Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, April 04, 1914, Image 2

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'Briefe. intcr den Kulissen des Dramas. Ein Abend
auf r italienifchln Botschaft. Die politischen L?lzen.
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P a , i . 17. März.
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Ci Frauenham), 'Figaro" ist toct.
G,t,matumräi;Bttt erscheint
jbas Kalt, nlixi JtolJ die Devise
Beaumarchais im 2itel ja tragen pflegt;
V-Bou den einen gelobt, von den andern
'tadelt, der TUiTimtn spottend, der Bo
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lle. au Furcht, daruder mfincn zu
puffen.' Xif Leitung de Boulevards
M vom La, bet den Tfrdnen anae
Klangt. In Frankreich tobt der Sturm
d'k Leidenschaften wir an dcn schlimmsten
ttaan der Xrct)fu-2lf faire. Und nieder
spielt die Frau ihre Rolle, die tragischste:
'k'in, verschleierte Dame, die Gattin eines
Minister, die ihre viache mit dem Brow.
'ring Übt. wie draußen in den orltoDt.
fassen die Apachenkönigin ilne Vendelta.
'Gewi, auch die antike Geschichte kannte
heroische Weib, da bei Wonnet
cI?te räch!. Doch von Heroismus kann
!ma bist nur mit Vorsicht reden; nieder
s,er Skandal steigt !: 3 zu-frfl höchsten
tsellschaftöschickitkn empor, beschämt ein
Kanzel Land. Die Republik die schon so
'viele Stürme und Skandal erkbie, und
;loch fortdauerte, hält otxtma! einen
Tauften Stoß die Wahlkampagne de
kginnt. toi der .Nadical' klagt, in Blut
mnd Schmutz". Die Propheten der iöe--twichtigung'
und republikanischen Aus
Löhnung', die Briaiidisten. fanden in
!!nern Theil ihrer Prcffe so leidenschast'
fliehe Advokaten, deß heute die politischen
ZiZogrn höher gehen denn zuvor und alles
zu zerstören drohen.
Die Vorgeschichte ist bekannt. AlZbald
'nachdem Caillaux das Kabinett Barlhou
gestürzt hatte, begann im Figaro" eine
sehr auffällige Kampagne gegen den
Finanzminiftck. geführt vom Chefredak
teur Gafton Calmette, der all Intimus
t& Präsidenten Poincarö und Barthoui
galt. Die Angriffe gegen Caillauz ver.
dlieden nicht auf politischem Gebiet. Man
denunzirie ihn täglich als Finanzbrigan.
ten großen Stils. Er sollte Hunderte von
Millionen den kleinen Sparern geraubt
nd in südamerikanischen Spekulationen
dergiaben haben. Er sollte Erpressungs
ersuche bei den großen Bankinstituten
zugunsten der radikalen Wahlkasse vorge.
ommen haben. Dementis regneten
galmette lieh sich nicht stören, kam sofort
mit einer neuen, größeren Beschuldigung,
Sk grub die alte Affaire Röchelte wieder
iu: auf Betreiben des ffinanzministers
sollt unter dem Kabinett Mrniis dem E?
kellucr und Bankier Rochette ein ungcsetz
licher Prozeßaufschub gewährt worden
f. in, weil er sich durch hohe Subventio
nirung eines ministeriellen Blattes ver
dient gemacht habe. Eine Parlaments
lisch, von dem Sozialisten JaurSs präsi-
, dtrte Unjersuchungs-Kommission war tirv
gesetzt worden, hatte unverrichteter Dinge
wieder abziehen müssen. Man faselte da
mall schon von einem kompromittirenden
Bciefe des GeneralstabsanmaltZ ffabre
an den Justizminister. Der Staatsan
walt sollte sich darin bitter über den
Zwang beschwert haben, der ihm angethan
wurde: Nie habe ich eine größere Demii
thigung erlitten." Bei einer royalistiscken
Interpellation über Calmettes neue An
sagen ergriff such Jaures das Wort und
innert daran, daß die Kommission den
damaligen Juftizminister Briand um Her
ausgäbe des Geheimdossicrs ersuchte, daß
Briand aber mit zum Himmel erhobenen
Händen rief: Ich kann doch nicht meine
Vorgänger verklagen!" Also deckte der
Chef der heutigen Opposition zu dieser
Zeit Machenschaften, die ungesetzlich ge
Wesen feig sollten. Ministerpräsident
Tsumergue hatte am Freitag nicht viel
Miihe, die Interpellation abzuweisen: er
brauchte nur mit entrüsteter Stimme auf
die täglichen Verleumdungen hinzuweisen,
denen Caillauj ausgesetzt fei, und die
'Kämmet nahm dieeinfache Tagesordnung
an. Aber man munkelte, daß Barthou
das Original des' -Bri:fes an sich
gebracht habe und entschlossen sei, es zum
Sturze deö von ihm gehaßten CaillauZ zu
verwenden! ES sollte nicht dazu kommen.
