuden den Anlaß, ihre
freundschaftliche Gesinnung wieder ein
mal durch di That beweisen zu tonnen.
Die Gelegenheit war günstig, und ibr
Plan rasch gefaßt. Sie schrieb sofort die
Antwort auf den Brief der Freundin.
Sie möchte doch nur sich sofort aufsetzen
und Herreisen. Alles werde zu ihrem Em
plang bereit fein. Dor Ablauf von zwei
Monaten werde sie überhaupt nicht fort
g:lassen werden.
Dem Brief lag. ohne daß dessen sonst
Erwähnung gethan worden wäre, ein Be
trag bei, der ausreichend war zur Deckung
der Kosten nicht nur der Reise, sondern
auch der einer etwa erforderlichen Reife
toilctte. Unerwähnt war geblieben, daß
Frau Violet sich sonst für ihre Siroh
wittwerfchaft eine Gesellschafterin hätte
engagiren müssen. Das sollte Madame
Raymond nun allerdings werden, aber es
hätte sie vielleicht bedrückt, sich als bezahlte
Kraft der früheren Freundin zur Vcr
fügung zu stellen. Frau Violet war zu
zartfühlend, hier Gehalt und Bezüge zur
Sprache zu bringen, wußte sie doch bei
sich, daß die Freundin deshalb doch nicht
zu Schaden kommen werde.
Dagobert machte große Augen, als er
wenige Tage nach der Abnise des Präsi
denten, zu seinem regelmäßigen Mittags
besuche antretend, im Salon zwei Da
wen vorfand. Frau Violet besorgte so
fort die Vorstellung.
Dagobert unterdrückte ein Lächeln. Die
Raymond ihm vorstellen! Und ob er
sie kannte! Er stand ja mit ihr sogar auf
dem Tu-Juße, wie mit den meisten Büh
nenkünstlerinnen und VariStödamen, in
deren Gesellschaft er sich von jeher mit
besonderer Vorliede bewegt hatte, er, der
Komponist so mancher populär geworde
nen Chansons und der bekannte Mäcen
der Künstler und Künstlerinnen!
Das war freilich eine ganz andere Um
gebung, in der er die Raymond kennen
gelernt hatte. Hier im Hause Grumbach
aber mußte Alles auf den Ton höchster
und tadellosester Sittsamkeit gestimmt
werden. Er verneigte sich also tief vor
der unbekannten Dame und küßte ihr ehr
erbietig die Hand.
.Gnädige Frau, ich bin glücklich, die
hervorragende Künstlerin nun auch per
sonlich kennen zu lernen."
Und ich bin stolz, mich nun der Be-
kanntschaft '
.Wenn Sie gnädig fein wollen, sagen
Sie gleich der Freundschaft!"
m der Freundschaft eines so berühm
tcn Mannes rühmen zu dürfen!"
Dagobert wehrte bescheiden ab und
hatte dann kaum noch Zeit, sich um das
Befinden Frau Violet's zu erkundigen,
als auch schon der Diener erschien und
unterthänigft meldete, daß seivirt fei.
Dagobert reichte den rechten Arm der
Hausfrau, den linken der Ravmond, um
sie zu' Tische zu führen.
.Ich lebe da. wie ein Gott in Frank
reich." sagte er. .An jedem Arm eine
schöne Frau!" Und dann fügte er zur
Raymond gewendet entschuldigend hinzu:
.Ich habe leider nur einen rechten Arm
und darum, meine Gnädigste, kann ich
Su mir nur zur linken Hand antrauen."
.Du wirst Dich daran gewöhnen müs-
sen. Annie," bemerkte Frau Vwler,
Dagobert macht immer so ungehörige
Witze."
.Ich kann schon etwas vertragen!" trö
stete Frau Annie.
Bei Tischt kam bald eine lebhafte Un
tcrhaltung in Fluß. Frau Annie war
eine schöne Frau und lachte gern. Denn
sie hatte schone Zähne. Das aschblonde,
tief in'S Gesicht hereingescheitclte Haar
bilde emen angenehmen Kontrast zu
i,'?re". munteren Äugen und dem nichts
wenizer als schüchternen Mienenspiel.
Dcgobert'S Beobachterblick eniginq eS
nicht, .daß d Dame bei Antritt diese:
itter Gastrolle um eine leichte, nur dem
g'üoten Kennerblick merkliche Nuance zu
vi'.l der S?rafa!t auf die ucre Ausstat
tuug ihr Persönlichkeit verwandt hatte.
3ir hatte -allerdings sehr diskret Vufge
.trügen, aber Tagober! übtthaux! ein
Lberzkugter Gegner der Uebertraguna ge
wisser für dai Rampenlicht der Bühne
rmoermeidlichec , Toilettenkünste in toi
Tageslicht dS realen Leben.
Die fcbr toftdare Robe sul gelber japs
nifchcr Seid kannte er übrigens schon
von einigen früheren Anlässen her als
zum Besidstand Frau Violet's gehörig.
Er begriff aber sofort AlleS und fand
auch AlleS gan, in der Ordnung. Frau
Liölet'I vorachmk farftt,tfnt war ihm
besannt, und ganz selbstverständlich hütete
er sich wohl, etwa! von seinen Beobach
tungen und den oul diesem gezogenen
Schlüssen auch nur mit einer Silbe zu
veiralben.
Ganz. glUTNch llÄr die Aeue Ordnung
ttt Dinge, war rautBiolct. Sie hatt
nun an ihrer,'5rcundin die richtig?
sellschafterin, kvie sie sich sie gewünscht
halte, und wie sie-sich sie nicht besser hätte
wirnschew können. Lady -Duue,, wie die
Raymond nun im Hanse genannt wurde,
war immer Huteraune -und. wußte aus
derwuuchvl'flichkn- Vorrothiihnr Vüh
nenerinneiungen immer allerlei Listig
vnd KurioseS ,u erzählen. Tie-bndn
Damen z fuhren, gemeinsam, auS. machten
gerneinssm ihre .Besorgungen und .besuch
ten gemeinsam die Theater nd Konzerte.
Dagobert stand -ihnen- immer'und überall.
wo?eS nothlhat) ll 'aufmerksamer illid
getreuer. Ritter 'zur" Verfügung, und s
ward, denn den i-beiden Frauen ?dr,Tag
niriu5lmig,,und,wenn' ein Tag-zu.Eride
war,.--da -kxiktm'sie, schon ihre 'iMne?ür.
derrinäcnurl'.frrnreir.'sich darauf.
? flknz,daImkN ganzenMona tkem g
kni schisrjHorrnrm,.dann4sk.ger S
einkk ZageS dochtwa!,oS'ndlgg
net war, .-die- bis dahirnungetrübte Stirn
mung zu verderben.
OIS Dagobert wikdn .inmol mit. ge
wohntN'ZUnkÄtchkett zur Mittagszeit er
schien, , fand r-di beidenk Damen .mit der'
stitnÄrstchtrN'rn ewfttnfteB:athung'
vertieft ,. dr bemerkte, sofort. , deß irgend
eSÄngÄiÄ'loS'ei.,und igcftat
trt? sich, alS-j richtigerSchwerenöther. die
nskische'FrcZe'., waS '.denn den Damen
über die!reer:dktr'Lebkrngelausni,ware.
F?rilVu!kt yaö,auch gleich di, beun-'
rrkhigendk'SrkUrung: '.
.Denken 'Sie. nur.? Dagobert, in uw.
senm Hause'wkrd gestohlen!"
'Dagobert machte ein sehr ernstes ör
scht.
i chrkann-nichtsagen. wie viel gestoh
,len wurde, aber eS ist gestohlen-worden."
i ,,DaS ist rink'bvse Leschichte! Erzäh
len S!e,rc,u! Biolt."
' ..Also hören Sie. Wie Sie wissen,
sind bei uns seit etwa zwei Jahren die
Loldstücke im Verkehr, rar geworden. Ich
weiß nicht, woran das liegt, aber ich lieb !
d Goldstücke."
: .Eine begreifliche Schwäche!"
.Ach' Gott, ei ist ja.ewerlei.5ob Gold
oder Papier,, aber ich freue mich'dochim
mer.'wcnn mir ein Goldstück unterkommt.
Daözlegt tch dann .seit zwei Jahnn
gechti.dgzun , schon so- beiseite und
thue S. in in ' Sparbüchschen,'-, und ' wnn
dieses voll-ist. dann bringe-ich den Jnhrilt
'zur Postspartasse."
.Schon .keine gute Idee, meine Güä
'digfte! JedeS Lankmstitut - verzinst Jh.
nen das Geld um ein volles Prozent
chöheri", . -
: .Ach,' wegen eigzl Vrozen'.s!"
; ,23er Vorsichtige Kapitalist hat auch
charaus-zu. achten!"
.Jaoch, aber mir war eS so am U
'cmemsten, und für.michlsollt das soine
-Art Geheimsor.dS sein,', in Geheimnis, -,von-dem.
Niemand -nichts-weiß, auch mein.
,Tm Nothpsenn!g? . Gnädigu.gestat
'icn, datz)ich.in Lächelnunterdrücke."
.Nicht. wieD. meinenDsgobcrt.- D5
sware virkltchlächerlich. Und - doch in
Nothpfennig..-wenn -ich wirklich einmal die
Phantasie .haben sollte, mir erwaS-zu kau
fen und.damit' doch nicht'eiriemvMonne
komme möchte. Sie müssen das doch
verßeh,. Ich habe mir sogen lassen.
!do sz auch W Mannn -manchmal ihr Re
lserve haben, von der di Frau mchtl'
!weiß."
.ScetciS scÄ wirklich-manchmil'vor
ikommenn dieser schkechteften der Wrltrn.
lNun. undweiterZ'
i .Nun-denn heute mußte ich, die Errt
deckung! machen, daß meine Sparbüchse-ge
plündert wcrrven ist!" . '
j i .Die ganze Sparbüchse -ist, weg?"
j Nein, sie ist noch da. aber sie war schon
nahezu. voll .und jetzt ist kaum noch die
! Halste dim-.