Gasto Calmette hatte sich soweit her
abgelassen, einen alten Liebesbrief des
demagogischen Plutokraten" zu publi
Ziien! Während Caillauz mit dem Aus'
gebot alle? Kräfte im Senat sein Ein
kommensteuerprojckt vertheidigte, las nian
ein autographisch abgebildetes Schreiben
von seiner Hand, mit dem Kosenamen
'I" (Joseph) unterzeichnet, in dem es
hieß: Ich habe die Einkommensteuer zer
malmk, indem ich' sie zu vertheidigen
.Wen." Diese Zeile hatte er 1H01 auf
wx Ministerbank gekritzelt, als er, der
Sohn eines napoleonischen Ministers und
Größkapiiolisjen, schon au! der Centrums
Partei eine leichte Schwenkung nach links
vorgenommen hatte. Calmette forderte,
daß inan endlich diesen Heuchler hinaus
kehren" möge. Nachdem er schon seit Wo
chen darauf verzichtet hatte, auf die An
griffe des Figaro" zu antworten, ließ
sich Caillauz wieder herbei, eine Aufkla.
ruttg zu geben: er gestand, damals noch
Ivn so überzeugter Anhänger der Steuer
refskm gewesen zu sein wie heute, und
wies daraufhin, daß es sich damals um
den ffleichzeitigen Ersatz der vier indirek
ten Cteuerii durch direkte gehandelt habe,
N'obkknd er such jetzt noch vorsichtig nur
siir einen tbkilweifea Ersatz eintrete, Der
5 19" kündigte mit flrvßem Trara an,
er N-erds auf e'gene .Uosten den Brief an
ü'g Arern Frankreichs anschlagen 'las
In, damit 0.i3 Volk endlich dra Verräther
il'nnei! Uu", Aber in den Parlamenten
fMU ntblillttn f'ii'en Sindruck;
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kritisirten trstz der In Pari herrschenden
journalistischen Eolidaritäk recht scharf die
Äervkfcntlichung eine! s intimen Privat,
drieje. Welchen Zweck verfolgte HaU
ineltc? Tchon früher hatte er durch Mo
nate hindurch einen Politiker mit ahn
licher Kehässigkeit autgezeiSnet: Del
cassS. Die einen wollten aus Patholog!,
schem Gebiet die Erklärung suchen, sprs
chen von starker Ueberarbeiturg, die den
Shescedakkeur schon einmal zu einer Kalt.
Wasserkur gezwungen hätte. Die anderen
flüsterten, daß der Flgaro" letzthin
schlechtere Geschäfte gemacht habe, daß
hinter den absichtlich übertriebenen
Attacken gewisse ölroßsinanziert stünden,
die Caillaur um jeden Preis beiscitigen
wollten.
Aber solche persönliche Anseindung ist
in der Republik nichts ganz Ungewohntes;
die ttattin des ginanzministcr mußte
kalten Lächelns die Verleumdungen gegen
ihren Gatten nhören können, dq sie aus
politischen Milieu hervorging, auch wenn
sie in einem Blatte las. daj die Perlen
kette an ihrem Halse mit preußischem
Golde bezahlt worden sei.' Die Veröffenl
lichiing des ersten intimen Briefes im
.Figaro" erklärte nicht den Mord. Wir
werden selxn, daß tiefere, ernstere Äründe
die Ministersgattin zu ihrem woblüber
legten Schritte trieben. Zunächst hier die
Borgeschichle des Briefes, so wie sie in
politischen Kreisen kolporlirt wird: öail
laux lieble die Frau eines Attaches im
Untcrstaatssekretariat der Schönen Künste,
setzte deren Scheidung durch (der Mann
wurde Steuereinnehmer! und unterhielt
während d'cö kurzen Tiennugsprozefses
eine sehr vertrauliche Korrespondenz.
Tann hkiiothete er, ehne'dauerndeS Glück
zu finden. Der jetzt bekannt gewordene
Brief soll ihm erst ausgeliefert worden
sein, als er sich zu einer Jabresrente vsn
L",000 Franken entschloß. Ader das Ori
giual de Briefes war vorher photogra
phirt worden und soll zu einem neuen
.Anleihetxrsuch" in Höhe von rX),000
Franken gegen Auslieferung der Platte
gedient haben. Die Weigerung zog
schlimme Folgen nach sich n Figaro"
wußte man den Werth der Photographie
zu schätzen. In zweiter Ehe begriffen,
hatte Caillaux natürlich auch eine zweite
Liebcskorrespondcnz geführt. Und auch
Briefe dieser neuen Idylle waren, wer
weiß wie, tn die Hände Calmettes gk
rathen. Man munkelte vort einem roman
weise in Fortsetzungen erscheinenden
Feuilleton voll skandalöser Einzelheiten.
Die . Winisterkgaktin'' ersuhr ' davon' knd
eilte auf den Juftizpalaft, wo ihr ein
hcher Beamter erklärte, jedes Einschrei
ten wäre unmöglich: e' bleibe nichis
übrig, als der Veröffentlichung stillschwei
gend beizuwohnen, da Bcleidigungspro
zcsse dieser Art meistens sehr lange dauer
ten, nur noch mehr Aufsehen erregten und
gar mit dem Freispruch des Beklagten
endigen könnten! Mme. Caillaux. die ge
schiedene Frau von Löo Clarctie, eines
Mitarbeiters vom Figaro" und Sohnes
vom verstorbenen Direktor der Comcdie
Franeaife, faßte ihren Entschluß. Sie
mußte glauben, daß die angedrohte Ver
öfsentlichung thatsächlich den Untergang
ihres ManneZ bedeutete: denn sie führte
ihren Plan mit kältester Ueberlegung au.
Gegen Mittag hatte sie mit ihrem Bat
ten daS Mahl eingenommen; dann war
der Minister nach dem Senat gefahren,
wo er mehrmals in der Debatte das Wort
griff ohne zu ahnen, daß seine Frau
schon in den Morgenstunden ihren Re
volvcr gekauft hatte. Gegen 5 Uhr psle
gen die Redakteure auf dem Figaro" zu
empfangen; Mme. Caillaux erfchien pünkt-
lich und nahm in dem Wartesalon Platz.
Niemand wurde auf die einfach schwaiz ge
kleidete Dame aufmerksam, nicht einmal
der Diener, obschon sie erklärt hotte, ihren
Namen nur in verschlossenem Couoert dem
Chefredakteur überbringen zu lassen. Ga
fton Calmette langte erst nach 6 Uhr auf
dem Figaro" an. begleitet von Paul
Bourget, dem bekannten Acadmicien und
Romanschriftsteller. AIs er in seinem Bu.
reau den Namen der Bcsucherin las und
Bourget ihm abrieth, sie zu empfangen,
antwortete er: Ich kann ein Frau nicht
die Thüre verschließen." Bourget ging.
und Mme. Caillaux wurde eingeführt. Der
Diener hatte noch nicht die Thur hinter
sich geschlossen, als schon fünf Schüsse dicht
hinter einander krachten. Redakteure, das
ganze Personal strömten zusammen
Calmette lag am Boden, Mme. Caillaux
stand bleich und unbeweglich vor einem
Bücherschrank. Als man auf sie eindrang,
rief sie: Ich denke nicht daran, zu fliehen!