.WaS ist denn nun da für eine merk
-würdige-Sparbüchsc, auS der man so leicht
;die Goldfüchse herauslocken kann?"
.ES ist ja eigentlich gar keine Spar
büchse, keine Veborene Sparbüchse, sondern
nur von mir zu einer solcken ernannt. EZ
ist nur ein niedliches kleines Schmuckkäst
chen aus Bcrgkrystall in goldener
Fassung." ,
.Hat es einen Schlüssel?" '
.Es hatte einen ganz kleinen golde
nen Schlüssel, aber den hab ich schon vor
Jahren verloren. Das Versperren hätte
auch keinen Zweck gehabt. Kam ei Dieb
darüber. so Wte er einfach daS ganze
winzige - Kästchen einstecken können) ohne
sich erst mit dem. Aufsperren aufzuhalten."
' .Ich der stehe. EI war also ein HauS
dieb, der sich der Hoffnung hingab, daß
:d:r Abgang nickt gleich bemerkt werden
würde und der sich die ergiebige Quelle
auch für eitere Versuche nicht verschütten
wollte."
.Ja, Doaooert, es kann nur Jemand
auS dem Hause gewesen sein. Annie und
lich haben gerade berathschlagt, w:e wir
dem Thäter auf die Spur kommen könn
sen, ei ist unS aber noch nichts Rechtes
ieiNkiefall.
.Wissen Sie. wieviel Ihnen entwendet
worden ist?" - , ' -
.Nicht nau, ur so ungefähr. Zwei
;ml habe ich bisher daS Kästchen voll ge
chabt, und als ich dann nachzählte, waren
beidemale so zwischen zweihundertund
vierzig und zweihundertundfünfzig Gold
ft'Mt. Diescsmal war ei schon beinahe
!ga:,z gefüllt, jetzt ist eS kaum halbvoll,
(js finb also mindesten hundert ?old
Säcke dtkschlvundkN."'
.W befindet ifi dieses Kästchen?"
.In meinem Wäscheschrank in meinem
Echloszimmer "
ß'k srciertjrr Füll!"
.Für Dagobert giebt es keine schwilli
gen Fälle. Wie derdlendet wir waren,
Anniel Wir zerbreche, unS di, Köpfe,
mache unS Kummer und Lorge und
haben wie oft kommt daS doch nn Le
den vor! daS Nächste und Bcste nicht
gesehen, habe an Dagobert nicht ge
dacht! Ist dal nicht komisch? Nun aber
bin ic? aller Sorge lcdig. Tazkdekt wird
eS herausdringen!"
.Sie sind im Irrthum. Frau Violet.
Dagobert wird dal nicht hk!U'bnne,'n."
.Warum denn nun aber nicht? Für
Sie muß da doch eine Kleinigkeit sein!"
.Et ist keine leinigkeit. Ich habe
Ihnen schon gesagt, el ist ein sehr schwie
riger Fall."
.AIS ob Dagobert nicht auch schon sehr
schwierige fZalle ausgetlärt hätte!"
.Gott. ja. Gnädigste, et mag ihm eini
geS gelungen fein, aber in ganz autsichtS
lose Sachen läßt er sich doch nicht ein.
Ich werde mich also mit dieser Angelegen
heit nicht besassen."
,TaS soll ein Mensch verstehen!"
.lZi ist ein hossnungloser Fall, so ein
fach er aussieht, und dann habe ich auch
grundsätzliche Bedenken."
"Tut fxemnl?"
.Wenn ein Arzt in seiner eigenen Fa
milie einen ernsten Krankheilösall hat,
dann wird r nicht selbst zu turnen begin
nen, sondern sich einen andern Arzt holen.
Ich gebe in diesem Hause seit Jahren ul
und ein. ich bin swl, darauf, mich alS
zum Haufe, zur Familie gehörig betrach
ten zu dürfen. la kurire ich nicht
selber."
.Tagobert. dieser Vergleich hinlt; daS
können Sie nicht leugnen!"
.Zugegeben, er mag nicht ganz zutref
fen fein, aber eiwaS jkt doch dran. DaS
ist auch nicht daS Entscheidende. Der
Hauptgrund ist der folgende: S ist ein
HauSdieb. DaS steht fest und da will
seien wir nur ganz offen c besagen, daß
er unter. Ihrer Diexorfchast zu suchen ist.
Frau Violet." . .
.Nun sehen Sie. Dogober!! TaS ist
natürlich auch meine und Annie'! Mei
nung. Sie kommen gleich selber auf die
richtige Spur und wollen sie nicht vcr
folgen!"
.Und werde sie nicht verfolgen. Ihre
Dienerschaft besteht auS sechs Personen.
Ich kenne sie alle; olle sind schon jähre
lang im Hause und olle baden sich bisher
als treu und zuverlässig erwiesen. Kön
nen Sie einen bestimmten Verdacht aus
sprechen?"
.Nein!" erwiderte Frau Violet kurz
und trocken. Sie war schon beträchtlich
gereizt über Dagoberts unbegreifliche
Gleichgiltigkeit und Interesselosigkeit einem
Falle gegenüber, der doch sie anging
und der wie für ihn geschaffen schien.