Ich schieße auch nicht mehr, der Revolver
liegt hier . . ." Sie deutete auf die Waffe,
die sie auf den Tisch gelegt hatte. In der
allgemeinen Bestürzung wurde dem Ver
mundeten, der von drei Kugeln im Unter
leib getroffen worden war, ein Rsthver
band angelegt. Er kam wieder zur Be
sinnung, bat mit schwacher Stimme um
Verzeihung für die Mühe, die er verur
fache, übergab selbst Freunden seine Brief
mappe mit geheimen Dokumenten und
sagte, als man ihn auf einer Tragbahre
nach dem Ambulanzwagen davontrug:
Ich habe nur meine Pflicht gethan...
Ich habe niemand etwas zu Leid thun
wollen ..." Viele seiner Angestellten
weinten. Denn ein so finstere Aussehen
er hatte, war Calmette persönlich als sehr
liebenswürdiger gefälliger Mann bekannt.
Ehemals trat er al Boulevard-Chroni.
um! hervor, glänzte weniger durch Witz,
als durch journalistische Erfindungen
il' par jour", wie Villemessant,
der Begründer des Figaro", es verlangt
halte. Die ?lrt und Weise, in der er es
zum Direktor des großen Blattes brachte,
zeiatc seinen iinnewvhnlichen Ehrgeiz: tl
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Hatte die Tochter eines der Hauptaktionore
geheirathet und ließ dann die Obetleiter,
die seine Freunde und Gönner gewesen
Ivaren, auf die Straße setzen sie piiifltn
nicht kkeimillia und mukten durch Qk--
rickt-beschluh au der Redaktion vertrieben
werden. Bon dem dreyfusistischen Organ
wurde der Figaro" wieder zu einem ari
stokkatischen Leibblalt. das in derkeldei! ,
Rurnrner für Poincar's Präsidentselv.s! j
infrftt unh nlciifiriTtf U hpn finnnBarlifli- !
schen wie orwanistischen Prätendenten zur !
Verfügung stand. Es wurmte Calmette
sehr, daß er nicht den politischen Einfluß
de Matin" besaß seine Freunde ver
sichern heute, er habe sowohl DeleaN wie
Caillaux aus Ueverzeugung befeindet, und
sie bkslreiten auss Entschiedenste, daß er
intime Briefe der zweiten Frau des Mi-
nisteri habe verossentlichen wollen.
Es dauerte über eine halbe Stunde.
!be man die Mörderin au dem Bureau
Ealmette's fortführte. Die anwesenden
Stnlii-stfn malten offenbar nickt, fcond an
sie zu legen, erklärten, erst den Revoltier
beschlaqnehmen zu müssen. Endlich brachte
man sie im Automobil nach dem nächsten
Polizeikommissariat, wo Untersuchungs
richter und Staatsanwalt eintrafen. Beim
mrbnr ,rf(Xr. fi.' M1?.1T1 Klilt mir fit.
sagt, daß man die Fortsetzung der Kam
pagr.e gegen meinen Mann und die Ver
öffentlichung meiner Briefe nicht verkin
dern könne. Da es keine Gerechtigkeit
geben sollte, habe ich sie niir selbst ver.
schasst. Ich habe Herrn Calmette nicht
tobten, sondern ihn nur strafen wollen!"
Ihre Kugeln hatten aber zu put gkMffen
trotz aller chirurgischen Mühen starb
Gaston Calmette bald nach 11 Ubr
Abend!. Joseph Caillaux befand sich nach
der Cenatssitzung mit seinen Sekretären
in seinem Kabinett des Finanzministe
riums, beschäftigt mit dem Unterzeichnen
von Aktenstücken, als ein dringender Tcle
phonnif der Polizeipräfektur ihn von dem
Vorgefallenen verständigte. Er sank mit
dem Schrei: Wie entsetzlich!" in seinem
Sessel zusammen, faßte sich aber bald wie.
der und fuhr mit einem Auto sogleich nach
dem Kommissariat. Tort wollte ihn der
Wachmann nicht einlassen. Ich bin der
Finanzministcr Caillaux!" erklärte er. und
als der Polizist überrascht zur Seite trat,
herrschte ihn der Minister in seiner auto
ritären Weise an: Warum grüßen Sie
nicht!?" Eiligst nahm der Mann seine
militärische Positur ein. Im Zimmer des
Kommissars hatte Caillaux eine halbstlln
dige Aussprache mit seiner Frau, die theils
sehr stürmisch verlausen sein soll. Ihr
Brief, in dem sie ihm ihren Schritt im
vornherein geschildert hatte, war ihm noch
nicht aus der Privatwobnung überbracht
worden. Während man Madame Caillaux
nach dem berühmten Frauengefängnis
Saint-Lazare überführte, tclephonirte der
Minister an Toumergue. um seine sosor
tige Demission anzukündigen; der Regie,
rungschcf bat ihn, bis zu den späten
Abendstunden mit jedem Entschluß zu
warten.
In der That durften die offiziellen Per.
sönlichteiten nicht ihre lächelnde Miene ab.
legen: um 8 Uhr Abends erwartete man
sie in der italienischen Botschaft zu einem
offiziellen Diner und großen Empfang?
Comlessa Tittoni, die liebenswürdiggka.
ziöse Boifckaftnin, hatte am Nachmittag
ein persönliche Gespräch durch' Telc
phon. mit Mme. Caillaux gehabt: die Mi
niftttsgatttn sollte bei der Galaiafel zur
Linken des Präsidenten Poincarü sitzen
un entschuldigte sich, daß sie wegen leich
ten, Unwohlseins nicht kommen werde
der Finanzminisier werde allein erscheinen.
Er erschien nicht! Aber der Präsident der
Republik, Madame PoincarH. Minister
Präsident Doumergue und andere Minister.
Botschafter, ' AcadLmicien wie schöne
Frauen faßen an blumengeschmückten Ti
schen, plauderten banal und thaten so, als
habe sie nicht-die unerwartete Drama
auf Aeußerste erschüttert. Wahrend nach
her die reizende Gemma Bellinzioni im
golddurchwirkten Spitzenkleid sang, wäh.
rend die Botschafter!, schlank und vor
nehm, ein feltenschönes Brillantdiadem im
Haar, Hunderte von Gästen willkommen
hieß, bildeten .sich flüsternde Gruppen in
den von Falcönnet mit Biscuit-Engeln
dekorirten Sälen. Man erzählte sich die
Geschichten und' Intriguen; die einen be.
klagten Calmette, die andern CMaux.
andere meinten, eö wäre vielleicht die ein
zige Lösung gewesen, was wieder andere
nicht verstanden. Die Prinzessin die
im Figaro jahrelang eine msnsäne
Chronik leitete und vor einigen Wochen
von der Chefredaktion einen Abschieds
blies erhielt, sagte jammernd zu einem
reichen Künstler, der ein sehr naber
Freund deö Verstorbenen gewesen: h,
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Maitre Fernand Lnbori, der Ver
der gute Calmette! Ich habe ihn noch
einmal gesehen sechs Kugeln...!"
Ich meine nur fünf?" frug der Künstler.
Sechs! Sechs!" versicherte die aufge
regte Dekolletirte und rauschte weiter, um
sich wichtig zu machen, ohne darauf zu
hören, daß der Künstler hinter ihr drein
sagte: Mehr Kugeln, als im Revolver
waren, wünscht sie ihm und heult dabei
Krokodilsthränen." Ein Dutzend Sena
toren und Dcvuiirten erwogen, ob die
Demission Caillaux' wohl die Gesammt
demission des Kabinetts Doumergue zur
Folge haben werde, sahen sich vielleicht
schon selbst mit einem Portefeuille b
glückt! ;
Der Präsident der Republik war zeitig
aufgebrochen. Toumergue auch. Von 10
Uhr bis Mitternacht beriethen die Mini,
st.' ArbeitSminister Malvy fuhr zwei
mal zu Caillaux. In edler kollegialer Re
giinq wollten sie nicht den Abschied Lail
laz' hinnehmen, der ober bei seinem Ent
schluß verblieb. Ihr moralische Zeugnis,
daß sie Caillaux auf keinen Fall, auch
nicht indirekt, für den Mitschuldigen ge
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homerisch Polyphem -
(in
lesant der Vorzett.