Wenn Sie ihn hätten," fuhr er daraus
fort, .dann könnte man ja der Sache nach
gehen, so aber lasse ich die Hände davon.
Turch eine Untersuchung müßten sünf
redliche Menschen zu unrecht mitverdäch,
tigt werden. Bevor ich einem Unschuld!
gen einen Makel anhänge. lasse ich diel lie
ber zehn Schuldige laufen. Da thue ich
nicht mit!"
Und dabei blieb eZ zu Frau Violct'S
tiefem Verdruß.
Am nächsten Tag versuchte sie noch einen
Sturmangriff, den Dagobert aber mit
vollem Glichmuth wieder abwehrte. lZk
wollte von der Sache nichts wissen, und
daS Einzige, wozu er sich herbeiließ, war,
daß er sich mit den beiden Damen ins
Schlafzimmer begab, um sich wenigstens
auf dem Schauplatz der sträflichen Be
gebenheit ein bischen zu orientiren.
Der Wäscheschrank wurde ihm geöffnet.
und er nahm auch das kostbare Kästchen
in die Hand. Er war ganz entzückt da
von.
Wenn ich der Dieb gewesen wäre."
sagte er mit dem befriedigten Lächeln eineö
Amateurs, der einen glücklichen Fund ge
macht hat, ich hatte die Goldstücke aus-
geleert und hätte dal Kästchen genommen."
Daaobert!" entaeanere strau Violet
mit rascher Entschlossenheit, ,dai Kästchen
soll Ihnen gehören, wenn Sie mir den
Fall aufklären!"
Ärmel Kästchen und armer Dago
bert!" lautete seine Antwort, .ihr werdet
niemals zusammenkommen! Der Fall
wird nie aufgeklärt werden, das ist einfach
unmöglich, und daS, Frau Violet. wenn
Sie wollen, gebe Ich Ihnen schriftlich !" .
Damit war die Angelegenheit endgiltig
erledigt und sie wurde bei den Gesprächen
an der Mittagstafel nicht mehr berührt.
Frau Violet wahrte zwar nach wie vor die
verbindlichen Formen der 'Hausfrau dem
Gaste gegenüber, aber innerlich war sie
doch böse auf Dagobert wie noch nie zu
dor. Er mag ja recht gehabt haben, waS
die Schwierigkeit der Aufhellung betrifft,
aber versuchen hätte er eö doch müssen!
Ihr zuliebe hätte er eS versuchen müssen,
wenn er wirklich ihr ergebener Freund
War. wie er es so oft versichert hatte.
Etwa vierzehn Tage nach jener uner-
freulichen Episode erschien Dagobert un
vermuthet Nachmittag im Hause Grum
bach? Er traf Annie mit einer Handarbeit
beschäftigt allem im Salon an. .
.ES ist mir ein-angenehmer Zufall."
begann er, .daß ich ungestört mit Dir
reden kann. Annie. .
Annie blickte erstaunt auf bei dieser An
rede. Niemals bisher hatte sich Dagobert
auch nur die geringste Vertraulichkeit ihr
gegenüber im Hause Grumbach gestattet.
Diese ehrbare Annäherung kam ihr gan,
unerwartet, erfüllte sie , aber doch mit
Freude und mit Hoffnungen, und in
ihrem Augenaufschlag lag nichts Abwei
sendeS, als sie zuthunlich lächelnd er
widerte:
.Thu' doch nicht so. Dagobert! Du
wußtest ganz ernt, daß XU mich allein sin
den würdest. Violet hat eS bet Tische ja
angekündigt, daß sie um drei Uhr zu ihrer
Kuratoriumsitzung gehen würde."
Ich bin also durchschaut, ja, die
weidliche Schlauheit! Thut nicht. An
genehm ist'S mir doch, daß wir allein sind.
Wir müssen nämlich Abschied nehmen von
einander, liebes Kind!" '
.Was. Dagobert. Du willst abreisen?"
.Nein. Du reisest."
.Ich? Ich denke nicht dran!"
.Doch, mein Kind, Du wirst abreisen,
und zwar heute Abend noch. Dein Zug
geht um acht Uhr fünsundvikizig vom
Nzedwestbahnhef ab. Fahrkarte erster
Klasse nd dal Billet für den Citilak
wage habe ich für Dich schon in der
Tasche."
.Ja. sag' Du mir. Tageiert, list Tu
verrückt gewvkdcn?"
.Auch den dringenden Brief Haie ich in
der ?sche, mit dem Du Dich auSmetsen
kannst, und der lir den plausiblen Vor
wand sür die plötzlich Abreise Ncsern
wird.'
.WaS soll mir der ganze Unsinn? Ich
erster keine Gilbe!"
.Schade! Ich hatte ßfhc, daß Du
auch so verstehen würdest und daß unS
Beiden die peinlich Erörterungen erspart
bleiben konnten. Du mußt abreisen, weil
ich nicht zugeben kann, daß Tu auch nur
eine Stunde nach dem Tir gesetzten 2er
min in diesem Hause bleibst."
.Warum nicht?!" fragte sie empört
und mit zornsunkelnden Augen.
.Weil Tu mir zu vergeßlich bist, mein
Sedatz. Du versiehst auch dal nicht? Ich
will Dir'S derdkuifchen. Tu hast Dich
vergessen vor etira vierzehn Tagen, zum
zweiten Mal Dich vergessen vor acht Ta
gen. zum dritten Mal heute Vormittag,
tf ist mir nicht um die Goldstücke Frau
Violet'S. Die kann sie schließlich ver
schmerzen. Wal ich aber unter keinen
Umstanden zugeben kann, daS ist, daß sie
noch länger der Ehre Deiner Gesellschaft
theilhasiig werde."
.Dagobert!" schrie Annie auf, und dabei
stürzten ihr die Thränen auS den Augen.
.'at AlleS ist niederträchtige Verleum
bung!"
Dagobert blieb ungerührt und fuhr in
aller Ruhe fort:
"Ich denke, el wird besser sein, wenn
wir hier keine große Szene aufführen. In
Deinem Interesse, Annie! Niemand außer
mir kennt dal Geheimnis, und ich ver
spreche Dir. daß ich schweigen werde.
Wäre eS nicht recht thöricht von Tir,
wnn Tu Dich nun in Deiner maßlosen
Aufregung selber verriethest? Also do,
allen Dingen ruhkg Blut. Du wirst
sagen, daß ich Tir nichts beweisen kann."
.Kein Mensch wird mir eine solche Nie
derträchtigkeit beweisen können!"
.Nicht so hitzig, mein Kind, und die
starken Ausdrücke die lassen wir lieber
ganz."
.Kein Mensch!!'
.Ich fürchte. Du unterschätzt mich ein
wenig. Ich beweise Dir'S. Höre zu. Als
Frau Violet daraufkam, daß sie bestohlcn
werde, wir wollen die Dinge doch beim
rechten Namen nennen, nicht wahr? da
warst Tu die Erste, der sie ihr Leid klagte.
ES war vielleicht nickt gan, daS Richtige.
In solchen Fällen, meine ich, hak man zu
erst zu mir zu kommen. Ich war ober
nicht gekränkt, zumal da ich gleich Tu
mußt schon verzeihen daS unbestimmte
Gefühl hatte, daß daS eine sehr böse Ge
schichte gäbe. Wai Tu für liebe, reizende
Hände hast, Anni, und diese rosigen Fin
gernögel entzückend!"
.Ach Gott. Tagobert. so laß doch die
Dummheiten, wo et mir on's Leben
geht!"
.Tu arme ,nd. ich leide ja mit Tir.
indem ich Tir weh thun muh, aber eS gebt
nun einmal nicht anders. Verzeihe also
die kleine lyrische Abschweifung und höre
mich weiter." .
.Dagobert. Tu wirst mich doch nicht zu
Grunde richten wollen!" . ,
.?in. da will ich nicht, aber ilberzeu-
gen muß ich Dich, damit Du keine weite
ren Dummheiten machst. Du erinnerst
TiH. daß ich bei der ersten Nachricht über
die verschwundenen Goldstücke el abgelehnt
hade. auch nur den Lokalaugenlchein vor
zunehmen. Ich wußte, daß dabei nichts
berausschauen wurde. Erst am nächsten
Tage ich hatte meinen Grund dafür
besah ich mir daS Kästchen. Nun war ich
genügend vorbereitet und wartete ruhig.
Am Donnerstag der Vorwoche, nachdem
die eisten Erregungen so ziemlich wieder
vergessen waren, hast Du wieder einen
Griff in dal Kästchen gethan. Ich hätte
damals schon sür Deine sofortige Entfer-
nung sorgen mutsen. .aber unsere alte
Freundscha t ich wollte Dir doch erst
eine halbmegl anständigen Abgang er
möglichen."
.Aber dal sind doch AlleS Hirngespinste.
Phantasien!"
.Kerne Phantasien. AlleS Wirklichkeit.
mein Kind! ES ist Wirklichkeit, daß ich
seit heute früh AlleS beisammen habe für
Deinen Abgang, und leider auch Wirklich,
keit, daß Tu zuguterletzt noch heute Vor
mittag wieder einen Griff gewagt hast.
TaS war gar nicht schön von Dir, Annie!"
.AlleS erbärmliche Luge! Beweise mir
daS!"
ch bin dabei. Meinen Verdacht hatte
ich von vornherein; die Thäterin konntest
nur Du sein."
.Das habe ich nicht verdient um Dich,
Dagobert!"
.Darum wollte ich mich nicht auf eine
Untersuchung einlassen. Frau Violet sollte
von diesen Dingen nie etwas erfahren.
Ich war entschlossen, da in aller Stille
und ohne Aufsehen Ordnung zu machen.
Zuvor mußte ich allerdings den sicheren
Beweis haben."
.Den konntest Du nie haben, und es
war schmählich von Dir, mir eine solche
Infamie zuzutrauen!"