Die fossilen Knochen vorzeitlicher
Thiere haben den Menschen früherer Kul
turen, der ihre Bedeutung noch nicht wis
senschafilich zu ergründen wußte, außer
ordentlich beschäftigt und seiner Phantasie
reiche Nahrung gegeben. In einem bei
B. G. Teubner erschienenen Buche Die
Thiere der Vorwelt' erörtert der Wiener
Paläontologe Prof. Othenio Abcl die in
ieressanten Zusammenhänge zwischen Fof
silica und Vollssagen und weist nach, daß
durch eine wahre Manie der Gelehrten
im 1. und 17. Jahrhundert überall Reste
von Riesen entdeckt wurden, die nicht an
dercS waren als fossile Knöchensunde. Am
überraschendsten aber ist die Aufklärung,
die die griechische Sage vom Zyklopen Po
lyphem durch den scharfen Blick des Pa
läontologen ersährt. Wir alle kennen aus
der Odyssee" die GcschiHte von dem ein
äugigen Üngethiim. , das auf Sizilien
hauste und das Odysseu so listig betrog.
Daß gkiade Sizilien nach den Vorstcllun-
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st)0l0. lliibertpcph L V.nbtmpeb.
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thkidigkr von Madame Cnillaiir.
halten wissen wollen, wiegt schwer was
auch die reaktionäre Presse in ihrem Haß
heute zusammenschreiben mag. der gesunde
Menschenverstand sagt, daß Caillaux
sicherlich nichts von dem Plan seiner Frau
gewußt hat. Wir sind ihm bei Festlich
leiten und Empfängen in den letzten Wo.
chen oft begegnet, wenn er, in zärtlichem
Einvernehmen, mit seiner Frau und deren
Schwester Erholung von den Tagesmühen
und Kämpfen fuckte. Die nicht sehr hoch
gewachsene, anmulhige Brünette, die keine
Schönheit don blendendem Rang war.
würde niemand auf die Vermuthung ge
bracht baden, daß sie eines MordanschlagS
fähig sei. Gewiß haben die im Stillen
offenbarten Schmerzen, die Caillaux vor
der Ocffentlichkcit über die Verleumdung,
kampagne nicht erkennen ließ, großen Ein
druck auf die Gattin gemacht, ihren Ver
stand getrübt. Das sind die' Entschuld!,
guiigcn, nach denen man sucht. Ein int!
mes Drama über dessen politische Fol.
gen sich die Republik zur Stunde - noch
nicht im Klaren ist!
Carl Lahm.
gen der homerischen Griechen als da Land
dieser einäugigen höhlenbewohnenden Rie
sen galt, giebt zu denken. Roch heut sin
det man in den unweit des Meeres gele
genen Höhlen der Gegend von Messsna
sowie an dielen anderen Stellen Sizilien
Reste von Zwergelesantcn, die eine eigene
Art darstellen und in der E'szeit lebten.
Bereits im klassischen Alterthum waren
wiederholt derartige Knochenfunde auf
Sizilien gemacht worden; Empcdokles be
richtet z. B. von solchen Entdeckungen und
hält sie für die Reste eine untcrgcgange
nen Geschlechtes von Gigaüten. Im Mit.
ttlalter tauchte sogar bei solchen Funden
auf Sizilien direkt der Gedanke an Poly.
phem auf. Mach Boccaccio wurden die
Knochen des homerischen Zyklopen in ei
ner ' Höhle bei Trapani entdeckt, und er
sollte nach der Größe dieser Gebeine 300
Fuß lang gewesen sein. Der gelehrte Je.
suitenpater Athanasius Kircher will diese
Reste och L00 Jahre später gesthen ha
den; doch war nach seinen Messungen Pö
lyphcm höchstens ,ZQ Fuß groß.