, .Nur gemach, mein Kind? , Verlieren
wir unsere Ruhe nicht. Von Deinen fchö
nen Händen haben wir bereit geredet; sie
sind wirklich wunderschön, und e war mir
bekannt, daß sie sich immer ein wenig
feucht Anfühlen. Mit dieser scheinbar so
unwesentlichen Thatsache hatte ich ,u reck
nen. Du weißt, daß ich dal Kästchen nur
ein einzigelmal in der Hand hatte. Ihr
wart Beide dabei. Du und Frau Dielet,
und doch habt Ihr Beide nicht bemerkt,
daß ich die geboten Gelegenheit benutzte,
meine Maßregeln zu tressen.
.Welche Maßregeln?!'
.Ich habe nur den Inhalt bei Kästchens
ein wenig gesalzen, und nun war ich
sicher, daß mir der nicht mehr entgehen
könne, der el noch einmal unternehmen
sollte, einen Griff in daS Kästchen zu
thun. Du siehst mich so verständnislos
an. wirst mich gleich verstehen. El ist
sehr emsach, Ich habe nur. ohne daß Ihr
ei wahrnehmen konntet, eine irise von
hypermangansaurem Kali in daS Kastchen
hineinpraktizirt."
.WaS ist denn nun daS wieder?" -
".Dak. mein Schatz, sind mikroskopisch
kleine ki-vstallinisch Gebilde von ungeheu
ra starbctrast. Mit wer Lchachtkl von
solchem Uebermangan fäibe ich Dir bei
entsprechender Venheilung einen ganzen
Teich blutroth. Wer nun in da Kästchen
fr iff, dem mußten einige Partlkekchen die
er winzigen, aber sehr vcrrälhenschen
Krystalle an den Fingern hangen bleiben,
Du hast heute wieder einen Griss gethan.
Ich hatte el schon bei Tisch bemerkt, und
darum müssen wir jetzt ein rasche! Ende
machen. Jetzt versteckst Du mit einem,
male Deine Hände! Tal nützt nicht
mehr. Sieh sie Dir lieber genau an.
Diese rosenrothe Färbung der Fingernägel
dal kann ine Manicure gar nicht so
hübsch machen. Und wenn Dir auch dal
noch nicht genügt, so stelle Ich Dir zum
Uedersluß mein Uhrglal zur Verfügung,
öl ist ein Lergrößkrungkglal. Du wirst
damit sehr leicht auch unter den Nägeln
einige winzige Krystallthetlchen entdecken
können. Ich habe sie sogar mit freiem
Auge schon gesehen. Bist Tu nun über.
,eug,i"
.WaS willst Tu nun thun?" fragte
Annie auf AlleS gefaßt, aber auch zu
Allem entschlossen. Sie war bleich ge
worden und in ihren Augen funkelte ein
wilder Haß.
.Nicht. waS Dir schaden könnte, An.
nie, nicht nur Teinethalden! Ich rede
ganz offen mit Tir. Ich werde schweigen,
weil ich nicht zugebe kann, daß da Haul
Grumbach zum Mittelpunkte eine häh
lichen Skandall gemacht werde. Und die
Hauptsache Frau Violet soll nicht den
Schmerz einer solchen Enttäuschung er
leiden."
Immer nur sl, und mich darf man
zertreten!"
.Niemand denkt daran. Dich zu zertre
ten. mein Kind. Tu wirst abreisen und
wirst nie wieder Deinen Fuß in diesel
Haul setzen. Ta ist Alle.'
.Ich werde In die Welt hinausgestoßen,
wieder in Elend!"
.Ich hoffe. eS wird kein Elend werden..
Als Tu vor acht Tsflen Deine tfMichr
machtest, babe ich sofort die nöthigen
Schritte eingeleitet. Hier Ist der Brief,
der Dich dringend abberuft. Er ist vom
Direktor Herlinger. der ein Operetten-En
semble für eine Tournee durch Rußland
Kotel Stadt Wien, Ar. 3.
Humoreske von M. ScyeLujess.
Autorisirte Uebersetzunz aus dem Russischen von A. A b o w s k y.
Meine Hausglocke ertönt schrill.
.Wer kann es nur sein?"
Ich hatte kaum Zeit, darüber nachzu
denken, als mein Freund, Alerej Alereje
witsch Tamgin, mein Arbeitszimmer be
trat. Sein Gang war ungleichmäßig
und unruhig. Sein ganze! Wesen drückte
den höchsten Grad von Erregtheit auS.
Nach einigen Minuten erfuhr ich fol
gendeS:
Am Morgen war Tadgin mit seiner
reizenden jungen Frau nach der KuSnetz
kybrllcke sparzieren gegangen. Daß er
seine Gattin liebte, konnte gar nicht in
Frage gestellt werden: er sprach immer
mit Begeisterung von ihrem Charakter,
ihrer Schönheit und Klugheit und gestand
mir sogar, daß er einer solchen Frau gar
nicht würdig sei. Mit der ehelichen Treue
nahm er eS allerdings nicht so genau, aber
das hat doch nichts zu sagen. Welcher
Mann schäkert nicht gern ein wenig?
Sie gingen also über die Kusnetzky. i
brücke, kehrten in verschiedene Geschäfte
ein, kauften im Passage-Kaufhauk' allerlei
unnütze? Zeug, und Alerej war schon im
Begriff, eine Droschke herbeizurufen, um
nach Hause zu sahren. alö seine Frau
plötzlich mit beiden Händen durch die Luft
fuhr und in ein wildes Geschrei ausbrach:
.Haltet ihn! ... haltet den Mann! ...
er hat mir soeben meine Börse gesioh
It ...!"
Sie waren sofort von einer Mnschen
menge umringt. Alezej dachte, seine Frau
wäre irrsinnig geworden. Er wollte seine
Hand befreien, aber seine Frau hielt ihn
fest am Aermel, während irgend ei be
habiger Herr au der sie umgebenden
Menge ihn am Kragen packte ... Er
wollte eben gegen diesen offenkundigen
Irrthum Protestiren, all bereits ein
Schutzmann zur Stelle war.
.Hier ist der Dieb!" rief Frau Tamgin
und zeigte auf ihren Mann; .er hat mir
soeben meine Geldbörse gestohlen ... Ich
habe selbst gesehen, wie er sie in die Tasche
seines UeberzieherS gesteckt hat . . . Die
Börse ist au Kameelleder, eS liegen drei
Goldstücke darin, etwa Kleingeld und eine
Rechnung von meiner Schneiderin . . ,"
Alerej war ganz starr und wie be
nommen.
.Was ist mit ihr? . . . Mein Gott,
wag ist Nur mit ihr? . . . Man muh
schnell einen Arzt holen . . . Die Aermste
ist von Sinnen!" dachte er.
Unterdessen zog ihm der Schutzmann
die Börse seiner Frau au der Tasche.
.Wollen Sie mir, bitte, beide noch der
Polizeiwache folgen! ... Gnädige Frau
nehmen Platz in jener Droschke, und ich
fahre mit dem Herrn in dieser hier . . ."
Auf der Wach wiederholte die Frau die
unsinnige Geschichte vsn der Börse.
.Gott sei dank!" dachte Alexej, .gleich
wird sich alle aufklären! ... Mein Gott!
. . . waS spricht sie nur sür Zeug . . . !"
.Er verfolgt mich schon lange mit sei
nen Belästigungen. Den ganzen Morgen
ist er mir auf Schritt und Tritt nachge
vw e 4 r
gangen . . . Plogiicq ... ,eye iq. oag
meine Dorfe verschwunden ist . . . und der
Gauner will entwischen, all ob nicht vor
gefallen wäre . . . !"
.Ich bin ihr Mann!" schrie Alerej, der
die Qualen, die ihm diese Szene derur
sachten, nicht länger aushalten konnte.
.Lisa, ich bin ja Dein Mann! . . . komm
zu Dir. Liebste . . . wa ist mit Dir?!
. . . höre doch, ich bin Dein Alexel . . '
.Einen Moment, bitte!" unterbrach ihn
der Polizeioffizier bestimmt, ober höflich:
lassen Sie die gnädige Frau zu Worte
kommen."
Und Jelisaweta Jmonowna fuhr In
ihrer lebhaften und bilderreichen Art fort,
ihre sein auZaedachte Geschichte zu erzah
len, wie Alerej entkommen roollte. wie sie
ihn m Aermel gepackt halte und so weiter,
.Wa können Sie Nun dazu sage?"
Ich kann nur lasm. dsji diese Zaau
zusammengestellt hat. Tu bist all erste
Soubrette enaagirt. Hier der Vertrng,
achthundert Mark monatlich. Er erklärte
sich auch bereit, wenn eS nöthig sein sclltk,
Neisegeld und Vorschuß zu schicken, dal
habe ich abgelehnt in Deinem Namen."
.Warum?"
.Weil Tu dann spater bei der Nückzah
lung leicht hättest inS Gedränge gerathen
können. Da wollte ich vermieden wissen."
.Aber l"
.Kein Aber, mein Kind! Ich 1iU
AlleS wohl überlegt. Etwa zu thun
mußte auch sür mich übrig bleiben. I
diesem Umschlag findest Du den etwa ab
gerundeten Ersatz sür den tntgang-nen
Vorschuh und darüber hinau sür die
standesgemäße Toilkttk.Aukrüstung."
.Dagobert, wie soll ich Dir danken?!'
Tu hast mir nicht zu danken. Ich er
sülle eine Pflicht Tir und Frau Violet
gegenüber. Sine Künstlerin braucht sich
nicht zu bedanken, wenn ein getreuer Rit
tcr und Verehrer ihr seine Huldigung dar
bringt. Ich bin überzeugt, daß Du in
Rußland Deine Triumphe feiern wirst
und auch später. Sollte el ober einmal
in Zukunft doch wieder schief gehen, dann
wirst Tu Dich yicht wieder durch die Noth
zu solchen lkubesonnenheiten verleiten
lassen wie hier. Tu darfst auch da
mußt Tu beilig versprechen Tich nie
wieder an Frau Violet um Hilfe wenden.
Tazu bin ich da und ich verspreche Dir.
daß ich Dich nicht sinken lassen werde.