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Das Publikum vor dem Pariser Justizpalast während der Voruntersuchung
der (Zaillauz. Tragödie.
Zu der Vorstellung eines riesenhaften
Menschen mit einem einzelnen, mitten auf
der Stirn stehenden Auge kann nun wirk
lich der Schädel eines sizilianischen
Zweigklefanten für den Laien Anlaß ge.
ben. An dem gewölbten Schädel, dessen
Form sich von ungefähr Wohl mit dem
deZ Menschen vergleichen ließ, fällt sofort
das riesige, mitten in der Stirn stehende
Loch auf: es ist die Rasenöffnung. wäh.
rend die Augenhöhlen tief unten an den
Seiten des hochgcwölbten Schädel liege.
Es müssen Seefahrer dkr homerischen oder
vorhomerischen Zeit gewesen sein, die zu.
erst die Kunde von diesen einäugigen Gi
ganten Siziliens in die Heimath brachten.
Sie mochten in einer Strandhöhle Schutz
vor Unwettern gesucht haben, und nun
leuchtete ihnen beim ungewissen Schein
des Lagerfeuert ein aus dem Höhlenlchm
aufragender Elefantenschädel eiite,cgen.
Elesanten waren ihnen unbekannt, sie
konnten also nur an gewaltige Riesen
denken, die zwar Menschengestalt besaßen,
wie eI die Schädel vermuthen ließen, ober
sich von den gewöhnlichen Sterblichen
durch den Besitz eine einzigen großen Au
ge unterschieden.
TW (ÄtifttSkrankhkittn im Bal
kankriege.
Die Verheerungen, die ein moderiur
Krieg unter den Kämpfern anrichtet, er
strecken sich bekanntlich nicht nur auf kör.
perliche Verletzungen, sondern auch auf
Geisteskrankheiten. Wahrend det deutsch,
französischen Krieget von 187071 er.
reichte der Prozentsatz der Geistcserkran.
kungen unter den Truppen 0,95 don 1000,
während des Burenkrieges stieg diese Zis.
ser auf 2 von 1000. der spanisch amerika.
Nische Krieg erreichtk 2,1 von 1000, und
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im russisch japanischen Kriege entfielen
auf 1000 Mitstreiter zwei Fälle von
Wahnsinn. Die Statistik aller Kolonial,
kriege der neueren Zeit weist z. 2. noch
höhere Ziffern auf; im fiidwestafrikanischen
Kriege z. B. erreichte die Zahl der Geistes
erkrankungen sogar 5 don 1000.
Im Vergleich damit sind die entspre
chenden Zahlen aus dem jüngsten Balkan
kriege überraschend niedrig. Im griechi
schen Heere zählte man nach einem Auf
satze de Messager d'Atböne" auf 1000
Mitkämpfer nur 0.16 und für die ganze
Armee 0,23 Geisteserkrankungen; in Ser
dien erreichten die geistigen Erkrankungen
bei den Truppen, die an den Kämpse,
theilnahmen, nur 0.13 von 1000, in Bul
garien 0,33, in Montenegro 0.10, so daß
die vier Balkanstaaten gemeinsam eine
Durchschnittszifscr von 0.25 von 1000 auf
weisen. Die Psychiater erklären diese
niedrigen Ziffern durch die geringe Mor
talität unter den Verwundeten und durch
die Widerstandsfähigkeit de, Balkanvölker,
die zum großen Theil an ein Leben der
Entbehrungen gewöhnt sind und zudem
fast gar keinen Alkohol genießen.
Argentinien ist in der Lage, zwei
Drittel seiner Maisernte auszuführen.
Bei dcn Dagrouschcn Flugtauben
Depeschen kommen 172.000 Buchstaben
auf 1 Quadratzentimeter Fläche.'
In London sollen mehr Schotten
wohnen als in Aberdecn, mehr Jrlände,
al in Dublin, mehr Juden al in Palä
stina und mehr Römische Katholiken alt
m Rom.
Da flotie Gaudeam Igitur" ist
au einem kirchlichen Bußgcfange do
12M zurechtgemacht und üdcrjekt.
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