Ich danke, nun find wir einig."
.Ja, Dagobert, und ich danke Dir tau
sendmal!" :-
.Keine Ursache. Annie. also abae
macht!" ...
Um acht Uhr sünsundvierzia Minuten
ging der Zug ab. Tagobert war om
Bahnhof und erledigte mit Umsicht olle
Erforderliche. Tie beiden Tamen nahmen
unter heißen Thränen Abschied von ein
ander, und Dagobert küßte der scheidenden
Künstlcrkn respeNvoll die Hand.
Frau Violet hat eS ihrem ' großen
Freund bis auf den heutigen Tag noch
nicht verziehen, daß er gerade in ihrem
Falle nichte herausgebracht hat.
meine Frau ist, daß wir schon drei Jahre
verheirathet sind, daß wir in der Kositzkg
gasse wohnen, daß ... endlich die Ge
schichte mit der Börse lauter Unsinn ist ...
Lisa, Lischen, liebste Lisa, erwache. Täub
chen, komme doch'; Dir ... !" Aber Je
lisaiveta Jwanowna zuckte verächtlich die
Schultern.
.Dieser Taschendieb will nun den wil,
den Mann spielen! Da! ist ein alter Trick,
auf den jetzt Niemand mehr hereinfällt...
Ich will diesen Schurken sofort entlarve
. . . Er wohnt gar nicht in der Kositzkq
gasse. sondern in ChambreS garnieS . .
Sie können sich telephonisch erkundigen ...
Hotel Stadt Wien, No. 2.".
Sie nannte die Junggesellenwohnun
Alerejs!
Alerej wurde verlegen und ganz roth im
Gesicht.
Währenddessen stand der Polizeiofsiziel
bereit? am Telephon:
.Sagen Sie. bitte, an wen ist Ihre
Wohnung. Stadt Wien No.J. vermiedet?
. . . Alerej Alezeiewitsch Tamgin? .,. .
Und schon wie lange? . . . Seit zwei
Jahren? ... Er ist verheirathet? . . .
Wie meinen Sie? ... Er lebt mit einer
Artistin aus dem Cabarct ... Ich danke
Ihnen."
Alexej stand wie zerschmettert da. Ja!
das ist wahr; im Hotel Stadt Wien.
No. 3. hat er seine Ernestine untergebracht
. . . Er schmieg und wußte keinen AuS
weg auö der ihm tückisch aestcllte
Falle ...
Um so mehr triumphale Jclifgweta
Jwanowna:
.Ich bitte Sie. diese Geständnis zu
Protokoll zu nehmen. Ich muß eS unbe
dingt schriftlich haben... Ich bin wirk
lich seine Frau, aber, wie Sie ja soeben
hörten, eine betrogene Frau. Die Ge
schichte mit der Börse habe ich absichtlich
in Szene gesetzt, um ihn zu einem offenen
Geständnis vor einer Amtsperson zu zwin
gen. Mit diesem Protokoll, mit diesem
unwiderlegbaren Dokument in der Hand
kann mein Anwalt die Scheidungsklage
anstrengen . . . Endlich werden die ewi
gen Betrügereien aufhören . . . l"
Großer Nebnlandflug.
Eine hervorragende Leistung hat, wie
unser Spezialkabel bereits berichtet, der
bekannte deutsch Fliegcroffizier Ober,
leuwant Geyer vollbracht. Leutnant Geyer
startete morgen in Königsberg i. P.
und legte die 530 Kilometer lange Strecke
bis Berlin in genau 5 Stunden zurück.
Um 11 Uhr 80 stieg Oberleutnant Geyer
wieder auf und flog mit einem Beobachier,
Leutnant Kühn, und 800 Klgr. Benzin
an Bord nach Westen wtiter, um Mül,
hausen t. E. ohne Zwischenlandung zu
erreichen. Er vermochte die 670 Kilomeier
lange Sirecke in 6 Stunden 46 Minuten
zurückzulegen. Oberleutnant Geyer hat
also im Laufe ine Tage 1200 Kilome
ter zurückgelegt und ist somit hinter dem
Entfernungsweltrekord Brindejonc de
Moulinais nur um 100 Kilometer zurück
geblieben. Er hätte di französische Lei
siuna leicht schlagen können., tkllt Wn
aber auf französischem Boden landen
müssen. Auf seiner yayrt hat Oberleut
nant Geyer ganz Deutschland in der
Diagonale überflogen. B Gotha gerieten
die beiden Offiziere in ein Gewitter, fo
daß sie bi auf 3500 Meter Höhe fiel
gen mußten, um den Blitzen auszuweichen.
Bei seiner Landung wurde ker Flieger
offizier herzlich begrüßt. Oberleutnant
Geyer hat durchschnittlich eine Geschwin
digkeit von IIS Kilomet in der S'Iunde
erzielt. .
Pech.- .Nun. hatte Dein Antrag' bei
der alten ichen Schachtel Erfolg?
Total vorbei geglückt ihrem Lieblinas.
. ...e . 4 ' i im
üUüa au, vz &ätfWiA PJttr1 -
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